Am 21.April 1945 wurde Schönow durch den Einmarsch der Roten Armee von
der Herrschafft des Nationalsozialisten befreit. Zur 60. Wiederkehr
dieses Ereignisses ruft der Ortsbeirat zu einem ehrenden Gedenken auf.
“Dazu gibt es am Donnerstag mehrere Veranstaltungen2. teilt Adelheid
reimann, die Ortsbürgermeiserin mit.
Auftakt wird um 16 Uhr eine Gedenkveranstaltung an der
Kriegsopfergedenkstätte auf dem Friedhof schönow sein. Anschließend
werden um 17 Uhr im Versamlungsraum des Gemeindezentrum in der
Schönelinder Straße 25a Zeitzeugen ihre Eindrücke schildern und mit den
Gästen diskutieren.
Um 18 Uhr folgt dann eine Aufführung des Filmes “Ich war 19” von Konrad
Wolf, der unter anderem auch die Befreiung des Niederbarnims schildert.
“Alle Intressierten Bürger sind dazu herzlich eingeladen” , so Frau
Reimann.
Monat: April 2005
Brandsätze gegen Schlafende
Potsdam — Vor dem Landgericht Potsdam beginnt heute der Prozeß gegen den
Berliner Rechtsextremisten Sebastian D. (22) und seine Bekannte Jeannine P.
(22) aus Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald). Die Staatsanwaltschaft wirft
ihnen unter anderem versuchten Mord vor.
Das war passiert: Der alternative Verein Splirtz und die Antifa
organisierten am 14. Juli 2001 ein antirassistisches Festival unter dem
Motto “Le monde est à nous” (“Die Welt gehört uns”) auf der Festwiese in
Königs Wusterhausen. “Viele Leute haben damals auf und neben der Bühne
geschlafen, weil sie die teure Technik bewachten. Außerdem haben wir mit
Attacken von Rechtsradikalen rechnen müssen”, sagt Max Pohl von der
örtlichen Antifa. Tatsächlich flogen gegen 3.45 Uhr plötzlich vier
Molotowcocktails gegen die Bühne. Panik, Schreie, Chaos. Die vier Täter,
darunter mutmaßlich Sebastian D. und Jeannine P., flüchteten. Wie durch
Zufall gab es keine Verletzten. Die Polizei erklärte, der Brandanschlag
deute auf eine neue Qualität rechtsextremer Gewalt hin.
Die Beamten kamen D. auf die Spur, was für den jungen Berliner aber
keineswegs ein Anlaß zum Rückzug aus der Szene war. Er war bis März 2005
Mitglied der Kameradschaft “Berliner Alternative Süd-Ost” (BA-SO). Diese
wurde von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verboten, weil sie eine
“Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus” zeige.
“D. gehört zum harten Kern, er ist ein recht aktiver Typ”, berichtet ein
Ermittler. Wenn der Rechtsextremist zum Treffen lade, komme meist die
gesamte Berliner Szene zusammen. Im Dezember 2004 beispielsweise lösten
Polizisten eine Neonazi-Party in der Köpenicker “Spreehexe” auf. Gastgeber
war Sebastian D., so der Ermittler. 64 Gäste wurden durchsucht, 13
Strafverfahren eingeleitet. “Wir haben D. stets im Fokus. Er hat mal mit
Rohrbomben experimentiert und unterhält über Bekannte Kontakt zu Combat 18″,
sagt der Ermittler; Combat 18 gilt in Großbritannien als braune RAF.
Die Angeklagte Jeannine P. ist zwar bisher nur als “Mitläuferin”
aufgefallen, die Staatsanwaltschaft hat ihr jedoch noch etwas in die
Anklageschrift geschrieben. “Wir werfen ihr einen weiteren Brandanschlag in
der Nacht zum 30. Juli 2001 auf ein Wohnwagenlager von Sinti und Roma in
Wildau im Landkreis Dahme-Spreewald vor”, informiert der Vorsitzende Richter
am Landgericht Frank Tiemann.
50 Sinti und Roma, die sich auf dem Rückweg von einer Urlaubsfahrt befanden,
hatten sich auf einen Platz nahe der Autobahn niedergelassen. Schon in der
ersten Nacht flogen Brandsätze. Die meisten erloschen im Flug. Ein Brandsatz
jedoch schlug knapp neben einem Wohnwagen auf, in dem eine siebenköpfige
Familie schlief. Die Sinti und Roma aus Frankreich, den Niederlanden und
Deutschland konnten löschen und alarmierten die Polizei. Eine neunköpfige
Sonderkommission beim Polizeipräsidium Potsdam ermittelte wegen versuchter
schwerer Brandstiftung — und kam letztlich auch auf Jeannine P.
44 Zeugen sind zum Prozeß gegen das rechtsextreme Pärchen geladen. Ihm droht
eine Höchststrafe von zehn Jahren Haft.
Bunt statt Braun
FALKENSEE Die Ansage war deutlich: “Wir fordern dazu auf, sich klar gegen
faschistische und chauvinistische Tendenzen zu positionieren. Nazis dürfen
keine Freiräume gewährt werden, weder in Falkensee noch anderswo.” Mit einer
Demonstration hielt das vor zwei Wochen gegründete Bündnis gegen Rechts am
Sonnabend nun auch offiziell Einzug in Falkensee. Gemessen an der Kürze der
Vorbereitungszeit hatte die etwa 20-köpfige Kern-Gruppe eine beachtliche
Menge auf die Straße gebracht. Die Polizei wollte keine Auskunft darüber
geben, wie viele Menschen dem Aufruf des Bündnisses gefolgt waren. Selbst
sprachen die Organisatoren von 150 bis 200 Demonstranten.
Vor allem Jugendliche bekannten Farbe. Vertreter verschiedener Parteien,
Vereine und Schulen zeigten ihre Unterstützung. In den Gärten an der
Schwartzkopf- und Ravenéstraße rückten die Laubenpieper neugierig an den
Zaun. In der Dallgower Straße spähten Balkonier auf den Menschenzug herab.
In der Bahnhofstraße stoppten Passanten und beobachteten die bunte Truppe,
die von 130 Polizisten begleitet wurde. “Nazis und Geschichtsrevisionisten
offensiv entgegentreten” war auf einem Transparent zu lesen. Oder: “Dem
rechten Konsens entgegentreten. Überall — auch in Falkensee.”
“So eine Bewegung ist gut für Falkensee. Wenn ich von der Demo gewusst
hätte, wäre ich vielleicht auch gekommen”, sagte eine Dame. Ihre Generation,
die mittlere und ältere, fehlte fast völlig. Das war auch Ute Reichelt,
Lehrerin am Falkenseer Lise-Meitner-Gymnasium aufgefallen. “Wenn man älter
ist, denkt man vielleicht, die Erscheinungen werden vorübergehen”, versuchte
sie zu erklären. Viele Zeitzeugen wollten zudem oft nichts mehr mit dem
Thema zu tun haben: Sie schieben den Krieg weg und erinnern sich nur an ihre
Jugend. “Man muss die Leute direkt ansprechen und sie einladen.”
Aus Falkenhöh hatte sich Ulrike Laich mit den Schwiegereltern, dem Schwager
und der Schwägerin ins Stadtzentrum aufgemacht. “Das Bündnis ist sinnvoll.
Jetzt muss es wachsen”, sagte die ASB-Mitarbeiterin. “Zur Demo zu gehen ist
meine Bürgerpflicht. Vor wenigen Tagen ist in unserer Umgebung eine Parkbank
mit Hakenkreuzen besudelt worden”, berichtete sie. Eine Anzeige bei der
Polizei liege inzwischen vor.
Auch das Bündnis ist eher Reaktion denn Aktion. Nach den antisemitischen
Schmierereien im Geschichtspark, wo sich einst das Außenlager des KZ
Sachsenhausen befand, hatte sich zunächst die Stadtverordnetenversammlung
von den Übergriffen distanziert. Ein Aufruf der Antifaschistischen Linken
Falkensee (ALF) zur Gründung eines Bündnisses folgte. “Diese Reaktion war
nötig”, sagte SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Krüger-Leißner. “Die
Jugendlichen widmen sich der Thematik mit neuem Interesse. Und sie müssen
vorangehen — sie sind das zukünftige Deutschland.”
Demonstration blieb störungsfrei
(MAZ)Ohne Störungen verlief die Demonstration des Bündnisses gegen rechts
Samstagnachmittag in Falkensee. Bei Vorfeldkontrollen stellte die Polizei
bei einem 18-Jährigen nach dem Waffengesetz verbotene Schlaggeräte sicher.
Der junge Mann konnte nach erster Vernehmung wieder nach Hause gehen.
Ein betrunkener Passant rief den Hitlergruß. Laut Atemtest hatte der
38-Jährige 3,0 Promille. Beamte nahmen ihn vorübergehend in Gewahrsam und
brachten ihn zur Blutprobe.
Insgesamt war die Polizei mit etwa 130 Beamten zum Schutz der Veranstaltung
und zur Verhinderung von Störungen vor Ort.
Die Demo blieb friedlich
Schon Stunden vor Beginn der offiziellen Demonstration der linksautonomen
“Antifa-Finsterwalde” anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der
Sängerstadt vom Hitlerfaschismus durch Truppen der Sowjetstreitkräfte,
herrschte in der Stadt der subjektive Eindruck des Ausnahmezustandes. Eine
Überpräsenz von Einsatzkräften der Polizei und des Bundesgrenzschutzes im
Stadtgebiet war unübersehbar.
“Wir rechneten mit 300 bis 400 linksautonomen Demonstranten und deshalb gibt
es hier diesen Auflauf”, so Ines Filohn, Pressesprecherin des
Elbe-Elster-Schutzbereiches, am Rande des Schauplatzes, zwischen Wasserturm
und sowjetischem Ehrenfriedhof.
Auf diese Zahl kam man durch die Art der Kommunikation, denn es wurde nicht
nur über Handzettel zur Demo aufgerufen, sondern auch über verschiedene
Internetplattformen.
Als es dann gegen 14 Uhr losging, lief alles eine Nummer kleiner ab. Sehr
zur Freude der Einsatzkräfte und etwas enttäuschend für die Veranstalter.
Etwa 60 bis 70, vorwiegend in Schwarz gekleidete Demonstranten, standen dann
etwa 100 Polizeibeamten gegenüber. “Das ist alles kein Spaß, wir sind hier
nicht mit so vielen Einsatzkräften präsent, weil wir die Jugendlichen
provozieren wollen, sondern, weil wir sie vor Übergriffen Rechtsradikaler
schützen wollen. Das ist alles präventiv zu sehen”, so Filohn. Und in der
Folge sollte sie auch recht behalten.
“Befreiung feiern — Faschismus bekämpfen”, so das Motto der vorwiegend
jugendlichen Teilnehmer und alle Anwesenden, auch die Polizei, fanden den
Anlass schon “löblich”, die Art und Weise der Durchführung stieß dagegen
teilweise auf Unverständnis.
Keine Vermummung, kein Alkohol, keine Hunde, keine Waffen, selbst im
weitesten Sinne nicht, so die Auflagen der Polizei und daran wurde sich auch
gehalten. Frank Stellmach vom Finsterwalder Ordnungsamt erließ dann noch
weitere Auflagen, die die Veranstalter als “Kleingeisterei” abstempelten. So
sollte eine Versicherung für die Veranstaltung abgeschlossen werden, es
durfte nur ein Transparent gezeigt werden und der sowjetische Ehrenfriedhof,
auf dem man Blumen niederlegen wollte, war absolut tabu. Nicht einmal der
Zaun durfte angefasst oder sich auf die Mauer gesetzt werden.
Die PDS-Landtagsabgeordnete Carolin Steinmetzer hielt die Auflagen des
städtischen Ordnungsamtes für “sehr bedenklich” und auf der anderen Seite
die Aktion der Jugendlichen für “sehr mutig”.
“Es ist schön, dass hier auch Leute aus Berlin und Dresden gekommen sind”,
so Steinmetzer. Was die allerdings mit dem Jahrestag der Befreiung vom
Hiltlerfaschismus in Finsterwalde zu tun haben, darauf gab es keine Antwort.
Als kritikwürdig empfand die junge Abgeordnete den Umstand, dass die
Veranstalter nicht öffentlich “Gesicht zeigten”. So saßen die Redner in
einem abgeklebten und abgedunkelten Transporter, schwarze Kapuzen und große
Sonnenbrillen gehörten zur Standardausstattung.
Die Art und Weise der Durchführung, aus einem Totengedenken ein Happening
mit Tanz und lauter Musik zu machen, fand nicht die ungeteilte Zustimmung
unter Passanten und älteren Demonstrationsteilnehmern, die einfach nur ein
paar Blumen niederlegen wollten und in einer stillen Minute der Opfer
gedenken wollten. Durch die Auflagen des Ordnungsamtes wurde auch ihnen der
Zutritt zum Ehrenfriedhof verwehrt.
Obwohl eine permanente Spannung in der Luft lag, die Veranstaltung verlief
weitestgehend friedlich, wenn auch etwas laut. Kurz vor dem offiziellen
Ende, gegen 16 Uhr, kam plötzlich eine hektische Bewegung unter den
Demonstranten und Einsatzkräften auf. Aus einem Fenster gegenüber dem
Ehrenfriedhof wehte ein übergroßes Plakat mit einem deutlich sichtbaren
Hakenkreuz.
Sofort waren die Polizisten geschlossen am Tatort — aber auch die
Demonstranten, die es nicht an Beschimpfungen fehlen ließen. Der Wind löste
das Problem, wehte das Plakat weg, das sofort von der Polizei gesichert
wurde und die Beamten suchten die Wohnung auf. Was sie dort aber fanden,
waren drei Kinder, ohne Aufsicht, das älteste zwölf Jahre alt. Sofort wurde
das Jugendamt informiert und die Eltern haben nun mit einer ernsthaften
Aussprache bei der Polizei zu rechnen.
“Durch solchen Blödsinn kann eine Lage ganz schnell eskalieren und außer
Kontrolle geraten”, so Sven Bogacz, der Chef des Schutzbereiches Elbe-
Elster, der permanent bei seinen Kollegen vor Ort war. Zum Abschluss der
Demo zog er dann aber ein positives Fazit. “Die Veranstalter haben sich
weitestgehend an unsere Auflagen gehalten, haben in kritischen Situationen
deeskalierend eingewirkt und auch unsere Leute haben einen guten Job
gemacht.”
Erinnerung vor verschlossener Tür
PDS und Thälmann-Freundeskreis begehen
119. Geburtstag des Kommunistenführers
ZIEGENHALS Den längsten Anreiseweg hatten wohl die Blumen zurückgelegt. An
der Einfahrt zur Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals (Dahme-Spreewald)
bot eine Blumenverkäuferin rote Nelken aus Italien an. Ein Euro kostete die
florale Reminiszenz für den ermordeten Kommunistenführer, dessen 119.
Geburtstag gestern an historischer Stelle gedacht wurde — wie schon im
Vorjahr vor verschlossenen Türen.
Die Bitte des Veranstalters, des Freundeskreises Thälmann-Gedenkstätte, das
Gelände am Krossinsee an diesem Tag zugänglich zu machen, hatte der
Eigentümer erneut abgelehnt. Er könne nicht nachvollziehen, was sein
Grundstück mit dem Geburtstag von Ernst Thälmann zu tun habe, schrieb Gerd
Gröger, der das Gelände 2003 für 86 000 Euro ersteigert hatte, in einem
Brief an den Verein.
Wer von den rund 500 Zuhörern der Kundgebung dennoch eine Nelke niederlegen
wollte, musste mit dem Maschendrahtzaun vorlieb nehmen. Nur wenige hatten
sich getraut, trotz des Verbotes die Absperrung zu überwinden und Blumen vor
der Thälmann-Büste abzulegen. “Man müsste das Gelände besetzen”, schimpfte
ein Mann, während er seine Nelke am Zaun befestigte. Für die Entscheidung
des Landrates, die Gedenkstätte abzureißen, fand er wie so viele an diesem
Vormittag deutliche Worte: Es sei eine Schweinerei.
Auf dem Podium, unweit des Schildes mit der Ankündigung für den Bau dreier
Einfamilienhäuser auf dem Gedenkstättengelände, war die Wortwahl zwar
moderater, die Empörung aber nicht minder deutlich. So nannte der
Vorsitzende des Freundeskreises, Helmut Becke, die Abrissgenehmigung einen
“skandalösen Vorgang”, der nicht nur ein Angriff auf eine historische Stätte
sei — im Februar 1933 trafen sich in Ziegenhals hochrangige
KPD-Mitglieder -, sondern auch eine Attacke gegen antifaschistische Ideale.
Der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow widersprach in seiner Rede der
Darstellung des Landrates Martin Wille (SPD), es handle sich beim Abriss
lediglich um einen Verwaltungsakt. Es sei ein politischer Vorgang, wenn ein
Mitarbeiter des Bauministeriums eine Stätte antifaschistischen Gedenkens
abreißen könne, sagte Modrow der MAZ. Er forderte die Landesregierung auf,
unverbrämten Antikommunismus nicht zuzulassen.
Für die PDS, die zu den Mitveranstaltern zählte, nahm zudem Petra Pau an der
Kundgebung teil. Die Bundestagsabgeordnete griff jedoch nicht zum Mikrophon,
da sie noch auf einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Sachsenhausen
erwartet wurde. Die zahlreichen Feiern zum 60. Jahrestag des Kriegsendes
nahmen viele Redner als Anlass, um Kritik an der offiziellen Gedenkpolitik
zu äußern. Gerade jetzt sei der Abriss das falsche Signal an die
Öffentlichkeit.
Königs Wusterhausens Bürgermeister Stefan Ludwig (PDS) konnte der
umstrittenen Entscheidung immerhin etwas Gutes abgewinnen. Ziegenhals sei
nun in Europa viel bekannter als noch vor zwei Wochen, sagte Ludwig, der
seine Rede mit einem Kant-Wort beendete: “Habt Mut”, forderte er seine
Zuhörer auf.
Kommunalparlamente der Region gedenken in diesen Tagen des 60. Jahrestages
des Kriegsendes und der Befreiung von der Naziherrschaft. Im
Elbe-Elster-Kreis ist das heute der Fall. Zwei DVU-Abgeordnete hatten
versucht, das Thema der Feierstunde zu verändern. In geheimer Abstimmung
hatten sich fünf Abgeordnete anderer Fraktionen auf ihre Seite geschlagen.
Das sorgt für Unruhe.
Im Herbst hatte Frank Werner, CDU-Fraktionschef im Elbe-Elster-Kreis und
Landtagsabgeordneter, noch gelassen auf die Frage nach dem richtigen Umgang
mit der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) reagiert. «Die beiden
DVU-Leute im Kreistag sind ruhig und machen keine Probleme» , sagte Werner
damals. Diese Gelassenheit ist seit drei Wochen vorbei. Da stellte die DVU
im Elbe-Elster-Kreistag zum ersten Mal einen eigenen Antrag und ließ darüber
geheim abstimmen.
Anlass war ein von der SPD unterstützter Antrag der PDS, eine Feierstunde
zum «60. Jahrestag der Befreiung» zu begehen. Begründet wurde das auch mit
Bezug auf die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker
vor zehn Jahren, der den 8. Mai als Tag der Befreiung von der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bezeichnet hatte. Außerdem wurde
auf «rechte Aktivitäten, insbesondere von DVU und NPD» und das «Relativieren
von Auschwitz und Völkermord» verwiesen.
Während dieser Antrag im Kreisausschuss besprochen wurde, überraschte die
DVU zur nächsten Kreistagssitzung zwei Wochen später mit einem
Änderungsantrag als «Tischvorlage» : Es solle «aller Opfer von Krieg und
Vertreibung» anlässlich des Endes des Zweiten Weltkrieges gedacht werden. In
der Begründung der DVU ist von Befreiung nur in Bezug auf KZ-Häftlinge,
alliierte Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter die Rede. Die Deutschen kommen
darin vor allem als Opfer vor. Die Rechtsradikalen bekamen für ihren Antrag
fünf Stimmen aus anderen Parteien. Nur ein Abgeordneter der CDU, der mit der
DVU gestimmt hatte, offenbarte sich danach in geheimer Sitzung. Die anderen
vier schweigen beharrlich bis heute.
Hochburg Südbrandenburg
Der Südrand Brandenburgs gilt seit Jahren als Hochburg der DVU. In einigen
Orten im Elbe-Elster-Land erhielt sie bei der Landtagswahl im September 25
Prozent der Stimmen. «Die Abstimmung im Kreistag hat mich nicht überrascht,
hier in der Gegend gibt es viele, die mit der DVU gut können» , sagt Maria
gr. Darrelmann, parteilose Chefin der Fraktion Unabhängige
Wählergemeinschaft/Bündnis 90 im Elbe-Elster-Kreis. «Die wollten zeigen, es
denken auch andere so wie sie» , vermutete Landrat Klaus Richter (SPD). Wer
den PDS-Antrag nicht mittragen wollte, hätte sich der Stimme enthalten
können, sagt er: «Die Zustimmung für den anderen Antrag war bewusst.»
Versuch der Relativierung
Der Vorstoß im Elbe-Elster-Kreis war nicht das erste Mal, dass die DVU
versucht, das Erinnern an die Verbrechen des Naziregimes durch Verbindung
mit Unrecht und Leid unter russischer Besatzung zu relativieren. Im Januar
erhielt die Rechtsaußenpartei in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen
Hausverbot, weil sie bei einer Gedenkfeier anlässlich der Befreiung von
Auschwitz auch an die «Gemordeten des Nachkriegs-KZ» in Sachsenhausen
erinnern wollte. Ein Kranz der DVU-Landtagsfraktion, auf dem nur Namen
deutscher Nachkriegsopfer des russischen Internierungslagers in
Sachsenhausen standen, wurde entfernt.
Die Partei verteidigt auch die sächsischen NPD-Abgeordneten, die den
alliierten Bombenangriff auf Dresden als «Bomben-Holocaust» bezeichnet und
damit auf eine Ebene mit der systematischen Judenvernichtung durch das
Naziregime gestellt hatten. Bei einem Aufmarsch von Rechtsextremisten am 13.
Februar in Dresden gingen DVU- und NPD-Spitzenfunktionäre gemeinsam in der
ersten Reihe. Bei mehreren geheimen Abstimmungen im sächsischen Landtag
hatte die NPD in den vergangenen Monaten ebenfalls mehr Stimmen bekommen,
als sie Abgeordnete hat.
Ähnliches geschah vorigen Donnerstag im Brandenburger Landtag. Beim Versuch,
einen ihrer Abgeordneten in der Parlamentarischen Kontrollkommission für den
Verfassungsschutz unterzubringen, erhielt die DVU in geheimer Abstimmung
auch hier zwei Stimmen aus anderen Parteien.
Im Elbe-Elster-Kreis versicherten nach der Abstimmung über den DVU-Antrag
alle Fraktionen außer der CDU/FDP , dass die zusätzlichen Stimmen nicht aus
ihren Reihen gekommen seien. PDS-Fraktionschef Helmut Andrack beklagte
außerdem, dass bei der anschließenden offenen Abstimmung über den PDS-Antrag
auch diejenigen die Hand hoben, die vorher geheim für den Änderungsantrag
der Rechtsextremen gestimmt hatten: «Diese Feigheit macht schon betroffen.»
Norbert Schulze, einer der beiden DVU-Abgeordneten im Elbe-Elster-Kreis und
seit Herbst auch im Brandenburger Landtag, findet erst keine Zeit, mit der
RUNDSCHAU zu sprechen. Später sagt er in einem Telefonat, er habe bei dem
Antrag im Kreistag an die von russischen Soldaten vergewaltigten Frauen und
getöteten Kinder gedacht. Über die Zeit vor 1945 will er nicht so gern
reden: «Das sollte man den Historikern überlassen.» Weitere Nachfragen
blockt er ab, indem er ein weiteres Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt in
Aussicht stellt. «Ich habe jetzt einen Termin» sagt er dann und legt auf.
Kreistagsvorsitzender Bernd Heinke (CDU) sagt, er habe der DVU noch
versucht, ihren Antrag auszureden. Doch sein Hinweis darauf, dass man das,
was Hitler gemacht habe, nicht mit anderem Unrecht vermischen könne, habe
nichts bewirkt: «Die haben auf ihrem Antrag bestanden.» Dass sie dafür auch
fünf Stimmen aus anderen Parteien bekommen haben, ist für Heinke ein klarer
Tabubruch. «Die werden das bestimmt wieder probieren» , sagt er.
Das befürchtet auch CDU-Fraktionschef Frank Werner. «Die DVU-Leute sind doch
vor Lachen nicht in den Schlaf gekommen über diesen Erfolg» , ärgert er
sich. Derjenige aus den eigenen Reihen, der dabei war, habe das später damit
erklärt, dass ein Familienangehöriger von ihm in einem russischen Lager
gesessen habe. Noch mal, so habe der Mann seiner Fraktion versichert, würde
er jedoch nicht für einen DVU-Antrag stimmen.
Umgang mit Rechtsextremismus
Die DVU, so Werner, habe eine Überrumpelungstaktik genutzt und ihren Antrag
geschickt formuliert. Dass es auch Unrecht gegenüber Deutschen zum
Kriegsende gegeben hat, könne man ja nicht völlig ausblenden. «Ich will
nichts beschönigen, aber es war eine ungeschickte und unglückliche
Situation» , fasst er rückblickend zusammen. Doch noch mal dürfe es nicht
passieren, dass ein Antrag der DVU Stimmen aus anderen Parteien bekommt:
«Nächstes Mal kann keiner sagen, er sei nicht gewarnt gewesen.»
Auch Dieter Kestin, Chef der sechsköpfigen Fraktion
Landwirtschaft/Umwelt/Natur, rechnet damit, dass die DVU wieder einen
solchen Vorstoß unternimmt: «Das beunruhigt uns schon, aber wir werden uns
darauf einrichten müssen» . Die bisherige Ruhe sei trügerisch gewesen.
Die SPD hat inzwischen im Elbe-Elster-Kreistag eine umfangreiche
Vereinbarung zum Umgang mit Rechtsextremismus vorgelegt, die von allen
Fraktionen außer der CDU/FDP unterzeichnet wurde. Christdemokratenchef Frank
Werner kritisiert das Papier als zu umfangreich und sperrig. Die Fraktion
will nun eine eigene, deutlich kürzere Erklärung vorlegen. Eine Einigung ist
nicht in Sicht.
Gedenken auf Seelower Höhen
SEELOW Mit einem eindringlichen Appell zu Wachsamkeit und Friedensliebe ist
am Sonnabend der Tausenden von Opfern der Schlacht auf den Seelower Höhen
(Märkisch-Oderland) vor 60 Jahren gedacht worden. Bei dem Gedenken zum
Kriegsende sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dem
Rechtsextremismus den Kampf an. Am Rande der Veranstaltung wurden nach
Polizeiangaben elf Rechtsradikale in Gewahrsam genommen. Sie hatten
Handzettel mit volksverhetzendem Inhalt an der Gedenkstätte verteilt.
“Keine Anstrengung kann uns zu mühsam sein, um in den Vorstellungen junger
Menschen Werte wie Toleranz, Mitmenschlichkeit und Brüderlichkeit zu
verankern, aus denen Friedensliebe erwächst”, sagte Platzeck. Brandenburgs
Landesregierung sei angetreten, rechtsextremes Gedankengut und Verhalten zu
ächten. Zu den 600 Teilnehmern des Gedenkens in Seelow gehörten russische,
polnische und deutsche Kriegsveteranen.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof
Wolfgang Huber, rief zu Wachsamkeit auf. Der russische Botschafter in
Deutschland, Vladimir Kotenev, und sein polnischer Kollege Andrzej Byrt
erinnerten an die Pflicht, die Opfer auch nach 60 Jahren nicht zu vergessen.
Mit Gebeten und Fürbitten gedachten die Teilnehmer auf der gemeinsamen
Gedenkveranstaltung von Land und Landkreis der Opfer. Die Botschaft des
Tages sei, “dass sich diejenigen, die sich einst feindlich gesinnt
gegenüberstanden, heute die Hand geben”, sagte Regierungschef Platzeck. Dies
verdeutliche, dass es nie wieder zu so einem sinnlosen Sterben komme.
Platzeck wurde von Mitgliedern des Kabinetts, darunter Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) sowie dem Präsidenten des Brandenburger Landtags, Gunter
Fritsch (SPD), begleitet. Zu den Gästen gehörte auch der Präsident des
Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD).
An der Gedenkstätte und am deutschen Soldatenfriedhof wurden nach
Polizeiangaben zusammen 18 Platzverweise erteilt. Die Störenfriede seien der
Polizei teilweise schon länger wegen rechtsradikaler Straftaten bekannt.
Am deutschen Soldatenfriedhof, dort wurden wie an den Gräbern sowjetischer
Gefallener während des Gedenkens Kränze niedergelegt, kam es zu einem
weiteren Zwischenfall. Als die Ehrengäste den Friedhof verließen, wurde ein
Plakat entrollt. Die Veranstalter hatten sich laut Polizei aber auf ein
stilles Gedenken geeinigt. Da die Tatverdächtigen der Aufforderung, das
Plakat einzurollen, nicht nachkamen, stellte es die Polizei sicher.
Am Rande der Veranstaltung wurde auch bekannt, dass ehemalige deutsche
Kriegsteilnehmer aus Hamburg in Seelow mit Hilfe einer Stiftung das Gedenken
an die blutige Schlacht auf den Seelower Höhen wach halten wollen. Da sich
die Traditionsgemeinschaft aus Altersgründen auflösen wolle, solle das
vorhandene Kapital in eine Stiftung eingebracht werden, teilte Artur Römer,
einer der Organisatoren, am Sonnabend mit.
Mit dem Geld solle der Gedenkstein auf dem deutschen Soldatenfriedhof in
Seelow, den die Veteranen vor eineinhalb Jahren aufgestellt hatten, künftig
gepflegt werden. Das Geld stammt aus privaten Spenden. Nach Angaben der
Stadt liegen auf diesem Friedhof rund 750 deutsche Soldaten begraben.
Außerdem sollen immer am 16. April, dem Beginn der grausamen Schlacht auf
den Seelower Höhen, sowie am Volkstrauertag Kränze auf dem Soldatenfriedhof
sowie auch an der Gedenkstätte Seelower Höhen — dort sind Gräber gefallener
sowjetischer Soldaten — niedergelegt werden. Zudem müsste nach 25 Jahren das
Areal auf dem deutschen Friedhof für die weitere Nutzung erneut gekauft
werden. Mit dem restlichen Geld sollen sozial schwache Familien in Seelow
unterstützt werden, erläuterte der 89-Jährige. “Wir sind hier in der Stadt
mit offenen Armen aufgenommen worden.”
Gedenken an KZ-Befreiung
(MAZ)ORANIENBURG Mehrere Tausend Menschen, darunter etwa 850 Überlebende, haben
gestern in Brandenburg an die Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück
und Sachsenhausen vor 60 Jahren erinnert. Bundesaußenminister Joschka
Fischer (Grüne) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD)
riefen dazu auf, die Erinnerung an die Opfer wach zu halten und im Kampf
gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus nicht nachzulassen. Deutschland
müsse sich der bitteren Wahrheit über die eigene Geschichte und der
Verantwortung für die Erinnerung immer wieder stellen, forderte Fischer in
der Gedenkstätte Sachsenhausen, wo die KZ-Hinrichtungsstätte “Station Z” als
neu gestalteter Gedenkort eröffnet wurde. In Ravensbrück appellierte
Bundesjugendministerin Renate Schmidt (SPD) an die Verantwortung der
nachwachsenden Generationen, die Erinnerung wach zu halten.
Heute werden die Gedenkveranstaltungen mit einem “Tag der Außenlager”
fortgesetzt. Im KZ Sachsenhausen und in den rund 100 Außenlagern waren
zwischen 1936 und 1945 etwa 200 000 Menschen inhaftiert, Zehntausende kamen
ums Leben. In Ravensbrück waren 130 000 Frauen, Kinder und Männer
interniert. Im niedersächsischen Bergen-Belsen, wo gestern ebenfalls eine
Gedenkfeier stattfand, starben 50 000 Häftlinge und mehr als 200 000
Kriegsgefangene. Mit einer ökumenischen Feier war am Samstag im
ostbrandenburgischen Seelow der Opfer des Zweiten Weltkriegs gedacht worden.
Anlass war der 60. Jahrestag der Schlacht um die Seelower Höhen, die als
letzte sowjetische Großoffensive am 16. April 1945 begonnen hatte.
Aus den Nummern wieder Namen gemacht
Feierliche Übergabe eines besonderen Ravensbrück-Gedenkbuches
(MAZ)FÜRSTENBERG “Es war das Wichtigste, was ich in meinem Leben getan habe.”
Bärbel Schindler-Saefkow, Historikerin und Tochter einer Ravensbrückerin,
hat unter Mitarbeit von Monika Schnell ein “Gedenkbuch Ravensbrück”
verfasst. Dieses besondere Buch enthält 13 161 Namen von Häftlingen des
Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück.
Für eine XXL-Variante des Buches hat die Gedenkstätte einen besonderen Ort
herrichten lassen: das ehemalige SS-Wachhaus am Lagertor. Die Umbauten und
die Einrichtung konnten nur dank Spendengeldern erfolgen. Die Gestaltung
(Ausführung: Norbert Günther) der Ausstellung “Ort der Namen” ist bewusst
schlicht gehalten. An der Wand Porträts von Ravensbrückerinnen, in der Mitte
ein Tisch mit dem großen Buch. In dem darf geblättert werden. Werner Tietz
beispielsweise findet jetzt dort den Namen seiner Mutter Wanda, deren Spur
sich in Ravensbrück verloren hatte.
Da die SS 1945 die Registratur des Lagers verbrennen hat lassen, war es kein
Leichtes, die immerhin 13 161 Namen zu erfahren. Jahrzehntelang habe die
Liste der Ravensbrückerinnen nur ein paar hundert Namen umfasst, berichtete
Bärbel Schindler-Saefkow. In den Jahren nach der Wende boten sich aber weit
bessere Recherchemöglichkeiten, so dass jetzt das “Buch der Namen”
geschrieben werden konnte. Es kann jederzeit ergänzt werden.
Einer der schlimmsten Orte
Ausstellung und Gedenkplastik erinnern an die Opfer des “Zeltes”
(MAZ)FÜRSTENBERG “Am 22. November 1944 bin ich mit anderen Ungarinnen in
Ravensbrück angekommen und direkt im Zelt gelandet. Es war an den Seiten
offen. Ich fand außen Platz und konnte dadurch wenigstens atmen. Wasser
gab es nur manchmal.” Eva Fejer aus London berichtete anlässlich der
Eröffnung der Ausstellung “Standort Block 25: Das Zelt” am Sonnabend über
einen der schlimmsten Orte des Lagers. Obwohl das Zelt nur ein paar Monate
stand, spielt es in den Erinnerungen der Ravensbrückerinnen eine große
Rolle.
Im Spätsommer 1944 wurde es im südlichen Teil des Lagers — zwischen den
Blöcken 24 und 26 — als Quarantäne- und Durchgangsblock aufgestellt. Durch
die Transporte aus Auschwitz und die Deportation ungarischer Jüdinnen war
das Lager hoffnungslos überfüllt. Charlotte Müller berichtete über das Zelt:
“Es herrschte schon Frost, aber kein Ofen erwärmte die Bewohner. Kein
Bettgestell, kein Tisch oder Schemel war zu sehen. Alles Leben wickelte sich
auf dem Erdboden ab.” Und Anja Lundholm schrieb: “Viele der Gesichter, in
die wir schauen, sind vom Wahnsinn gezeichnet. Ein Inferno. Oh Gott, welch
ein Inferno!”
Um den Jahreswechsel herum änderte sich die Funktion des Zeltes: Es wurde
zur Vorstufe der Vernichtung. Die von der SS bewusst betriebene Verelendung
ließ besonders die Frauen im Zelt zur Zielgruppe der Selektionen werden.
Der Geschichtsstudent Stefan Hördler hat eine Ausstellung erarbeitet, die
genau an dem Ort steht, an dem sich das Zelt befand. Die sowjetische Armee
benutzte dieses Areal als so genannten Kohlenhof, Eigentümerin ist noch die
Brandenburgische Boden GmbH. Sie hat vor ein paar Jahren die Überbauungen
aus der Zeit nach 1945 weitgehend entfernen lassen. Geblieben ist noch der
Betonboden, unter dem sich Fundamente der Häftlingsbaracken und
möglicherweise auch andere Relikte aus der KZ-Zeit befinden.
Gedenkstättenleiterin Sigrid Jacobeit würdigte die jahrelangen und vielen
Initiativen der Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis, diesem Ort eine
würdige Gestaltung zu geben. Am Sonntag war dann die Lagergemeinschaft
selbst Veranstalter der Enthüllung einer Gedenktafel am Ort des Zeltes.
Esther Bejarano, die im Mädchenorchester von Auschwitz spielen musste und
auch im Lager Ravensbrück inhaftiert war, sang jiddische Lieder, Kato Guylai
aus Ungarn schilderte aus eigenem Erleben die unvorstellbaren Zustände im
Zelt.
Die Plastik hat der Designer Hanns-Jürgen Spieß entworfen. Sie ist einem
Zelt nachempfunden und all den unglücklichen Frauen und Kindern gewidmet,
die im Zelt leiden und sterben mussten. Wie viele Frauen an Misshandlungen,
Kälte, Hunger, Erschöpfung und unbehandelten Krankheiten im Zelt ums Leben
kamen, weiß niemand genau.
Der Zelt-Standort mit der Ausstellung und der Gedenkplastik ist über den
ehemaligen Hauptlagerplatz zu erreichen.
Elf Personen vorbeugend in Gewahrsam genommen
(MAZ)Im Rahmen der umfangreichen Schutzmaßnahmen des Schutzbereiches Oberhavel
zur Vorbereitung der störungsfreien Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der
Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen, wurden am Samstag gegen
03.00 Uhr durch eine Streife mehrere Personen beobachtet, die auf einer
Wiesenfläche in unmittelbarer Nähe der Gedenkstätte Sachsenhausen ein
Lagerfeuer errichteten.
Die 13 Personen (drei weibliche und 10 männliche) aus dem Landkreis
Oberhavel waren teilweise erheblich alkoholisiert und hatten typische
Bekleidung der rechten Szene an. In einem vor Ort festgestellten Pkw wurden
24 CDs mit vermutlich indizierter rechter Musik fest- und sichergestellt.
Gegenüber den Polizeibeamten äußerten sich einige der anwesenden Personen
dahingehend, dass sie den “Führer” — Geburtstag feiern wollten und sich noch
mindestens zehn Stunden in der Nähe der Gedenkstätte Sachsenhausen aufhalten
wollten.
Bei der polizeilichen Überprüfung wurde bekannt, dass von den 13 Personen
bereits elf polizeilich einschlägig bekannt sind u.a. wegen Volksverhetzung,
Landfriedensbruch und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen.
Im Zusammenhang mit der in unmittelbarer Nähe liegenden Gedenkstätte und dem
Museum Sachsenhausen uden am Wochenende stattfindenden Feierlichkeiten und
der hierbei erwarteten öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen und den
umfangreichen öffentlichen Medienbekanntmachungen zu diesem Anlass, stand zu
befürchten, dass diese Person
en die Möglichkeit nutzen, öffentlich provokant
aufzutreten und dabei insbesondere Propagandadelikte begehen werden. Daher
wurden die elf Oberhaveler in Polizeigewahrsam genommen.
Im Ergebnis der polizeilichen Überprüfung war zu erwarten, dass diesen
Personen jegliches Unrechtbewusstsein zu derartigen Straftaten, insbesondere
in der Gruppendynamik fehlen würde und die öffentliche Ordnung und
Sicherheit dadurch im erheblichen Maße gefährdet war. Die Personen wurden
dem Amtsrichter vorgeführt.
Es erging am Samstag ein entsprechender Beschluss des Amtsgerichtes
Oranienburg. Zur Verhinderung zu erwartender Straftaten verblieben die 19-
bis 27-Jährigen bis zum Abschluss der Feierlichkeiten, Montag, 07:00 Uhr, in
Gewahrsam.
Blumen für die toten Kameradinnen
Die Rückkehr fällt ihnen immer noch schwer — Überlebende aus ganz Europa
treffen sich in Sachsenhausen und Ravensbrück
(MAZ)SACHSENHAUSEN/RAVENSBRÜCK Seine Häftlingsnummer wird er nicht mehr
vergessen. Jan-Leo Bocian kann sie noch heute auswendig: 82547. “Wir hatten
keine Namen im Lager, nur Nummern”, sagt der 81-jährige Pole aus Bydgosz
(Bromberg). Er gehört zu den rund 450 Überlebenden, die zur Gedenkfeier an
die Befreiung des Lagers vor 60 Jahren nach Oranienburg (Oberhavel) gekommen
sind.
Am Nachmittag haben sich die früheren Häftlinge in der “Station Z”
versammelt, dem neu gestalteten Gedenkort in Sachsenhausen. Er ist auf den
Grundmauern des Krematoriums und der Vernichtungsanlagen errichtet worden.
Rund 200 000 Menschen aus ganz Europa inhaftierten die Nazis in dem Lager.
Etwa 80 000 kamen ums Leben. Am 22. und 23. April 1945 befreiten sowjetische
und polnischen Truppen das Lager.
Viele Überlebende sind in Begleitung von Kindern und Enkeln da. Sie kommen
aus Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Tschechien, Israel, Russland.
Auch tausende Brandenburger strömen zu der Gedenkfeier. Bocian ist schon zum
dritten Mal wieder in Sachsenhausen. Dennoch sagt er: “Es fällt mir immer
noch schwer, hierher zurückzukehren.” Die Erinnerungen sind auch nach
Jahrzehnten unauslöschlich: Die Furcht vor den SS-Leuten, die Angst,
erschossen zu werden, der Hunger auf dem Todesmarsch. Bocian wurde Ende
April 1945 mit anderen Häftlingen von der SS aus dem Lager getrieben. Wenige
Tage später befreiten britische Soldaten den Treck bei Schwerin.
Auch in Fürstenberg (Oberhavel), rund 50 Kilometer nördlich von Oranienburg,
wird an diesem Sonntag einer Lagerbefreiung gedacht. Dort befand sich das KZ
Ravensbrück, das größte Frauenlager auf deutschem Boden. Von 1939 bis 1945
wurden hier rund 130 000 Frauen und Mädchen sowie 20 000 Männer gefangen
gehalten.
Bereits am Morgen versammeln sich hunderte Ex-Gefangene und Gäste auf dem
Schotterplatz, wo früher die Häftlingsbaracken standen. Unter ihnen ist
Nadeshda Lojasch aus der Ukraine. Die 77-Jährige ist zum ersten Mal an den
Ort ihrer Knechtschaft zurückgekehrt. Im Jahr 1942 wurde sie als junges
Mädchen nach Deutschland verschleppt. Fast drei Jahre lang musste sie bei
Ravensbrück in einer Munitionsfabrik schuften. Lojasch besichtigt mit zwei
Lagergenossinnen die Überreste des KZ: den Erschießungsgang und die Stelle,
wo früher das Krematorium stand. Die Frauen haben Blumen mit. “Für unsere
Kameradinnen, die hier umkamen”, sagt Nadeshda Lojasch. Der frühere
sowjetische Offizier Jakow Drapkin erinnert in Ravensbrück in seiner Rede
daran, dass die Lage der Gefangenen aus der Sowjetunion in den deutschen KZ
besonders schlimm war. Drapkin, ein großer, grauhaariger Mann mit einem
weißen Rauschebart, gehörte am 30. April 1945 zu den Befreiern von
Ravensbrück.
In Sachsenhausen findet die französische Ministerin Nelly Olin, auch Worte
darüber, warum die Nazi-Ideologie in den 30er Jahren bei den Massen verfing.
“Eine beispiellose Wirtschaftskrise mit einem Heer von Arbeitslosen” sei ein
Grund gewesen, sagt sie. Ein weiterer: “Die demokratischen Systeme fanden
keine Antworten auf die Probleme der Zeit.” Es klingt wie ein Weckruf für
die Politikerkollegen von heute. Auch Jan-Leo Bocian hat eine mahnende
Botschaft. “Der Faschismus kommt wieder ein bisschen hoch”, sagt er. Zwar
glaube er, dass die Deutschen heute bessere Menschen seien als in der
Nazizeit. “Aber damals ging auch alles ganz schnell”, so Bocian: “In fünf
Jahren haben die Nazis die Leute verrückt gemacht.”
Am Sonntag (17.4.) fand in Königs Wusterhausen eine Protestdemonstration gegen den Abriss der Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals statt.
Im Dezember 2002 ersteigerte Gerd Gröger, Ministerialbeamte aus dem Potsdamer Bauministerium das 4650 Quadratmeter große Wassergrundstück, auf dem sich die Gedenkstätte befindet, zu einem Schnäppchenpreis. Fortan war der Bayernimport Gröger bestrebt, die Gedenkstätte abzureißen, um lukrative Villen auf dem Seegrundstück zu errichten. Was ihm nun auch zu gelingen scheint.
Die Gedenkstätte ist für uns nicht die glorifizierung einer Person, sondern ein Symbol für Engagement gegen Krieg und Faschismus so wie ein Ort der Mahnung.
Ganz egal wie man zu der Person Thälmann steht — hier geht es nicht nur um die Zerstörung dieses Symbols sondern eben auch um eine eklatante Ausnutzung von Machtstrukturen durch Gerd Gröger. Der nämlich hat mit Unterstützung von Landrat Martin Wille (SPD) und Baudezernent im Landratsamt Dahme-Spreewald Stephan Loge (SPD) die Gesetzgebung, nach dem Erwerb des Grundstückes für einen Spottpreis, so noveliert, dass eine Abrissgenehmigung für die Gedenkstätte möglich wurde.Und das ist ganz sicher kein Einzelfall!
Zu der Protest-Demonstration zu der der Freundeskreis der Gedenstätte, die VdN und die Antifa Königs Wusterhausen aufriefen, kamen nach aktuellen Schätzungen ca. 500 Teilnehmer. Darunter auch viele junge Leute die mit Transparenten und Fahnen auch ihren Unmut über Rassismus und Neo-Nazis auf die Straße trugen.
Am Ziel der Demoroute, dem VdN Mahnmal in Königs Wusterhausen, kamen neben dem PDS-Kreisvorstand Michael Reimann und der Antifa Königs Wusterhausen auch überlebende der Nazizeit zu Wort um klarzustellen, dass der Abriss der Gedenkstätte nicht nur den neofaschistischen Propagandisten in die Hände spielt und politische Instinktlosigkeit demonstriert sonder ganz sicher auch peinliche Fragen aus dem Ausland provozieren wird.
Wir sagen: Orte der Mahnung erhalten — gegen das Vergessen!
erste Bilder hier
Potsdam-Babelsberg — Eine Tafel zum Gedenken an die Häftlinge des Außenkommandos Griebnitzsee, einer Außenstelle des Konzentrationslagers (KZ) Sachsenhausen, steht seit gestern vor der Universitätsbibliothek in Babelsberg-Griebnitzsee. Der Verein „Freundinnen des Deutschen Sachsenhausenkomitees“ (FdDSk), das Linksbündnis „Madstop“ und der Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (Asta) der Universität Potsdam haben sie gestern um 16.30 Uhr auf dem Universitätsgelände aufgestellt.
Erinnern soll die Tafel an die Inhaftierten, die zwischen Juli 1944 und März 1945 auf dem Gelände, auf dem sich heute die Universität befindet, Zwangsarbeit verrichten mussten. Für die Tiefbaufirma „Polensky und Zöllner“ sollen etwa 100 KZ-Häftlinge auf dem damaligen Areal des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) einen mehrstöckigen Luftschutzbunker gebaut haben. Genutzt hätten diesen Bunker hauptsächlich DRK-Mitarbeiter und Bewohner der Babelsberger Umgebung, sagt Historikerin Almuth Püschel.
Die Potsdamerin sei nur zufällig bei Recherchen über das Geländes des ehemaligen DRK-Präsidiums zu ihrem Buch „Zwangsarbeit in Potsdam“ auf Lieferscheine über Kohlen für das Konzentrationslager gestoßen. Später habe sie für das Projekt „Orte des Terrors“ der Technischen Universität Berlin die Geschichte des KZ weiter nachgeforscht. Bestandslisten des Lagers Sachsenhausens, Aussagen eines ehemaligen Häftlings und eine Zeitzeugin, die während des Zweiten Weltkriegs in der Villenkolonie Neu Babelsberg in „direkter Nachbarschaft zu den Häftlingen hinter Stacheldraht“ wohnte, würden den Einsatz der KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter belegen. Außerdem sei das Außenkommando im großen Katalog des DRK-Suchdienst in Bad Arolsen bereits 1969 erwähnt worden. Die Hochschulleitung genehmigte die Gedenktafel erst einmal als „provisorische“ Erinnerungsaufforderung. „Auf Dauer“ soll den Opfern des Nationalsozialismus aber „ein angemessenes und würdiges Gedächtnis bereitet werden“, so Barbara Eckardt von der Universität. Vera Dost von den FdDSk forderte gestern die Hochschule auf, die Tafel wirklich durch eine „dauerhafte zu ersetzen, um das Gedenken auch in Zukunft möglich zu machen.“ An der feierlichen Enthüllung der Gedenktafel nahmen gestern knapp 50 Menschen teil, darunter viele Studenten der Universität. Nils Naber von Bündnis 90/Die Grünen, legte gestern Blumen an der Tafel nieder. Für ihn „bleibt es eine wichtige Aufgabe, den Qualen der Häftlinge an den Orten des Verbrechens zu gedenken.“ Der 60. Jahrestag der Befreiung des KZ sei laut Dost das erste Mal, dass den Häftlingen des Außenkommandos Griebnitzsee gedacht worden sei.