Kategorien
Uncategorized

250 Euro Strafe für Bombenangebot bei Combat 18

ROHRLACK/NEURUPPIN Knapp ein Jahr, nach­dem die Polizei ein Haus in Rohrlack nach Kalz­i­umkar­bid durch­suchte, das zum Bau von Rohrbomben auf ein­er recht­sex­tremen Inter­net­seite ange­boten wurde, ist gestern das Urteil gegen den 26-jähri­gen Nico D. gesprochen worden. 

50 Tagessätze zu fünf Euro muss D. zahlen, außer­dem trägt er seine Aus­la­gen sowie die Kosten des Ver­fahrens. Damit kam der Richter am Neu­rup­pin­er Amts­gericht der Forderung der Staat­san­waltschaft nach. 

Am 18. Dezem­ber ver­gan­genen Jahres hat­ten 16 Beamte des Lan­deskrim­i­nalamtes und der Lan­despolizei das Objekt in Rohrlack durch­sucht, in dem Nico D. wohnt. Die Polizei, die laut dama­li­gen Augen­zeu­ge­nangaben bewaffnet, mit kugel­sicheren West­en und Spürhun­den im Ein­satz war, suchte nach Kalz­i­umkar­bid. Davon hat­te der Rohrlack­er über seinen Com­put­er auf der Inter­net­seite der recht­sex­tremen Organ­i­sa­tion Com­bat 18 – die als gewalt­bere­it eingestuft wird und unter deutschen Recht­sradikalen hohe Beach­tung find­et – 50 bis 60 Kilo­gramm in einem luft­dicht ver­schlosse­nen Stahlbe­häl­ter ange­boten. Diese Chemikalie „ist extrem gut geeignet zum Bau von Rohrbomben“, stand damals im Inter­net, zitierte die Staat­san­waltschaft gestern. Gefun­den hat­te die Polizei bei Nico D. lediglich ein halbes Kilo­gramm der Sub­stanz. „Das war alles ein Joke. Ich habe eine solche Menge nie gehabt. Es war ein Spaß, ich wollte ein­fach mal sehen, was da passiert“, sagte er gestern. Auf diese Inter­net-Anzeige habe sich sog­ar jemand gemeldet, „der auch etwas kaufen wollte“. „Ich habe aber nicht mehr geant­wortet“, so D. Zu dem Verkauf sei es nicht gekom­men. Die Organ­i­sa­tion Com­bat 18 kenne er nur aus der Zeitung, sagte D. aus. Gericht und Staat­san­waltschaft sahen es jedoch als erwiesen an, dass es „lebens­fremd“ wäre, wenn man nicht davon aus­gin­ge, dass mit dem Aufruf zum Bau von Rohrbomben in einem recht­sradikalen Net­zw­erk Men­schen die Rechte als Feinde sehen, geschädigt wer­den soll­ten. Für den Aufruf zu Straftat­en wurde er zur Zahlung von ins­ge­samt 250 Euro verurteilt. Wie viel Geld der let­zte Polizeiein­satz in Rohrlack gekostet hat, ließ sich gestern nicht ermit­teln. Die Strafe fiel unter anderem deswe­gen so ger­ing aus, weil der 26-jährige Sozial­hil­feempfänger nach eigene Angaben von 600 Euro monatlich leben muss. „Nach zwei solch­er Geld­strafen, fällt die näch­ste Strafe anders aus“, warnte der Staat­san­walt Nico D. 

Die Anzahl der Tagessätze wurde bei D. gestern erhöht, weil Anfang 2003 schon ein­mal in einem anderen Ver­fahren wegen ver­suchter Nöti­gung zu 30 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt wurde. Der 26-Jährige hat­te damals einem anderen Rohrlack­er eine Mord­dro­hung geschrieben. Bei ein­er Haus­durch­suchung fand die Polizei eine Reich­skriegs­flagge und ein Foto, auf dem D. den Hit­ler­gruß zeigt. Eine recht­sradikale Gesin­nung stritt der Rohrlack­er damals eben­falls ab. 

Kategorien
Uncategorized

Dorffeste in der Uckermark — “No-Go Areas” für Andersdenkende?

Am Dien­stag, den 30. Novem­ber 2004, find­et um 13:00 Uhr vor dem

Amts­gericht
Pren­zlau, Baus­tr. 37, Raum 110, ein Prozess gegen einen

Recht­sradikalen wegen Kör­per­ver­let­zung und recht­sex­tremer Propaganda

statt.
Der 23-jährige Ron­ny K. soll im Juni 2003 einen 15-jährigen

HipHop­per
bei einem Dorffest in der Uck­er­mark geschla­gen und gejagt

haben.

Für alter­na­tive Jugendliche, für Punks und HipHop­per sind Dorffeste in

Bran­den­burg
in der Regel “No-Go Areas”, beson­ders wenn sie in der

Uck­er­mark
liegen. Zu groß ist das Risiko, auf eine alkoholisierte

Clique Recht­sradikaler zu tre­f­fen, die den Platz für sich beanspruchen

und Ander­s­denk­ende vertreiben wollen. Ein unrühm­lich­es Beispiel dieser

Art
ist der kleine Ort Fli­eth-Stegelitz bei Tem­plin, unweit von

Pot­zlow.
Dort wurde in diesem Jahr eine Gruppe Punks, kaum dass sie

den Fest­platz betreten hat­te, ange­grif­f­en und ver­jagt. Im Jahr zuvor

passierte
das­selbe, zum Teil densel­ben Opfern. Eine Episode aus dem

Angriff des let­zten Jahres kommt jet­zt zur Verhandlung.

Der
damals 15-jährige HipHop­per Kevin M. saß am 7. Juni 2003 mit

sein­er Fre­undin auf ein­er Bank am Rande der Tanzfläche, als sie hinter

sich “Heil Hitler”-Gegröle, “SA SS”-Rufe und Sprüche wie “Ob Ost, ob

West,
nieder mit der Zeck­en­pest” hörten. Plöt­zlich wurde ihm von

hin­ten
die Mütze vom Kopf gezo­gen, ein Recht­sradikaler, der ein

T‑Shirt
mit der Auf­schrift “Heil AIDS” und “Fuck Amer­i­ca” trug,

ver­set­zte ihm einen Kopf­s­toß. Kevin und seine Fre­undin ran­nten in ein

Feld, ver­fol­gt von ein­er größeren Gruppe Recht­sradikaler, die sie mit

Taschen­lam­p­en
sucht­en, doch es gelang ihnen, sich in Sicher­heit zu

brin­gen. In der Nähe wur­den zwei Punks angegriffen.

Das Erschreck­ende an diesen Angrif­f­en auf Dorffesten”,
so Kay Wendel

vom Vere­in Opfer­per­spek­tive, “ist
die Gle­ichgültigkeit, mit der die

Anwe­sen­heit gewalt­tätiger Cliquen Recht­sradikaler geduldet wird. Weder

Festver­ant­wortliche
noch Fes­t­be­such­er greifen ein. Solange

Recht­sradikale
als “nor­male Jungs” ver­harm­lost wer­den, bre­it­en sich

nation­al
befre­ite Zonen” weit­er aus, bis Land­striche wie die

Uck­er­mark von Ander­s­denk­enden völ­lig gesäu­bert sind.”

Kategorien
Uncategorized

Wegesin muss Verfassungsschutz verlassen

(Berlin­er Zeitung, 24.11.) POTSDAM. Bran­den­burgs Ver­fas­sungss­chutzchef Hein­er Wegesin wird überraschend
abgelöst. Das kündigte Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) am Dien­stag an.
Zuvor hat­te er das Kabi­nett informiert. Zur Begrün­dung sagte Schön­bohm auf
Nach­frage: “Wenn Herr Wegesin keine Fehler gemacht hätte, stünde ich heute
vielle­icht nicht hier.” Zu Speku­la­tio­nen, Dif­feren­zen zwischen
Innen­staatssekretär Eike Lan­celle und Wegesin hät­ten den Auss­chlag gegeben,
sagte Schön­bohm: “Herr Lan­celle genießt mein absolutes Ver­trauen und gibt
Anweisun­gen in meinem Namen.” Neue Ver­fas­sungss­chutzchefin wird zum
Jahres­be­ginn die Polizeipräsi­dentin von Frank­furt (Oder), Winfriede
Schreiber. 

Als eine sein­er ersten Amt­shand­lun­gen hat­te Schön­bohm im Dezem­ber 1999 den
heute 51-jähri­gen Wegesin nach Bran­den­burg geholt. Der Ver­wal­tungsjurist war
zuvor Sicher­heitschef im Bun­deskan­zler­amt und galt als exzel­len­ter Experte.
Ver­bun­den war sein Amt­santritt mit der Ankündi­gung, vor dem Hin­ter­grund des
zunehmenden Recht­sex­trem­is­mus den Ver­fas­sungss­chutz zu stärken und personell
auszubauen. Bei­des ist geschehen. 

Pan­nen mit den V‑Leuten

Allerd­ings geri­et der Christ­demokrat Wegesin 2003 durch V‑Mann-Affären
mehrfach unter Druck. Unter anderem wurde ihm zur Last gelegt, dass einer
sein­er V‑Männer im Feb­ru­ar 2001 eine Polizeirazz­ia an die rechte Szene
ver­rat­en haben soll. Den Tipp soll der Spitzel von seinem V‑Mann-Führer im
Ver­fas­sungss­chutz bekom­men haben. Der Fall sorgte bun­desweit für Furore und
führte zu erhe­blichen Auseinan­der­set­zun­gen mit den Berliner
Sicherheitsbehörden. 

Obwohl Wegesin Fehler eingeste­hen musste, wies Schön­bohm seinerzeit
Rück­tritts­forderun­gen der PDS aber auch von Teilen der SPD vehe­ment zurück.
Vor allem seit dieser Zeit gilt jedoch das Ver­hält­nis zwis­chen Wegesin und
Lan­celle als äußerst ges­pan­nt. “Wegesin war nicht die harte Führungsfigur,
wie von Lan­celle gewün­scht”, heißt es in Sicher­heit­skreisen. Aber offenbar
gab es auch inhaltliche Span­nun­gen: Schön­bohm kündigte am Dien­stag an, dass
kün­ftig neben der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus auch der
Aus­län­derex­trem­is­mus Schw­er­punk­tauf­gabe des Ver­fas­sungss­chutzes sein werde. 

Die desig­nierte Ver­fas­sungss­chutzchefin Win­friede Schreiber gilt als
Ver­traute Lan­celles. Im Som­mer 2002 hat­te die 58-jährige Verwaltungsjuristin
nach der Polizeire­form eines der zwei Prä­si­di­en über­nom­men. Zuvor leitete
sie das Ver­wal­tungs­gericht in Cottbus. 

Ver­fas­sungss­chutz mit neuer Strate­gie gegen Extremisten

Schön­bohm: Auch in Bran­den­burg gibt es Moscheen, in denen Haß gepredigt wird

(BM, 25.11., Gudrun Mall­witz) Pots­dam — Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hat ein­dringlich vor
aus­län­derex­trem­istis­chen Ten­den­zen gewarnt. “Auch in Bran­den­burg gibt es
Moscheen, in denen Haß gepredigt”, sagte Schön­bohm gestern. Wie der
Recht­sex­trem­is­mus trete auch der Aus­län­derex­trem­is­mus zunehmend in
verän­dert­er Erschei­n­ungs­form und ver­stärk­ter Gefährlichkeit auf. Eine neue
Aus­rich­tung bei der Bekämp­fung sei für bei­de Extrem­is­mus­bere­iche notwendig. 

Nach Ansicht von Sicher­heit­sex­perten wer­fen die “ver­balen Gewalttätigkeiten”
von Haßpredi­gern nicht nur grund­sät­zliche rechtliche und poli­tis­che, sondern
auch oper­a­tive Fra­gen für die Sicher­heits­be­hör­den des Lan­des auf. Beim
Recht­sex­trem­is­mus bere­it­et den Innen­poli­tik­ern Sor­gen, daß er sein
Erschei­n­ungs­bild und Auftreten wan­dle. Dumpfe chau­vin­is­tis­che Artikulation
und Pro­gram­matik sowie Auftreten wür­den zunehmend durch ein
pseudobürg­er­lich­es Erschei­n­ungs­bild erset­zt. Der Ver­such, unerfüllte
Bedürfnisse und Sehn­süchte junger Men­schen für sich zu instrumentalisieren,
rücke in den Vorder­grund. Zudem beste­he die Gefahr, daß sich Rechtextreme
nicht nur zu tak­tis­chen Wahlbünd­nis­sen zusam­men­tun, son­dern auch sonst
stärk­er zusammenarbeiten. 

Kün­ftig soll der Ver­fas­sungss­chutz Aktio­nen der Sicher­heits­be­hör­den und
aller staatlichen und gesellschaftlichen Ein­rich­tun­gen ver­net­zen und die
Gefährdung von Jugendlichen ver­ringern. Auch sollen die Defizite bei Kindern
und Jugendlichen inten­siv­er analysiert wer­den. “Der Ver­fas­sungss­chutz wird
weit­er­hin den Recht­sex­trem­is­mus als Schw­er­punkt sehen”, unter­strich der
Min­is­ter. Er wies damit Speku­la­tio­nen zurück, wonach die Gründe für die
Ablö­sung von Ver­fas­sungss­chutzchef Hein­er Wegesin in inhaltlichen
Dif­feren­zen um die Bew­er­tung des Aus­län­derex­trem­is­mus liegen. Auch ein
Zer­würf­nis mit Staatssekretär Eike Lan­celle sei nicht der Grund für die
Tren­nung gewe­sen. In Sicher­heit­skreisen heißt es, Min­is­ter und
Staatssekretär waren mit der Arbeit Wegesins seit langem unzufrieden. Seinen
Posten übern­immt ab Jan­u­ar die Polizeipräsi­dentin von Frank­furt (Oder),
Win­friede Schreiber. 

Im Land­tag hat Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) gestern zu mehr
Sach­lichkeit in der Debat­te über die Inte­gra­tion von Aus­län­dern aufgerufen.
Wer in Deutsch­land leben wolle, habe die Pflicht, die deutsche Sprache zu
erler­nen und die Regeln einzuhal­ten, sagte Platzeck. Dies sei der klare
Stand­punkt der Lan­desregierung. Schön­bohm hat­te zuvor seine Posi­tion zur
“deutschen Leitkul­tur” gegen Angriffe der PDS vertei­digt. Für neue
Diskus­sio­nen sorgten am Rande des Plenums Schön­bohms jüng­ste Äußerun­gen. In
einem Zeitungsin­ter­view hat­te er einen Teil des Pro­gramms der rechtsextremen
Deutschen Volk­sunion (DVU) “inzwis­chen als All­ge­meingut” beze­ich­net. Sogar
der Bun­deskan­zler habe bere­its ähn­lich­es gefordert. 

Gefahr von Rechts erfordert neue Strategie

Ver­fas­sungss­chutz vor erweit­erten Aufgaben

(Berlin­er Zeitung, 25.11.) POTSDAM. Vor ein­er neuen Qual­ität des Recht­sex­trem­is­mus in Bran­den­burg hat
Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) gewarnt. Die recht­sex­treme Szene habe ihr
Erschei­n­ungs­bild verän­dert “und ist dadurch noch viel gefährlicher
gewor­den”, sagte der Min­is­ter am Mittwoch in Pots­dam. Das erfordere neue
Gegen-Strate­gien. In diesem Zusam­men­hang trat der Min­is­ter Spekulationen
ent­ge­gen, behördliche Dif­feren­zen über Arbeitss­chw­er­punk­te hät­ten zur
über­raschen­den Ablö­sung von Ver­fas­sungss­chutzchef Hein­er Wegesin geführt:
“Es ist unstre­it­ig: Der Recht­sex­trem­is­mus bleibt die Gefahr Num­mer 1”, sagte
er. 

Laut Schön­bohm prä­gen mit­tler­weile nicht mehr die dumpf-chauvinistischen
Aktivis­ten das Bild der recht­sex­tremen Szene. Vielmehr gäben sich die
Wort­führer einen pseu­do-bürg­er­lichen Anstrich und träten betont kor­rekt auf.
“Das sind kalt­blütige Dem­a­gogen, die sich die Sehn­sucht Jugendlich­er nach
Ori­en­tierung zu Nutze machen wollen”, sagte Schönbohm. 

Erst­mals in der Geschichte der Bun­desre­pub­lik zeichne sich ab, dass sich
recht­sex­treme Parteien nicht nur zu tak­tis­chen Wahlbünd­nis­sen zusammentun,
son­dern ver­stärkt auch oper­a­tiv und arbeit­steilig zusam­me­nar­beit­en. Bei den
Land­tagswahlen im Sep­tem­ber hat­ten 15 Prozent der Erst­wäh­ler (bei den jungen
Män­nern sog­ar 19 Prozent) DVU gewählt. Die recht­sex­treme NPD trat in
Bran­den­burg nicht mehr an. 

Das erkennbare Bemühen der Recht­sex­trem­is­ten, ger­ade bei Jugendlichen um
Anhänger zu wer­ben, erfordere ein engeres Zusam­men­wirken staatlich­er und
gesellschaftlich­er Ein­rich­tun­gen, so der Min­is­ter. Dabei müsse der
Ver­fas­sungss­chutz eine Koor­dinierungs­funk­tion wahrnehmen und sich stärker
als Berater der Poli­tik ver­ste­hen. Alle Insti­tu­tio­nen seien gefordert, mit
gefährde­ten Jugendlichen oder Her­anwach­senden zu reden. 

Schön­bohm wies auf eine “ver­stärk­te Gefährlichkeit” des Ausländerextremismus
auch in Bran­den­burg hin, vor allem von islamistis­ch­er Se
ite. Wie €pa- und
bun­desweit seien verän­derte Erschei­n­ungs­for­men wahrzunehmen. Deshalb werde
dieses Feld ein weit­er­er Arbeitss­chw­er­punkt des Ver­fas­sungss­chutzes sein.
“Es gibt lei­der auch hier Moscheen, in denen Hass gepredigt wird”, sagte
Schönbohm.

Kategorien
Uncategorized

Schönbohm greift DVU-Positionen auf

(Berlin­er Zeitung, 24.11.) POTSDAM, 23. Novem­ber. Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hält
die zuwan­derungspoli­tis­chen Ansicht­en der recht­sradikalen DVU für weitgehend
akzept­abel. “Ein Teil davon ist inzwis­chen sich­er All­ge­meingut. Sog­ar der
Bun­deskan­zler hat schon Ähn­lich­es gefordert”, sagte Schön­bohm der Berliner
Zeitung. Schön­bohm nahm dabei expliz­it Bezug auf DVU-Forderun­gen wie “Stopp
dem zunehmenden Aus­län­derzus­trom” und “Ausweisung von kriminellen
Aus­län­dern”. Schön­bohm weit­er: “Nur, das ist alles in einem Rechtsstaat
nicht so ein­fach.” Den­noch bleibe die DVU für ihn eine rechtsradikale
Partei, so Schön­bohm. “Wer Pro­pa­gan­da macht wie ‚Deutsche Arbeit nur für
Deutsche′, der zeigt, dass er nicht begrif­f­en hat, dass 50 Prozent der
Arbeit­splätze vom Export abhängen.” 

Harte Kri­tik an Äußerun­gen Schönbohms

Kan­zler­amt weist Nähe zu DVU-Posi­tio­nen zurück

(Berlin­er Zeitung, 25.11.) POTSDAM/BERLIN. Auf heftige Kri­tik sind Äußerun­gen von Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU) in einem Inter­view der Berlin­er Zeitung zu Posi­tio­nen der
recht­sex­tremen DVU gestoßen. Die Bun­desregierung reagierte ver­wun­dert auf
Schön­bohms Ein­schätzung, dass selb­st der Bun­deskan­zler mittlerweile
aus­län­der­poli­tis­che Forderun­gen aufgestellt habe, die eigentlich von der
rechts- radikalen DVU erhoben wor­den seien. “Wenn der Bun­deskan­zler auf eine
Stufe mit Recht­sex­tremen gestellt wird, ist das so nicht zu akzeptieren”,
sagte ein Regierungssprech­er am Mittwoch in Berlin. Das Kan­zler­amt mache
sich solche Posi­tio­nen nicht zu Eigen. Allerd­ings habe Kan­zler Gerhard
Schröder (SPD) in jüng­ster Zeit deut­liche Worte an die Migranten in
Deutsch­land gerichtet, sagte der Sprecher. 

Der Berlin-Bran­den­burg­er DGB-Vizechef Bernd Riss­mann nan­nte Schönbohms
Äußerun­gen “unerträglich”. Die DVU ver­bre­ite ein­deutig fremdenfeindliches
und undemokratis­ches Gedankengut, kein demokratis­ch­er Poli­tik­er dürfe
Gemein­samkeit­en mit dieser Partei fest­stellen. Laut Grünen-Landeschef
Joachim Gessinger sind Schön­bohms Äußerun­gen irreführend. “Richtig ist, dass
sie seit län­gerem Teil der Poli­tik der CDU sind.” Dies belege, wie weit es
den Recht­sex­tremen inzwis­chen gelun­gen sei, ihre Auf­fas­sun­gen ins
bürg­er­liche Lager hineinzu­tra­gen. Land­tagspräsi­dent Gunter Fritsch (SPD)
erk­lärte, es sei “unzuläs­sig”, den Bun­deskan­zler in diesen Zusam­men­hang zu
stellen. 

Platzeck vertei­digt Schönbohm 

In der von Schön­bohm neu ent­facht­en Debat­te um eine deutsche Leitkul­tur hat
dage­gen Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch seinen
Innen­min­is­ter vertei­digt. Die gesamte Lan­desregierung vertrete den von
Schön­bohm “sehr deut­lich zum Aus­druck gebracht­en Stand­punkt”, dass in
Deutsch­land lebende Aus­län­der die Pflicht hät­ten, die deutsche Sprache zu
ler­nen und die Regeln der hiesi­gen Gesellschaft anzuerken­nen. Doch seien
auch die Deutschen verpflichtet, sich um die Inte­gra­tion von Aus­län­dern zu
bemühen, sagte Platzeck im Landtag. 

Der PDS-Abge­ord­nete Wolf­gang Gehrkre warf Schön­bohm vor, er lief­ere mit
Begrif­f­en wie Leitkul­tur Stich­worte, die von der extrem Recht­en aufgegriffen
wür­den. Zuvor hat­te Schön­bohm seine Auf­fas­sun­gen zur Leitkul­tur vor dem
Par­la­ment vertei­digt. Als Kro­nzeu­gen für seine Posi­tio­nen führte er unter
anderen Bun­deskan­zler Schröder, Bun­de­spräsi­dent Johannes Rau, Innenminister
Otto Schi­ly (alle SPD) an. Von ihnen unter­schei­de ihn nur, dass er seine
Posi­tio­nen bere­its seit 1998 vertrete. 

Wir müssen uns zur Nation bekennen”

Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) über Recht­sradikalis­mus und den Begriff
Leitkultur

(Berlin­er Zeitung, 24.11.) Herr Min­is­ter, fünf Jahre gab es zwis­chen SPD, CDU und PDS keinen Streit
über den Umgang mit der DVU im Land­tag. Sie war kein The­ma. Was hat sich
seit den Wahlen im Sep­tem­ber geändert? 

Teile der SPD haben sich sehr früh geäußert, ohne dass wir uns in der
Koali­tion abges­timmt hatten … 

… sie meinen SPD-Frak­tion­schef Baaske, der die DVU als Nazi-Partei
beze­ich­nete und ankündigte, ihr die Maske vom Gesicht reißen zu wollen … 

… Aber jet­zt haben wir eine gemein­same Lin­ie. Auf Anträge der DVU wird in
der Regel nur ein­er aus der Koali­tion reagieren. Im Übri­gen fand ich die
Strate­gie der let­zten Leg­is­laturpe­ri­ode, die DVU zu ignori­eren, gar nicht
falsch. Anfang Juni war sie demoskopisch kaum noch wahrnehm­bar. Das hat sich
erst mit der Hartz-IV-Debat­te wieder geän­dert. Wir reden derzeit viel zu
viel über die DVU

Wie haben Sie die DVU-Frak­tion wahrgenom­men? Recht­sex­trem, rechtsradikal,
klein­bürg­er­lich? Sind die Frey-Leute mit der NPD gleichzusetzen? 

Mit der NPD sind sie nicht gle­ich zu set­zen. Es gab einige
recht­sex­trem­istis­che Ausfälle … 

… zum Beispiel? 

Ger­ade bei Aus­län­der­fra­gen oder was das Ver­hält­nis zu Polen angeht,
Stich­wort ehe­ma­lige Ost­ge­bi­ete. Das war unerträglich. Generell zeu­gen die
Beiträge der DVU aber vor allem von einem sehr niedri­gen Niveau. 

“Begren­zung des Aus­län­der­an­teils, Stopp dem zunehmenden Ausländerzustrom,
Beschle­u­ni­gung von Asylver­fahren, Ausweisung von krim­inellen Ausländern.”
Das sind wesentliche Forderun­gen aus dem DVU-Pro­gramm. Ist das rechtsextrem? 

Ein Teil davon ist inzwis­chen sich­er All­ge­meingut. Sog­ar der Bundeskanzler
hat schon Ähn­lich­es gefordert. Nur, das ist alles in einem Rechtsstaat nicht
so ein­fach. Wir haben jet­zt ein vernün­ftiges Zuwan­derungs­ge­setz, das den
Zuzug begren­zt und eine Ver­stärkung der Inte­gra­tions­be­mühun­gen vorschreibt.
Man muss das Gesamt­bild sehen: Wer Pro­pa­gan­da macht wie Deutsche Arbeit nur
für Deutsche, der zeigt, dass er nicht begrif­f­en hat, dass 50 Prozent der
Arbeit­splätze am Export hän­gen. Für mich ist das Rechtsradikal. 

Wie erk­lären Sie sich, dass die DVU bei den Land­tagswahlen mit 15 Prozent
bei den Erst­wäh­lern etwa gle­ichauf mit der CDU lag? 

Wir müssen mehr mit den Jugendlichen sprechen. Die Abge­ord­neten müssen in
ihren Wahlkreisen in die Jugend­clubs gehen. Viele, die DVU wählen, wollen
nur Protest aus­drück­en, wie teils auch die Wäh­ler der PDS. Sie fühlen sich
nicht aus­re­ichend von den demokratis­chen Parteien, in dem Fall von der
Union, wahr- und angenommen. 

Als eine Reak­tion will die CDU wieder stärk­er Begriffe wie Heimat oder
Nation besetzen. 

Wir müssen uns zur Nation beken­nen, weil wir ger­ade die Deutsche Einheit -
und den Sol­i­darpakt — nur aus diesem Begriff her­aus erk­lären kön­nen. Im Zuge
der Glob­al­isierung müssen wir unsere Inter­essen als ein Volk gemeinsam
definieren. Wir sind als stärk­stes Land im Herzen Europas die
Wach­s­tums­bremse. Wir schaden damit ganz Europa. So sehe ich den
Zusam­men­hang. Aber nicht nach dem Mot­to, jet­zt wollen wir den Recht­en das
Wass­er abgraben. 

So wird es aber in der CDU diskutiert. 

Ich weiß. Ich habe in der Frak­tion klar gestellt, dass das aus mein­er Sicht
zu kurz gesprun­gen ist. 

Sie haben den Begriff der Leitkul­tur schon als Berlin­er Innensenator
geprägt. 

Ich habe den Begriff in einem Beitrag von dem syrischstämmigen
Islamwis­senschaftler Bas­sam Tibi gele­sen. Als ich ihn dann in die politische
Diskus­sion einge­führte, hat jed­er etwas anderes darunter verstanden. 

1998 haben Sie in der Berlin­er Zeitung geschrieben, “ein Kon­sens über die
Leitkul­tur ist Voraus­set­zung für den inneren Frieden in Deutsch­land”. Jetzt
fordern Sie im Spiegel die hier leben­den Aus­län­der auf, die “deutsche
Leitkul­tur zu übernehmen”. Sie sind radikaler geworden? 

Nein. Die For­mulierung kann wohl missver­standen wer­den. Es geht mir u
m das
Anerken­nen der Leitkultur. 

Das ist etwas ganz Anderes. 

Das wird — wenn man das Inter­view im Zusam­men­hang liest — auch aufgelöst.
Aber der Begriff “anerken­nen” trifft es besser. 

Sie sagen, Migranten sollen nicht nur die deutsche Sprache, son­dern auch die
kul­turellen Umgangs­for­men übernehmen. Was meinen Sie damit? Nabelfreie
T‑Shirts statt Kopftuch? 

Nein. Punkt eins ist die Ver­fas­sung: Die Würde des Men­schen ist unantastbar.
Aber guck­en sie sich an, wie mit islamis­chen Frauen umge­gan­gen wird. Unsere
Lebens­for­men müssen anerkan­nt wer­den. Man darf sich nicht in selbst
geschaf­fene Ghet­tos zurück ziehen. Der Bun­deskan­zler hat gesagt, wir haben
ein gemein­sames Werte­fun­da­ment, eine gemein­same Sprache und Geschichte.
Darum geht es. Um nicht mehr und nicht weniger. 

In Bran­den­burg mag es vere­inzelt Par­al­lelge­sellschaften geben, in denen die
rechte Szene das Sagen hat — aber keine Aus­län­derghet­tos. Was ist Ihr
Problem? 

Ich habe mich nicht als Lan­despoli­tik­er geäußert. Ich bin auch Mit­glied im
Prä­sid­i­um der Bun­des-CDU und ich habe mich als Innen­min­is­ter mit diesen
The­men beschäftigt. Mit Bran­den­burg hat das gar nichts zu tun. Insofern war
der Hin­weis von Her­rn Baaske auf die niedrige Aus­län­derquote in Brandenburg
töricht. Es gibt auch Dinge außer­halb des Lan­des, die von Bedeu­tung sind. 

Erst­mals haben Sie für den Volk­strauertag 2005 zu ein­er Kundge­bung gegen den
alljährlichen Neon­azi-Auf­marsch in Halbe aufgerufen. Früher haben sie solche
Gegen­demon­stra­tio­nen als “Kerzen­prozes­sio­nen” belächelt. Woher kommt dieser
Sinneswandel? 

Das ist etwas ganz Anderes. Damals ging es um den von Bundestagspräsident
Thierse propagierten Auf­s­tand der Anständi­gen mit ganz hohem moralischem
Anspruch: Wer nicht mit­macht, ist unanständig. Mit dem, was ich angeregt
habe, möchte ich erre­ichen, dass wir diesen Ort Halbe nicht den
Recht­sex­trem­is­ten überlassen. 

Darf die PDS mitmachen? 

Wenn sie will, ja. Ich hätte damit kein Problem. 

Noch eine Frage zu Ihrem Ver­fas­sungss­chutzchef Hein­er Wegesin: Der stand
wegen divers­er V‑Mann-Affären unter Druck. Wieso muss er ger­ade jet­zt gehen? 

Die Lan­desregierung hat sich mit Beginn der neuen Wahlpe­ri­ode in vielen
Bere­ichen und auf ver­schiede­nen Hier­ar­chieebe­nen neu aufgestellt, um sich
auf die verän­derten Her­aus­forderun­gen einzustellen. Dies war auch im
Innen­min­is­teri­um sinnvoll. 

Soll mit dem Wech­sel an der Spitze eine inhaltliche Neuaus­rich­tung des
Ver­fas­sungss­chutzes ein­her gehen? 

Es gibt keine grundle­gende Neuaus­rich­tung des Ver­fas­sungss­chutzes, aber eine
Akzen­tu­ierung in den Bere­ichen “Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus in seinen
neuen Erschei­n­ungs­for­men” und “Aus­län­derex­trem­is­mus”.

Das Inter­view führten Andrea Bey­er­lein und Mar­tin Klesmann.

Kategorien
Uncategorized

Dönerimbiss sollte brennen

(MAZ, 24.11., Dag­mar Simons) RHEINSBERG Sie kön­nen Türken nicht lei­den. Die hät­ten in Deutsch­land nichts zu suchen.
Das war für Ron W. und Frank M. der Grund, am 11. August 2003 den Dönerstand
von Mehmet Cimendag in der Rheins­berg­er Paulshorster Straße anzustecken. 

Die Idee kam ihnen spon­tan im Vor­beige­hen. Was sie nicht wussten: Die
Unter­seite des Wagens war aus Met­all und bran­nte nicht. Bere­its vier Tage
vorher waren die bei­den Mehmet Cimendag aufge­fall­en. Frank M. hat­te ihn
mit“Scheiß Memo Grill” und “Scheiß Dön­er” beschimpft, Ron W. ihm den
Stinkefin­ger gezeigt. Wegen gemein­schaftlich ver­suchter Brand­s­tiftung und
Sachbeschädi­gung war Ron W. bere­its im ver­gan­genen Jahr zu vier Wochen
Dauer­ar­rest verurteilt worden. 

Gestern stand nun sein ehe­ma­liger Kumpel Frank M. vor dem Neuruppiner
Amts­gericht. Der 22-Jährige kon­nte sich nicht mehr so recht an jenen
August­tag erin­nern. Dass er das Rück­licht des Wagens einge­treten hatte,
wusste er noch. Auch dass er ein Feuerzeug dabei­hat­te. Anson­sten will er nur
zugeguckt haben. 

Das bestätigte Ron W. gestern. Der mit einem Lons­dale Sweat­shirt bekleidete
junge Mann gab zu, aus ein­er Müll­tonne einen Plas­tik­sack genom­men, ihn
angezün­det und unter den Imbis­s­wa­gen gewor­fen zu haben: “Frank stand nur
daneben.” Das hat­te in Ron W.s polizeilich­er Vernehmung noch ganz anders
gek­lun­gen. Danach hat­te auch Frank M. die Plas­tik­tüte angezün­det. Doch
selb­st die War­nung des Richters bei ein­er Falschaus­sage kon­nte seine Meinung
nicht ändern. 

Er blieb dabei, dass Frank nichts getan habe. So hat­te es auch Rons Freundin
in Erin­nerung. Sie stand zwei Meter vom Tatort ent­fer­nt. Einge­grif­f­en hat
die 20-Jährige nicht: “Mir war das egal. Soll er doch machen, wenn er den
Dön­er ansteck­en will”, sagte sie. 

Heute habe er nichts mehr mit den “Recht­en” zu tun, sagte der in Heimen groß
gewor­dene Förder­schüler Frank M. Das Gericht verurteilte den unter Betreuung
ste­hen­den arbeit­slosen Angeklagten zu ein­er Frei­heitsstrafe von sieben Monat
en auf Bewährung und 120 Arbeitsstun­den. Damit entsprach das Gericht dem
Antrag der Staat­san­waltschaft. Das Urteil ist rechtskräftig.

Kategorien
Uncategorized

Ansprüche müssen konkret sein


Gericht zu Pots­damer Grund­stücksstre­it mit Jew­ish Claims Conference

(MAZ, Volk­mar Krause) HERMANNSWERDER / LEIPZIG Stre­ito­b­jekt sind die Wassergrundstücke
Tornow­straße 18 bis 20 in Her­mannswerder. Doch die Auswirkun­gen eines
gestern hierzu ergan­genen Urteils des Bun­desver­wal­tungs­gericht­es in Leipzig
reichen weit über Pots­dam hin­aus. Das Gericht ver­schärfte damit die
Min­destanforderun­gen an einen berechtigten Rück­über­tra­gungsanspruch der
Con­fer­ence on Jew­ish Mate­r­i­al Claims against Ger­many (JCC).

Nach dem Ver­mö­gens­ge­setz ist die JCC bei Ver­mö­gensver­lus­ten, die infolge der
nation­al­sozial­is­tis­chen Gewaltherrschaft ein­trat­en, anspruchsberechtigt,
soweit jüdis­che Berechtigte oder deren Erben keine Ansprüche gel­tend machen.
Diese Ansprüche waren bis zum 31. Dezem­ber 1992 anzumelden. Kurz vor Ablauf
der Frist hat­te die JCC so genan­nte Glob­al­an­mel­dun­gen ein­gere­icht, in denen
sie, statt die ver­lore­nen Ver­mö­gen konkret zu beze­ich­nen, nur auf Behörden,
Akten- und Archivbestände Bezug nahm. Die Leipziger Richter präzisierten
nun: Ein JCC-Anspruch ist nur dann berechtigt, wenn er bere­its Ende 1992 auf
Akten ver­wiesen hat, aus denen exakt her­vorge­ht, um welchen individuellen
Ver­mö­genswert und welchen jüdis­chen Eigen­tümer es sich han­delt. Außerdem
muss darin nachvol­lziehbar sein, dass der Ver­lust eine Folge der
Nazi-Herrschaft ist. Das Urteil schließt Präzisierun­gen der Ansprüche nach
dem Stich­tag aus. 

Bei den Grund­stück­en in der Tornow­straße hat­te das Verwaltungsgericht
Pots­dam die Glob­al­an­mel­dun­gen als wirk­sam ange­se­hen und die Ansprüche der
JCC bejaht. Dage­gen klagte nun Gisela Krause aus Wies­baden vor dem
Bun­desver­wal­tungs­gericht. Sie ist die Tochter des Fab­rikan­ten Heinrich
Mey­er-Lomax, der die Grund­stücke 1935 von dem jüdis­chen Kauf­mann Ludwig
Sil­ber­berg erwarb. Sil­ber­berg floh ein Jahr später aus Deutsch­land, seine
Erben stell­ten keinen Restitutionsantrag. 

Dass es sich 1935 um einen Zwangsverkauf han­delte, hat­te das Vermögensamt
anerkan­nt. Doch Gisela Krause machte mit der Revi­sion gel­tend, dass die JCC
ihre Ansprüche nicht frist­gemäß angemeldet habe. Die geforderten Grundstücke
seien erst Mitte der 90er Jahre konkret beze­ich­net wor­den. Laut Krauses
Anwältin Sigrid Bin­iok-Pfeifer ste­hen sie auf der Heirat­surkunde der
Silberbergs. 

Wer das Grund­stück bekommt, hat das Bun­desver­wal­tungs­gericht nicht
entsch­ieden. Es über­wies die Sache zurück an das Potsdamer
Ver­wal­tungs­gericht, das nun prüfen muss, ob der JCC-Antrag die neuen
Anforderun­gen erfüllt. 

Für das Ver­fahren nicht von Belang ist laut Gerichtssprech­er Wolfgang
Sei­del, dass auch Mey­er-Lomax Nazi-Opfer war. 1936 ver­haftete ihn die
Gestapo. Nach Angaben Bin­iok-Pfeifers ist der Vater sowohl von DDR-Behörden
als auch vom Lan­desamt zur Regelung offen­er Ver­mö­gens­fra­gen als Verfolgter
des Naziregimes anerkan­nt wor­den. Er wurde 1945 nach achtein­halb Jahren Haft
aus dem KZ Sach­sen­hausen befreit. 

Ansprüche früher­er jüdis­ch­er Besitzer eingeschränkt

Bun­desver­wal­tungs­gericht urteilt über Rück­über­tra­gun­gen in Potsdam /
Som­mer­feld-Sied­lung offen

(Berlin­er Zeitung) POTSDAM/KLEINMACHNOW. Das Bun­desver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat die
Anforderun­gen für die Rück­über­tra­gung ehe­mals jüdis­chen Besitzes in
Ost­deutsch­land ver­schärft. Das Gericht entsch­ied am Mittwoch, dass pauschale
Ansprüche der Jew­ish Claims Con­fer­ence (JCC) nur unter bestimmten
Voraus­set­zun­gen gültig sind: Dem­nach muss bei diesen so genannten
Glob­al­ansprüchen klar sein, wer genau während der NS-Zeit geschädigt worden
ist und welche Behörde für die Bear­beitung eines Rückübertragungsanspruchs
zuständig ist. “Das bet­rifft min­destens ein paar tausend Fälle in
Ost­deutsch­land”, sagte die Sprecherin des Bun­de­samtes zur Regelung offener
Ver­mö­gens­fra­gen, Ellen Händler, am Mittwoch der Berlin­er Zeitung. Eine
Sprecherin des Bun­desver­wal­tungs­gericht­es sprach von “ein­er wegweisenden
Entschei­dung mit Präzedenzcharakter”. 

Im konkreten Fall (Az: BverG 8 C 15.03) ging es um mehrere Immo­bilien in
Pots­dam, die bis 1935 einem jüdis­chen Kauf­mann gehört hat­ten. Nach dem
Verkauf der Immo­bilien war der Mann aus Deutsch­land geflo­hen. Neuer Besitzer
der Immo­bilien wurde ein Mann, der später eben­falls Opfer der Nazis wurde
und mehrere Jahre im KZ Sach­sen­hausen ver­brachte. Das Verwaltungsgericht
Pots­dam hat­te die Grund­stücke der JCC zuge­sprochen. Die Organ­i­sa­tion setzt
sich seit 1951 für die Entschädi­gung der Holo­caust-Über­leben­den ein. Dagegen
hat­te die Erbin jenes Eigen­tümers geklagt, der selb­st zum Nazi-Opfer
gewor­den war. Das Pots­damer Ver­wal­tungs­gericht muss nun erneut verhandeln,
weil ein­er der drei gestell­ten Anträge möglicher­weise doch detail­liert­er war
als die üblichen Pauscha­lansprüche der Jew­ish Claims Conference. 

Entschädi­gungsansprüche ver­han­delte das Bun­desver­wal­tungs­gericht am Mittwoch
auch in ein­er weit­eren Sitzung. Dabei geht es um mögliche Rückübertragungen
im Bere­ich der Som­mer­feld-Sied­lung in Klein­mach­now. Die ins­ge­samt mehr als 1
000 Grund­stücke gehörten dem jüdis­chen Bau­un­ternehmer Adolf Som­mer­feld, der
1933 aus Deutsch­land fliehen musste. Auch hier hat­te die JCC einen
Pauscha­lanspruch gel­tend gemacht. Strit­tig ist aber, ob zum gesetzlichen
Frist-Ende Ende 1992 alle nöti­gen Unter­la­gen beige­bracht wur­den. Das
Pots­damer Ver­wal­tungs­gericht hat­te ein­er Rück­über­tra­gung zuges­timmt, dagegen
legten die heuti­gen Besitzer Revi­sion ein. Pikant: Die JCC und die
Som­mer­feld-Erben in den USA trat­en Mitte der 90er-Jahre ihren
Entschädi­gungsanspruch an den Berlin­er Bau­un­ternehmer Chris­t­ian Mey­er ab.
Mey­er, der selb­st gar kein NS-Opfer war, kann rechtlich trotzdem
Entschädi­gungs­forderun­gen gel­tend machen. Peter T., Sohn der heutigen
Eigen­tümerin der Immo­bilie am Brod­berg in Klein­mach­now, rech­nete bereits
damit, dass Mey­er die Grund­stücke zuge­sprochen bekommt. Deshalb hat seine
Fam­i­lie für die Immo­bilie schon eine erhe­bliche Summe Geld über­wiesen. Das
Bun­desver­wal­tungs­gericht kam am Mittwoch hier noch zu keinem Urteil, das
soll zwei Tage vor Wei­h­nacht­en verkün­det wer­den. Gewin­nt Mey­er, hat er
Anspruch auf min­destens 100 bebaute und unbe­baute Grund­stücke in der
Som­mer­feld-Sied­lung. Anwohn­er sind verunsichert. 

Die Leipziger Richter prüfen noch, ob Pauscha­lansprüche, die Meyer
über­nom­men hat, kor­rekt gestellt wor­den sind. Die Richter deuteten auch an,
dass möglicher­weise kein Entschädi­gungs­ganspruch beste­hen kön­nte, weil die
Grund­stücke sein­er­seits von ein­er Sied­lungs­ge­sellschaft an die
Eigen­heim­bauer verkauft wor­den sind. 

Bun­desver­wal­tungs­gericht entschei­det über Rückgabe

(Berlin­er Zeitung, 24.11.) KLEINMACHNOW. Das Bun­desver­wal­tungsericht in Leipzig entschei­det am Mittwoch
anhand eines Präze­den­z­fall­es über mögliche Rück­über­tra­gun­gen im Bereich
Som­mer­feld-Sied­lung in Klein­mach­now. Die etwa 1 000 Grund­stücke gehörten zum
Konz­ern des jüdis­chen Unternehmers Adolf Sommerfeld,der 1933 aus Deutschland
fliehen musste.Im konkreten Fall geht es um die Grund­stück mit
Ein­fam­i­lien­haus­be­bau­ung am Brod­berg. Hier hat­te das Verwaltunsgericht
Pots­dam ein­er Rück­über­tra­gung zuges­timmt. Dage­gen gin­gen die heutigen
Besitzer in Revi­sion. Ihr Argu­ment: Die Jew­ish Claims Con­fer­ence habe
sein­erzeit nicht alle benötigten Unter­la­gen frist­gerecht zum Jahre­sende 1992
beige­bracht. Von ein­er Entschei­dung des Bundesverwaltunsgerichtes
unmit­tel­bar betrof­fen wären etwa 100 Grund­stücke in Klein­mach- now. Doch
auch andere Sied­lungs­ge­sellschaften kön­nten dann Ansprüche gel­tend machen.

Kategorien
Uncategorized

Ex-NPD-Mann soll nicht in Ausschuss


Die drei großen Parteien ver­weigern Wahl in Jugendhilfe-Gremium

(Tagesspiegel, 24.11.) Pots­dam — Die Koali­tions­frak­tio­nen von SPD und CDU und die
Oppo­si­tions­frak­tion der PDS wollen in der Land­tagssitzung am Donnerstag
einen DVU-Kan­di­dat­en für den Jugend­hil­feauss­chuss durch­fall­en lassen. Es
geht um den ehe­ma­li­gen NPD-Funk­tionär Thi­lo Kabus. Kabus sei mit seiner
NPD-Vita nicht als Mit­glied des Jugend­hil­feauss­chuss­es geeignet, erklärte
SPD-Frak­tion­schef Gün­ter Baaske am Dienstag. 

Damit ändern die drei großen Parteien ihre bish­erige Prax­is im Umgang mit
der DVU. Da diese das par­la­men­tarische Recht hat, in Auss­chüssen vertreten
zu sein, hat­ten sich die demokratis­chen Parteien bei solchen Wahlen bislang
zumeist der Stimme enthal­ten: Die DVU-Vertreter wur­den mit den Stim­men ihrer
eige­nen Frak­tion in die Auss­chüsse gewählt. Die DVU hat­te Kabus als
Stel­lvertreter der Abge­ord­neten Bir­git Fech­n­er (eben­falls DVU)
vorgeschla­gen. Bei Fech­n­er, die bis­lang nicht auffiel, wollen sich die
Koali­tions­frak­tio­nen wie gehabt der Stimme enthal­ten. Kabus aber “ist nicht
wählbar”, sagte die par­la­men­tarische Geschäfts­führerin der CDU, Saskia
Funck. 

Der Lan­desju­gend­hil­feauss­chuss beschäftigt sich mit allen Auf­gaben der
Jugend­hil­fe. Nach ein­er Land­tagswahl muss er neu beset­zt wer­den. Neun der 20
Mit­glieder wer­den auf Vorschlag der Frak­tio­nen gemäß deren Stärke gewählt.
Für jedes Mit­glied ist ein Stel­lvertreter zu wählen. 

Kabus, der der Frak­tion­ssprech­er der DVU ist, war nach Recherchen der SPD
fast zwanzig Jahre NPD-Mit­glied, zeitweise Bun­desvor­sitzen­der der
Nach­wuch­sor­gan­i­sa­tion der Partei und von 1992 bis 1998 ihr
Lan­desvor­sitzen­der in Bran­den­burg. Im ver­gan­genen Jahr habe er die Partei
ver­lassen. “Es ist eine Pro­voka­tion, dass die DVU einen langjährigen
Nazikad­er für den Jugend­hil­feauss­chuss vorschlägt”, sagte
SPD-Lan­des­geschäfts­führer Klaus Ness. Man sehe, was es in der zweit­en Reihe
der DVU für “Wölfe im Schaf­spelz” gebe. 

DVU schlägt Ex-NPD-Funk­tionär für Jugend­hil­feauss­chuss vor


Koali­tion und PDS wollen Wahl verhindern

(LR, 24.11.) Die Koali­tions­frak­tio­nen von SPD und CDU sowie die PDS-Oppo­si­tion wollen in
der morgi­gen Land­tagssitzung einen DVU-Kan­di­dat­en für den
Jugend­hil­feauss­chuss durch­fall­en lassen. Es geht um den ehemaligen
NPD-Funk­tionär Thi­lo Kabus. 

Kabus sei mit sein­er NPD-Vita nicht als Mit­glied des Jugendhilfeausschusses
geeignet, erk­lärte gestern SPD-Frak­tion­schef Gün­ter Baaske. 

Damit ändern die drei großen Parteien ihre bish­erige Prax­is im Umgang mit
der DVU. Da diese das par­la­men­tarische Recht hat, in Auss­chüssen vertreten
zu sein, hat­ten sich die demokratis­chen Parteien bei solchen Wahlen bislang
zumeist der Stimme enthal­ten: Die DVU-Vertreter wur­den mit den Stim­men ihrer
eige­nen Frak­tion in die Auss­chüsse gewählt. Die DVU hat­te Kabus als
Stel­lvertreter der Abge­ord­neten Bir­git Fech­n­er (eben­falls DVU)
vorgeschla­gen. Bei Fech­n­er, die bis­lang nicht auffiel, wollen sich die
Koali­tions­frak­tio­nen wie gehabt der Stimme enthalten. 

Kabus, der Frak­tion­ssprech­er der DVU ist, gilt als schillernde Fig­ur. Er war
nach Recherchen der SPD fast zwanzig Jahre NPD-Mit­glied, zeitweise
Bun­desvor­sitzen­der der Nach­wuch­sor­gan­i­sa­tion der Partei und von 1992 bis
1998 ihr Lan­desvor­sitzen­der in Bran denburg.

Kategorien
Uncategorized

Schweigen im Nazi-Prozeß


Münch­n­er Recht­sex­treme sollen Bombe­nan­schlag gegen jüdis­ches Gemeindezentrum
geplant haben

(BM) München — Mar­tin Wiese wird schweigen. Der 28 Jahre alte mut­maßliche Chef
der recht­sex­tremen “Kam­er­ad­schaft Süd” und drei führende Mit­glieder sind vor
dem Bay­erischen Ober­sten Landgericht angeklagt, eine terroristische
Vere­ini­gung gebildet zu haben. Bekan­nt wurde die neon­azis­tis­che Gruppierung
vor allem durch die Pla­nung eines Anschlags während der Grund­stein­le­gung für
das Jüdis­che Gemein­dezen­trum in München am 9. Novem­ber 2003. 

Bun­de­san­walt Bernd Steudl sagte, Anliegen der Organ­i­sa­tion sei gewe­sen, “auf
ein Regime nach dem Vor­bild der nation­al­sozial­is­tis­chen Diktatur
hinzuwirken” und dieses Vorhaben auch “mit ter­ror­is­tis­chen Straftaten
durchzuset­zen”. Ähn­lich war die Ein­schätzung des bay­erischen Innenministers
Gün­ther Beck­stein. Er sei “froh und stolz”, erk­lärte der CSU-Poli­tik­er vor
dem Prozeß, daß die bay­erischen Behör­den dieses “sym­bol­trächtige Verbrechen”
ver­hin­dert hät­ten. Hier könne “nur ein hartes Urteil auch ein gerechtes
Urteil” sein. 

Wie groß das Inter­esse an diesem Ver­fahren ist, wußten auch die Angeklagten.
Der 28jährige Alexan­der Maet­z­ing hat­te während der Ermit­tlun­gen noch
umfan­gre­ich aus­ge­sagt. Vor Gericht ver­suchte der aus dem brandenburgischen
Luck­en­walde stam­mende Zim­mer­mann dieses Geständ­nis jedoch zu relativieren.
Was ver­mut­lich auch in sein­er Plazierung auf der Anklage­bank seine Ursache
hat­te. Maet­z­ing saß unmit­tel­bar neben Wiese. Der ver­mied zwar jeden
Augenkon­takt mit dem ehe­ma­li­gen Kumpan und star­rte, die Arme verschränkt,
vor sich hin. Aber den­noch war er für den immer wieder ängstlich zu ihm
blick­enden Maet­z­ing offen­bar sehr präsent. 

Ken­nen­gel­ernt hat­ten sich die bei­den im Herb­st 2002 bei einem sogenannten
Stammtis­chtr­e­f­fen der Kam­er­ad­schaft Süd. Wiese hielt damals eine Rede und
sprach von Pla­nun­gen, geplanten Aktio­nen gegen die Wehrma­cht­sausstel­lung in
München. Kurz darauf sei auch das Parteipro­gramm der NSDAP thematisiert
wor­den. Das habe ihm gefall­en, sagte Maet­z­ing. Es habe Diszi­plin geherrscht.
“Und da bin ich halt dabei geblieben.” Es fol­gte ein schneller Aufstieg:
zunächst in die Schutz­gruppe der Kam­er­ad­schaft Süd — von Wiese als
“Eli­teein­heit” aufgestellt. Kurz darauf avancierte Maet­z­ing sog­ar zu Wieses
Stellvertreter. 

Bei der Polizei und vor einem Haftrichter hat­te Maet­z­ing seinen Chef Wiese
noch stark belastet: Der Rädels­führer habe “bis zu zehn­mal” darüber
fab­u­liert, die Ein­wei­hungs­feier für das jüdis­che Gemein­dezen­trum mas­siv zu
stören. “Er sprach ganz ein­deutig von einem Sprengstof­fan­schlag.” Bei einer
anderen Vernehmung sagt Maet­z­ing sog­ar: “Wiese hätte die Bombe gezündet.”
Vor Gericht wollte Maet­z­ing das so nicht ste­hen lassen. Er sei wegen einer
anderen Sache — eine schwere Kör­per­ver­let­zung, für die er zwei Jahre und
acht Monate bekam — schon seit Juli 2003 inhaftiert gewe­sen. “Ich wußte
nicht, was wirk­lich gelaufen war”, sagte er. Die Polizei habe ihm diese
Aus­sagen sug­geriert. Man habe in der Gruppe zwar über einen Anschlag
gesprochen, “aber das war doch alles nur Gerede”. 

Doch es gibt Aus­sagen aus einem Par­al­lelver­fahren, bei dem Mit­glieder der
“Kam­er­ad­schaft Süd” Wiese und dessen Stel­lvertreter unter Auss­chluß der
Öffentlichkeit zum Teil schw­er belastet haben sollen. Zudem wird ein V‑Mann
des Bay­erischen Lan­desamts für Ver­fas­sungss­chutz als Zeuge erwartet, der
sich in die recht­sex­treme Gruppe eingeschlichen und für eine Abhörmaßnahme
in Wieses Münch­n­er Woh­nung gesorgt hat­te. Anschließend gab es die
Verhaftungen. 

Wiese wird ver­mut­lich während des gesamten zunächst bis in den März hinein
ter­minierten Prozess­es schweigen. Schon um nicht wie sein Kumpan Maetzing
ver­bal ins Schlingern zu kom­men. So ist es bei sein­er Vertei­di­gerin Anja
Seul her­auszuhören. “Er hört sich nun mal gern reden”, beschrieb sie Wiese
vor dem Prozeß. Und auf die Frage, ob er sich geän­dert habe, sagte sie: “Der
war ein Nazi und ist ein Nazi, auch wenn er sich selb­st nicht so
bezeichnet.” 


“Man kön­nte ne Hand­granate reinwerfen”


Prozess gegen Kam­er­ad­schaft Süd: Angeklagter berichtet, man habe “viel
Blödsinn” über mögliche Anschläge geredet

(TAZ) MÜNCHEN Gewalt­frei, ordentlich und diszi­plin­iert. So sei es bei der
“Kam­er­ad­schaft Süd” zuge­gan­gen, sagt Alexan­der M., 28. Deswe­gen sei er, bis
dahin “eher im unpoli­tis­chen Skin­head-Milieu in München” aktiv, auch im
Herb­st 2002 zu einem Stammtisch der irgend­wie schon rechtsextremistischen,
aber gemäß sein­er Aus­sage ja doch ver­fas­sungstreuen und friedliebenden
Truppe gestoßen. Dass er nun, zwei Jahre später, wegen des Vor­wurfs der
Mit­glied­schaft in ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung vor Gericht ste­ht, kann
er sich nicht so recht erklären. 

Es passte wenig zusam­men in der Aus­sage von M., mit der der Prozess gegen
Anführer der Neon­azi-Truppe “Kam­er­ad­schaft Süd” begann. So beste­ht M.
darauf, dass ein Bombe­nan­schlag auf die Eröff­nungs­feier des jüdischen
Gemein­dezen­trums in München, der den Neon­azis vorge­wor­fen wird, nie
ern­sthaft geplant wor­den sei, erzählt kurz darauf aber, “es wurde darüber
gere­det, man kön­nte ne Hand­granate rein­wer­fen”. Kurz darauf schwächt er ab:
“Es wurde viel gere­det, auch viel Blödsinn.” 

Das mag so gewe­sen sein — nur: M. und die drei anderen Angeklagten verfügten
über Hand­granat­en wie auch über 1,2 Kilo­gramm TNT, Zün­der und eine extra
ange­fer­tigte Rohrbombe. Das geste­ht auch M. ein, der dann berichtet, wie man
das Mate­r­i­al und weit­ere Waf­fen bei Gesin­nungsgenossen in
Meck­len­burg-Vor­pom­mern beschafft hat. Was mit dem Sprengstoff geschehen
sollte, darüber hat sich M. ange­blich “keine Gedanken gemacht”. 

Trotz aller Wider­sprüche lieferte M.s Aus­sage inter­es­sante Neuigkeit­en: So
hat­te sich Mar­tin Wiese, der Anführer der “Kam­er­ad­schaft Süd”, offen­bar auch
das Münch­n­er Rathaus als möglich­es Anschlagsziel aus­ge­sucht. Zudem soll
Wiese im Früh­jahr 2003 an ein­er Auto­bah­n­rast­stätte mehrere Pis­tolen an einen
Unbekan­nten übergeben haben. Da auch das Geld für die Beschaf­fung der Waffen
anscheinend aus bis­lang unbekan­nter Quelle stammt, stellt sich die Frage,
wer noch hin­ter der Gruppe steck­en kön­nte. Die Antwort kön­nte Anführer Wiese
geben, doch der ver­weigert einst­weilen die Aus­sage. Der Prozess vor dem
Bay­erischen Ober­sten Lan­des­gericht soll noch bis März 2005 dauern, mehr als
fün­fzig Zeu­gen sind geladen.

Kategorien
Uncategorized

Rechter Terror mit Schriftführer und Kassierer


West­lich von Berlin wollte eine Gruppe Jugendlich­er durch regelmäßige
Bran­dan­schläge sämtliche Aus­län­der aus ihrer Stadt vertreiben. Die
Staat­san­waltschaft hat Anklage wegen Bil­dung ein­er terroristischen
Vere­ini­gung erhoben

(TAZ) BERLIN Die Bran­den­burg­er Gen­er­al­staat­san­waltschaft hat 12 Jugendliche
aus dem Havel­land wegen Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung angeklagt.
“Aus­ländis­che Mit­bürg­er soll­ten mit plan­mäßiger Ver­bre­itung von Angst
ver­trieben wer­den”, erk­lärte Staat­san­waltssprech­er Rolf Grünebaum. Zum
ersten Mal in Bran­den­burg erhebt der Gen­er­al­staat­san­walt die Anklage vor dem
Ober­lan­des­gericht als erster Instanz. Grün­baum dazu: “Wir nehmen das sehr
ernst, das ist kein Kinderkram.” 

Sieben Imbissstände und Restau­rants sollen die 12 Jugendlichen, die sich
selb­st “Freiko­rps” nan­nten, von August 2003 bis Mai 2004 im Havel­land in
Brand gesteckt haben. (taz berichtete) Sie alle gehörten Migranten. Einige
zün­dete die Gruppe mehrmals an, ein­mal wäre fast ein benach­barter Supermarkt
mit abge­bran­nt. 600.000 Euro Schaden hat die Staat­san­waltschaft insgesamt
errech­net. Doch die Ermit­tler schock­ierte vor allem eines: Hin­ter den
Anschlä­gen steck­te eine poli­tis­che Strate­gie — erson­nen vom damals
19-jähri­gen Schüler Christo­pher H. Der Gym­nasi­ast aus dem Berlin-nahen
Städtchen Nauen hat­te die Gruppe straff organ­isiert — mit Satzung,
Schrift­führer und Kassier­er. Wer mitzün­deln wollte, zahlte 5 Euro
Mitgliedsbeitrag. 

“Dabei war Christo­pher eher ein stiller Typ”, sagt eine ehemalige
Mitschü­lerin. Der von seinen Kumpels “Bombi” genan­nte Freiko­rps-Führer war
gut im Fach Chemie und hat sich laut Staat­san­waltschaft “schon länger für
das Her­stellen von Sprengsätzen inter­essiert”. Die zün­dete er erst in den
Wäldern um Nauen, später kam er auf die Idee mit dem Freiko­rps. Der
Rädels­führer sitzt seit Som­mer 2004 in U‑Haft.

“Getötet wer­den sollte nie­mand”, sagt Staat­san­waltssprech­er Grün­baum. Doch
es war erk­lärtes Ziel des Freiko­rps, Aus­län­der durch das Schüren von Angst
aus Nauen zu vertreiben. Das stand in der Satzung, welche die Angeklagten
nach den ersten Vernehmungen ver­nichtet haben. Sie ließ sich nur anhand
übere­in­stim­mender Aus­sagen rekon­stru­ieren. Offen­bar wollte das Freikorps
auch expandieren. “Nach Nauen sollte es weit­erge­hen”, sagt Grün­baum. “Sie
woll­ten ihre Tätigkeit ausweiten.” 

Obwohl die Aktio­nen des Freiko­rps an das von Freien Kameradschaften
propagierte Konzept der “nation­al befre­it­en Zonen” erin­nern, kon­nten die
Ermit­tler bish­er keine Verbindun­gen zu anderen Recht­sex­tremen nachweisen.
Auch die örtliche Antifa hat dafür keine Anhalt­spunk­te. Der Prozess gegen
das Freiko­rps kön­nte laut Staat­san­waltssprech­er Grünebaum noch in diesem
Jahr begin­nen. Ein Straf­maß forderte die Behörde noch nicht. Aber laut Straf
geset­zbuch dro­hen den Freiko­rps-Mit­gliedern Frei­heitsstrafen von sechs
Monat­en bis zu zehn Jahren. 

Der mut­maßliche Ter­ror-Chef schweigt


Gen­er­al­staat­san­walt erhebt Anklage gegen zwölf Recht­sex­trem­is­ten wegen
Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vereinigung

(Berlin­er Zeitung) NAUEN. Christoph H. hat im Gefäng­nis die Bran­dan­schläge abgestrit­ten und
dann geschwiegen. Doch die Gen­er­al­staat­san­waltschaft ist sich­er: Der
20-jährige Abi­turi­ent des Nauen­er Goethe-Gym­na­si­ums ist der Rädelsführer
ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung. Jet­zt wurde gegen H. und dessen elf
Kom­plizen, die sich den Namen Freiko­rps gaben, Anklage erhoben. Der Vorwurf:
Bil­dung ein­er Ter­ror­gruppe, Brand­s­tiftung und Sachbeschädigung.
Voraus­sichtlich noch in diesem Jahr wird am Ober­lan­des­gericht der erste
Ter­ror­prozess im Land Bran­den­burg beginnen. 

Die zwölf Recht­sex­trem­is­ten sollen laut Anklage zwis­chen August 2003 und Mai
2004 sieben Bran­dan­schläge auf viet­name­sis­che und türkische Imbissstände und
Restau­rants in Nauen, Briese­lang, Falkensee und Schön­walde verübt haben.
Ziel der Tat­en soll es gewe­sen sein, in der Region lebende Aus­län­der in
Angst und Schreck­en zu ver­set­zen. Die Vor­bere­itung der Anschläge soll bei
Christoph H. daheim im havel­ländis­chen Pausin erfol­gt sein. 

Das Ver­fahren hat auf Grund des jugendlichen Alters — die Angeklagten waren
zur Tatzeit zwis­chen 15 und 19 Jahre alt — und der Tat­sache, dass offenbar
keine Men­schen zu Schaden kom­men soll­ten und auch nie­mand zu Schaden kam,
“min­dere Bedeu­tung”, sagte Rolf Grünebaum, der Sprech­er der
Gen­er­al­staat­san­waltschaft. Daher seien die Ermit­tlun­gen auch nicht — wie
son­st bei Ter­ror­is­mus-Ver­dacht üblich — vom Gen­er­al­bun­de­san­walt Kay Nehm
geführt worden. 

Die zwölf Angeklagten, die alle nicht vorbe­straft sind, sind Schüler,
Auszu­bildende oder arbeit­s­los. Sie haben sich laut Grünebaum in der Nauener
recht­en Szene ken­nen gel­ernt. “Bei der Grün­dung des Freiko­rps gaben sie der
Gruppe mit ein­er Satzung eine feste Struk­tur. In der Satzung war das Ziel,
Aus­län­der aus der Gegend zu vertreiben, fest­geschrieben”, sagte Grünebaum.
Auch soll­ten die Beschuldigten monatlich fünf Euro Mitgliedsbeitrag
bezahlen. Davon habe man unter anderem das benötigte Ben­zin für die
Brand­sätze gekauft. Es seien auch ein Kassier­er und ein Schriftführer
bes­timmt wor­den. “Die Satzung ist das Entschei­dende für den
Ter­ror­is­mus-Ver­dacht”, sagte Grünebaum. Auch wenn sie von den Angeklagten
ver­nichtet wor­den sei, noch bevor sie von den Ermit­tlern sichergestellt
wer­den konnte. 

Bei den Anschlä­gen, die nicht spon­tan aus­ge­führt, son­dern akribisch geplant
wor­den waren, ent­stand laut Anklage ein Gesamtschaden von mehr als 600 000
Euro. “Motiv der Tat­en war ein­deutig Aus­län­der­hass”, sagte Grünebaum. 

Wird Christoph H. nach dem Jugendgerichts­ge­setz verurteilt, dann dro­ht ihm
als Rädels­führer ein­er Ter­ror-Vere­ini­gung eine Frei­heitsstrafe von bis zu
zehn Jahren. Während er in der Unter­suchung­shaft weit­er­hin zu den Vorwürfen
schweigt, haben seine elf Kom- plizen nach Angaben der
Gen­er­al­staat­san­waltschaft umfan­gre­iche Geständ­nisse abgelegt.

Kategorien
Uncategorized

Weitere Zeugen für die Wahrheit

(MAZ, Dag­mar Simons) NEURUPPIN Das Ver­fahren gegen Jubi­line G. wird wohl erst im Jahre 2005 been­det werden.
So sieht es zumin­d­est nach dem gestri­gen drit­ten Ver­hand­lungstag aus.
Min­destens zwei weit­ere Ter­mine wird es noch geben. Denn Vertei­di­ger Steffen
Sauer fall­en immer wieder neue Zeu­gen ein, die sein­er Mei­n­ung nach zur
Wahrheits­find­ung beitra­gen können. 

Seit dem 9. Novem­ber muss sich die Kameruner­in unter anderem wegen
gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Neu­rup­pin­er Amts­gericht verantworten.
Nach Auf­fas­sung der Staat­san­waltschaft hat die 30-Jährige am 1. Juni eine
Polizeibeamtin in die Hand gebis­sen, obwohl sie wusste, dass sie HIV-positiv
ist. Ob die von Abschiebung bedro­hte Frau von ihrer Erkrankung wusste, ist
eine Schlüs­sel­frage in diesem Verfahren. 

Jubi­line G. schweigt. Aufk­lärung erhofft sich das Gericht von den Zeugen.
Für Sozial­ber­a­terin Regi­na G. stand die Schwarzafrikaner­in unter einem
enor­men Druck. Seit zwei Jahren lebte sie in Ungewis­sheit über ihr weiteres
Schick­sal. So lange wartete sie auf die gerichtliche Erlaub­nis, heirat­en zu
dür­fen. “Diese Zeit der Unsicher­heit hat bei ihr zu einer
Per­sön­lichkeitsverän­derung geführt”, sagte Regi­na G. Am 1. Juni kam Jubiline
G. zu ihr — nach Alko­hol riechend und sehr aufgeregt. Sie habe am 12. Mai
nicht aus­reisen kön­nen, weil sie krank gewe­sen sei, habe Jubi­line G. ihr
gesagt. Das habe auch ein Medi­zin­er bestätigt, so Regi­na G. Trotz­dem hätte
sie am Haft­be­fehl nichts ändern können. 

Nach dem Biss-Unfall hat­te die Sozial­ber­a­terin mit der ver­let­zten Beamtin
gesprochen. Die Polizei bekomme nur den Haft­be­fehl, nicht aber den Grund
mit­geteilt. Ein Manko, bedauerte Regi­na G. Vielle­icht könne man anderenfalls
mit Men­schen, die so unter Druck ste­hen, anders umgehen. 

Zwei Mitar­bei­t­erin­nen des Sozialamtes führten die Angeklagte unter dem Namen
Klara Takko. Bei­de wussten von der Erkrankung der Angeklagten und der
Notwendigkeit ein­er regelmäßi­gen Behand­lung. In einem Akten­ver­merk lehnte
die Angeklagte weit­ere ärztliche Behand­lun­gen und Medika­mente ab. Darüber
hät­ten sie auch mit Jubi­line G. gesprochen, nicht aber die Krankheit beim
Namen genannt. 

Vertei­di­ger Stef­fen will nun ein zah­n­medi­zinis­ches Gutacht­en. Das soll
beweisen, dass seine Man­dan­tin ein intak­tes Gebiss und eine gesunde
Schleimhaut habe und schon deshalb nie­mand ansteck­en könne. Weit­er soll ein
Psy­chi­ater ihr eine Per­sön­lichkeitsstörung nach­weisen, die es ihr unmöglich
mache, die Diag­nose zu akzeptieren. 

Die Ver­hand­lung wird am 13. Dezem­ber fortgesetzt.

Inforiot