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Neuruppin: Proteste gegen AfD-Kundgebung mit Björn Höcke

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Am Don­ner­stagabend protestierten unge­fähr 100 Men­schen in Hör- und Sichtweite gegen eine Kundge­bung der ver­meintlichen „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) in Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin). Die Proteste wur­den vor allem von der regionalen Zivilge­sellschaft getra­gen. Ver­anstal­ter war die Ini­tia­tive „Neu­rup­pin bleibt bunt“, unter­stützt vom „Aktions­bünd­nis Bran­den­burg“. Auch Mit­glieder von „Bünd­nis 90 – Die Grü­nen“ und der Partei „DIE.LINKE“, darunter die Bun­destag­sor­d­nete und Bran­den­burg­er stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitze Dr. Kirsten Tack­mann. Die recht­spop­ulis­tis­che „Alter­na­tive für Deutsch­land“ hat­te ihrer­seits unge­fähr 110 Sym­pa­thisierende nach Neu­rup­pin mobil­isiert, davon allein ca. 40 Per­so­n­en aus dem benach­barten Land­kreis Havel­land. Grund für die, für Neu­rup­pin­er Ver­hält­nisse, starke Fre­quen­tierung ein­er Ver­samm­lung der blauen Partei, war ver­mut­lich der angekündigte Auftritt des umstrit­te­nen Thüringis­chen AfD-Frak­tionsvor­sitzen­den Björn Höcke. Darüber hin­aus nutzte aber auch der lokale Partei­funk­tionär Michael Nehls die Ver­samm­lung, um für seine Bun­destagskan­di­datur zu werben. 
Wahlkampf mit dumpfen Parolen

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Michael Nehls wirbt auf seinen Wahlplakat­en auch mit Slo­gans, die an NPD Forderun­gen erinnern

Auch wenn sich die AfD im All­ge­meinen als „bürg­er­lich“ sieht oder gegebe­nen­falls als „bürg­er­lich patri­o­tisch“, wie Björn Höcke am Don­ner­stagabend in Neu­rup­pin, nutzen einzelne Funk­tionäre immer wieder Slo­gans, die neon­azis­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen, wie der NPD, ähneln. 
Michael Nehls forderte beispiel­sweise während seines Rede­beitrages u.a. „Deutsch­land den Deutschen“ und lehnte sich dabei möglicher­weise an die „nation­aldemokratis­che“ Parole „Deutsch­land uns Deutschen“ an. Eine Vari­ante dieses Slo­gans hat übri­gens auch die Partei „Die Rechte“ im Pro­gramm. Dort heißt es: „Deutsch­land den Deutschen – Aus­län­der raus“. Die Wort­gruppe in let­zt genan­nter Form wurde übri­gens auch von einem ras­sis­tis­chen Mob ver­wen­det, der vor fast auf den Tag genau vor 25 Jahren in Ros­tock-Licht­en­hagen pogro­mar­tige Auss­chre­itun­gen gegen eine Unterkun­ft für Asyl­suchende entzün­dete. Auch Nehls macht aus sein­er Abnei­gung gegen „Geflüchtete“ keinen Hehl, nen­nt sie in sein­er Rede „Asylschmarotzer“ oder beze­ich­net sie auf seinen Wahlplakat­en als „Asyl­be­trüger“.
Allein als Ein-The­men-Partei, sah sich die AfD jedoch nicht, und posi­tion­ierte sich am Don­ner­stagabend auch zur so genan­nten „Früh­sex­u­al­isierung“, zum Islam, für mehr Volk­sentschei­de und natür­lich gegen ihr Liebling­shas­sob­jekt: Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel (CDU).
Für Björn Höcke gab es anscheinend auch erhe­bliche Zweifel am derzeit­i­gen funk­tion­ieren des demokratis­chen Grun­dauf­baus der Bun­desre­pub­lik. „Diese Demokratie ist im let­zten Degen­er­a­tionssta­di­um“, so der Thüringer AfD Frak­tionsvor­sitzende. Sein­er Ansicht nach, han­dele es sich bei der jet­zi­gen Herrschafts­form um eine „Ochlokratie“ und bezog sich dabei, ganz der Lehrer, auf den griechis­chen His­torik­er Poly­bios. Offen­sichtliche Anknüp­fungsmuster an extrem rechte Ide­olo­giefrag­mente, wie etwa bei sein­er Dres­den­er Rede im Jan­u­ar 2017, als er das Mah­n­mal für die ermorde­ten Juden Europas als „Denkmal der Schande“ beze­ich­nete, ver­mied Höcke, aber. Den­noch wurde sein Rede­beitrag von seinen „Fans“ begeis­tert aufgenommen. 
Gas­tred­ner Höcke zog vor allem extrem rechte Sym­pa­thisierende der AfD
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Björn Höcke (AfD, auf dem Podi­um) polarisiert.

Zugereist waren vor allem Mit­glieder und Sym­pa­thisierende der extrem recht­en und im Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016 namentlich erwäh­n­ten Vere­ini­gun­gen oder vere­in­sähn­lichen Struk­turen „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ und „PEGIDA Havel­land – Bürg­erini­tia­tive iG“. Dabei han­delte es sich um unge­fähr 20–30 Per­so­n­en. Bei­de Organ­i­sa­tio­nen pfle­gen enge Kon­tak­te zu lokalen Struk­turen der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ im Land­kreis Havel­land. Der derzeit­ige havel­ländis­che AfD-Kreistagsab­ge­ord­nete Ger­ald Hüb­n­er aus Schön­walde-Glien, der am Don­ner­stagabend eben­falls in Neu­rup­pin anwe­send war, trat beispiel­sweise mehrfach bei Ver­samm­lun­gen der „PEGIDA Havel­land“ als Red­ner auf. Auf­grund sein­er dor­ti­gen Aus­führun­gen wurde der Krim­inal­tech­niker u.a. durch seinen Arbeit­ge­ber, dem LKA Berlin, abgemah­nt. Allerd­ings hat­te die Abmah­nung nur bis Mai 2017 bestand, da seine Äußerun­gen, laut ein­er Gütev­er­hand­lung am Arbeits­gericht Berlin, keine straf­baren Inhalte hat­ten. Unbe­strit­ten bleibt jedoch, dass „PEGIDA Havel­land“ während ihrer drei bish­eri­gen öffentlichen Ver­anstal­tun­gen in Schön­walde-Glien zu einem nicht gerin­gen Teil extrem rechte und neon­azis­tis­che Klien­tel aus „Iden­titär­er Bewe­gung“, „Freien Kräften“ und NPD anzog. 
Neben extrem recht­en Havel­län­der Sym­pa­thisieren­den der AfD reiste zur Kundge­bung am Don­ner­stagabend in Neu­rup­pin auch eine 15-köp­fige Berlin­er Del­e­ga­tion an, die regelmäßig an Ver­samm­lun­gen der islam- und asylfeindlichen Vere­ini­gung „Bärgi­da eV“ sowie der extrem recht­en „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ nahe ste­hen­den Ini­tia­tive „Wir für Deutsch­land“ teilnimmt. 
Vere­inzelt gaben sich auch jugendliche Neon­azis durch entsprechen­des Out­fit, so genan­nte „Beken­ner­shirts“ oder szene­typ­is­che Mode­marken, sowie durch ein­schlägige Sym­bo­l­ik, wie beispiel­sweise „Schwarze Sonne“-Tattoos zu erken­nen. Zwei Per­so­n­en präsen­tierten auch die Schwarz-Weiß-Rote Reichs­fahne. Ver­botene Kennze­ichen wur­den allerd­ings nicht gezeigt. 
Kraftvoller Protest
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Der Protest war nicht zu über­hören: Pfiffe gegen Höcke und die AfD

Die Ankündi­gung ein­er Kundge­bung mit Björn Höcke als Red­ner hat­te jedoch nicht nur Fre­unde der AfD auf den Neu­rup­pin­er Schulplatz mobil­isiert. Auch die lokale Zivilge­sellschaft, die sich unter dem Label „Neu­rup­pin bleibt bunt“ engagiert, hat­te sich angekündigt. Ihr waren die Annäherungsver­suche des AfD Poli­tik­ers an extrem rechte Posi­tio­nen nicht ent­gan­gen. „Neu­rup­pin bleibt bunt“ bzw. dessen Sprech­er Mar­tin Osin­s­ki hat­te deshalb bere­its im Vor­feld angekündigt, es „nicht unkom­men­tiert (zu zu)lassen, wenn Bernd Höcke wieder (bis) an die Gren­ze zur Volksver­het­zung geht“. Wobei der Aus­tausch des Vor­na­mens, offen­bar beab­sichtigt war. Über „Bernd“ statt „Björn“ Höcke zu schreiben oder zu sprechen, hat sich mit­tler­weile zu einem medi­alen Run­ning Gag entwick­elt. Den­noch sollte mit dem Protest auch ein ern­sthaftes Anliegen zum Aus­druck gebracht wer­den. „Wer Mei­n­ungs­mache auf Kosten von Men­schen treibt, dem zeigen wir die Rote Karte“, stellte Karo­line Waack, Flüchtlingsko­or­di­na­torin des Ev. Kirchenkreis­es Witt­stock-Rup­pin, bere­its eben­falls im Vor­feld klar. Abge­tren­nt durch eine Polizeiab­sper­rung, aber den­noch in Hör- und Sichtweite, gaben die Sym­pa­thisieren­den von „Neu­rup­pin bleibt bunt“ sehr laut und deut­lich, mit­tels Trillerpfeifen oder Plakate mit Auf­schriften, wie „Bunt statt Grauland“ oder „Die Linke – Entsch­ieden gegen rechte Het­ze“, ihre Mei­n­ung zur AfD und ihre Funk­tionäre kund. Weit­er­hin wur­den mehrere Trans­par­ente mit den Auf­schriften: „Refugees Wel­come“ und „Ekel­hAfD“ gezeigt. Ein weit­eres Trans­par­ent mit dem Slo­gan: „Neu­rup­pin bleibt bunt – Schluss mit dem recht­en Spuk“ war zudem in Blick­rich­tung der AfD Sym­pa­thisieren­den an einem Gebäude angebracht.
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Rathenow: Extrem rechte Propaganda nach Auseinandersetzungen im Stadtzentrum

Propaganda der extrem rechten „Identitären Bewegung“, die Freitagfrüh in Rathenow festgestellt worden sein soll
Pro­pa­gan­da der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“, die Fre­itagfrüh in Rathenow fest­gestellt wor­den sein soll

Am Don­ner­stagabend soll es, Polizeiangaben zu Folge, auf und um den Märkischen Platz zu mehreren straf­be­wehrten Hand­lun­gen zwis­chen Jugendlichen und Gästen eines Restau­rants gekom­men sein. Hin­ter­grund ist offen­bar ein Missver­ständ­nis, dass sich zu ein­er hand­festen Auseinan­der­set­zung entwick­elte. Außer­dem soll aus einem Fahrzeug, welch­es auf den Märkischen Platz gefahren war, min­destens eine Flasche in Rich­tung der Jugendlichen gewor­fen wor­den sein. Das Auto habe zudem offen­bar ver­sucht in die Gruppe hineinzufahren.
Wenig später veröf­fentlichte das extrem rechte „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ ein State­ment zu den Vor­fällen, dem­nach es sich in seinem (asylfeindlichen) Wirken bestätigt fühlte, da es sich bei den Jugendlichen ange­blich um „Einige von denen, die noch nicht lange hier leben“, wom­it offen­bar Geflüchtete gemeint waren, han­deln soll. Am frühen Fre­itag­mor­gen lagen dann plöt­zlich dutzende Fly­er, der eben­falls extrem recht­en Vere­ini­gung „Iden­titäre Bewe­gung“, auf dem Märkischen Platz aus.
Die Auseinan­der­set­zun­gen nach Darstel­lung der Polizei
Für den Don­ner­stagabend lagen der Polizei­press­es­telle offen­bar zwei Sachver­halte vor, die im Zusam­men­hang mit den Auseinan­der­set­zun­gen zur Anzeige gebracht wurden.
Zunächst ermit­teln die Beamten wegen ein­er „gefährlichen Kör­per­ver­let­zung“ im Bere­ich eines Restau­rants. Als Tatverdächtiger gilt ein 14 jähriger Jugendlich­er, der mit einem Gür­tel zugeschla­gen haben soll.
Die Sit­u­a­tion hat­te sich gegen 21.05 Uhr möglicher­weise aus einem Missver­ständ­nis her­aus hochgeschaukelt. Laut Polizeiangaben „fühlte sich“ eine 25 jähriger Restau­rant­gast von einem außer­halb der Gast­stätte ste­hen­den Jugendlichen „belästigt“. Der 14 Jährige soll den Mann bzw dessen an einem Tisch sitzende Fam­i­lie „stur“ angeschaut haben. Eine Auf­forderung dies zu unter­lassen soll der Jugendliche nicht nachgekom­men sein. Der 14 Jährige soll lediglich angegeben haben, auf jeman­den zu warten. Der 25 jährige Mann habe daraufhin den Wartenden zur Seite geschoben. Dies sollen wiederum andere Jugendliche auf dem Märkischen Platz mit­bekom­men haben und zur Gast­stätte geeilt sein. Ein weit­er­er 14 Jähriger habe daraufhin einen Gür­tel aus sein­er Hose geholt und dann auf den Tisch, an dem der 25 Jährige inzwis­chen wieder Platz genom­men hat­te, eingeschla­gen haben. Dabei soll die drei­jährige Tochter des Mannes gestrif­f­en wor­den sein, blieb aber unver­let­zt. Der 25 Jährige stand dann auf, schub­ste den 14 jähri­gen Tatverdächti­gen weg und ver­langte von ihm in Ruhe gelassen zu wer­den. Die Jugendlichen ver­schwan­den dann in Rich­tung Märkisch­er Platz.
Wenig später kam es in räum­lich­er Nähe dann zu einem zweit­en Vor­fall. Hier ermit­telt die Polizei nun wegen schw­eren Ein­griffs in den Straßenverkehr.
Dem­nach sei der Fahrer eines mattschwarzen Fahrzeuges, möglicher­weise ein Trans­porter, auf den Märkischen Platz gefahren. Zeu­ge­nangaben, die der Polizei vor­liegen, zu Folge soll das Auto dort zwei Per­so­n­en abge­holt haben. Beim Ver­lassen des Platzes sei dann eine Flasche in Rich­tung der Jugendlichen gewor­fen wor­den. Außer­dem soll der Fahrer ziel­gerichtet auf die Gruppe zuge­fahren sein. Die Jugendlichen bemerk­ten dies aber und sprangen rechtzeit­ig zur Seite. Ein 14 Jähriger soll aber, laut Polizei, eine leichte Prel­lung am Knöchel erlit­ten haben.
Der Fahrzeugführer sei daraufhin mit „qui­etschen­den Reifen“ geflo­hen. Er wird von Zeu­gen als kor­pu­lent, tätowiert und glatzköp­fig beschrieben.
Extreme Rechte ver­sucht Vor­fall zu instrumentalisieren
Einige Akteure des extrem rechten „Bürgerbündnisses Havelland“ sympathisieren offen mit den „Identitären“ (Archivbild, Mai 2017)
Einige Akteure des extrem recht­en „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ sym­pa­thisieren offen mit den „Iden­titären“ (Archiv­bild, Mai 2017)

Bere­its eine Stunde nach den Vor­fällen veröf­fentlichte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ im Inter­net ein State­ment, in dem zunächst Bezug auf die Auseinan­der­set­zung genom­men wird. Gle­ichzeit­ig sah sich der Vere­in offen­bar in seinem Wirken, regelmäßig asylfeindliche Ver­samm­lun­gen, wie erst am ver­gan­genen Dien­stag, durchzuführen bestätigt, da an den Vor­fällen ange­blich „Einige von denen, die noch nicht lange hier leben“ – eine offen­sichtliche Verk­lausulierung für die min­der­jähri­gen Geflüchteten, die sich zeitweise auf dem Märkischen Platz tre­f­fen – beteiligt gewe­sen sein sollen.
In einem weit­eren, später veröf­fentlichtem State­ment behauptet das extrem rechte „Bürg­er­bünd­nis“ ent­ge­gen der Pressemit­teilung der Polizei, dass sich einige „ille­gale Merkel Gäste“ mut­maßlich „in die Haare bekom­men“ hät­ten. Fern­er wird offen­bar fälschlich bekräftigt, dass „männliche Aus­län­der“ ange­blich „weib­liche Gäste“ des Lokals gegenüber dem Märkischen Platz belästigt haben sollen.
Am Fre­itag­mor­gen stellte dann ein Pas­sant, gemäß Recherche von Press­eser­vice Rathenow, dutzende Fly­er der extrem recht­en Vere­ini­gung „Iden­titäre Bewe­gung“ fest. Unge­fähr 80 Flug­blät­ter hät­ten Unbekan­nte dem­nach offen­bar ziel­gerichtet auf den Bänken des Märkischen Platzes abgelegt. Dabei han­delte es sich offen­bar um eine Werbeschrift der „Iden­titären Bewegung“.
„Glob­al­isierung, Massenein­wan­derung und Kul­turver­fall wer­den unseren Kon­ti­nent zer­stören, wenn wir nichts dage­gen tun“, so die Ansage der extrem recht­en, auch im Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016 aus­führlich erwäh­n­ten Vere­ini­gung, auf den Flugblättern.
Die regionale „Iden­titäre Bewe­gung“ hat ihren Hauptwirkungsraum allerd­ings haupt­säch­lich im nahen Berlin, bildet jedoch mit Bran­den­burg zusam­men einen gemein­samen Lan­desver­band. Einzelne Mit­glieder des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“  sym­pa­thisieren mit­tler­weile offen mit dieser völkisch ori­en­tierten Vereinigung.
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Aufgeklärt: Die neonazistische Spontandemo am 29.07.2017 in Rathenow

Am Sam­stagabend ver­anstal­tete eine kleine Gruppe Neon­azis einen spon­ta­nen Auf­marsch im Stadt­ge­bi­et von Rathenow. Diese Ver­samm­lung fand zunächst unangemeldet statt. Später soll sich ein 35 Jähriger aus Magde­burg als Ver­samm­lungsleit­er zu erken­nen gegeben haben. Aus dem Aufzug sollen, laut Märkisch­er All­ge­mein­er Zeitung (MAZ), unter Beru­fung auf Angaben der Polizei, außer­dem einzelne Straftat­en verübt wor­den sein. Die Ver­samm­lung sei später sog­ar aufgelöst worden.
Aus Videomitschnit­ten, die im Inter­net kur­sieren, und zuge­spiel­tem Foto­ma­te­r­i­al soll das Ereig­nis nach­fol­gend rekon­stru­iert und analysiert wer­den. Ein großer Teil des Mate­ri­als wurde durch den so genan­nten „Patri­oten Kanal“, ein­er recht­en Inter­net­seite, in die Öffentlichkeit lanciert. Sie ver­mit­telt einen sehr nahen, jedoch auch deut­lich pro­pa­gan­dis­tisch wirk­enden  Ein­blick in das Ver­samm­lungs­geschehen und doku­men­tiert zugle­ich auch mut­maßliche Straftat­en. Fotos und Videos von dis­tanzierten Pas­san­ten zeigen hinge­gen er einen unbe­deu­tend klein wirk­enden Haufen Neonazis.
Rekon­struk­tion des Aufmarsches

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Route des spon­ta­nen Neon­azi­auf­marsches am Samstagabend. 

Der Aufzug fand in der Zeit zwis­chen 20.00 und 21.00 Uhr statt. Er begann in der Nähe eines bekan­nten Tre­ff­punk­tes von „Autonomen Nation­al­is­ten“ in Rathenow, am Kreisverkehr Große Milow­er Straße, Aus­fahrt Heidefeldstraße.
Ange­führt von einem Ver­mummten, der ein Megaphon in der Hand hielt, bewegte sich, gemäß Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“, von dort aus eine etwa 15 köp­fige Gruppe zunächst in die Hei­de­feld­straße. Der ver­mummte Mann, bei dem es sich mut­maßlich um den Rathenow­er Neon­azi Eric U. han­delte, trat dabei offen­bar als Rädels­führer in Erschei­n­ung. Er begann durch sein Megaphon, so ist es jeden­falls auf einem Video zu sehen und zu hören, die Parole „Autonom und Mil­i­tant – Nationaler Wider­stand“ zu skandieren. Der große Teil der beglei­t­en­den Per­so­n­en wieder­holte dann die Parole.
Kurze Zeit später ist im Video zu sehen, wie ein weit­er­er Neon­azi aus Rathenow ein Ban­ner mit der Auf­schrift: „N.S Havel­land – Frei, Sozial, Nation­al“ aus einem Ruck­sack holte, um es dann offen­bar mit weit­eren Teil­nehmenden des Aufzuges als Front­ban­ner zu tragen.
Der spon­tane Aufzug formierte sich dann endgültig zu einem Klein-Auf­marsch. Im Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ ist dann das Skandieren weit­ere neon­azis­tis­che Parolen zu hören: „Wir sind Frei, Sozial und Nation­al“, „Das Sys­tem ist am Ende, wir sind die Wende“, „Nationaler Sozial­is­mus jet­zt – denn wir kämpfen: frei, sozial, nation­al“, „Wider­stand“, „Deutsch­land den Deutschen – Aus­län­der raus“, „Hier marschiert der nationale Wider­stand“, „Krim­inelle Aus­län­der raus – und die Merkel hin­ter­her“ und „Ob Ost, ob West – nieder mit der roten Pest“.
Von der Hei­de­feld­straße führte der Auf­marsch dann links ab in die Wolzen­straße und dann noch ein­mal links ab, in den Grü­nauer Weg bis in die Großen Milow­er Straße. Während des Zuges durch die let­zt genan­nten Straßen, ist in den Videomitschnit­ten immer wieder das Skandieren von neon­azis­tis­chen Parolen zu hören. Beim Passieren ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft sind in einem Video des „Patri­oten Kanals“ausländerfeindliche Sprüche zu hören.
Ab dem Über­gang Große Milow­er Straße zur Bran­den­burg­er Straße hat­te der spon­tane Aufzug dann offen­bar, so zeigen es zuge­spielte Fotoauf­nah­men, Polizeibegleitung, durch einzelne Streifen­wa­gen. Über einen konkreten Polizeiein­satz gegen die bis dahin unangemeldete Ver­samm­lung ist jedoch nichts bekannt.
Offen­bar von einem Dachbo­den aus gefilmtes und anonym ins Inter­net gestelltes Video­ma­te­r­i­al zeigt jeden­falls nur eine recht klein und ver­loren wirk­ende Neon­az­itruppe, welche die Große Milow­er Straße in Rich­tung Bran­den­burg­er Straße „marschiert“.
Da der Auf­marsch anscheinend dort nicht durch die Polizei aufge­hal­ten wurde, set­zte sich der Aufzug so dann über die Bran­den­burg­er Straße bis zum Kreisverkehr fort, bog dann rechts in die Berlin­er Straße ab und führte schließlich bis zum Märkischen Platz.
Dort ver­weilte die Kle­in­gruppe „Marschieren­der“, gemäß Web­cam, offen­bar kurz. Begab sich dann aber anschließend wieder in Marschfor­ma­tion zurück auf die Berlin­er Straße. Dort set­zt sich die Berichter­stat­tung des „Patri­oten Kanals“ mit einem weit­eren Videomitschnitt fort.
Im Video ist zu sehen, wie ein Polizeibeamter sowie einige offen­sichtlich betagte und fül­lige Kol­le­gen am Kreisverkehr in den Berlin­er Straße Ecke Mit­tel­straße verge­blich ver­suchen den Auf­marsch aufzuhal­ten. Der offen­bar lei­t­ende Beamte gibt, gemäß Videomitschnitt, laut und deut­lich bekan­nt, dass die Ver­samm­lung aufgelöst sei. Außer­dem forderte der Polizist die Teil­nehmenden zum Halt auf. Die bedanken sich allerd­ings zunächst nur bei der Polizei, skandieren dann: „Polizei und Demokratie – unsere Ket­ten brecht ihr nie“ und laufen ein­fach weiter.
Erst in der Großen Milow­er Straße Höhe Kreisverkehr Rich­tung Hei­de­feld­straße, nach etwa 2,7 km Lauf­strecke scheint der Aufzug been­det. Die Polizei hat­te sich offen­bar ver­stärkt und schien die Auflö­sung der Ver­samm­lung nun durch­set­zen zu können.
In einem Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ erk­lärte Eric U, der offen­bar die Ver­mum­mung abgelegt hat­te, dass die Spon­tande­mo sowohl (polizeilich) aufgelöst sei als auch von ihm selb­st been­det wurde. Weit­er­hin ist im Video zu sehen, wie offen­bar die Per­son­alien aufgenom­men und end­los erscheinen­den Diskus­sio­nen über Medi­en­auf­nah­men folgen.
Polizeiliche Zwangs­maß­nah­men oder Inge­wahrsam­nah­men sind im Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ nichts zuse­hen. Auch aus der Berichter­stat­tung der MAZ, die auf ein­er Mit­teilung der Polizei beruht, ist dies­bezüglich nichts zu ent­nehmen und erscheint somit als unwahrschein­lich. Zumal einige Teil­nehmende anschließend offen­bar noch das Dorffest im Rathenow­er Ort­steil Sem­lin besucht­en, dort Self­ies von sich macht­en und diese anschließend im Social­me­dia präsentierten.
Gegen einzelne Ver­samm­lung­steil­nehmer werde dann aber offen­bar doch noch wegen des Zeigen des „Hit­ler­grußes“ und des Mit­führens von „Pyrotech­nik“ ermittelt.
Organ­isierung des Aufmarsches
Mini-Aufmarsch des „N.S Havelland“
Mini-Auf­marsch des „N.S Havel­land“. Weit­ere Fotos hier

Der spon­tane Auf­marsch scheint im Wesentlichen durch Rathenow­er Neon­azis organ­isiert wor­den sein. Dies wird zum einen durch den Start­punkt des Aufzuges, in der Nähe eines bekan­nten Tre­ff­punk­tes lokaler „Autonomer Nation­al­is­ten“, und durch die mut­maßliche Rädels­führerschaft des Eric U, der den Auf­marsch anfangs durch seine Megapho­nansagen forcierte, deutlich.
U hat in einem Teil des neon­azis­tis­chen Milieus dur­chaus eine Schlüs­sel­funk­tion. Er gilt als Scharnier zwis­chen dem mit­tler­weile extrem rechts auftre­tenden PEGI­DA-Ableger „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ und über­re­gion­al aktiv­en Neon­azis aus Sach­sen-Anhalt und (Ost)brandenburg.
Seit 2015 ist U als poli­tisch inter­essiert bekan­nt. Seit Sep­tem­ber 2015 nahm er regelmäßig an Ver­samm­lun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, die sich zunehmend als „asylfeindlich“ darstell­ten, teil. Zuvor ist über U nur bekan­nt, dass gegen ihn mehrfach wegen Brand­s­tiftun­gen polizeilich ermit­telt wurde.
Im Rah­men seines Engage­ments für das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“, bei dem er oft als Ord­ner einge­set­zt war, fol­gte eine stetige Radikalisierung. Zunächst trat U und seine Lebens­ge­fährtin im Früh­jahr 2016 als „Bürg­er­wehr Rathenow“ auf, einige Monate später als „Autonome Nation­al­is­ten Rathenow“. Ab Dezem­ber 2016 nan­nte sich die Truppe dann „N.S Havel­land“. Ein entsprechen­des Ban­ner wurde dann im Jan­u­ar 2017 bei einem extrem recht­en Aufzug in gezeigt. Dort und bei ähn­lichen Aufzü­gen scheinen sich dann auch die Kon­tak­te U.s ins über­re­gionale neon­azis­tis­che Milieu ver­fes­tigt zu haben.
In Rathenow scheint „N.S Havel­land“ jedoch weit­ge­hend isoliert, so dass der Truppe momen­tan kaum mehr als fünf Per­so­n­en zuge­ord­net wer­den kön­nen. Während des Auf­marsches am Sam­stagabend nahm sog­ar nur eine weit­ere Per­son aus U.s direk­tem Umfeld teil. Eine weit­ere Per­son aus Rathenow, die am Anfang der Spon­tande­mo auf einem Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ zu erken­nen ist, gehört zum harten Kern der mit dem „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ Sympathisierenden.
Bei den anderen Teil­nehmenden des sam­stäglichen Aben­dauf­marsches han­delte es sich haupt­säch­lich um Zugereiste, die über­wiegend aus Sach­sen-Anhalt kamen. Die Per­so­n­en kön­nen dem NPD nahen MAGIDA Umfeld bzw der „Brigade Magde­burg“, aus dem sich mut­maßlich auch der Ver­samm­lungslei­t­ende zur Ver­fü­gung stellte, sowie der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“, als auch der „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion 2016“ zuge­ord­net wer­den. Zwei weit­ere Per­so­n­en kamen aus dem Osten Bran­den­burgs und sollen der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“ angehören.
Nahezu alle Teil­nehmenden hat­ten sich vor der Spon­tande­mo am Sam­stagabend bere­its an ein­er Ver­samm­lung der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ beteiligt. Lediglich U war von der angemelde­ten Ver­anstal­tung aus­geschlossen wor­den, weil er dort ver­mummt auftrat.
Drei Teil­nehmende des spon­ta­nen Abend­marsches hat­ten zudem auf der Kundge­bung des „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ Rede­beiträge gehal­ten. Ein­er, ein Mann aus Magde­burg, hat­te dort sog­ar zur Stim­ma­b­gabe für die NPD bei der kom­menden Bun­destagswahl aufgerufen.
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Rathenow: Extrem rechtes “Bürgerbündnis” marschierte wieder

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Am Sam­sta­gnach­mit­tag ver­anstalte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ erst­mals seit drei Monat­en wieder eine größere Ver­samm­lung auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Die Ver­anstal­tung wurde als Kundge­bung mit anschließen­dem Marsch durch die Stadt durchgeführt.
Der öffentlich im Inter­net ver­bre­it­eten Ein­ladung zur der Ver­samm­lung waren unge­fähr 50 Per­so­n­en, die über­wiegend aus Bran­den­burg, Berlin und Sach­sen-Anhalt anreis­ten, gefol­gt. Einzelper­so­n­en sollen aber auch aus Thürin­gen gekom­men sein. Aus Rathenow und Umge­bung sel­ber nah­men nur unge­fähr 15 Per­so­n­en teil.
Die Ver­samm­lung wurde unter dem Mot­to: „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ bewor­ben und in der Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr durchgeführt.
Es wur­den mehrere „Rede­beiträge“ gehal­ten und sich zu den üblichen The­men geäußert. Allerd­ings han­delte es sich bei den Äußerun­gen der Reden­den nicht um klar struk­turi­erte Vorträge, son­dern in erster Lin­ie um Kom­mentare zu gesellschaft­spoli­tis­chen The­men. Deut­lich erkennbar waren jedoch recht­spop­ulis­tis­che bis extrem rechte Aus­drucks­for­men. Zudem wur­den auch wieder Einzelper­so­n­en und bes­timmte Per­so­n­en­grup­pen her­aus­gestellt und dif­famiert. Anwe­sende und nicht anwe­sende Presse wurde beschimpft oder verunglimpft. Während des Aufzuges wur­den zudem Geflüchtete ver­bal angepö­belt, die aus ihrem Wohn­raum hin­aus, neugierig auf die Straße sahen. Das gle­iche passierte beim Vor­beizug der Demon­stra­tion an einem ara­bis­chen Geschäft. Eine Zwis­chenkundge­bung vor dem Laden hat­te die Ver­samm­lungs­be­hörde jedoch offen­bar untersagt.
Extrem rechte Versammlung
Der Rechts­drall ist beim „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ aktuell so offen­sichtlich, dass die Vere­ini­gung mit­tler­weile im aktuellen Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht zum Jahr 2016 (veröf­fentlicht am 21. Juli 2017) im Phänomen­bere­ich „Recht­sex­trem­is­mus“ Erwäh­nung find­et. Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ wer­den darin als „asylfeindlich“ benan­nt. Im Vor­jahr (2015) galt der Vere­in lediglich als „asylkri­tisch“ und wurde nicht im Ver­fas­sungss­chutzbericht erwäh­nt. Die Nen­nung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ im aktuellen Bericht des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes erfol­gte jedoch offen­bar vor allem wegen der Unter­stützung durch die regionale NPD. Die in Rathenow über Organ­i­sa­tion­sstruk­turen ver­fü­gende neon­azis­tis­che Partei hat­te 2016 beispiel­sweise zur Teil­nahme an den Ver­samm­lun­gen der extrem recht­en Vere­ini­gung aufgerufen. Außer­dem hät­ten, laut dem Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016, auch „zahlre­iche Recht­sex­trem­is­ten“ die Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ unter­stützt. Diese Unter­stützung durch die NPD war auch in den ver­gan­genen Monat­en des Jahres 2017 noch erkennbar, auch wenn kaum noch lokale Funk­tionäre dieser Partei den Ver­samm­lun­gen bei­wohn­ten. Stattdessen reis­ten vor allem Parteim­it­glieder und Parteisym­pa­thisierende aus Berlin und Sach­sen-Anhalt zu den Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ an.
Auch am Sam­sta­gnach­mit­tag war dies wieder erkennbar. Eine Gruppe Teil­nehmende aus Magde­burg (Sach­sen-Anhalt), die auch dem dor­ti­gen PEGI­DA-Ableger „MAGIDA“ nah­este­ht oder in Teilen als „Brigade Magde­burg“ auftritt, nahm beispiel­sweise erst am ver­gan­genen Woch­enende an ein­er über­re­gionalen Saalver­anstal­tung der NPD im säch­sis­chen Riesa teil. Darunter auch der Magde­burg­er Ulrich Neu­mann, der am Sam­sta­gnach­mit­tag beim „Bürg­er­bünd­nis“ auf dem Podi­um sprach und dort im Zusam­men­hang mit den Bun­destagswahlen im Sep­tem­ber 2017 offen zur Wahl der NPD aufrief.
Weit­ere Teil­nehmende aus Sach­sen-Anhalt, die in der Regel unter der Beze­ich­nung „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ und „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ auftreten, gel­ten als Sym­pa­thisierende der Vere­ini­gung „THÜGIDA“. Dieser Vere­in wird im thüringis­chen Ver­fas­sungss­chutzbericht 2014/15 als „recht­sex­trem­istisch geprägte Ini­tia­tive gegen Flüchtlinge“ namentlich benan­nt. Erst im März 2017 organ­isierten Bekan­nte Akteure der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ einen Aufzug für THÜGIDA in Sten­dal (Sach­sen-Anhalt). Die „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ waren dabei u.a. als Ord­ner eingesetzt.
Weit­ere Einzelper­so­n­en, die am Sam­sta­gnach­mit­tag aus Berlin zu der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es“  anreis­ten, sym­pa­thisieren mit den im aktuellen Ver­fas­sungss­chutzbericht des dor­ti­gen Lan­desamtes zum Jahr 2016 genan­nten Organ­i­sa­tio­nen „Bärgi­da“, „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ und „Iden­titäre Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg“. Die Berliner­in Elke Met­zn­er bezog sich in ihrem Rede­beitrag pos­i­tiv auf den so genan­nten „völkischen Geist“.
Ein ander­er, aus Ost­bran­den­burg zugereis­ter Red­ner, der sich als „Ste­fan Schu­mann“ von der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“ vorstellte, sprach in seinem Beitrag, in dem er die derzeit­ige Bun­de­spoli­tik neg­a­tiv kom­men­tierte, von „jüdis­chen Poli­tik­ern“. Während des anschließen­den Marsches durch Rathenow skandierte der Ost­bran­den­burg­er zu dem neon­azis­tis­che Parolen wie „Nationaler Sozial­is­mus jet­zt“ und „Frei, Sozial, National“.
Ein Vertreter der Rathenow­er Neon­azi-Truppe „N.S Havel­land“ erschien zu dem ver­mummt auf der Ver­samm­lung und wurde anschließend offen­bar der Ver­anstal­tung verwiesen.
Spon­tan­er Neon­azi­auf­marsch am Abend
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Gegen 20.30 Uhr wurde bekan­nt, dass sich unge­fähr 15 ehe­ma­li­gen Ver­samm­lung­steil­nehmende der Ver­anstal­tung „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ spon­tan sam­melten und mit einem Ban­ner, auf dem die Auf­schrift: „N.S Havel­land“ deut­lich erkennbar war, an ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft in Rathenow vorbeizogen.
Später soll der mut­maßlich unangemeldete Aufzug auch durch Teile der Rathenow­er Innen­stadt gezo­gen sein und Parolen wie „krim­inelle Aus­län­der raus“ , „Frei, Sozial, Nation­al“ oder „Nationaler Sozial­is­mus Jet­zt“ skandiert haben.
Die Teil­nehmenden des Spon­tan­marsches kön­nen den Grup­pierun­gen „N.S Havel­land“, „Kam­er­ad­schaft MOL“, „Brigade Magde­burg“, „Freiko­rps Heimatschutz Divi­sion Sach­sen-Anhalt“, „Berserk­er Deutsch­land – Divi­sion Thürin­gen“ und „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ zuge­ord­net werden.
Die Polizei war zunächst nur mit einzel­nen Streifen­wa­gen präsent und soll den mut­maßlich unangemelde­ten Aufzug erst nach dem Ein­tr­e­f­fen von Ver­stärkung in der Großen Milow­er Straße Ecke Hei­de­feld­straße gestoppt haben.
Fotos zur Ver­samm­lung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“: hier

Fotos zur Ver­samm­lung „N.S Havel­land“: hier

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Rathenow: Rechtes „Bürgerbündnis“ nutzt „Lebensrune“ als neues Erkennungszeichen

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Die zunehmende Annäherung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ an extrem recht­en Aus­druck und extrem rechter Sym­bo­l­ik schre­it­et offen­bar von Ver­samm­lung zu Ver­samm­lung fort. Nach der „Reichs­grün­dungs­feier“ am 21. Jan­u­ar 2017 und dem Gedenken an den ver­meintlichen „deutschen Völk­er­mord“ am 14. Feb­ru­ar 2017 stellt die im Rah­men der heuti­gen Abend­ver­anstal­tung der Vere­ini­gung erst­mals öffentlich als neues Erken­nungsze­ichen gezeigte so genan­nte „Leben­srune“ einen weit­eren Meilen­stein auf dem Weg nach ganz Recht­saußen dar.
„Leben­srune“ als neues Identifikationssymbol
Bere­its seit dem 23. Feb­ru­ar 2017 nutzt die rechte Vere­ini­gung Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V. auf seinem Social­me­dia-Pro­fil im Inter­net statt des bish­er ver­wen­de­ten sech­sza­ck­i­gen schwarzen Sternes die Rune in ihrem Logo. Im Zuge ein­er darauf im Netz ent­bran­nten Diskus­sion, ver­fasste der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser ein kurzes State­ment, dem­nach es sich bei dem neueinge­fügten Sym­bol um die so genan­nte „Leben­srune“ („Man“-Rune) han­dele. Diese sei offen­bar bewusst gewählt wor­den, weil sie ange­blich „ein Zeichen des Deutschen Volkes seit über 2.000 Jahre(n)“ darstelle. Eine Begrün­dung die allerd­ings höchst zweifel­haft erscheint, da sich tat­säch­lich wed­er im „Heili­gen Römis­chen Reich (Deutsch­er Nation)“, welch­es als erstes deutsches Staatenge­bilde vom 10. Jahrhun­dert bis 1806 existierte, noch im „Deutschen Kaiser­re­ich“ (1871 bis 1918) Belege für die Nutzung dieser Rune find­en. Erst im nation­al­sozial­is­tis­chen „Drit­ten Reich“ (1933 bis 1945) ist eine bre­ite Ver­wen­dung der „Leben­srune“ beleg­bar. Dort wurde sie beispiel­weise in der „NS Frauen­schaft“ und in der Hitler­ju­gend (HJ) sowie (gemein­sam mit der „Todesrune“) als geneal­o­gis­ches Sym­bol in Tode­sanzeigen oder auf Gra­ban­la­gen ver­wen­det. Der auf­fäl­lig bre­it­en Ver­wen­dung der Rune im Nation­al­sozial­is­mus dürften dabei vor allem ide­ol­o­gis­che Motive zu Grunde liegen. Es sollte eine his­torische Kon­ti­nu­ität zwis­chen der (nation­al­sozial­is­tis­chen) deutschen „Volks­ge­mein­schaft“ und sein­er ver­meintlichen ger­man­is­chen Wurzeln kon­stru­iert werden.
Das vielfach kaum his­torische Quellen zum Runen-Alpha­bet sowie zu den Ger­ma­nen im All­ge­meinen vor­la­gen, störte dabei offen­bar wenig. Es wurde ein­fach auf das Wis­sen ide­ol­o­gisch beque­mer Schar­la­tane zurück­ge­grif­f­en. Ein Beispiel hier­für ist der Öster­re­ich­er Gui­do von List (1848–1919). Er gilt als „Erfind­er“ der „Leben­srune“. List, der auch als Vorkämpfer der völkischen Bewe­gung und Begrün­der der ras­sis­tisch-okkul­tistis­chen Arioso­phie ange­se­hen wird, ori­en­tierte sich dabei weniger am wis­senschaftlichen Stand der Sprach­forschung zu den his­torisch ver­bürgten Rune­nal­pha­beten, son­dern erfand mit seinem „Arma­nen-Futhark“ ein­fach sein eigenes Runen-ABC. Diesem lieferte List auch gle­ich seine aus­gedacht­en esotherischen Deu­tun­gen mit. In der „Leben­srune“ bzw. „Man-Rune“, sah er beispiel­weise das „geheiligte Zeichen der Fortpflanzung des Men­schengeschlecht­es“. Sein Arma­nen-Futhark sowie seine Runen­deu­tung wur­den später von der so genan­nten „Thulege­sellschaft“, von denen einzelne Mit­glieder wiederum einen großen Ein­fluss auf die Gestal­tung der Parteisym­bo­l­ik der NSDAP hat­ten, übernommen.
Die heutige Ver­wen­dung des Begriffs „Leben­srune“ hat somit nicht nur eine ein­deutige Ten­denz, son­dern kann auch als ein Indiz für die Öff­nung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ gegenüber völkischen Ide­olo­gien, min­destens aber Ide­olo­giefrag­menten ange­se­hen werden.
Stag­na­tion am extrem recht­en Rand
Ein neues Pub­likum hat sich die Vere­ini­gung damit jedoch bish­er noch nicht erschlossen. Zu den Ver­samm­lun­gen des recht­en „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ kom­men kon­stant – so auch heute wieder – ca. 25 Per­so­n­en. Neben Mit­gliedern und Sym­pa­thisan­ten der ver­anstal­tenden Vere­ini­gung sind dies auch Einzelper­so­n­en der Unter­gruppe „NS Havel­land“ sowie aus Berlin angereiste Akteure der extremen Recht­en. Let­zt genan­nte kön­nen dem Spek­trum des „BÄRGIDA e.V.“ sowie der „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ zuge­ord­net wer­den. Bei­de Vere­ini­gun­gen wer­den vom Ver­fas­sungss­chutz des Lan­des Berlin beobachtet. Im aktuellen Berlin­er Ver­fas­sungss­chutzbericht aus dem  Jahr 2015 wer­den sowohl „BÄRGIDA e.V.“ als auch die „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ als islam­feindliche Mis­chszenen im Bere­ich des Recht­sex­trem­is­mus erwähnt.
Fotos: hier

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