V‑Mann-Affäre: Leiter des Kriminalamts soll den Verrat einer Razzia gegen Neonazis nicht angezeigt haben
(Tagesspiegel) Potsdam. In der V‑Mann-Affäre um den Verrat einer Polizei-Razzia im
Neonazi-Milieu prüft die Potsdamer Staatsanwaltschaft jetzt die Aufnahme
eines Ermittlungsverfahrens gegen den Chef des Landeskriminalamts (LKA),
Axel Lüdders. Das ist ein einmaliger Vorgang — und führt bereits auf
politischer Ebene, aber auch innerhalb der Staatsanwaltschaft zu Spannungen.
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nannte es am Montag “unglaublich”, dass
offenbar durch Indiskretionen aus der Staatsanwaltschaft — zuständig ist
Justizministerin Barbara Richstein (CDU) — Vorermittlungen gegen Lüdders
bekannt geworden seien. “Das grenzt an Verrat von Dienstgeheimnissen”, sagte
Schönbohm. Nach Tagesspiegel-Recherchen sieht die für den Fall zuständige
Bearbeiterin einen hinreichenden Tatverdacht und drängt auf Ermittlungen.
Lüdders soll den Verrat einer Polizeirazzia durch einen V‑Mann des
Verfassungsschutzes, die bei einer Telefonüberwachung des LKA festgestellt
wurde, zwar der Polizei mitgeteilt haben. Jedoch habe sich Lüdders nicht
auch an die Staatsanwaltschaft gewandt und eine Anzeige wegen Verrats von
Dienstgeheimnissen erstattet. Die Polizei zog nach dem Hinweis die Razzia
vor — fand aber wenig. Der V‑Mann will von seinem Führungsbeamten beim
Verfassungsschutz von der Razzia erfahren haben.
Jedoch gibt es innerhalb der Staatsanwaltschaft noch unterschiedliche
Meinungen darüber, ob gegen Lüdders Ermittlungen wegen Strafvereitelung
eingeleitet werden sollen. Die Leitung der Potsdamer Staatsanwaltschaft und
der Brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg sollen Ermittlungen
gegen Lüdders nicht befürworten. “Sie haben eine andere Rechtsauffassung”,
hieß es in Justizkreisen. Ermittlungen gegen Lüdders seien daher “eher
unwahrscheinlich”. Zur Aufklärung hatte die Staatsanwaltschaft in den
letzten Wochen bereits sowohl Lüdders als auch Verfassungsschutzchef Heiner
Wegesin als Zeugen vernommen.
Offiziell hielt sich die Behörde am Montag bedeckt. “Die Prüfungen, ob die
Ermittlungen gegen den früheren V‑Mann K. auch auf Bedienstete der Polizei
ausgedehnt werden, sind noch nicht abgeschlossen”, sagte Behördensprecher
Benedikt Welfens lediglich. Lüdders selbst, der sich zur Zeit im Urlaub
befindet, war zu keiner Stellungnahme bereit. Er sagte lediglich, er habe
die “Nase voll” von falschen Vorwürfen.
Neuer Wirbel in V‑Mann-Affäre
LKA-Chef Lüdders droht Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung
(MAZ) POTSDAM Die Affäre um einen enttarnten Spitzel des brandenburgischen
Verfassungsschutzes, der am 6. Februar 2001 eine geheime Polizeirazzia gegen
die rechtsextreme Szene mit Schwerpunkt Potsdam verriet, zieht weiter
Kreise.
In Bedrängnis gerät nun offenbar der Direktor des Landeskriminalamts (LKA),
Axel Lüdders. Nach Informationen des “Focus” erwägt die Potsdamer
Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der
Strafverteilung gegen den Spitzenbeamten einzuleiten. Es werde allerdings
noch geprüft, ob die Ermittlungen gegen den ehemaligen Geheimdienst-V-Mann
Christian K. “auch auf Bedienstete der Polizei auszuweiten sind”, teilte
Behördensprecher Benedikt Welfens gestern mit. Die Staatsanwaltschaft hatte
ihre Ermittlungen zu den Umständen der verratenen Polizeirazzia im Mai 2003
eingeleitet, nachdem MAZ-Recherchen den zwei Jahre zurückliegenden Verrat
aufgedeckt hatten.
Belastend für LKA-Chef Lüdders könnte der Inhalt eines Abhörprotokolls
werden. Am 6. Januar 2001 wurde das LKA Zeuge eines brisanten Telefonats
zwischen V‑Mann K. und dem rechtsextremen Musikhändler Sven S. aus Borkwalde
(Potsdam-Mittelmark). Die beiden Neonazis, die sich seit Jahren gut kannten,
ahnten offenbar nicht, dass die Potsdamer Staatsanwaltschaft seit Dezember
2000 gegen S. unter anderem wegen Volksverhetzung ermittelte und Beamte des
LKA rund um die Uhr die Telefone von S. überwachten. So erfuhren die
Polizisten zufällig, dass K. seinen Bekannten S. vor einer geheimen
Großrazzia warnte, die für den 17. Februar 2001 vorgesehen war. Dieser
Termin war nur Eingeweihten vertraut. Ob Sven S. — einer der
einflussreichsten Neonazis in Brandenburg — das Datum schon vor dem
Warnanruf kannte, ist ungewiss. Zumindest reagierte S. keineswegs überrascht
auf die Nachricht, die Spitzel K. ihm überbrachte.
Zu einem Problem für Lüdders könnte nun werden, dass die Telefonate zwischen
Spitzel K. und Hassmusik-Händler K., die den Verdacht des Geheimnisverrats
nahelegen, zwar protokolliert wurden, jedoch der Staatsanwaltschaft Potsdam
in dieser deutlichen Form niemals übermittelt wurden — obwohl die
Staatsanwaltschaft die Abhöraktion für ihr Ermittlungsverfahren gegen S. in
Auftrag gegeben hatte.
Ein zaghafter Hinweis des LKA auf den Verrat soll sich nach Informationen
der MAZ zwar in der Hauptakte zu dem Vorgang finden, die das LKA der
Staatsanwaltschaft im Oktober 2001 übersandte. Allerdings soll der
Sachverhalt dabei so kryptisch umschrieben worden sein, dass man ihn in
seiner Tragweite nur erahnen konnte, wenn man den Verrat vom Februar 2001
schon kannte. Der Staatsanwaltschaft wurde der Verrat jedoch erst vor
wenigen Wochen durch MAZ-Recherchen bekannt.
Unklar ist bis heute, warum das LKA seine Erkenntnisse aus der
Telefonüberwachung bei Sven S. nicht deutlicher zum Ausdruck brachte. Kenner
der Szene schließen nicht aus, dass das LKA Sven S. schützen wollte.
Beharrlich hält sich das Gerücht, S. habe als Informant für das LKA
Brandenburg gearbeitet.
Zweifel an dieser Behauptung, die von offizieller Seite stets dementiert
wird, sind allerdings angebracht. Warum, fragen Insider, sollte Sven S., der
angeblich etliche zigtausend Euro pro Jahr im Musikgeschäft verdient, mit
dem Staat zusammenarbeiten und sich der Gefahr aussetzen, als Spitzel
enttarnt zu werden? “Der wäre seines Lebens nicht mehr sicher”, sagt ein
Ermittler.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat gestern schroff auf die
Nachricht eines möglichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens
gegen LKA-Chef Lüdders reagiert. Der Minister bezichtigte die Potsdamer
Staatsanwaltschaft, “Verrat von Dienstgeheimnissen” begangen zu haben.
Schönbohm meinte, die Anklagebehörde habe in unverantwortlicher Weise
Interna aus den Ermittlungen preisgegeben.
LKA-Chef droht Ermittlungsverfahren
Vorwurf der Strafvereitelung in V‑Mann-Affäre
(LR) In der V‑Mann-Affäre um den Verrat einer Polizei-Razzia im Neonazi-Milieu
prüft die Potsdamer Staatsanwaltschaft die Aufnahme eines
Ermittlungsverfahrens gegen Landeskriminalamtschef Axel Lüdders. Das ist ein
einmaliger Vorgang — und sorgt auf politischer Ebene, aber auch innerhalb
der Staatsanwaltschaft für Spannungen.
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bezeichnete es gestern als “unglaublich”,
dass offenbar durch Indiskretionen aus der Staatsanwaltschaft — zuständig
ist Justizministerin Barbara Richstein (CDU) — Vorermittlungen gegen Lüdders
bekannt geworden seien. “Das grenzt an Verrat von Dienstgeheimnissen”, sagte
Schönbohm.
Nach RUNDSCHAU-Recherchen gibt es innerhalb der Staatsanwaltschaft
allerdings Meinungsverschiedenheiten, ob gegen Lüdders Ermittlungen wegen
Strafvereitelung eingeleitet werden. Zwar sieht die für den Fall zuständige
Bearbeiterin dem Vernehmen nach einen hinreichenden Tatverdacht und drängt
auf Ermittlungen. Lüdders soll den Verrat einer Polizeirazzia durch den
V‑Mann des Verfassungsschutzes Christian K. im Februar 2001 — bei einer
Telefonüberwachung des LKA festgestellt — nicht zur
Anzeige gebracht, der
Potsdamer Staatsanwaltschaft verschwiegen haben. Doch dem Vernehmen nach
intervenieren sowohl die Leitung der Potsdamer Staatsanwaltschaft als auch
Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg gegen Ermittlungen. “Sie haben eine
andere Rechtsauffassung”, hieß es in Justizkreisen. Ermittlungen gegen
Lüdders seien daher “eher unwahrscheinlich.”
Der Verrat gilt deshalb als besonders brisant, weil die Razzia auch im
Zusammenhang mit Ermittlungen des Generalbundesanwaltes gegen die
Terrorgruppe “Nationale Bewegung” stand, die für den Brandanschlag gegen den
Potsdamer Jüdischen Friedhof im Januar 2001 war. Um Licht in das Dunkel zu
bringen, hatte die Staatsanwaltschaft in den vergangenen Wochen sowohl
Lüdders, als auch Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin und weitere
Sicherheitsbeamte als Zeugen vernommen.
Das LKA hatte bislang argumentiert, keine Notwendigkeit zum Einschalten der
Justiz gesehen zu haben, da Generalbundesanwalt Wolfgang Siegmund frühzeitig
über den Verrat der Razzia informiert gewesen sei. Das war von
Generalbundesanwaltschaft und Bundesjustizministerium jedoch bestritten
worden.
Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hielt sich gestern bedeckt. “Die Prüfungen,
ob die Ermittlungen gegen den früheren V‑Mann Christian K. auch auf
Bedienstete der Polizei ausgedehnt werden, sind noch nicht abgeschlossen”,
sagte Behördensprecher Benedikt Welfens lediglich. Lüdders selbst, zurzeit
im Urlaub, war zu keiner Stellungnahme bereit. Er sagte lediglich, er habe
die “Nase voll” von falschen Vorwürfen.