Bilder von Festival in Friesack gibt es jetzt auf der Frierock-Seite zu sehen. Alles noch recht chaotisch, soll aber noch werden.
Monat: August 2002
POTSDAM. Die Brandenburger CDU wirft Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg vor, seine Kritik an Innenminister Jörg Schönbohm in der V‑Mann-Affäre sei politisch motiviert. In einem Schreiben an seine Kollegen in den Ländern und den Generalbundesanwalt hatte Rautenberg erhebliche Bedenken gegen die Auffassung Schönbohms geäußert, dass V‑Leute Straftaten begehen dürfen, um Hintermänner aufzudecken.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, riet Rautenberg gestern «als leitendem politischen Beamten zu Zurückhaltung». Beim SPD-Vorgänger Alwin Ziel habe er sich auch nicht eingemischt. CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek macht «kampagneähnliche Züge» aus, nachdem sich auch die neue Richtervereinigung und der Richterbund kritisch zu Schönbohms Rolle äußerten.
Hess-Marsch in Wittstock abgesagt
Die für Sonnabend angekündigte Nazidemo in Wittstock wurde abgesagt. Aus welchen Gründen der Hess-Gedenkmarsch ausfallen wird ist bisher nicht bekannt. Auf Internetseiten verweisen Nazis auf die Flukatastrophen in Deutschland: “An Elbe und Mulde
jede Hand gebraucht um Schaden abzuwenden oder zu beheben.” Am Wochenende — so der Naziaufruf — solle man deshalb lieber im Flutgebiet helfen anstatt zu demonstrieren. Dass diese Aussagen ernst gemeint und tatsächlicher Hintergrund der Demoabsage sind, darf bezweifelt werden.
Rudolf-Hess-Aufkleber: Nazipropaganda-Welle überflutete das Westhavelland
(AOW) In den beiden westhavelländischen Städten Rathenow und Premnitz sowie in der Gemeinde Hohenauen, wurden in der Zeit vom 15. bis 18.August rechtsextreme Aufkleber, Plakate und Flyer entfernt, die im Zusammenhang mit dem Todestag des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Hess von Neonazis geklebt wurden.
Besonders hoch war dabei die Anzahl der aufgetauchten Aufkleber, mindestens 284. Das heißt, in drei Tagen wurde mehr verklebt (und entfernt), als in den Monaten Januar bis Juli 2002 und sogar mehr als im gesamten Jahr 2001.
Insgesamt ist die Anzahl der entfernten Aufkleber im laufenden Jahr damit auf 509 und damit auf den bisherigen Höchststand seit 1945, möglicherweise überhaupt gestiegen.
Ungefähr 90 Prozent des gesamten Propagandamaterials, welches in diesen Tagen auftauchte, wurde in der havelländischen Kreisstadt Rathenow entfernt. Dort löste die Polizei auch eine Gedenkveranstaltung in einem Treffpunkt von Neonazis in einem Garagenkomplex in der Kleinen Waldemarstraße auf. Hitler und Hessbilder, eine Reichskriegsflagge, mehrere Tonträger sowie die Musikanlage wurden polizeilich beschlagnahmt.
Damit hatten die sich dort treffenden Neonazis gleich doppelt Pech. Bereits am 23.Juli durchsuchten Antifas die Garage und stellten u.a. fünf Fahnen, 22 Tonträger, mehrere Flugblätter und Hitlerbilder sicher.
Unschön hingegen war eine Polizeiaktion in den frühen Morgenstunden des 17.Augustes. Sechs junge Männer wurden von mehreren Einsatzwagen gestoppt und mussten ihre Personalien abgeben, als sie Aufkleber mit der Aufschrift „Rudolf Hess — Märtyrer für Deutschland“ entfernten.
Vorgeblicher Grund für die „Fahndungskontrolle“: Die jungen Männer hätten herumgelungert und hätten sich dadurch verdächtig gemacht.
Als den PolizistInnen mitgeteilt wurde, das hier Nazipropaganda entfernt würde, weil gewisse Beamte dazu anscheint zu unfähig waren, wurde entgegnet: „Davon haben wir schon genug abgemacht“ und „Wir sind doch nicht die Putzkolonne“.
Antifaoffensice Westhavelland
Hess-Demo in Wittstock / Hintergründe
(Inforiot) Am kommenden Sonnabend, dem 24.8., sollte in Wittstock eine Hess-Gedenkdemo stattfinden. Inzwischen wurde die Demo abgesagt weil, so die Nazis, wegen der Flut “an Elbe und Mulde jede Hand gebraucht wird um Schaden abzuwenden oder zu beheben”.
Dieser “Rudolf-Hess-Gedenkmarsch Norddeutschland” sollte im Rahmen der bundesweiten Hess-Gedenkwoche stattfinden, deren Höhepunkt die Nazidemo in Wunsiedel war. Auch 2001 demonstrierten 70 Nazis in Wittstock in Gedenken an Rudolf Hess. Der Aufmarsch war vom NPD-Kreisvorsitzenden Mario Schulz angemeldet worden.
Auch die Lokalausgabe der MAZ berichtete über die rechten Propagandaaktionen im Westhavelland: Rathenow/Premnitz: Rechte Aufkleber und Propagandamaterialien. Berichte über ähnliche Vorfälle liegen zudem aus Schwarzheide und Ruhland (Südbrandenburg) sowie Prenzlau und Umgebung vor. Mitte Juli wurde ein Textblatt zu einem Hess-Gedenklied in einem Jugendklub in Münchehofe gemeldet.
Hintergründe zur Naziszene im Westhavelland sind in der Onlinebroschüre eines Antifa-AutorInnen-Kollektivs nachzulesen.
Die PRO scheint die heiße Wahlkampfphase in Brandenburg eingeläutet zu haben. Mit öffentlichen Auftritten ihres Spitzenkandidaten Ronald B. Schill und ersten
Wahlplakaten in den Städten ist sie auf Wählerfang.
So wird Schill am Donnerstag dem 22.08.2002 gleich mehrmals im Land auftreten.
Zuerst um 16.30 Uhr am Bernauer Markt und später um 19.30 Uhr im Kleist-Forum in Frankfurt (Oder).
Für beide Veranstaltungen wurden zahlreiche Plakate in Bernau und Frankfurt (Oder) sowie im Umland gehängt. Im Internet zeigen sich die Schill-Helfer beim fleißigen
Plakate kleben auf einem Bernauer Firmengelände.
Bereits jetzt beklagt sich die Partei auf ihrer Brandenburger Internetseite über heruntergerissene Wahlplakate. So seien 90% der am Vortag in Bernau gehängten
Plakate schon am 19.08. wieder von „Randalierern“ entfernt worden.
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Wann die Gründungsversammlung des Landesverbandes Brandenburg stattfindet ist noch nicht ganz klar. Die Partei wiederspricht sich mit zwei Terminangaben für den 31. August und den 14.September. Fest steht nur das Ronald B. Schill anwesend sein wird und die Veranstaltung in der Landeshauptstadt Potsdam stattfindet.
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Wahlkampf-Auftritte von Ronald Schill in Brandenburg
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22. August 2002 — 16.30 Uhr — Bernau (Markt)
22. August 2002 — 19.30 Uhr — Frankfurt/Oder (Kleist-Forum)
31. August 2002 — 18.00 Uhr — Cottbus
16. September 2002 — Potsdam
Kein Aufruf zu Straftaten
SENFTENBERG. Jede Menge Aufkleber und Handzettel, auch Plakate, die an den 15. Todestag von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß erinnern, sind in den vergangenen Tagen von den Mitarbeitern mehrerer Ordnungsämter im Kreisgebiet eingesammelt worden (die RUNDSCHAU berichtete). Die Täter hat die Polizei noch nicht, sie ist jedoch an Hinweisen interessiert. Wer hat des Nachts bzw. sehr früh am Morgen z.B. in Senftenberg, Lauchhammer, Schwarzheide, Ruhland, Ortrand und Hosena verdächtige Personen bemerkt? Sogar an Brückengeländern über die A13 bei Ruhland, Klein Beuchow und Vetschau sowie an der Eisenbahnbrücke bei Peickwitz waren Plakate bzw. beschriebene Laken befestigt. Ausschließlicher Inhalt sei die Erinnerung und die Glorifizierung der Nazigröße Heß gewesen. Verfassungsfeindliche Symbole oder gar Aufrufe zu Straftaten hätten darauf nicht gestanden. Damit handele es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit. Die Polizei stehe nicht nur im OSL-Schutzbereich alle Jahre wieder vor dieser Art der Plakatierung.
Auf den Stationen des Holocaust
COTTBUS. In der Oberkirche St. Nikolai werden Fotos zum Thema “Stationen des Holocaust und des Rassismus heute ” gezeigt. Den Anfang der Ausstellung bilden die 1933 entstandenen Plakate “Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden! ” . Damit begann die Vernichtung der Juden, die in Auschwitz und vielen anderen Vernichtungslagern ihr mörderisches Ende fand. Aber war das wirklich das Ende von Antisemitismus und Rassismus? Auf den Tafeln ist die blutige Fortsetzung in Dessau, Mölln, Solingen oder Guben zu sehen. Gezeigt werden Fotos von Brandanschlägen auf jüdische Friedhöfe und Synagogen, geschehen nicht während der Naziherrschaft, sondern verübt in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird aber auch nach Strategien für ein normales verständnisvolles Zusammenleben zwischen Einheimischen und Ausländern gesucht. Die Ausstellung ist bis zum 24. September in der Oberkirche täglich von 10 bis 17Uhr zu sehen. Während der Gottesdienste ist eine Besichtigung nicht möglich. Führungen können unter Telefon 0355 24714 angemeldet werden.
POTSDAM. Brandenburgs Richter und Staatsanwälte sind zunehmend irritiert über die Rolle von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in der V‑Mann-Affäre. Neben dem brandenburgischen Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg haben nun auch der Bund der Richter und Staatsanwälte sowie die Neue Richtervereinigung “schwere rechtliche Bedenken” geltend gemacht.
Ihr Vorwurf: Der brandenburgische Verfassungsschutz soll den Vertrieb von rechtsextremistischer Hass-Musik durch den V‑Mann Toni S. befördert haben. “Es muss geprüft werden, inwieweit der Verfassungsschutz dabei eine aktive Rolle gespielt hat”, sagte Wolf Kahl, Landeschef des Bundes der Richter und Staatsanwälte, am Montag der “Berliner Zeitung”. Auch der Potsdamer Verwaltungsrichter Wilfried Hamm, Landeschef der Neuen Richtervereinigung, sieht Schönbohm in Erklärungsnot: “Es darf nicht sein, dass der Verfassungsschutz seine V‑Leute im rechtsfreien Raum agieren lässt”, sagte Hamm am Montag. Vielerlei Indizien sprechen inzwischen dafür, dass der V‑Mann Toni S. vom Verfassungsschutz mehrfach Hilfe beim Vetrieb der Hass-Musik erhalten hat. Schönbohm selbst hatte bei einer Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) in der vergangenen Woche eingeräumt, dass der Verfassungsschutz den 27-jährigen V‑Mann mit zwei Computern ausgestattet habe. Hierauf wurden dann die Texthefte zur CD der Band “Landser” erstellt.
V‑Mann Toni S., der in Guben einen einschlägig bekannten Laden betrieb, war am 20. Juli bei einem Szenetreffen in Berlin festgenommen worden. In der Folge enttarnte er sich als Spitzel des brandenburgischen Verfassungsschutzes. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn nun wegen Volksverhetzung und Propagandadelikten, gegen den verbeamteten V‑Mann-Führer Manfred M. wird wegen Strafvereitelung ermittelt. Schönbohm hält die Festnahme des V‑Mannes nach wie vor für “vorzeitig und unnötig”, da so ein größerer Schlag gegen die Vertriebsstrukturen rechtsextremer Musik verhindert worden sei. Diese Szene könne man nicht mit “braven V‑Leuten” auskundschaften, so Schönbohm. Er räumte aber gegenüber der PKK ein, dass der Verfassungsschutz seinen Spitzel Toni S. nicht unter Kontrolle gehabt habe.
Was wusste der Minister?
Anders als Schönbohm hält der brandenburgische Generalstaatsanwalt Rautenberg die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft gegen Toni S. für gerechtfertigt. “Die Grenzen müssten viel enger gezogen werden”, sagte Rautenberg am Montag der “Berliner Zeitung”. Der märkische Verfassungsschutz habe die Straftaten des Toni S. offenbar aktiv unterstützt. Es könne aber nicht angehen, dass der Verfassungsschutz einem V‑Mann den Vetrieb rechtsextremer Hass-Musik erlaube, sagte Rautenberg, der bereits in einem Schreiben an den Generalbundesanwalt auf diese Problematik aufmerksam gemacht hat.
Sauer auf Schönbohm sind nach wie vor die Berliner. “Es könnte sich herausstellen, dass der V‑Mann-Führer nicht alleine gehandelt hat”, sagte Klaus-Uwe Benneter, Rechtsexperte der Berliner SPD-Fraktion. “Die Frage ist dann: Was wusste Schönbohm?”
Am Donnerstag tagt die PKK in Potsdam erneut. Die PDS-Innenpolitikerin Kerstin Kaiser-Nicht, einzige Oppositionsvertreterin in der PKK, forderte am Montag erneut Akteneinsicht. Die drei anderen PKK-Mitglieder, die den Regierungsfraktionen von SPD und CDU angehören, hatten einer umfassenden Akteneinsicht bisher nicht zugestimmt. Kaiser-Nicht: “Die PKK hat eine Kontrollfunktion und nicht die Funktion, die Regierung zu stabilisieren.”
PKK-Vorsitzender Christoph Schulze (SPD) räumte am Montag ein, dass Bund und Länder einen “Katalog entwickeln” müssten, in dem festzuschreiben sei, wie weit V‑Männer strafrechtlich gehen dürften. Dieser Katalog müsste geheim bleiben, da V‑Leute in der Szene sonst relativ einfach enttarnt werden könnten. Schulze sagte auch, dass Schönbohm nicht die ganzen Umstände, unter denen der V‑Mann angeworben wurde, dargelegt habe.
Mühlenbeck — Bei einer Feier von Rechtsextremisten sind in Mühlenbeck (Oberhavel) 19 Personen festgenommen worden. Sie hatten rechtsradikale Parolen gegrölt und entsprechende Musik abgespielt, sagte ein Polizeisprecher. Die Festgenommenen erhielten Anzeigen wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Volksverhetzung. Gegen vier bereits bei der Polizei bekannte Berliner beantragte die Staatsanwaltschaft Neuruppin Haftbefehle, die das Amtsgericht Oranienburg jedoch ablehnte.
Brandenburgs Verfassungsschutz hat seinen kürzlich enttarnten V‑Mann Toni St. zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst erpresst. Der führerscheinlose Neonazi St., der 1998 seine Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit am Steuer verloren hatte, wurde nach FOCUS-Informationen im Frühjahr 2001 auf einer illegalen Fahrt mit seinem Auto observiert und auf einem Parkplatz bei Cottbus gestoppt.
Dort hätten ihn Verfassungsschutz-Beamte gezielt angesprochen, berichtet FOCUS unter Berufung auf informierte Potsdamer Sicherheitskreise. Unter dem Druck einer drohenden Anzeige und eines damit verbundenen weiteren jahrelangen Führerschein-Entzugs habe sich St. zu einer Kooperation mit dem Verfassungsschutz zwingen lassen.
Nach FOCUS-Recherchen wurden den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission auf ihrer Sitzung am vergangenen Donnerstag die Umstände der Anwerbung von Toni St. bewusst verschwiegen.
Der brandenburgische Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin wollte sich gegenüber FOCUS über die Anwerbung von Toni St. nicht äußern.
St.’s Cottbuser Anwalt Klaus Linten sagte, bei der Anwerbung seines Mandanten handele es sich offenbar um eine „schlichte Erpressung“. Ein Berliner Ermittler, der laut FOCUS namentlich nicht genannt werden will, sagte dem Magazin: „Falls St. gezielt in eine Falle gelockt worden sein sollte, um ihn dann gefügig zu machen, so sind das Stasi-Methoden. Das sollte man gerade in Brandenburg bedenken.“