(Autonome Jugendantifa Bernau) Vergangene Woche tauchten in Berliner S‑Bahnen Flugzettel auf, in denen
vom „Deutsche Kolleg“ um den ehemaligen NPD — Anwalt Horst Mahler zum
Besuch des „ersten Bernauer Ausschwitz-Prozesses“ aufgerufen wurde, der
heute 25 Neonazis in das Amtsgericht Bernau zog. Kurz nach 16 Uhr begann
die Verhandlung, der Saal war besetzt durch vorwiegend ältere Nazis.
Auch einige Vertreter der lokalen Kameradschaftsszene waren anwesend, so
auch das Mitglied des Nationalen Bündnis Preußen (NBP) und NPDler
Thorsten Genz.
Angeklagt waren vier selbsternannte „Reichsbüger“ aus dem Kreis des
„Deutschen Kollegs“, namentlich Dirk Uwe Reinecke, Jörg Rainer Linke,
Wolfgang Heinz Edmund Hackert und Gerd Hartmuth Walther. Anlass der
Verhandlung war ein Flugzettel der von selbigen im letzten Jahr vor dem
Bernauer Paulus-Praetorius-Gymnasium verteilt wurde. In diesem
Flugzettel wurde der Schuldirektor des Gymnasiums Jörg Schünemann, als
jemand der sich dem „Deutschen Volk“ durch die Verbreitung der
„Auschwitz-Lüge“ schuldig gemacht habe, diffamiert. Damit nahmen die
Holocaust — Leugner Bezug auf den von Schülern des Gymnasiums
organisierten Projekttag, der sich thematisch mit dem
Nationalsozialismus auseinandersetzte.
Zuvor fand ein Prozess gegen Dr. Rigolf Hennig vor dem Landgericht
Verden statt. In typischer antisemitscher Rhetorik brachte Hennig in
diesem Prozess die „Auschwitz-Lüge“ in Verbindung mit den „Interessen
der Judenheit“. Die Imagination der „jüdischen Weltverschwörung“ ist
Hauptelement antisemitscher Ideologie und wird in diesem Sinne auch von
Horst Mahler und seinem Umfeld propagiert. So behauptetete zum Beispiel
eine „Reichsbürgerin“ am Rande eines Naziaufmarsches vor laufender
Kamera eines ZDF – Teams, dass die Medien in Deutschland von den Juden
kontrolliert werden. In dem Aufruf von Mahler, der auf dem
rechtsradikalen Portal Stoertebeker vergangene Woche veröffentlicht wurde, mobilisierte er nach Bernau.
Schon in der Überschrift offenbart sich seine revisionistischen
Position, da er die Justiz in Anführungsstriche setzt und von der OMF –
BRD spricht.
Wie schon im Verdener Prozess intendieren Horst Mahler und seine
Kameraden in Bernau „die von Germar Rudolf erarbeitete Gesamtschau der
wesentlichen Ergebnisse der revisionistischen Geschichtsforschung
zusammen mit der zitierten Stellungnahme des Deutschen Bundestages zum
Mittelpunkt einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu machen“ (aus dem
Aufruf von Horst Mahler). Rudolf negiert in seinem Buch „Vorlesungen
über den Holocaust – Strittige Fragen im Kreuzverhör“ die
Offenkundigkeit des Holocausts und wird dabei vom Petitionsausschuß des
Deutschen Bundestages indirekt unterstützt, in dessen Beschlußempfehlung
Pet 4–12-07–45-5699 die Gerichte verpflichtet werden, „solche Tatsachen,
die es für offenkundig erachtet, in der Hauptverhandlung zu erörtern“
(ebenda). Anknüpfend an die Strategie des Prozesses vor dem Landgericht
Verden versuchten die von der Bernauer Staatsanwaltschaft wegen
Volksverhetzung angeklagten Neonazis, die sich weitestgehend selbst
verteidigten, von konkreten Vorwurf abzulenken und den Holocaust zu
thematisieren. Außerdem wurde erneut ein Befangenheitsantrag gestellt.
Kurz vor 18 Uhr endete die Verhandlung mit der Vereidigung eines
Polizisten, der als Zeuge geladen war und wurde auf den 4. Juli um 11
Uhr vertagt.