Unter dem Motto “Rassismus tötet – PEGIDA, Deutschland und Co. den Kampf ansagen” zogen am 18. Januar knapp 500 Menschen durch die Potsdamer Innenstadt. Die Demonstration startete am Brandenburger Tor, hier wurde der Demonstrationsaufruf von LoZuPA* (Loser Zusammenschluss Potsdamer Antifaschist*innen) verlesen, außerdem steuerte Nobert Müller einen Redebeitrag zur aktuellen Situation bei. Die Route führte dann über die Hegelallee zur Dortustraße. Hier verlas der ak_antifa_potsdam einen Beitrag der sich mit den Zusammenhängen von Kapitalismus und Rassismus auseinander setzte und die Wurzel der PEGIDA im deutschen Normalzustand verortete. Die Demonstration zog nun in die Charlottenstraße und war die ganze Zeit untermalt von lautstarken Parolen wie z.B. „Refugees bleiben – Rassisten vertreiben“, „Auf den Standort Deutschland scheißen – PEGIDA in die Elbe schmeißen“ und „Khaled Idris das war Mord – Wir trauern hier an diesem Ort“.
Auf der Abschlusskundgebung vor dem Staudenhof wurde noch ein Redebeitrag der Opferperspektive verlesen, der sich mit dem rassistischen Normalzustand in Deutschland auseinandersetzt. Anschließend gab es eine Rede von den Women in Exile, die ebenfalls zu der Teilnahme an der Demonstration aufriefen, sowie vom Zentralrat der Afrikanischen Gemeinde. Dieser thematisierte die allgegenwärtige Gefahr und Angst unter welchen Schwarze Menschen und Geflüchtete in Deutschland leben. Eine Angst die ihr gesamtes Leben durchzöge und auch kleine Alltagsdinge durchsetze, wie z.B. Einkaufen gehen oder eine Diskothek aufsuchen.
Während dieser Kundgebung wurde aus einem Fenster des <a href=“http://potsdamvibes.de/rechte-schmierereien-und-brandstiftung-im-staudenhof/”>Staudenhof</a> von einer vermummten Person ein AfD-Plakat und ein Hitlergruß gezeigt. Dazu Sarah Maznowski die Pressesprecherin des LoZuPA*: „500 Menschen auf einer Demonstration mit einer Vorlaufzeit von drei Tagen sind ein starkes Zeichen gegen rassistische Stimmungsmache, der Vorfall am Ende der Demonstration unterstreicht noch einmal, dass Rassimus und PEGIDA kein sächsisches Problem sind, sondern ein deutschlandweites.“
Kategorie: Law & Order
In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde in Dresden ein junger Geflüchteter ermordet. Khaled Idris Bahray aus Eritrea wurde nur 20 Jahre alt. Die Tathintergründe sind bisher nicht aufgeklärt. Die Dresdner Polizei tat ihr Möglichstes um das genauso zu belassen. Nur auf Druck der Öffentlichkeit, bestätigte die Polizei nach und nach, was die Mitbewohner*innen von Khaled B. von Anfang an vermuteten: Das es sich um MORD handelt. Das rassistische Bedrohungsszenario in welchem die Geflüchteten in Dresden leben, ist der Polizei und der Politik bisher kein Kommentar wert. Gleichzeitig liefen am Montagabend 25.000 Menschen durch die sächsische Landeshauptstadt, um gegen die angeblich drohende “Islamisierung des Abendlandes” zu demonstrieren. Auch hier will niemand Rassismus, Rassismus nennen.
Diese allzu deutschen Zustände sind für uns nicht hinzunehmen. Es bedarf einer starken solidarischen Antwort. Deshalb rufen wir dazu auf; mit uns am Sonntag, den 18.01.2015 auf die Straße zu gehen!
Um 14.00 Uhr wird eine Demonstration unter dem Motto “Refugees welcome — Rassist*innen über’s Maul fahren!” vom Luisenplatz starten.
Refugees welcome — fight racism!
In the night of monday to tuesday a young refugee was killed in Dresden, Saxony. The same night, the same city over 25.000 people demonstrated against the alleged „downfall of the Christian West“. The police of Dresden initially after the muder claimed, that there has not been a crime. The housemates of Khaled B., the murdered refugee, however told about a lot of blood and clearly visible injuries. There was no securing of evidence until 30 hours after the incidence – apparently also only as a reaction to public pressure.
On sunday, we want to take to the street to show everyone our anger about the state of things! We want to express the feeling of dead faint! Fight the German nationalism! Solidarity ist a weapon – not a set phrase!
Demonstration – Jan 18th – 2pm – Luisenplatz Potsdam
Etwa 300 liebevoll verpackte Geschenkpakete haben Bürgerinnen und Bürger aus Oberhavel für Geflüchtete geschnürt. Der Oranienburger Generalanzeiger (OGA) hatte zu dieser Geste der Freundschaft für Geflüchtete in Oberhavel aufgerufen. Am Dienstag wollten MitarbeiterInnen des OGA, sowie VertreterInnen der Initiativen Hennigsdorfer Ratschlag, Willkommen in Oberhavel und des Flüchtlingsrats Brandenburg einen Teil der Päckchen in der Sammelunterkunft in Hennigsdorf verteilen.
“Die Geflüchteten waren vorher informiert worden und erwarteten uns in ihren Zimmern. Wir wurden freudig begrüßt und übergaben die Geschenke. Es waren schöne Begegnungen, die jedoch auf einmal ein jähes Ende fanden,” berichtet Anne Fischer von Willkommen in Oberhavel.
Matthias Kahl, Fachbereichsleiter für Soziales der Verwaltung Oberhavel, ließ verkünden, die Presse solle das Gelände verlassen und wenig später wurde auch allen anderen mitgeteilt, dass ab sofort generelles Besuchsverbot bestehe. Den Wachleuten der Unterkunft fiel es sichtlich schwer diesen Rausschmiss durchzusetzen, während Familien aus Syrien und dem Tschad in Haus 3 warteten und an diesem Tag leer ausgingen.
Leider wurde der skandalöse Vorfall in der Berichterstattung des OGA über die Spendenaktion mit keinem Wort erwähnt, was sehr verwundert. Der krude Rausschmiss hatte bein allen Beteiligten — nicht zuletzt bei den
betroffenen Flüchtlingen — einen starken Eindruck hinterlassen.
Das Vorgehen der Verwaltung ist rechtswidrig: Die Menschen in Haus 3 erwarteten unseren Besuch und haben in der Unerkunft ein Recht darauf. Aber auch das politische Signal dieser unsäglichen Maßnahme ist fatal. Anstatt die Geschenkaktion als nachbarschaftliche Geste zu unterstützen und ein freundschaftliches Zusammenleben von alten und neuen Oberhavelern zu fördern, sabotiert die Landkreisverwaltung das Engagement hunderter Bürgerinnen und Bürger. Damit liefern sie auch ein Signal der Ausgrenzung an all diejenigen, die Asylsuchende vor Ort willkommen heißen und unterstützen wollen und nicht zuetzt an die geflüchteten Menschen selbst, die bei uns Schutz suchen.
Wir fragen uns: Mit welchem Ziel?
PRESSEKONTAKT:
Ivana Domazet, Flüchtlingsrat Brandenburg, 0176 3148 3547
Simone Tetzlaff, Hennigsdorfer Ratschlag, 0172 398 4191
Kirstin Neumann, Willkommen in Oberhavel, 0173 649 5811
Mit Sorge und Entsetzen verfolgten wir die Ereignisse während der Einwohner*innenversammlung am Donnerstag, den 27. November im Gauß-Gymnasium in Frankfurt (Oder)-West.
Die als Informationsveranstaltung geplante Veranstaltung wurde von Beginn an von menschenverachtenden Statements begleitet und einer aufgeheizten Stimmung dominiert. In den ersten zehn Minuten verlor sowohl die Moderation als auch das Podium die Kontrolle über die Veranstaltung. Die Diskutant*innen auf dem Podium, Oberbürgermeister Martin Wilke, Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter, der Leiter der Zentralen Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt Frank Nürnberger, ein Vertreter der Brandenburger Polizei sowie Heidi Pfeiffer vom Internationalen Bund, konnten rassistische Ausuferungen nicht unterbinden. Geflüchtete seien Fremde, deren Kultur und Ethnie zwangsläufig eine Bedrohung der „deutschen“ Kultur darstellt. Zwischenrufe wie „Die haben gar keine Kultur“ oder „Die passen nicht hierher“ bestätigen diesen Eindruck. Aufgeführte Fluchtgründe, wie Krieg oder Verfolgung, wurden seitens der Zuschauer*innen verlacht. Eine Anwohnerin echauffierte sich offen über die Stromverschwendung des Asylsuchenden, denn sie hätte bemerkt, dass dort das Licht lange an sei. Andere sprachen von „Dreck“, den die Geflüchteten verursachen würde und davon, dass die Grundstückswerte sänken aufgrund der Abwertung durch die Geflüchtetenunterkunft.
Anregungen, die Geflüchteten kennenzulernen oder sich für sie einzusetzen, wurden mit Buhrufen und zynischen Kommentaren quittiert. Beispielsweise wurde appelliert, den Geflüchteten Toleranz und Unterstützung bei Schwierigkeiten auf Grund von mangelnden Sprachkenntnissen entgegenzubringen. Menschen im Publikum empörten sich und lieferten mit Aussagen wie: „Wenn ich im Ausland bin, muss ich auch klarkommen“ einen weiteren Beweis für fehlende Empathie. Menschen, die sich für eine Aufnahme von Geflüchteten und gegen Verurteilungen und Überlegenheitsdenken aussprachen, wurden ebenfalls eingeschüchtert und ausgepfiffen.
Einwohner*innenversammlung – Warum überhaupt?
Das Konzept, eine Einwohner*innenversammlung im Zuge der Eröffnung einer neuen Geflüchtetenunterkunft ist hoch umstritten und gehört keinesfalls zum Standardrepertoire der kommunalen Politik. Viele Gemeinden haben sich dagegen entschieden, weil eine derartige Veranstaltung rassistischen Ressentiments und Intoleranz all denen gegenüber Raum gibt, welche nicht als „deutsch“ wahrgenommen werden. Genau das ist der Fall, wenn „Ängste und Sorgen“ der Anwohner*innen von der Stadt „ernst genommen werden“, ohne gleichzeitig deutlich zu sagen, dass das Recht auf Asyl (Grundgesetz) und der Schutz vor Verfolgung (UN-Flüchtlingskonvention) nicht verhandelbar sind.
Warum sollte mensch auch Angst vor jemandem haben, der*die vor Krieg, Hunger und Folter geflohen ist? Warum sollte mensch Angst vor jemandem haben, der*die nicht in Deutschland geboren wurde? Und warum sollte dann eine Einwohner*innenversammlung initiiert werden, weil Menschen, mit eben diesem Hintergrund, in eine Unterkunft ziehen? Wir haben uns stark gemacht gegen eine solche Einwohner*innenversammlung, weil klar ist, wem sie eine Bühne gibt: Rassist*innen. Wir sind dagegen, dass Anwohner*innen eines Stadtteils das Gefühl bekommen, sie könnten entscheiden, ob Menschen mit Fluchthintergrund in ihrer Nachbarschaft leben dürfen.
Nach dem medialen Aufschrei im August dieses Jahres, bei dem Hass gegen vermeintlich kriminelle Asylsuchende geschürt wurde; bei dem v.a. auf dem Internetportal Facebook hunderte rassistische Kommentare und Forderungen nach (Gas-)Kammern, Ermordung und Folter von Geflüchteten grassierten; und nachdem es zwei Versuche rassistischer Mobilisierung in Form von Demonstrationen gegen Geflüchtete gab — seitdem ist spätestens klar, dass Rassismus tief in der Gesellschaft Frankfurts verankert ist. Wer sich in einer derart aufgeheizten Stimmung dafür entscheidet, das hoch umstrittene Konzept einer Einwohner*innenversammlung in Angriff zu nehmen, muss sich erst recht gründlich darauf vorbereiten.
Fehler bei der Planung und Durchführung der Veranstaltung
Aufgrund der Ereignisse im August wurde eine Stadtverwaltungs-AG gegründet, die sich weitestgehend mit einer viel beschworenen „Flüchtlingsproblematik“ auseinandersetzen sollte. Menschen mit Fluchthintergrund wurden von vielen Politiker*innen in den Debatten als Problemauslöser identifiziert: Nicht die Kriege, vor denen sie geflohen sind, nicht die europäische Asylpolitik, die Geflüchtete entwürdigt und grausam abschiebt, und auch nicht der heimische rassistische Mob, der im Internet zu Mord aufruft, werden offen als Probleme genannt. Die bereits genannte Verwaltungs-AG wuchs mit ihrer Aufgabe, namentlich der Organisierung der Einwohner*innenversammlung. Vordergründig Personen aus den entsprechenden Verwaltungsebenen, sowie Vertreter*innen diverser staatlicher Akteure, die sich weitestgehend mit der Thematik „Asyl“ auseinandergesetzt haben, wurden geladen. Wir als Akteur, mit über 15 Jahren Erfahrung in der Flüchtlingsberatung und als antirassistischer Akteur wurden trotz mehrfacher Anfrage dezidiert ausgeladen.
Das Mobile Beratungsteam ‑MBT- aus Frankfurt (Oder) war ebenfalls federführend in der Organisation der Veranstaltung. Unsere Hinweise an das MBT bezüglich des Gefahrenpotentials einer solchen Veranstaltung wurde ebenso weggewischt wie unser Drängen auf eine Ausschlussklausel für stadtbekannte Neonazis. Schließlich griffen weder Polizei noch MBT ein, als offen rassistisch und menschenverachtend gehetzt wurde.
Es ist, was es ist: Rassismus!
Die offenen rassistischen Ressentiments auf der Einwohner*innenversammlung wurden (und werden) als „Ängste und Sorgen“ und nicht als Rassismus begriffen. Wenn Menschen sich dazu versteigen, anderen Menschen das Grundrecht auf Asyl abzusprechen, eine nächtliche Ausgangssperre für Geflüchtete zu fordern, Geflüchtete als generell schmutzig und bedrohlich, kriminell, verschwenderisch und alkoholisiert zu verurteilen — dann ist das Rassismus. Wenn unvereinbare Unterschiede zwischen Menschengruppen ausgemacht werden, wenn die kulturelle Überlegenheit, eine ethnisch bedingte Zugehörigkeit oder das bessere Benehmen “den Deutschen” zu- und anderen Menschen abgesprochen wird — dann ist das ebenso Rassismus.
Solchen Meinungen ein Podium zu bieten, führt nur dazu, dass sich Bürger*innen die Legitimität ihrer „Gefühle“ gegenseitig bestätigen und somit rassistische Denkmuster gefestigt werden. Indem rassistische Aussagen toleriert werden, wird den Bürger*innen signalisiert, dass solche Einstellungen vertretbar sind. Rassismus darf kein unwidersprochener Teil des politischen Diskurses bleiben; die Menschen müssen merken, dass Rassismus keine x‑beliebige Meinung neben anderen ist, sondern ein Verbrechen, eine antihumane Einstellung mit mörderischem Potential.
Was ist also zu tun?
Für uns ist klar, dass nur antirassistisches Engagement und die Etablierung einer Willkommenskultur der herabwürdigenden und flüchtlingsfeindlichen Stimmungsmache etwas entgegensetzen kann. Wir rufen alle Bürger*innen, die sich für die Unterbringung von Flüchtlingen und gegen rassistische Stimmungsmache engagieren wollen, dazu auf, bestehende Initiativen und Projekte zu unterstützen, selbst tätig zu werden und den Austausch mit in Frankfurt (Oder) lebenden Geflüchteten zu suchen. Es muss sich eine antirassistische Zivilgesellschaft entwickeln, die in der Lage ist, Geflüchtete vor einer zunehmenden rassistischen Mobilisierung zu schützen und eine Kultur der Solidarität zu etablieren.
Bezüglich der Einwohner*innenversammlung muss die Konsequenz sein, dass eine solche nicht mehr stattfinden kann. Wenn auf einer Veranstaltung, die Menschen informieren soll, letztendlich nur rassistische Stimmung gegen zukünftige Flüchtlingsunterkünfte gemacht wird, bringt das keinen der Beteiligten weiter! Im Gegenteil: Es stellt eine zusätzliche Bedrohung für die Geflüchteten dar. „Bellende Hunde beißen nicht“ — mit diesem Spruch versuchte zwar ein sichtlich schockierter Polizist nach diesem unheimlichen Frankfurter Abend noch die Fassung zu bewahren. Doch auf diesen hilflosen Optimismus können wir nicht vertrauen: Das rassistische Potential und die fehlende Empathie der Frankfurter*innen ist bei der Veranstaltung offensichtlich geworden. Sich dem entgegenzustellen, sollte eine Konsequenz aus dem Abend sein. Denn das wirkliche Problem sind und bleiben die rassistischen Ressentiments der hier lebenden Bürger*innen und nicht die Geflüchteten, die aus Angst vor Verfolgung oder Krieg oft unfreiwillig ihre Heimat verlassen müssen.
Frankfurt (Oder), den 10.12.2014
Utopia e.V.
Der Verfassungsschutz ist scheinbar auch „Fußballfan“. Anders ist es nicht zu erklären, warum auch Fußballspiele und Fußballveranstaltungen unter der Beobachtung des Brandenburgischen Verfassungsschutzes stehen. Nach einem Auskunftsersuchen eines Babelsberger Fußballfans beim Brandenburgischen Verfassungsschutz kam nach zehn Monaten und zwei Zwischenbescheiden die lang ersehnte Antwort: Neben dem Besuch von diversen Partys, Konzerten und Demonstrationen, wurde dem Betroffenen die Teilnahme an zahlreichen Fußballspielen des SV Babelsberg 03 als auch
am antirassistischen Stadionfest „Der Ball ist bunt“ bescheinigt. Die breite Palette an alternativen politischen, kulturellen und sozialen Events, die unter Beobachtung des Geheimdienstes stehen, ist demnach noch lange nicht vollständig.
Zur Vorgeschichte: Ende 2013 machten mehrere Personen aus Potsdam öffentlich, dass sie vom Verfassungsschutz Brandenburg beobachtet werden und u.a. ihre Teilnahme an der Weihnachtsparty im „Black Fleck“ am 24.12.2011 dokumentiert und bis heute in den Akten gespeichert ist. Sie hatten die Möglichkeit genutzt in Erfahrung zu bringen, ob sie beobachtet werden, indem sie einen Antrag auf Aktenauskunft stellten. Daraufhin gründete sich der „Arbeitskreis für die totale Einsicht (AKtE)“. Dieser Arbeitskreis hat das Ziel, die Datenspeicherungen dieses Geheimdienstes etwas zu erhellen und die Bespitzelungen zu öffentlich zu thematisieren. Bei der Weihnachtsfeier im Black Fleck im Dezember 2013 wurden daraufhin Flyer und Vordrucke verteilt, um auch andere potentiell Betroffene zu informieren und die Möglichkeit zu geben, unkompliziert vom Recht auf Datenauskunft Gebrauch zu machen.
Neben vielen anderen nutzte auch der jetzt Betroffene diese Gelegenheit. Ob die lange Bearbeitungsdauer von zehn Monaten nun an der Häufung von Anfragen liegt, ist unklar.
Dem Betroffen wurde mitgeteilt, dass er „Teilnehmer an der ‘Fan-Demo‘ am 16.März 2008 in Potsdam“ gewesen sein soll. An diesem Tag fand das Spiel Babelsberg 03 gegen Union Berlin statt. Um welche „Fandemo“ es sich dabei handeln soll, ist unbekannt.
Weiter wurde ihm mitgeteilt, dass er am „07.Mai 2008 in Potsdam das Fußballspiel SV Babelsberg 03 – 1.FC Magdeburg“, „am 31.Mai 2008 ein Regionalligaspiel des SV Babelsberg 03 in Potsdam“ und am „29.Mai 2010 ein Regionalliga-Punktspiel in Potsdam“ besuchte. An den beiden zuletzt genannten Spieltagen handelte es sich um die jeweils letzten Saisonspiele, in deren Anschluss das „Ultrash-Festival“ stattfand, dass in der Auskunft jedoch nicht erwähnt wird. Zu mehreren „Ultrash“-Festivals liegen Erkenntnisse vor, dass dort Personen überwacht wurden.
Ein weiteres Babelsberg-Spiel vom 11.September 2010 ist gelistet, als der SV Babelsberg 03 die Mannschaft von Hansa Rostock im Karl Liebknecht Stadion empfing.
Bei den Veranstaltungen mit Fußballbezug handelt es sich zunächst um das „10.Antirassistische Stadionfest – Der Ball ist bunt am 04.September 2010“. Hinter dem „Konzert im Szenetreff ‘Archiv‘ in Potsdam am 15.Januar 2011“ verbirgt sich eine Veranstaltung der Red and Anarchist Skinheads (RASH) Berlin Brandenburg und den Ultras Babelsberg. Des Weiteren wird eine „Soliparty der ‘Strada[sic!] Garda‘ zugunsten der Aktion ‘Babelsbergfans sind keine Verbrecher‘ am 04.März 2011 im Szeneobjekt ‘La Datscha‘ in Potsdam“ genannt.
Interessant ist zudem, dass die Teilnahme an der in VS-Kreisen scheinbar bedeutenden Weihnachtsparty im Black Fleck auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz sowie den Landesämtern für Verfassungsschutz der Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt übermittelt wurde – warum auch immer.
Mehr hat der Verfassungsschutz in dem Schreiben zunächst nicht preisgegeben, denn „eine weitergehende Auskunft [wird] abgelehnt“, um keine Rückschlüsse darauf ziehen zu können, „auf welche Weise die Kenntnis von Daten erlangt worden ist.“
Was bedeutet das alles? Dass die linke und alternative Szene in Potsdam schon lange im Fokus des Geheimdienstes liegt, ist bekannt. In Potsdam gibt es eine oder wahrscheinlich mehrere Personen, die mit dem Verfassungsschutz kooperieren. Sehr wahrscheinlich ist nun, dass es auch in der Fanszene des SV Babelsberg 03 Informanten gibt.
Es ist gängige Praxis, dass der Verfassungsschutz versucht, junge Aktivist_innen zu einer Mitarbeit zu drängen. Dafür werden die ausgewählten Personen eine Zeitlang beschattet und dann häufig auf dem Weg zur Arbeit, Schule o.ä. abgefangen und angesprochen. Nach welchen Kriterien der Verfassungsschutz vorgeht und seine Zielpersonen bestimmt, ist nicht gänzlich zu durchschauen. Oftmals kontaktieren sie Personen, die Probleme mit der Justiz oder finanzielle Probleme haben.
In den vergangenen Jahren wurden mindestens zweimal Personen vom Verfassungsschutz angesprochen, die auch der Babelsberger Fanszene zuzurechnen sind. Beide Male wurde dieser Anquatschversuch öffentlich gemacht. Wir bitten euch, im Falle eines Anquatschversuches unbedingt euch nahestehenden Menschen oder Gruppen anzuvertrauen und das Vorgehen des Verfassungsschutzes öffentlich zu machen. Nur so lassen die Geheimdienstmitarbeiter von einem ab und ist es möglich, diese schäbige Vorgehensweise publik zu machen.
Die Institution Verfassungsschutz hat spätestens seit den Verstrickungen des Verfassungsschutzes in den Mordfällen um die neonazistische Terrorgruppe NSU jegliche Existenzberechtigung verloren. Die zweifelhaften Methoden, Vorgehensweisen und Ergebnisse ihrer Arbeit, lassen dem Verfassungsschutz mittlerweile auch aus den Reihen der bürgerlichen Parteien einen ordentlichen Wind entgegen blasen.
Der Fußball in Babelsberg steht allerdings nicht zum ersten Mal im Fokus des VS: Aktivitäten aus der Fanszene des SV Babelsberg 03 wurden 2010 im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg erwähnt, wie die Aktion „Fußballfans beobachten die Polizei“, die als Organisation mit „autonomen linksextremistischen“ Hintergrund dargestellt wurde.
Außerdem wurde das „Ultrash-Festival“ im selben Jahr aufgrund der Teilnahme der Band „Pestpocken“ gelistet.
Gerade jetzt wieder, nach den rechts motivierten Hooligan-Krawallen in Köln, fordern Politiker ein stärkeres Engagement gegen rechts, um das Abrutschen von Jugendlichen in die rechte Szene zu verhindern. Doch was ist das beste und effektivste Mittel dagegen? Die Antwort ist einfach: Eine antirassistische und antifaschistische Gegen(jugend-)kultur – so wie es mit der Fanszene beim SV Babelsberg 03 der Fall ist. Und wie reagiert der Staat? Er kriminalisiert und bekämpft damit die effektivste Prävention.
Der Betroffene hat mittlerweile weitere neun Briefe losgeschickt, um weitere Auskünfte bei diversen Landesämtern des Verfassungsschutzes, beim Bundesamt für Verfassungsschutz und beim Bundeskriminalamt aufgrund einer möglichen Speicherung in der umstrittenen „Datei Gewalttäter Sport“ zu erhalten.
Wenn auch ihr nachvollziehen wollt, welche Repressionsbehörde oder Geheimdienst persönliche Daten über euch speichert, dann stellt selbst Anträge auf Aktenauskunft. Kontaktiert die Initiative AKtE und lasst euch beraten, wie und wo ihr die Anträge auf Auskunftserteilung stellen könnt. Wenn ihr das bereits gemacht und eine Antwort erhalten habt, kontaktiert die Initiative – auch wenn bei euch nichts drin stand. Nur wenn möglichst viele Menschen Auskünfte einholen und die Ergebnisse rückmelden, kann einer erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden.
Eine umfassende Broschüre zum Thema ist derzeit in Arbeit. Haltet die Augen und Ohren offen!
Wir lassen uns nicht kriminalisieren – für eine bunte Fankultur!
Eberswalde, 5. November 2014 – Unter dem Motto „Eberswalde gegen TTIP“ ruft ein Initiativenbündnis aus NaturFreunde Eberswalde e.V., Greenpeace Eberswalde, AfIE (Antifaschistische Initiative Eberswalde), Energie- und Kulturinitiative WandelBAR, NABU Barnim, SofA (Solidarität für Asylbewerber), Freiraum Initative Eberswalde und Tauschring Eberswalde zur Demonstration gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA auf.
Treffpunkt ist um 13:30 Uhr im Ammonpark (Pfeilstraße), wo eine erste Kundgebung stattfinden wird. Es folgt eine Zwischenkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz. Die Abschlusskundgebung findet in der Friedrich-Ebert-Straße neben der Hochschulbibliothek statt.
Der Aufruf wird von einem breiten Eberswalder Netzwerk getragen, da die geplanten Freihandelsabkommen diverse Lebensbereiche betreffen.
TTIP bedroht Regelungen des Umwelt- und Verbraucher‑, Daten- und Arbeitnehmerschutzes, die als sogenannte „Handelshemmnisse“ gesehen werden und abgebaut werden sollen. Statt Menschenrechte und natürlicher Lebensgrundlagen sollen Investitionen geschützt werden: der Investitionsschutz, der Konzerne zum Verklagen von Staaten vor außerstaatlichen Schiedsgerichten berechtigt, würde dazu führen, dass sich in jedem Bereich die niedrigsten Standards durchsetzen. Gewinner dieser Verträge sind multinationale Konzerne, die der Demokratie die Hände binden, Bürger mit ominösen Geheimhaltungsstrategien entmündigen und die gesamten Ressourcen der Erde unter ihre Profitgier stellen.
Die EU-Kommission setzt diesen Verhandlungen nicht genügend Widerstand entgegen. Das Eberswalder Initiativenbündnis ruft deshalb die Bürger auf die Straße, um bunt, laut und entschlossen zu protestieren.
Auf der Demonstration werden ca. 100 Menschen und verschiedene prominente Redner erwartet. Neben Eberswalder Bürgern werden Uwe Hiksch, der stellvertretende Vorsitzende der NaturFreunde Berlin, Axel Vogel, Fraktionsvorsitzender im Brandenburger Landtag, sowie Nelly Grotefendt von Power Shift, einer der führenden Organisationen im europäischen Bündnis gegen TTIP ihr Wort zum Thema kundtun.
Die Überfremdungs-Paraneua ist ein schlechter Witz angesichts eines Ausländeranteils von zwei Prozent in unserer Region. Sie entspringt dem rassistischen Gedankengut neonazistischer Köpfe. Solche verlogenen
“Mahnwachen” werden wir nicht unwidersprochen lassen!
****************
Information von “Wittstock bekennt Farbe”:
“Um diese Veranstaltung nicht unkommentiert zu lassen, werden wir am *Samstag um 7:00 Uhr den Marktplatz dekorieren*, mit Schülerplakaten und weiteren Materialien. Die Stadt Wittstock wird an diesem Tag Bauzäune o.ä. aufstellen, Sie sind herzlich willkommen, vorhandene Transparente mitzubringen und beim Dekorieren zu helfen.
Die Zeit *zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Uhr* ist sicher eine gute, um dort am Marktplatz Geld abzuheben, einen Brief einzuwerfen oder im Spielwarenladen nach Rasseln oder Trillerpfeifen für die beginnende Karnevalszeit zu schauen.
Ich freue mich, wenn Sie diese Information an alle Interessierten weiterreichen.”
****************
Information von “Neuruppin bleibt bunt”:
10 bis 13 Uhr Kundgebung in Neuruppin am REIZ-Eingang
Otto-Grotewohl-Straße unter dem Motto “Die Welt zu Gast bei Freunden — Rassisten nach Hause schicken”. Unter anderem werden wir Flugblätter verteilen gegen den so genannten “Tag der deutschen Zukunft” (angekündigt für 06.06.2015 in Neuruppin).
Wir freuen uns über fantasievolle Beteiligung mit Plakaten,
Transparenten und anderem Demobesteck.
Dies wird auch anhand von Justin Woachi Patoupés Geschichte deutlich. Er beantragte 2012 Asyl in der Slowakei und verließ das Land 2014, um eine angemessene, umfangreiche Behandlung seiner Leberkrebs-Erkrankung zu erreichen. Vor kurzem wurde diese Behandlung gegen seinen Willen in
Deutschland abgebrochen und er sollte genau dorthin abgeschoben werden, wo ihm sein Recht auf Gesundheit ebenfalls aberkannt wurde. Die Bedingungen für Flüchtlinge in der Slowakei im Allgemeinen sind kaum tragbar, wie Berichte von Pro Asyl und Amnesty International belegen.
So wurde die Slowakei „wegen der Abschiebung von Menschen in Länder kritisiert, in denen sie Gefahr liefen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt zu werden.“ Hintergrund der Abschiebung in die Slowakei sind die sog. Dublin-Abkommen der EU sowie Norwegen, Island, der Schweiz und Liechtenstein, bei denen Anträge auf Asyl zunächst nur
in dem Mitgliedsstaat angenommen werden, in den der_die
Antragssteller_in zuerst eingereist ist. Meist sind dies Staaten am Rande der EU, in die in Deutschland lebende Asylsuchende dann abgeschoben werden. Oftmals sind dort die Lebensbedingungen für Geflüchtete noch schlechter als in Deutschland.
Die Dublin-Verordnung sieht zudem umfangreich Gründe vor, eine_n Asylsuchenden vor seiner Abschiebung zu inhaftieren. So wurde auch Justin Woachi Patoupé vor seiner Einlieferung in das Klinikum Frankfurt (Oder) im Abschiebegefängnis in Eisenhüttenstadt festgehalten. Von dort schrieb er in einem Brief: „Ich wurde aufgefordert, in die Slowakei zurück zu kehren. Das ist ein Verbrechen, das keine Rücksicht auf mein
Leben nimmt, das ist eine unmenschliche Entscheidung, die auf unmenschliche Gesetze und Konventionen gründet. Ich bin kein Krimineller, sodass man mich heute ins Gefängnis sperren muss. Ich bin auch kein Terrorist, den man seiner Freiheit beraubt. Ich bin ein Mensch wie ihr, der ein Recht auf Gesundheit und auf Freiheit hat. Ich habe ein
Recht auf Leben.“
Der Utopia e.V. solidarisiert sich mit Justin Woachi Patoupés Kampf gegen die menschenunwürdigen Asyl-Bedinungen und fordert die zuständigen Behörden auf, alle geplanten Abschiebungen zu widerrufen. Die Kriminalisierung von Geflüchteten und das wortwörtliche Abschieben von
Verantwortung auf andere Mitgliedsstaaten im Rahmen der
Dublin-Verordnungen muss gestoppt werden! Die Flüchtlingsberatung des Utopia e.V. sieht sich in diesem Zusammenhang mit einer Verhinderung ihrer eigentlichen Arbeit konfrontiert: Nicht die Unterstützung von
Asylverfahren steht im Vordergrund, sondern ein kleinkariertes bürokratisches Ringen mit den Bestimmungen von Dublin, die dem Asylverfahren vorgelagert sind und die Geflüchteten in ihrem Eintreten für universale Menschenrechte zermürben soll.
Kein Mensch ist illegal! Bleiberecht überall!
Frankfurt (Oder), den 20.10.2014,
Utopia e.V.
Im Nachgang der Landtagswahlen in Brandenburg am 14. September gab der Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung in der Märkischen Oder-Zeitung eine Expertise zu den Ursachen der geringen Wahlbeteiligung von 47,9 Prozent, dem Wahlerfolg der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und dem Umgang mit Geflüchteten im Land ab.[1] Dass das Institut zur Wahlanalyse von einem landesweiten Presseorgan als Expert_innenstelle herangezogen wird, ist zunächst nicht ungewöhnlich. Die Fehleinschätzung der derzeitigen politischen Landschaft Brandenburgs hingegen schon: Eklatant falsch waren die Darstellungen im Zusammenhang mit den Wahlerfolgen der AfD und dem Umgang mit geflüchteten Menschen in Brandenburg.
Das Problem
Dirk Wilking, Geschäftsführer des Instituts, schätzt die AfD zwar als nationalkonservative Partei ein, sieht aber keine Verknüpfung ihres Wahlerfolgs mit dem Diskurs um Kriminalität in der deutsch-polnischen Region. Dies geht an der Realität vorbei: Die AfD erlangte bei den Wahlen insgesamt 12,2 Prozent. In fast ganz Brandenburg lag sie bei über 10%, in der Grenzregion sogar höher – etwa in Oder-Spree (21,3%) und Frankfurt (Oder) (19,7%). „Grenzkriminalität und Sicherheit“ waren die Themen, mit denen die AfD hauptsächlich ihren landesweiten Wahlkampf geführt hat. Sie sind in allen Regionen entlang der Grenze populär. Öffentliche oder in den sozialen Medien geführte polenfeindliche Debatten und auch die Existenz von sogenannten “Bürgerwehren” beispielsweise in den Städten Küstrin-Kietz, Neuzelle, Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) sollten Beweis genug dafür sein, dass die AfD diese Stimmung nutzen konnte und ihre Positionen gerade dort auf fruchtbaren Boden fielen.[2] Gideon Botsch von Moses-Mendelssohn-Institut Potsdam etwa charakterisierte die AfD treffend als nationalpopulistische Rechtspartei.[3]
Zudem formuliert Wilking die Annahme, dass Geflüchtete und deren Unterbringung in den Kommunen im Allgemeinen akzeptiert seien. Eine nähere Betrachtung der brandenburgischen Verhältnisse hätte ihn zu einem anderen Schluss kommen lassen müssen: Die durch den Anstieg von Flüchtlingszahlen bedingte Neueinrichtung von Flüchtlingsunterkünften löste in vielen Kommunen eine Welle des Protests aus. Die allgemeine Stimmung gegenüber den Geflüchteten und ihren Unterstützer_innen war kritisch bis feindlich; in einigen Gegenden ging der Hass auf Geflüchtete so weit, dass es zu gewalttätigen Übergriffen und pogromähnlichen Stimmungen kam. So gab es im vergangenen Jahr beispielsweise in Premnitz einen Brandanschlag auf ein Asylsuchendenheim, und in Bestensee gingen 200 Menschen gegen dein Heim auf die Straße. Dass deshalb auch die AfD mit ihrer Forderung nach einem Einwanderungsstopp punkten konnte, ist kein Zufall. Daneben sehen sich Geflüchtete sowohl einem alltäglichen als auch institutionellen Rassismus ausgesetzt, dem sich zwar bereits Initiativen und Einrichtungen entgegenstellen, der das Leben von Geflüchteten aber nach wie vor in höchstem Maße prägt. In Frankfurt (Oder) beispielsweise lud sich kürzlich die Stimmung gegen Geflüchtete innerhalb weniger Tage maßlos rassistisch auf, als in sozialen Netzwerken Gerüchte gestreut wurden, die einen Zusammenhang zwischen „Drogenkriminalität“ und Geflüchteten konstruierten.[4] Die AfD Frankfurt (Oder) unterstützte diese Hetze.
Wilking verharmlost die Positionen der AfD; ihm scheint nicht klar zu sein, dass es auch die genannten Reizthemen waren, die über 10% der Brandenburger_innen ansprachen. Bei diesen handelt es sich um klassische Themen der politischen Rechten – und sie werden gezielt von der AfD übernommen. Das Wahlergebnis der Partei als reinen Protest abzutun, verkennt das grundlegende Problem. Indem Wilking von einer allgemeinen Akzeptanz gegenüber Geflüchteten in den Kommunen spricht, bagatellisiert er die von einer rassistischen Grundstimmung geprägte Haltung der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Migrant_innen.
Die Folgen
Das Institut gilt im Land Brandenburg als wichtige Instanz in Sachen Neonazismus- und Demokratieberatung; die von ihren Mitarbeiter_innen abgegebenen Einschätzungen werden in der Öffentlichkeit, aber auch auf der Politik- und Verwaltungsebene des Landes wirkmächtig und sind als Expertise anerkannt. Die Fehleinschätzung des Geschäftsführers kann schwerwiegende Folgen für die Wahrnehmung der Problemfelder AfD, Alltagsrassismus und Diskriminierung von Migrant_innen haben. Eine seit Jahren seitens der Zivilgesellschaft betriebene Sensibilisierung zu dieser Thematik wird dadurch enorm erschwert. Zudem macht eine falsche Analyse adäquates Handeln unmöglich: Zum einen werden zuständige Landesstellen – darunter auch der Verfassungsschutz – falsch informiert und in ihren Maßnahmen fehlgeleitet, zum anderen wird das konkrete Engagement im zivilgesellschaftlichen Bereich gegen Ungleichheit und Rassismus häufiger infrage gestellt werden. Denn wo von der Landesstelle für Demokratie kein Problem gesehen wird, müssen sich zivilgesellschaftliche Akteure mit einer anderen Perspektive erst einmal behaupten.
Welche Konsequenzen gezogen werden müssen
Ob es sich bei der Analyse der Brandenburger Landtagswahlen durch Dirk Wilking um gewollte Schönfärberei, um eine Unterschätzung des Problems oder um Informationsprobleme aufgrund einer fehlenden kommunale Verankerung des Instituts handelt – in allen Fällen ist zu fragen, welchen Sinn eine solche vom Land genau für die angesprochenen Themenfelder eingerichtete Beratungsstelle erfüllt. Es bleibt zu hoffen, dass die Stelle abgeschafft oder anders besetzt wird. Denn so wie sie arbeitet, ist sie Teil des Problems und nicht Teil einer Lösung für das Rassismusproblem in Brandenburg.
[1] Vgl. Henning Kraudzun, „Die Dörfer kapseln sich ab“ — Demokratie-Experte Dirk Wilking im Interview, MOZ, 16.09.2014 (http://www.moz.de/themen/landtagswahl/artikelansicht/dg/0/1/1325725/)
[2] Vgl. Jeanette Bederke, Bürgerwehr gegen kriminelle Grenzgänger, MAZ, 11.04.2014 (http://www.maz-online.de/Brandenburg/Buergerwehr-gegen-kriminelle-Grenzgaenger); Christian Bangel, Die Angst geht auf Streife, Zeit Online, 12.05.2014 (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014–05/buergerwehr-in-deutschland/); Caterina Lobenstein, Brücke der Angst, DIE ZEIT Nº 38/2014, 11.11.2014 (http://www.zeit.de/2014/38/grenzkriminalitaet-brandenburg-landtagswahl).
[3] Alexander Fröhlich im Interview mit Gideon Botsch, „Die AfD ist eine nationalpopulistische Rechtspartei“, PNN, 16.09.2014, (http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/892684/).
[4] Vgl. DPA, Neonazi-Hetze gegen Asylbewerber, MOZ, 27.12.2013 (http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1229587/), Opferperspektive e.V. — Antidiskriminierungsberatung (http://www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de/), Utopia e.V., Hetze gegen Asylsuchende nimmt bedrohliches Maß an, 28.08.2014 (http://utopiaffo.blogsport.de/2014/08/29/pm-hetze-gegen-asylsuchende-nimmt-bedrohliches-mass-an/).
Frankfurt (Oder), den 02.10.2014
Utopia e.V.
Seit gut zwei Jahren beschwört die Brandenburger Landesregierung einen so genannten Aufnahmenotstand herauf. Man sucht „händeringend“ nach Unterbringungsplätzen und warnt medienwirksam vor Zeltstädten. Trotz offensichtlich andauernder Krisen und Kriege werden die Augen davor verschlossen, dass auch weiterhin mehr Flüchtlinge nach Brandenburg kommen werden und die meisten von ihnen hier bleiben – und dass man diesen Menschen eine dauerhafte Lebensperspektive bieten muss. Jahrelang wurden Unterbringungskapazitäten konzeptlos abgebaut, statt sich von der Sammelunterbringung zu trennen und auf die flexiblere und menschenwürdige Wohnungsunterbringung umzustellen. Dass die Zahl der Asylsuchenden nicht so niedrig bleiben würde, wie in den Jahren 2005 – 2009, in denen sie weit unter 1000 pro Jahr lag, war spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien absehbar. Angemessen reagiert wurde darauf weder von den Kreisen noch von der Landesregierung. Wie vergessen ist der Auftrag des Landtags, rechtskräftig die Mindeststandards für die Betreibung kommunaler Unterkünfte anzuheben (derzeit sind 6qm Wohnfläche und ein sozialarbeiterischer Betreuungsschlüssel von 1:120 vorgesehen), Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen und ihre Lebenssituation zu verbessern. Ad-hoc-Scheinlösungen, wie die Eröffnung neuer Großunterkünfte und Außenstellen der Erstaufnahme in abgelegenen Ortschaften oder mitten im Wald zementieren die Ausgrenzung und Mangelversorgung der hier ankommenden Flüchtlinge für Jahre. Die rechtliche Weichenstellung – die Änderung des Landesaufnahmegesetzes zugunsten von mehr Wohnungen und besseren Lebensbedingungen – wird immer weiter verschoben. In der Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt wird die alltägliche medizinische Versorgung und die Sozialarbeit trotz jahrelanger Kritik von dem Sicherheitsdienstleister B.O.S.S. erledigt. Die Menschen sind in einer alten umzäunten Polizeikaserne untergebracht – Eisenhüttenstadt ist für Besuch oder AnwältInnen völlig abgelegen und die Landesregierung gibt selbst zu, dort kaum qualifiziertes Personal zu finden. Statt aber dieses verfehlte Konzept aufzugeben, werden weitere Erstaufnahmelager in leer stehenden Kasernen im Nirgendwo geplant. In den Landkreisen werden für neue Großunterkünfte Langzeitverträge geschlossen, die die Verhältnisse auf Jahre hin festlegen. Fragen menschenwürdiger Unterbringung, die Privatsphäre und persönliche Alltagsgestaltung zulässt, ausreichender sozialer Betreuung und qualifizierter Betreibung habe man nun hinter sich gelassen, verlautet seit Monaten aus der Landesregierung. Vorbei die Zeiten, als man darüber „gemütlich“ sinnieren konnte – nun gelte es, Zelte und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Eine fatale Fehleinschätzung, denn nicht erst die rassistischen Misshandlungen in Nordrhein-Westfalen machen deutlich: die strukturelle Mängel der Unterbringung zeitigen bei steigenden Flüchtlingszahlen noch verheerendere Folgen. Wir erwarten, dass die neue Landesregierung nach der letzten vertanen Legislaturperiode nun endlich beginnt, die humane Flüchtlingspolitik umzusetzen, die sie sich auf die Fahnen geschrieben hat: *Erstaufnahme neu organisieren! *Die Erstaufnahmeeinrichtung muss in die Trägerschaft des Sozialministeriums übergeben werden. Standorte neuer Erstaufnahmeeinrichtungen sollten in der Nähe von städtischen Zentren liegen, die über qualifiziertes Personal verfügen. Mindeststandards für die Unterkünfte in den Landkreisen sollten auch für die Erstaufnahme gelten. Eine unabhängige Asylverfahrensberatung muss gewährleistet sein. *Wohnungs- oder wohnungsähnliche Unterbringung statt Großeinrichtungen:* Flüchtlinge müssen in Wohnungen oder kleinen Sammelunterkünften mit abgeschlossenen Wohneinheiten untergebracht werden, die in Wohngebieten mit Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten, Schule und Kitas sowie Anschluss an den ÖPNV liegen. Die Wohnungsunterbringung muss durch gut ausgestattete Programme, die die Kommunen bei der Förderung eines integrationsfreundlichen Klimas unterstützen,**flankiert werden.**Unbegleitete Wohnungszuweisungen in Ortschaften, in denen die Neuankömmlinge die einzigen Ausländer sind, führen dagegen zur verschärften Isolation. *Beratung und Unterstützung für Flüchtlinge gewährleisten: *Pro Landkreis muss den Flüchtlingen eine Personalstelle in freier Trägerschaft für Asylverfahrensberatung zur Verfügung stehen. Der Betreuungsschlüssel in kommunalen Unterkünften muss auf 1:80 herabgesetzt werden.