Kategorie: Law & Order
“Solidarität muss Praxis werden”
Seit Juli diesen Jahres gibt es wieder eine aktive Ortsgruppe der Roten Hilfe in Cottbus, nachdem diese längere Zeit ihre Aktivitäten eingestellt hatte. Somit ist die Rote Hilfe nun auch in Cottbus und Südbrandenburg in konkreten Fällen wieder handlungsfähiger und kann Menschen, die aufgrund ihrer politischen Arbeit von staatlichen
Repressionsorganen verfolgt werden, konsequent unterstützen. Die Neugründung erschien umso notwendiger, da gerade im Zusammenhang mit den Blockaden von Cottbus Nazifrei! gegen den NPD-Aufmarsch am 12. Mai die
massive Polizeigewalt und die steigende Repression auch in Cottbus spürbar wurden.
Am 21. Juni 2012 fand in Cottbus auf dem Bonnaskenplatz, direkt neben der alten Polizeiwache, eine Protestkundgebung mit ca. 100 Teilnehmer_innen unter dem Motto „Polizeigewalt wegbassen“ statt. Diesen
Aufruf nahmen einige Mitglieder der Roten Hilfe zum Anlass, um erstmals wieder in der Öffentlichkeit aufzutreten, Infomaterial zu verteilen und über das Prinzip der Roten Hilfe aufzuklären. Des Weiteren wurden Spenden für die Rote Hilfe gesammelt. Diese Sammelaktionen fanden im Rahmen der „100 Plus X für die Rote Hilfe“ Kampagne statt. Dies ist eine Kampagne in der es darum geht, pro Ortsgruppe mindestens 100 Euro zusammen zu bekommen, wobei das „Plus X“ signalisiert, dass gern mehr gesammelt werden darf.
Am Sonntag, dem 2. September 2012 veranstaltete die Ortsgruppe einen Soli-Brunch mit Soli-Bücherbasar. Der Brunch war eine super Möglichkeit, um sich auszutauschen, über aktuelle Vorkommnisse zu sprechen und nebenbei Spenden zu sammeln, auch zahlreiche Bücher wechselten die Besitzer.
Die Ortsgruppe Cottbus übernimmt darüber hinaus die Aufgaben des Ermittlungsausschusses im Raum Südbrandenburg. Der EA kümmert sich bei linken Demonstrationen und Aktionen um Festgenommene. Voraussetzung hierfür ist, dass umstehende Menschen die Namen der Festgenommenen an uns weitergeben, so dass wir ihnen Rechtsanwält_innen vermitteln können und sie womöglich nicht einfach in der Gesa „vergessen“ werden oder in U‑Haft „verschwinden“.
Die Neugründung einer Ortsgruppe in Cottbus erschien notwendig, da eine ganze Reihe linker Strukturen in der Region um Südbrandenburg vorhanden sind und auch diese nicht frei von Repressionen sind. Eine Ortsgruppe schafft praktische Solidarität und kann somit gewährleisten, dass die Betreuung von Unterstützungsfällen auf einer persönlichen Ebene erfolgt, sodass allen politisch Aktiven geholfen werden kann und diese dazu ermutigt werden, trotz politischer Repression weiter zu kämpfen.
In diesem Sinne: Solidarität ist eine Waffe. Gemeinsam für eine solidarische Linke!
Weitere Infos und unsere Kontaktdaten findet ihr unter rotehilfecb.blogsport.de
Seit dem 8. September ist der Kampf von Flüchtlingen für ihr Recht, als gleichberechtigte Menschen behandelt zu werden, in eine neue Phase eingetreten. Es begann in Würzburg, als im Januar ein Flüchtling aus dem Iran, Mohammad Rashepars, sich das Leben nahm, weil er das Leben im Lager nicht mehr aushielt. Mohammads Tod wirkte wie eine Initialzündung für eine Welle von Protesten. Seine Freunde verließen die Lager und protestierten in Zelten auf den Marktplätzen bayerischer Städte. Im August, als es schon acht Protestcamps gab, die mit Hungerstreiks auf die Lage von Flüchtlingen in diesem Land aufmerksam machten, beschlossen sie, einen 600 km langen Fußmarsch von Würzburg nach Berlin zu wagen, dorthin, wo die Gesetze gemacht werden.
Am 29. September, nach 500 km, nach Strapazen und Kälte, werden sie die Landesgrenze nach Brandenburg überschreiten. Wir sind voller Bewunderung für diese entschlossene Aktion. Wir teilen ihre Forderungen: Es muss endlich Schluss sein mit dem Paria-Status von Flüchtlingen in Deutschland. Menschenrechte sind unteilbar oder sie sind keine Menschenrechte.
Wir unterstützen die Forderungen der streikenden Flüchtlinge:
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Schluss mit der Residenzpflicht, die das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit verletzt.
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Schluss mit der zwangsweisen Unterbringung von Flüchtlingen in Lagern, oft isoliert im Nirgendwo.
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Schluss mit den entwürdigenden Esspaketen und Wertgutscheinen, die zu nichts als der Stigmatisierung dienen.
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Schluss mit den jahrelangen Asylverfahren, die die Flüchtlinge zu einem Leben im Wartezustand verdammen.
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Schluss mit den unmenschlichen Abschiebungen, die Menschen den Regimen und der Not ausliefern.
Aus diesen Gründen haben sie sich im September auf den Weg gemacht und bewusst die unsichtbaren Grenzen in Deutschland überschritten. Mit jeder Grenzüberschreitung machen sie sich nach den deutschen Gesetzen strafbar. Doch das nehmen sie in Kauf, weil sie wissen, dass sie dieses Recht als Menschen innehaben.
Am 3. Oktober, wenn die politische Klasse die »Wiedervereinigung« bejubelt, ohne ihrer Opfer zu gedenken, werden sie Potsdam erreichen.
Wir möchten den Flüchtlingen auf dem Protestmarsch einen würdigen Empfang bereiten. Angedacht, noch nicht beschlossen sind folgende Aktionen:
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Begleitung des Protestmarsches.
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Begrüßung und Diskussionen mit den Bewohner.innen des Sammellagers Schlaatz.
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Vokü und Bericht vom Protestmarsch im »Freiland«.
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Donnerstag, 4. Oktober: Kundgebung auf der Glienecker Brücke.
Nähere Infos auf der Veranstaltung zur Situation in Kenia im Flüchtlingsheim Schlaatz.
Donnerstag, 27. September
18.30 Uhr
An der alten Zauche 2b
Potsdam-Schlaatz
Die Planung der Aktionen ist noch im Fluss und ändert sich täglich. Deshalb: Informiert Euch über den aktuellen Stand auf www.fluechtlingsrat-brandenburg.de
Berlin Innensenator überlegt Abschiebehaft künftig in der Brandenburger Provinz zu vollziehen
Nach Auskunft von Innensenator Frank Henkel sucht die Berliner Innenverwaltung aktuell nach Alternativen zur Abschiebehaftanstalt in Köpenick, die als völlig überdimensioniert und unrentabel gilt.[1] Im Gespräch ist die Zusammenlegung in der Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt oder an einem neuen Standort in Berlin. Schon in den kommenden Wochen wird mit einer Entscheidung gerechnet.
Abschiebeshaft stellt für die Betroffenen eine enorme Belastung dar. Das Eingesperrtsein und die drohende Abschiebung führen schon nach kurzer Dauer zu körperlichen und seelischen Erkrankungen.[2] Häufig kommt es zu Hungerstreiks und Suizidversuchen. Besuche durch Angehörige, Seelsorger/innen, Anwälte/innen und Ehrenamtliche sind eine unerlässliche Stütze, um den Haftalltag psychisch zu ertragen.
Eine Verlegung nach Eisenhüttenstadt würde die Häftlinge völlig isolieren, weil es vor Ort kaum Unterstützung gibt und jeder Besuch aus Berlin mit erheblichem Zeitaufwand verbunden und finanziell kaum zu leisten ist. Auch die Vertretung durch Anwälte/innen ist in Eisenhüttenstadt enorm erschwert.
„Die Fahrt vom Berliner Hauptbahnhof zur Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt dauert mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zwei Stunden. Welcher Anwalt nimmt für ein Mandantengespräch vier Stunden Fahrtzeit in Kauf?”, fragt Martina Mauer vom Berliner Flüchtlingsrat. Ohne Anwalt können die Inhaftierten die Rechtmäßigkeit der Haft nur schwer überprüfen. Mit anwaltlicher Hilfe hingegen stehen die Chancen, die Aufhebung der Haft durchzusetzen, recht hoch. „Statt die Abschiebehaft nach Eisenhüttenstadt abzuschieben, sollte der Senat lieber daran arbeiten, Abschiebehaft ganz abzuschaffen”, so Mauer weiter.
Seit Dezember 2010 gilt in Deutschland die europäische Rückführungsrichtlinie, nach der Abschiebehaft nur das allerletzte Mittel sein darf. Im Juni 2012 hat sich der Landtag in Rheinland-Pfalz für eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung von Abschiebhaft ausgesprochen. In Schleswig-Holstein heißt es im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung:
“Wir halten Abschiebehaft grundsätzlich für eine unangemessene Maßnahme und werden uns deshalb auf Bundesebene für die Abschaffung der Abschiebehaft einsetzen.” Bis zu einer Änderung der bundesrechtlichen Vorgaben sollen die im Aufenthaltsgesetz bestehenden Ermessenspielräume genutzt werden, um Betroffenen so wenig Beschränkungen wie möglich aufzuerlegen und die Haftanstalt in Rendsburg zu schließen.[3]
„Den Landesregierungen in Berlin und Potsdam würde es gut anstehen, sich der Politik von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein anzuschließen. Stattdessen wird die rot-rote Landesregierung Brandenburgs nicht müde, die Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt als vermeintlich fortschrittlich schön zu reden und den Standort aus strukturpolitischen Erwägungen zu verteidigen”, sagt Beate Selders vom Flüchtlingsrat Brandenburg. „Es wird Zeit, dass auch Berlin und Brandenburg Abstand davon nehmen, Menschen, die niemandem geschadet haben, ins Gefängnis zu stecken.
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Für weiterführende Informationen siehe auch die kürzlich erschienenen Antworten der Bundesregierung auf zwei parlamentarische Anfragen zur Abschiebehaft:
„Umsetzung der Abschiebungsrichtlinie der Europäischen Union und die Praxis der Abschiebungshaft”, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Drs. 17/10597 http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/105/1710597.pdf
„Situation in deutschen Abschiebungshaftanstalten”, Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Drs. 17/10596, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/105/1710596.pdf
In den Nächten vom 29. bis zum 31. August 1992 versuchten mehrere hundert Nazis die Wohnblöcke des Sachsendorfer Asylbewerberheims mit Molotow-Cocktails in Brand zu setzen und ihre etwa 1000 Bewohner in den Feuertod zu treiben. Um Überlebende zu massakrieren, hatten sie sich mit Messern, Baseballschlägern und Steinen bewaffnet. Nur der Einsatz von Feuerwehr und 300 Polizeibeamten konnte schließlich ein Blutbad verhindern und die Angreifer zum langsamen Rückzug zwingen.
Bewegten diese Ereignisse damals noch kurzzeitig die lokale Öffentlichkeit, so sind sie bis heute fast in Vergessenheit geraten. Und sowohl Stadt als auch Presse haben ein Interesse am Totschweigen der größten Cottbuser Schande seit 1945. Da der Fokus der bundesdeutschen Medien auf die schweren Gewaltexzesse von Rostock-Lichtenhagen wenige Tage zuvor konzentriert war, konnte die Stadt ihre Probleme mit rechten Ausschreitungen erfolgreich aussitzen bis das Thema niemanden mehr interessierte als die Betroffenen selbst. Auch die Lausitzer Rundschau hat zu jener Zeit keine rühmliche Rolle gespielt, da Zitate Cottbuser Bürger über angebliche Bedrohungen durch die Asylsuchenden zumindest unfreiwillig die ohnehin aufgeheizte Stimmung gegen Ausländer weiter zuspitzten und dem faschistischen Mob Rechtfertigung für seine Übergriffe gaben.
Dabei waren die Bewohner zumeist Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen in Afrika oder auf dem Balkan, die sich nach nichts mehr sehnten, als ohne Hunger und in Frieden ihre Kinder großzuziehen. Was sie dann in Deutschland erwartete, war jedoch beinahe das Gegenteil all dessen: Zusammengepfercht in abseits gelegenen Plattenbauten, ohne finanzielle Mittel und nur mit Essensmarken ausgestattet überließen staatliche Institutionen die Asylsuchenden sich selbst. Wie verlogen sind Politiker, die für diese Bedingungen verantwortlich sind und heute mangelnden Integrationswillen von Migranten beklagen?
Doch damit keineswegs genug. Nach der Auflösung der DDR fanden sich viele Einwohner Ostdeutschlands in einer Situation sozialer Kälte mit Arbeitslosigkeit und Existenzängsten wieder. Dies nutzten rechte Rattenfänger aus, um oftmals junge Leute für ihre egoistischen und menschenfeindlichen Interessen zu instrumentalisieren. In Cottbus tat sich besonders ein gewisser Frank Hübner hevor, der heute für die NPD im Abgeordnetenhaus sitzt und damals Führungskader der Deutschen Alternative (DA) war. Er, der Anfang der Neunziger regelmäßig Naziaufmärsche durch Sachsendorf organisierte, war auch einer der Initiatoren der Pogrome vom August 1992. Sein ursprüngliches Vorhaben, die Übergriffe als spontanes Aufbegehren Deutscher Bürger aussehen zu lassen, misslang weitesgehend, da anders als in Rostock oder ein Jahr zuvor in Hoyerswerda nur wenig allgemeine Zustimmung aus der Bevölkerung kam. Zu brutal, zu primitiv war das Vorgehen seines braunen Schlägertrupps. Dennoch muss klar festgestellt werden: Sowohl in der Cottbuser Einwohnerschaft wie in der Stadtpolitik gab es nur wenige aufrichtige Antifaschisten, die öffentlich in Erscheinung traten und sich mit den Flüchtlingen solidarisierten. Die meisten schwiegen aus Angst selber in das Fadenkreuz zu geraten und einige, wie Wahlergebnisse und Stammtischabende zeigen, auch aus stiller Sympathie für die Nazis. Dieses Schweigen führte letztlich dazu, dass bei den städtischen Beschwichtigungsveranstaltungen Hübner und seine Vasallen nochmal einen großen Auftritt hatten, als sie mit martialischem Auftreten den aufrichtigen Teil der Bevölkerung einschüchterten und sich als Stimme der Unterdrückten profillieren konnten.
Was in der Nachbetrachtung der Pogrome vor 20 Jahren bisher völlig unbeachtet blieb, ist die Rolle der Nachrichtendienste. So waren die Nazis in Cottbus mit Funkgeräten ausgestattet, um forthin mit Infortmationen über die Lage versorgt zu werden und ihre Aktionen koordinieren zu können. Obwohl die Polizei diese Gespräche mithörte, dauerte es zwei Nächte, um zweihundert Randalierer zurückzudrängen. Wenn wir bedenken, dass die Cottbuser Ausschreitungen neben denen von Rostock, Hoyerswerda und anderen dazu führten, dass 1993 das Asylrecht faktisch abgeschafft wurde, muss die Frage aufgeworfen werden, inwiefern die führende Politik der BRD ein Interesse an den Ereignissen hatte.
Wie ist die Lage heute in Cottbus? An den allgemeinen Zuständen hat sich wenig verändert, noch immer werden Antifaschisten und die wenigen Migranten von Nazi-Schlägertrupps verfolgt und attakiert, noch immer erzielt die NPD Wahlerfolge – noch immer ist mit den ökonomischen Verhältnissen der Nährboden vorhanden, aus dem rassistische Umtriebe ständig neu entstehen.
Daher kann es nicht ausreichen, wenn wir dem Tiefpunkt unserer neueren Stadtgeschichte nur still gedenken, um danach wieder die Hände in den Schoß zu legen. Alle überzeugten Antifaschisten egal welcher Colleur sind aufgerufen, sich an der Kundgebung am Ort des Angriffs zu beteiligen! Wir zeigen den Nazis, dass sie keinen Platz in Sachsendorf haben! Diese Stadt ist unsere Stadt!
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir wenden uns mit diesem Brief an die Öffentlichkeit und an die Verantwortlichen in der Stadt Bad Belzig, weil wir das Vorgehen der Verwaltung des Landkreis Potsdam-Mittelmark gegenüber dem Flüchtling William K. als menschenunwürdig erachten. Wir fordern die Verwaltung des Landkreises auf, dem Antrag Herrn K.s auf Auszug aus dem Flüchtlingsheim stattzugeben und die Leistungskürzungen zurück zunehmen.
William K. lebt seit April 2008 in dem Flüchtlingsheim in Bad Belzig, derzeit mit einer Duldung. Seit Dezember 2011 wurde er zweimal Opfer rechter Angriffe. Seitdem leidet er unter den psychischen Folgen dieser Attacken. Herr K. befindet sich aufgrund seiner Traumatisierung durch die Angriffe in therapeutischer Behandlung. Allerdings ist es ihm nicht möglich, in dem überfüllten Flüchtlingsheim die dringend benötigte Ruhe zur Genesung zu finden. Im April dieses Jahres stellte er mit Unterstützung der Opferperspektive e.V. einen Antrag, um aus dem Wohnheim in eine private Wohnung umziehen zu können. Anfang Juli, nach fast drei Monaten Bearbeitungszeit, lehnte der Landkreis diesen Antrag ab. Diese Verweigerung der Verwaltung Herrn K.s Umzug zu genehmigen, widerläuft einen Landkreisbeschluss. In diesem heißt es: Flüchtlingen soll ein möglichst schneller Auszug aus dem Wohnheim ermöglicht werden. Am 2. August 2012 erhielt er vom Sozialamt ein Bescheid über Kürzungen seiner monatlichen Leistungen auf 184 €. Für William K. führt dies zu einer weiteren Verschlimmerung seiner Lebensumstände. Diese Maßnahme ist unfassbar, vor dem Hintergrund, dass erst kürzlich das Verfassungsgericht Leistungskürzungen für AsylbewerberInnen als verfassungswidrig erklärte. Zukünftig sollen Asylsuchenden 336 € als Minimalbetrag zur Verfügung stehen.
Die Weigerungshaltung und der Kürzungswillen der verantwortlichen Stellen führen zu einer weiteren Zuspitzung der Notlage William K.s. Diese Missachtung des gesundheitlichen Zustands des Flüchtlings ist ein Skandal.
Wir als Opferperspektive sind entsetzt über das Ausländerbehörde. Nicht nur werden hier Handeln des Sozialamtes und der Beschlüsse des Landkreises und des Bundesverfassungsgerichts ad absurdum geführt, schlimmer noch wird wissentlich der gesundheitliche Zustand eines Opfers rassistischer Gewalt übergangen und missachtet.
Wir fordern den Landkreis erneut auf, Herrn K. den Auszug aus dem Heim zu ermöglichen sowie die unverzügliche Rücknahme der Leistungskürzungen. Wir zählen auf die Unterstützung durch Ihre Ämter.
Danke.
Potsdam, den 3. August 2012
Kopien an:
Infocafe Der Winkel
Bürgerbüro Stadt Belzig
Kreistagsbüro Potsdam-Mittelmark
Sozialamt Potsdam-Mittelmark
Landrat Potsdam-Mittelmark
Zentralverwaltung Bad Belzig
Bürgermeisterin Bad Belzig
Mobiles Beratungsteam Potsdam
Informationen zu den Angriffen auf William K.
Seit mehreren Jahren engagiert sich William K. in Bad Belzig und setzt sich für eine tolerante und weltoffene Stadt ein. Er trainierte Jugendmannschaften in einem Belziger Fußballclub und unterstützt regelmäßig das Infocafé Der Winkel. Der erste rechte Angriff auf William K. ereignete sich im Rahmen seines dortigen Engagements. Nachdem zwei Männer am späten Nachmittag des 12. Dezember 2011 in dem Infocafe Der Winkel Gäste beschimpften und durch Herr K. der Räumlichkeiten verwiesen wurden, beleidigten sie ihn vor der Tür rassistisch und schlugen ihn mit einer Glasflasche an den Kopf. Der zweite Angriff ereignete sich am späten Abend des 22.03.2012. Herr K. war auf dem Weg in das Heim, als er in der Nähe des Schwimmbades rassistisch beleidigt
Brandenburg — Ich habe mein Leben lang Steuern gezahlt und mich immer gefreut, wenn das Geld für Kindergärten statt Kriegseinsätze ausgegeben wurde. Das Finanzamt kann man mögen oder auch hassen. Mir ist jedoch wichtig, dass es seine Aufgaben nach Recht und Gesetz wahrnimmt. So soll es zum Beispiel darüber befinden, ob ein Verein weniger Steuern zahlen kann, wenn er gemeinnützige Arbeit leistet und somit als gemeinnützig anerkannt ist. Wer denn auch sonst?
Nun gibt es im Jahressteuergesetz eine Klausel, den §51/3, die besagt, dass ein Verein dann nicht mehr gemeinnützig ist, wenn er im Bericht des Geheimdienstes “VS” genannt wird. Und das will die Bundesregierung gerade verschärfen, so dass dies automatisch geschieht. Egal ob später ein Gericht entscheidet, dass die Vorwürfe des Geheimdienstes wieder einmal falsch waren. Wie unseriös und populistisch die Damen und Herren vom Brandenburger “Verfassungsschutz” arbeiten, haben meine Enkel leider oft genug erfahren müssen. Deshalb muss diese Regelung weg. Der Geheimdienst “Verfassungsschutz” ist nämlich nicht das Finanzamt. Aber lest selbst:
Ministerpräsident Matthias Platzeck
Stellv. Ministerpräsident und Finanzminister Helmuth Markov
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam
Potsdam, 19. Juli 2012
Offener Brief von Trägern der Jugend- und Bildungsarbeit im Demokratischen JugendFORUM Brandenburg e.V.
Der Verfassungsschutz ist nicht das Finanzamt – Das Land Brandenburg darf keine Änderung des §51 Abs. 3 AO des Jahressteuergesetzes zulassen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Matthias Platzeck,
sehr geehrter Herr Minister Helmuth Markov,
wir, das Demokratische JugendFORUM Brandenburg e.V., als ein Netzwerk von Trägern der Jugendkultur, ‑sozial und ‑bildungsarbeit sind wie viele Vereine in der Bundesrepublik in großer Sorge. Die Bundesregierung hat vor, eine Änderung im Jahressteuergesetz § 51 Abs. 3 AO zu beschließen. Auf der Bundestagssitzung am 28. Juni 2012 ist der Gesetzesentwurf vorläufig in die Ausschüsse verwiesen worden.
Der Vorschlag der Bundesregierung erhebt die jährlichen Berichte der Landesämter für Verfassungsschutz, so auch die Berichte der Abteilung V im Brandenburger Innenministerium, faktisch in den Rang von finanzpolitischen Grundlagenbescheiden.
Bislang gilt für Körperschaften, die in einem Verfassungsschutzbericht als sogenannte extremistische Organisation erwähnt werden, die Klausel, dass sie damit ihre Berechtigung zur Steuerbegünstigung verlieren. Die von den Behörden jeweils geäußerten Vermutungen sind allerdings „widerlegbar“ und ermöglichen es daher den betroffenen Organisationen, juristisch gegen in den Berichten aufgestellte Behauptungen vorzugehen. Den Organisationen steht damit ein Rechtsweg offen; zudem verbleibt dem zuständigen Finanzamt ein Entscheidungsspielraum. Mit der Neuregelung im Jahressteuergesetz ist nun vorgesehen, diese Widerlegbarkeitsklausel abzuschaffen und einen Automatismus zu installieren. Das heißt, wenn eine Organisation in einem Verfassungsschutzbericht Erwähnung findet, soll hieraus zwingend die Versagung der Steuerbefreiung folgen. Ein finanzgerichtlich zu prüfendes Widerspruchsrecht der Betroffenen und eine gerichtliche Prüfung der Vorwürfe entfallen dadurch ersatzlos. Ebenso wird der Entscheidungsfreiraum der Finanzämter abgeschafft.
Der Vorgang ist Ihnen sicherlich bekannt.
Der Brandenburger Verfassungsschutz musste bereits in den vergangenen Jahren und bis heute seine Berichte mehrfach korrigieren. Betroffene hatten von ihrem Recht Gebrauch gemacht und die in den Berichten enthaltenen Nennungen und Deutungen von politisch-gesellschaftlichen Aktivitäten gerichtlich überprüfen lassen. Die Arbeit des Verfassungsschutzes wurde in mehreren Fällen gerichtlich als tendenziös und sachlich falsch bewertet. Bereits unter den jetzt geltenden Bedingungen war es für die Betroffenen mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden, falsche Angaben richtig zu stellen. Zudem sahen sie sich stets mit dem Stigma eines diffusen „Extremismus“-Vorwurfs konfrontiert.
Wir möchten exemplarisch auf einen Fall hinweisen: Die Richter am Potsdamer Verwaltungsgericht stellten fest, dass der Brandenburger Verfassungsschutz im Fall des Jugendwohnprojektes Mittendrin e.V. ungenau recherchiert hatte. Die Richter stellten weiter fest, dass die tendenziöse Art und Weise, in der über den Verein berichtet wurde, letztlich dazu diente, die Arbeit des Vereins zu diffamieren. 2010 erfolgte die gerichtlich angeordnete Löschung des Eintrags.
Im Jahresbericht 2011 wurde der Verein wiederholt diffamiert. Noch vor einer Unterlassungsklage durch die Betroffenen hat sich das Innenministerium beim Verein entschuldigt und ebenso die Löschung der Passage vorgenommen.
Sehr geehrter Herr Platzeck, sehr geehrter Herr Markov,
wir wenden uns mit folgenden Fragen an Sie: Wollen Sie es in Brandenburg zulassen, dass ausgerechnet ein Inlandsgeheimdienst beurteilen darf, welche Vereine in unserem Gemeinwesen als gemeinnützig und daher als steuerlich zu begünstigen anzusehen sind? Zeigt nicht der oben exemplarisch skizzierte Fall bereits alle damit verbundenen Gefahren für unser Gemeinwesen auf?
Was qualifiziert nach Ihrer Auffassung die Abteilung V im Brandenburger Innenministerium zu einer solchen Bewertung? Wäre nicht statt einer Verschärfung der Regelung, die zudem abschließend einen Rechtsweg für die Betroffenen verbaut, die Streichung dieser Aufgabe für die Landesämter für Verfassungsschutz angezeigt?
Werden Sie sich mit uns gemeinsam für die Streichung einsetzen? Werden Sie zumindest dafür Sorge tragen, dass die Neufassung des Paragraphen im Steuergesetzentwurf nicht zum Tragen kommt?
Mit Entsetzen blicken wir auf den Zustand des Inlandsgeheimdienstes insgesamt. Durch die Selbstenttarnung einer Neonaziterrorgruppe ist deutlich geworden, wie intransparent und der demokratischen Kontrolle entzogen diese Behörde arbeitet. Hinweise auf die Verstrickungen in die rassistische Mordserie sind offensichtlich, und gleichzeitig verhindern Verfassungsschutz-Beamte durch Aktenvernichtung sogar eine Aufklärung. Politikerinnen und Politiker aller Parteien sind tief besorgt über den Zustand der Inlandsgeheimdienste und ihre Möglichkeiten, deren Arbeit im Sinne eines demokratischen Gemeinwesens zu kontrollieren. Niemand mag gegenwärtig irgendetwas völlig ausschließen…
Wir wissen, unsere Worte sind hart gewählt. Es darf unseres Erachtens jedoch nie wieder in der deutschen Geschichte möglich sein, dass eine in ihrem Wesen zwangsläufig intransparente Organisation wie ein Geheimdienst, dessen Arbeitsweise der demokratischen Kontrolle entzogen ist und dessen ideologische Ausrichtung keiner breiten meinungsbildenden demokratischen Diskussion unterliegt, das Recht bekommt, mehr sein zu dürfen als ein reiner Beobachter zivilgesellschaftlichen Engagements.
Wir bitten Sie auf das Verfahren zum Jahressteuergesetz einzuwirken und eine Änderung des § 51 Abs. 3 AO, wie von der Bundesregierung geplant, zu verhindern. Wir bitten Sie weiter, mit uns und anderen gesellschaftlichen Akteuren in einen Dialog zu treten mit dem erklärten Ziel, den Inlandsgeheimdiensten eine Rolle zuzuweisen, die unser demokratisches Gemeinwesen stärkt und nicht schwächt oder gar gefährdet.
Der Brandenburger Verfassungsschutz ist weder das Finanzamt noch ein Experte für zivilgesellschaftliches Wirken. Demokratie ist Sache der Brandenburger Bürgerinnen und Bürger und nicht die des Geheimdienstes.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand des DJB e.V.
Christoph Löffler; Daniela Guse; Juliane Lang; Sören Köhler
Die Vorbereitungsgruppe verurteilt die Repressionen und Einschüchterungsversuche. Bereits letztes Jahr wurde das Camp von massiver Polizeipräsenz begleitet. Zudem machte Vattenfall vor Ort Stimmung gegen das Camp.
Am vergangenen Donnerstag wurden zwei Familien in Jänschwalde ohne juristisch stichhaltige Gründe von der Polizei besucht. Die beiden Familien unterstützen Anti-Kohle-Aktivist/innen, die vom 11. bis 19. August 2012 ein Klima- und Energiecamp in dem Dorf errichten. In Jänschwalde steht das zweitgrößte Braunkohlekraftwerk Deutschlands.
Der Kraftwerksbetreiber Vattenfall Europe Generation AG hatte die Polizei dazu angehalten, Hausbesuche im Vorfeld des Vorbereitungstreffens für das Camp auf den Grundstücken und in den Häusern der sympathisierenden Familien durchzuführen. Vattenfall befürchte „Störungen“ sagte ein Polizist als Begründung für den Hausbesuch und die Befragung. Man wolle „nur einmal nachfragen”, was dort so vor sich gehe.
Die Aktivist/innen sind empört über diese Vorfälle: „Die Polizei als Teil der Bundesrepublik untersteht der demokratisch gewählten Landesregierung und nicht der Wirtschaft. Ein Wirtschaftsunternehmen hat kein Recht, der Polizei Weisungen zu geben“ sagte Christina Eichberger, die das Camp mitorganisiert. Willkürliche Hausbesuche durch die Polizei seien vollkommen inakzeptabel und mit dem Grundgesetz
unvereinbar. Politisch engagierte Bürgerinnen und Bürger würden kriminalisiert und stigmatisiert. Die Meinungsfreiheit würde durch dieses Verhalten beschnitten und Zensur im Sinne eines Wirtschaftsunternehmens geübt. „Dass Menschen eingeschüchtert werden, alleine weil sie politisch Aktive beherbergen, erinnert an dunkle Zeiten der Geschichte. Wir erwarten von der Polizei eine Erklärung, wie es dazu gekommen ist“ so Eichberger vom Lausitzcamp weiter.
Südbrandenburg — Vor zwei Wochen, am Dienstag den 19. Juni, wurde das Neonazi-Netzwerk „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ durch das Brandenburgische Innenministerium verboten. In diesem Zusammenhang folgte eine groß angelegte Razzia. Bei 25 Neonazis aus den mittlerweile verbotenen Strukturen kam es zu Hausdurchsuchungen. Zeitgleich räumten Neonazis in Cottbus die Räumlichkeiten des Thor-Steinar-Ladens „Oseberg“ leer.
Fotos der Pressekonferenz zum Verbot und Razzia: http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157630194447502/
http://www.flickr.com/photos/77193649@N06/sets/72157630199543112/
http://www.flickr.com/photos/kietzmann/sets/72157630201013184/
Fotos der Ausräumung von “Oseberg”: http://www.flickr.com/photos/63402479@N08/sets/72157630385230102/
Seit ungefähr zwei Jahren verfestigte sich in Südbrandenburg ein neues Spektrum von organisierten Neonazis. Der selbsternannte „außenparlamentarische Widerstand“, entstanden aus Strukturen der Freien Kräften und Kameradschaften, versuchte bundesweit eine Avantgarde-Stellung innerhalb der mehr werdenden parteiabgeneigter Neonazis zu erreichen. Mit neuaufgesetzter rassistischer und NS-verherrlichender Hetze versuchten sie, fokussiert auf innovative Aktions- und Propagandaformen, Akzente zu setzen. Besonders intensiv war die Rekrutierungsarbeit innerhalb der Kreise kampfsportfaszinierter Jugendlicher und gewaltbereiter Anhänger des FC Energie Cottbus.
Ein Hauptinitiator der Vorreiter-Gruppe „Spreelichter“, Marcel Forstmeier aus Lübbenau, welcher letztens in einem Interview eines Fernsehsenders seine Anonymität aufgegeben hat, organisierte einzelne Aktionsgruppen. Unter der Obhut der „Spreelichter“ entstanden in Städten wie Senftenberg, Vetschau, Spremberg und Cottbus Gruppierungen mit regionalem Drehpunkt. Jahrelang initiierten diese Gruppen im gemeinsamen Kontext Kampagnen und führten unterschiedlichste Aktionen durch. Mit massenweise verklebten Aufkleber und Plakaten sowie vielen großflächig angesprühten Parolen wurde versucht, das Stadtbild an sich zu reißen. Zahlreiche Artikel und Publikationen wurden verbreitet, um extern aber auch in den eigenen Reihen ideologische „Schulungsarbeit“ zu leisten.
Großes mediales Aufsehen erreichten die Neonazi-Strukturen als für Nazi-Täter_Innen „Heldengedenken“ durchgeführt wurden, mit dem Versuch „Nationale Kampfsportturniere“ zu etablieren und mit Aufmärschen innerhalb der Kampagnen „Volkstod stoppen“ und „Werde unsterblich“.
Gruppierungen unter dem Label „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ bildeten so einen Schwerpunkt neonazistischer Problematik in Südbrandenburg. Schon lange nahmen die „Spreelichter“ mit ihren Aktionszellen auch überregional eine relevante Funktion ein. Sie übernahmen zum Teil die Mobilisierung zu Neonazi-Großaufmärschen in Dresden und Magdeburg. Nicht selten versuchten sie auch, Teil bürgerlicher Proteste zu werden, wie etwa anlässlich von Rücktrittforderungen deutscher Politiker oder des Handelsabkommens „ACTA“. Auch andere neonazistische Zusammenhänge wie z.B. in Sachsen und Niedersachsen übernehmen die Rhetorik und Aktionsfelder der „Spreelichter“ und versuchen diese zu kopieren.
Repressionswelle und Verbot – Ende der Unsterblichkeit?
Die Kampagne „Werde unsterblich“ mit der Absicht den vermeintlichen „Volkstod“ zu stoppen, welcher sich die „Spreelichter“ und ihr Netzwerk stark zugewandt haben, transportierten rassistische Inhalte mit eindeutiger Annäherung an die „Volksgemeinschaft“ des Hitler-Faschismus. Konspirative nächtliche Aufmärsche mit weißen Masken stoßen auf Resonanz innerhalb der neonazistischen Szene. Der neue Aktionsspielraum der Mystik und Inszenierung dezentraler Aufmärsche zog die ersten Hausdurchsuchungen nach sich.
Im Januar 2012 wurden, ausgehend von Sächsischen Polizei-Behörden, 44 Wohnungen von Neonazis in vier Bundesländern durchsucht. Den Neonazis, darunter auch elf aus Großraum Cottbus, sollte die Teilnahme an einem Aufmarsch der „Unsterblichen“ im sächsischen Stolpen im Jahr 2011 nachgewiesen werden. Mit einem sarkastischen Clip „Maskenball“ und einer Anleitung gefüllt mit Halbwissen zum Umgang mit Hausdurchsuchungen versuchten die „Spreelichter“ die Repression aufzuarbeiten. Begleitet von Solidaritätsbekundungen aber auch einzelnen Distanzierungen anderer rechter Zusammenhänge, setzte die „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ ihre politische Praxis fort.
Einige Monate später, am 19. Juni ergriff das Brandenburgische Innenministerium die Gelegenheit, die Gruppierungen juristisch zu verbieten und damit aufzulösen. In der 60-seitigen Verbotsverfügung konzentrierte sich die Argumentation des Ministeriums diesmal mehr auf die politische Ausrichtung und Inhalte des Netzwerks sowie die Gesamtheit ihrer Aktionen. So heißt es:
„Die Vereinigung weist eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf und zeichnet sich durch ein aktiv-kämpferisches Vorgehen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung aus.
In Cottbus, Lübben, Lübbenau, Spremberg, Vetschau und Forst durchsuchten 260 Polizist_Innen Wohnungen, Garagen und Gewerberäumlichkeiten, um das Verbot durchzusetzen und Material zu beschlagnahmen. Mehr als 25 Neonazis der „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ und insgesamt 27 Objekte waren von der Razzia betroffen. Beschlagnahmt wurden Waffen, massenweise neonazistisches Propagandamaterial, Transparente und Utensilien der „Unsterblichen“-Aufmärsche sowie eine SS-Totenkopf- und Hakenkreuz-Fahne, außerdem 120 Computer, zahlreiche Datenträger und 24 Video- und Fotoausrüstungen. Auch eine „Vereinskasse“ mit Bargeld wurde beim Initiator Forstmeier eingezogen.
Um den Neonazis das Handwerk auch im Internet zu legen, wird derzeit vom Ministerium versucht, deren Internetpräsenzen abzuschalten. Dies ist jedoch nicht so einfach, da ihre Server teilweise in der Schweiz liegen. Alle Internetseiten des Netzwerkes „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“, dazu gehören spreelichter.info — senftenberger.blogspot.de — vetschaufenster.info — logr.org/spremberg — cb-infos.net und ihrer Kampagne werde-unsterblich.info sind derzeit noch aktiv. Die Abschaltung dieser ist nach Angaben des Innenministeriums jedoch nur noch eine Frage der Zeit.
Die Seite der „Spreelichter“ ist derzeit demaskiert und nur mit einem Zitat und weiterführenden Links zu befreundeten Neonazi-Gruppierungen gefüllt, andere Seiten sind seit dem 19. Juni zwar nicht aktualisiert aber noch aktiv. Lediglich die Aktionsgruppe aus Senftenberg, die in keinem Bericht erwähnt wird, schreibt auch noch nach dem Verbot neue Artikel. Jedoch wird jeglicher Bezug auf das Verbot und Razzia vermieden, wodurch eine Distanz zu den „Spreelichtern“ vorgespielt werden soll. Die Aktivitäten der Gruppierungen auf der Internet-Plattform „Twitter“ laufen dagegen weiter; es werden Beiträge zur Solidarität mit den verbotenen Strukturen aufgerufen.
Für mehr als nur Verbote – eine linksradikale Perspektive
Die „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ ist also zum Großteil mitsamt ihren Einzelgruppen verboten. Ihre Anonymität innerhalb polizeilicher Ermittlungsbehörden haben sie verloren und werden aufgrund der beschlagnahmten Gegenstände weiterhin verfolgt. Ihre Internetseiten werden höchstwahrscheinlich demnächst abgeschaltet und die Ausrüstung zur Anwendung des Know-hows ist auch weg. Die „Vereinskasse“ wurde mitgenommen und sie werden auf andere finanzielle Mittel zurückgreifen müssen, um die bevorstehenden Repressionskosten zu bewältigen.
Das Verbot wird die Neonazi-Strukturen stark beschäftigen und für einige Zeit handlungsunfähig machen. U
nklar bleibt dabei, wie vorbereitet die Strukturen auf ein Verbotsverfahren sein konnten und wie sie genau damit umgehen. Denn wie sich aufgrund des medialen Drucks nur unschwer erahnen ließ, kamen diese nicht überraschend. Bemerkenswert ist dagegen, wie lange sich die Behörden dem Treiben der völkischen Freaks zugesehen haben. Im Vergleich zum Vorgehen staatlicher Repressionsorgane gegenüber linker Strukturen im Rahmen der „Extremismusdoktrin“, gilt es nachhaltig für Schutz vor Repression zu sorgen.
Zwar ist in der Verfügung ein Verbot von „Ersatzorganisationen“ manifestiert, doch das wird kaum ideologisch-festgefahrene Neonazis davon abhalten, Mittel und Wege zu finden weiterhin aktiv zu sein. Ideologien lassen sich nicht verbieten, sondern nur gemeinsam mit den Ursachen bekämpfen. Rassismus, Homophobie und Antisemitismus vorangetrieben durch Sozialchauvinismus während der wiederaufkehrenden kapitalistischen Krisen, muss eine Kritik und Praxis gegen Staat, Nation und Kapital entgegengestellt und der Nährboden für reaktionäre Ideologien entzogen werden.
Kein „Oseberg“ mehr in Cottbus
Am selben Dienstagmorgen des 19. Juni räumten die Besitzer des rechten Thor-Steinar-Ladens „Oseberg“ in der Cottbuser Bahnhofstraße die Räumlichkeiten endgültig leer. Seit zwei Jahren existierte der Laden direkt in der Cottbuser Innenstadt. Mit der „trendigen“ rechten Marke wurde versucht, nationalsozialistische Bezüge und völkische Inhalte zu verbreiten und Profit zu schlagen. Eingemietet hatte sich der Betreiber in ein Privathaus, dessen Eigentümer bei Vertragsabschluss ein Katalog der Marke vorgelegt wurde. So war es nicht möglich mit rechtlichen Schritten und Räumungsklagen vorzugehen, da vom Vermieter kein Interesse daran bestand.
Keine Frage: In Cottbus war der Absatzmarkt groß, überall finden sich Personen mit Kleidungsstücken der rechten Marke. Doch ein ganz „Überraschendes Aus“ [10], wie die lokale Zeitung schreibt, war es nicht. Seit dem Eröffnungsdatum in 2010 kam es regelmäßig zu kreativen Aktionen gegen den rechten Laden. Die Besitzer des Ladens bemühten sich zwar, die Sachschäden zu beseitigen, hatten jedoch während des letzten halben Jahr scheinbar resigniert. Sichtlicht abstoßend in der Außenwirkung und mit teils geschlossenen Rollläden, was auf demolierte Scheibenfront vermuten lässt, schien es, als hätten die Besitzer des Ladens aufgegeben. Dies erklärt auch die Gewerbeabmeldung zum 30. Juli.
Mit der unfreiwilligen Schließung des Ladens gibt es ein positives Beispiel, wie ein Stück rechter Erlebniswelt eingedämmt werden kann. Allerdings wird nirgendwo thematisiert, dass in Cottbus seit mehr als 5 Jahren ein weiterer Neonazi-Laden „The devils right hand store“ residiert und eine viel breitgefächerte Auswahl neonazistischer Artikel anbietet. Ein Zusammenhang zwischen dem Verbot der „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ und der Schließung von „Oseberg“ kann nicht hergestellt werden.
Die Eröffnung des neuen Flughafens BER „Willy Brandt“ wurde auf März 2013 verschoben – die Internierungseinrichtung für Flüchtlinge am BER zur Durchführung des sogenannten Flughafen-Asylverfahrens ist jedoch bezugsfertig und soll nach Willen der Landesregierung Brandenburg noch im Juli in Betrieb gehen. Nach Auskunft der Pressestelle den Brandenburger Innenministeriums sollen in der neu richteten Unterkunft die Abläufe für das Flughafenverfahren erprobt und Asylsuchende, die am alten Flughafen Schönefeld ankommen, interniert werden.
Gegen diese Pläne protestieren die Flüchtlingsräte Berlin und Brandenburg scharf. Sie haben eine Online-Petition gestartet, in der sie die Landesregierung auffordern, die Inbetriebnahme der Einrichtung zu verweigern. (http://openpetition.de/petition/online/keine-internierung-von-asylsuchenden-am-flughafen-willy-brandt)
Darin heißt es: „Im Februar 2012 hat der Brandenburger Landtag mit einem fraktionsübergreifenden Beschluss seine Ablehnung des Flughafen-Asylverfahrens erklärt. Die Landesregierung wurde beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass auf das Flughafen-Asylverfahren am BER verzichtet wird.
Durch die verschobene Eröffnung des Flughafens gewinnt die Landesregierung Zeit, diesen wichtigen Auftrag umzusetzen. Eine Inbetriebnahme der Internierungseinrichtung am BER Monate vor der Eröffnung des neuen Flughafens stünde jedoch im eklatanten Widerspruch dazu. Mit der vorzeitigen Inbetriebnahme der Einrichtung würde die Landesregierung Brandenburg Fakten schaffen, die der rigiden Asylpolitik der Bundesregierung in die Hände spielen.“
Dorothea Lindenberg vom Flüchtlingsrat Brandenburg erklärt dazu: „Die Landesregierung macht sich unglaubwürdig, wenn sie sich öffentlich gegen das Flughafenverfahren ausspricht und gleichzeitig schon Monate vor der Flughafeneröffnung die Internierung von Flüchtlingen trainiert, damit das Flughafenverfahren ab März 2013 möglichst reibungslos ablaufen kann.”
Auch Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin fordert vom Brandenburger Ministerpräsidenten Platzeck mehr Courage: „Wenn es der Landesregierung wirklich ernst ist mit ihrer Ablehnung des Flughafen-Asylverfahrens, dann hätte sie jetzt die Chance, dies zu beweisen. Die vorzeitige Inbetriebnahme ist absurd: //Flughafen können sie nicht, Knast schon.“
Mit der gestarteten Online-Petition wird die Landesregierung Brandenburg aufgefordert,
1. die Internierungseinrichtung für Asylsuchende am Flughafen BER „Willy Brandt“ nicht in Betrieb zu nehmen.
2. sich gegenüber der Bundesregierung intensiv dafür einzusetzen, dass am BER keine Flughafen-Asylverfahren durchgeführt werden.
3. alle ihre Entscheidungen hinsichtlich des Flughafenverfahrens am BER transparent zu machen und sofort der Öffentlichkeit zu kommunizieren.
4. Die angekündigte Bundesratsinitiative zur bundesweiten Abschaffung des Flughafenverfahrens zügig umzusetzen. Im Juli planen verschieden antirassistische Organisationen weitere Protestaktionen gegen die Inbetriebnahme der Internierungseinrichtung und das Flughafenverfahren. Außerdem rufen die Flüchtlingsräte dazu auf, am Tag X nach Inbetriebnahme den „Asylknast“ vor Ort in Augenschein zu nehmen und lautstark dessen Schließung zu fordern.
Am 21.7.2012 endet die Zeichnungsfrist dann werden die gesammelten Unterschriften an Ministerpräsident Platzeck übergeben.