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Mord von Potzlow wird Theaterstück

Berlin/Potzlow. Der Berlin­er Filmemach­er Andres Veiel will über den
grausamen Mord an einem 16-jähri­gen Schüler in Pot­zlow ein Theaterstück
her­aus­brin­gen. Der Regis­seur von “Black Box BRD” ste­he mit dem Berliner
Max­im Gor­ki The­ater in entsprechen­den Ver­hand­lun­gen, sagte Dramaturgin
Annette Reber am Fre­itag. Das Stück solle 2005 im Gor­ki und am The­ater Basel
zu sehen sein. 

Der 16-jährige Mar­i­nus Schöberl war im Juli 2002 von drei jun­gen Männern
gefoltert und bru­tal getötet wor­den. Die Leiche ver­schar­rten die drei Täter
im Alter zwis­chen 18 und 24 Jahren in ein­er Jauchegrube, wo sie monatelang
unent­deckt blieb. “Es gibt über­all ganz ähn­liche Ver­drän­gungsmech­a­nis­men und
latente Aggres­siv­ität” sagte die Dra­matur­gin. Das mache das The­ma für das
The­ater inter­es­sant. Das Landgericht Neu­rup­pin hat­te das Trio im Oktober
2003 zu Gefäng­nis­strafen zwis­chen 2 und 15 Jahren verurteilt. 

Der 44-jährige Veiel wurde für den Doku­men­tarfilm “Black Box BRD” über die
ter­ror­is­tis­che “Rote Armee Frak­tion” (RAF) mit zahlre­ichen Preisen
ausgezeichnet.

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Nach Gangster-Rap Gewalt im Glad-House

Er gilt als der härteste Gang­ster-Rap­per Deutsch­lands. Viele sein­er Texte
sind eine schn­od­derige Ode an die Gewalt. «Als Berlin­er boxt man sich halt
gern» , hat «Bushi­do» ein­mal in einem Inter­view gesagt. «Wenn du in einem
Ghet­to leb­st, ist der Sinn des Spiels, dass du immer der Erste bist, der
zuschlägt.» Bei «Bushi­dos» Gast­spiel im Cot­tbuser Glad-House, dem Auftakt
ein­er geplanten Hip-Hop-Ver­anstal­tungsrei­he, ist in der Nacht von Mittwoch
auf Don­ner­stag aus diesem Spiel blutiger Ernst geworden. 

Eigentlich soll der ver­bale Schlagab­tausch zwis­chen Rap­pern und Pub­likum als
Ven­til wirken, Aggres­sio­nen abbauen, ver­hin­dern, dass sich «echte Kerle»
immer gle­ich die Rübe ein­hauen. Doch einige rasteten nach dem heftigen
Wort­ge­wit­ter, das von der Bühne auf sie niederg­ing, aus. Noch während des
Auftritts kam es zu ersten Wort­ge­fecht­en. So bat «Bushi­do» zum Beispiel
Hip-Hop-Radiomod­er­a­tor André Lan­gen­feld auf die Bühne, um «ihm die Fresse zu
polieren» . «Die haben getan, als ob sie die Größten wären. Das war alles
sehr pro­vokant» , sagt Lan­gen­feld. «Und dann spiel­ten Alko­hol und
Aggres­sio­nen im Pub­likum eine große Rolle.» 

Das Feuer­w­erk wüster Beschimp­fun­gen und Belei­di­gun­gen, das immer wieder über
die Köpfe hin­weg pras­selte, war für Lan­gen­feld aber «nur Show, Getue. Ich
habe das gar nicht so ernst genom­men» , sagt er. Andere im Pub­likum fühlten
sich indes «von der Band extrem provoziert» , wie die Polizei später zu
Pro­tokoll nehmen sollte. «Fakt ist, dass eine Gruppe aggres­sive Stimmung
ver­bre­it­et hat im Saal» , bestätigt Ulf Hen­nicke, Leit­er des
Glad-House-Ver­anstal­tungs­büros. «So hat sich das Ganze langsam
aufgeschaukelt.» Und nach dem Konz­ert war noch lange nicht Schluss. 

An der Bar flog dem Cot­tbuser Dirk F., wie Unbeteiligte bestäti­gen, eine
Flasche an den Kopf. Zudem sollen Band­mit­glieder den Dis­put gesucht und ihn
bedrängt haben, wie er später aus­sagen wird. Es kam zu Handgreiflichkeiten.
Schließlich zog der 32-Jährige ein Schnitzmess­er, stach wild um sich,
ver­let­zte drei Män­ner im Alter von 18 bis 26 Jahren, die den Stre­it zum Teil
schlicht­en woll­ten — wohl aus Angst, vielle­icht auch, weil ihn die
Erin­nerung in diesem Moment ein­holte. Denn ange­blich soll Dirk F. vor zehn
Jahren selb­st Opfer ein­er Messer­at­tacke gewe­sen sein. Damals ver­let­zte ihn
eine Gruppe Recht­sex­tremer lebensgefährlich. 

«Dirk F. hat bei der Vernehmung erk­lärt, dass er in Notwehr gehan­delt hat» ,
sagt die Cot­tbuser Staat­san­wältin Cäcil­ia Cramer-Krah­forst. «Ein Haftbefehl
gegen ihn ist nicht erlassen wor­den. Dafür gibt es keinen Grund.» «Die
Aggres­sion» , sagt ein­er der Ver­let­zten, der am Don­ner­stag operiert wurde,
«ging an diesem Abend ein­deutig von Aggro-Berlin aus. Das ist eben nicht
Hip-Hop, nicht in dieser Form.» 

Die Ver­anstal­ter sind schock­iert. Die geplante Veranstaltungsreihe
«Ton­spielzeug­tage — Ein Klang Par­ty» ist abge­sagt wor­den. «Wir wollten
Hip-Hop aus ver­schiede­nen Städten und ver­schiede­nen Nationalitäten
präsen­tieren, ger­ade weil diese Musik immer mit Gewalt in Verbindung
gebracht wird, um zu verdeut­lichen: Es geht auch mit Tol­er­anz» , erklärt
Glad-House-Leit­er Jür­gen Dulitz. «Doch wenn Gewalt zur
Selb­stver­ständlichkeit wird, wer­den wir diese Szene als Kul­turhaus nicht
mehr bedi­enen kön­nen. Dieses Aus­maß war erst­ma­lig und einmalig.»

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Elbe-Elster in der Filiz-Falle

Umstrit­tene Abschiebung ein­er kur­dis­chen Fam­i­lie aus dem Asyl­be­wer­ber­heim Hohen­leip­isch offen­bart kollek­tive Ohnmacht

Die Abschiebung der kur­dis­chen Fam­i­lie Fil­iz aus dem Asylbewerberheim
Hohen­leip­isch ist Beispiel dafür, wie ein Rechtsstaat seine Bürg­er im Stich
lassen kann. Im Elbe-Elster-Kreis geri­eten Kirche und Land­kreis aneinander,
obwohl bei­de keinen entschei­den­den Ein­fluss auf das Asylver­fahren hatten.
Über das Schick­sal der Fil­iz wurde tat­säch­lich schon 2002 im Bundesrat
entsch­ieden. Damals gab es den Eklat bei der Abstim­mung um das
Zuwan­derungs­ge­setz. Noch heute warten die Betrof­fe­nen auf konkrete
Regelun­gen und kämpfen wie im Elbe-Elster-Kreis gegen unsichtbare
Windmühlen. 

«Wir wer­den es wieder machen.» Ste­fan Branig spricht diesen Satz aus, wie es
son­st nur sturköp­fige Teenag­er tun. Der 44-Jährige ahnt, dass er auch beim
näch­sten Mal kaum Erfolg haben wird. Doch er fühlt sich im Recht. Branig ist
kein Queru­lant, son­dern Pfar­rer der Gemeinde Tröb­itz. Er taugt nicht
unbe­d­ingt zum Don Qui­chotte, hat nicht ein­mal Spitzbart und Lanze. Dafür
aber ein großes Herz. 

Seit gut einem Jahr hat­te sich Ste­fan Branig für den 34-jähri­gen Gazi Filiz,
seine Frau Hal­ime (25) und die drei in Deutsch­land gebore­nen Kinder Süleyman
(6), Bucra (3) und Zeynep (2) einge­set­zt. Im Früh­jahr 2003 erfuhr er, dass
im 25 Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Hohen­leip­isch die fün­fköp­fige Fam­i­lie abgeschoben
wer­den soll. In die Ost­türkei, wo den Kur­den ob ihrer uner­laubten Heirat die
Steini­gung dro­hte. «Blutschande» haben die Fil­iz in den Augen der Familie
von Hal­ime began­gen. In eini­gen türkischen Regio­nen noch immer
gle­ichzuset­zen mit dem Todesurteil. 

Branig entsch­ied aus Bauch und Herz her­aus. Dort sitzt bei ihm der tiefe
Glaube, er ver­traut auf die Bibel. Das Gebot der Näch­sten­liebe ste­ht für den
44-Jähri­gen an erster Stelle. Auf des Pfar­rers Betreiben hin gewährte der
Gemein­dekirchen­rat den Kur­den kurzfristig Kirchenasyl. Mutig, denn im
deutschen Recht gibt es dieses Asyl nicht — strafrechtliche Konsequenzen
dro­ht­en. Bibel gegen Rechtsstaat, eine Zwick­müh­le für den Chris­ten Branig.
Die Evan­ge­lis­che Kirche hil­ft ihren Pfar­rern mit einem Handzettel aus dem
Dilem­ma. Darauf beschreibt sie das Asyl als Auszeit, «um bei den Behörden
eine rechtlich und human­itär vertret­bare Lösung zu erwirken» . 

Tröb­itz beson­ders sensibilisiert

Ste­fan Branig will sein Ein­mis­chen erk­lären, sucht Begrün­dun­gen. «Vielle­icht
sind wir in Tröb­itz beson­ders sen­si­bil­isiert» , sagt er mit gesenk­tem Blick.
Der Pfar­rer meint den «ver­lore­nen Zug» , der am 22. April 1945 mit 2500
jüdis­chen Häftlin­gen in Tröb­itz lan­dete, von den Russen befre­it wurde. Zuvor
war der Trans­port zwis­chen den Fron­ten hin und her geir­rt. Ursprünglicher
Ziel­bah­nof: There­sien­stadt. Nur wenige über­standen die zehn­tägige Odyssee. 

Nicht alle im Dorf scheinen diese Vorgänge so verin­ner­licht zu haben wie der
Pfar­rer. Die Res­o­nanz sei «deut­lich neg­a­tiv» gewe­sen, erzählt Branig. «Jet­zt
helfen die den Türken­schweinen» , gibt er eine ihm zu Ohren gekommene
Äußerung wieder. Der Christ will es den Men­schen nicht ver­denken: «Schauen
Sie sich die Arbeit­slosen­quote an» , meint er resig­niert. «Die Leute sind
frus­tri­ert, müssen selb­st sehen, wo sie bleiben.» 

Mit­tler­weile hat sich der Pfar­rer in die Masse der Frus­tri­erten eingereiht.
Nicht die wirtschaftliche Lage, son­dern die Nieder­lage im ungle­ichen Kampf
gegen die Behör­den lässt ihn verzweifeln. Die Ent­täuschung sitzt tief. Auch
wenn es Branig nicht ausspricht, die hil­f­los zuck­enden Schul­tern verraten
ihn. 

Am 10. April 2003 hat­ten Gerichts­beamte mit Unter­stützung von Polizei und
Jugen­damt die Fam­i­lie aus dem Tröb­itzer Kirchenasyl geholt. Gazi und Halime
waren von ihren Kindern getren­nt wor­den. Die drei lan­de­ten ver­stört in einem
Fürsten­walder Heim. Es gab hefti­gen öffentlichen Protest,
Elbe-Elster-Lan­drat Klaus Richter (SPD) schal­tete sich ein. Bere­its am Abend
saß die Fam­i­lie wieder vere­int an einem Tisch im Hohenleipischer
Asylbewerberheim. 

Ein Gutacht­en sollte nun nochmals klären, ob der Gesund­heit­szu­s­tand der
Fam­i­lie eine Ausweisung in die Türkei über­haupt zulässt. «Das war unser
let­zter Stro­hhalm» , erin­nert sich Klaus Richter heute. Ein «Stro­hhalm, der
richtig Geld kostete» , fügt er hinzu. Der Lan­drat hat das dringende
Bedürf­nis, sich zu recht­fer­ti­gen. Vor ihm liegt ein Brief — Absender anonym.
Darin wird Richter gelobt, «die Abschiebung dieser Türken als eine
stab­smäßig organ­isierte Meis­ter­leis­tung» beze­ich­net, durch die «alle
Quertreiber über­rumpelt wur­den.» Der Lan­drat schüt­telt den Kopf, diesen
Bierkeller-Strate­gen wollte er nicht in die Hände spie­len. Aber er hatte
keine Wahl. 

Schnell wurde deut­lich, dass sich der Fil­iz-Fall speziell für den Landrat
zur Fil­iz-Falle entwick­elte. Dessen Amt­skol­lege Dieter Friese (SPD)
for­mulierte bei ein­er Abschiebung in seinem Spree-Neiße-Kreis: «Ich wähle
zwis­chen Staat­san­walt und Men­schen­würde.» Klaus Richter ging es so:
Ein­er­seits musste er den Entschei­dun­gen der Gerichte fol­gen, andererseits
raubte ihm der Gedanke an die Abschiebung den Schlaf. «Beson­ders wegen der
Kinder habe ich mich gesorgt» , sagt Richter. 

Die Wahl zwis­chen Recht und Moral, wer sollte bei dieser Entscheidung
helfen« Eine Härte­fal­lkom­mis­sion» Lan­drat Richter sagt Ja, die würde ihn
ent­las­ten. Doch Ord­nungs­dez­er­nent Erhard Haase, in seinem Ressort werden
Aus­län­der­fra­gen gek­lärt, wider­spricht. Er will eine konkrete gesetzliche
Regelung. «Egal wie» , sagt er. Aber die Zuwan­derung müsse endlich
ordentlich gek­lärt werden. 

Seit der the­ater­reifen Bun­desrat-Debat­te im März 2002, als Hessens
Min­is­ter­präsi­dent Roland Koch (CDU) wütend auf den Tisch trom­melte, liegt
die Sache jedoch auf Eis. Aus­gerech­net Bran­den­burg hat­te in Per­son von
Man­fred Stolpe (SPD) und Jörg Schön­bohm (CDU) das unentsch­iedene Zün­glein an
der Waage gespielt. Das Bun­desver­fas­sungs­gericht verkün­dete daraufhin, das
Zuwan­derungs­ge­setz sei «ver­fas­sungswidrig zu Stande gekom­men» . Noch immer
fehlt eine recht­mäßige Regelung. Längst ist bekan­nt, dass Deutsch­land die
Zuwan­derung braucht, um wirtschaftlich mithal­ten zu kön­nen. Warum werden
dann junge Fam­i­lien wie die Fil­iz ausgewiesen« 

Antworten darauf gab es nicht, stattdessen avancierte der Fall im
Elbe-Elster-Kreis zum Spiel­ball der Instanzen. Für seine im April 2003
aus­ge­sproch­ene Dul­dung bekam Klaus Richter einen Rüf­fel aus dem
Innen­min­is­teri­um. Durch seinen Sprech­er ließ Innen­min­is­ter Jörg Schönbohm
die Ver­ant­wor­tung für die Elbe-Elster-Entschei­dung von sich weisen. Dass der
Christ­demokrat damals mit Blick auf die Kom­mu­nal­wahlen parteipolitisch
tak­tierte, will SPD-Mann Richter heute nicht ausschließen. 

Der Lan­drat blät­tert sichtlich mitgenom­men in einem dick­en Aktenord­ner. Der
Fil­iz-Fall war ein außeror­dentlich­er Rechts­fall. Seit 1997 sollte die
Fam­i­lie abgeschoben wer­den. Immer wieder wurde Hal­ime schwanger. Erst griff
der Mut­ter­schutz, danach stellte sie für das neuge­borene Kind ein
Asy­lantrag. Wieder ein Ver­fahren, das dauerte. So manch­er im
Elbe-Elster-Kreis glaubt, dass die Fam­i­lie so ver­suchte, Zeit zu schinden -
offen aussprechen will das niemand. 

Über­haupt ist es schw­er, in dieser Geschichte Opfer und Täter auszumachen.
Wieso haben die Fil­iz erst um poli­tis­ches Asyl gebeten, als sie 1997
aufge­grif­f­en wur­den» Schließlich waren sie schon seit 1996 ille­gal in
Deutschlan
d. War er verzweifelt oder sku­pel­los, als Gazi Fil­iz dro­hte, im
Fall des Fall­es werde er seinen Kindern etwas antun, sie gar anzünden?
Hart­näck­ig hal­ten sich auch Gerüchte, Gazi sei in den Schwarzhan­del mit den
Gutscheinen für die Asyl­be­wer­ber ver­wick­elt gewe­sen — nicht ein­fach für
seine Mit­men­schen, ihn nur als Opfer zu betrachten. 

«Wenn die Leute sehen, wie die Aus­län­der bei uns kisten­weise Schnaps auf
ihre Gutscheine kaufen, dann wis­sen die, dass da was nicht recht­ens ist» ,
ist sich ein Elster­w­er­daer Geschäfts­mann sich­er. Aber das seien wenige,
nicht alle Aus­län­der seien Ver­brech­er, weiß er zu bericht­en. «Sie wis­sen ja,
wie die Stim­mung bei den Men­schen ist» , fügt er viel sagend hinzu.
Offiziell wolle er aber nichts sagen. Der Mann ste­ht für jene, die lieber
schweigen statt anzuecken. 

Angst vor Missverständnissen

Auch Mar­ti­na Funke will nicht missver­standen wer­den. Sie ist
stel­lvertre­tende Lei­t­erin des Asyl­be­wer­ber­heims Hohen­leip­isch, der
zeitweisen Heimat der Fil­iz. Fast reflexar­tig betont die blonde Frau: «Das
soll jet­zt nicht ras­sis­tisch oder so klin­gen.» Aber: «Bei den Asylbewerbern
gibt es genau­so Idioten, wie bei uns Deutschen» , sagt sie. Mar­ti­na Funke
bleibt sach­lich, obwohl sie ganz schön sauer sein kön­nte. Sie hat einiges
erlebt: Als «Nazi» haben sie Asyl­be­wer­ber beschimpft, als «Arschloch»
tit­uliert. Aus­gerech­net sie, die Heim­be­wohn­ern bei Rechtsangelegenheiten
hil­ft, für sie Briefe beant­wortet. «Der meis­ten Bewohn­er sind aber liebe
Men­schen, mit denen wir keine Prob­leme haben» , fügt sie an. 

Die 45-Jährige zeigt die Asyl­be­wer­ber-Barack­en auf dem ehemaligen
Mil­itärareal. Rechts das asi­atis­che Haus, davor das afrikanische.
Schmuck­los, aber sta­bil. Für manche ein Zuhause für mehrere Jahre. Ihr
Gefühl sagt Mar­ti­na Funke: «Wer hier frei­willig lebt, in dessen Heimat muss
es fürchter­lich sein.» Sie hat Mitleid mit Hal­ime und ihren Kinder, denkt
oft an sie. «Es war allerd­ings eine rechtlich saubere Sache» , betont sie. 

Rechtlich sauber und für manch einen im Kreis längst über­fäl­lig. Mit den
Aus­län­dern sei es immer das­selbe, meint zum Beispiel Klaus in Elsterwerda.
Die kämen nach Deutsch­land, um mit großen schwarzen Augen die Hand
aufzuhal­ten. Der Mittvierziger ste­ht vor der Tür des Bahn­hof­s­ge­bäudes, nickt
wis­send mit dem Kopf und zieht mech­a­nisch an ein­er Zigarette. Seinen
Nach­na­men will er partout nicht sagen, dafür aber noch etwas «zu den
Aus­län­dern» : «Ander­swo hätte man die sofort raus­geschmis­sen» , so sein
argu­men­ta­tiv­er Keulenschlag. 

Klaus hat von der aufwändi­gen Fil­iz-Abschiebung gehört. Von ihm kön­nten «die
Türken» kein Mitleid erwarten. «Ich würde auch gern mal für 50 000 Euro in
die Türkei fliegen» , sagt der Arbeit­slose. Diese Summe hat er sich gemerkt,
weiß, dass er damit am Stammtisch punk­ten kann. Gelang­weilt schnippt der
Elster­w­er­daer die Zigarette weg. «Wir haben selb­st genug Prob­leme.» Ende der
Durch­sage. Klaus wen­det sich ab, will zurück in die Bahn­hof­skneipe. Der Fall
Fil­iz ist für ihn erledigt. 

«Dumpf­back­en» nen­nt Thomas Meißn­er solche Men­schen. Meißn­er ist Pfar­rer der
evan­ge­lis­chen Gemeinde Bad Lieben­wer­da und hat seinen Tröb­itzer Freund
Ste­fan Branig bei der Fil­iz-Sache unter­stützt. Für ihn ist sie noch längst
nicht erledigt. Er redet sich den Frust von der Seele. Beson­ders die geheim
gehal­tene Abschiebung mit Polizeiaufge­bot am 20. Jan­u­ar macht ihn noch immer
wütend. «Das war unmen­schlich» , sagt der 39-Jährige. «Die wur­den wie
Schw­erver­brech­er behandelt.» 

Vater Gazi wurde von der Fam­i­lie getren­nt, «die Fil­iz auf ein­er Irrfahrt»
zum Char­ter­flug nach Bre­men geschafft. Meißn­er und Branig fuhren hinterher -
ein hoff­nungslos­er Ret­tungsver­such. Die bei­den Pfar­rer fühlen sich
hin­ter­gan­gen, hat­te ihnen der Land­kreis doch zugesichert, vor der
Abschiebung seel­sorg­erisch mit der Fam­i­lie sprechen zu kön­nen. «Wir hätten
sie dann wieder ins Kirchenasyl genom­men» , gibt Meißn­er unumwun­den zu. Die
Blitza­k­tion der Behör­den durchkreuzte ihre Pläne. 

Zurück bleibt Ratlosigkeit

Lan­drat Richter und Ord­nungs­dez­er­nent Haase vertei­di­gen die Abschiebeaktion.
Sie recht­fer­ti­gen den Aufwand damit, die Kinder vor dem Vater zu schützen.
Mit­tler­weile sind die Fil­iz in der Türkei bei der Fam­i­lie von Gazi
untergekom­men. Per Handy hat Ste­fan Branig davon erfahren. «Ob es ihnen aber
wirk­lich gut geht, kann ich nicht sagen» , fügt er an. Zu weit weg ist die
Türkei, die Hil­flosigkeit hat eine neue Dimen­sion angenommen. 

Zurück in Deutsch­land bleibt ent­täuschte Ratlosigkeit.

Bei Mar­ti­na Funke im Asyl­be­wer­ber­heim, die nicht ein­mal beim Kofferpacken
helfen konnte. 

Bei Lan­drat Richter, der noch immer angestrengt in seinen Akten wühlt, wohl
auch, um sein eigenes Gewis­sen zu beruhigen. 

Und bei den Pfar­rern Branig und Meißn­er, die sich von ver­schiede­nen Seiten
vor­w­er­fen lassen müssen, der kur­dis­chen Fam­i­lie falsche Hoff­nun­gen gemacht
zu haben. Sie beste­hen trotzig darauf: «Wir betra­cht­en immer den
Einzelfall — und wir wer­den es wieder tun.»

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Keine Kameras an Schulen

POTSDAM Bran­den­burgs Schulen wer­den auch kün­ftig nicht per Video überwacht.
Rechtlich sei die Videoüberwachung von Schulen zwar möglich, sagte der
Sprech­er des Bil­dungsmin­is­teri­ums, Thomas Hainz, gestern. Doch sei die
Überwachung der Ein­rich­tun­gen vor allem aus päd­a­gogis­ch­er Sicht abzulehnen. 

Das Bil­dungs­ge­setz for­muliere einen Erziehungs- und Bil­dungsauf­trag, sagte
Hainz. Dem­nach soll­ten die Kinder und Jugendlichen zu selbstbestimmten
Per­sön­lichkeit­en erzo­gen wer­den. Hainz betonte zudem, dass die Überwachung
nur dann sin­nvoll wäre, wenn sie flächen­deck­end erfol­gen würde. Das sei
jedoch nicht möglich. Man könne nicht jeden Winkel ein­er Schule beobachten.
Lediglich eine Videoüberwachung von Schul­höfen sei im Einzelfall in Erwägung
zu ziehen, so Hainz. 

Nieder­sach­sens Kul­tus­min­is­ter Bernd Buse­mann (CDU) hat­te am Donnerstag
angeregt, für beson­ders kri­tis­che Zonen in Schulen kön­nten technische
Sicher­heits­maß­nah­men wie Videoüberwachun­gen sin­nvoll sein. Busemann
reagierte damit auf die bekan­nt gewor­de­nen Mis­shand­lun­gen von Schülern in
Berufsschulen.

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Blick hinter den Stacheldrahtzaun

Olaf Löh­mer ist Mit­glied des Flüchtlingsrates Bran­den­burg und besucht Abschiebe­häftlinge in Eisenhüttenstadt

(PNN, Ulrike Strube) Ein klein­er Bau gesichert mit Videokam­eras und end­los wirk­en­dem, eng geschlun­genem Stachel­draht. Eine kleine Fes­tung im Südosten des Landes
Bran­den­burg, nahe der deutsch-pol­nis­chen Gren­ze. Weitab von der öffentlichen Wahrnehmung: die Abschiebe­haft in Eisen­hüt­ten­stadt. Hier wer­den Men­schen inhaftiert, deren Abschiebung vor­bere­it­et wird. Ihr Asy­lantrag wurde
abgelehnt, weil beispiel­sweise die Gefahr ihres Lebens in der Heimat für nicht bedrohlich erachtet wurde. Sie sitzen teil­weise monate­lang ein, ohne etwas ver­brochen zu haben. Olaf Löh­mer erzählt. Sein Gesicht ist gezeichnet
von Fas­sungslosigkeit. Die Zustände für die dort leben­den Men­schen seien ein­fach unmen­schlich. Seit Jahren engagiert sich der Stu­dent für die Rechte von Asyl­suchen­den im Land Bran­den­burg, beispiel­sweise warb – und wirbt – er
für die Abschaf­fung der Wertgutscheine für Asylsuchende. 

Auf den Aktion­sta­gen der JungdemokratInnen/Junge Linke im ver­gan­genen Früh­ling erfuhr das Mit­glied des Bran­den­burg­er Flüchtlingsrates vom Leben in der Abschiebe­haft in Eisen­hüt­ten­stadt. Löh­mer las Berichte vom Leben hinterm
Stachel­draht, beispiel­sweise von Alice Mutoni Kamau, die nach eige­nen Aus­sagen in die Beruhi­gungszelle Num­mer 2007 ges­per­rt und auf einem mit Plas­tik bedeck­ten flachen Gestell gefes­selt wurde. Er zitiert aus ihrem
Bericht: „Sie fes­seln deine Hände, deinen Bauch und deine gespreizten Beine.“ Die Keni­aner­in wurde mehrmals fix­iert – „bis sie sich wieder unter Kon­trolle hat­te“. Anfang Okto­ber 2003 waren es über zehn Stun­den, was die
Zen­trale Aus­län­der­be­hörde für Asyl­be­wer­ber bestätigt. Dabei gilt die Fix­ierung als kör­per­lich­er Ein­griff in die Frei­heit. „Selb­st im akuten Not­fall muss eine richter­liche Genehmi­gung einge­holt wer­den“, erk­lärt Hubert Hein­hold, Recht­san­walt und Vor­standsmit­glied der Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tion Pro Asyl auf Nach­frage. Wenn von dieser Form der Beruhi­gung eines Men­schen in psy­chi­a­trischen Abteilun­gen von Kranken­häusern Gebrauch gemacht wird, „muss diese Maß­nahme alle 15 Minuten neu entsch­ieden wer­den“. Kamau wurde Ende des ver­gan­genen Jahres in Hand­schellen abgeschoben. Doch das ist ein
ander­er Bericht. 

Dem Anfang der 90er gegrün­de­ten Flüchtlingsrat liegen zahlre­iche Begeben­heit­en von Inhaftierten vor. In ihnen wird über man­gel­nde medi­zinis­che und psy­cho-soziale Ver­sorgung gesprochen. Dazu kom­men fehlende
Qual­i­fika­tio­nen und fehlende Fremd­sprachenken­nt­nis des Per­son­als, ganz zu schweigen von dem Ange­bot ein­er Rechtsberatung. 

Alle ein bis zwei Wochen fährt Olaf Löh­mer von Pots­dam nach
Eisen­hüt­ten­stadt. Mit­tags nimmt er den roten Dop­pel­stock­zug. Drei Stun­den lang führt ihn seine Reise vor­bei an den glat­ten Fas­saden der Regierungs­ge­bäude in der Bun­de­shaupt­stadt und der fried­vollen Land­schaft hin
in eine andere Welt, von der er früher nichts ahnte. Jeder
Abschiebung­shäftling darf, wie es in der Antwort der Lan­desregierung auf die Kleine Anfrage Num­mer 2470 der PDS vom Okto­ber 2003 heißt, „täglich in der Zeit zwis­chen neun und 11.30 Uhr und in der Zeit von 14 bis 18 Uhr Besuch
emp­fan­gen“. Die Besuch­szeit ist auf täglich eine Stunde begren­zt. Das erste Mal war Olaf Löh­mer bere­its gegen halb zwei Uhr vor Ort, um die Zeit auszunutzen. „Das war etwas naiv“, kom­men­tiert der aus Han­nover Stam­mende zynisch. „Pünk­tlich um 14 Uhr begin­nt der Ein­lass für die Besuch­er.“ Nach­dem der Name des zu Besuchen­den notiert wird, begin­nt eine inten­sive Kon­trolle: Erste Schleuse – Pfört­ner: Abgabe des Per­son­alausweis­es und Aushändi­gung der
Besucherkarte. Zweite Schleuse – Pfört­ner: Warten auf einen Mitar­beit­er, der den Besuch­er zur näch­sten Kon­trolle führt. Dritte Schleuse – auf dem Haft­gelände: Kon­trolle der Sachen. „Die ersten zwanzig Minuten sind dann
vor­bei.“ Die verbleibende Zeit nutzt der 26-Jährige zum Gespräch mit min­destens zwei Men­schen. Er möchte wis­sen, ob sein Gegenüber Bedürfnisse hat wie Kon­takt zum Anwalt, Prob­leme mit dem Per­son­al oder Nachricht­en für
Freunde. 

Der 26-Jährige erfährt von der täglichen Stunde Freigang, „auf dem eingezäun­ten Gelände“, den 18 Quadrat­meter großen Zellen für bis zu drei Men­schen mit unver­schließbaren Schränken und der Angst vor der ungewissen
Zukun­ft. Manch­mal bringt er Eingeschweißtes wie Kekse, Getränke oder ein­fach Geld zum Tele­fonieren mit. Diese Hil­fe sei neben­säch­lich. „Die Angst vor der Zukun­ft ist das zen­trale Prob­lem.“ Eine Abschiebung sollte nach Möglichkeit
ver­hin­dert wer­den. Für die Zeit der Inhaftierung benötigten die Gefan­genen Sol­i­dar­ität und Kraft. „Die Men­schen sitzen dort, weil der Ver­wal­tungsvor­gang Abschiebung vor­bere­it­et wird.“ 

Nach seinen Besuchen und regelmäßi­gen Tele­fonat­en mit den Men­schen in der Ein­rich­tung sucht Löh­mer das Gespräch mit seinen Mit­stre­it­ern vom Flüchtlingsrat, mit Seel­sorg­ern und Anwäl­ten. So kon­nte eine Frauen­ber­atung aus Frank­furt (Oder) gewon­nen wer­den, die die Frauen hin­ter dem Stachel­draht besucht. Kopfzer­brechen bere­ite dem Flüchtlingsratsmit­glied die fehlende kosten­lose Rechts­ber­atung. Der näch­ste auf Asyl­recht spezial­isierte Anwalt sei in Berlin zu erre­ichen. Vor zwei Jahren bat die Arbeits­ge­mein­schaft Aus­län­der- und Asyl­recht des Deutschen Anwalt Vere­ins das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um um die Genehmi­gung ein­er regelmäßi­gen Rechts­ber­atung, doch
die wurde die mit der Begrün­dung „kein Bedarf“ abgelehnt. 

Prob­lema­tisch erscheinen Olaf Löh­mer die haftähn­lichen Bedin­gun­gen. „Wenn man bedenkt, dass die meis­ten von ihnen erst­mals im Gefäng­nis sitzen.“ Erst Abschiebe­haf­tanstal­ten wur­den in der Bun­desre­pub­lik Anfang der 90er Jahre
ein­gerichtet. Laut Flüchtlingsrat wer­den bun­desweit jährlich mehr als 50 000 Men­schen abgeschoben. Bran­den­burgs Haf­tanstalt wurde 1997 mit 108 Plätzen in Betrieb genom­men. Seit ihrem Beste­hen haben 3 346 Per­so­n­en die Einrichtung
zu „Haftab­schiebungszweck­en“ ver­lassen. Die durch­schnit­tliche Haft­dauer betrage 29 Tage und über­schre­ite in keinem Fall die maximale
Inhaftierungs­dauer von 18 Monaten. 

Für den Stu­den­ten der Biolo­gie und Geografie ist diese Arbeit eine ein­drucksvolle Erfahrung. „Ich lerne Zustände ken­nen, von denen ich nichts erfahren hätte.“ Mit ihnen abfind­en möchte er sich nicht. Und so will er weit­er ver­suchen den Men­schen, die aus welchem Grund auch immer den Weg hier­her gefun­den haben, zu ihrem Recht auf „men­schen­würdi­ge Bedin­gun­gen und Chan­cen“ zu verhelfen.

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Rockerkrieg zwischen Cottbus und Berlin droht

Ermit­tler: Lausitzer Motor­rad-Club “Gremi­um” denkt über Racheakt an den “Ban­di­dos” in der Haupt­stadt nach

Ihr Aufnäher ist ihr Marken­ze­ichen: Eine geballte Faust hin zur Sonne, die die Wolken durch­bricht. Für die Rock­er des “MC Gremi­um” scheint diese Sonne derzeit Berlin zu sein. Nach Erken­nt­nis­sen des Lan­deskrim­i­nalamtes wollen
sie dort einen Ableger ihres Clubs auf­bauen. Doch da sind ihre Rivalen vor: die “Ban­di­dos”. Deren Anhänger sollen den desig­nierten Berlin­er Präsi­den­ten vom “Gremi­um Motor­rad­club Cot­tbus” bewusst­los geschla­gen haben — als
War­nung. Die Polizei befürchtet nun einen Rockerkrieg. 

Die Bik­er des “MC Gremi­um” nen­nen sich die “Auser­wählten”. Mit Stolz tra­gen sie einen 1-%-Aufnäher: Erken­nungsze­ichen für die Raubeinig­sten in der Szene. Wie ein Netz hat sich die Organ­i­sa­tion, die in Süd­deutsch­land ihre Wurzeln hat, in den let­zten Jahren über ganz Deutsch­land aus­ge­bre­it­et. Auch in Thai­land, Griechen­land und Polen hat “Gremi­um” Ableger. Sieben Rats-Grup­pen leg­en die Marschrich­tung der etwa 400 Mit­glieder fest. 

Die Cot­tbuser haben sich offen­sichtlich inzwis­chen bewährt. Nach der Fusion mit dem “Berserk­er MC Sprem­berg” hat sich ihre Schlagkraft erhöht. Die Polizei zählt derzeit 30 bis 40 “Brüder” zu dem Club-Ableger, der von einem “Anwärter” zu einem Vollmit­glied der streng hier­ar­chisch organ­isierten Vere­ini­gung aufgestiegen ist. 

Bei der Cot­tbuser Polizei waren deren Mit­glieder lange Zeit ein völ­lig unbeschriebenes Blatt. Die meis­ten von ihnen sollen sich als Türste­her in ost­säch­sis­chen Dis­cotheken und Nacht­clubs verd­ingt haben. Das Bun­deskrim­i­nalamt rech­net “Gremi­um” indes den “geset­zlosen Motor­rad-Ban­den” zu. 

Kür­zlich sprengten Beamte des bran­den­bur­gis­chen Lan­deskrim­i­nalamtes bei ein­er Razz­ia im Sprem­berg­er Club-Heim offen­bar ein Deutsch­land-Tre­f­fen führen­der “Gremium”-Köpfe (die RUNDSCHAU berichtete). Dort soll es dem Vernehmen nach auch um Strate­gien und die Aufteilung kün­ftiger Reviere gegan­gen sein. Berlin­er Ermit­tler kamen zu der Erken­nt­nis, dass der Club einen Ableger in Berlin plant. 

Den ver­fein­de­ten, in der Haupt­stadt agieren­den “Ban­di­dos” passt diese neue Konkur­renz aber augen­schein­lich nicht. Was sie von ihr hal­ten, haben sie nach Ein­schätzung des Lan­deskrim­i­nalamtes schon einen Tag vor der Razz­ia deut­lich gemacht. Da sollen sie den desig­nierten Berlin­er Präsi­den­ten des “Gremi­um MC Cot­tbus” in dessen Tat­too-Stu­dio in Berlin-Reinick­endorf über­fall­en haben. Mask­ierte Män­ner hät­ten den 39-Jähri­gen bewusst­los geschla­gen, nach­dem sie ihm mit vorge­hal­tener Waffe ange­dro­ht haben sollen, ihn umzubrin­gen, falls es zur Grün­dung eines “Gremium”-Ablegers in Berlin komme, so die Ermittler. 

“Gremi­um” soll für diese Aktion Rache geschworen haben. Dem
Lan­deskrim­i­nalamt liegen Hin­weise vor, dass die Organ­i­sa­tion darüber nach­denkt, die “Ban­di­dos” zu bestrafen. Die Beamten nehmen diese Hin­weise ernst. 

Schon ein­mal hat­te “Gremi­um” auf eine Auseinan­der­set­zung mit ein­er ver­fein­de­ten Rock­er-Gruppe mit Gewalt geant­wortet. Damals hat­ten die Döbel­ner “High­way Wolves” (Auto­bahn-Wölfe) die Motor­rad­w­erk­statt eines “Gremium”-Bruders auseinan­dergenom­men. Etwa ein Dutzend Mask­iert­er marschierte daraufhin in das Club­heim der “Wölfe” und drosch mit Base­ball-Keulen auf die säch­sis­chen Prov­inzrock­er ein. Sechs schw­er Ver­let­zte und einen Toten ließen sie zurück. Der Dres­d­ner “Gremium”-Präsident Heiko R. hat­te dem “Wölfe”-Chef mit ein­er Schrot­flinte in den Bauch geschossen. Er verblutete. 

Das dama­lige Rol­lkom­man­do rekru­tierte sich aus ostdeutschen
“Gremium”-Ablegern. 25 Rock­er nahm die Polizei in Dres­den, Zwick­au, Bautzen, Cot­tbus und Neubran­den­burg fest. Zunächst sagten sie vor Gericht kein Wort — bis der Dres­d­ner Präsi­dent Heiko R. den Schuss­waf­fenge­brauch auf seine Kappe nahm. Immer wieder stoßen die Beamten bei ihren Ermit­tlun­gen in der Rock­er-Szene auf eine Mauer des Schweigens. 

Auch dem desig­nierten Berlin­er “Gremium”-Präsidenten soll bei der Vor­war­nung eingeprügelt wor­den sein, unter allen Umstän­den den Mund zu hal­ten. Er hielt sich eis­ern daran, als ihn die Polizei ver­hörte. Die Spuren seines Mar­tyri­ums an seinem Kopf und Kör­p­er waren aber unüberse­hbar. Und da die Rock­er-Experten des LKA schon bei der Razz­ia in Sprem­berg auf Hin­weise zu den “Ban­di­dos” gestoßen waren, ermit­tel­ten sie die Schläger schnell. 

Ende Jan­u­ar schlug das Son­dere­in­satzkom­man­do zu, durch­suchte elf Woh­nun­gen der “Ban­di­dos”, nahm fünf Mit­glieder, darunter den Präsi­den­ten und den Vize-Präsi­den­ten, fest. Beamte beschlagnahmten zudem Schlag- und Stich­waf­fen, eine Schreckschusspis­tole, Rauschgift, unver­zollte Zigaret­ten und einen Scan­ner zum Abhören des Polizei­funks. Die Behör­den hof­fen, einem Rock­erkrieg zwis­chen Berlin und Cot­tbus zuvorgekom­men zu sein. 

Ein Ermit­tler sagte indes der “Berlin­er Mor­gen­post”: “Die lassen das nicht auf sich beruhen, schließlich geht es darum, das Gesicht zu wahren und Stärke zu zeigen.” Vor allem soll aber auch die Vor­ma­cht­stel­lung im krim­inellen Milieu eine Rolle spielen. 

Nach Angaben der Polizei betäti­gen sich Ange­hörige von Rock­er­grup­pen inzwis­chen ver­stärkt als Schuldenein­treiber, im ille­galen Waf­fen- und Dro­gen­han­del, stellen Räum­lichkeit­en für Skin­head-Konz­erte zur Ver­fü­gung. Auch der “MC Gremi­um” ist schon mehrfach mit Recht­sex­tremen in Verbindung
gebracht worden. 

So ver­merkt der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutz, dass im Sprem­berg­er Club­haus des “MC Berserk­er” vor dessen Fusion mit den “Gremium”-Rockern ver­schiedene NS-Met­al-Bands aufge­treten seien. Zum Abschluss sei auf vielfachen Wun­sch der Front­mann von “Frontalkraft” auf die Bühne getreten und habe gemein­sam mit anderen Band­mit­gliedern gespielt. “Bei dem Konz­ert waren 200 Ange­hörige der recht­sex­trem­istis­chen Szene anwe­send”, schreiben die Ver­fas­sungss­chützer. “Es wurde der Hit­ler­gruß gezeigt und Sieg Heil skandiert.” 

Insid­er bericht­en, der Club in Sprem­berg sei aus der Glatzen­szene der frühen 90er-Jahre ent­standen. Der Cot­tbuser und der Dres­d­ner “Gremium”-Ableger sollen Kon­tak­te pfle­gen. Und hin­ter dem Pseu­do­nym “Oswald” des amtieren­den Dres­d­ner Club-Präsi­den­ten soll kein Gerin­ger­er als Andreas Pohl stecken. 

Pohl war ein­er der Anführer der später ver­bote­nen neon­azis­tis­chen Nation­al­is­tis­chen Front (NF). Seinen Tarn­na­men wählte er wohl nicht von unge­fähr: Oswald Pohl war ein SS-Offizier und Kriegsver­brech­er, den die Alli­ierten 1951 hinrichteten. 

Andreas Pohl soll aus Berlin­er Skin­head­kreisen stam­men, war Band­mit­glied bei “Kraft durch Froide” und tauchte spätestens Ende der 90er-Jahre beim “Clan MC” in Dres­den auf, aus dem der “Gremium”-Ableger her­vorge­gan­gen ist. Die Polizei hat­te die berüchtigten Clan-Rock­er damals schnell mit Rotlichtkrim­i­nal­ität, aber auch mit “Neon­azi-Konz­erten” in Verbindung
gebracht. 

Der Berlin­er Ver­fas­sungss­chutz warnt vor unheili­gen Allianzen, die durch diese Kon­tak­te entste­hen kön­nten. Mil­i­tante Recht­sex­treme kön­nten durch die Rock­er-Ban­den möglicher­weise leichter an Waf­fen kom­men, heißt es. Bei “Freien Kam­er­ad­schaften” sind in den let­zten Monat­en ver­mehrt Waf­fen und Sprengstoffe gefun­den worden. 

In Berlin soll “Gremi­um” der berüchtigten Rock­er­gruppe “Hells Angels” nahe ste­hen. Die “Ban­di­dos” hat­ten sich mit den “Höl­lenen­geln” in den 90er-Jahren schon ein­mal einen bluti­gen Krieg in Skan­di­navien geliefert: Selb­st Panz­er­faus­traketen set­zten sie dabei ein. Die Bilanz: Mehr als 80 Mor­dan­schläge mit elf Toten und 96 Verletzten.

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Messerstecherei im Jugendkulturhaus

(Tagesspiegel) Cot­tbus. Nach Stre­it­igkeit­en an der Bar hat ein 32-Jähriger im Cot­tbuser Jugend­kul­turzen­trum “Glade­house” drei junge Män­ner mit einem Mess­er niedergestochen. Die Tat ereignete sich nach einem so genan­nten Mul­ti­kul­ti-Konz­ert in der Nacht zum Don­ner­stag gegen 2.30 Uhr. Die drei Ver­let­zten mussten zur Behand­lung ins Kranken­haus, sie schweben nicht in
Lebens­ge­fahr. Der Messer­stech­er wurde festgenom­men. Ein Sprech­er des Polizeiprä­sid­i­ums Frank­furt (Oder) sagte, die Ermit­tler gin­gen bis­lang nicht von einem poli­tis­chen Hin­ter­grund der Tat aus. 

Cot­tbuser Ton­spielzeug­tage nach Messer­stecherei abgebrochen

(LR) Die Ton­spielzeug­tage im Cot­tbuser Glad-House sind nach schweren
Auseinan­der­set­zun­gen in der Nacht zum Don­ner­stag abge­brochen wor­den. Laut
Aus­sagen der Polizei kam es bei dem mehrtägi­gen DJ-Wet­tbe­werb gegen 2.30 Uhr
an der Bar zu ein­er Raufer­ei, bei der mehrere Män­ner im Alter zwis­chen 18
und 26 Jahren mit einem Mess­er ver­let­zt wurden. 

Drei Geschädigte befind­en sich zur Behand­lung im Kranken­haus. Lebensgefahr
beste­he nicht, hieß es von der Polizei. Ein 32 Jahre alter Tatverdächtiger
aus Cot­tbus ist festgenom­men worden. 

Zuvor war es zu Wort­ge­fecht­en zwis­chen den Kün­stlern des Abends gekommen.
Dabei hat­ten die Berlin­er Rap­per von “Bushi­do” dem Rund­funk-Mod­er­a­tor André
Lan­gen­feld von Jugen­dra­dio Fritz (RBB) auf der Bühne mit ein­er Schlägerei
gedro­ht und das Pub­likum provoziert. 

Später entwick­elte sich ein Handge­menge an der Bar des Klubs, in dessen
Ver­lauf Mess­er gezo­gen wur­den, hieß es vom Cot­tbuser Jugend-Kul­turhaus, das
seine Räume für die Ton­spielzeug­tage zur Ver­fü­gung stellte. Neben Leuten aus
dem Umfeld der Berlin­er Rap­per ist auch ein Ver­anstal­ter des Fes­ti­vals unter
den Verletzten. 

Der Chef des Cot­tbuser Jugend­kul­turhaus­es, Jür­gen Dulitz, wün­scht sich nach
den Vor­fällen während der Ton­spielzeug­tage eine Diskus­sion­srunde zum Thema
Jugend­kul­tur und Gewalt: “Beson­ders wichtig ist es uns, die Ereignisse
dieses Abends nicht auf sich beruhen zu lassen, son­dern bald­möglichst eine
öffentliche Diskus­sion zur Prob­lematik HipHop und Gewalt zu initiieren”. 

Messer­stecherei im Glad-House

Drei Ver­let­zte / 32-Jähriger festgenom­men / «Ton­spielzeug­tage» abgesagt

(LR) Bei ein­er Messer­stecherei im Glad-House wur­den gestern gegen 2.30 Uhr drei
Män­ner im Alter von 18 bis 26 Jahren ver­let­zt. Alle drei Geschädigten
befind­en sich zur Behand­lung im Kranken­haus, Lebens­ge­fahr beste­ht nach
Polizeiangaben jedoch nicht. 

Die Beamten nah­men einen 32-jähri­gen Cot­tbuser fest, er soll gestern
zugestochen haben. 

Die Gewalt­tat ereignete sich auf der Hip-Hop-Veranstaltung
«Ton­spielzeug­tage — Ein Klang Par­ty» . Nach Angaben der Kulturhausleitung
kam es während des äußerst pro­voka­tiv­en Auftritts der Berlin­er Rapper
«Bushi­do» zu harten Auseinan­der­set­zun­gen im Pub­likum, die dann in einer
Messer­stecherei an der Bar ende­ten. Unter den drei Ver­let­zten befind­et sich
auch ein­er der Ver­anstal­ter. «Er wollte den Stre­it schlicht­en und bekam
dabei ein Mess­er in den Bauch» , sagte Ulf Hen­nicke, Leit­er des
Ver­anstal­tungs­büros. Wie es zu der schw­eren Auseinan­der­set­zung kam, ist noch
unklar. Um den Tather­gang zu klären, wer­den die drei Ver­let­zten heute von
der Polizei verhört. 

Als Reak­tion auf die Gewalt­tat wur­den gestern alle weit­eren Veranstaltungen
im Rah­men der «Ton­spielzeug­tage» , die als offizieller Auf­takt für die neue
Cot­tbuser DJ-Musikschule «Zum Ton­spielzeug» geplant waren, abge­sagt. Jürgen
Dulitz, Leit­er des Glad-Hous­es: «Mit der Ver­anstal­tung, die wir unterstützt
haben, soll­ten Tol­er­anz und Gewalt­frei­heit demon­stri­ert wer­den. Dieses
Ansin­nen wurde kon­terkari­ert.» Er sei froh, dass das Sicherheitspersonal
vehe­ment ein­ger­if­f­en und damit Schlim­meres ver­hin­dert habe. Den­noch wolle
man nach diesem tragis­chen Ereig­nis nicht zur Tage­sor­d­nung überge­hen und
deshalb alle beteiligten Musik­er, Ver­anstal­ter, Medi­en, die Polizei und auch
die Hip-Hop-Fans zu ein­er öffentlichen Diskus­sion­srunde im März einladen.

Auch die Stadt Cot­tbus will sich an diesem Forum beteiligen.
Kul­tur­amt­sleit­er Bernd War­chold: «Ich bin erschüt­tert über diesen Vorfall.
Das muss Kon­se­quen­zen nach sich ziehen. Es ist daher drin­gend notwendig,
dass Gewalt im Zusam­men­hang mit dieser Musik-Szene zum The­ma gemacht wird.»

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Brück (PM): Brandanschlag auf türkischen Imbiss

Nach einem ras­sis­tisch motivierten Bran­dan­schlag auf einen türkischen Imbiss in Brück hat die Polizei am Fre­itagvor­mit­tag drei Tatverdächtige festgenom­men. Die Staat­san­waltschaft stufe die Tat in der Nacht zum Freitag
als ver­sucht­es Tötungs­de­likt ein, da sich der Inhab­er in dem Imbiss befun­den habe, sagte Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) am Fre­itag vor Jour­nal­is­ten in Pots­dam. Die drei Män­ner aus der Region seien bere­its durch
andere poli­tisch motivierte Straftat­en bekan­nt und gehörten ein­er gewalt­bere­it­en recht­sex­tremen Grup­pierung an.

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Mehr politisch motivierte Straftaten in Brandenburg

(MAZ) Pots­dam — In Bran­den­burg sind im ver­gan­genen Jahr 1571 poli­tisch motivierte
Straftat­en verübt wor­den, 41 mehr als im Vor­jahr. Das gab Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU) am Fre­itag in Pots­dam bekan­nt. Zugle­ich sei die
Aufk­lärungsquote um drei auf 42 Prozent gestiegen, so Schönbohm. 

Nach Angaben des Min­is­ters sind es haupt­säch­lich Schmier­ereien, die den
Anstieg der Krim­i­nal­ität aus­machen. Poli­tisch motivierte Gewalt­tat­en haben
im Ver­gle­ich zum Vor­jahr nicht zugenom­men, es sind 104. Hier­bei ging es
haupt­säch­lich um Kör­per­ver­let­zun­gen, allerd­ings wur­den auch drei versuchte
Tötungs­de­lik­te gemeldet. Dazu zählen die zwei Brand­s­tiftun­gen auf
aus­ländis­che Imbiss­be­treiber am 3.9.2003 in Hen­nigs­dorf und am 7.11.2003 in
Pritzwalk. 

Beson­ders bei recht­sex­trem motivierten Gewalt­tat­en kon­nte die
bran­den­bur­gis­che Polizei ihre Aufk­lärungsquote erhöhen. Die verstärkte
Arbeit der MEGA (Mobile Ein­satzein­heit gegen Gewalt und
Aus­län­der­feindlichkeit) und das TOMEG-Pro­gramm (Täteror­i­en­tierte Maßnahmen
gegen extrem­istis­che Gewalt) wür­den sich damit auszahlen. Die Anstrengungen,
poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität aufzuk­lären, dürfe nicht nach­lassen, so
Schön­bohm. Es han­dele sich nicht um gewöhn­liche Krim­i­nal­ität. “Von ihr gehen
immer neg­a­tive Sig­nale aus, was die Außen­wirkung Bran­den­burgs belastet.” 

Erst in der Nacht zu Fre­itag ist ein Bran­dan­schlag auf einen türkischen
Imbiss in Brück (Pots­dam-Mit­tel­mark) verübt wor­den. Der Inhab­er hat­te sich
zu der Zeit im Imbiss befun­den. Bere­its Fre­itagvor­mit­tag kon­nte die Polizei
drei Tatverdächtige festnehmen. 

Poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität leicht gesunken

(MOZ) Pots­dam (dpa) Die Fälle von poli­tisch motiviert­er Krim­i­nal­ität in
Bran­den­burg haben im ver­gan­genen Jahr ger­ingfügig zugenom­men. Ihre Zahl
stieg im Ver­gle­ich zu 2002 um 41 auf 1571 Fälle, wie Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU) am Fre­itag in Pots­dam mit­teilte. Das sind 2,6 Prozent.
Zugle­ich sei die Aufk­lärungsquote um 3 auf etwa 42 Prozent verbessert
wor­den. Bei Gewalt­straftat­en in diesem Bere­ich wuchs die Quote sog­ar um 10
auf 82 Prozent. 

Gegen die poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität werde weit­er energisch
ange­gan­gen, betonte Schön­bohm. Ihre erfol­gre­iche Bekämp­fung sei nicht nur
ein wesentlich­er Beitrag zur inneren Sicher­heit, son­dern auch zur
wirtschaftlichen Stan­dort­poli­tik des Lan­des. Der leichte Anstieg der
Fal­lzahlen wurde Schön­bohm zufolge im Wesentlichen durch eine Zunahme von
Schmier­ereien verur­sacht (plus 49). 

Im Bere­ich Ter­ror­is­mus wurde mit einem link­sex­trem­istis­chen Brandanschlag
auf Bun­deswehrfahrzeuge in Straus­berg (Märkisch-Oder­land) im Feb­ru­ar nur
eine Straftat im Land verze­ich­net. Wegen der nach wie vor herrschenden
Bedro­hung durch islamistis­chen Ter­ror­is­mus schützt die Polizei laut
Schön­bohm 60 gefährdete Objek­te mit konkreten Maß­nah­men. Allerd­ings liegen
für Bran­den­burg keine Erken­nt­nisse über unmit­tel­bar bevorste­hende Anschläge
vor. 

Nach Schön­bohms Worten bleibt die Bekämp­fung rechtsmo­tiviert­er Straftaten
ein Schw­er­punkt polizeilichen Han­delns. Auf diesem Gebi­et wur­den im
ver­gan­genen Jahr mit 993 Fällen 10 mehr als ein Jahr zuvor reg­istri­ert. Im
Zuge der Angle­ichung des bun­desweit­en Melde­v­er­hal­tens stufte das
Lan­deskrim­i­nalamt davon 982 Fälle als extrem­istisch ein. Ins­ge­samt hatten
21,24 Prozent der Fälle (211) einen frem­den­feindlichen Bezug; 9,67 Prozent
(96) waren anti­semi­tisch motiviert. 

Schön­bohm zeigte sich überzeugt, dass der hohe polizeiliche Druck auf die
recht­sex­treme Szene Wirkung zeigt. So habe die Mobile Ein­satzein­heit gegen
Gewalt und Aus­län­der­feindlichkeit (MEGA) im ver­gan­genen Jahr mehr als 24 500
Per­so­n­en kon­trol­liert, 521 fest- oder in Gewahrsam genom­men sowie 2000
Platzver­weise aus­ge­sprochen. Mit dem Pro­gram “Täteror­i­en­tierten Maßnahmen
gegen extrem­istis­che Gewalt” (TOMEG) erstreck­en sich derzeit auf landesweit
167 Per­so­n­en, gegen die nicht weniger als 318 Ermit­tlungsver­fahren geführt
wurden. 

Schön­bohm mah­nte, die Entwick­lung der all­ge­meinen Krim­i­nal­ität und der
poli­tisch motivierten Straftat­en nicht isoliert zu betra­cht­en. Fast 75
Prozent der poli­tisch motivierten Gewalt­täter seien bere­its im Vor­feld durch
all­ge­meine Straftat­en in Erschei­n­ung getreten. “Wir haben es also im
wesentlichen mit gemeinen Krim­inellen zu tun, die ihre kriminellen
Biografien lediglich um poli­tisch motivierte Tat­en erweitern.”

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Parteien bekommen Konkurrenz

Berlin­er Zeitung, Jür­gen Schwenken­bech­er) POTSDAM. Geht es nach den Vorstel­lun­gen von Detlef Rog­gan, wird die
poli­tis­che Land­schaft in Bran­den­burg schon bald anders ausse­hen. Rog­gan ist Grün­dungsmit­glied der Unab­hängi­gen Bürg­erliste (UBL) von Dahme-Spree­wald, er
ist Chef der sech­sköp­fi­gen UBL-Frak­tion im Kreistag, er ist Bürg­er­meis­ter von Groß Köris, und er will nun etwas ver­suchen, was nach Auskun­ft des renom­mierten Berlin­er Parteien­forsch­ers Richard Stöss in der Bundesrepublik
noch nie gelang. Rog­gan, Elek­tro-Handw­erksmeis­ter mit einem kleinen Geschäft, möchte eine gemein­same Plat­tform für Wäh­lervere­ini­gun­gen und
Bürg­erini­tia­tiv­en schaf­fen, die schon im näch­sten Land­tag ihren Platz haben
soll. “Ganz klar, wir wollen eine Alter­na­tive bieten zu den etablierten
Parteien”, sagt Roggan. 

Für diesen Sonnabend hat die UBL fast 50 Wäh­lerge­mein­schaften zum
Grün­dungstr­e­f­fen eines lan­desweit­en Vere­ins geladen, der kün­ftig die Politik
in Bran­den­burg mitbes­tim­men will. Ein­ge­laden wur­den zunächst alle
Nicht-Parteien, die seit der Kom­mu­nal­wahl im Okto­ber bere­its in den 14
Kreista­gen oder vier Stadtverord­neten­ver­samm­lun­gen vertreten sind. Möglicher
Name des neuen Vere­ins: Allianz Unab­hängiger Bürg­er (AUB).

Das Tre­f­fen hin­ter ver­schlosse­nen Türen, bei dem in die neue Ära gestartet
wer­den soll, ist Aus­druck ein­er wach­senden Unzufrieden­heit. Ob die
Gemein­dege­bi­et­sre­form, der Kita-Recht­sanspruch, die “Verspargelung” der
Land­schaft mit Win­drädern, das Fes­thal­ten am Flughafe­naus­bau oder die vielen
lokalen Stre­it­igkeit­en — die Vertreter von Parteien haben an Vertrauen
ver­loren. Sven Pautz, Chef des Cot­tbuser Vere­ins Aktive Unab­hängige Bürger
(AUB) glaubt: “Es geht nur noch um Macht. Der Bürg­er ste­ht nicht mehr im
Vorder­grund.” Er hält die Zeit für gekom­men, eine “poli­tis­che Vereinigung”
zu schaf­fen, die im Land­tag vertreten ist. 

Zur Kom­mu­nal­wahl gewann die AUB in der Lausitzs­tadt 14 Prozent der Stimmen,
nur sechs Prozent weniger als die SPD. Ins­ge­samt ent­fie­len in Brandenburg
auf die rund 70 zumeist nur lokalen Grup­pierun­gen knapp 20 Prozent. 

Die unter­schiedlich­sten Inter­essen bergen jedoch auch das Risiko des
Scheit­erns in sich — es allen recht zu machen, wird kaum gelingen.
“Regionale Spez­i­fi­ka müssen erhal­ten, dür­fen aber nicht zum Programm
wer­den”, sagt der Cot­tbuser Sven Pautz. 

Schon im Vor­feld des Tre­f­fens am Sonnabend gab es Reibereien. Denn seit
Novem­ber existiert bere­its ein Bürg­er­bünd­nis Bran­den­burg (BBB), das von
Tel­tow-Fläming aus eben­falls Wäh­ler­grup­pen bün­deln will und schon einen
Lan­desvor­sitzen­den ernan­nte. Der BBB hat­te für den 14. Feb­ru­ar ein großes
Tre­f­fen anber­aumt — die Ini­tia­toren aus Groß Köris waren schneller. 

Im Stre­it um die Mei­n­ungs­führerschaft rück­te ein BBB-Vertreter die
Konkur­renten aus Groß Köris sog­ar in die rechte Ecke. “Wir haben 1999
tat­säch­lich Unter­schriften gegen ein Asyl­be­wer­ber­heim bei uns gesammelt”,
räumt Rog­gan die Vor­würfe ein. “Aber wir haben dazugel­ernt.” Jun­gen aus dem
Heim wür­den heute im örtlichen Fußbal­lvere­in spie­len, die ausländischen
Kinder “ganz nor­mal” die Schule besuchen. Anders als der BBB, der sich schon
mal gegen die Län­der­fu­sion aussprach und Bun­deshil­fen für Berlin ablehnt,
hält Rog­gan sich mit inhaltlichen Aus­sagen zurück. 

“Bürg­er­be­we­gun­gen sind dazu da, Parteien an ihre eigentliche Rolle zu
erin­nern”, sagt der Berlin­er FU-Pro­fes­sor Hans-Joachim Men­gel. Der
Poli­tik­wis­senschaftler führte die Anti-Wind­kraft-Bewe­gung “Ret­tet die
Uck­er­mark” im Okto­ber in den Kreistag. Nach Groß Köris wird er aber wohl
nicht reisen. “Grund­sät­zlich bin ich dafür, den Parteien in ein­er Demokratie
ihre Auf­gaben nicht zu nehmen. Auch wenn die Parteien in Bran­den­burg einen
Nasen­stüber bräuchten.”

Inforiot