+ Zum ersten Mal keine Nazidemonstration in Königs Wusterhausen + linker Vorbereitungskreis ruft erfolgreich zu linken Aktionen um den 9. Oktober auf + breite Briefkasten-Steck-Aktionen in Königs Wusterhausen und Wildau + Transparent- und Sprayaktionen in der Nacht vom 7. zum 8. + weitere Aktion in Zeuthen am 8. Oktober +
// Kein Aufmarsch am 9. Oktober 2010 in Königs Wusterhausen //
Seit 2007 mobilisierten Nazis aus Königs Wusterhausen, aber auch aus anderen Teilen Brandenburgs, Berlins und der BRD bisher insgesamt drei Mal zu einem Aufmarsch im Herbst in die Kleinstadt an der Süd-Ostgrenze Berlins. Am Anfang noch stärker durch die NPD-Strukturen geprägt, war die letzte erfolgreiche Nazidemonstration 2009 im Wesentlichen nur von so genannten „freien Kräften“ organisiert worden.
Auch für 2010 wurde mit einer Demonstration der Nazis gerechnet. Der linke Vorbereitungskreis „Nazisaufmarsch am 9. Oktober verhindern“ hatte in diesem Kontext zu einer antifaschistisch-antimilitaristischen Demonstration aufgerufen um offensiv linke Positionen deutlich zu machen, aber auch um effektiv agieren und den Aufmarsch blockieren zu können (vgl. [1]).
Antifaschistische Rechercheaktivitäten bestätigten dann aber recht schnell, dass von Seiten der Faschisten nicht zu ihrem Aufmarsch mobilisiert werden wird. Ein im Internet veröffentlichtes Pamphlet der so genannten „Freien Kräfte KWh“ und die einige Tage darauf folgende offizielle Absage des Aufzuges bei den Behörden ließen dann keinen Zweifel mehr an der Tatsache: Im Oktober 2010 wird es keine Naziaufmarsch in KW geben.
// Linke Perspektiven offensiv darstellen //
In einer weiteren Mitteilung ließen die Faschisten die Öffentlichkeit in bekannter und damit bemerkenswert peinlicher Manier wissen, dass sie nun zu einem „Aktionstag“ am 9. Oktober zwischen 0:00 und 24:00 aufrufen würden; Der linke „Vorbereitungskreis 9. Oktober“ stellte in seiner Stellungnahme vom 30. September 2010 aber recht ausführlich „[…] klar, dass die hiesige Naziszene deutlich handlungsunfähiger ist als noch vor einigen Jahren.“[2].
Weiterhin hatte der Vorbereitungskreis in seiner Stellungnahme als Reaktion auf die veränderte Situation angekündigt, nicht mehr zur geplanten antifaschistisch-antimilitaristischen Demonstration zu mobilisieren sondern folgenden Aufruf gestartet: „ Unsere Stadt! Unsere Inhalte! Unsere Perspektiven! […] Wir rufen daher zu vielfältigen Aktionen auf, die unseren antifaschistischen, antimilitaristischen und antikapitalistischen Perspektiven dienen und für die kommenden Proteste mobilisieren“[2].
// Groß angelegte Briefkasten-Steckaktion //
Linke AktivistInnen hatten sich dann am 7. Oktober aufgemacht um mit Informationsmaterial auf eine revolutionäre Politik und kommende Kämpfe aufmerksam zu machen. Ein kleines „Infopaket“, bestehend aus drei sich inhaltlich ergänzenden Flyern, wurde mehrere Tausend Mal an Haushalte in den Wohngebieten Königs Wusterhausens und Wildaus verteilt.
Einer der drei Flyer war unter der Überschrift „Wahrnehmungen, die wir erlangen müssen“ direkt an die EinwohnerInnen Königs Wusterhausens und der Umgebung gerichtet und stellte vor allem den Zusammenhang zwischen faschistischer Bewegung und Kapitalismus im Kontext des Kampfes für die soziale Revolution dar.
Des Weiteren wurde der Flyer „Castor schottern. Atomausstieg ist Handarbeit.“ zur aktuellen „Castor? Schottern!“-Kampagne genauso in die Briefkästen gesteckt. Diese offensive und konsequente Kampagne linker Gruppen steht im Zusammenhang mit den anstehenden Protesten im Wendland im November 2010. Weiterhin enthalten war das Informationsblatt „Sparpakete stoppen! Bundestag belagern!“, dass über die geplante Aktion am 26. November im Rahmen der Sozialproteste informierte und mobilisierten sollte.
// Transparent- und Sprühaktionen //
In der Nacht vom 7. zum 8. Oktober wurden nach uns zugesandten Informationen von unbekannten linken AktivistInnen in Königs Wusterhausen, aber auch im nahe gelegenen Zeuthen, zahlreiche Transparente an gut sichtbare Stellen aufgehängt.
Auf diesen waren verschiedene kämpferische Parolen zu lesen, darunter „Eure Krise! Euer Krieg! Euer Kapitalismus!, „Für die Revolution zum Überleben!“ oder „Wäre die Welt eine Bank, so hättet ihr sie schon längst gerettet“. Daneben waren vielfach sowohl Anarchie‑A als auch Hammer und Sichel angebracht worden.
Des Weiteren wurden vor allem in Zeuthen in dieser Nacht zahlreiche Parolen gesprüht. Auch hierbei waren kämpferische Parolen am Präsentesten, so vor allem „Kapitalismus tötet! Kapitalismus abschaffen!“ oder einfach „Antifa Area“.
// Aktionen in Zeuthen am 8. Oktober //
Am frühen Abend des 8. Oktober kam es dann nach ein gegangenen Angaben im Nahe bei Königs Wusterhausen gelegenen Zeuthen zu einer Verteilaktion von ökologisch und klassenkämpferischen Flyern auf dem dortigen S‑Bahnhof, bei der etwa 20 linke AktivistInnen beteiligt waren.
In diesem Zusammenhang muss es zu einer kurzen Spontandemonstration im Vorfeld dieser Bahnhofsaktion in Zeuthen gekommen sein. Zum aktuellen Stand unseren Informationen nach sind etwa 40 linke AktivistInnen eine kurze Strecke bis zum Zeuthener S‑Bahnhof gelaufen um deutlich antifaschistische und linke Inhalte zu vermitteln. Bereits vor etwa einem Jahr gab es eine solche Spontandemonstration in Zeuthen im Kontext von seinerzeit aggressiver auftretenden Nazis [3].
// Die Situation… //
Bis zum Redaktionsschluss für diesen Artikel war vom angekündigten „Aktionstag“ der Nazis wenig zu sehen. Diese hatten ihre Aktionen in einem Mitte der Woche auf ihrer Seite publizierten Artikel abermals auf den 9. Oktober „zwischen 0:00 und 24:00“ eingeschränkt. Lediglich in Zeuthen fanden engagierte AntifaschistInnen am Mittwoch einige – passend dem herbstlichen Wetter gelb und orange gefärbte – winzige Flyer-Schnipsel mit dem äußerst sinnigen Text: „Lasst uns die Spiele beginnen – 09.10.10 in KWh – BgR KW kreativ abschalten! – Demokratiefeste zu Parkplätzen! Freie Kräfte KWh“ auf dem Boden um den Bahnhof herum [4].
Aus verschiedenen Quellen wurde dann bestätigt, dass die Polizeipräsens zum Abend des 8. Oktober in Königs Wusterhausen massiv zugenommen hat. Immer wieder durchgeführte „verdachtsunabhängige Kontrollen“ sind in den Abendstunden für Leute, die wahlweise dem „rechtsextremistischen“ oder „linksextremistischen“ Spektrum zugeordnet werden offensichtlich an der Tagesordnung. Die staatlichen Repressionsorgane, darunter sogar Polizisten aus den angrenzenden Wachen Schönefeld und Lübben, sind hier offenbar stark präsent um jegliche Aktivitäten zu unterbinden.
// …und der Ausblick auf den 9. Oktober und darüber hinaus //
Trotz der Absage der Nazidemonstration zu Gunsten des „Aktionstages“ wird es am 9. Oktober selbst wohl einen Demonstrationszug des bürgerlichen Stadt- (bzw. Staats-) nahen Bündnisses gegen Rechts (BGR) geben, der in diesem Jahr auch von der Partei „Die Linke“ unterstützt wird und zum so genannten Fest der Demokratie auf dem Fontaneplatz führen soll. Beginnen soll diese kurze Demonstration um 10 Uhr und soll um 11 Uhr auf dem Festplatz eintreffen.
Zu den bisher gelaufenen linken Aktionen äußerte sich ein Aktivist des „Vorbereitungskreises 9. Oktober“ abschließend positiv und bemerkte: „Linke Politik wird ja nicht an einem Tag gemacht und besteht ja nicht nur aus Aktionismus. Es ist notwendig auch weiterhin offensiv antifaschistische, revolutionäre Perspektiven jenseits des Kapitalismus zu erkämpfen. In diesem Sinne sollten wir uns beim Kampf auf der Straße oder im Betrieb sehen! Kapitalismus abschaffen.- Solidarität aufbauen!“.
Linkes KW (8. Oktober 2010)
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Verweise und Links:
[1] Ursprünglicher Aufruf zur antifaschistisch-antimilitaristischen Demonstration
http://linkeskw.blogsport.de/2010/09/17/naziaufmarsch-blockieren-bundeswehr-aufloesen-kapitalismus-abschaffen/
[2] Stellungnahme des Vorbereitungskreises vom 30. September 2010
http://linkeskw.blogsport.de/2010/09/30/stellungnahme-des-vorbereitungskreises-9-oktober/
[3] Bericht zur damaligen Spontandemonstration in Zeuthen 2009
http://de.indymedia.org/2009/10/264209.shtml
[4] Chronik aus Zeuthen
http://zag.blogsport.de/chronik/
Bei Repressionsfällen:
Rote Hilfe e.V. OG Königs Wusterhausen
http://rotehilfekw.blogsport.de/