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Kirchenasyl wird Chefsache

Bran­den­burgs Regierung und evan­ge­lis­che Kirche ver­han­deln über das Schick­sal eines Viet­name­sen, der mit seinem fün­fjähri­gen Sohn abgeschoben wer­den soll

(Lukas Wall­raff) Das Schick­sal des Viet­name­sen Xuan Khang Ha, der mit seinem fün­fjähri­gen Sohn abgeschoben wer­den soll, ist in Bran­den­burg zur Chef­sache gewor­den. Am kom­menden Dien­stag wer­den sich Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) und Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) mit dem evan­ge­lis­chen Lan­des­bischof Wolf­gang Huber tre­f­fen, um den Fall zu beraten. 

Das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um machte den bei­den Viet­name­sen jedoch wenig Hoff­nung. An der rechtlichen Sit­u­a­tion habe sich nichts geän­dert. Alle Asy­lanträge seien abgelehnt wor­den. Bei der Vere­in­barung des Gesprächs habe in der Regierung “Einigkeit” bestanden, “dass Herr Ha und sein Sohn rechtswirk­sam aus­reisepflichtig sind”, sagte Schön­bohms Sprech­er gestern der taz. Bei dem Gespräch soll­ten lediglich “grund­sät­zliche Fra­gen des Kirchenasyls” ange­sprochen wer­den. Kirchen­vertreter hat­ten zuvor gegen eine Ver­let­zung des Kirchenasyls protestiert, wie es sie bish­er in Bran­den­burg noch nicht gegeben habe. 

Die zuständi­ge Aus­län­der­be­hörde wollte Ha und seinen Sohn Anfang dieser Woche nach Frank­furt am Main brin­gen und nach Hanoi aus­fliegen lassen. Polizis­ten hat­ten deshalb am Dreikönigstag das Pfar­rhaus der evan­ge­lis­chen Gemeinde im bran­den­bur­gis­chen Schwante durch­sucht, wo sich Ha und sein Sohn seit Novem­ber im Kirchenasyl befan­den. Nach eige­nen Angaben ließ der Pfar­rer die Beamten ins Haus, obwohl sie keinen Durch­suchungs­be­fehl vor­legten. Die Viet­name­sen kon­nten jedoch nicht gefun­den werden. 

Die Aus­län­der­be­hörde erk­lärte daraufhin, an der geplanten Abschiebung der Has festzuhal­ten, auch wenn ihr derzeit­iger Aufen­thalt­sort nicht bekan­nt sei. Nach Angaben des Bun­des­gren­zschutzes wäre der näch­ste mögliche Ter­min der 21. Januar. 

Trotz der unnachgiebi­gen Hal­tung der Behör­den set­zt die evan­ge­lis­che Kirche in Bran­den­burg weit­er auf eine ein­vernehm­liche Lösung. Dass sich Platzeck und Schön­bohm zum Gespräch bere­it erk­lärten, sei ein “pos­i­tives Zeichen”, sagte der kirch­liche Aus­län­der­beauf­tragte Hanns Thomä-Venske der taz. “Ich hoffe, dass man noch ein­mal über den Fall reden kann.” 

Die Gemeinde in Schwante hat­te ihr Engage­ment damit begrün­det, dass Ha bei ein­er Abschiebung möglicher­weise von Ver­fol­gung bedro­ht sei. Haupt­grund ist das Mitwirken des Viet­name­sen in zwei oppo­si­tionellen Exil-Organisationen. 

Um zu klären, ob Has Furcht berechtigt ist, hat die Kirche amnesty inter­na­tion­al und die Flüchtling­sor­gan­i­sa­tion der Vere­in­ten Natio­nen (UNHCR) um Gutacht­en gebeten. Thomä-Venske hofft, dass sie bis zum Dien­stag vor­liegen. Falls sie eine Bedro­hung fest­stellen, appel­liert der Kirchen­beauf­tragte an die Behör­den, den Fall erneut zu prüfen. Denkbar sei ein neuer Asyl­fol­geantrag, der wenig­stens auf­schiebende Wirkung hätte. 

Bei der bish­eri­gen Behand­lung des Falls sei die “Ver­hält­nis­mäßigkeit nicht gewahrt” wor­den, kri­tisierte Thomä-Venske. Ha war 1988 als DDR-Ver­tragsar­beit­er nach Deutsch­land gekom­men. Im ver­gan­genen Herb­st hat­ten die Behör­den ver­sucht, Ha ohne seinen Sohn abzuschieben. Nach­dem sich der Bun­des­gren­zschutz weigerte, lan­dete Ha sechs Wochen lang in Abschiebe­haft. Ein Gericht­surteil unter­sagte die Tren­nung von Vater und Sohn, änderte aber nichts an der Aus­reisepflicht. In Schwante fan­den die Viet­name­sen Schutz. Dort engagiert sich nicht nur die Kirche. Auch das bud­dhis­tis­che Kloster im Ort bot seine Hil­fe an.” 

Erst mal reden

Kirchenasyl beschäftigt Bran­den­burgs Lan­desregierung. Innen­min­is­ter bleibt hart: Nur unterm Altar keine Polizei

(HKL) Die näch­ste Macht­probe zwis­chen Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) und Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) ste­ht bevor. Der Anlass: Das Schick­sal des abgelehn­ten viet­name­sis­chen Asyl­be­wer­bers Xuan Khan Ha und seines fün­fjähri­gen Sohnes, der seit zwei Monat­en bei der evan­ge­lis­chen Gemeinde in Schwante Kirchenasyl gefun­den hat. Am Mon­tag waren die bei­den dort von der Polizei verge­blich gesucht worden. 

Platzeck legte daraufhin am Mittwoch eine Denkpause im Stre­it um die Abschiebung ein. Am Dien­stag kom­mender Woche sollen der Regierungschef, Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm, der evan­ge­lis­chen Bischof Wolf­gang Huber und der zuständi­gen SPD-Lan­drat des Kreis­es Ober­hav­el gemein­sam eine Lösung suchen. Indi­rekt sicherte der stel­lvertre­tende Pots­damer Regierungssprech­er, Claus Füger, dem Viet­name­sen zu, bis dahin von staatlichen Zwangs­maß­nah­men abzuse­hen. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor diesem Gespräch durch die Behör­den des Lan­des Bran­den­burg irgendwelche Fak­ten geschaf­fen wer­den”, erk­lärte Füger. Die Kirchenge­meinde Schwante unter­strich der­weil, dass sie der viet­name­sis­chen Kle­in­fam­i­lie weit­er­hin Schutz gewähren wird und hat dafür ein interkon­fes­sionelles Bünd­nis mit jüdis­chen, islamis­chen und bud­dhis­tis­chen Gemein­den geschlossen. 

Tat­säch­lich ist Platzeck die let­zte Hoff­nung des Viet­name­sen und sein­er Unter­stützer. Denn Teile der SPD sind in Flüchtlings- und Migra­tions­fra­gen längst auf Schön­bohms Kurs eingeschwenkt, der dafür sorgt, dass in Bran­den­burg der nicht deutsche Bevölkerungsan­teil die Zweiprozen­thürde nicht über­steigt. Schön­bohms Sprech­er Heiko Hom­burg machte unter­dessen deut­lich, dass das Min­is­teri­um an der Abschiebung fes­thal­ten will: “Als das Gespräch vere­in­bart wurde”, so Hom­burg, sei man sich in der Lan­desregierung einig gewe­sen, “dass Herr Ha mit seinem Sohn rechtswirk­sam aus­reisen muss und abgeschoben wird”. 

Trotz der bre­it­en Kri­tik am Polizeiein­satz gegen die Kirchenge­meinde bleibt das Innen­min­is­teri­um auch beim Kirchenasyl auf Crashkurs. Spitzfind­ig sagt Hom­burg dazu: “Solange Jörg Schön­bohm Innen­min­is­ter bleibt, geht die Polizei nicht in Gotteshäuser.” Im Klar­text heißt das, Polizeiein­sätze in Gemeinde- und Pfar­rhäusern bleiben möglich. Lediglich unterm Altar sind Flüchtlinge noch sicher. 

Mehr zum The­ma im Infori­ot-Archiv: Kirchenasyl

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Platzeck will Streit um Kirchenasyl lösen

POTSDAM — Im Stre­it um das Kirchenasyl in Schwante (Ober­hav­el) und das Schick­sal eines allein erziehen­den viet­name­sis­chen Asyl­be­wer­bers bah­nt sich eine Lösung auf höch­ster poli­tis­ch­er Ebene an.

Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD), Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) und der Bischof der Evan­ge­lis­chen Kirche in Berlin-Bran­den­burg, Wolf­gang Huber, wer­den sich am Dien­stag zu einem Spitzenge­spräch tre­f­fen. Dies bestätigte gestern der stel­lvertre­tende Sprech­er der Pots­damer Lan­desregierung, Man­fred Füger. An dem Gespräch wird auch der Lan­drat von Ober­hav­el, Karl Heinz Schröter (SPD), teil­nehmen. Die Polizei hat­te am Mon­tag in Schwante das Pfar­rhaus durch­sucht, um den abgelehn­ten Asyl­be­wer­ber Xuan Khang Ha in Abschiebege­wahrsam zu nehmen.

“Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor diesem Gespräch durch die Behör­den des Lan­des Bran­den­burg irgendwelche Fak­ten geschaf­fen wer­den”, sagte Füger. Es werde es in erster Lin­ie um die Zukun­ft des 48-jähri­gen Asyl­be­wer­bers Ha und dessen Sohn gehen, die sich seit zwei Monat­en im Schwan­ter Kirchenasyl befind­en. Weit­erge­hende Fra­gen des Kirchenasyls wür­den sicher­lich auch erörtert.

Der Vor­sitzende der SPD-Frak­tion, Gunter Fritsch, hat­te gestern — wie zuvor die PDS — die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion gefordert. Das Innen­min­is­teri­um lehnte diesen Vorstoß erneut mit der Begrün­dung ab, es gebe bere­its mit der so genan­nten Alt­fal­lkom­mis­sion eine ähn­liche Instanz für abgelehnte Asyl­be­wer­ber gebe. Zuvor hat­te sich auch der innen­poli­tis­che Sprech­er der SPD-Frak­tion, Wern­er-Sieg­wart Schip­pel, gegenüber der MAZ grund­sät­zlich dage­gen aus­ge­sprochen, Kirchenasyl zu respektieren.

Der Fall Ha hat­te schon im Sep­tem­ber 2002 bun­desweit Auf­se­hen erregt, als der 1988 als DDR-Ver­tragsar­beit­er ein­gereiste Viet­namese ohne seinen Sohn abgeschoben wer­den sollte. In einem Brief an Schön­bohm hat­te Bischof Huber am 18. Dezem­ber gebeten, vor ein­er Abschiebung noch ein­mal den Bedenken der Kirche um eine Gefahr für Leib und Leben von Ha bei ein­er Rück­kehr nach Viet­nam nachzuge­hen. Die Kirche schließt eine poli­tis­che Ver­fol­gung von Ha nicht aus.

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Chamäleon versteht aktuelle Ausstellung als Signal

Einige Fen­ster­scheiben des “Chamäleon”-Vereinshauses in der Her­mann-Elflein-Straße 32 sind nach dem Neon­az­iüber­griff in der Sil­vester­nacht noch pro­vi­sorisch durch Bret­ter und Matratzen erset­zt. Durch die Fen­ster zieht es, das Tages­licht bah­nt sich nur müh­sam den Weg durch das Untergeschoss. Und den­noch: Das Jugend- und Kul­tur­pro­jekt “Chamäleon e.V.” organ­isierte bin­nen kurz­er Zeit eine sym­bol­haft pro­vi­sorische Austel­lung, die gestern eröffnet wurde und heute noch von 14 bis 18 Uhr zu sehen ist.

 

Dass der Vere­in sich nicht durch die rechte Bedro­hung ein­schüchtern lässt und ihr etwas Kon­struk­tives ent­ge­genset­zt, soll mit der Ausstel­lung unter dem Titel “Spuren aus der Geschichte unseres Haus­es” demon­stri­ert wer­den, sagt Arthur Müller, Mit­glied des Vere­ins. Ein Ver­wandter der ehe­ma­li­gen Besitzerin des Haus­es stellte das Mate­r­i­al mit vie­len Doku­menten — alte Fotos, Bau­plä­nen, Bau­genehmi­gun­gen und Zeitungsauss­chnit­ten — zur Ver­fü­gung. Die Doku­mente reichen bis in das Jahr 1932 zurück.

 

Die elf großen Rah­men sind chro­nol­o­gisch ange­ord­net. Einige ver­leit­en dem Betra­chter auch zum Schmunzeln.

 

So erfährt der Betra­chter z.B., dass 1932 eine Bau­genehmi­gung der Städtis­chen Baupolizei 44 Reichs­mark kostete. Zum Aus­bau des Eck­ladens — ein Kolo­nial­warengeschäft — wur­den genaue Bedin­gun­gen vorgeschrieben. Es durfte nur glat­ter Putz ver­wen­det wer­den, die Buch­staben­höhe 40 Zen­time­ter nicht über­steigen und die Außen­farbe musste mit der Bauber­atungsstelle abges­timmt werden.

 

Weniger amüsant war die Tat­sache, dass die damals 73-jährige Her­ta Rüsicke am 6. Dezem­ber 1983 bei der Stadt eine Zus­tim­mung zur Sanierung ihres Haus­es unter­schrieb — bald aber fest­stellen musste, dass ihr Wiedere­inzug gar nicht vorge­se­hen war. 1986 erstritt sie eine Entschädi­gung von 8264,87 Ostmark.

 

Faz­it: Dem Betra­chter erhält einen inter­es­san­ten Überblick zur Geschichte des Hauses.

 

Der seit August 2002 hier ansäs­sige Vere­in plant bere­its die näch­sten Ausstel­lun­gen: Im März und April geht es um die The­men Asyl und Flüchtlinge. Der Vere­in set­zte seine Arbeit fort, so Müller.

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Mord am Aussiedler Kajrat B. vorm Neuruppiner Landgericht


“Wir kön­nen bloss hof­fen, dass sie die Sache den Glatzen in die Schuhe schieben”, sollte Marko F. zu Michael H. gesagt haben. Die Sache, das ist die Tötung des Spä­taussiedlers Kajrat B. in Alt Daber bei Witt­stock am 2. Mai 2002. Heute, 8. Jan­u­ar 2003, wurde erst­mal vorm Neu­rup­pin­er Landgericht verhandelt. 

In der Tat fällt es den fünf Angeklagten nicht schw­er, sich glaub­haft von recht­sex­tremen Kreisen zu dis­tanzieren. Drei von ihnen — Marko F., Patrick S. und Ralf A. — sind der Tech­noszene zuge­hörig, fühlen sich auf Goa-Par­tys heimisch und nehmen XTC, Speed, Kokain. Michael F. hinge­gen gab vor Gericht an, keine Dro­gen zu nehmen. Er ste­he auf “Black Music” wie Hip-Hop. Sein Lieblingsmusik­er sei Bob Mar­ley. Ledg­lich Mike S. ist eine frühere Nähe zu Recht­sradikalen nachzuweisen. Mit so etwas sei es aber vor­bei, sagte er gestern. Und auf Demos oder anderen Aktion sei er auch nie anzutr­e­f­fen gewe­sen. “Man muss aber keine Glatze haben, um frem­den­feindlich zu sein”, hielt die Rich­terin den Angeklagten vor. Wer unter die Lupe nimmt, was in der Nacht des 2. Mai 2002 und darauf fol­gend passiert ist, wird fest­stellen, dass es sich nicht ein­fach nur um eine tragisch geen­dete Kneipen­schlägerei han­delt. Das ras­sis­tis­che Kli­ma in der nord­bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Witt­stock spielt eine mass­ge­bliche Rolle. 

Über das was in der Nacht pasiert ist, gibt es ver­schiedene Aus­sagen. Anklageschrift sowie die Geständ­nisse von Marko F. und Michael H. wider­sprechen sich. Übere­in­stim­mend sind sie darin, dass die Gruppe der nun Angeklagten erst kurz vor der Tat zusam­men­fand. Marko F. und Patrick S. seien zusam­men zur Disko in die Kneipe in Alt Daber gefahren. Im Auto hät­ten sie Kokain genom­men. Marko F. zu ersten Mal. Michael Haas sagte aus, mit sein­er Fre­undin zu der Tech­nover­anstal­tung gefahren zu sein. Dort habe er Wod­ka-Red Bull getrunk­en, aus­ge­lassen gefeiert und wollte länger bleiben als seine Fre­undin. Schw­er betrunk­en sei Mike S. in der Kneipe rumge­torkelt. “Er lief rum wie Falschgeld” (Marko F.), war auf Stre­it aus und wurde vom Kneipenbe­sitzer mehrmals vor die Tür geset­zt. Eben­falls nicht mehr ganz nüchtern sei Ralf A. gewe­sen, der die Truppe mit seinem Auto nach Hause fahren wollte. Nach­dem die Disko endete, kam es zur Diskus­sion, ob die fünf nicht bess­er laufen soll­ten. Ralf A. sei zum Fahren zu betrunk­en. Kajrat und sei Fre­und Max — eben­falls ein Spä­taussiedler — hät­ten das Gespräch gestört, schnor­rten um Zigaret­ten und seien zuse­hends agres­siv gewor­den. Es kam zu Hand­grei­flichkeit­en deren Ver­lauf unter­schiedlich widergegeben wird. Fest ste­ht, das Max schw­er ver­let­zt wurde und Kajrat wenige Tage später an den Ver­let­zun­gen ver­starb. Zuge­zo­gen hat­te er sich diese durch zahlre­iche Tritte und Schläge und einen rund 17 Kilo schw­eren Feld­stein, der auf seinen Oberkör­p­er gewor­fen wurde. 

Wenige Stun­den zuvor sei Marko F. in eine Schlägerei mit einem anderen Besuch­er der Disko dessen Fre­undin er belei­digt hat­te ver­wick­let wor­den. F. schlug zu beziehungsweise schub­st sein Gegenüber (eigene Aus­sage). Der Geschädigte ist mit einem blauen Auge weggekom­men. “Da sind gle­ich Leute dazwis­chen gegan­gen”, erin­nert sich Marko F. an den Vor­fall. Als Kajrat und Max attakiert wur­den ist nie­mand dazwis­chen gegan­gen. Auch wenn die Täter beobachtet wur­den. Michael H. erin­nert sich daran, dass fünf bis zehn Leute hin­ter seinem Rück­en ges­tanden haben müssen. Erst als bei­de Aussiedler am Boden lagen und weit­er auf sie einge­treten wurde, riefen einige “Mädels” (Marko F.): “Hört auf, ihr schlagt ihn ja tot”. Aber vor allem: “Haut ab, die Polizei kommt gle­ich.” Die Täter ergrif­f­en die Flucht. Zwei Tage später wur­den Absprachen getrof­fen, was der Polizei erzählt wer­den soll, um die Tat zu verschleiern. 

Wer den Stein von immensen Aus­maß gewor­fen hat, daran kann sich ange­blich kein­er der Beobachter erin­nern. Die zahlre­ichen Zuschauer der Prügelorgie, wollen überse­hen haben, wie ein­er der Beteiligten einen rund einen hal­ben Meter lan­gen Feld­stein her­an­schleppte und auf den am Boden Liegen­den schmetterte. In Witt­stock gehen viele Ver­sion um, was am 2. Mai 2002 passierte. Immer­hin 65 Zeu­gen sind geladen. Wer den Stein warf, darüber will ange­blich nie­mand von ihnen sichere Erken­nt­nisse haben. Das klingt unglaub­würdig. Wahrschein­lich­er ist es wohl, dass die Bürg­er der Kle­in­stadt Witt­stock zusam­men­rück­en, um ihre Jungs da rauszuhauen. Die eige­nen Söhne ste­hen ihnen näher als die von irgendwelchen rus­s­land­deutschen Müt­tern und Vät­tern. “Haut bloss ab hier, die Kripo war heute schon da”, soll der Kneipenbe­sitzer am Tag nach dem Vor­fall Marko F. zugerufen haben, als dieser vor­beikam, um sich nach einem ver­loren gegan­genen Handy umzuschauen. Was mit den bei­den Aussiedlern geschehen ist, darüber habe er sich in dem Moment nicht erkundigt, gab Marko F. vor Gericht zu. Aus dem Radio habe er von den Fol­gen erfahren. 

Er stellte sich als einen Men­schen dar, der nur schw­er die Fas­sung ver­liert. In Stre­it­fällen will Marko F. nach eige­nen Bekun­den eher schlicht­en als zuhauen. Doch ein­er der bei­den Aussiedlern sei immer agres­siv­er gewor­den, habe ihn bedro­ht und seinen Fre­und Mike S. ange­grif­f­en. Der andere Aussiedler wollte schlicht­en. Einge­treten hat er auf sie bei­de. “Bleib liegen, Scheiß-Russe”, rief er. “Das war aber nicht aus­län­der­feindlich gemeint.” Auch während sein­er Aus­sage fiel es ihm schw­er, Max und Kajrat auseinan­derzuhal­ten. Welch­er von bei­den agres­siv war, wie welch­er aus­sah, mit wem er sprach. Es waren eben die bei­den Russen. Auch Michael H. will mit Schlägereien nichts am Hut haben. In der Sit­u­a­tion sei das anders gewe­sen: “Ich habe mich warschein­lich aus der Gemein­schaft her­aus ani­miert gefühlt und habe ‑jet­zt musst du auch- gedacht.” Sein Schlag sei aber daneben gegan­gen, vielmehr habe er sich durch einen Sturz selb­st ver­let­zt und an dem Geschehen nicht mehr teilgenommen. 

Ach wenn Michael H. laut sein­er Aus­sage im Weit­eren nicht ein­schritt, die Tötung zu ver­hin­dern. So war er doch der einzige der Beschuldigte, der zaghafte Worte des Bedauerns anklin­gen ließ. Seine Mitangeklagten plagten andere Sor­gen. Patrick S., der bere­its eine Strafe auf Bewährung ver­büßt, hat Angst, für lange Zeit ins Gefäng­nis zu kom­men. Andere gaben an, zu fürcht­en, dass der Fahrer des Fluchwa­gens den Führerschein
ver­liert. Immer­hin stand er unter Alko­hole­in­fluss. Auch Marko F. wollte seine Flep­pen nicht loswer­den und habe deshalb in ein­er vor­ange­gan­genen Polizeivernehmung ver­heim­lich, dass er Kokain genom­men hatte. 

Was hat der Tod Kajrats mit Ras­sis­mus zu tun?

Der Grund, warum den bei­den Aussiedlern von nie­man­den geholfen wurde obwohl bru­tal auf sie eingeprügelt wurde, war ihre Fremd­heit. Max und Kajrat störten die Ver­trautheit der Dorfdisko. Sie hat­ten dort nichts zu suchen. Die Schläger waren den umste­hen­den Gaffern (fre­und­schaftlich) bekannt. 

Täter und Zeu­gen üben sich in Ver­schwiegen­heit und machen sich somit zur Gemein­schaft. Wäre es ein alteinge­sessen­er Witt­stock­er, der bei solch ein­er Kneipen­schlägerei stirbt, gebe es sich­er jeman­den, der sich auf Anhieb erin­nert, wer den Stein warf. 

Obwohl in bei­den Ein­las­sun­gen der Beschuldigten davon die Rede ist, dass nur ein­er der Aussiedler agres­siv gewe­sen sein soll und der andere schlicht­en wollte, schlu­gen die Täter auf bei­de ein. Ihre Gemein­samkeit: Sie sind Aussiedler. 

Die Beschuldigten nan­nten als Grund für die steigende Agres­sion vor der Schlägerei Kom­mu­nika­tion­sprob­leme. Es sei nicht ver­ständlich gewe­sen, dass die bei­den nur Zigar­ret­ten haben wollten. 

Presse­berichte

Der Angeklagte: “Ich bin nor­mal” (TAZ)

“Von dem Stein weiß ich nichts” (MAZ)

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Wandelt Wut zu Widerstand!

Enough is Enough

Antifade­mo, Sam­stag, 11.1.03, 13 Uhr, Luisen­platz Potsdam

Während Pots­dam den Jahreswech­sel feiert, feiert ein etwa 50-köp­figer Naz­i­mob eine etwas andere Par­ty: unter “Sieg-Heil”-Rufen schla­gen sie die Scheiben des Vere­in­shaus vom “Chamäleon e.V.” ein und ver­suchen, das Haus zu stür­men. Nur die ein­tr­e­f­fende Polizei kann schlim­meres verhindern. 

Nach­dem der linke Jugend­klub “Café Mor­gen­rot” in der Her­mann-Elflein-Straße 32 am 31.12.02 mehrere Stun­den von ein­er immer größer wer­den­den Naz­i­com­bo belagert wird, fan­gen die Faschis­ten gegen 24 Uhr an, die Fen­ster­scheiben des Haus­es mit Hol­zlat­ten und Steinen einzuschla­gen. Durch eine zer­schla­gene Scheibe schießen sie eine Rakete ins Obergeschoss, wodurch der Brand aus­bricht. Immer wieder skandieren sie “Wir kriegen euch alle” und ver­suchen die Tür einzutreten, um ins Innere des Haus­es zu gelangen. 

Die hand­voll Jugendlichen im Haus, die sich auf eine kleine Sil­vester­par­ty freuten, erleben der­weil die wohl schlimm­sten Minuten ihres Lebens: Verzweifelt ver­suchen sie sich im Obergeschoß zu ver­bar­rikadieren., wohlwis­send, dass ihr Leben gefährdet ist, soll­ten sie in die Hände des recht­en Mobs fall­en. Und alles nur, weil sie sich nicht den faschis­tis­chen Nor­men unterord­nen, weil sie Hip-Hop und Punkrock statt deutsch­er Marschmusik und Landser hören, weil sie lange Haare statt eine Glatze haben und das Leben genießen wollen statt sich in Verzicht­side­olo­gie zu üben. 

Dieser Über­fall ist nur der vor­läu­fige Höhep­unkt ein­er ganzen Serie faschis­tis­ch­er Gewal­tak­te in Pots­dam: Seit mehreren Monat­en lässt sich hier ein ras­an­ter Anstieg rechter Üner­griffe beobacht­en, und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ein Mord entset­zte Lokalpoli­tik­er und Päd­a­gogen auf den Plan ruft, die mit akzep­tieren­der Jugen­dar­beit (also Glatzenpflege auf Staatskosten) und vor allem viel Ver­ständ­nis für die Täter dem Prob­lem beikom­men wollen.

Solange wer­den wir nicht warten. Wir hal­ten unsere Füße nicht still bis wir sel­ber zusam­mengeschla­gen wer­den, son­dern treten den Nazis hier und jet­zt offen­siv entgegen! 

Sol­i­darisiert euch mit den Opfern und beteiligt euch an der Demon­stra­tion — zeigen wir den Faschis­ten, dass wir ihren Ter­ror nicht stillschweigend hin­nehmen werden! 

Get up, stand up — Antifa heißt Angriff

Weit­ere Infos:

Bünd­nis­demon­stra­tion in Pots­dam gegen rechte Gewalt

Bünd­nisaufruf zur Demo 

Flug­blatt von Progress zur Demo

(PDF-Datei, 611 KB

Faschis­tis­ch­er Über­fall auf linkes Wohn- und Kul­tur­pro­jekt in Potsdam

Antifabericht über den Angriff 

Recht­sradikale machen Vere­in­shaus in Pots­dam unbewohnbar

Bericht der MAZ 

Demo Ein­maleins

Prak­tis­che Tipps zum Ver­hal­ten bei Demonstrationen

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Bündnisdemonstration in Potsdam gegen rechte Gewalt

Aus Anlass des Naz­iüber­falls auf das Vere­ins­ge­bäude des Chamäleon e.V.
in der Sylvester­nacht demon­stri­ert am kom­menden Sam­stag in Pots­dam ein
bre­ites Bünd­nis unter dem Mot­to „Den recht­en Vor­marsch stop­pen, in
Pots­dam und über­all — Für eine emanzip­ierte Jugendkultur“. 

Der Angriff von 50 Neon­azis auf den Vere­inssitz des gemeinnützigen
Jugend- und Kul­turvere­ins Chamäleon e.V. war jedoch nur der Höhepunkt
ein­er lan­gen Rei­he recht­sex­tremer Über­griffe in Pots­dam. Seit August
let­zten Jahres häufen sich die Gewalt­tat­en vor allem
recht­sori­en­tiert­er Jugendlich­er — aber auch Erwach­sen­er – gegen
Per­so­n­en, die nicht in ihr ras­sis­tis­ches Welt­bild passen. Opfer sind
dabei zumeist Migran­tInnen, Flüchtlinge und Andersdenkende. 

Auch die Tat­sache, dass es in Pots­dam im genan­nten Zeitraum die ersten
drei Demon­stra­tio­nen Rech­tradikaler inner­halb der let­zten 10 Jahren
gab, zeigt deut­lich, dass ihr recht­sex­tremes Gedankengut immer weitere
Ver­bre­itung find­et und sich schein­bar offen äußern kann. 

Dabei beschränkt sich der „Aktion­sra­dius“ der Neon­azis keineswegs auf
die Rand­bezirke Pots­dams, son­dern umfasst alle Stadt­teile: Tatorte
rechter Gewalt sind genau­so die Innen­stadt­bere­iche, wo unter den Augen
von Pas­san­ten und Anwohn­ern immer wieder Nazi­parolen gerufen und
Men­schen tätlich ange­grif­f­en werden. 

Beson­ders deut­lich wurde dies bei dem Über­fall auf den Chamäleonverein:
mehrere Dutzend Neon­azis kon­nten stun­den­lang in Pots­dams Mitte Drohungen
und „Sieg Heil“ durch die Straßen rufen und ungestört das Erdgeschoss
des denkmalgeschützten Haus­es zertrüm­mern. Erst als die von den
eingeschlosse­nen Bewohner­In­nen alarmierte Polizei ein­traf, kon­nte dem
Spuk ein Ende gemacht werden. 

Mit der am 11.01.02 stat­tfind­en­den Demon­stra­tion soll ein sichtbares
Zeichen gegen das Erstarken men­schen­ver­ach­t­en­der Ide­olo­gien und für
mehr Zivil­courage geset­zt wer­den. Es geht dabei jedoch nicht nur um
Pots­dam, son­dern um alle Orte an denen recht­sradikale Übergriffe
stat­tfan­den oder noch stat­tfind­en werden. 

Die Demon­stra­tion begin­nt am Sam­stag um 13.00 am Luisen­platz. Die
Ver­anstal­ter hof­fen auf ein möglichst bre­ites Spek­trum an Teilnehmenden. 

Chamäleon e.V.

Der Vorstand

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Früherer DVU-Kandidat vor Gericht

POTSDAM Wegen ver­sucht­en Mordes ste­ht in Pots­dam ein ehe­ma­liger Land­tagswahl-Kan­di­dat der recht­sex­tremen DVU vor Gericht. Der 32-jährige Andreas G. aus Brandenburg/Havel soll am 24. Juni 2002 ver­sucht haben, seine Ex-Fre­undin zu erwür­gen. Her­beistürzende Polizis­ten ret­teten der 21-Jähri­gen das Leben. Sie wurde von einem Beamten wieder­belebt. Der dama­lige Straßen­bauar­beit­er Andreas G. hat­te bei den Land­tagswahlen 1999 auf Lis­ten­platz 16 für die DVU kandidiert. 

G. sitzt seit dem 24. Juni in der Jus­tizvol­lzugsanstalt Bran­den­burg in Unter­suchung­shaft. Er erschien gestern in Hand­schellen und Begleitung zweier Jus­tizbeamter vor der 1. Großen Strafkam­mer des Landgerichts. Die Ex-Fre­undin des Angeklagten ist Neben­klägerin und trat als Zeu­g­in auf. Die Auszu­bildende hat­te sich zwei Wochen vor der Tat von Andreas G. getren­nt. In dessen Bran­den­burg­er Woh­nung war sie an jen­em Tag zurück­gekehrt, um ihren Kan­inchen­stall abzu­holen. Als G. ihr die Tür öffnete, “stand er wie ein Häufchen Elend da, in Slip und T‑Shirt”, berichtet die Zeu­g­in. Er sei “nur noch Haut und Knochen” gewesen. 

Andreas G. hat­te sich erneut dem Trinken hingegeben. Für den arbeit­slosen gel­ern­ten Forstar­beit­er und früheren NVA-Sol­dat­en war mit der Tren­nung eine Welt zusam­menge­brochen. Er hat­te die zehn Jahre jün­gere Frau heirat­en wollen. “Sie war das Lieb­ste, was ich habe”, sagte er später der Polizei. Erst 1999 hat­te ihn seine Ehe­frau verlassen. 

Am 24. Juni fiel G. urplöt­zlich über seine Ex-Fre­undin her, nahm sie nach Aus­sagen der Anklage in den Schwitzkas­ten, warf sie zu Boden und würgte sie. Der Unter­mi­eter hörte Schreie und rief die Polizei. Als die Beamten ein­trafen, war­fen sie die Scheibe der Woh­nungstür ein, riefen Andreas G. zu, vom Opfer abzu­lassen. Der würgte die Frau laut Anklage mit der linken Hand weit­er, zog mit der Recht­en eine Gaspis­tole, zielte auf die Polizis­ten und drück­te ab. Doch die Pis­tole klemmte, die Beamten über­wältigten Andreas G. Der sagte gestern, er könne sich an nichts mehr erin­nern. Das Urteil wird für den 16. Jan­u­ar erwartet.

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Kirche unterstützt Vietnamesen

SCHWANTE/POTSDAM Das so genan­nte Kirchenasyl soll in Bran­den­burg offen­bar grund­sät­zlich nicht mehr respek­tiert wer­den. Nach ein­er Sitzung der SPD-Frak­tion erk­lärte der innen­poli­tis­che Sprech­er, Wern­er-Sieg­wart Schip­pel, gestern gegenüber der MAZ, in einem ver­gle­ich­baren Fall wie in Schwante sei die Mis­sach­tung des Kirchenasyls “wieder zu befürworten”. 

Schip­pel betonte: “Es gibt kein Recht der Kirche, Asyl zu gewähren. Sie kann sich gern um Bedürftige küm­mern. Es gibt keinen Gesprächs­be­darf mit der Kirche, wenn die Geset­zes­lage ein­deutig ist.” Im Auf­trag von Ober­hav­el-Lan­drat Karl Heinz Schröter (SPD) war am Mon­tag um 7.20 Uhr erst­mals in Bran­den­burg ein Kirchenasyl mis­sachtet wor­den. Polizis­ten hat­ten das Pfar­rhaus in Schwante (Ober­hav­el) nach einem aus­reisepflichti­gen Viet­name­sen und dessen fün­fjähri­gen Sohn durch­sucht — allerd­ings ergebnislos. 

Der Stre­it um das Kirchenasyl spitzt sich zu. Der Aus­län­der­auss­chuss des Kirchenkreis­es Oranien­burg sprach gestern von ein­er “obrigkeitsstaatlichen Maß­nahme” und ein­er “Ver­let­zung der demokratis­chen Kul­tur”. Das bran­den­bur­gis­che Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit kri­tisierte die Durch­suchungsak­tion ebenfalls. 

Die PDS-Frak­tion im Pots­damer Land­tag wieder­holte unter­dessen ihre Forderung nach Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion. Sie soll unter human­itären Aspek­ten auch dann ein Bleiberecht gewähren dür­fen, wenn der Rechtsweg dies ausschließt. 

Einen ähn­lichen Ansatz ver­fol­gt auch die SPD. Um Kon­fronta­tio­nen zwis­chen Kirche und Staat kün­ftig zu ver­mei­den, sagte Schip­pel, habe die Frak­tion ihn gebeten, Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) erneut die Grün­dung eines “Härte­fall­gremi­ums” ans Herz zu leg­en. Im Gegen­satz zur PDS-Vari­ante soll das Gremi­um Härte­fälle im Vor­feld ein­er rechtsverbindlichen Gericht­sentschei­dung lösen. Ähn­liche SPD-Ver­suche sind am Innen­min­is­teri­um schon zweimal gescheitert. 

Der gesuchte Viet­namese ist unter­ge­taucht, weil er sich im Kirchenasyl unsich­er wähnt.

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Angeklagtes Kampagnenmitglied entlastet

Am 6.1.03 hat vor dem Pots­damer Amts­gericht der Prozeß gegen ein Mit­glied der Pots­damer Kam­pagne gegen Wehrpflicht begonnen. Die Staat­san­waltschaft wirft ihm vor, in einem Zeitungsar­tikel Tat­sachen behauptet zu haben, die nicht erweis­lich wahr sind (Üble Nachrede). 

Ins­beson­dere geht es um die Behaup­tung, die Polizei hätte in der Bre­itschei­d­straße 6 (die nach dem DFB-Pokalspiel Hertha BSC-SV Babels­berg 03 durch Hooli­gans und Nazis
ange­grif­f­en und danach von der Polizei gestürmt wor­den war) Möbel umgekippt, Musikan­la­gen zer­stört, sich an Bargeld und Getränken bedi­ent und in Pol­ster­mö­bel uriniert. Die Behaup­tun­gen wur­den am ersten Ver­hand­lungstag durch Aussagen
ehe­ma­liger Haus­be­wohn­er bestätigt. 

Die Ver­hand­lung wird am Mon­tag, dem 13.01.03 9.30 Uhr am Amts­gericht Pots­dam (Hege­lallee 8) fort­ge­set­zt. Dann sollen Polizei- und Pres­se­v­ideos gezeigt und Polizis­ten der LESE ver­nom­men werden. 

Im fol­gen­den doku­men­tieren wir den strit­ti­gen Artikel, der am 4. Sep­tem­ber 2001 auszugsweise in den PNN abge­druckt wurde 

Lutz Boede

Kam­pagne gegen Wehrpflicht 

Standpunkte-Artikel:

Die Zecke als Kon­sens zwis­chen Polizei und Neonazis

In den let­zten Tagen wurde viel über recht­sex­trem­istis­che Über­griffe und das
Ver­hal­ten der Polizei anläßlich des Pokalspiels des SVB 03 gegen Hertha BSC
berichtet. Einige sehen darin eine Ver­schwörung von Nazis und Polizei. Andere
reduzieren den Vor­fall auf nette Hertha-Fans, die bere­its auf dem Weg zum Stadion
mit Wasser­spritzpis­tolen gehänselt wur­den und daher in berechtigtem Zorn auf dem
Rück­weg das Haus angrif­f­en. Wieder andere meinen, bei der­ar­ti­gen Ein­sätzen könne
schon mal ein Polizist über­reagieren. Alle diese Posi­tio­nen ver­harm­losen das
eigentliche Problem. 

Anschaulich und bemerkenswert finde ich, wie sich die Polizei in alternativen
Wohn­pro­jek­ten nach deren Räu­mung ben­immt, wenn die Streßsi­t­u­a­tion des Einsatzes
vorüber ist und fol­glich auch nicht mehr als Erk­lärungsmuster oder Entschuldigung
dienen kann. In der Rudolf-Bre­itscheid-Straße 6 kippten Polizis­ten Regale und
Schränke um, ris­sen Fest­plat­ten aus dem PC und war­fen sie ins Nebenzimmer,
zer­schlu­gen Plat­ten­spiel­er und Box­en, brachen Schallplat­ten in der Mitte durch. Über
diese Ver­wüs­tun­gen staunten alle, die das Haus unmit­tel­bar nach der Rück­gabe an die
Bewohn­er betrat­en. Nach Angaben von Betrof­fe­nen bedi­en­ten sich Polizis­ten an
Getränken und Bargeld und urinierten schließlich hin­ter den Tre­sen des Partyraumes
und in Pol­ster­mö­bel. So ähn­lich pfle­gen Erober­er in beset­zten Gebi­eten zu wüten. 

Es liegt auf der Hand, daß sich nor­male Men­schen in nor­malen Sit­u­a­tio­nen anders
zueinan­der ver­hal­ten. Die wesentliche Voraus­set­zung, um diese Nor­mal­ität verlassen
und mit der­ar­tigem Ver­nich­tungswillen gegenüber anderen agieren zu kön­nen, ist
sich­er, den anderen als min­der­w­er­tig zu empfind­en. Nur dies legit­imiert Handlungen,
die man seines­gle­ichen aus guten Grün­den nicht zumutet. 

Diese Geis­te­shal­tung erk­lärt vieles von dem, was am 25. August in Babelsberg
geschah: Bei der Fes­t­nahme mußten die Gefan­genen eine halbe Stunde mit auf dem
Rück­en ver­schnürten Hän­den öffentlich mit dem Gesicht auf dem Bürg­er­steig liegen.
Dabei wur­den sie als „Schlam­p­en“ und „Zeck­en“ betitelt. Für die Polizei stand von
vorn­here­in fest, daß zwei beschlagnahmte Fahrräder, eine Fest­plat­te und ein
Kon­do­mau­tomat Diebesgut sind, auch wenn statt entsprechen­der Anhaltspunkte
Eigen­tum­snach­weise vorliegen.
Und vielle­icht ist es eben auch diese Geis­te­shal­tung gegenüber tat­säch­lichen und
ver­meintlichen Haus­be­set­zern und Linken, die dafür sorgt, daß ein „Zeck­en töten“
brül­len­der und den Hit­ler­gruß zeigen­der Mob im Polizeibericht schlicht als
„Hertha-Fans“ umschrieben wird.
Let­ztlich beruhen der Angriff der recht­en Schläger und das Zer­störungswerk der
Polizei auf der gle­ichen Sichtweise der Betrof­fe­nen. Wo Ein­vernehmen darüber
herrscht, daß Haus­be­set­zer „Zeck­en“ und „Schlam­p­en“ sind, ist eine Verharmlosung
oder gar Bil­li­gung rechter Angriffe nicht mehr beson­ders fernliegend. 

Siehe dazu auch die Pressemit­teilung der Kam­pagne gegen Wehrpflicht Pots­dam vor dem Beginn des Prozesses:

Polizeiüber­fall auf Bre­iti nun vor Gericht

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Kirchenasyl in Schwante erstmals missachtet

SCHWANTE Auf Anweisung von Ober­hav­el-Lan­drat Karl Heinz Schröter (SPD) ist gestern erst­mals in Bran­den­burg ein so genan­ntes Kirchenasyl gebrochen worden.

 

Um 7.20 Uhr erschienen Polizeibeamte im Gemein­de­haus der evan­ge­lis­chen Kirchenge­meinde Schwante und durch­sucht­en es nach zwei Viet­name­sen, die ille­gal in Deutsch­land leben. Die Beamten soll­ten den 48-jähri­gen abgelehn­ten Asyl­be­wer­ber Xuan Khang Ha der Kreisaus­län­der­be­hörde als Auf­tragge­ber der Aktion über­stellen. In Begleitung seines fün­fjähri­gen Sohnes Minh Duc hätte Ha in die Abschiebe­haft nach Eisen­hüt­ten­stadt gebracht wer­den sollen. Heute soll­ten der seit 1988 mit zwei­jähriger Unter­brechung in Deutsch­land lebende allein erziehende Vater und sein Sohn von Frank­furt am Main nach Viet­nam aus­gewiesen wer­den — wenn die Polizis­ten Ha samt Sohn im Schwan­ter Gemein­de­haus angetrof­fen hät­ten. Sie hat­ten das Gebäude jedoch vor dem Ein­tr­e­f­fen der Beamten ver­lassen und hal­ten sich nun an unbekan­ntem Ort in Schwante auf.

 

Der Abschiebev­er­such hat gestern lan­desweit unter­schiedliche Reak­tio­nen her­vorgerufen. Nach ein­er Sitzung des Innenauss­chuss­es des Land­tags, in dem Schröter den Fall vortrug, befür­wortete der Auss­chuss-Vor­sitzende Christoph Schulze (SPD) das Vorge­hen seines Parteifre­un­des. Es gebe keinen Zweifel daran, dass die Abschiebung gerecht­fer­tigt sei, sagte Schulze. “Geset­ze sind dazu da, dass man sie erfüllt.” Der Asy­lantrag, den Ha kurz nach sein­er Wiedere­in­reise nach Deutsch­land 1992 gestellt hat­te, wurde schon vor Jahren abgelehnt. Inzwis­chen ist der Rechtsweg aus­geschöpft, so dass Ha zweifels­frei aus­reisepflichtig ist.

 

Die Leitung der evan­ge­lis­chen Kirche in Berlin-Bran­den­burg reagierte den­noch empört auf das Ver­hal­ten des Lan­drats. Seit Wochen bemühe sie sich um ein Klärungs­ge­spräch mit Lan­drat Schröter, betonte der Aus­län­der­beauf­tragte der Kirche, Hans Thomä-Venske. Doch der habe auf die Bit­ten nicht geant­wortet. “Die einzige Reak­tion bis heute war, dass der Lan­drat von der Polizei die Gemein­deräume durch­suchen lässt. So geht man mit unmündi­gen Unter­ta­nen um und nicht mit gewis­senhaften Bürg­ern”, grollte Thomä-Venske. “In den 19 Jahren, die ich jet­zt im Amt bin, habe ich so etwas noch nicht erlebt.”

 

Ins­beson­dere hät­ten die Kirchen­vertreter mit dem Lan­drat das Aus­maß der poli­tis­chen Ver­fol­gung erörtern wollen, dem Xuan Khang Ha in Viet­nam aus­ge­set­zt sein kön­nte. Die Kirche ver­mutet, dass Ha mas­siv­er gefährdet sein kön­nte, als staatliche deutsche Stellen dies bish­er anerkan­nt haben. Sie hat deshalb den Hohen Flüchtlingskom­mis­sar der Vere­in­ten Natio­nen sowie die Flüchtling­shil­fe­or­gan­i­sa­tion Amnesty Inter­na­tion­al um Unter­stützung gebeten. Die bei­den Organ­i­sa­tio­nen sollen den Gefährdungs­grad für Ha ermit­teln, der sich nach ein­er Abschiebung aus sein­er Mit­glied­schaft in zwei oppo­si­tionellen Grup­pen ergäbe. Seit dem Jahr 2000 gehört der zuvor unpoli­tisch agierende Ha der “Demokratis­chen Organ­i­sa­tion Viet­nams” sowie der “Allianz Freies Viet­nam” an.

 

Bei­de Grup­pen sind in Bran­den­burg nicht unbekan­nt. Das Ver­wal­tungs­gericht Cot­tbus hat schon mehrfach Mit­glieder dieser Organ­i­sa­tio­nen als Asyl­be­wer­ber bestätigt. Auss­chlaggebend dafür war jedoch nie die bloße Mit­glied­schaft. “Es ging um das Aus­maß des Engage­ments”, weiß der Kirchen-Aus­län­der­beauf­tragte Thomä-Venske. Die sich daraus ergebende Bedro­hungs­analyse für Ha wollen Amnesty Inter­na­tion­al sowie die Vere­in­ten Natio­nen nach Auskun­ft der evan­ge­lis­chen Kirche in weni­gen Wochen vor­legen. Bis dahin, so Thomä-Venske, hätte Lan­drat Schröter Has Abschiebung aus­set­zen sollen.

 

Ver­mut­lich ver­hält sich der Lan­drat gegenüber Ha auch deshalb so kom­pro­miss­los, weil der Viet­namese mehrfach vorbe­straft ist — wegen ille­galen Zigaret­ten­han­dels und weil er 1996 vier Chi­ne­sen beförderte, die ille­gal im Land waren. “Das ist zu verurteilen”, räumt Kirchen­mann Thomä-Venske ein, “aber da guckt uns nicht der Großkrim­inelle an.” Immer­hin sei Xuan Khang Ha seit 1996 nicht mehr straf­fäl­lig gewor­den. Abge­se­hen davon dürfe ihm nicht das Schick­sal jenes Inders wider­fahren, der als abgelehn­ter Asyl­be­wer­ber 1995 abgeschoben wurde und inzwis­chen in der Todeszelle sitzt. Im August 2002 habe ein deutsches Gericht entsch­ieden, dass dem Mann poli­tis­ches Asyl zustand.

Inforiot