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Berufungsverhandlung gegen Wittstocker Rechte

Beru­fungsver­hand­lung gegen eine gewalt­tätige Gruppe von Recht­sex­trem­is­ten aus Wittstock
Vor dem Landgericht Neu­rup­pin find­et am Don­ner­stag, den 27.2.03 sowie am 6. 3. 03, um jew­eils 9 Uhr im Saal 2, die Beru­fungsver­hand­lung gegen vier bekan­nte recht­sex­treme Täter aus Witt­stock statt. 

Am 20.05.01 stürmten die Recht­sex­tremen mit den Worten “Wo ist der Neger?” eine Witt­stock­er Woh­nung. Der schwarze- deutsche Jugendliche Manuel G., der sich dort bei seinem Fre­und aufhielt, ret­tete sich vor den Ver­fol­gern auf den nach­bar­lichen Balkon und ver­steck­te sich. Als er dort von den mask­ierten Angreifern ent­deckt wurde, seilte er sich vom Vierten auf einen Balkon in den zweit­en Stock, von dem er jedoch abstürzte und sich ver­let­zte. Der Woh­nungsin­hab­er wurde während­dessen auf das Bett gewor­fen, geschla­gen und dort festgehalten. 

Das Amts­gericht Neu­rup­pin verurteilte zwei der stadt­bekan­nten Recht­sex­tremen wegen gemein­schaftlich­er Kör­per­ver­let­zung und Haus­friedens­bruch zu Haft­strafen von jew­eils einem Jahr und sechs Monat­en, sowie zu einem Jahr und drei Monat­en. Ein Täter wurde auf­grund des zusät­zlichen Besitzes von einem Schla­gring zu einem Jahr und einem Monat verurteilt. Freige­sprochen wurde damals der Angeklagte Sven K., weil ihm nicht zweifels­frei nachgewiesen wer­den kon­nte, dass er sich an der Tag beteiligt hatte. 

Die drei Verurteil­ten, sowie die Staat­san­waltschaft legten gegen das Urteil Beru­fung ein.

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Strausberg: rassistischer Überfall nach zwei Jahren und drei Monaten vor Gericht

Am 21.11.2000 ereignete sich in der Bahn­hof­shalle des Bahn­hofes Straus­berg- Vorstadt ein ras­sis­tisch motiviert­er Über­griff auf einen Schwarzafrikan­er. Drei junge Män­ner, die nach eige­nen Angaben zu diesem Zeit­punkt Mit­glieder der recht­sex­trem­istis­chen Szene Straus­bergs waren, beschimpften den Afrikan­er auf Grund sein­er Haut­farbe zunächst mit “Nig­ger­sau, Kanake”, “Deutsch­land den Deutschen”, Raus aus Deutsch­land”. Dann schlu­gen sie ohne jegliche Ver­an­las­sung auf ihn ein und war­fen ihn zu Boden. Dort liegend wurde er weit­er mit mehren Fußtrit­ten trak­tiert. Während des Angriffs skandierten sie mehrfach die NS- Parole “Sieg- Heil”, zeigten den “Hit­ler­gruß” und dro­ht­en ihrem Opfer mit dem Tod. Daraufhin ver­ließ die Gruppe, in Begleitung von zwei unbeteiligten Per­so­n­en, die Bahnhofshalle. 

Am heuti­gen Tag, dem 26.02.03 um 10 Uhr, wird diese Straftat vor dem Amts­gericht Straus­berg ver­han­delt. Nach einein­halb Jahren Ermit­tlun­gen durch Polizei und Staat­san­waltschaft lag im Juli 2002 schließlich die Anklageschrift vor und wird jet­zt, nach 2 ¼ (!) Jahren ver­han­delt. Den drei Angeklagten wird zur Last gelegt, gemein­schaftliche, gefährliche Kör­per­ver­let­zung began­gen zu haben. Weit­ere Anklagepunk­te sind Belei­di­gung, Ver­wen­den von Zeichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen, Bedro­hung und Auf­forderung zu Hass und Gewalt gegenüber bes­timmten Bevölkerungsgruppen. 

Schon im Som­mer 2001 stand dieser Vor­fall im weltweit­en Inter­esse, als ein Kam­er­ateam von CNN einen kurzen Beitrag über Straus­berg im Zusam­men­hang mit recht­en Über­grif­f­en und Aktiv­itäten drehte, welch­er anschließend aus­ges­trahlt wurde. 

Die Beratungs­gruppe für Opfer rechter Gewalt- Straus­berg (BOrG) betreut den Ange­grif­f­e­nen seit der Tat und wird auch beim Prozess anwe­send sein. 

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Keine Bagatellisierung, bitte!

In dem kleinen Dorf Rohrlack schickt ein 24-jähriger Skin­head an einen 41-jähri­gen Freiberu­fler einen Dro­hbrief, darin die Worte: “Ich werde dich platt machen.”
Dreiein­halb Wochen später, Mitte Feb­ru­ar, ein zweit­er Brief, in dem er Peter F. belei­digt und aus­führt: “Ihr Juden erhebt eure Stimme immer, wenn es Per­so­n­en gibt,
die eine andere poli­tis­che Ein­stel­lung haben, die eur­er nicht entspricht. Ihr Juden seid doch sel­ber Schuld für den wach­senden Anti­semitismus in Deutsch­land.” Dann
wieder eine ver­steck­te Dro­hung: “Das, was du in der Ver­gan­gen­heit von dir gegeben hast, haben jet­zt auch andere Men­schen mit­bekom­men, die vielle­icht mit diesem Thema
nicht so zurück­hal­tend umge­hen wer­den.” Der Kon­flikt eskaliert, als der Skin­head wegen des ersten Dro­hbriefs am 20. Feb­ru­ar verurteilt wird. In der Nacht randaliert
er vor dem Haus von Peter F. Völ­lig betrunk­en zieht er eine Waffe und richtet sie auf Peter F. Wenige Tage später find­et die Polizei bei ein­er Haus­durch­suchung bei
dem Skin­head Muni­tion, die unter das Kriegswaf­fen-Kon­trollge­setz fällt. Peter F. hat Angst, weil er weiß, wie unberechen­bar und gewalt­tätig Nico D. sein kann. 

 

Am Mittwoch fand nun eine Ver­samm­lung in Rohrlack statt, bei der Peter F. anbot, den Kon­flikt mit Nico D. außer­halb des Gerichts zu lösen. Denn Nico D. braucht Hil­fe, um
sich unter Kon­trolle zu brin­gen. Bürg­erin­nen und Bürg­er aus Rohrlack haben sich bere­it erk­lärt, im Not­fall Peter F. zu Hil­fe zu kom­men und Nico D. zurückzuhalten. 

 

Das ist bemerkenswert, weil diese Form von Zivil­courage in Bran­den­burg nicht die Regel ist. Die Bürg­erin­nen und Bürg­er von Rohrlack delegieren ihre Ver­ant­wor­tung für
die Kon­flik­te in ihrem Dorf nicht an ferne Instanzen. Sie wollen selb­st zu ein­er Lösung beitra­gen. Das kön­nte als pos­i­tives Beispiel wirken. 

 

Es set­zt allerd­ings voraus, dass man ver­ste­ht, um was für einen Kon­flikt es sich han­delt. Seine Gefährlichkeit gewin­nt die Bedro­hung durch den anti­semi­tis­chen und
recht­sex­tremen Inhalt. Es ist ger­ade kein nor­maler Nach­barschaftsstre­it, bei dem neben­bei “Jugendliche mit Nazi-Sym­bol­en andere provoziert haben”, wie die MAZ
bagatel­lisierend schreibt. Aus­lös­er und Motor des Kon­flik­ts ist eine brisante Verbindung von ide­ol­o­gis­chen und per­sön­lichen Motiv­en, die ent­flocht­en werden
müssen. 

 

Eine Lösung ist auf den Weg gebracht. Die kann jedoch mit Ver­harm­lo­sun­gen nicht funk­tion­ieren. Es ist lei­der ein schlechter Rat der MAZ, aus Angst um den Ruf des
Dor­fes die Augen vor dem Anti­semitismus von Nach­barn zu ver­schließen oder in dieser Sit­u­a­tion dem Opfer Pro­fil­ierungssucht zu unterstellen. 

 

Kay Wen­del

Opfer­per­spek­tive e.V., Pots­dam

 

Hin­ter­gründe

Siehe Infori­ot-Archiv.

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Wittstock: Hakenkreuze auf öffentlicher Toilette

Mittwochnach­mit­tag wurde der Polizei mit­geteilt, dass die öffentliche Toi­lette auf einem Mark­t­platz, durch bish­er noch unbekan­nte Täter verun­stal­tet wurde. Die Täter tru­gen ver­mut­lich mit­tels schwarzem Faser­s­tift diverse Schriftze­ichen wie “Hak­enkreuze” und “SS Runen” auf die Wände der Toi­let­ten­box­en auf. Die Besei­t­i­gung der Schmier­ereien wird in Ver­ant­wortlichkeit der Stadtver­wal­tung durchge­führt. Die Kriminalpolizei
ermittelt.

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Bekennerbrief nach Anschlag auf Bundeswehr

(Jens Blanken­nagel, Berlin­er Zeitung) EGGERSDORF. Nach einem Bran­dan­schlag vom Mittwoch auf zwei
Mer­cedes-Gelän­dewa­gen der Bun­deswehr in Eggers­dorf gibt es eine erste Spur.
In einem Beken­ner­schreiben, das bei der Berlin­er Zeitung eing­ing, übernahm
eine link­sex­treme, gewalt­bere­ite Gruppe die Ver­ant­wor­tung für die Tat. Das
vier­seit­ige Schreiben trägt die Unter­schrift “mil­i­tante gruppe (mg)”.

Als Grund für den Anschlag geben die Autoren an, es sei eine politische
Notwendigkeit der radikalen Linken, gegen die Bun­deswehr und Einrichtungen
eines der größten Rüs­tungskonz­erne der Welt — gemeint ist DaimlerChrysler -
mit mil­i­tan­ten Aktio­nen vorzuge­hen. Weil die Bun­deswehr mit ihren
Aus­land­sein­sätzen eine Poli­tik zur Durch­set­zung imperialistischer
Weltherrschaft unter­stütze. Die Gruppe beken­nt sich auch zu zwei Anschlägen
im Jahr 2002 — auf das Sozialamt Berlin-Reinick­endorf und auf das Finanzamt
Neukölln. 

Nach­dem die Täter die reparaturbedürfti­gen Wagen in ein­er Mercedes-Werkstatt
in Eggers­dorf (Märkisch-Oder­land) angezün­det hat­ten, melde­ten Zeu­gen gegen
2.45 Uhr das Feuer. Die Autos bran­nten aus. “Der Schaden beträgt mindestens
100 000 Euro”, sagte Polizeis­prech­er Matthias Küh­nel. “Am Tatort fan­den wir
keine ver­w­ert­baren Spuren.” 

Noch ist nicht gek­lärt, wer die Ermit­tlun­gen übern­immt. Wegen des
poli­tis­chen Motivs kön­nten Bun­deskrim­i­nalamt oder Gen­er­al­bun­de­san­walt den
Fall vom Staatss­chutz übernehmen. “Die Gruppe ist uns von den vorherigen
Anschlä­gen bekan­nt”, sagte Berlins Polizeis­prech­er Klaus Schu­bert. Es sei
aber unklar, wer dahin­ter steckt. 

Auf das Schreiben klebten die Beken­ner eine Brief­marke mit dem Abbild von
Georg Elser, dessen Bomben-Atten­tat auf Hitler 1939 gescheit­ert war. 

Beken­ner­brief von Link­sex­trem­is­ten nach Anschlag auf Bundeswehr

(MOZ) Einen Tag nach dem Bran­dan­schlag auf zwei Mer­cedes-Gelän­dewa­gen der Bun­deswehr in Eggers­dorf gibt es offen­bar eine erste Spur. Bei der «Berlin­er
Zeitung» ging ein Beken­ner­schreiben ein­er link­sex­trem­istis­chen «mil­i­tan­ten
gruppe (mg)» ein, wie das Blatt am Fre­itag berichtet. 

Als Grund für den Anschlag geben die Autoren des vier­seit­i­gen Schreiben an,
es sei «eine poli­tis­che Notwendigkeit der radikalen Linken», gegen die
Bun­deswehr und «Ein­rich­tun­gen eines der größten Rüs­tungskonz­erne der Welt» -
gemeint ist Daim­ler-Chrysler — mit mil­i­tan­ten Aktio­nen vorzuge­hen. Weil die
Bun­deswehr mit ihren Aus­land­sein­sätzen eine Poli­tik zur «Durch­set­zung
impe­ri­al­is­tis­ch­er Weltherrschaft» unter­stütze. Die Gruppe bekan­nte sich auch
zu zwei Anschlä­gen im Jahr 2002 — auf das Sozialamt Berlin-Reinick­endorf und
auf das Finan­zamt Neukölln. 

Bei dem Anschlag bran­nten zwei reparaturbedürfti­gen Armeewa­gen in einer
Werk­statt in Eggers­dorf völ­lig aus. «Der Schaden beträgt min­destens 100 000
Euro», sagte Polizeis­prech­er Matthias Küh­nel. «Am Tatort fan­den wir keine
ver­w­ert­baren Spuren.»

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Ungeordneter Rückzug

Jörg Schön­bohm nen­nt seine Unter­schrift unter der “Irak-Res­o­lu­tion” einen
Fehler — auf Druck von Platzeck und aus Sorge um die Koalition

(Tagesspiegel) Pots­dam. Während maßge­bliche SPD-Poli­tik­er am Don­ner­stag erneut eine
Beendi­gung der großen Koali­tion forderten, bemühte sich CDU-Lan­deschef und
Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm fieber­haft, den dro­hen­den Bruch abzuwenden.
“Wir müssen die Irri­ta­tio­nen aus­räu­men”, mah­nte er und ver­sicherte: “Ich
werde meinen Beitrag dazu leis­ten.” Zugle­ich pfiff Schön­bohm seinen
Partei-Vize Sven Petke zurück. Dieser hat­te Regierungschef Matthias Platzeck
am Don­ner­stag in einem Radioin­t­er­view wegen sein­er harschen Reak­tion auf die
CDU-Sol­i­dar­ität­sadresse an US-Präsi­dent Bush “Dünnhäutigkeit” und
“Führungss­chwäche” vorge­wor­fen. SPD-Poli­tik­er hat­ten Petkes Attacke auf
Platzeck als neue Pro­voka­tion gewertet. 

Der ein­flussre­iche SPD-Bezirkschef und Land­tagsab­ge­ord­nete Ulrich Freese
forderte am Don­ner­stag den Rück­tritt Schön­bohms. “Glaub­würdig wäre es
gewe­sen, den Brief zurück­zuziehen”, sagte Freese. “Ein Mann, der nicht
ein­mal liest, was er unter­schreibt, ist als Min­is­ter ungeeignet.” Freese
forderte, dass der SPD Lan­desvor­stand am Mon­tag ern­sthaft die Frage
disku­tieren müsse, die große Koali­tion aufzukündi­gen. Einen Schritt, den
auch der SPD-Bun­destagsab­ge­ord­nete Peter Danck­ert befür­wortet. Die
“Anbiederung an Bush” offen­bare eine empörende Hal­tung des
Koali­tion­spart­ners, die keinen Rück­halt in der Bevölkerung habe. 

Schön­bohm selb­st zog am Don­ner­stag die Not­bremse. Ähn­lich wie der
Gen­er­alsekretär der Bun­des-CDU, Lau­renz Mey­er, dis­tanzierte er sich von Ton
und Dik­tion des Schreibens. Seine Unter­schrift unter das von Platzeck als
“pein­lich für das Land” beze­ich­nete Sol­i­dar­itätss­chreiben an Bush nan­nte er
einen Fehler. “Der Duk­tus des Briefes ist missver­ständlich, das muss ich
zugeben.” Er habe den Brief nicht mit der gebote­nen Sorgfalt gele­sen, bevor
er unter­schrieben habe. Zugle­ich rüf­felte er Petke: Er habe diesen gebeten,
seine Platzeck-Kri­tik “unverzüglich zurück­zunehmen”. Sie sei “so nicht
hin­nehm­bar”. Petke bedauerte darauf hin, Platzeck per­sön­lich ange­grif­f­en zu
haben. Schön­bohm sagte weit­er, zum Wohle des Lan­des sei es an der Zeit,
“sich ins­ge­samt in mehr Mäßi­gung und Gelassen­heit zu üben”. Er verwies
darauf, dass die Koali­tion im Land­tag näch­ste Woche wichtige Geset­ze zur
Gemein­dere­form ver­ab­schieden wolle. Zugle­ich rel­a­tivierte er seine Aussagen
zum Folter-Freib­rief für Terroristen-Fahnder. 

Krisen­stim­mung herrscht auch in der CDU-Land­tags­frak­tion, wo Fraktionschefin
Blechinger alle Ter­mine absagte und die SPD zu beruhi­gen ver­suchte. Dem
Vernehmen nach entschuldigten sich Christ­demokrat­en wegen der
“Ergeben­heit­sadresse” an Bush bei SPD-Poli­tik­ern, darunter auch ein
Unterze­ich­n­er. In Teilen der Union wird die Rolle von Lan­deschef Jörg
Schön­bohm zunehmend kri­tisch gese­hen, der mit sein­er Unter­schrift unter das
Schreiben an Bush und seine Aus­sagen zur Folter bei Ter­rorver­dacht die
Koali­tion­skrise aus­gelöst hatte. 

“Er wird immer unberechen­bar­er, weil er nicht über die Fol­gen nachdenkt”,
sagte ein CDU-Land­tagsab­ge­ord­neter dem Tagesspiegel. Aufge­fall­en war, dass
führende CDU-Poli­tik­er wie Frak­tion­schefin Beate Blechinger,
Vize-Land­tagspräsi­dent Mar­tin Haber­mann, aber auch die Min­is­ter Ulrich
Jung­hanns, Johan­na Wan­ka und Bar­bara Rich­stein das Sol­i­dar­itätss­chreiben an
Bush nicht unterze­ich­net hatten. 

Wirtschaftsmin­is­ter Jung­hanns, der als möglich­er Nach­fol­ger Schönbohms
gehan­delt wird, weilte am Don­ner­stag bei BASF in Lud­wigshafen — gemeinsam
mit SPD-Regierungschef Matthias Platzeck. 

Rich­stein gegen Anwen­dung von Folter

(MOZ) Pots­dam (ddp-lbg). Bran­den­burgs Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU)
lehnt die Anwen­dung von Gewalt gegen Tatverdächtige oder Straftäter ab.
Forderun­gen nach ein­er schär­fer­en Gan­gart bei Polizeiver­hören sowie der
Zulas­sung staatlich­er Folter bei schw­eren lebens­bedro­hen­den Gefahren seien
«ver­fas­sungsrechtlich unhalt­bar», betonte die Min­is­terin am Don­ner­stag in
Potsdam. 

Sie reagierte damit unter anderem auf Äußerun­gen des innenpolitischen
Sprech­ers der CDU-Land­tags­frak­tion und stel­lvertre­tenden Lan­deschef der
Union, Sven Petke. Die Forderun­gen Petkes seien mit dem Men­schen­bild der CDU
unvere­in­bar, unter­strich Rich­stein. Folter sei unter keinen Umstän­den mit
den Grundw­erten ein­er christlich-demokratis­chen Partei in Ein­klang zu
bringen. 

Zudem ver­wies die Min­is­terin auf Artikel 1 des Grundge­set­zes zum Schutz der
Men­schen­würde. Es sei nicht mit dem Grundge­setz vere­in­bar, in Gewahrsam
befind­liche Tatverdächtige staatlich verord­neter Gewalt auszuset­zen. Würde
ein Rechtsstaat eine solche Prax­is geset­zlich ver­ankern, wäre Richstein
zufolge außer­dem das gemäß Artikel 3 der Menschenrechtskonvention
völk­er­rechtlich garantierte Folter­ver­bot außer Kraft geset­zt. Zudem würde
nach Ansicht von Rich­stein kein deutsches Gericht ein solch­es Gesetz
anwenden. 

Aus­ge­sprochen frostig

Am lieb­sten will Platzeck weit­er mit der CDU — aber ohne Schönbohm

(MAZ) POTSDAM Es war weit mehr als nur eine Geste. Am Tag nach dem bislang
heftig­sten Krach in der Koali­tion hob Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck
(SPD) auf dem Weg zu BASF nach Lud­wigshafen her­vor, wie wichtig jetzt
“Sachar­beit” in der Koali­tion sei, und schaute wohlwol­lend seinen neben ihm
ste­hen­den Wirtschaftsmin­is­ter Ulrich Jung­hanns (CDU) an. Der nick­te und
fügte zur Zufrieden­heit Platzecks hinzu: “Wir haben hier alle eine
Ver­ant­wor­tung über­nom­men, und die wollen wir weit­er wahrnehmen.” 

Platzeck lässt in diesen Tagen kaum eine Gele­gen­heit aus, den gut
100-Tage-Min­is­ter von der CDU zu loben, seine Ver­lässlichkeit hervorzuheben
und sich mit ihm öffentlich zu zeigen. Warum er das tut, hat einen einfachen
Grund. Mit seinem eigentlichen Pen­dant in der Koali­tion, Innen­min­is­ter und
CDU-Chef Jörg Schön­bohm, hat er sich über­wor­fen. Es gebe, so ist aus
Platzecks Umfeld zu hören ist, schwere atmo­sphärische Ver­stim­mungen. Beim
gemein­samen Grünkoh­lessen am Mittwoch in Cot­tbus sei es “aus­ge­sprochen
frostig” zwis­chen bei­den zuge­gan­gen, meinte ein Beobachter. 

Aktueller Aus­lös­er für das Zer­würf­nis war die von CDU-Par­la­men­tari­ern aus
Bran­den­burg und Berlin ini­ti­ierte Irak-Res­o­lu­tion, die auch Schön­bohm mit
unter­schrieb. Platzecks harsche Reak­tion (“pein­lich”, “eine
Ergeben­heit­sadresse”) am Mittwoch sorgte dafür, dass Schön­bohm noch am Abend
einen Rückzieher machte. Er habe den “Duk­tus” des Textes nicht genügend
beachtet, räumte er ein. Zugle­ich war er um Schadens­be­gren­zung bemüht. 

Selb­st inner­halb der CDU gibt es Stim­men, die das Agieren ihres Vormannes
mit Skep­sis ver­fol­gen. “Wenn der so weit­er macht, lan­den wir in der
Oppo­si­tion”, fürchtet ein CDU-Abge­ord­neter, der sich allerd­ings auch nicht
vorstellen kann, wie Schön­bohm “wieder einge­fan­gen” wer­den kann. Auffallend
ruhig sind jene, die die Res­o­lu­tion nicht unter­schrieben haben wie
Frak­tion­schefin Beate Blechinger. 

Allerd­ings reicht in der CDU die Phan­tasie noch nicht so weit, über eine
Fort­führung der Koali­tion mit der SPD ohne Schön­bohm nachzu­denken. “Wenn die
SPD das fordert, ist das eine unan­nehm­bare Erpres­sung”, erregte sich gestern
der Pots­damer Abge­ord­nete Wieland Niekisch. Schön­bohm sei “mit Stolpe der
Architekt der Großen Koali­tion in Brandenburg”. 

In der SPD wird hin­ter den Kulis­sen Stim­mung gegen Schön­bohm und die CDU
gemacht. “Noch ein Ding und der Laden fliegt auseinan­der”, sagt ein
führen­der SPD-Mann. Aufmerk­sam wird reg­istri­ert, wie Platzeck um jene in der
CDU wirbt, die nicht die Res
olu­tion unter­schrieben haben wie Blechinger oder
Land­tagsvizepräsi­dent Mar­tin Haber­mann. Mit Jung­hanns kön­nte Platzeck auch
deshalb bess­er als mit Schön­bohm, witzelte ein SPD-Vor­standsmit­glied, “weil
der ihm keine Kam­era weg nimmt”. 

Haupt­für­sprecherin für einen Wech­sel zur PDS ist die stellvertretende
SPD-Lan­deschefin Katrin Molkentin (“das Fass ist überge­laufen”), die sich
“rel­a­tiv sich­er” ist, dass die Koali­tion platzen wird. Sie fordert einen
Son­der­parteitag der SPD mit dem Ziel, ein Votum für das Ende der Koalition
mit der Schön­bohm-CDU und für eine neue rot-rote Regierung herbeizuführen.
Sie will, dass die SPD-Spitze offiziell Gespräche mit der PDS führt. 

Inof­fizielle hat es schon gegeben. Platzeck hat sich mit PDS-Chef Ralf
Christof­fers und dem par­la­men­tarischen Geschäfts­führer der Frak­tion, Heinz
Viet­ze, getrof­fen. Allerd­ings ohne konkrete Verabre­dun­gen zu tre­f­fen. Nach
außen erk­lärt Christof­fers zwar, die PDS ste­he bere­it, unter Bedin­gun­gen in
die Regierung einzutreten. Allerd­ings will die PDS nicht nur als
“Drohkulisse” gegen die CDU her­hal­ten. Die PDS weiß auch nicht, ob ihr der
jet­zige Ein­tritt in die Regierung nützt. Nach einem Jahr wäre sie im
Stim­mungstief — in Berlin war das auch so. In gut einem Jahr aber sind in
Bran­den­burg Wahlen.

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Gericht kann die Mauer des Schweigens nicht brechen

Witt­stocks Bürg­er­meis­ter ver­langt harte Strafen im Prozess um den Tod eines
Russlanddeutschen

Lutz Schei­de­mann ist anges­pan­nt. Der FDP-Bürg­er­meis­ter von Witt­stock in
Nord­bran­den­burg hat sich den Mon­tag dick im Kalen­der angestrichen: Am
Neu­rup­pin­er Landgericht soll am 3. März das Urteil im Prozess um den Tod
eines Rus­s­land­deutschen (die RUNDSCHAU berichtete) verkün­det wer­den. Der
Mann wurde im Mai 2002 in Witt­stock erschlagen. 

Wie hoch das Straf­maß für die fünf Angeklagten aus­fällt, ist nicht nur für
Schei­de­mann inter­es­sant. Der Vor­fall brachte nicht nur Witt­stock ein
frem­den­feindlich­es Image, son­dern rück­te erneut ganz Bran­den­burg in ein
solch­es Licht. Sel­ten lagen allerd­ings die Forderun­gen von Ankläger und
Vertei­di­gung so weit auseinander. 

Was war geschehen? Nach ein­er Tech­no-Disko am 3. Mai 2002 in einer
Gast­stätte im Ort­steil Alt Daber geri­eten zwei Aussiedler und eine Gruppe
Ein­heimis­ch­er aneinander. 

Feld­stein auf Opfer geworfen

Plöt­zlich ras­ten fünf junge Män­ner — die jet­zt 20- bis 23-jährigen
Angeklagten — aus. Sie schla­gen und treten die Opfer, zum Schluss wirft ein
Angreifer sog­ar einen 17,7 Kilo­gramm schw­eren Feld­stein auf die wehr­los auf
dem Pflaster vor der Disko Liegen­den. Der 24-jährige Kajrat Bate­sow, den der
Stein voll trifft, stirbt 20 Tage später an inneren Ver­let­zun­gen; sein
Fre­und über­lebt schw­er verletzt. 

Doch das Dilem­ma der Ankläger und der Jugend­strafkam­mer wird im Prozess
schnell klar. “Obwohl die Disko aus und eine Menge Gäste vor der Gaststätte
waren, will nie­mand etwas gese­hen haben”, klagt Staat­san­walt Kay Clement.
Mehrfach spricht er von ein­er “Mauer des Schweigens”. Trotz­dem glaubt der
Ankläger Haft­strafen von acht, neun und zwölf Jahren wegen Totschlags für
die drei mut­maßlichen Haupt­täter fordern zu kön­nen. Die Vertei­di­gung sieht
dafür kaum Beweise, ver­langt als höch­ste Strafe zweiein­halb Jahre Haft für
den Lehrling. “Das Schweigen tut der Stadt nicht gut”, sagt Bürgermeister
Schei­de­mann. Er ver­langt harte Strafen für die Haupt­täter. “Wer die
Gesund­heit ander­er aufs Spiel set­zt, sollte dafür ger­ade stehen.” 

“Wir sind kein recht­es Nest”

Nach dem Vor­fall hat­te es mehrfach Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Aussiedlern
und Ein­heimis­chen gegeben. “Damals sucht­en die jun­gen Aussiedler auf eigene
Faust nach Tätern”, erk­lärt Schei­de­mann. Heute habe sich das beruhigt, auch
wenn das Sprach­prob­lem als Haup­tur­sache geblieben sei. “Die Leute müssen
länger Deutsch ler­nen”, ver­langt er. Viele sind wegge­zo­gen, so auch die
Mut­ter des Toten. Sie tritt als Neben­klägerin auf. Ihre Anwältin sieht sogar
“einen Mord”. 

Das dama­lige Erstauf­nah­me­heim für Aussiedler in Alt Daber wird aufgelöst,
die Leute sollen gle­ich in Woh­nun­gen unterge­bracht wer­den, um sie vielleicht
bess­er zu inte­gri­eren. “Das fällt aber schw­er bei ein­er der höchsten
Arbeit­slosen­quoten im Land mit 24,4 Prozent im Altkreis”, schätzt
Schei­de­mann ein. 

Auf keinen Fall sei Witt­stock aber ein “recht­es Nest”, wie viele
behaupteten. “Wegen ein­seit­iger Berichte mussten wir zeitweise sog­ar das
Besucher­buch schließen, so wur­den wir angefeindet.”

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Koalitionskrise wegen Schönbohm

SPD entset­zt über Sol­i­dar­ität­sadresse der CDU

Min­is­ter­präsi­dent Platzeck nen­nt Schreiben pein­lich / Erneute Krise in der großen Koalition

(Berlin­er Zeitung, Andrea Bey­er­lein) POTSDAM. Der Abstand zwis­chen den Koali­tion­skrisen in Pots­dam wird immer
kürz­er. Am Mittwoch waren es Vorstöße der Union zum Irak-Krieg und zur
Lockerung des Folter­ver­botes, die das Regierungslager in helle Aufregung
ver­set­zten. So sehr geri­eten die Sozialdemokrat­en in Rage, dass selb­st der
son­st ver­hal­ten agierende SPD-Regierungschef Matthias Platzeck von einer
Beschädi­gung des Koali­tion­skli­mas sprach. Sein Haupt­prob­lem: An beiden
Ini­tia­tiv­en ist sein Stel­lvertreter, CDU-Chef Jörg Schön­bohm, beteiligt. Und
der avanciert an der SPD-Basis mehr und mehr zum Feindbild. 

Schön­bohm rud­ert zurück

Erst am Dien­stag hat­ten sich Platzeck und Schön­bohm wieder einmal
ver­sprochen, weit­ere Kon­fronta­tio­nen zu ver­mei­den. Schließlich wäre die
Koali­tion schon vor zwei Wochen fast zer­brochen, weil sich das Kabi­nett kaum
über die Las­ten­verteilung für den Sparhaushalt des laufend­en Jahres einigen
kon­nte. Doch der neu besiegelte Frieden hielt nicht lange: Einige Stunden
später flat­terte dem Min­is­ter­präsi­den­ten die von seinem Innenminister
mitun­terze­ich­nete Res­o­lu­tion an US-Präsi­dent George W. Bush auf den Tisch.
Darin bekun­den 15 CDU-Abge­ord­nete ihr “Beschä­men” über die Außen­poli­tik der
rot-grü­nen Bun­desregierung und wer­fen ihr vor, “unter dem Deck­man­tel der
Erhal­tung des Friedens ihre anti­amerikanis­chen Grundeinstellungen
auszuleben”. Am Mittwoch kon­terte Platzeck: Eine “pein­liche”
Ergeben­heit­sadresse sei das, die ihn an unselige DDR-Zeit­en erin­nere — “nur
saß der Adres­sat damals in Moskau”. 

Die Union mühte sich im Laufe des Tages hek­tisch um Schadensbegrenzung.
Platzeck und er verträten zwar unter­schiedliche Auf­fas­sun­gen in der
Außen­poli­tik, sagte Schön­bohm. Es sei aber “bedauer­lich, dass dies die
erfol­gre­iche Poli­tik unser­er Koali­tion trübt”. Schön­bohm räumte aber
klein­laut ein, dass er diese Res­o­lu­tion “so nicht noch einmal
unter­schreiben” würde. Aus der Unions­frak­tion will nun kaum noch einer
mit­ge­hen, wenn Dieter Dom­brows­ki, Abge­ord­neter aus Havel­land, am Donnerstag
die von ihm ini­ti­ierte Res­o­lu­tion an US-Botschafter Daniel R. Coats
übergibt. Unter­schrieben hat allerd­ings — außer Frak­tion­schefin Beate
Blechinger — fast die gesamte Führungscrew: von Gen­er­alsekretär Thomas
Lunacek über Frak­tion­s­geschäfts­führer Dierk Home­y­er bis hin zu Parteivize
Sven Petke. 

Auch deswe­gen glaubt in der SPD kaum noch ein­er an ein Verse­hen. Selb­st in
Teilen der Union geht die Furcht um, die beständi­gen Schar­mützel um bundes-
und außen­poli­tis­che The­men seien schw­er­lich einzudäm­men: Als
CDU-Bun­de­sprä­sid­i­umsmit­glied und als ehe­ma­liger Mil­itär sei Schön­bohm “ein
Getrieben­er”. Das wird in der SPD nicht anders eingeschätzt. Aber: “Wenn es
so weit­erge­ht, geht es nicht weit­er”, dro­hte Lan­des­geschäfts­führer Klaus
Ness. “Es gibt eine Schmerz­gren­ze. Und die hat die CDU über­schrit­ten.” Der
Lausitzer Abge­ord­nete und Unter­bezirkschef Ulrich Freese meinte: Wenn
Schön­bohm seine Äußerun­gen ernst meine, müsse er kon­se­quenter­weise das
Bünd­nis mit den “vater­land­slosen Gesellen von der SPD” beenden. 

Wie es dann weit­erge­hen kön­nte, ist in der SPD-Spitze schon während der
let­zten Krise durchge­spielt wor­den. In Erman­gelung ein­er Zweidrittelmehrheit
zur Auflö­sung des Land­tages bliebe nur ein fliegen­der Wech­sel zur PDS — zu
deren Parte­ichef Ralf Christof­fers Platzeck dur­chaus gute Kon­tak­te pflegt.
Für eine solche Oper­a­tion, so wird mit­tler­weile auch bei der PDS diskutiert,
haben die Ver­ant­wortlichen wegen der nahen­den Land­tagswahlen im Herb­st 2004
jedoch allen­falls noch drei Monate Zeit. 

SPD empört über CDU

Wegen Schön­bohm liebäugeln Sozialdemokrat­en immer mehr mit Rot-Rot

(MAZ) POTSDAM Christoph Schulze, für gewöhn­lich ein wortgewandter
SPD-Par­la­men­tari­er, fällt mit Blick auf den Koali­tion­spart­ner CDU derzeit
nicht viel ein. “Ich reibe mir die Augen und ver­ste­he es nicht”, sagt er und
wun­dert sich über die Folter-Debat­te oder über den Irak-Brief an
US-Präsi­dent Bush. “Die kön­nen damit doch nichts gewinnen.” 

So rat­los wie Schulze sind augen­blick­lich viele in der SPD. Als hätte
Bran­den­burg kein mil­liar­den­schw­eres Finan­zloch, mis­chen sich
CDU-Par­la­men­tari­er in die außen­poli­tis­che Irak-Debat­te ein oder geben sich
beim The­ma Folter als Hard­lin­er. Min­is­ter­präsi­dent und SPD-Landeschef
Matthias Platzeck kon­sta­tierte gestern in schar­fem Ton, dass dies dem
Koali­tion­skli­ma ins­ge­samt schade. 

Allerd­ings gibt die CDU kein ein­heitlich­es Bild ab. Die Irak-Resolution
haben beispiel­sweise nur 15 der 25 Abge­ord­neten der Potsdamer
Land­tags­frak­tion unter­schrieben, was Platzeck im Gegen­zug hervorheben
musste. Es sei “erfreulich”, dass führende Mit­glieder der CDU-Frak­tion das
Papi­er nicht unter­schrieben haben, erk­lärte er. Zu diesen gehört Beate
Blechinger, Frak­tion­schefin, die für sich in Anspruch nimmt, “keine
Res­o­lu­tio­nen jed­wed­er Art” zu unterze­ich­nen. An DDR-Zeit­en müssen sich
offen­bar auch Vize-Land­tagspräsi­dent Mar­tin Haber­mann und der frühere
Lan­deschef Peter Wag­n­er erin­nert haben, die eben­falls nicht unterschrieben.
Auch die drei CDU-Min­is­ter Johan­na Wan­ka, Ulrich Jung­hanns und Barbara
Rich­stein tauchen auf der Liste nicht auf. Dafür aber Lan­deschef Jörg
Schön­bohm, der über die Heftigkeit der Kri­tik von Platzeck gestern
über­rascht war. Aus Schön­bohms Umge­bung hieß es, die SPD dürfe nicht weiter
gereizt wer­den. Deshalb soll die pressewirk­sam ini­ti­ierte Über­gabe der
Res­o­lu­tion an die US-Botschaft klein­er aus­fall­en. Ver­fass­er Dieter
Dom­brows­ki fährt heute allein, in aller Stille, nach Berlin. 

In der SPD wach­sen die Zweifel, ob die CDU noch der richtige Part­ner ist.
Während der Nacht­sitzung des Kabi­netts zum Haushalt vor zwei Wochen hing das
Bünd­nis am sei­de­nen Faden. Erst im let­zten Moment kam es zur Einigung.
Platzeck, der anders als Stolpe mit Schön­bohm seine Prob­leme hat, hat­te im
Vor­feld im SPD-Vor­stand den Genossen einen möglichen Umstieg zur PDS
erläutert. Auch mit PDS-Lan­deschef Ralf Christof­fers hat er sich zu diesem
The­ma getroffen. 

Neuwahlen soll es dem­nach nicht geben, son­dern einen möglichst geräuschlosen
Wech­sel zu Rot-Rot. Längst hat sich auch zu Platzeck herumge­sprochen, wie
weit­ge­hend har­monisch in Schw­erin und Berlin die SPD mit der PDS regiert.
Die Lage in der märkischen SPD hat sich zu 1999 geän­dert. Galt damals eine
Koali­tion mit der PDS als undenkbar (nur Regine Hilde­brandt war dafür),
kön­nen sich dies jet­zt viele vorstellen. 

Auch aus Sicht von SPD-Par­la­men­tari­er Schulze ist ein Wech­sel denkbar, auch
wenn er derzeit nicht damit rech­net. “Es gibt zur PDS zumin­d­est keine
unüber­brück­baren Hür­den.” Wie kon­struk­tiv die PDS beispiel­sweise bei der
Gemein­dere­form mit­disku­tierte, will Schulze näch­ste Woche im Plenum
aus­drück­lich loben. 

Folter

Stre­it um Anwen­dung von Gewalt bei Ver­hören zur Ret­tung von Menschenleben

(MOZ) Pots­dam (ddp-lbg). Bran­den­burg­er CDU-Poli­tik­er sind mit Äußerun­gen in der
Folter-Debat­te schw­er unter Druck ger­at­en. Das Polizeige­setz sei
weitre­ichend genug und müsse nicht um die Anwen­dung von Gewalt zur
«Erpres­sung» von Geständ­nis­sen bei Polizeiver­hören ver­schärft werden,
betonte Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch
in Pots­dam. Er schloss auch eine Bun­desratsini­tia­tive zur Änderung der
Straf­prozes­sor­d­nung aus. 

Platzeck reagierte damit auf Aus­sagen des Innenmi
nis­ters Jörg Schönbohm
(CDU) im TV-Nachricht­enkanal «Phönix» und des innen­poli­tis­chen Sprech­ers der
CDU-Land­tags­frak­tion, Sven Petke, in Bran­den­burg­er Zeitun­gen. Schön­bohm ließ
inzwis­chen durch einen Sprech­er erk­lären, er gehöre nicht zu den
Befür­wortern der Folter. Er habe lediglich Ver­ständ­nis für Polizis­ten und
Staat­san­wälte geäußert, die in Extrem­si­t­u­a­tio­nen darüber nachdächten,
«härtere» Ver­hörmeth­o­d­en anzuwenden. 

Schön­bohm forderte eine grund­sät­zliche Debat­te — auch angesichts wachsender
ter­ror­is­tis­ch­er Bedro­hung — über solche Aus­nah­me­fälle. Petke stellte
eben­falls klar, dass er die Folter ablehne. In Zeitungs­bericht­en hat­te er
sich für die Andro­hung von kör­per­lich­er Gewalt aus­ge­sprochen, wenn es
beispiel­sweise bei Geisel­nah­men um die Ret­tung von Men­schen­leben geht. 

Die Andro­hung von Gewalt gegen jeden mut­maßlichen Straftäter, auch gegen
Ter­ror­is­ten, müsse unter «jedem denkbaren Umstand» aus­geschlossen werden,
betonte der Vor­sitzende des Bran­den­burg­er Anwaltsver­ban­des, Frank‑W.
Hülsen­beck, gemein­sam mit dem Berlin­er Anwaltsvere­in. Schon das Nachdenken
darüber sei ein «Spiel mit dem Feuer». Es sei erschüt­ternd, wie leichtfertig
kon­ser­v­a­tive Poli­tik­er bere­it seien, den Schutz der Men­schen­würde preis zu
geben, sagte Ver­di-Lan­des­bezirk­slei­t­erin Susanne Stumpenhusen. 

Der Gen­er­alsekretär der Bran­den­burg­er FDP, Heinz Lan­fer­mann, nan­nte Petke
einen «Scharf­mach­er ohne Tief­gang». Lan­fer­mann appel­lierte an
Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU), sich ein­deutig zum Folter­ver­bot zu
beken­nen. Eine Ressort­sprecherin äußerte sich zu der The­matik aber nicht.
Die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land sei sowohl der Europäischen
Men­schen­recht­skon­ven­tion als auch der Anti-Folter-Kon­ven­tion der Vereinten
Natio­nen beige­treten, die auch für außergewöhn­liche Umstände die Folter
nicht recht­fer­tige, betonte der FDP-Politiker. 

Bran­den­burgs Grüne ver­langten, die Folter müsse im Rechtsstaat «ein Tabu»
bleiben. Die PDS lehnte die Aufwe­ichung des Folter­ver­bots in Deutsch­land als
im Wider­spruch zum gel­tenden Recht ste­hend ab. 

Petke beze­ich­net Platzeck im Stre­it um Irak-Res­o­lu­tion als dünnhäutig

(MOZ) Pots­dam (ddp-lbg). Der Stre­it um die Irak-Res­o­lu­tion von CDU-Mit­gliedern aus
Bran­den­burg geht weit­er. CDU-Lan­desvize Sven Petke bezeichnete
Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) am Don­ner­stag auf Radio Eins als
«dünnhäutig». Zugle­ich warnte er die SPD davor, «jet­zt jede einzelne Aktion
der CDU zu beobacht­en und jedes Ver­hal­ten zu kommentieren». 

Platzeck hat­te die Res­o­lu­tion am Mittwoch als pein­lich für das Land
eingeschätzt und darin eine Belas­tung für die große Koali­tion in der Mark
gese­hen. Zudem erin­nerte Platzeck an ähn­liche «Ergeben­heit­sadressen in
unseli­gen DDR-Zeit­en, nur saß der Adres­sat damals in Moskau». Petke, der die
Res­o­lu­tion mit unterze­ich­net hat­te, zeigte sich über diesen Vergleich
bestürzt. Das habe nichts mit der Real­ität zu tun. Zugle­ich sieht der
CDU-Poli­tik­er in der «Aufgeregth­eit und Dünnhäutigkeit inner­halb der SPD»
ein Zeichen ihrer Führungss­chwäche. Die SPD sei verun­sichert wegen der
zulet­zt schlecht­en Umfrageergebnisse. 

Die Res­o­lu­tion war von 15 CDU-Par­la­men­tari­ern aus Bran­den­burg und 12 aus
Berlin unterze­ich­net wor­den und sollte am Don­ner­stag an US-Botschafter
Daniel Coats übergeben wer­den. In dem Brief äußern sich die CDU-Politiker
«beschämt» über die Hal­tung der Bun­desregierung im Irak-Kon­flikt. Die
Bun­desregierung set­ze Fre­und­schaft und Part­ner­schaft mit den USA aufs Spiel
und lebe ihre «anti­amerikanis­chen Grun­de­in­stel­lun­gen» aus. 

Petke sieht die deutsch-amerikanis­che Fre­und­schaft langfristig in Gefahr.
Die derzeit­ige Sit­u­a­tion der Funkstille zwis­chen Deutsch­land und den USA sei
ein­ma­lig. Die Unterze­ich­n­er der Res­o­lu­tion woll­ten die Sicher­heit der
Bun­desre­pub­lik auch in Zukun­ft durch ein gutes Ver­hält­nis zur USA
gewährleis­tet sehen. 

Schön­bohm bringt Platzecks Genossen zur Weißglut

Nach der “Irak-Res­o­lu­tion” des Koali­tion­spart­ners CDU fordern immer mehr
Sozialdemokrat­en Rot-Rot. Die PDS sig­nal­isiert ihre Bereitschaft

(Tagesspiegel) Pots­dam. In Bran­den­burgs SPD mehren sich die Stim­men, die offen ein Ende der
Großen Koali­tion fordern. So erk­lärte SPD-Vizechefin Katrin Molkentin am
Mittwoch, das an US-Präsi­dent Bush gerichtete “Anbiederungss­chreiben” von
CDU-Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm und der Frak­tion bringe das Fass zum
Über­laufen. In unge­wohn­ter Schärfe dis­tanzierte sich auch Ministerpräsident
Matthias Platzeck von Schön­bohm und der CDU: Das Schreiben, das scharfe
Angriffe gegen die Bun­desregierung und die Geg­n­er eines Irak-Krieges
enthält, sei “pein­lich” für das Land. Die “Ergeben­heit­sadresse” erin­nere an
unselige DDR-Zeiten. 

Platzeck ver­wahrte sich dage­gen, “dass die, die diesen Text nicht
unter­schreiben, indi­rekt zu Fein­den unseres Bünd­nis­part­ners Amerika
abgestem­pelt wer­den”. Mit Äußerun­gen zum Fortbe­stand der Koali­tion hielt
sich Platzeck zurück. Er betonte jedoch, dass der Vor­gang dem
Koali­tion­skli­ma schade. Im Zusam­men­hang mit den jüngsten
Koali­tion­sstre­it­igkeit­en um die Haushalt­spoli­tik hat­te sich Platzeck nach
Tagesspiegel-Recherchen Anfang Feb­ru­ar mit Parte­ichef Ralf Christoffers
getrof­fen und dabei auch sondiert, ob die PDS gegebe­nen­falls als
Koali­tion­spart­ner zur Ver­fü­gung stünde. Dies ist von Christof­fers dem
Vernehmen nach grund­sät­zlich bejaht wor­den. Auch soll er erläutert haben,
dass die PDS min­is­tra­ble Poli­tik­er auf­bi­eten könne. Katrin Molkentin
forderte gestern “die Auf­nahme offizieller Gespräche mit der PDS”.
Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Berlin zeigten, dass schwierige Prob­leme mit der
PDS ziel­ge­nauer und ver­lässlich­er gelöst wer­den kön­nten. Laut Molkentin gibt
es in der Partei einen Stim­mung­sum­schwung zugun­sten von Rot-Rot. 

Die SPD-Poli­tik­erin kri­tisierte scharf, dass sich Schön­bohm und seine Partei
offen­sichtlich von der Lan­despoli­tik ver­ab­schiedet hät­ten. “Außen- und
bun­de­spoli­tis­che Spiel­wiesen sind der CDU offen­bar wichtiger als die
Koali­tion.” In dem Schreiben an US-Präsi­dent Bush, das neben Schön­bohm die
Mehrheit der CDU-Frak­tion­s­mit­glieder unterze­ich­net hat, wird die Poli­tik der
rot-grü­nen Bun­desregierung scharf attack­iert. Wörtlich heißt es unter
anderem: “Es ist uns ein Herzen­san­liegen, Ihnen mitzuteilen, dass wir
beschämt sind, wie sich unsere Bun­desregierung im Irak-Kon­flikt, im
UN-Sicher­heit­srat, aber auch inner­halb der Nato ver­hält.” Die gleichen
Kräfte, die 1979 gegen den Nato-Dop­pelbeschluss mobil macht­en und immer die
Nähe zum SED-Regime sucht­en, set­zten jet­zt die Part­ner­schaft zu den USA aufs
Spiel und wür­den “unter dem Deck­man­tel der Erhal­tung des Friedens
let­z­tendlich ihre anti­amerikanis­chen Grun­de­in­stel­lun­gen ausleben”. Das
Schreiben löste in der SPD eine Welle der Empörung aus, zumal auch die
Schön­bohm­sche Forderung nach einem Folter-Freib­rief für Terroristen-Fahnder
großes Unver­ständ­nis her­vor­rief. “So kann es nicht weit­erge­hen”, warnte
SPD-Lan­des­geschäfts­führer Klaus Ness. Schön­bohms Stil sei nicht akzeptabel.
Der ein­flussre­iche Land­tagsab­ge­ord­nete und Unter­bezirkschef von Spree-Neiße,
Ulrich Freese, beschrieb die Stim­mung in der Partei so: “Schön­bohm schlägt
Schröder und meint Platzeck.” Der CDU-Lan­deschef sollte dann auch konsequent
sein und die Oppo­si­tion­srolle nicht in der Regierung, son­dern auf der
Oppo­si­tions­bank wahrnehmen. Es sei inakzept­abel, dass Schön­bohm die
Sozialdemokratie in Bran­den­burg bis zur Weißg­lut reiz
e. Er mache permanent
Wahlkampf und sei offen­bar nicht fähig, fünf Jahre ver­lässliche Poli­tik in
ein­er Koali­tion zu machen. 

PDS-Parte­ichef Ralf Christof­fers bestätigte die rot-rote Annäherung. Er
kündigte an, dass er bere­it sei, die von Sozialdemokrat­en angeregten
offiziellen Gespräche zu führen. Es gebe offen­bar einen kul­turellen und
poli­tis­chen Grund­kon­flikt zwis­chen SPD und CDU. Er sehe ein Ende der
Gemein­samkeit­en. Die SPD müsse entschei­den, ob daraus eine Koalitionsfrage
werde. Aus Sicht des PDS-Parte­ichefs ist die Lage in der Koali­tion ernster
als im Zuwan­derungsstre­it. Christof­fers bestritt Gerüchte, wonach es
zwis­chen SPD und PDS bere­its einen “Geheim­plan” für eine rot-rote Koalition
geben soll. Er bestätigte jedoch, dass “inof­fiziell auf verschiedenen
Ebe­nen” Gespräche geführt werden. 

Siehe auch: Offen­er Brief der Polizeikon­troll­stelle an den Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz Wegen den eventuellen “ver­fas­sungs­feindlichen Bestre­bun­gen” in der Lan­des-CDU fordert die Ini­tia­tive die Beobach­tung der Partei.

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Initiativen verlieren Geduld mit der Duldung

Hier geblieben” — Flüchtlingsrat, Lan­deskirche und Flüchtlingsinitiative
fordern Bleiberecht für Asyl­suchende, die schon lange in Bran­den­burg leben

(TAZ) Seit elf Jahren leben Jose und Clara Ndu­alu in Bran­den­burg an der Havel.
Jahre­lang bes­timmte der Sta­tus “Asyl­be­wer­ber” jeden Schritt des
kon­gole­sis­chen Flüchtlingse­hep­aares und sein­er bei­den in Deutschland
gebore­nen Kinder. Geset­zliche Vor­gaben wie das De-fac­to-Arbeitsver­bot für
Asyl­suchende und die Res­i­den­zpflicht prägten den All­t­ag. Trotz­dem gelang der
Fam­i­lie nach Ansicht ihrer deutschen Fre­unde die Inte­gra­tion. Damit ist es
vor­bei, seit die Aus­län­der­be­hörde Mitte Jan­u­ar dro­hte, die Familie
abzuschieben. Vier Wochen leben die Ndu­alus nun schon im Kirchenasyl der
Bran­den­burg­er St.-Gotthardt-Gemeinde und hof­fen auf eine Verhandlungslösung
mit den Behörden. 

Dass die Ndu­alus kein Einzelfall sind, macht­en gestern in Pots­dam Vertreter
der Bran­den­burg­er Flüchtlingsini­tia­tive und ders Flüchtlingsrats deutlich.
Dessen Geschäfts­führerin Judith Gleitze erin­nerte an mehrere vietnamesische
Fam­i­lien, die in den ver­gan­genen Jahren erst durch Kirchenasyle und den
darauf fol­gen­den öffentlichen Druck eine Aufen­thalts­genehmi­gung erhielten,
obwohl sie seit einem Jahrzehnt in Bran­den­burg gelebt hatten. 

Mit ein­er speziell an die Pots­damer Lan­desregierung und Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU) adressierten Kam­pagne unter dem Mot­to “Hier geblieben”
fordert der Flüchtlingsrat nun ein Bleiberecht für Asyl­suchende mit dem
Sta­tus der so genan­nten Dul­dung. Auch die evan­ge­lis­che Landeskirche
unter­stützt das Anliegen der Kam­pagne, die derzeit bun­desweit von Pro Asyl
koor­diniert wird. Hanns Thomä-Venske, der Aus­län­der­beauf­tragte der
Evan­ge­lis­chen Kirche in Berlin-Bran­den­burg, machte gestern darauf
aufmerk­sam, dass Deutsch­land von ein­er solchen Bleiberechtsregelung
prof­i­tieren würde. Zum einen wür­den Ver­wal­tungsar­beit und ‑gelder gespart.
Zum andern soll­ten ger­ade die neuen Bun­deslän­der aus eigen­er Erfahrung
wis­sen, wie wichtig es für die Gemein­schaft sei, dass sozial integrierte
Men­schen nicht wegge­hen, son­dern hier bleiben. 

Konkret fordern die Ini­tia­toren eine sofor­tige unbürokratis­che und
großzügige Bleiberecht­sregelung ins­beson­dere für Opfer rassistischer
Angriffe und trau­ma­tisierte Flüchtlinge. Gle­ich­es soll für unbegleitete
min­der­jährige Flüchtlinge gel­ten, die seit zwei Jahren in Deutsch­land leben,
für Flüchtlings­fam­i­lien mit drei­jährigem Aufen­thalt und für Alleinstehende,
die seit fünf Jahren hier leben. 

Rund 230.000 Asyl­suchende mit dem Sta­tus “Dul­dung” kön­nten bun­desweit von
diesen Forderun­gen prof­i­tieren, in Bran­den­burg sind es 1.695 Menschen.
Gleitze kri­tisierte, dass auf die Ankündi­gun­gen seit­ens der Landesregierung,
eine Härte­fall­regelung in Bran­den­burg einzuführen, “bis­lang keine Taten
gefol­gt seien”. 

Bleiberecht für geduldete Langzeit­flüchtlinge gefordert

Allein in Bran­den­burg dro­ht 1 695 Betrof­fe­nen Abschiebung

(Jens Blanken­nagel, Berlin­er Zeitung) POTSDAM. Die vier Dutzend Flüchtlinge, die sich am Mittwoch in der
Friedrich­skirche von Pots­dam trafen, hat­ten sich ein gemein­sames Symbol
aus­gedacht. Jed­er trug an der Brust einen Zettel. Darauf standen nicht, wie
oft üblich, ihre Namen, son­dern Zahlen: zwei Jahre, acht Jahre, zwölf Jahre.
Jahre, die sie in Deutsch­land leben: geduldet, aber nicht als Flüchtlinge
anerkan­nt. Mit ihren Zetteln woll­ten sie zeigen, dass es ihnen nicht um
Einzelschick­sale geht, son­dern um das Prob­lem an sich. 

Kirchenasyl ist nur Notlösung

“In Deutsch­land leben 230 000 Men­schen, die seit Jahren nur geduldet werden
und jed­erzeit abgeschoben wer­den kön­nen. In Bran­den­burg sind es 1 695″,
sagte Judith Gleitze vom Bran­den­burg­er Flüchtlingsrat. Der startete am
Mittwoch die lan­desweite Kam­pagne “Hier geblieben!”. “Wir wollen öffentlich
auf das Schick­sal der Flüchtlinge aufmerk­sam machen und fordern eine
ern­sthafte Integrationspolitik.” 

Die Aktivis­ten sehen akuten Hand­lungs­be­darf für die Lan­desregierung. Das
hät­ten die bei­den Fälle von Kirchenasyl in den ver­gan­genen Monat­en gezeigt,
mit denen Flüchtlinge vor der Abschiebung geschützt wur­den. Erst­mals waren
sog­ar Polizis­ten ohne Durch­suchungs­be­fehl in Kirchen­räume eingedrungen.
“Kirchenasyl ist aber keine Lösung, nötig sind humane Regelun­gen”, sagte
Gleitze. Damit die lan­gen bürokratis­chen Kämpfe der oft­mals abgelehnten
Asyl­be­wer­ber ein Ende haben, fordert der Flüchtlingsrat eine unbeschränkte
Aufen­thalts- und Arbeit­ser­laub­nis für sie. Vor allem für Flüchtlinge, die
länger als fünf Jahre hier leben, oder nach drei Jahren für Fam­i­lien mit
kleinen Kindern. 

Dies unter­stützt auch die evan­ge­lis­che Kirche. Deren Ausländerbeauftragter
Hanns Thomä-Venske ver­las einen Beschluss der Lan­dessyn­ode, mit dem die
Regierun­gen von Berlin und Bran­den­burg aufge­fordert wer­den, sich für eine
bun­desweit ein­heitliche Bleiberecht­sregelung einzuset­zen. “Die Praxis
unseres Asyl­rechts führt dazu, dass Bewer­ber keine Anerken­nung erhalten,
obwohl ihnen in den Abschiebelän­dern Gefahr für Leib und Leben droht.”
Land­tagspräsi­dent Her­bert Knoblich (SPD), als Kind selb­st aus der Heimat
ver­trieben, forderte in einem Gruß­wort “eine grundle­gende Reform des
beste­hen­den Zuwanderungsgesetzes”. 

In der Kirche berichteten viele Flüchtlinge von ihren Erfahrun­gen mit den
derzeit­i­gen Geset­zen. So erzählte eine Afrikaner­in von ihrer schwierigen
Job-Suche. “Erst wenn ich selb­st einen Job gefun­den habe, kann ich dafür
eine Arbeit­ser­laub­nis beantra­gen”, sagte sie. Dann werde von den Behörden
geprüft, ob sich für den Job nicht ein deutsch­er Arbeit­er find­et. Das dauert
sechs Wochen. “Doch so lange will meist kein Arbeit­ge­ber auf mich warten”,
sagte sie. Deshalb wäre eine all­ge­meine Arbeit­ser­laub­nis wichtig, um
unab­hängig von staatlichen Hil­fen leben zu können. 

Bleiberecht nach fünf Jahren gefordert

(FR) POTSDAM, 26. Feb­ru­ar (epd/now). Ein Bleiberecht für Asyl­be­wer­ber nach fünf
Jahren Aufen­thalt in Deutsch­land haben Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen in
Bran­den­burg gefordert. Notwendig sei eine neue Bleiberecht­sregelung ohne
“uner­füll­bare Hür­den” wie dem Nach­weis eines aus­re­ichen­den Einkom­mens trotz
fehlen­der Arbeit­ser­laub­nis, sagte Judith Gleitze vom Flüchtlingsrat
Bran­den­burg am Mittwoch in Pots­dam. Ziel müsse es sein, seit langem in
Deutsch­land leben­den Flüchtlin­gen eine gle­ich­berechtigte Teil­nahme am
sozialen Leben zu ermöglichen. 

Derzeit seien rund 230 000 geduldete Flüchtlinge trotz langjährigem
Aufen­thalt von der Abschiebung bedro­ht, darunter rund 1700 in Brandenburg,
betonte Gleitze zum Auf­takt ein­er Bleiberecht­skam­pagne für Bran­den­burg. Die
Ein­schränkung der Bewe­gungs­frei­heit und des Recht­es auf Arbeit komme für die
Betrof­fe­nen seel­is­ch­er Gewalt gle­ich, kri­tisierte die Flüchtlingsinitiative
Bran­den­burg. Der Aus­län­der­beauf­tragte der berlin-brandenburgischen
evan­ge­lis­chen Kirche, Hanns Thomä-Venske, ergänzte, mit einem dauerhaften
Bleiberecht kön­nten öffentliche Kosten erspart wer­den, weil lange
Gerichtsver­fahren und der Bezug von Sozial­hil­fe ent­fie­len. Brandenburgs
Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) habe zuge­sagt, die geforderte
Bleiberecht­sregelung in der Län­der-Innen­min­is­terkon­ferenz zu thematisieren,
so Thomä-Venske. 

Flüchtlingsrat fordert: “Hier geblieben”

Votum für geduldete Asylbewerber

(Tagesspiegel) Pots­dam. Der Bran­den­burg­er Flüchtlingsrat und die Flüchtlingsinitiative
Bran­den­burg fordern mit der Kam­pagne “Hier geblieben!” ein Bleiberecht für
alle gedulde­ten Asyl
bewer­ber. Einige von diesen Men­schen, die nach eigenen
Angaben zum Teil schon über zehn Jahre voll inte­gri­ert in Bran­den­burg leben,
berichteten bei der gestri­gen Auf­tak­tver­anstal­tung der Kam­pagne in der
Pots­damer Friedrich­skirche über ihre Sit­u­a­tion. Judith Gleitze vom
Flüchtlingsrat machte darauf aufmerk­sam, dass 1695 Geduldete in Brandenburg
leben — 230 000 seien es in ganz Deutsch­land. Sie müssten ständig fürchten,
abgeschoben zu werden. 

Der Appell richtet sich vor dem Hin­ter­grund der aktuellen
Kirchenasyl-Debat­te ins­beson­dere an die Lan­desregierung. In den letzten
Monat­en hat­ten zwei Fälle von Kirchenasyl in Schwante und in der Stadt
Bran­den­burg die Öffentlichkeit bewegt.

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Öffentliches Plakateentfernen in Bernau

im fol­gen­den ein text von indymedia.de

Wie eine Presseerk­lärung ein wenig Span­nung in den Bernauer Bun­destagswahlkampf brachte.

Begin­nen wir mit der Vorgeschichte. Wie in vie­len anderen Städten und Dör­fern fie­len hun­derte Wahlplakate der Schill-Partei und der NPD unbekan­nten Plakate­dieben zum Opfer. Das führte zur Anzeigen und Ermit­tlungsver­fahren wegen Dieb­stahl und Sachbeschädi­gung. Die Schill-Partei set­zte dabei ihre Pro­pa­gan­da für die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes in die Tat um. Sie observierte heim­lich ein Wahlplakat in der Goethes­trasse mit Hil­fe ein­er Videokam­era. Ein Videoband auf dem zwei Plakate­diebe in Aktion zu sehen sein sollen, führte dann zu ein­er Haus­durch­suchung bei einem der ange­blich Betrof­fe­nen. Diese blieb aber Ergebnislos.
Am sel­ben Tag kam dann der Herr Schill höchst per­sön­lich nach Bernau für eine Wahlkampfkundge­bung. Die endete in einem total­en Desaster für die Partei. Dabei kam es zu eini­gen unver­hält­niss­mäs­si­gen Fes­t­nah­men, eine Per­son wurde sog­ar vorher zu Hause festgenom­men und in Vor­beugege­wahrsam gesteckt. 

In den Gäste­büch­ern der Inter­net­seit­en der Bran­den­burg­er Schill-Partei www.schillbrandenburg.de (GB inzwis­chen zen­siert) und www.wesslau.de (GB existiert inzwis­chen nicht mehr) taucht­en zahlre­iche kri­tis­che Beiträge auf. Der Beitrag “Nazis Raus!” führte zu ein­er Anzeige wegen Ver­leum­dung. Daraufhin lud die Polizei mehrere Men­schen als Beschuldigte vor, die ihre Per­son­alien bei ein­er Protes­tak­tion vor ein­er Ver­anstal­tung der Schill-Partei abgeben musste. Ob diese Vorge­hen recht­mäs­sig war, wird auf jeden Fall den Bran­den­burg­er Daten­schutzbeauf­tragten beschäftigen. 

Doch nun zur besagten Presseerk­lärung. In dieser kündigten “Bernauer Bürg­er und Bürg­erin­nen” an, am Don­ner­stag den 12. Sep­tem­ber um 17 Uhr auf dem Bahn­hofsvor­platz zu erscheinen und dort die Plakate der NPD und der Schill-Partei zu ent­fer­nen. Obwohl die regionale Presse diese Erk­lärung ver­schwieg, erre­icht­en Mund­pro­pa­gan­da und Inter­net doch eine schnelle Ver­bre­itung der Infor­ma­tio­nen. Die Polizei ermit­telte wegen “Aufruf zur Straftat” und die NPD stellte Strafanträge gegen die bish­er unbekan­nten Autoren und Indy­media auf dessen Inter­net­seite die Presseerk­lärung zu lesen ist. 

Am Don­ner­stag-Vor­mit­tag durch­suchte die Polizei dann den Bernauer Jugendtr­e­ff “DOSTO”. Da auch auf den Seit­en des DOSTO (www.dosto.de) die Presseerk­lärung zu lesen ist, wird hier wegen “Aufruf zur Straftat” ermit­telt. Ein Rech­n­er und zahlre­iche CDs wur­den beschlagnahmt. Am Nach­mit­tag beset­zten dann über hun­dert Polizis­ten teil­weise in Kampf­mon­tur den Bahn­hofsvor­platz. Trotz­dem erschienen etwa 75 Bernauer und Bernauerin­nen mit ein­er grossen Hol­zleit­er um die Plakate zu ent­fer­nen. Die Polizei kon­nte das zwar ver­hin­dern, es wur­den aber trotz­dem zahlre­iche Flug­blät­ter verteilt. Ausser­dem wur­den auf dem Hin- und auf Rück­weg einige Wahlplakate von NPD und Schill-Partei ent­fer­nt. Die Polizei sprach reich­lich Platzver­weise aus und nahm ca. 15 Men­schen in Gewahrsam. Während die meis­ten nach kurz­er Zeit wieder ent­lassen wur­den, blieb eine Per­son bis 1.30 Uhr in der Nacht im Vor­beugege­wahrsam, da sie bere­its mit einem zer­ris­se­nen Wahlplakat der Schill-Partei auf dem Bahn­hofsvor­platz erschien. 

Zu erwäh­nen ist noch, das die Nazis des “Nationalen Wider­standes Berlin-Bran­den­burg” zur Vertei­di­gung der Wahlplakate aufgerufen hat­ten. Obwohl zahlre­iche Kam­er­ad­schaften angekündigt wur­den (Autonome Nation­al­is­ten Berlin, Märkisch­er Heimatschutz, Kam. Mitte, Kam. Pankow und Kam. Pren­zlauer Berg), erschienen dann doch nur etwa 10 Nazis, unter ihnen die Bernauer NPD-Kad­er XXXXXXX und Ricar­do G., die sich unter Polizeis­chutz ungestört auf dem Platz bewe­gen konnten. 

Ins­ge­samt ist die Aktion pos­i­tiv zu bew­erten, weil es gelang, die Auseinan­der­set­zung um die Wahlplakate rechter Parteien in die Öffentlichkeit zu brin­gen. Das ist aber nicht als Plä­doy­er gegen nächtliche Aktio­nen zu begreifen, son­dern als sin­nvolle Ergänzung. 

* orig­inal­text mit fotos

* noch ein bernau-plakate-text

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