Gewaltbereite Jungnazis artikulieren sich vermehrt im Stadtbild / Mitglieder verbotene Kameradschaften im Hintergrund aktiv
In den letzten Monaten wird in Premnitz eine immer aktiver werdende rechtsextreme Jugendszene beobachtet, die sich sowohl in ihren politischen Ausdruck als auch in deren Handlungen zunehmend radikalisiert.
Seit Anfang 2006 werden so fast täglich Aufkleber des „Wikingerversandes“ entfernt, in denen die Alliierten des zweiten Weltkrieges als „Mörderbande“ verunglimpft werden und die Freiheit von inhaftierten Nazis gefordert wird. Zudem sind auch offenbar selbst angefertigte klebende Zettel mit Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ und „Frei, Sozial, national“ einer Gruppe namens „NFH“ im Umlauf.
Bis zum heutigen Tage wurden allein in den Monaten Januar und Februar 2006 mindestens 166 Aufkleber in Premnitz entfernt – mehr als im gesamten Jahr 2005.
Schwerpunktbereich dieser Propaganda sind die Straßen am und um den Marktplatz.
Hier trifft sich auch fast täglich die jugendliche Naziszenerie (15 – 18 Jahre). Einige der sich dort aufhaltenden Jugendlichen, die namentlich bekannten Christopher R. und Ramon K. wurden dabei bereits öfters beim anbringen von rechtsextremer Propaganda beobachtet. Auch so genannten Propagandastraftaten, wie das skandieren von verfassungswidrigen Parolen, kann diesem Personenbereich nachgewiesen werden. Am Mittwoch, dem 1. Februar 2006, gegen 1.30 Uhr morgens, wurde beispielsweise zwei Rechtsextremisten, darunter Ramon K., in der Gerhart Hauptmann Straße festgestellt und später angezeigt, die im angetrunkenen Zustand nun Naziparolen riefen.
K. dürfte bereits – trotz seines jugendlichen Alters – einschlägig polizeibekannt sein. Im Juni waren er und seine Freunde vom Marktplatz u.a. an einem versuchten Brandanschlag auf den Jugendclub Premnitz beteiligt. Verstärkung hatten sie sich dabei von Gleichgesinnten aus Brandenburg/Havel erbeten, wie die Schutzbereichsleiterein der havelländischen Polizei, laut Märkischer Allgemeiner Zeitung vom 18. Februar 2006, unlängst vor der Premnitzer Stadtverordnetenversammlung bestätigte.
Weitere feste Verbindungen bestehen zu jugendlichen Nazis aus Rathenow, mit denen sich vor allem am Wochenende im Umfeld einer Großraumdiskothek im Stadtzentrum getroffen wird. Hier kam es in denen letzten Wochen zu mindestens zwei rassistisch motivierten Gewaltübergriffen durch die Rathenower Jungnazis. Das auch die Premnitzer Gruppe daran beteiligt war bleibt offen, deren ausländerfeindliche Gesinnung, die durch Aufkleber mit Parolen wie „Ausländer rein – wie sagen nein“ unterstrichen wird, und deren Aggressivität stellt aber zumindest ein Gefahrenpotential dar.
Zu unterstellen ist weiterhin, dass die jungen Nazis aus Premnitz von örtlichen Mitgliedern der verbotenen Kameradschaft „Hauptvolk“ gefördert werden. Im Vorfeld des versuchten Brandanschlages auf den Jugendclub, gab es mindestens ein Treffen. Außerdem soll Christopher R. schon mit einer „Hauptvolk“ – Mütze gesehen worden sein.
Die bekannten Premnitzer Mitglieder der Kameradschaft „Hauptvolk“ selber treten jedoch nur noch selten offen in Erscheinung und verlagern ihre Aktivitäten eher in den Hintergrund. Während des Jahreswechsels 2005/2006 soll so im kameradschaftsnahen Treffpunkt „Lindenhof“ eine Feier von Hauptvolkmitgliedern und Rechtsextremisten aus Sachsen — Anhalt stattgefunden haben.
Das Premnitzer Mitglied der Kameradschaft „Hauptvolk“, Jens R., wurde am 3. Februar 2006 im Rahmen eines Fußballspiels gegen eine Auswahl aus Vieritz für die Kameradschaftseigene Fußballmannschaft „Sportvolk“ aufgestellt und eingesetzt.
Mindestens ein Mitglied der verbotenen Kameradschaft „Hauptvolk“ wurde auch wieder für den berüchtigten Premnitzer Sicherheitsdienst „Security Zarnikow“ eingesetzt. Im Rahmen des Fußballtestspiels TSV Chemie Premnitz gegen den 1. FC Union Berlin, wurde so Kay B. als Wachmann erkannt, der erst am 17. Februar 2006 wieder für „Sportvolk“ im Spiel gegen eine Mögeliner Mannschaft im Tor stand. B. arbeitete bereits im Zeitraum von 1999 bis 2003 für „Security Zarnikow“. Er und einige seiner Gesinnungsgenossen wurden entlassen, nach dem der Wachschutz eben wegen seiner kameradschaftlichen Mitarbeiter, nach einem Flüchtlingsmemorandum und einem Zeitschriftenbericht kritischer Journalisten, vom Rathenower Flüchtlingsheim abgezogen werden musste.