Potsdam — Die CDU-Landtagsfraktion will die Mittel für Opfer von Gewalttaten neu verteilen. “Der Staat muß den Eindruck vermeiden, es gebe Opfer erster und zweiter Klasse”, betonte Sven Petke, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Es gebe ein Mißverhältnis bei der Mittelaufteilung zwischen Gewaltopfern, minderjährigen Sexualopfern und Opfern rechtsextremer Gewalt. Das Landeskriminalamt zählte 2004 insgesamt 5360 Gewaltstraftaten ohne politisch motivierte Gewalt. Für die Opferhilfe stellte die öffentliche Hand dem Verein “Opferhilfe Land Brandenburg” 178 500 Euro zur Verfügung. Das entspricht 33,20 Euro pro Gewaltstraftat. Das Sozial-Therapeutische Institut Berlin-Brandenburg erhielt 28 600 Euro, um damit die 1152 minderjährigen Opfer von Sexualstraftaten zu betreuen. Das sind 24,80 Euro pro Straftat. Der Verein “Opferperspektive Land Brandenburg” erhielt für die Opfer der 105 rechtsextremen Gewaltstraftaten 230 867,12 Euro öffentliche Förderung erhalten. Das seien 2219,88 Euro pro Straftat. dpa
Monat: Juni 2005
(Andrea Beyerlein; BZ) POTSDAM. Nach dem Hartz-IV-Landtagswahlkampf im vergangenen Jahr schien das Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Sozialisten in Brandenburg auf lange Zeit zerrüttet. Ganz im Osten des Landes bahnt sich jetzt eine erneute Annäherung an. Im Landkreis Märkisch-Oderland haben SPD, PDS und Bauernverband eine Art Koalition geschmiedet — bevorstehender Bundestagswahlkampf hin oder her. Ein Teil der Akteure ist auch in der Landespolitik aktiv. Und SPD-Unterbezirkschef Gernot Schmidt sieht in der neuen Gemeinsamkeit durchaus auch Signale, die über die Kommunalpolitik hinaus gehen: “Das zeigt die Vielfalt in der SPD. Wir sollten nicht nur eingleisig fahren.”
Zwar gab es auch in der Vergangenheit schon SPD-PDS-Bündnisse in brandenburgischen Landkreisen. Doch unter der nach der Landtagswahl im September 2004 gebildeten rot-schwarzen Regierungskoalition in Potsdam hat keines gehalten. Und wohl noch nie wurden Absprachen so detailliert getroffen wie in der siebenseitigen Kooperationsvereinbarung für Märkisch-Oderland. Selbst Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten werden dort ausgeschlossen. Verabredet ist auch eine Verfassungsklage gegen die Finanzausstattung durch das Land.
SPD-Unterbezirkschef Schmidt beteuert zwar, dass Personalfragen nicht festgezurrt wurden — “auch wenn das keiner glaubt”. Es gilt nunmehr aber als sicher, dass der 43-Jährige selbst den Posten des Landrates übernimmt. Amtsinhaber Jürgen Reinking geht im November in den Ruhestand. “Wir sind das einzige linke Bündnis in Brandenburg”, sagt Schmidt.
Bis 2004 war er unter dem Vorsitz von Gunter Fritsch — der bis 1997 selbst Landrat von Märkisch-Oderland war — Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Als Fritsch dann auf Druck von Partei- und Regierungschef Matthias Platzeck nach den Wahlen diesen Posten abgeben musste und sich erst gegen Widerstände als Landtagspräsident durchsetzten konnte, folgte Schmidt ihm als Büroleiter. Gemeinsam sitzen die beiden auch im Kreistag in Seelow. Manche in der SPD nennen sie “die MOL-Mafia”, weil sie die Pläne der Potsdamer Parteispitze schon mehrfach durchkreuzt haben. Fritsch, auch stellvertretender SPD-Landeschef, begrüßt das neue Bündnis jedenfalls ausdrücklich: “Endlich haben wir klare Verhältnisse.”
Zu denen, die das neue Bündnis aufseiten der PDS mitgeschmiedet haben, zählt Kerstin Kaiser-Nicht, Vize-Fraktionschefin im Potsdamer Landtag und Kreisvorsitzende in Märkisch-Oderland. Wenn PDS-Landtagsfraktionschefin Dagmar Enkelmann im Herbst in den Bundestag wechseln sollte, gilt Kaiser-Nicht als die aussichtsreichste Kandidatin für ihre Nachfolge in der Landtagsfraktion. Kaiser-Nicht lobt die gegenseitige Berechenbarkeit in der Zusammenarbeit mit der regionalen SPD. “Wir kämpfen für einen inhaltlichen Erfolg. Dann könnte das auch Modellcharakter bekommen.” Die PDS soll in den Bündnis einen noch zu schaffenden dritten Beigeordneten-Posten bekommen.
Zerrüttet ist im Ostbrandenburgischen dagegen das Verhältnis zwischen SPD und CDU, obwohl man zusammen regierte. Aber als die CDU im Jahre 2003 zur stärksten Kraft wurde, ging die Koalition zu Bruch. Kreischef Dierk Homeyer — ebenfalls Landtagsmitglied — spricht von “unglaublichen Verletzungen”. Homeyer, der im Herbst für den Bundestag antreten will, hält Schmidt vor, nur um des Landratspostens Willen den Partner gewechselt zu haben. Und noch etwas ärgert ihn: “Die haben eine Alternative. Wir nicht.”
Zurück nach Hause
KÖNIGS WUSTERHAUSEN Nach wenigen Minuten ist die Arbeit getan. Mit geübtem Griff hat Günter Demnig das kleine Loch im Gehweg ausgehoben und die beiden “Stolpersteine” eingesetzt. Er verputzt die Stelle und fegt sie sauber. Die bronzenen Tafeln stechen aus dem Grau des Weges in der Bahnhofstraße 6 hervor.
Mit gesenktem Kopf lasen gestern Nachmittag die Gäste der Zeremonie die Inschrift: “Hier wohnte Max Jacobsohn. Deportiert 1942 nach Osten”. Der zweite Stein erinnert an seine Frau Paula. Vor der Friedrich-Engels-Straße 10a verlegt Demnig noch zwei weitere “Stolpersteine” für die Geschwister Sally und Rosa Jacob, auch sie wurden von den Nazis verschleppt und vermutlich in einem Lager ermordet. An das Schicksal der vier Königs-Wusterhausener, die einst angesehene Bürger der Stadt waren, soll mit dem Kunstprojekt erinnert werden. “Es war mir wichtig, die Namen der Menschen, die im Konzentrationslager nur noch Nummern waren, dorthin zurückzubringen, wo ihre Heimat war”, sagte Günter Demnig zum Auftakt bei der Feierstunde im Bürgerhaus. Der Kölner Künstler hat die bundesweite Aktion initiiert. Königs Wusterhausen ist die 96. Stadt, die sich daran beteiligt, mehr als 5000 “Stolpersteine” wurden schon verlegt.
“Wo war das gute Gewissen der bürgerlichen Kleinstadt? Warum regte es niemanden auf, dass die jüdischen Nachbarn abgeholt wurden? Warum war das überhaupt möglich?”, fragte Bürgermeister Stefan Ludwig (PDS) in seiner eindringlichen und bewegenden Ansprache, für die er viel Lob erhielt. Die “Stolpersteine” nannte er ein “sichtbares Zeichen” für das neue Gewissen der Stadt: “Aber ist es wirklich undenkbar, dass eines Tages wieder jemand sagt: dieser Nachbar ist weniger wert? Es gibt gute Gründe, diese Frage zu stellen und zu diskutieren.” Zur Verlegung der Steine kamen auch Schüler des Schiller-Gymnasiums, die mit dem Verein “Kulturlandschaft” die Schicksale weiterer jüdischer Bürger erforscht haben. “Dass es in der Nähe passierte, gleich nebenan, das ist erschütternd”, sagte Schülerin Lydia Brenz. Als einziger Stadtverordneter nahm Günter Wunderlich (PDS) teil. Die Finanzierung des Projekts übernahmen Sponsoren. paw
Gewalt an Schulen “schockierend”
POTSDAM Der CDU-Bildungsexperte Ingo Senftleben hat alle gesellschaftlichen Kräfte zur Eindämmung der grassierenden Gewalt an Brandenburgs Schulen aufgerufen. “Der drastische Anstieg der Straftaten in den vergangenen Jahren ist schockierend”, erklärte er gestern in Potsdam. Offenbar hätten immer mehr märkische Schulen ein Gewaltproblem.
Die Delikte stiegen nach Angaben von Senftleben zwischen 2002 und 2004 von 744 auf 838 pro Jahr. Besonders dramatisch sei, dass es sich 2004 bei über 92 Prozent der Fälle um Körperverletzung handelte.
Die Ursachen lägen vor allem in den familiären und sozialen Bedingungen der Schüler. Deshalb müssten die Anstrengungen besonders darauf gerichtet werden, die Erziehungsdefizite in den Elternhäusern in den Griff zu bekommen und zu beseitigen.
Das Bildungsministerium wies dies zurück und warf Senftleben vor, auf infame Weise brandenburgische Schulen zu kriminalisieren. Der Sprecher des Bildungsministeriums, Thomas Hainz, sagte, bei den Zahlen handele es sich nicht um Straftaten, sondern um Anzeigen. Schulleiter und Studien hätten zudem bestätigt, dass sich die Situation an den 1050 brandenburgischen Schulen in punkto Gewalt seit den 90er Jahren erheblich entspannt hat. Seit vielen Jahren liefen Projekte wie Konfliktschlichtung erfolgreich an Schulen. “Die CDU will sich auf Kosten der Schulen profilieren, indem sie ein Angstbild produziert und Menschen verunsichert”, kritisierte Hainz. Damit schade sie dem Ansehen der Schule.
Der CDU-Politiker Senftleben begrüßte die Ankündigung von Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), noch in diesem Sommer ein Präventionskonzept vorzulegen. Damit erhalte das Thema Gewalt an Schulen mehr Priorität, und im Unterricht könne die dringend notwendige Aufklärungsarbeit geleistet werden. Der Politiker appellierte an die Schulleiter und Lehrer, jede Gewaltstraftat konsequent zu melden. dpa /MAZ
Polizeipräsident fühlt sich an ausländerfeindliche Morde von Solingen erinnert
(Frank Jansen, Tagesspiegel) Premnitz/Potsdam — Der Schrecken ist gewaltig. Nach dem am Wochenende nur knapp vereitelten Brandanschlag auf die Besucher eines Jugendclubs in Premnitz (Havelland) zeigte sich Innenminister Jörg Schönbohm gestern entsetzt über eine Gruppe Rechtsextremisten, „die kaltblütig den Tod von Menschen eingeplant hat“. Potsdams Polizeipräsident Bruno Küpper sprach von „ungeheuerlicher krimineller Energie“. Was die Gruppe geplant habe, sei „vom Unrechtsgehalt her“ vergleichbar mit dem verheerenden Anschlag von Solingen, sagte Küpper dem Tagesspiegel. In der Stadt in Nordrhein- Westfalen hatten Rechtsextremisten 1993 ein Wohnhaus von Türken angezündet, fünf Mädchen und Frauen starben. Das Attentat hatte über Deutschland hinaus einen Schock ausgelöst. Wie in Solingen hätten die Rechtsextremisten in Premnitz nach dem Motto gehandelt, „es interessiert mich nicht, was das menschliche Leben wert ist“, so Küpper.
Die Clique in Premnitz wollte, offenbar als Racheakt nach einer Schlägerei mit Linken Ende Mai, Brandsätze auf die alte Villa des Jugendclubs „PreJu“ schleudern. Dort hielten sich in der Nacht zu Sonnabend etwa 20 Jugendliche und zwei Betreuer auf. Einige Gäste befanden sich auf der Veranda des Gebäudes. Sie wären ein leichtes Ziel gewesen, hätten die Rechtsextremisten die schon bereitstehenden Brandflaschen werfen können. „Bei uns herrscht das blanke Entsetzen“, sagte gestern PreJu-Geschäftsführer Siegfried Wendland. Er lobte indes die Polizei, die mit ihrem „einwandfreien Verhalten“ einen Anschlag verhindert habe.
Ein Angler, der sich zum nächtlichen Fischfang an den Premnitzer See gesetzt hatte, rief die Polizei, als die jungen Rechtsextremisten sich am Ufer zu schaffen machten. Der See befindet sich in Sichtweite des Jugendclubs. Nach Informationen des Tagesspiegels verlangte die Clique von dem Angler, er solle verschwinden. Doch er blieb und alarmierte die Polizei. Die Beamten kamen und stellten die Personalien der Rechtsextremisten fest. Da es „stockduster“ war, sei zunächst das Material für einen Anschlag nicht gefunden worden, berichtete gestern die Leiterin des Schutzbereichs Havelland, Cerstin Petersen-Schäfer.
Die Beamten kamen aber wieder. Obwohl die Rechtsextremisten verschwunden waren, wurde das Ufer abgesucht. Schließlich entdeckten die Polizisten mehrere Brandsätze, einen gefüllten Benzinkanister, Baseballschläger und Eisenstangen. Daraufhin startete Petersen-Schäfer noch in der Nacht eine Razzia bei den Männern, die zuvor kontrolliert worden waren. In den Wohnungen fand die Polizei weitere Brandsätze, Wollmützen mit Sehschlitzen und 200 Aufnäher mit der Inschrift „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“. 16 Rechtsextremisten wurden festgenommen. Fast alle sind schon früher mit einschlägigen Delikten wie „Sieg Heil“-Gebrüll und Gewalttaten aufgefallen. Innenminister Schönbohm lobte ausdrücklich die Courage des Anglers und das rasche Vorgehen der Polizei.
Besucher und Betreuer des Jugendclubs hätten „großes Glück gehabt“, sagte der ermittelnde Potsdamer Staatsanwalt, Jörg Wagner. Zwei Rechtsextreme säßen jetzt in Untersuchungshaft, gegen sechs weitere sei der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Der Staatsanwalt wirft den Männern die Verabredung zu schwerer Brandstiftung und einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor.
Eine Verbindung zwischen der Clique und der im April von Innenminister Jörg Schönbohm verbotenen Neonazi-Kameradschaft „Hauptvolk“ sieht die Polizei bislang nicht. „Hauptvolk“ und die mitverbotene Untergruppe „Sturm 27“ hatten jahrelang im Havelland ihr Unwesen getrieben. Ebenfalls im Havelland hatte eine Kameradschaft „Freikorps“ von Juni 2003 bis Mai 2004 Brandanschläge auf ausländische Imbisse verübt. Im März verurteilte das Oberlandesgericht elf Täter wegen Bildung einer Terrorgruppe.
Anschlag auf Jugendclub verhindert
Konfrontation in Premnitz (Brandenburg)/ Nazis wollten Club am See anzünden/ 16 Festnahmen
Am vergangenen Freitagabend lagen in der havelländischen Kleinstadt Premnitz (Brandenburg)wieder deutlich spürbare Spannungen in der Luft, da sich die örtliche rechtsextreme Szene zum ersten mal seit 2002 wieder am Jugendclub angekündigt hatte, um diesen, ihren Ansagen zufolge, „platt zu machen“.
Und tatsächlich, bereits in den frühen Abendstunden sammelten sich ca. 30 vorwiegend jugendliche Rechtsextremisten als auch einzelne bekannte Aktivisten der am 12.April 2005 durch das Brandenburgische Innenministerium verbotenen Kameradschaft „Hauptvolk“ auf dem Premnitzer Marktplatz.
Gegen 22 Uhr brach dann der Großteil der Rechten von diesem Sammelpunkt aus schließlich in Richtung Jugendclub auf. Kurz vor erreichen des Ziels schlug man sich dann aber in die Büsche am Premnitzer See, um vermutlich über den von Bäumen und Büschen flankierten Seerundweg schnell und relativ unbemerkt angreifen zu können. Da mensch am Jugendclub aber gewarnt war, flogen diese Absichten recht schnell auf und zwei erste direkte Angriffsversuche endeten zunächst mit dem schnellen Rückzug, der mit Eisenstangen und Baseballschlägern bewaffneten, Rechtsextremisten.
Als sich die Gruppe der rechten Angreifer nunmehr zum dritten mal in der Mozartstraße zum Schlag formierte, wurde sie von der inzwischen von Anwohnern informierten Polizei gestellt. Dabei wurden bei einigen Rechtsextremisten neben den erwähnten Schlaggegenständen auch Molotowcocktails gefunden. 16 rechte Angreifer wurden daraufhin in Gewahrsam genommen, wie der Rundfunk Berlin Brandenburg berichtet. Weiterhin soll es wohl am frühen Samstagmorgen eine Polizeirazzia gegen die rechte Szene in Premnitz gegeben haben, wobei mehrere Wohnungen durchsucht wurden. Auch durchsucht wurde die Gegend um den See, wo die Rechtsextremisten offenbar ein mit Molotowcocktails gefülltes Erddepot angelegt hatten.
Antifaschistische Gruppen im Westhavelland
Überfall in letzter Minute verhindert
PREMNITZ Aufmerksamen Zeitgenossen ist es zu verdanken, dass im Premnitzer Jugendclub (Preju) am See in der Nacht zum vergangenen Samstag kein Desaster passiert ist. Mit einem Großeinsatz, an dem Polizisten aus Rathenow und Nauen beteiligt waren, wurden am Samstag gegen 4.30 Uhr 16 Jugendliche und junge Erwachsene festgenommen, die in dieser Nacht einen Brandanschlag auf das Jugendzentrum geplant hatten. Die Festgenommenen gehören der rechten Szene an.
Rudi Sonntag, Sprecher im Polizeipräsidium Potsdam machte deutlich, wie wichtig die Meldung mehrerer Anwohner aus Premnitz war. “Bürger hatten in der Nacht zum 4. Juni bei der Polizei angerufen und mitgeteilt, dass sich in Premnitz verdächtige Personen in der Nähe des Jugendzentrums aufhalten, die zudem vermummt waren.” Polizeibeamte des Schutzbereiches Havelland machten sich sofort auf den Weg. “In der Nähe des Jugendzentrums trafen sie auf 16 Personen im Alter von 15 bis 23 Jahren, die später auf Anordnung der Potsdamer Staatsanwaltschaft vorläufig festgenommen wurden”, beschrieb Polizeisprecher Sonntag die Situation.
Die Gruppe hatte sich am See gesammelt. Dort fanden die Beamten mehrere Brandsätze, einen Benzinkanister und Baseballschläger.
Im Jugendzentrum befanden sich noch einige junge Leute. Noch in der Nacht wurde die Leiterin des Schutzbereiches Havelland, Cerstin Petersen-Schäfer, informiert. Sie beorderte umgehend über 80 Polizeibeamte zur Aufklärung der Straftat nach Premnitz. Am Samstag wurden in der Region Rathenow-Premnitz und in der Stadt Brandenburg insgesamt 18 Wohnungen durchsucht. Rudi Sonntag bestätigte, dass die Polizeibeamten bei der Suche fündig wurden: “Wir haben zwei Brandsätze, mehrere Skimasken und Wollmützen mit Sehschlitzen, einen Baseballschläger sowie rund 200 Aufnäher und Flyer mit der Aufschrift “Ich bin stolz ein Deutscher zu sein” aufgefunden.”
Der Polizeisprecher bestätigte, dass der große Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen schon früher wegen Körperverletzungs- sowie rechter Propagandadelikte aufgefallen war.
Die Polizei geht davon aus, dass sich die 16 Personen nach erheblichem Alkoholkonsum verabredet hatten, einen Brandanschlag auf den Premnitzer Jugendclub zu begehen. Motiv für die Tat ist nach Überzeugung der Ermittler ein Racheakt. Am 27. Mai hatten Jugendliche aus der linken Szene, die regelmäßig Besucher im Premnitzer Jugendclub sind, zwei Gegner aus dem rechten Lager verprügelt und verletzt. Die Verletzten gehören zur Gruppe der Beschuldigten, die am Samstag den Überfall geplant hatte.
Die Ermittlungsakten wurden zwischenzeitlich vom polizeilichen Staatsschutz der Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Potsdam übernommen. Rudi Sonntag konnte nicht bestätigen, dass zu der Tätergruppe Personen gehören, die Mitglieder der kürzlich verbotenen rechtsextremistischen Kameradschaft “Hauptvolk” und deren Untergliederung “Sturm 27” waren oder sind.
Wegen gemeinschaftlicher Verabredung zu einem Verbrechen und Verstoß gegen das Waffengesetz beantragte die Staatsanwaltschaft Potsdam am Sonntag zehn Haftbefehle.
Das Premnitzer Jugenzentrum wird vom Verein “Preju e. V.” getragen. Vereinssprecher Siegfried Wendland sah in einem ersten Kommentar die Ereignisse nicht so dramatisch, wie die Polizei. “Ich habe keine Erkenntnisse, dass für das Gebäude oder die Insassen konkrete Gefahr bestand.” Die Mitarbeiter und Vertreter von “Preju” e. V. wollen sich heute treffen, um die Ereignisse zu analysieren.
Derweil machte Rudi Sonntag noch einmal deutlich, dass mutige Premnitzer in dieser Nacht Schlimmeres verhindert haben: “Wenn es der Gruppe gelungen wäre, die Brandsätze zu zünden, dann hätte es sehr gefährlich werden können.” wil/MAZ
(Sabine Schicketanz, Tagesspiegel) Potsdam — Der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche verzögert sich. Der erste symbolische Gewölbebogen, der eigentlich am 23. Juni, dem 37. Jahrestag der Sprengung der Kirche, vollendet sein sollte, werde nun erst am 3. September fertig sein, sagte gestern Andreas Kitschke von der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau. Aus formalen Gründen gebe es noch keine Genehmigung für den Weiterbau des Gewölbebogens, dessen Fundament zur Grundsteinlegung am 14. April dieses Jahres aufgemauert worden war. Kitschke versicherte jedoch, Potsdamer Baufirmen hätten sich bereit erklärt, zum Bau des Bogens der einstigen Heilig-Kreuz-Kapelle beizutragen.
Die Fördergesellschaft habe die Baugenehmigung zu spät beantragt. Dies sei nun geschehen, Mitte Juli könne mit den Arbeiten begonnen werden. Wie hoch die Kosten für den symbolischen Wiederaufbau-Start sind, wollte Kitschke nicht sagen. Er betonte zudem, es gebe keine Eile mit dem Weiterbau, solange „die Verlegung der Breiten Straße nicht weiter gedacht ist“.
In Kürze will die Fördergesellschaft mit der Feinplanung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche beginnen. Dazu stelle das Landesdenkmalamt „hunderte Fotos“ zur Verfügung, so Kitschke. Der rund 65 Millionen Euro teure Nachbau der 1968 als Kriegsruine gesprengten Barockkirche soll bis 2017 fertiggestellt werden. Allerdings ist die Finanzierung noch nicht geklärt.
Die evangelische Kirche will in dem Neubau ein internationales Versöhnungszentrum und eine Stadtkirche einrichten.
Rathenow — Mitte April verbot Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) die
rechtsextremistischen Kameradschaften “Hauptvolk” und deren
Untergliederung “Sturm 27”. Die Polizei wurde angewiesen, das
Vereinsverbot mit aller Konsequenz umzusetzen. Doch anscheinend haben
sich die Neonazis vom Verbot ihrer Kameradschaften und von
Polizei-Razzien in Wohnungen und Vereinsgebäuden nicht abschrecken
lassen. Vor allem in der Region um Rathenow (Havelland) machen die
ehemaligen Kameradschaftsangehörigen weiter — allerdings ohne Titel.
“Unter den Namen Hauptvolk und Sturm 27 tritt in Rathenow und
Premnitz niemand mehr plakativ auf. Doch die Strukturen und Aktivitäten
blieben nach dem Verbot dieselben und konnten sich sogar noch steigern”,
sagt Thomas Ernst, Mitarbeiter einer Antirassismus-Initiative aus
Rathenow. Er behauptet: “Beispielsweise verklebten in der Zeit vom 5.
bis 8. Mai ehemalige Kameradschaftsmitglieder des Sturm 27 ausgehend
von ihrem Treffpunkt in der Rhinower Straße unbehelligt über 440
Aufkleber mit der Aufschrift 8. Mai 2005 — Wir feiern nicht!” Daß
diese Klebe-Aktion tatsächlich stattfand, bestätigt Dietmar Keck,
Polizeipressesprecher des Schutzbereiches Havelland. “Bei den Kollegen
in Rathenow ist dazu eine Anzeige eingegangen”, so der Beamte.
Doch nicht nur Propaganda-Aktionen stehen bei den Neonazis auf dem
Programm. Gemeinsam fuhren sie in größeren Gruppen zum NPD-Aufmarsch am
8. Mai zum Alexanderplatz nach Berlin. Thomas Ernst: “Sie wurden dabei
nicht, wie bei ähnlichen Veranstaltungen früher, polizeilich begleitet,
so daß Kameradschaftsmitglieder, darunter der sogenannte Sturmführer
Benjamin K. unmittelbar vor der Abfahrt und nach der Rückkehr in
Rathenow wieder ungestört Naziaufkleber an Verkehrsschilder und
ähnlichem anbringen konnten.”
Der Mitarbeiter der Antirassismus-Initiative beobachtet einen Trend:
Seit dem Verbot der Kameradschaften mischen die Neonazis verstärkt bei
der NPD mit. Ex-Sturm-27-Mitglieder verteilen NPD-Flugblätter in
Premnitz und Rathenow. Und sie beteiligten sich am 18. April bei einer
Gedenkveranstaltung der NPD auf dem Soldatenfriedhof in Rathenow. Thomas
Ernst kritisiert: “Bis auf das Namensverbot und die bei der Razzia
beschlagnahmten Asservate tat sich nicht viel, die
Kameradschaftsstruktur blieb erhalten, Propagandamaterial wurde ersetzt.”
Im Brandenburger Innenministerium hat man bislang noch keine
Erkenntnisse, daß die Kameradschaften ohne Namen weiter aktiv sind. “Man
kann aber sicher sein, daß Polizei und Verfassungsschutz ein Auge auf
die Aktivitäten der Neonazis und Rechtsextremisten haben”, sagt
Pressesprecher Wolfgang Brandt. Etwaige Nachfolgeorganisationen seien
ebenfalls von Schönbohms Verbot betroffen, doch “für die Behörden gibt
es keinen Grund einzugreifen, solange Einzelpersonen nicht mit dem
Strafgesetzbuch in Konflikt kommen”, sagte Brandt. Die Grundrechte, zu
denen auch die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gehört, gelten für
jedermann, “auch wenn die politische Meinung der Rechtsextremen und
Neonazis abzulehnen ist”. Erschwerend komme hinzu, daß die NPD keine
verbotene Partei sei.
(MOZ, 4.6.) Bad Freienwalde (rr/MOZ) Das Schöffengericht hat am Donnerstag nach zwei
Verhandlungstagen drei sich zur linken extremistischen Szene rechnende
Männer aus Neuhardenberg zu Freiheitsstrafen verurteilt. Angeklagt waren
gegenüber einem angeblich Rechtsradikalen begangene Körperverletzungen in
Tateinheit mit Sachschädigung, Diebstahl und Bedrohung. Der Haupttäter soll
nach dem Willen des Gerichts ins Gefängnis, seine beiden Kumpane kamen mit
Bewährung davon. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Eindruck, den die drei Männer auf der Anklagebank machten war alles
andere als der, den Mütter für ihre Töchter bevorzugen, wenn sich diese in
den Stand der Ehe verabschieden. Andersherum ausgedrückt: Im Dunkeln möchte
man ihnen auch nicht unbedingt begegnen. Im Laufe der Beweisführung
offenbarte sich allerdings, dass sie sich zumindest sehr gut artikulieren
konnten und über einen reichlichen und teilweise sogar teilweise gepflegten
Wortschatz verfügten. Er hätte mehr als ausgereicht, um das Opfer mit Worten
in seine Schranken zu weisen. Denn der inzwischen in Seelow wohnende
28-Jährige hinkte nicht nur körperlich, sondern auch geistig dem Trio weit
hinterher. Wobei alle vier Männer ein Problem haben, das sie eigentlich
verbinden könnte — der Alkohol. Dieser spielte auch am Tattag, dem 2.
Dezember, eine nicht unwesentliche Rolle.
Der Alkohol sorgte aber ebenfalls dafür, dass alle vier Beteiligten vor
Gericht deutliche Erinnerungslücken aufwiesen, so dass es zu recht
unterschiedlichen Aussagen kam. Nach der Beweisaufnahme konnte jedoch
festgehalten werden, dass sich die drei Männer, wie der Haupttäter am
Tatabend bei der Blutentnahme gegenüber der Polizei sagte, “an dem
Rechtsradikalen rächen” wollten. Unter anderem deshalb, weil dieser des
Öfteren auf seinem Balkon rechtsradikale Lieder abspiele. Da sie sich zur
radikalen Linken bekannten, hätten sie dies nicht nur als gesetzwidrig und
störend empfunden. Vielmehr müsse dem Mann ein Denkzettel verpasst werden.
Was dann auch am 2. Dezember gegen 18 Uhr in einer in der Thälmann-Straße
gelegenen Wohnung geschah. Dort trat das Trio die Tür des Opfers auf und
ohne größere Diskussion zog der Haupttäter den 28-Jährigen auf die Couch.
Dort wurde das Opfer mit Faustschlägen traktiert und mit Springerstiefeln
getreten. Danach nahmen sie aus der Küche noch 19 Flaschen Bier mit und
verschwanden. Doch um 19 Uhr kehrte der Haupttäter erneut zurück. Dabei traf
er die Mutter des Opfers und bedrohte sie. “Wenn Sie Strafanzeige erstatten,
werden Sie umgebracht”, soll er gesagt haben.
Das Opfer, wie erwähnt bei der Vergabe der kleinen grauen Gehirnzellen etwas
zu spät erschienen, wollte trotz seiner Verletzungen weder zu einem Arzt,
noch die Polizei informieren. Beides geschah erst auf Drängen seiner Mutter,
“sie hatte mich hingeschleppt”. Auch vor Gericht tat der 28-Jährige so, als
sei alles nicht so schlimm gewesen. Der Staatsanwalt hatte jedenfalls den
Eindruck, dass er die Täter schonen wollte.
Hierfür konnte das Gericht allerdings kein Verständnis aufbringen. Auch aus
der Sicht, dass der 26-jährige Haupttäter schon einmal — und zwar am 23.
September 2003 — wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung eine
achtmonatige Bewährungsstrafe erhalten hatte und die erneute Tat in die
Bewährungszeit fiel. Deshalb soll er nunmehr für ein Jahr und vier Monate
hinter schwedische Gardinen. Es wird allerdings damit gerechnet, dass er
gegen dieses Urteil Berufung einlegt.
Seine Kumpane kamen mit acht bzw. sieben Monaten auf Bewährung ausgesetzten
Haftstrafen davon. Wobei nunmehr die kleinste Straftat reicht, um sie
ebenfalls im Kittchen unterzubringen.
Am Anfang, in den 80ern, war HipHop eine Jugendkultur vor allem der
Schwarzen in Amerika. Graffiti auf den tristen Wänden der Wohnviertel
gehörten dazu, der Breakdance, der Rap als ein wütendes Staccatto von Worten
und Bildern über die wirklichen Härten des Lebens.
Den Ghettoblaster (so genannt in Anspielung auf die von Schwarzen
dominierten schlechteren Wohnviertel New Yorks) hatten die Jugend-Gangs
immer dabei — der Musik wegen, die zum Beispiel für die tänzerische
Auseinandersetzung (Battle) mit anderen Gruppen brauchte.
Hip-Hop, das Konzept, das auf der Ebene von Kunst Ventile für aufgestaute
Aggressionen schafft, soll auch in Spremberg helfen, gewalttätigen
Auseinandersetzungen oder fremdenfeindlichem Hass entgegenzuwirken. Über das
Programm der Civitas-Jugendstiftung gegen rechte Gewalt, werden Projekte und
Veranstaltungen im Spremberger Bergschlösschen schon länger unterstützt. Nun
profitieren auch andere Klubs davon. Sieben Ghettoblaster erreichten über
Civitas Spremberg, sie wurden in den vergangenen Tagen an den Offenen
Jugendtreff, in den Jugendklub Graustein, in den Klub Schwarze Pumpe und an
die HipHop-Tanzgruppe des Sportvereins Burgneudorf verteilt. Zwei der
Rekorder und CD-Player mit den großen Lautsprecherboxen verbleiben im
Bergschlösschen selbst, einer ist als Ausstattung für das Ferienobjekt des
Bergschlösschens in Bohsdorf am Felixsee gedacht.
«Wir wollen als zweiten Schritt dieses Projektes nun HipHop-Workshops vor
Ort in den Klubs anbieten» , erklärt Benny Blatz vom Bergschlösschen.
«Natürlich können Musik oder Tanz an sich nichts gegen rechte Gewalt
ausrichten. Aber ich denke, dass es wichtig ist, überhaupt eine alternative
Kultur anzubieten. Wer sich mit ihr beschäftigt, der lässt sich weniger
leicht von brauner Polemik einfangen.»