INFORIOT Um die 150 Rassist*innen versammelten sich heute in unmittelbarer Nähe der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) in Eisenhüttenstadt. Anlass war unter anderem die Ankunft von 1.000 Geflüchteten am vergangenen Montag, die mit einem Sonderzug aus Richtung München die Oderstadt erreichten. Sie gehörten zu denjenigen Geflüchteten, die am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufbrachen. 200 Menschen folgtem dem Aufruf der IG Metall auf eine Gegenkundgebung. Knapp 40 Antifaschist*innen demonstrierten spontan in direkter Nähe zur asylfeindlichen Kundgebung.
Wie auf Facebook angekündigt, schloßen sich zahlreiche Eisenhüttenstädter*innen dem flüchtlingsfeindlichen Mob an. Aufgerufen hatte die Facebookgruppe „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“. Anmelder war der Frankfurter Neonazi Peer Koss, der bereits in Frankfurt (Oder) und Beeskow rassistische Versammlungen initiierte. Knapp 100 Menschen nahmen an der Kundgebung teil. Die NPD’lerin Manuela Kokott inszenierte sich wie schon in der Vergangenheit als „besorgte Anwohnerin“. Auch der Liedermacher Björn Brusak, ein bekannter Neonazi aus Brieskow-Finkenheerd, trat als Redner auf. In dem Plattenbaugebiet in der Poststraße befanden sich neben den Kundgebungsteilnehmer*innen einige dutzende Schaulustige, teils stark alkoholisiert, die den Aussagen von Kokott und Brusak applaudierten.
Unangenehm war die Situation für vorbeilaufende Geflüchtete, die direkt an den Rassist*innen vorbeilaufen mussten, bis die Polizei sie umleitete. Die Gegenkundgebung der IG Metall befand sich in einiger Entfernung. Ein Vertreter, der in Eisenhüttenstadt traditionell stark aufgestellten Gewerkschaft, wies in einer Rede zwar auf die momentan schwierigen Lebensbedingungen für Geflüchtete in der ZAST hin, betonte aber auch im selben Atemzug, dass es auch eine Belastung für die Eisenhüttenstädter*innen sei. 40 Antifaschist*innen verließen nach kurzer Zeit die Kundgebung. Sie begaben sich in Sicht- und Hörweite des rassistischen Aufzugs und konnten zumindestens verbal die Veranstaltung stören. Nach anderthalb Stunden war die flüchtlingsfeindliche Kundgebung vorbei.
Monat: September 2015
INFORIOT Am gestrigen Montag erreichten ca. 1.000 Geflüchtete Eisenhüttenstadt um in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) registriert zu werden. Sie waren mit mehreren Tausend anderen am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufgebrochen. Derweil wird zu einer rassistisch-motivierten Kundgebung in der Nähe der ZAST in der Poststraße für den morgigen Mittwoch aufgerufen. Auch Gegenprotest ist angekündigt.
Für Aufsehen sorgten vergangenes Wochenende mehrere selbstorganisierte Märsche von Geflüchteten, die aus Budapest und anderen Orten Ungarns, größtenteils zu Fuß, in Richtung der österreich-ungarischen Grenze liefen. Die ungarischen, österreichischen und deutschen Behörden sahen sich somit gezwungen die Dublin-III Verordnung vorübergehend außer Kraft zu setzen. Über Wien und München gelangten knapp 1.000 Menschen nach Eisenhüttenstadt. Nach einer medizinischen Erstversorgung wurde der Großteil in die ZAST gebracht. Einige konnten nach Berlin weiterfahren.
Auf der Facebook-Seite „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“ kursiert seit gestern Mittag ein flüchtlingsfeindlicher Aufruf für eine Kundgebung am morgigen Mittwoch. Mutmaßlicher Organisator ist der Neonazi Peer Koß. Koß gilt als mutmaßlicher Administrator der Facebook Seiten „Beeskow wehrt sich“ und „Frankfurt(Oder) wehrt sich“ und Initiator zahlreicher Aufmärsche und Kundgebungen in den beiden Städten. Gegen Koß liegt mittlerweile eine Anzeige wegen Volksverhetzung vor.
Rassistische Mobilisierung und Gewalt in Eisenhüttenstadt
Eisenhüttenstadt und die Bewohner*innen der ZAST standen in der Vergangenheit schon des Öfteren im Fokus asylfeindlicher Gruppen. Für Aufsehen sorgte der Versuch eine „Bürgerwehr“ in der Oderstadt zu etablieren, der von Neonazis mitinitiiert wurde. Die Partei „der Dritte Weg“ mobilisierte Ende Februar diesen Jahres zu einer Mini-Demo im Eisenhüttenstädter Stadtzentrum. Der NPD Kreisverband Oderland führte 2013 und 2014 mehrere Kundgebungen in direkter Nähe zur ZAST durch. Erst im August 2013 griffen mehrere NPD’ler bei einer Kundgebungsfahrt Gegendemonstrant*innen in Eisenhüttenstadt an.
An den bisherigen Versammlungen beteiligten sich außer stadtbekannten Neonazis nur vereinzelt rassistische Anwohner*innen. Möchte man Aussagen auf Facebook glauben, wollen sich am Mittwoch zahlreiche Eisenhüttenstädter*innen der flüchtlingsfeindlichen Kundgebung anschließen. Die Stimmung in der Stadt scheint sich derweil zuzuspitzen. Erst Sonntag kam es zu einem gewalttätigen Vorfall in einem Bistro in der Fröbelringpassage. Laut einer Polizeimeldung griff ein 38-jähriger einen Mitarbeiter des Bistros an und verletzte ihn so schwer, dass dieser mit einer Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Später kam der Angreifer zurück und beschimpfte die Gäste mit volksverhetzerischen Sprüchen.
Gegenprotest angekündigt
Die rassistische Kundgebung soll laut eigenen Angaben in der Poststraße in direkter Nähe zur ZAST stattfinden. Beginn ist um 19:00 Uhr. Die IG-Metall ruft zu einer Gegenveranstaltung unter dem Motto: “Eisenhüttenstadt für Toleranz und Menschlichkeit” an der Freilfläche Poststraße/Karl Marx Straße auf. Start ist um 18:30 Uhr.
Ein Teil der bundesdeutschen Bevölkerung zeigt dieser Tage wieder das Gesicht des „besorgten“ Deutschen, der sich um Heim, Familie und sein Land sorgt und dabei Hass und Gewalt gegen Geflüchtete und deren Unterstützer*innen richtet. So auch in Frankfurt (Oder), wo die von Neonazis dominierte Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ seit Januar bereits viermal auf Demonstrationen und Kundgebungen gegen deren Unterbringung in der Stadt aufmarschierte. Einer der regelmäßig an diesen Versammlungen teilnimmt und des öfteren dort als Redner auftritt ist der in Brieskow-Finkenheerd wohnende Neonazi Björn Brusak.
Der Ton macht die Musik
Björn Brusak ist einigen Frankfurter*innen eher bekannt als Ehrenamtlicher des American Football-Vereins „Red Cocks“, in dem er bis mindestens 2013, u.a. als Jugendtrainer, aktiv war. Das er sich nebenbei politisch extrem recht orientierte zeigen seine Aktivitäten als Liedermacher. Zum ersten Mal als solcher auffällig geworden ist er am 9. August 2013 in der von Neonazis beliebten Frankfurter Eckkneipe „Die Bierbar“ in der Berliner Straße. Dort hatte er bei einem Geburtstagsabend volksverhetzende Lieder, u.a. der als kriminelle Vereinigung verbotenen Band „Landser“ und des Neonazi-Liedermachers Frank Rennicke, gespielt.1 Die daraufhin eintreffende Polizei untersagte das Konzert und leitete ein Strafverfahren wegen Verstoß des § 130 StGB, sowie wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a StGB ein. Am 25. Februar 2015 musste er sich deswegen vor Gericht verantworten. Der Prozess wurde gegen eine Zahlung von 1.800 € eingestellt.2 Doch nicht erst seit diesem Abend war bzw. ist der etwa 30jährige Brusak als extrem rechter Liedermacher aktiv. Unter dem User-Namen „MrBrusi86“ besitzt er seit dem 8. März 2012 einen Youtube-Channel.3 Hier finden sich drei selbsterstellte Videos bzw. Songs von denen zwei auf der von den südafrikanischen Buren verwendeten Sprache Afrikaans. Das vermutlich selbstkomponierte Lied „Afrikaanse taal is pragtig en monumental“ stammt aus dem ebenfalls 2012 in
Selbstproduktion erschienenen Album „Van Frankfurt toe Suid Afrika“.4 Das er mit diesem Song bzw. Album Sympathien zum alten Südafrika der Apartheids-Ära hegt zeigt das im Youtube-Video zusehende Bild von Brusak mit Gitarre vor der ehemaligen Flagge des Landes, welche bis zum Ende des rassistischen Regimes 1994 die Nationalfahne darstellte. Afrikaans, welches heute noch einer der Nationalsprachen Südafrikas ist, hatte der selbstständige Versicherungsvertreiber und gelernte Beton- und Stahlbetonbauer vermutlich während seiner Zeit bei der Bundeswehr gelernt, wo er laut eigenen Aussage für die NATO aktiv war. Ein weiterer Blick auf die abonnierten Youtube-Kanäle zeigt seine Vorliebe für verschwörungstheoretische und neonazistische Beiträge.5
Seit August 2013 trat er bei zahlreichen neonazistischen Veranstaltungen auf. Ob bei Liederabenden der „Kameradschaft Kommando Werwolf“ oder auf Demonstrationen, u.a. bei einem rassistischen Aufmarsch am 16. April 2015 in Nauen.6 Inzwischen ist Björn Brusak Gast bei zahlreichen Veranstaltungen der extrem Rechten.
Eine besondere Verbindung hat er dabei auch zur neonazistischen Zeitung „Recht & Wahrheit“.
Mit der Braunen Elite per Du
Etwa zweimal jährlich finden die sogenannten „Lesertreffen“ der neonazistischen Zeitschrift „Recht & Wahrheit“ von Meinolf Schönborn statt. Diese Veranstaltung gilt als bundesweiter Treffpunkt für neonazistische Führungspersonen und als Schnittstelle der verschiedenen Generationen.7 Zu den regelmäßigen Referierenden gehört u.a. die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Die Tagung findet dabei jeweils im als bundesweit bekannten Szenetreffpunkt Hufhaus-Harzhöhe in Harztor-Ilfeld statt. Ein weiterer regelmäßiger Teilnehmer ist „Brusi“, der bei den vergangenen „Lesertreffen“, zuletzt vom 17. bis 19. April 2015,8 für die musikalische Unterhaltung sorgte. Dahinter verbirgt sich, nicht unschwer zu erahnen, Björn Brusak. Das er dabei nicht nur als Liedermacher teilnahm, ist anzunehmen. Im Sommer 2014 tauchte die damals aktuelle Ausgabe von „Recht & Wahrheit“ in vereinzelten Frankfurter Briefkästen auf. Es ist auch hier anzunehmen, dass Björn Brusak dahinter steckt. Vom 25. bis zum 27. September 2015 findet das nächste „RuW-Lesertreffen“ im Harz statt. Auch diesmal wird „Brusi“ zugegen sein.9
In den Themen der „Recht & Wahrheit“ finden sich immer wieder verschwörungstheoretische und antisemitische Darstellungen. Diese finden sich auch in anderen Publikationen die Brusak gerne zu lesen scheint. Das in der Truther-Szene beliebte Buch „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen: erkennen erwachen verändern“ von Heiko Schrang empfiehlt Björn Brusak in einer Rezension auf amazon.de als „geniales Buch“, welches „unbedingt mehrmals zu lesen und auch zu erleben“ ist.10 Auch eine andere, extrem rechte Gruppierung, der Brusak nahe steht verbreitet solche Inhalte.
Von Europäischer Aktion zum „III. Weg“
Die extrem rechte und antisemitische „Europäische Aktion“ (EA) ist eine kleine, etwa 2009 gegründete Gruppierung des Holocaustleugners Bernhard Schaub.11Auch in Brandenburg gibt es einen kleinen Ableger, der in der Vergangenheit jedoch kaum in Erscheinung trat. Ausnahme bildete die Beteiligung an den sogenannten Montagsmahnwachen von Lars Mährholz im vergangenen Jahr in Berlin durch mehr oder weniger bekannte Neonazis aus Brandenburg. Zu diesen gehörte auch Björn Brusak. Er baute Anfang 2014 einen Stützpunkt der EA in Frankfurt (Oder) auf und versuchte mittels kleiner Veranstaltungen und Gemeinschaftsabenden Mitglieder zu rekrutieren. Auf der Facebook-Seite des Frankfurter Ablegers wurden regelmäßig antiamerikanische und antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet. Seit Anfang diesen Jahres verzeichnete die Seite bislang kaum neue Aktivitäten.
Vielmehr scheint sich die wichtigste Person der Brandenburger EA Björn Brusak an anderen extrem rechten Veranstaltungen zu beteiligen. Oft als Redner und Liedermacher.
Diese Aktivitäten intensivierte er seit Anfang diesen Jahres. Bei den neonazistischen Aufmärschen der Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ war er im Januar, Februar und Juli jeweils als Redner zu Gast.12 Bei Kundgebungen der neonazistischen Partei „Der III. Weg“ am 1. August in Zossen und Damsdorf hetzte er ebenfalls gegen Geflüchtete und verbreitete seine Verschwörungstheorien.13
Sein eigenes asylfeindliches Projekt verfolgt er derzeit in seinem Heimatort. Am 18. Juli rief er unter dem Motto „Finkenheerd sagt Nein“ zu einer offenen Diskussionsrunde. Anlass war die anstehende Unterbringung von drei Flüchtlings-Familien. Hierzu hatte er lokale Politiker*innen eingeladen. Diese folgten dem Angebot jedoch nicht. Dafür sprachen neben Björn Brusak selbst auch der NPD-Landesvorsitzende Klaus Beier und die NPD-Aktivistin Manuela Kokott aus Markgrafpieske (Landkreis Oder-Spree). Beide begrüßte er vor Beginn der Veranstaltung freundschaftlich. Auch zahlreiche Anwohner*innen Finkenheerds nahmen an der Veranstaltung teil.14
Für den kommenden Samstag, den 5. September kündigte der umtriebige Neonazi Björn Brusak erneut eine offene Diskussionsrunde an. So wurden in Brieskow-Finkenheerd und den umliegenden Ortschaften Flyer verteilt die zwar auf den ersten Blick den Eindruck vermitteln sollen das es sich um eine Kundgebung für „besorgte Bürger*innen“ handelt. Jedoch ist aufgrund der Beteiligung Brusak’s der neonazistische Charakter nicht von der Hand zu weisen. Auch diesmal sind Kommunalpolitiker*innen eingeladen und es ist auch diesmal davon auszugehen, dass die NPD ans Mikrofon treten wird. Obwohl Brusak in der Vergangenheit betonte, dass es sich dabei um keine Neonazi-Veranstaltung handelt, ist sie genau das: Eine von einem Neonazi organisierte Kundgebung auf denen Neonazis sprechen. Der auf Dialog setzende Bürgermeister Frank Richter ließ bisher vermissen sich klar von der rassistischen Veranstaltung zu distanzieren. Er sei dabei besser beraten, wenn er keine Almosen von Befürworter*innen und Tonangeber*innen rassistischer Hetze anzunehmen. Zu diesen gehört in der Region Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Oder-Spree zweifelsfrei Björn Brusak.
Etwa 20 Zuschauer_innen waren auf den Platz der Einheit gekommen, um der Veranstaltung der Potsdamer Montags-Mahnwache — ausnahmsweise mal an einem Dienstag, denn es ist ja deutscher Weltfriedenstag – beizuwohnen. Mit Blick auf die Potsdamer Nikolaikirche konnte man gleich zu Beginn in einem Nebengespräch, Friedensbewegte darüber fachsimpeln hören, dass diese Kirche doch Ähnlichkeit mit dem US-Amerikanischen Pentagon habe.
Als ein besonderes Highlight trat die Duisburger „Polit-Pop-Band“ die Bandbreite auf.
Seit Wochen wurde die Veranstaltung heute beworben. Es war für viele von uns anstrengend die Bewerbungsplakate von den Laternen zur reißen.
Doch warum der Aufriss, was nervt uns an der Bandbreite und an den Montagsdemos?
Die deutsche Friedensbewegung war seit den 90er Jahren quasi in Auflösung begriffen. Viele von uns, die sich heute hier gegen diese Veranstaltung aussprechen waren damals ein Teil von ihr. Es war uns wichtig gegen Kriege aufzustehen. Seitdem hat sich vieles geändert, anderes nicht, wir sind älter geworden, die Bewegung auch. Vor allem die Art und Weise und die Inhalte der Friedensbewegung stoßen immer breiter auf Ablehnung und Unverständnis.
Doch zuerst zur Band „Die Bandbreite“. Sie setzen sich ein gegen Krieg und für den Frieden, sind sogar solidarisch mit Flüchtlingen.
Warum also die Ablehnung?
Das Problem sind die Inhalte der Lieder. So singt die Band beispielsweise in ihrem Lied „selbst gemacht“ darüber wie die USA politische Ereignisse manipuliert hätten. Vor allem die Anschläge vom 11. September seien fingiert, dazu werden alle möglichen scheinbaren Fakten aufgezählt. Was soll damit bewirkt werden? Den Zuhörer_innen kommt der Verdacht auf, dass sie/_er in einer Scheinwelt lebt, die durch die „Männer im Hinterzimmer“ gesteuert wird. Guter Versuch, doch leider voll daneben. Welche simple Vorstellung der Verhältnisse. Denn dann müssten wir doch diese Hintermänner lediglich abwählen, einsperren oder auf eine einsame Insel verbannen. So einfach ist es aber leider nicht. Es gibt nicht einfach böse Menschen, die gemeine Dinge tun um anderen zu Schaden.
Leider haben wohl die älteren der Friedensfreunde beim Parteilehrjahr nicht aufgepasst.
Deshalb erinnern wir noch einmal daran:
Der Kapitalismus ist keine Erfindung der Bilderberger, der Rothschilds oder irgendwelcher Echsenmenschen.
Der Kapitalismus beruht auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Wer diese Verhältnisse ändern will, sollte keine Volks- und Friedensgemeinschaften mit Menschen schließen, die an den Weihnachtsmann oder Wladimir Putin glauben, sondern sich mit Menschen zusammenschließen, die die Eigentums- und Produktionsverhältnisse verändern wollen.
Davon hat die Bandbreite bzw. ihr Sänger leider keine Ahnung. So äußert er sich in einem Video von 28.8.2015 zur „Flüchtlingsproblematik“ wie folgt: „dass die Menschen aus ihren Ländern flüchten müssen, dass wir korrupte Regime unterstützen, die dazu führen, dass die Wirtschaft in den entsprechenden Ländern nicht funktioniert“. Was ist das für eine Analyse der Gesellschaft? Natürlich flüchten auch Menschen wegen Kriegen aus Ländern, zum Beispiel aus Syrien. Doch das ist nicht allein der Grund. Die Wirtschaft, die laut dem Sänger von „ Die Bandbreite“ ja gut funktionieren würde, wenn dort kein Krieg wäre, ist eben das Problem! Gerade weil die kapitalistische Wirtschaft gut funktioniert verhungern Menschen, leben in unermesslicher Armut und sterben unnötig an Krankheit, weil eben die Geldschranke Menschen von Gütern ihres Bedarfs trennt. Weil die Wirtschaft ihren Fokus auf die Produktion von Tauschwerten legt und weil es keine geplante Ökonomie gibt, die die Bedürfnisbefriedigung der Menschen zum Ziel hat.
Noch tiefer auf dem Niveau-Limbo geht es in dem Lied „Anti-Deutscher“. Nach schlechter Tradition werden hier Antideutsche Antifas als Faschist_innen tituliert. Nicht nur, dass dieser Begriff durch den NS in Deutschland klar definiert ist und im falschen Gebrauch schlicht verharmlosend wirkt, geht er auch an einer, durchaus berechtigten, Kritik an teilen der Linken schlichtweg vorbei. Nahezu lächerlich erscheint auch der Vorwurf der Islamfeindlichkeit vor dem Hintergrund, dass die Bandbreite auch auf Montagsdemos in Berlin auftritt, bei denen sich neben neuen Rechten wie Jürgen Elsässer, Verschwörungstheoretikern vom Kopp-Verlag, Chemtrailgläubigen und auch der Vorsitzende der Berliner-NPD Sebastian Schmidtke tummeln. Wer im Glashaus sitzt…
Auch äußert sich der Sänger der Band in vermeintlicher aufklärerischer Tradition gegenüber Gegendemonstrant_innen. So wird dann über die Politik der israelischen Regierung „informiert“ oder über die Faschist_innen in der ukrainischen Regierung. Klingt ja auf den ersten Blick alles richtig.
Das Problem an Realpolitik ist leider, dass es zu den oben genannten „Wahrheiten“ nun mal auch eine Kehrseite gibt.
Im Ukraine-Rußland-Konflikt kämpfen nämlich auf beiden Seiten der Front Faschist_innen. Und Rußland ist nicht das gelobte Land und Bollwerk gegen den amerikanischen Imperialismus, sondern wird von einem auf Bären reitenden Autokraten regiert, der sich gerade selber daran macht seinen Einflussbereich notfalls auch mit Waffengewalt zu vergrößern. Während er im inneren homophobe Gesetze erlässt, gegen Minderheiten hetzt und Linke und Antirassist_innen diffamiert und kriminalisiert, die auf offener Straße in Rußland ermordet werden.
Leider verfällt auch die Friedensbewegung immer wieder in ähnliche Denkmuster. Nur weil irgendeine Gruppe gegen die USA oder andere aufbegehren führt dieser Kampf nicht in einen „Verein freier Menschen“ (Marx).
Oftmals hat sich auch in der Friedensbewegung unhinterfragter Etatismus breitgemacht.
So steht zum Beispiel auch im Aufruf zur heutigen Veranstaltung „wir Potsdamer_innen appellieren an unsere Politiker_innen“ oder auch „wir fordern deshalb von unserer Regierung…“. Das ist ungefähr so sinnvoll wie die Forderung an einen Metzger keine Tiere mehr zu schlachten.
Die Regierung einer kapitalistischen Gesellschaft steht für die Gewinnmaximierung ihrer nationalen Konzerne und eine funktionierende Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft und dies um jeden Preis. Auch der Appell für „eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur unter dem Dach der OSZE und Uno“ erscheint gerade vor der Geschichte der Interventionen in der UNO in Kambodscha, Ruanda oder Jugoslawien sinnlos. Was genau soll eigentlich eine Sicherheitsarchitektur sein, die ich mir von europäischen Staaten wünschen würde? Wie Sicherheit in Europa funktioniert können wir Tag für Tag am Mittelmeer sehen, wo Tausende im Wasser ertrinken. Dafür hat Europa den Friedensnobelpreis bekommen. Auch der Verweis auf Menschenrechte oder das Völkerrecht wirken angesichts gerade der Rechtsauslegung in Deutschland müßig an. Das Recht ist das Blatt Papier nicht wert auf dem es geschrieben steht. Gerade für Menschen die sich politisch engagieren ist dies alltägliche Realität. Repression und Verletzung der Menschenrechte sind deutsche Tradition. Recht und Moral werden nicht abgelehnt, sondern sind Teil der herrschenden Prinzipien, nur eben kapitalistischer.
Eine Welt in Frieden wird es in einer kapitalistischen Welt nicht geben. Also hören wir auf darum zu betteln.
Auch wenn die gesellschaftliche Linke hier schwach ist und wir hier kaum Gehör finden, dürfen wir uns mit den Zuständen nicht zufrieden geben.
Völlig zu Recht wird heute am 1. September weltweit daran erinnert, dass Krieg und vor allem der zweite Weltkrieg nicht wieder passieren dürfen. Aber auch hier muss differenziert werden. Auf deutsche Städte sind Bomben gefallen, weil von deutschem Boden ein Vernichtungskrieg von nie dagewesenem Ausmaß ausgegangen ist. Deutsche Täter_innen sind keine Opfer! Wenn wir erinnern wollen, so dann an die Millionen Opfer der deutschen Wehrmacht und anderer NS-Todesschwadronen, an die Millionen Toten in den Lagern der SS, an die vielen Widerstandskämpfer_innen auf der ganzen Welt, die Nazideutschland besiegten und Gefangene und Zwangsarbeiter_innen befreiten.
Eine Friedensbewegung, die diesen Namen verdient, kann sich nicht als Querfront-Projekt gegen „die da oben“ oder als Sammelbecken aller Systemgegner verstehen. Eine echte Friedensbewegung muss sich von Antisemit_innen und Geschichtsrevisionist_innen abgrenzen, die die Verbrechen derjenigen relativieren, die den 2. Weltkrieg begonnen und die industrielle Vernichtung von Jüdinnen und Juden in ganz Europa angestrebt haben.
Wer Elsässer reden lässt, soll vom Frieden schweigen.
Doch so lange die Voraussetzungen von Kriegen durch kapitalistische Konkurrenz und religiösen Wahn weiter gegeben sind, bleiben diese Appelle in den Wind gesprochen!
Wie Karl Liebknecht schon 1915 sagte: Der Hauptfeind steht im eigenen Land!
Deshalb lasst uns hier die Verhältnisse in Frage stellen, lasst uns gemeinsam lernen und kämpfen!
Schluss mit oberflächlicher Kapitalismuskritik!
Schluss mit dem Vertrauen auf Staat und Parteien!
Nur eine starke außerparlamentarische Linke in den Schulen, in den Betrieben und der Druck auf den Straßen macht den Verhältnissen Dampf.
Für eine Gesellschaft jenseits der Logik von Staat und Kapital.
Deutschland bleibt ein mieses Stück Scheiße!