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Verfahrenseinstellung greifbar nahe

(MAZ, Carsten Böttch­er) Mit ein­er öffentlichen Erk­lärung Lutz Boedes kön­nten die gerichtlichen
Nach­we­hen des Fußball­spiels zwis­chen Her- tha BSC und dem SV Babels­berg vom
25. August 2001 sowie der anschließen­den Ran­dale vor einem alternativen
Wohn­pro­jekt in der Rudolf- Bre­itscheid-Straße jet­zt ein Ende find­en. Wie
berichtet, läuft vor dem Landgericht ein Beru­fungsver­fahren gegen Boede. Der
Stadtverord­nete der Frak­tion Die Andere war vom Amts­gericht im März 2003 in
drei Punk­ten der üblen Nachrede für schuldig befun­den wor­den. Verk­lagt hatte
ihn die Polizei ursprünglich in elf Punk­ten, so Boede. 

Er hat­te behauptet, die Polizei habe sich bei ihrem Ein­satz in dem
Wohn­pro­jekt-Haus an Bargeld und Getränken bere­ichert und auf Polstermöbel
uriniert. Nach dem Urteil wandte sich Boede an die nächst höhere
gerichtliche Instanz. 

Das Gericht sei an unwider­leg­bare Beweise gebun­den, insofern sei die
Sit­u­a­tion im Ver­fahren schwierig. Mit sein­er öffentlichen Erk­lärung wolle er
zur Ver­sach­lichung beitra­gen, erk­lärte Boede gestern am Rande der
Ver­hand­lung. In der Tat war die Atmo­sphäre im Gerichtssaal teils emotional
geladen. Schließlich einigten sich Ober­staat­san­walt Falch, Boede und dessen
Vertei­di­gerin Kla­mann auf die Modal­itäten, unter denen die Erk­lärung bis
spätestens 15. Novem­ber erfol­gen solle. Zudem verpflichtete sich Boede, 100
Stun­den gemein­nützige Arbeit zu leis­ten. Unter diesen Prämis­sen ste­ht am
kom­menden Dien­stag, wenn die Ver­hand­lung fort­ge­set­zt wird, ein­er vorläufigen
Ein­stel­lung des Ver­fahrens nichts mehr im Wege. Sind auch alle Sozialstunden
abgeleis­tet, würde das Ver­fahren gegen Boede endgültig eingestellt werden. 

Zum Ende der Ver­hand­lung lehnte Rich­terin Ebisch gestern noch die Anhörung
von drei Zeu­gen der Vertei­di­gung ab. Deren per­sön­lich­es Erscheinen sei unter
anderem deshalb nicht notwendig, weil ihre Aus­sagen beziehungsweise die
Auflis­tung von am Polizeiein­satz beteiligten Beamten bere­its in den Akten
vorlägen. 

Unter­dessen hat eine Pots­damer Arbeits­ge­mein­schaft mit dem Namen “Artikel
5/1 Grundge­setz” beim Gen­er­al­staat­san­walt des Lan­des Bran­den­burg eine
Dien­stauf­sichts­beschw­erde gegen Falch ein­gere­icht. Anlass hier­für ist unter
anderem ein Wortwech­sel zwis­chen Boede und Falch am Rande eines früheren
Ver­hand­lungstages. , in dem Falch nach Darstel­lun­gen der Arbeitsgemeinschaft
geäußert haben soll, er habe 50 Jahre in der Bun­desre­pub­lik gelebt. Boede
sei, soweit er wisse, in Pots­dam geboren; von ihm lasse er sich nicht über
Presse­frei­heit belehren. Falch sagte gestern auf Anfrage, ihm sei die
Beschw­erde noch nicht bekan­nt; er könne sich demzu­folge auch noch nicht dazu
äußern. 

Der Sprech­er der Arbeits­ge­mein­schaft, Püschel, ver­wies in ein­er Erklärung
darauf, dass Boede wegen sein­er Kri­tik an der DDR 1983/84 für acht Monate in
Haft gesessen habe.

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Die Zeichen rechter Gesinnung

(MAZ, Dirk Klauke) WITTSTOCK “Wir haben kein Prob­lem mit Recht­sradikalen in der Schule”, berichtet Sabine
Stein­bach. Die Lei­t­erin der Dr.-Wilhelm-Polthier-Gesamtschule weiß aber,
dass der Recht­sradikalis­mus auch in Witt­stock eine neue Qual­ität erreicht
hat. Neon­azis sind nicht mehr vor­wiegend als Bomber­jack­en- und
Springer­stiefel­träger zu erken­nen. Mit dem Tra­gen bes­timmter Marken­ware oder
von Aufnäh­ern beken­nen sich Jugendliche zu ihrer braunen Gesinnung. 

Die Hau­sor­d­nung der Schule ver­bi­etet zwar “ver­bale und äußer­lich sicht- und
erkennbare Pro­voka­tio­nen hin­sichtlich recht­sradikalem und
aus­län­der­feindlichem Hin­ter­grund” und “Belei­di­gung, Volksver­het­zung oder
Ein­schüchterung Ander­s­denk­ender und rech­tradikale Propaganda”. 

Um recht­sradikale Sym­pa­thisan­ten rechtzeit­ig ent­lar­ven und sich mit ihnen
auseinan­der set­zen zu kön­nen, hat­te die Direk­torin am Mon­ta­gnach­mit­tag ihre 36
Päd­a­gogen und eine Schul­sozialar­bei­t­erin zur Weit­er­bil­dungsver­anstal­tung der
beson­deren Art geladen. Rede und Antwort standen Vertreter der Neuruppiner
Son­derkom­mis­sion Tomeg/Mega (Täteror­i­en­tierte Maß­nah­men gegen rechtsextreme
Gewalt/Mobile Ein­satzein­heit gegen Gewalt und Aus­län­der­feindlichkeit), des
Mobilen Beratung­steams Neu­rup­pin der Regionalen Arbeitsstellen für
Aus­län­der­fra­gen, Schule und Jugen­dar­beit (RAA) und der Wittstocker
Polizeiwache. 

RAA-Mitar­beit­er Nico­la Scu­teri erk­lärte mit Bild­w­er­fer­folien, wie
rechts­gerichtete Jugendliche zu erken­nen und Neon­azi-Struk­turen in einer
Kle­in­stadt aufge­baut sind. Mit Zahlenkom­bi­na­tio­nen wer­den Buch­staben des
Alpha­betes erset­zt: 88 für HH (Heil Hitler) oder 14 für AH (Adolf Hitler).
Marken wie Lons­dale, Alpha Indus­tries oder auch die Wasser­sport­marke HH
(Helly Hansen) wer­den gern von Recht­sradikalen getra­gen. Eine besonders
unrühm­liche Rolle spielt die Marken­fir­ma Cons­daple. “Bei hal­bof­fen­er Jacke
sind nur noch die Buch­staben nsdap zu erken­nen”, berichtete Nicola
Scu­teri. “Das ist dann eine straf­bare Hand­lung” ergänzte Neuruppins
Tomeg-Leit­er Stef­fen Decker. 

Straf­bar ist das Tra­gen von Bek­lei­dung mit dem Königs Wusterhausener
Marken­ze­ichen “Thor Steinar”. “Wenn Sie so etwas sehen, rufen Sie bitte die
Polizei an”, bat Deck­er die Pädagogen. 

Bei Recht­en beliebte Sym­bole wie der Thor(s)hammer sind nicht ver­boten. Das
Tra­gen des Kel­tenkreuzes kann nur im Kon­text mit der verbotenen
“Volkssozial­is­tis­chen Bewe­gung Deutschlands/Partei der Arbeit” untersagt
werden. 

Musik sei die Ein­stiegs­droge in den Recht­sradikalis­mus, sagte
RAA-Mitar­bei­t­erin Gabriele Schla­mann. Sie spielte eine harm­los und melodisch
klin­gende CD von ein­er “Annett” vor: Darin beklagt die Sän­gerin, dass die
deutsche Mut­ter eines Sohnes keine Sozial­hil­fe bekomme, während die
aus­ländis­che Nach­barin mit sieben Gören kräftig absahne. 

Wachen­leit­er Arno Rosen­bruch zufolge ist die Witt­stock­er recht­sex­treme Szene
zahlen­mäßig von 2003 zu 2004 gewach­sen, die Zahl der Straftat­en allerdings
sei zurück­ge­gan­gen. Beliebter Tre­ff­punkt ist die Total-Tankstelle. Hier habe
die Polizei eini­gen Jugendlichen Aufen­thaltsver­bote erteilt. In kleineren
Orten um Witt­stock kreuzten immer wieder Recht­sex­treme auf, um
Ver­anstal­tun­gen zu stören. 

Arno Rosen­bruch bat die Päd­a­gogen, sich schnell an die Polizei zu wenden,
wenn Anze­ichen für recht­sex­tremes Gedankengut in der Schule erkennbar sei,
“auch wenn Sie sich nicht sich­er sind”. 

Der Ost­prig­nitz-Rup­pin­er Tomeg-Chef Stef­fen Deck­er berichtete vom immensen
Ein­satz der Polizei, um die rechte Szene im Schutzbere­ich zu kontrollieren.
Der Schw­er­punkt lag für die Tomeg-Leute bis 2003 in Witt­stock, jet­zt seien
seine Mitar­beit­er auch für Neu­rup­pin zuständig. Eigentlich müssten sich viel
mehr Men­schen dafür ein­set­zen, Recht­sradikalen in Witt­stock eine Abfuhr zu
erteilen. 

Die Rekru­tierung von Neon­azis erfolge auch im Witt­stock­er Gym­na­si­um, sagte
Stef­fen Deck­er. Die Logis­tik der Recht­en sei sehr aus­gereift. Die
Witt­stock­er Szene habe Kon­tak­te zu Gle­ich­gesin­nten in Ham­burg, Bremen,
Mal­chow, Pritzwalk, Ober­hav­el und Rathenow. Da das Ein­stiegsalter bei “13
plus” liege, appel­lierte auch Stef­fen Deck­er an die Päd­a­gogen, sich nicht zu
scheuen, ihn anzu­rufen (03391/ 35 41 85).

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Weichen für Synagoge gestellt

(MAZ, Mar­i­on Kauf­mann) INNENSTADT 66 Jahre nach der Pogrom­nacht soll die jüdis­che Gemeinde Pots­dam nun
defin­i­tiv eine neue Syn­a­goge bekom­men. “Wir rech­nen mit ein­er Entscheidung
in drei Monat­en”, sicherte Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs gestern am Rande
der Gedenk­feier am ehe­ma­li­gen Syn­a­gogen­stan­dort am Platz der Ein­heit zu. 

In der Nacht vom 9. auf den 10. Novem­ber 1938 war die Syn­a­goge von den
Nation­al­sozial­is­ten beschädigt und später von Bomben getrof­fen wor­den. Um an
den Beginn der Massen­ver­nich­tung der Juden im Drit­ten Reich zu erinnern,
ver­sam­melten sich gestern rund 40 Men­schen an der Gedenk­tafel, um Kränze und
Blu­men für die jüdis­chen Opfer des Nazi-Ter­rors niederzule­gen. “Das gesamte
deutsche Volk hat viel Leid hin­nehmen müssen. Dass es nun bald wieder eine
Syn­a­goge in Pots­dam geben wird, ist ein Trost”, so Michael Chvarts,
Vor­sitzen­der der jüdis­chen Gemeinde. 

“Aus Man­gel an dif­feren­ziertem Geschichts­be­wusst­sein ist die Narbe mit
sozial­is­tis­chen Baut­en verdeckt wor­den, aber geheilt ist die Wunde noch
lange nicht”, gab Jakobs zu ver­ste­hen. Eine neue Syn­a­goge mit
Gemein­dezen­trum sei ein wichtiger Schritt. Wo das jüdis­che Leben in Potsdam
aufer­ste­hen soll, ließ das Stad­to­ber­haupt noch offen. “Die Stadt und die
jüdis­che Gemeinde haben sich bere­its auf ein geeignetes Grundstück
ver­ständigt”, deutete Jakobs lediglich an, dass die Syn­a­goge in der
Innen­stadt liegen wird, der genaue Ort soll erst in drei Monat­en bekannt
geben wer­den. Ein Neubau jeden­falls schei­det aus. “Es han­delt sich um ein
Gebäude, das grundle­gend saniert wer­den muss”, so Jakobs. Zuvor war das
Are­al am Kanal 1 im Gespräch. 

“Eine Syn­a­goge ist mehr als ein Sym­bol. Sie ist ein Fun­da­ment für die rund
800 Juden, die in Pots­dam leben”, hob Rab­bin­er Nachum Pres­man die Bedeutung
eines neuen Gotte­shaus­es gestern abend her­vor. Wann die Gemeinde ihr neues
Heim beziehen kann, ist noch offen. “Bish­er waren alle unsere Schätzungen
falsch”, hofft Pres­man auf eine baldige Klärung aller Fra­gen. Dazu zählt
auch die Finanzierung. 

Die jüdis­che Gemeinde ist hoch ver­schuldet und forderte von der Stadt die
kosten­lose Bere­it­stel­lung eines Grund­stücks. “Die Gespräche darüber laufen
noch”, hielt sich Jakobs vage, kündigte aber ein baldiges Tre­f­fen mit
Min­ster­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) an.

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Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht in Cottbus

Eine Gedenkver­anstal­tung zur Pogrom­nacht fand gestern mit­tag am Stan­dort der
ehe­ma­li­gen Syn­a­goge im Cot­tbuser Stadtzen­trum statt: Am 9. Novem­ber 1938
hat­ten die Nation­al­sozial­is­ten die Syn­a­goge am Platz vor den heutigen
Stadtwerken niedergebrannt. 

Der Stadtverord­neten-Vorste­her Michael Won­neberg­er (CDU) legte einen Kranz
nieder, um anschließend die Eröff­nungsworte zu sprechen. «In ganz
Deutsch­land und an anderen Orten der Welt gedenken Men­schen der
Reich­skristall­nacht.» Aus­gelöst durch eine Het­zrede ober­ster Nazischergen,
so Won­neberg­er weit­er, seien 7000 Gebäude zer­stört wor­den. «30 Men­schen aus
Cot­tbus wur­den ins Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen ver­schleppt. Es kam zu
ein­er sys­tem­a­tis­chen Auss­chal­tung aus dem öffentlichen Leben.» Er sei froh
darüber, dass es wieder eine starke jüdis­che Gemeinde in Cot­tbus gibt. 

Nach Won­neberg­er wandte sich Ghän­nad Cus­nir von der jüdis­chen Gemeinde in
Cot­tbus an die Besuch­er. Er erk­lärte: «Die Geschichte hat bewiesen, dass das
Volk die Lehre aus dieser Tragödie gezo­gen hat. Wir sind der Stadt Cottbus
dankbar für ihre Unter­stützung. Wir wer­den uns an die Lehren der Geschichte
erin­nern, aber wir glauben daran, dass sie sich nicht wieder­holen wird.»

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Weniger MontagsdemonstrantInnen

In Bran­den­burg wurde in rund 20 Städten demon­stri­ert, so etwa in Pots­dam, Brandenburg/Havel, Frank­furt (Oder), Witt­stock (Ost­prig­nitz-Rup­pin) und Elster­w­er­da (Elbe-Elster). Ins­ge­samt gin­gen in der Mark nach Polizeiangaben annäh­ernd 3.000 Men­schen auf die Straße. 

Der DGB-Chef von Berlin-Bran­den­burg, Dieter Scholz, kri­tisierte die Hartz-Geset­ze erneut als arbeits­markt- und sozialpoli­tisch schädlich sowie volk­swirtschaftlich falsch. Diese Geset­ze wür­den sozial abgesicherte Arbeitsver­hält­nisse ver­drän­gen und die Bin­nen­nach­frage hem­men, sagte er am Mon­tag in Berlin auf ein­er tar­if­poli­tis­chen Kon­ferenz des DGB

Unter­dessen kündigten die Glob­al­isierungskri­tik­er von attac an, sie wür­den angesichts sink­ender Teil­nehmerzahlen nicht mehr zu Mon­tags­demon­stra­tio­nen aufrufen. “Wir müssen weg von der Fix­ierung auf die Mon­tags­demos. Der West­en hat nicht reagiert, der Funke ist nicht überge­sprun­gen”, sagte Peter Wahl vom attac-Koor­dinierungskreis dem “Tagesspiegel” (Dien­stag). Ver­gan­gene Woche hat­te die Dien­stleis­tungs­gew­erkschaft ver.di ihre Unter­stützung für die Mon­tags­demon­stra­tio­nen aufgekündigt.

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Alternativen zum “Volkstrauertag”

Auch 2004 führt die Stadt Pots­dam die offizielle Feier zum Volk­strauertag wieder
ohne Zeitzeu­gen durch. Diese frag­würdi­ge Gedenkpoli­tik, in der Repräsen­tan­ten stel­lvertre­tend für ganze Völk­er und Opfer­grup­pen trauern, Zeitzeu­gen und Vertreter von Opfer­ver­bän­den aber nicht zu Wort kom­men, kri­tisieren wir. 

Wir wer­den daher wie bere­its 2003 eigene Ver­anstal­tun­gen mit inter­es­san­ten Gästen durch­führen, zu denen wir hier­mit her­zlich einladen: 

12 Uhr

Gedenkver­anstal­tung

Neuer Fried­hof

mit Adolf Burg­er, Prag (Int. Sachsenhausenkomitee)

und Lud­wig Bau­mann, Bre­men (Bun­desvere­ini­gung Opfer der NS-Militärjustiz)

16 Uhr

“Die Num­mer 64.401 spricht”

Buch­laden Sput­nik, Char­lot­ten­str. 28

Vor­trag von und Gespräch mit dem ehem. Sach­sen­hausen­häftling Adolf Burg­er (Prag)

Kam­pagne gegen Wehrpflicht, Zwangs­di­en­ste und Militär

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Es brennt Brüder, es brennt”

Mehr als 100 Bernauer gedacht­en gestern der Opfer des Pogromen
Bernau: Erst­mals seit der Wende gab es gestern Abend in Bernau eine
Gedenkver­anstal­tung an die Pogrom­nacht des 9. Novem­ber 1938. Nach der
Eröff­nung durch Jugendliche des evan­ge­lis­chen Vere­ins “Offene Hütte”
sang Elis­a­beth Kun­ze aus Lobe­tal auf dem Mark­t­platz “Es bren­nt Brüder,
es bren­nt” und “Soll ein Scholem” , zwei jüdis­che Lieder die unter dem
Ein­druck eines Pogromes enstanden. Proffes­sor Carl-Jügen Kalterborn
erzählte die Geschichte “Enkel Novem­ber”. Unter Klän­gen des Bläserchor
St. Marien schrit­ten die Teil­nehmer mit Lichtern in die Brauer­straße, wo
es bis 1892 eine Syn­a­goge gab. Vor der Gedenk­tafel wurde an die aus
Bernau ver­schleppten jüdis­chen Fam­i­lien erinnert.

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Aufmarsch am Soldatenfriedhof

(MAZ) HALBE Zum zweit­en Mal seit 1991 kön­nten am kom­menden Sonnabend anlässlich des
Volk­strauertags Hun­derte Neon­azis am größten deutschen Sol­daten­fried­hof in
Halbe (Dahme-Spree­wald) auf­marschieren. Soll­ten die Gerichte mit Ver­weis auf
das Grun­drecht der Ver­samm­lungs­frei­heit die Kundge­bung genehmi­gen, erwartet
die Polizei eine größere Demon­stra­tion als im ver­gan­genen Jahr, so der
Sprech­er des Polizeiprä­sid­i­ums Frank­furt (Oder), Peter Sal­en­der. Im November
2003 hat­ten sich etwa 600 Recht­sex­treme in Halbe ver­sam­melt. Die Polizei
hat, wie in den Vor­jahren, die diesjährige Kundge­bung der Neon­azis unter dem
Mot­to “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en und den €päis­chen
Frei­willi­gen” zunächst verboten. 

Nach Sal­en­ders Angaben rech­net die Polizei neben bis zu 800 Rechtsextremen
mit etwa 2500 Gegen­demon­stran­ten. Um gewalt­tätige Auss­chre­itun­gen wie vor
zwei Wochen in Pots­dam zu unterbinden, sei das Kontin­gent der
Polizeibeamten, die aus Bran­den­burg und drei weit­eren Län­dern stammen,
“deut­lich aufge­stockt” wor­den. In Pots­dam waren etwa 1200 Beamte im Einsatz
gewe­sen, 18 waren von mil­i­tan­ten Link­sex­trem­is­ten ver­let­zt worden. 

Bei der Kundge­bung in Halbe wird sich die Polizei nicht nur auf Attacken
links‑, son­dern auch recht­sex­tremer Demon­stran­ten vor­bere­it­en. Nach der
Erfahrung von Pots­dam, als die Neon­azis ent­ge­gen ihrer Pla­nung auf ihren
Marsch durch die Innen­stadt verzichteten und sich mit ein­er Ausweichstrecke
beg­nü­gen mussten, hat das Aggres­sionspo­ten­tial unter den Rechtsextremen
möglicher­weise zugenommen. 

Nach Ein­schätzung des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes ver­fol­gen die
Neon­azis mit ihren Kundge­bun­gen in Halbe eine Strate­gie. Die
Recht­sex­trem­is­ten um den 48 Jahre alten Ham­burg­er Chris­t­ian Worch, der auch
Ver­samm­lungsleit­er der Pots­damer Demon­stra­tion war, wür­den ver­suchen, “sich
den Wald­fried­hof Halbe sym­bol­isch anzueignen”. Erprobt wor­den und
aufge­gan­gen sei Worchs Konzept bere­its bei den Kundge­bun­gen in Wunsiedel
(Bay­ern). Im Jahr 2001 seien 900 Neon­azis am Grab von Hitlers Stellvertreter
Rudolf Heß auf­marschiert, ein Jahr später seien es bere­its 2000
Recht­sex­trem­is­ten gewe­sen. Ver­mut­lich ist dieser Prozess in Halbe jedoch
zumin­d­est unter­brochen wor­den. Auf dem Park­platz vor dem Wald­fried­hof können
die Recht­sex­tremen in diesem Jahr keine Blu­men und Kränze mehr niederlegen.
Der Park­platz wurde vor zwei Wochen als Teil des Fried­hofs einge­friedet und
ist nun für Demon­stra­tionsteil­nehmer tabu. 

Für die Gegen­demon­stran­ten ist dies längst kein Grund zur Genug­tu­ung. “Man
kann den Braunen doch nicht die Straße über­lassen”, betonte Karin Weber. Die
Kreisvor­sitzende der PDS im Land­kreis Dahme-Spree­wald ist eine der
Ini­tia­toren des friedlichen Gegen­protests. Weber hat­te auch schon im Jahr
2002 gegen Recht­sex­trem­is­mus demon­stri­ert, als das Bundesverfassungsgericht
die Kundge­bung der Neon­azis in Halbe let­ztin­stan­zlich ver­boten hat­te. Nach
diesem Urteil, analysierte damals der Ver­fas­sungss­chutz, dürften
“Heldenge­denk­feiern” in Halbe “ein für alle Mal der Vergangenheit
angehören”. 

Der Ver­such, den Volk­strauertag in “Heldenge­denk­tag” umzube­nen­nen, geht auf
die Nation­al­sozial­is­ten zurück. Am “Heldenge­denk­tag” 1940 präsentierte
Hitler die Gefall­en des Ersten Weltkriegs als Vor­bilder, die “bere­it waren,
sich selb­st aufzugeben, um der Gemein­schaft das Leben zu erhalten”. 

Polizei unter­sagt Auf­marsch Recht­sradikaler in Halbe

Ver­wal­tungs­gericht muss nun über Ver­bot entscheiden

(Berlin­er Zeitung, Katrin Bischoff) HALBE/FRANKFURT (ODER). Das am Vortag des Volk­strauertages für kommenden
Sonnabend geplante “Heldenge­denken” von Recht­sradikalen vor dem Waldfriedhof
in Halbe (Dahme-Spree­wald) ist von der Polizei ver­boten wor­den. In der
Begrün­dung heißt es, der Fried­hof strahle mit sein­er Bedeu­tung auf den
gesamten Ort aus. Das sei mit einem solchen Auf­marsch nicht zu vereinbaren.
Der Anmelder, der Ham­burg­er Neon­azi Lars J., hat gegen das Ver­bot Klage beim
Ver­wal­tungs­gericht Cot­tbus ein­gere­icht. “Die Kam­mer wird ver­mut­lich am
Dien­stag darüber entschei­den”, sagte Gerichtssprech­er Matthias Vogt am
Montag. 

“Sollte das Gericht das Ver­bot aufheben, wer­den wir weit­ere rechtliche
Schritte ein­leit­en”, sagte Peter Sal­en­der, der Sprech­er des
Polizeiprä­sid­i­ums Frank­furt (Oder). Das bedeutet, dass dann das
Oberver­wal­tungs­gericht in let­zter Instanz über ein Ver­bot entschei­den wird.
Sollte der Auf­marsch erlaubt wer­den, so sei die Polizei vor­bere­it­et. “Wir
wer­den mit deut­lich mehr Beamten als im Vor­jahr in Halbe vertreten sein”,
sagte Sal­en­der. 2003 waren rund 1 200 Polizis­ten in Halbe im Einsatz. 

Laut Polizei gibt es für Sonnabend drei angemelde­tete Gegendemonstrationen:
zwei von der PDS, eine von ein­er linken Gruppe. “Wir rech­nen für den Fall,
dass der Auf­marsch genehmigt wird, mit 600 bis 800 Recht­sradikalen und 2 500
Gegen­demon­stran­ten”, sagte Sal­en­der. Ziel der Polizei werde es sein, beide
Lager örtlich streng voneinan­der zu tren­nen. Zudem seien für den
recht­sradikalen Auf­marsch bere­its Aufla­gen erteilt wor­den. So sei das Tragen
von Uni­form­stück­en nicht ges­tat­tet. “Auch Kränze und Blu­menge­binde sind
nicht erlaubt, eben­so das Laufen im Gle­ich­schritt sowie Marschmusik”, sagte
Polizeis­prech­er Salender. 

Zudem dür­fen die Teil­nehmer der recht­sradikalen Demon­stra­tion auch nicht
mehr bis zum ein­sti­gen Park­platz vor dem Wald­fried­hof laufen, um dort ihre
Abschlusskundge­bung durchzuführen. “Der Platz wurde umgewid­met, ist nun
selb­st Teil des Fried­hofes. Daher wird der Auf­marsch schon sehr viel eher
enden”, sagte der Polizeisprecher. 

Der Wald­fried­hof in Halbe ist der größte Sol­daten­fried­hof in Deutschland.
Auf ihm sind etwa 22 000 Sodat­en und Zivilis­ten bestat­tet, die im Frühjahr
1945 bei ein­er der let­zten Kesselschlacht­en des Zweit­en Weltkrieges ums
Leben kamen. Nach­dem dort zehn Jahre lang recht­sradikale Aufmärsche verboten
wor­den waren, durften im vorigen Jahr erst­mals wieder rund 600
Recht­sradikale durch Halbe ziehen. Laut Polizei haben Recht­sradikale bereits
bis zum Jahr 2020 Aufmärsche in Halbe angemeldet.

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Rechtsradikale Musik tönte über alten Markt

Schwedt (ei/MOZ) Die Polizei ermit­telt in Schwedt wegen Volksver­het­zung. Wie
sie gestern berichtete, hat­ten in der Nacht zum Son­ntag zwei
Dien­sthund­führer in der Nähe des alten Mark­tes sehr laute Musik gehört.
“Schnell stell­ten die Polizis­ten fest, dass die Musik aus ein­er Wohnung
eines Mehrfam­i­lien-Wohn­blocks drang und offen­bar auch die Nach­barn störte”,
so ein Sprech­er gestern. Es sei auch zu erken­nen gewe­sen, dass es sich um
recht­sradikale Musik han­dele. Teil­weise hät­ten mehrere Per­so­n­en mitgesungen. 

In der fraglichen Woh­nung fand die Polizei drei Män­ner im Alter von 32 und
36 Jahren vor, die unter Alko­holein­wirkung standen. Sie beschlagnahmte eine
auf dem Index ste­hende CD der Gruppe Landser und stell­ten einen Recorder
sich­er. Die bei­den Fre­unde des Woh­nungsmi­eters erhiel­ten Platzver­weise. “Die
Tatverdächti­gen müssen mit strafrechtlichen Kon­se­quen­zen rech­nen”, sagte der
Sprech­er. Beamte der Schwedter Wache hat­ten den Ein­satz der beiden
Dien­sthund­führer unter­stützt. Vor Ort bestätigte sich für sie der Verdacht
von Straftat­en. Die Polizei ermit­telt nun wegen Volksver­het­zung und dem
Tagen von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organisationen.

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Hitler hat es nicht geschafft, uns alle umzubringen”

Holo­caust-Über­leben­der Max Schindler wurde vor 66 Jahren in Cot­tbus verhaftet

An den Tag sein­er Ver­haf­tung kann sich Max Schindler noch genau erinnern.
Der damals neun­jährige Junge war eben­so ahnungs­los wie seine Eltern und die
bei­den Geschwis­ter, als sie am 28. Okto­ber 1938 in Cot­tbus inhaftiert
wur­den. “Ich wurde von der Gestapo in der Schule abge­holt”, sagt Max
Schindler, der heute im kali­for­nischen San Diego an der West­küste der USA
lebt. Noch am sel­ben Tag wurde die jüdis­che Fam­i­lie mit dem Zug nach Polen
abgeschoben. Bish­er war in Cot­tbus nicht bekan­nt, dass es einen
KZ-Über­leben­den gibt, der aus der Spreestadt stammt. 

Herb­st in Kali­fornien. Die Sonne bren­nt vom Him­mel und das Ther­mome­ter zeigt
25 Grad. Max Schindler sitzt braunge­bran­nt am Wohnz­im­mer­tisch in San Diego,
nahe der mexikanis­chen Gren­ze. Die Tätowierung “KL” am recht­en Unter­arm ist
deut­lich zu sehen, bekom­men hat er sie in einem Konzen­tra­tionslager in
Polen. Max Schindler blät­tert hastig in seinen Unter­la­gen. Es sind die
verbliebe­nen Bruch­stücke sein­er Ver­gan­gen­heit. Auf einem Blatt hat er
hand­schriftlich die Konzen­tra­tions- und Arbeit­slager notiert, in denen er
zwis­chen 1942 und 1945 war: Bedzieszy­na, Mielec, Wieliozke, Krakau-Plaszow,
Zschach witz bei Dres­den und das tschechis­che There­sien­stadt. Arbeiten
musste er dort unter unmen­schlichen Bedingungen. 

Papierene Erinnerungen 

Ein ander­er Zettel ist vom Inter­na­tionalen Such­di­enst. Mitte der 50er-Jahre
bekam er das Schreiben. Dort ist der Verbleib sein­er Mut­ter notiert. Sie sei
im Jan­u­ar 1944 im Lager Stut­thof bei Danzig ver­stor­ben. “Herzver­sagen,
all­ge­meine Kör­per­schwäche”, ste­ht dort als Todesur­sache. Max Schindler
schüt­telt den Kopf, während er holperig die deutschen Worte vorliest.
Anson­sten spricht er nur Englisch. Ein anderes Papi­er ist vom Lan­desamt zur
Regelung offen­er Ver­mö­gens­fra­gen in Bran­den­burg. Dort wird erk­lärt, dass der
Wein­händler Ben­jamin Schindler Kon­ten bei der Stadtsparkasse Cot­tbus und der
Dres­d­ner Bank hat­te. Unter­la­gen, die eine Auskun­ft über die Höhe der Konten
geben kön­nten, seien trotz inten­siv­er Recherche nicht aus­find­ig zu machen
gewe­sen. Ein Anspruch auf Entschädi­gung beste­he nicht, heißt es in dem
Bescheid. 

Vor eini­gen Jahren engagierte Max Schindler einen Bre­mer Recht­san­walt, gab
ihm einige hun­dert Dol­lar. “Her­aus­gekom­men ist bish­er nichts”, sagt Max
Schindler. Eine Wiedergut­machungsrente haben er und seine Frau von der
Bun­desre­pub­lik zuge­sprochen bekom­men, als sie nach­weisen kon­nten, dass sie
kör­per­liche Schä­den davonge­tra­gen haben. “Wir hat­ten bei­de Tuberkulose”,
sagt Max Schindler. Ohne Papiere sei es schw­er möglich, Ansprüche auf das
ver­lorene Ver­mö­gen der Fam­i­lie gel­tend zu machen. 

Als er 1945 in There­sien­stadt von den Russen befre­it wor­den ist, habe er
nichts weit­er als “the skin on my bones” besessen. Ganz langsam wiederholt
er es: “Nichts weit­er als die Haut auf den Knochen.” Er litt an Typhus, wie
fast das ganze Lager. Erst nach vier Wochen erholten er und sein Bruder
Alfred sich von der Krankheit. Der Vater Ben­jamin Schindler starb, mit nur
46 Jahren. “Ich kon­nte noch einige Male durch das Fen­ster der Krankenbaracke
mit ihm sprechen.” Eines Tages sei er dann weg gewe­sen, beerdigt in einem
Massengrab. 

Abkehr von der Religion 

Zum Mit­tagessen tis­cht Rose Schindler Bagels mit Lachss­chinken, Frischkäse,
Tomat­en und Zwiebeln auf — eine jüdis­che Mahlzeit. “Die Reli­gion spielt für
uns keine Rolle”, sagt Rose Schindler. “Wie soll man an einen Gott glauben,
der das alles zuge­lassen hat?”, fragt sie, während sie den Pullover
hochschiebt und ihre tätowierte Num­mer auf der Innen­seite des linken
Unter­arms zum Vorschein kommt. Nach Auschwitz-Birke­nau sei die neunköpfige
Fam­i­lie 1944 aus ein­er tschechis­chen Kle­in­stadt deportiert wor­den. “Meine
Mut­ter und zwei Geschwis­ter kamen sofort ins Gas.” Dann schweigt sie. Das
Tele­fon klin­gelt, Rose Schindler nimmt ab, man hört eine dun­kle Stimme durch
den Hör­er. “Das ist eine Fre­undin, die war auch im Lager”, sagt Max
Schindler. “Fast alle unsere Fre­unde waren im Lager.” Die Lei­den und
Demü­ti­gun­gen, die sie erfahren haben, kön­nen sie kaum mit anderen teilen. 

1951 in die USA emigriert 

Max Schindler kam mit einem Kinder­trans­port nach Eng­land, dort lernte er
seine Frau ken­nen. Das Paar heiratete 1950, ein Jahr bevor es in die USA
emi­gri­erte. Nach Cot­tbus zog es Max Schindler erst Jahrzehnte später zurück.
“Ich wollte das noch ein­mal sehen”, sagt er. 

1981 reiste er mit sein­er Frau nach There­sien­stadt und flog anschließend
nach Ost-Berlin. Es sei eine selt­same Atmo­sphäre gewe­sen. Am Flughafen ließ
man sie erst ein­reisen, nach­dem alle Flug­gäste abge­fer­tigt wor­den waren.
Auch sei es schwierig gewe­sen, einen Tax­i­fahrer aufzutreiben, der die Fahrt
von Berlin nach Cot­tbus auf sich nahm. “Wenn sie von seinem Beruf erfahren
hät­ten, wären wir sich­er als Spi­one ver­haftet wor­den”, sagt Rose Schindler.
Ihr Mann war sein­erzeit als Com­put­er­fach­mann bei einem Rüstungsunternehmen
beschäftigt. 

In Cot­tbus — auf den Spuren sein­er ersten neun Leben­s­jahre — sprach er mit
nie­man­dem. Max Schindler zeigt einige unscharfe, dun­kle Fotos. “Mit dem
Fin­ger deutet er auf eines. Das Straßen­schild “Marien­straße” ist zu sehen.
“Da haben wir in der Num­mer 19 gewohnt. Vorher hat­ten wir eine Woh­nung in
der Calauer Straße.” Der Vater habe in der Dres­den­er Straße eine
Wein­hand­lung besessen, die ihm Mitte der 30er-Jahre von den
Nation­al­sozial­is­ten abgenom­men wurde. Wed­er an die Haus­num­mer noch an die
genauen Umstände der Enteig­nung des Geschäftes kann sich Max Schindler
erin­nern. Sowieso, die Erin­nerun­gen an Cot­tbus sind nur noch bruchstückhaft.
Es habe eine Schoko­laden­fab­rik gegeben. Auch das große jüdis­che Kaufhaus
Schock­en ist ihm präsent. 

Der Name sein­er Schule, die “irgend­wo in der Nähe der Marien­straße war”,
fällt ihm nicht mehr ein. Am 28. Okto­ber 1938 wurde er dort von der Gestapo
ver­haftet. Samt Schwest­er, Brud­er und Eltern wurde er einges­per­rt, ehe sie
zum Bahn­hof geleit­et und nach Polen ver­frachtet wur­den. Hein­rich Himmler,
Reichs­führer der SS, hat­te die Anord­nung zur Abschiebung erteilt, da die
pol­nis­che Regierung plante, allen im Aus­land leben­den Juden die
Staat­sange­hörigkeit abzuerkennen. 

Mit dem Zug nach Czchow 

Max Schindlers Vater, Ben­jamin Schindler, hat­te noch den pol­nis­chen Pass.
Seine Fam­i­lie war in der 20er-Jahren nach Cot­tbus gekom­men. Mit dem Zug ging
es für sie 1938 in das Dorf Czchow bei Krakau, wo noch Ver­wandte lebten.
Hier erlebte die Fam­i­lie auch den Beginn des Zweit­en Weltkrieges. Wie viele
Juden aus Cot­tbus abgeschoben wur­den, weiß Max Schindler nicht. “Der Zug war
schon voll, als er am Bahn­hof eintraf.” 

Nach Unter­la­gen des Cot­tbuser Stadtarchivs waren es 43 pol­nis­che Juden aus
der Stadt. Nach ein­er Zäh­lung der Staat­spolizeis­telle Frank­furt (Oder) gab
es ein Jahr zuvor 499 jüdis­che Men­schen in Cot­tbus. Für sie waren nur einige
Tage später mit der “Reich­skristall­nacht” die Tage in Cot­tbus gezählt. Über
300 von ihnen hat­ten bere­its die Stadt ver­lassen. Im Som­mer 1942 wur­den die
let­zten noch verbliebe­nen Juden deportiert. Erst 1998 wurde eine
Erin­nerungstafel am Platz der ehe­ma­li­gen Syn­a­goge eingeweiht. 

Die Ereignisse sind für Max Schindler immer noch präsent. “Er träumt fast
jede Nacht und quält sich”, sagt Rose Schindler. “Es gibt Sachen, die sind
auch nach 60 Jahren noch nicht been­det”, sagt Max Schindler. Beson­ders hart
habe es den Brud­er getrof­fen, der eben­falls in San Diego lebte und 1991
gestor­ben ist. “Er hat­te keine Haare mehr und hat auch nie geheiratet”,
erzählt Max Schindler. Ein halb­wegs nor­males Leben sei ihm trotz des
Über­lebens nicht vergön­nt gewesen. 

Über ihre Erleb­nisse kon­nten die Schind
lers Jahrzehnte nicht sprechen, schon
gar nicht in der Öffentlichkeit. Erst als ein Sohn in der Schule das
Tage­buch der Anne Frank gele­sen habe, da sei sie vom Lehrer gefragt worden,
ob sie als Holo­caust-Über­lebende nicht darüber bericht­en wolle, erklärt
Rose. Sei­ther mache sie dies gelegentlich. 

Max Schindler erzählt, dass er nie damit gerech­net habe, über­haupt das
Rentenal­ter zu erre­ichen. Jet­zt fühlt er sich kör­per­lich gut. Er könne sich
unter Umstän­den sog­ar vorstellen, noch ein­mal nach Cot­tbus zu kom­men. “Wenn
es eine offizielle Ein­ladung gibt, werde ich darüber nach­denken.” “Max ist
am lieb­sten draußen in der Sonne”, sagt seine Frau Rose. Obwohl der Pazifik
mit seinen schö­nen Sand­strän­den nur wenige Kilo­me­ter von ihrem Haus entfernt
ist, hat der 74-jährige Max Schindler vor eini­gen Jahren nach seiner
Pen­sion­ierung im Garten einen Swim­ming-Pool gebaut. “Für unsere Kinder”,
sagt die 75-Jährige. “Hitler hat es nicht geschafft, uns alle umzubringen”,
sagt sie, während sie die Fam­i­lien­bilder zeigt, die im ganzen Haus verteilt
hän­gen. Vier Kinder und neun Enkel haben sie und ihr Mann. 

Hin­ter­grund 9. Novem­ber 1938 

# Am 9. Novem­ber 1938 wur­den in fast allen deutschen Städten die Synagogen
niederge­bran­nt. Der Pogrom gegen die Juden wurde später als
“Reich­skristall­nacht” beze­ich­net. Als Anlass für das Ver­brechen diente den
Nation­al­sozial­is­ten der Mord, den der aus Polen stam­mende Jude Herschel
Grys­pan an einem deutschen Botschaftsmi­tar­beit­er in Paris verübt hat­te. Mit
knapp 2000 Geset­zen, Verord­nun­gen und Richtlin­ien vol­l­zo­gen die
nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­brech­er die völ­lige Entrech­tung der jüdischen
Men­schen, die für viele mit ihrer Ermor­dung endete. 

# Heute um zwölf Uhr wird in der Karl-Liebknecht-Straße in Cot­tbus am
Stan­dort der 1902 errichteten und 1938 abge­bran­nten Syn­a­goge der jüdischen
Opfer der Stadt gedacht. Die Stadt, die Deutsch-Israelische-Gesellschaft
sowie die neue jüdis­che Gemeinde ver­anstal­ten dieses Gedenken.

Inforiot