INFORIOT Am Samstag, den 12. Dezember, versammelten sich in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Strausberg etwa 150 Neonazis und sogenannte „besorgte BürgerInnen“ um gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Barnim-Kaserne zu demonstrieren. Zeitgleich trafen sich ebensoviele Gegendemonstrant*innen unweit auf einen Parkplatz, darunter auch Landespolitiker, wie der Justizminister Helmuth Markov. Die Polizei war indes mit mehreren Hundertschaften und einem Räumpanzer vor Ort.
Rechte verschiedenster Couleur
Die sogenannte “Bürgerbewegung Heimatland” mobilisierte zu einer Demonstration durch die Strausberger Vorstadt um gegen die geplante Zweigstelle der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Eisenhüttenstadt zu demonstrieren. Obwohl Ähnlichkeit zu den seit einigen Wochen immer Montags stattfindenden Bramm-Demonstrationen in der Strausberger Altstadt besteht, sind die VeranstalterInnen offiziell andere gewesen.
Kurz nach 15 Uhr setzte sich der Aufmarsch in Bewegung um dann ein Mal im benachbarten Wohngebiet eine Runde zu drehen. Nach knapp 30 Minuten und etwa einem Kilometer war der Spuk auch wieder vorbei. Die Teilnehmenden des rassistischen Aufmarschs kamen dabei aus unterschiedlichen extrem rechten Strömungen und Gruppierungen. Zahlreich vertreten waren Neonazis von der NPD, wie der wegen seines antisemitischen Tattoos bekannt gewordene Marcel Zech aus Barnim und AnhängerInnen der Partei „Die Rechte“ um Robert Gebhardt aus Bad Freienwalde. Gebhardt veranstaltete zusammen mit Lars Günther, der als Redner und Organisator des Aufzuges in Strausberg aufgetreten ist, ebenfalls zahlreiche rechte Aufmärsche Bad Freienwalde und Wriezen nach dem gleichen Muster. Schwarz gekleidet und das Gesicht fast vermummt präsentierten sich Neonazis des NW-Berlin. Schon bei der Aunkunft von Gegendemonstrant*innen aus Berlin versuchten u.a. Oliver Oeltze und Tim Wendt diese einzuschüchtern und zu bedrohen.
An der Demonstration nahmen auch Mitglieder der „Identitären Bewegung“ und AnhängerInnen des verschwörungstheoretischen Compact-Magazin teil. Mit eigenem Redebeitrag beteiligten sie sich aktiv an der rassistischen Hetzte gegen Geflüchtete. Schon vor einer Woche beteiligten sich beide an den asylfeindlichen Protesten in Lübben. Bereits vor etwa einem Monat waren die gleichen Personen auf einer Demonstration der AfD in Berlin aufgefallen. Ein „Identitärer“, der ebenfalls am Aufmarsch in Strausberg teilnahm soll Mitglied der „Jungen Alternativen“ in Brandenburg sein. Aber auch „besorgte BürgerInnen“, teilweise mit Kindern marschierten zusammen mit gewaltbereiten Neonazis. Für das nächste Jahr haben die Identitäre Bewegung Berlin-Brandenburg eine Offensive für Brandenburg angekündigt. In Neuruppin, Luckenwalde und Cottbus sollen Aktionen folgen.
Inhaltlich wurden erneut die immer gleichen Parolen, bekannt von zahlreichen rassistischen Aufmärschen von PEGIDA bis AfD, gebrüllt. Das Wohngebiet wirkte indes wie ausgestorben. Selten waren Anwohner*innen an Fenstern zu sehen.
Großaufgebot der Polizei erstickt Proteste im Keim
Das Bündnis „Strausberg Sorgenfrei“ mobilisierte zu einer Gegenkundgebung mit Live-Musik und Politprominenz in Hör- und Sichtweite zum Neonaziaufmarsches. Trotz der ausgelassenen Stimmung und emotionalen Reden gegen Rassismus und für Menschlichkeit fanden sich nur 150 Menschen ein um gegen den rechten Aufmarsch zu demonstrieren. Neben dem schlechten Wetter, könnte es auch daran gelegen haben, dass die Polizei den Kundgebungsort der Antifaschist*innen größtenteils eingegittert hatte, während sich die Neonazis relativ frei bewegen konnten.
Es kam aber auch zu Versuchen den Aufmarsch zu stören bzw. zu blockieren. Auf halber Strecke erreichten zahlreiche Gegendemonstrant*innen die Route der Neonazis. Die Polizei unterband dennoch sofort jeglichen Störungsversuch. Insgesamt muss der Polizeieinsatz in Strausberg in Frage gestellt werden. Ein Einsatz eines Räumpanzers gegen Antifaschist*innen, die Schikanierung der anwesenden Pressevertreter*innen sowie das völlig überzogene Großaufgebot für einen 1 km langen Aufmarsch durch ein menschenleeres Wohngebiet stellt Fragen nach der Strategie der brandenburger Polizei. Bei vergleichbaren Veranstaltungen, wie etwa in Cottbus vor einigen Wochen waren nicht mal annähernd so viele Einsatzkräfte vor Ort. Hier kam es dann auch zu versuchten Übergriffen auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen.
Weiter Fotos findet ihr hier, hier und hier.