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Arbeit & Soziales

Freiräume in Potsdam

Es gibt Städte, wo richtig was los ist und es gibt Potsdam.

Freizeit hat geschlossen. So kann man die Sit­u­a­tion in unser­er Lan­deshaupt­stadt wohl am Besten auf den Punkt brin­gen. Ger­ade im let­zten Jahr sind Dank steigen­der Mieten und der Kom­merzial­isierung von Plätzen die Freiräume für Jugendliche mehr und mehr beschnit­ten worden.

Es sind ger­ade diese Freiräume, die uns die Möglichkeit bieten uns frei zu ent­fal­ten. Orte wie Parks, Plätze oder der Jugend­club an der Ecke, der es dir ermöglicht, deine Freizeit kreativ und ohne Zwang zu genießen. Ein Platz, wo nicht die Schule bes­timmt was du ler­nen sollst oder wo Eltern sagen, wann etwas gemacht wird. Nicht zu let­zt sind es diese Freiräume in der Gesellschaft, in denen du nicht dem Kon­sumzwang fol­gen musst oder dich dem Main­stream anpassen sollst, son­dern ein­fach mal “Du” sein kannst.

Pots­dam — aus­geze­ich­net als “die fam­i­lien­fre­undlich­ste Stadt Deutsch­lands”, nach dem Prog­nos-Fam­i­lien­at­las von 2007, das jedoch gilt nur für Kinder. Anscheinend hat sich nie­mand die Sit­u­a­tion dieser Kinder angeschaut, wenn sie älter wer­den. Die Plätze wo sich Jugendliche tre­f­fen kön­nen sind spär­lich gesät. So zum Beispiel die Fre­und­schaftsin­sel, die bei Ein­bruch der Dunkel­heit ihre Pforten schließt, oder andere Parks, wo es selb­st unter­sagt ist sein Fahrrad zu schieben, und auch son­st sind Diskotheken und Clubs für Jugendliche bis 18 Jahren oder mit schmalen Geld­beu­tel so gut wie nicht vorhan­den. Was bleibt, ist das Abhän­gen auf der Straße, in nahe gele­ge­nen Einkauf­szen­tren oder der Weg mit der S‑Bahn nach Berlin.

In diesem Früh­jahr musste auch der let­zte Jugend­club der Innen­stadt, das “S13” dicht machen. Mit ihm ver­schwand auch das “Spar­takus”. Und warum das Ganze? Die Miete in der Nähe des geplanten Stadtschloss­es war für die Betreiber_Innen nicht mehr zu bezahlen. Mit großen Worten ver­sprach unser Ober­bürg­er­meis­ter sich für einen Ersatz der Räume einzuset­zen, passiert war nix, bis der Druck durch die Öffentlichkeit und den Betreiber_Innen des “Spar­takus” wuchs. Bis heute ist jedoch keine angemessene Alter­na­tive in Sicht.

Somit verkommt die Innen­stadt immer mehr zu Museeum und Touris­te­nat­trak­tion. Eine Stadt lebt jedoch nicht nur von den Ein­nah­men, son­dern auch von den Bürger_Innen, die dieses Stadt­bild prä­gen, der Kul­tur, welche sie erschaf­fen und nicht allein von preußis­chen Prunk­baut­en. Der Kul­tur geht es jet­zt wieder an den Kra­gen. Durch den Weg­fall von Lin­den­park und Waschhaus, fällt ein Stück Pots­dam weg, wo es jun­gen Bands möglich war ihre ersten Schritte in die Musik­welt zu wagen und die Bret­ter die die Welt bedeuten zu erklimmen.

Doch erst Ende let­zten Monats beset­zten unab­hängige, junge Men­schen die ehe­ma­lige “Vil­la Wild­wuchs”. Das Haus am Babels­berg­er Park wurde wieder­belebt. Dort find­en nun Dia­vorträge, Infoabende, Lesun­gen sowie Konz­erte oder Par­tys statt. Dieses Gebäude wurde von Men­schen wieder­belebt, die keine Lust auf “preußisch Dis­ney­land” haben und nun ihre Bedürfnisse durch solche Aktio­nen nach außen tra­gen. Der Freiraum, welch­er hier erobert wurde, kön­nte als Ort der Ver­net­zung ver­schieden­ster Grup­pen oder Ini­tia­tiv­en ste­hen. Men­schen soll hier die Möglichkeit geboten wer­den, Pro­jek­te zu starten die ander­swo nicht möglich sind. Ein Ort fernab der gängi­gen Par­tykul­tur und Kon­sum­meilen dieser Stadt.

Sel­ber machen ist die Devise. Die Res­o­nanz der let­zten Tage zeigt, dass solch ein Freiraum für Soziokul­tur benötigt und genutzt wird. Selb­stver­wal­tet, unkom­merziell und autonom wer­den Pro­jek­te und Ver­anstal­tun­gen organ­isiert und zum Erfolg geführt. Das seit Monat­en leer­ste­hende, sog­ar zum Abriss angedachte Gebäude und die dazuge­höri­gen Grün­flächen sind im Besitz der Stadt. Diese zog sich in der Diskus­sion der ver­gan­genen Monate um fehlende (Frei-)Räume auf die Posi­tion zurück, dass es keinen kostengün­sti­gen und geeigneten Stan­dort in Pots­dam für Jugend­kul­tur gibt. Mit der Beset­zung kon­nte das Gegen­teil bewiesen wer­den. Das Gebäude wurde durch Eigenini­tia­tive wieder nutzbar gemacht.
Täglich find­en Arbeit­en am Haus, im Garten oder Repara­turen auf dem Dach statt, um diesem Ort Charak­ter und Leben einzuhauchen. In den näch­sten Monat­en wer­den Aktio­nen und Ver­anstal­tun­gen stat­tfind­en. An der Hav­el ist nun ein Ort der lebendi­gen Kul­tur ent­standen und dieser wird vertei­digt. Doch muss es viele solch­er Orte geben um eine Alter­na­tive
zur Kon­sumge­sellschaft zu leben. Da reichen ein, zwei oder sog­ar drei einzelne Freiräume nicht aus.

Wir schaf­fen uns Freiraum und hal­ten nicht mehr still, wenn die Stadt uns die Luft zum Atmen, ja die Möglichkeit ein­er freien Ent­fal­tung und selb­st­ständi­gen Entwick­lung von Jugend­kul­tur nimmt. Irgend­wann hat die Geduld ein Ende. Wir lassen uns nicht mehr alles weg­nehmen, denn auch wir gestal­ten Pots­dam mit.Sicherlich erin­nert sich der eine oder die andere an die 90er Jahre. Da wurde hier gezeigt, am Beispiel des “Archivs” wie man sich Freiräume zurücker­obert. Wir wer­den laut stre­it­en und dafür kämpfen, das Freiräume erhal­ten bleiben und aus­ge­baut wer­den. Jet­zt ist Schluss mit still halten.

Barb & J0pe

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Wer Hinz & Kunz nicht Ken(n)t

Pin­now (ipr) Am 4. Novem­ber 2008 wurde auf den Seit­en des “Nationalen Net­z­tage­buch­es” der NPD Barn­im-Uck­er­mark für einen Trick­film mit dem Titel “Gib mir die Welt plus 5 Prozent” des Vere­ins “Neue Impulse” gewor­ben. Passend zur aktuellen Finanz­mark­tkrise gibt der Film vor, “das unent­deck­te Geheim­nis des Banken- und Geld­we­sens” zu lüften.

Grund­lage des Trick­films ist eine Geschichte des Aus­traliers Lar­ry Han­ni­gan von 1971, die als Basiswis­sen über unser Geld- und Zins-Sys­tem ange­priesen wird. Über­set­zt, redak­tionell bear­beit­et und ver­trieben wurde diese Geschichte vom Gold­schmied Fabi­an im Jahre 2006 von Michael Kent. Sie richtete sich an Tauschringe und Ini­tia­toren von Regionalwährungen.

Die Ver­schwörung der Illuminati

Was die Geschichte für die Anti­semiten der NPD inter­es­sant macht, ist die Fig­ur des Gold­schmieds Fabi­an, was lediglich als ein Syn­onym für Jude zu ver­ste­hen ist. Lar­ry Han­ni­gan selb­st bezieht sich mit sein­er Geschichte auf die Rolle der Lon­don­er Gold­schmiede als Kred­it­ge­ber englis­ch­er Könige im 16. und 17. Jahrhun­dert. In die Ide­olo­gie der NPD passt auch eine kurze Pas­sage, die das Banken­we­sen als eine Ver­schwörung von Gold­schmieden beschreibt:

“Gold­schmiede aus anderen Teilen des Lan­des waren inter­essiert an seinem Erfolg, und Fabi­an berief ein Tre­f­fen der Gold­schmiede ein, das bere­its unter Geheimhal­tung stattzufind­en hat­te. Schließlich durfte der Schwindel nicht an die Öffentlichkeit gelan­gen, wenn die Sache weit­er­hin funk­tion­ieren sollte. Nach etlichem Abwä­gen wurde eine Logen­brud­er­schaft gegrün­det und die Mit­glieder auf absolutes Stillschweigen verei­digt. Sie nan­nten sich die ´Erleuchteten´ – und die neu ´erleuchteten´ Gold­schmiede began­nen nun in allen Teilen des Lan­des nach Fabi­ans Anweisun­gen Geld zu verleihen.”

Die Geschichte erre­ichte vor zwei Jahren die Uck­er­mark per E‑Mail-Verteil­er eines Tauschrings. Es gehört zum Konzept von Michael Kent, ihm wichtige Inhalte über die unter­schiedlich­sten E‑Mail-Verteil­er unter die Leute zu bringen.

“Wir laden Sie her­zlich ein, diesen Text bre­it­flächig zu verteilen. Min­destens eine Mil­lion Men­schen im deutschsprachi­gen Raum sollen in Ken­nt­nis dieses Artikels kom­men. Zielset­zung dieser Aktion ist, einen Bewusst­seinss­chub in der Bevölkerung in Gang zu set­zen, der nicht nur unsere gegen­wär­tige Zin­swirtschaft als Kon­trol­linstru­ment weniger “Auser­wählter” erkennbar wer­den lässt, son­dern die Weichen für ein men­schen­fre­undlich­es, gerecht­es Geldsys­tem stellen soll.”


Kent alias Hinz


Michael Kent, der eigentlich Hinz heißt, ist der Her­aus­ge­ber der “Kent-Depesche”, die wöchentlich erscheint und in der alter­na­tiv-eso­ter­ischen Szene der Uck­er­mark grassiert.

Her­aus­gegeben wird die “Kent Depesche”, die auch als Mag­a­zin “mehr wis­sen — bess­er leben” bekan­nt ist, im Sabine Hinz Ver­lag. Unter den Schlag­worten “mehr wis­sen — bess­er leben, Büch­er, Nahrungsergänzun­gen, Sem­i­nare, Wohlfühl­pro­duk­te” vertreibt seine Frau Sabine Hinz Pro­duk­te, die Prob­leme lösen helfen, die Michel Kent mit seinen Tex­ten schafft.

Bere­its 1994 berichtete die Wochen­zeitschrift “Die Zeit” über die Aktiv­itäten von Michael Hinz. Damals soll er der Ini­tia­tor zahlre­ich­er Prowofi-Fir­men gewe­sen sein. Prowofi ste­ht für “Pro­fes­sionelle Woh­nungs­find­er”. Über Hinz schrieb “Die Zeit”:

“Woh­nungs­ber­atung nach dem Muster Prowofi gibt es bun­desweit, und über­all wächst der Arg­wohn. Die Geschäfts­führerin des Mieter­vere­ins Stuttgart und Umge­bung, Ange­li­ka Braut­meier, beobachtet das pro­fes­sionelle Woh­nungs­find­en in ihrer Stadt schon seit vier Jahren.

Die Prowofi-Idee stammt von einem Mann namens Michael Hinz. Er hat in Stuttgart, so behauptet er in sein­er Wer­be­broschüre, drei Jahre lang den Woh­nungs­markt erforscht. Hinz stellt darin auch fest, daß es kein Prob­lem sei, Woh­nungsange­bote zu erhal­ten, son­dern umgekehrt, daß es ´die schwierig­ste Auf­gabe´ für den Ver­mi­eter sei, ´gute Inter­essen­ten zu finden´.

Von Stuttgart aus zog diese Idee Kreise. Den Angaben Ange­li­ka Braut­meiers zufolge verkauft Hinz die Lizenz für die Anwen­dung seines Knowhow für jew­eils 15 000 Mark an Prowofi-Büros in anderen Städten. Diese arbeit­en dann selb­ständig als Einzelun­ternehmen. Hinz selb­st hat sich nach Angaben des Mieter­vere­ins aus der Leitung des Stuttgarter Prowofi-Büros zurückgezogen. …

Der Stuttgarter Mieter­vere­in und andere Mieter­schützer spekulieren auf­grund all ihrer Erfahrun­gen seit langem, es han­dle sich bei Prowofi um eine Tarnor­gan­i­sa­tion der Sci­en­tol­ogy-Sek­te. So sei etwa der Prowofi-Erfind­er Michael Hinz Kassen­wart bei Sci­en­tol­ogy, sagt die Mieter­ber­a­terin Braut­meier. Auch die Arbeits­gruppe Sci­en­tol­ogy des Ham­burg­er Sen­ats hat bere­its mehrere mit Prowofi-Unter­la­gen gefüllte Aktenord­ner angelegt.”

Heute spricht er mit seinen Schriften und seinen Web­seit­en (www.psychopolitik.de) gezielt Kri­tik­er der Schul­medi­zin ins­beson­dere aus den Bere­ichen Psy­chi­a­triekri­tik, Ritalinkri­tik und Impfkri­tik sowie Kri­tik­er des staatlichen Schul- und Erziehungswe­sens und Selb­sthil­fe­grup­pen mit unter­schiedlich­er Zielset­zung an. Er förderte zwis­chen­zeitlich auch die soge­nan­nte “Neue Medi­zin” heute “Neue Ger­man­is­che Medi­zin” des Dr. Geerd Hamer, dem in der BRD schon vor Jahren die Appro­ba­tion als Arzt ent­zo­gen wurde.

Ver­fas­sungss­chutz

Der Baden-Würt­tem­ber­gis­che Ver­fas­sungss­chutz beobachtet schon seit Jahren die Aktiv­itäten des Ehep­aares Hinz. So heißt es im Baden-Würt­tem­ber­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzbericht des Jahres 2005 unter der Über­schrift “Son­stige Anwer­bev­er­suche” der Sci­en­tol­ogy Organ­i­sa­tion (SO), das Ver­schiedene SO-Anhänger aus dem Raum Stuttgart sowie die KVPM Stuttgart das Net­zw­erk “Neue Impulse” nutzten, das sich vor­wiegend mit Alter­na­tivmedi­zin und Ver­schwörungs­the­o­rien beschäftigt, um für sci­en­tol­o­gis­che Ideen zu wer­ben. Und weit­er heißt es:

“Dabei wur­den über das Inter­net, durch Ver­anstal­tun­gen und über die Pub­lika­tion mit dem Titel “Mehr wis­sen bess­er leben” (´Kent-Depesche´) unter­schiedliche The­men im Bere­ich Alter­na­tivmedi­zin und Poli­tik aufge­grif­f­en, um Kon­tak­te zu knüpfen. Anschließend wur­den diese genutzt, um teils offen für Sci­en­tol­ogy zu werben.

Die ´Kent-Depesche´ wird von Sci­en­tolo­gen im Eigen­ver­lag her­aus­gegeben. Ihre Her­aus­ge­ber unter­hal­ten auch Kon­tak­te in das recht­sex­trem­istis­che Milieu. In der Online-Fas­sung der ´Kent-Depesche´ befind­en sich Links zu ´befre­un­de­ten Mag­a­zi­nen´, unter denen sich die recht­sex­trem­istis­chen ´Unab­hängi­gen Nachricht­en´ (UN) befinden.”

Der Link zu den befre­un­de­ten “Unab­hängi­gen Nachricht­en” existiert allerd­ings heute nicht mehr. Dafür taucht die Michael Kent-Pro­duk­tion “Gib mir die Welt plus 5 Prozent” im “Nationalen Net­z­tage­buch” auf und junge diskus­sions­freudi­ge Recht­sex­trem­is­ten aus Tem­plin, die von der NPD als V‑Mann-Partei sprechen, erk­lären einem die Finanzwelt anhand dieses Zeichentrickfilms.

Die Textvor­lage zum Film find­et sich hier.

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Oberbürgermeister Jann Jakobs erklärt Protest als Nazimethode

Anlässlich der Protes­tak­tion von 40 Jugendlichen in der Potsdamer
Stadtverord­neten­ver­samm­lung gegen den bru­tal­en Polizeiein­satz in der
Skater­halle erk­lärte der Pots­damer Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs, dass
es sich bei dem Protest im Stadthaus um Nazimeth­o­d­en han­dele. Jann Jakobs
ver­harm­lost mit dieser Bemerkung den SA-Ter­ror Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre. 

Im Fall der poli­tis­chen Debat­te um die Pots­damer Alternativkultur
demon­stri­eren Men­schen, die mehr und mehr von der politischen
Entschei­dungs­find­ung aus­geschlossen wer­den und die in ihren
Ent­fal­tungsmöglichkeit­en zunehmend beschränkt wer­den für ihre Rechte.
Wenn dabei bes­timmte for­male Spiel­regeln nicht einge­hal­ten werden,
haben sich dies let­ztlich jene zuzuschreiben, die die Betrof­fe­nen aus
den Entschei­dungs­find­ung­sprozessen ausgrenzen. 

Das ist in jed­er Hin­sicht — und das müsste Herr Jakobs wis­sen — unvergleichbar
mit dem Mordter­ror, den die SA Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre
gegen poli­tis­che Geg­n­er und aus anti­semi­tis­chen Motiv­en verübte! Wir
fordern Jann Jakobs hier­mit auf, diesen Ver­gle­ich sofort zurückzuziehen!

Besonders
pein­lich, aber das muss Herr Jakobs mit sich selb­st aus­machen, ist aus
unser­er Sicht, dass er sich zu der­ar­ti­gen 4ußerungen hin­geris­sen sieht,
wenn der ruhige und gle­ich­mäßige Ablauf einer
Stadtverord­neten­ver­samm­lung für kurze Zeit unter­brochen wird, aber
keine öffentliche Stel­lung­nahme abgibt, wenn Polizis­ten mit den Worten
„Heute ist doch Kristall­nacht!“ Men­schen schikanieren, belei­di­gen und
verletzen.

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NS-Vergleiche: Jakobs, nimm deinen Hut

Die Nazis haben auf diese Art und Weise Parlamentarier
eingeschüchtert. Das sind schon die sel­ben Meth­o­d­en,” ließ Potsdams
Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs (SPD) laut ein­er Pots­damer Tageszeitung
am Mittwoch ver­laut­en. Gemeint war der Protest von Potsdamer
Jugendlichen, die sich unangemeldet Zugang zur Potsdamer
Stadtverord­neten­ver­samm­lung ver­schafften. Sie tat­en laut­stark ihre
Mei­n­ung kund und forderten das Wort, um auf die offensichtlich
gewor­de­nen Missstände in der städtis­chen Jugend­poli­tik aufmerk­sam zu
machen.

“Auch wenn er hinzufügte, die protestieren­den Jugendlichen ´nicht auf
eine Stufe stellen oder ver­gle­ichen´ zu wollen, so tat er mit seiner
Gle­ich­set­zung der ´Meth­o­d­en´ von Protestieren­den und Nazis eben doch
genau das!” meint Nico Unkel­bach, 22 Jahre alt und Mit­glied der
Linksju­gend [´sol­id] Pots­dam. “Dass die Mit­tel der­jeni­gen, denen es in
dieser Stadt an ein­er starken Lob­by fehlt und die sich anders kein
Gehör ver­schaf­fen kön­nen, stig­ma­tisiert wer­den sollen, indem man sie
mit dem deutschen Faschis­mus gle­ich­set­zt, ist ein­fach nur widerwärtig.
Solche Klo­griffe dür­fen einem Ober­bürg­er­meis­ter nicht passieren!”

Auch Kom­mentare in über­re­gionalen Zeitun­gen wer­fen den Protestierenden
vor, demokratis­che Grun­dregeln gebrochen zu haben und in erster Linie
dem DVU-Stadtverord­neten Gün­ther Schwem­mer in den unsäglichen
poli­tis­chen Kram zu passen. Die Jugendlichen soll­ten bedenken, geht es
munter weit­er, dass es Zeit­en gegeben habe, in denen sich der Freiraum
für Linke “auf die Holzpritsche ein­er Baracke” beschränkte.

Die Linksju­gend [´sol­id] Pots­dam sol­i­darisiert sich mit der Aktion der
Protestieren­den. Die dumme und gefährliche Rel­a­tivierung des
Holo­caustes und der Nazi-Ver­brechen durch den Ver­gle­ich unbequemer
Jugendlich­er aus der alter­na­tiv­en Szene mit Hitler-Faschis­ten weisen
wir aufs Entsch­ieden­ste zurück. Jann Jakobs hat ein­mal mehr bewiesen,
dass er nicht Ober­bürg­er­meis­ter aller Pots­damerin­nen und Potsdamer
sein kann. Nico Unkel­bach hierzu: “Anstatt sich für eine Aufklärung
des bru­tal­en Polizeiein­satzes am ver­gan­genen Woch­enende einzusetzen
und endlich auf die Forderun­gen der Pots­damer Jugendlichen einzugehen,
rückt er ihr Vorge­hen in die Nähe von Nazi-Meth­o­d­en. Eine
Entschuldigung für diesen Ver­gle­ich und das über­zo­gene Agieren der
Polizei ist an dieser Stelle das Min­deste. Angesichts seiner
Unfähigkeit, brauch­bare Antworten auf die Mis­ere der Pots­damer Jugend-
und Soziokul­tur zu geben, sollte er endlich poli­tis­che Konsequenzen
ziehen.”

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Zweiter Prozess wegen brutalem rassistischen Angriff auf Restaurant

Am Don­ner­stag den 13. Novem­ber 2008 find­et vor dem Amts­gericht Per­leberg um 09.00 Uhr im Saal 4 ein Prozess gegen vier Mit­glieder der recht­en Szene statt, die das Restau­rant eines Tune­siers über­fall­en haben sollen. Die Staat­san­waltschaft wirft ihnen gemein­schaftliche Sachbeschädi­gung und Haus­friedens­bruch vor.

In einem ersten Ver­fahren hat­ten die Anegk­lagten keine umfänglichen Ein­las­sun­gen gemacht, wie sie dies angekündigt hat­ten. Der Prozess wurde daher neu angesetzt.

Laut Staat­san­waltschaft hat­ten sich die Män­ner im Alter von 25 bis 28 Jahren auf ein­er Geburt­stagspar­ty am 24. August 2007 mit recht­sex­tremer Musik aufgeputscht. Von der Feier zogen sie gemein­sam zum nahe gele­ge­nen Steakhaus »Buenos Aires II«. Der tune­sis­che Besitzer und ein Angestell­ter waren im Begriff, das Restau­rant abzuschließen, als sie ras­sis­tisch angepö­belt wur­den. Um eine Auseinan­der­set­zung zu ver­mei­den, ver­sucht­en sie sich in das Restau­rant zurückzuziehen.

In diesem Augen­blick stürmte eine größere Gruppe her­an. Die Angreifer war­fen mit Beton­plat­ten, zer­störten das Garten­mo­bil­iar und die Fen­ster­front. Als die Täter schließlich die Tür auframmten, blieb den bei­den Gas­tronomen nur die Flucht aus einen Hin­ter­aus­gang. Die Täter sucht­en das Restau­rant ab. Als sie die Män­ner nicht fan­den, zer­störten sie Teile der Innenein­rich­tung. Nach­dem sie das Lokal ver­lassen hat­ten, fehlte auch die Geld­börse des Inhabers.

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Turbulente Stadtverordnetenversammlung in Potsdam

Am Mittwoch dem 12.11.08 um 15 Uhr betrat­en etwa 40 junge Men­schen den Ple­narsaal der Pots­damer Stadtverord­neten­ver­samm­lung. Mit Trans­par­enten, Flug­blät­tern und Lärm wurde die Sitzung unter­brochen und die Aufmerk­samkeit auf sich gezo­gen. Ziel der Aktion war eine erneute The­ma­tisierung der Freiraum-Prob­lematik und des Polizeiüber­griffes auf eine Par­ty am ver­gan­genen Woch­enende. Zunächst wurde seit­ens der Sitzungsleitung ver­sucht den Protestieren­den zu erk­lären, dass sich ein Red­erecht nur bei Ein­hal­tung der For­mal­itäten erwirken lassen würde. Der Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jacobs (SPD) belehrte die Protestieren­den sog­ar über demokratis­che Grun­dregeln. Als es dann zu ein­er eben solchen Abstim­mung über das Red­erecht kam und dieser stattgegeben wurde, ver­ließen er und einige andere Abge­ord­nete (v.a. CDU) den Ple­narsaal. Nach dem Ver­lesen eines Textes (siehe unten) wurde die Stadtverord­neten­ver­samm­lung wieder ver­lassen. Im Anschluss wurde in einem weit­eren Antrag beschlossen, die Rede in das Sitzung­spro­tokoll aufzunehmen. Als Faz­it bleibt festzuhal­ten: Nach der Demon­stra­tion von 1500 Men­schen am 8.11. eine weit­ere präg­nante Ansage an die Stadt Pots­dam, dass vie­len Men­schen die Sit­u­a­tion stinkt!

Text des Flugblattes:

Pos­i­tiv­er und neg­a­tiv­er Höhep­unkt der Kämpfe um Freiräume in Potsdam

Seit eini­gen Monat­en häufen sich die Nachricht­en über bedro­hte oder bere­its geschlossene Kul­tur­pro­jek­te und Freiräume in Pots­dam. Diese Sit­u­a­tion wirkt beson­ders grotesk, führt man sich die ein­stige Bewer­bung um den Titel „Kul­turhaupt­stadt 2010“ vor Augen. Das ver­gan­gene Woch­enende um den 8.November stellte den bish­eri­gen Höhep­unkt des Kampfes um Freiräume dar. Die sich seit Monat­en und Wochen abze­ich­nende Ver­net­zung der Pots­damer Pro­jek­te, Ini­tia­tiv­en und Häuser sorgte dafür, dass etwa 1.500 Men­schen zum Haupt­bahn­hof mobil­isiert wer­den kon­nten – also fünf­mal mehr als die Pro-Stadtschloss­frak­tion vor eini­gen Tagen. Der Demon­stra­tionszug schob sich friedlich, aber entschlossen durch die Pots­damer Straßen und wurde von Rede­beiträ­gen, kreativ­er Per­for­mance und Musik begleit­et. Am Platz der Ein­heit wurde die Ver­samm­lung mit einem Open-Air-Konz­ert been­det. Die Pots­damer Innen­stadt war an diesem Nach­mit­tag ein lebendi­ger Ort. Voller Men­schen, die sich eine pulsierende, attrak­tive und alter­na­tive Stadt wün­schen und kein ster­iles, über­teuertes Freiluft­mu­se­um. Das Faz­it bis zum Abend: Es war ein erfol­gre­ich­er, bunter und laut­stark­er Protest, der nicht überse­hen und über­hört wer­den kann.

Doch die Freude über den Erfolg der Demon­stra­tion schlug bei vie­len bere­its einige Stun­den später erneut in blanke Wut um. Der Grund hier­für war ein bru­taler Polizeiein­satz am Son­ntag­mor­gen, der sich gegen eine Elek­tro-Par­ty in der Skater­halle richtete. Die Skater­halle in der Kur­fürsten­straße – ein weit­er­er Ort, der dem­nächst dem Erd­bo­den gle­ich gemacht wer­den soll- wurde für eine Par­ty­nacht beset­zt. Gegen fünf Uhr mor­gens stand eine Berlin­er Ein­satzhun­dertschaft behelmter Polizis­ten vor der Skater­halle. Die Par­ty wurde daraufhin been­det und die Musikan­lage abge­baut. Doch anstatt alle BesucherIn­nen friedlich den Nach­hauseweg antreten zu lassen, eskalierte die Lage in der Behlert­straße. Die jun­gen Pots­damerIn­nen wur­den von den aggres­siv­en Polizis­ten als „Schwuchteln“ und „Wix­er“ beschimpft und mit Schlagstöck­en und Fäusten ver­let­zt. Ihren Ein­satz feierten die Beamten mit laut­en „Auswärtssieg“ – Rufen. Nach­fra­gen um die Dien­st­num­mern her­auszubekom­men wur­den mit Aus­sagen wie: „Was, du hast mir einen Dick­en gezeigt?“ beant­wortet. Zu Boden gewor­fe­nen Jugendlichen wurde ein­gere­det, sie hät­ten mit Flaschen ver­sucht die Beamten zu attack­ieren. Diese Geschehnisse hören sich unfass­bar an – und das sind sie auch. Beson­ders für diejeni­gen, die diese Demü­ti­gung, unver­frore­nen Lügen und Gewalt erfahren und erleben mussten. An dieser Stelle soll unbe­d­ingt noch mal darauf hingewiesen sein, dass es Berlin­er Beamte waren, die diesen bru­tal­en Ein­satz vol­l­zo­gen. 1.500 Men­schen hat­ten am Nach­mit­tag bewiesen, dass sie friedlich protestieren wollen. Es gab auch keinen Grund für Auseinan­der­set­zun­gen, zumal die Polizei zahlen­mäßig recht schwach vertreten war und sich auch zurück hielt. Doch in der darauf fol­gen­den Nacht wurde erneut der Zusam­men­hang zwis­chen dem Auftreten der Polizei und Gewal­texzessen unter Beweis gestellt. Diese Polizei ist ein wesentlich­er Eskala­tions­fak­tor und denkbar ungeeignet, mögliche Kon­flik­te friedlich zu lösen. Der Korps­geist bei der Polizei, der es nahezu unmöglich macht, Schuldige zu iden­ti­fizieren wird das ohne­hin kaum vorhan­dene Ver­trauen in die Recht­staatlichkeit bei vie­len jun­gen Men­schen weit­er auslöschen.

Nun stellt sich die Frage, wie die jun­gen Men­schen mit diesen Ereignis­sen umge­hen wer­den. Auf der einen Seite wird das eigene Han­deln – ange­fan­gen bei der Ver­net­zung, über die Mobil­isierung bis hin zu der erfol­gre­ichen Demon­stra­tion – eupho­risierend wirken und Kraft für weit­ere Aktio­nen geben. Doch auf der anderen Seite, konkret von der Städtis­chen, erfahren sie Igno­ranz, Lip­pen­beken­nt­nisse und Hin­hal­te­tak­tik. Von staatlich­er Seite erleben sie gar Gewalt und Demü­ti­gung. Daraus braut sich eine Wut zusam­men, die für nie­man­den mehr zu kalkulieren ist. 

Wir wer­den die Ver­net­zung zwis­chen Pots­damer Pro­jek­ten und Ini­tia­tiv­en vorantreiben und unseren Forderun­gen weit­er­hin laut­stark Gehör verschaffen.

Wir fordern: 

— Aufk­lärung des bru­tal­en Polizeiein­satzes bei der Beendi­gung der Par­ty in der Skaterhalle
— Neue Räume für den Spar­ta­cus und den S13-Club in der Innenstadt
— Erhalt und Absicherung des Archiv
— Erhalt für „La Datscha“
— Für beste­hende Pro­jek­te langfristige und bezahlbare Verträge, ohne absurde (Sanierungs-)Auflagen
— Aus­re­ichend Räume und Flächen für die ver­schiede­nen Jugend­szenen (Skater, Graf­fi­ti etc.)
— Erhalt der Skater­halle und mögliche Umnutzung als großen, inner­städtis­chen Freiraum
— Bezahlbare Mieten in Pots­dam; keine Ver­drän­gung von Nicht-Reichen-BürgerInnen
— Keine Aus­gren­zung, son­dern Inte­gra­tion von Men­schen und Ideen (z.B. Flüchtlinge, alter­na­tive Jugend­kul­tur etc.)
— Konkrete Maß­nah­men statt wert­los­er Lippenbekenntnisse

Wir fordern eine Stadt, die per­spek­tivisch wieder lebenswert wird. Ger­ade für Jugendliche und Men­schen mit wenig Geld! Wir geben unsere Stadt nicht auf! Unser Kampf geht weiter!

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Schulstreik in Neuruppin ein Riesenerfolg

Der Schul­streik in Neu­rup­pin wird seit­ens der Ver­ansta­lerIn­nen als Riesen­er­folg bew­ertet. Über 1000 Schü­lerIn­nen, dutzende Trillerpfeifen und Schilder, 7 Trans­par­ente und einen Lau­ti der bis an die
Leis­tungs­gren­ze genutzt wurde. Die Stim­mung war entspan­nt und die Schü­lerIn­nen kraftvoll und laut. Dies kon­nten auch nicht die Schika­nen seit­ens der Polizei ver­hin­dern. Die Schulleitung der Fontane-Schule entschloss sich die eige­nen Schü­lerIn­nen in den Klassen­räu­men einzus­per­ren. Am Karl-Friedrich-Schinkel-Gym­na­si­um stellte sich die Direk­torin der demokratis­chen Entschei­dung der Schü­lerIn­nen­vol­lver­samm­lung ent­ge­gen am Streik teilzunehmen. Unsere Antwort auf diese über­zo­ge­nen Aktio­nen wird sich in Dien­stauf­sichts­beschw­erde und Anzeigen äußern. Schü­lerIn­nen die mit Repres­sio­nen (Fehlstun­den, Noten) kon­fron­tiert wer­den rufen wir dazu auf, sich im Mit­ten­Drin zu melden, um die Unter­stützung und die anschließende Pressear­beit koor­dinieren zu kön­nen. Wir wer­den niemanden
allein­lassen und bedanken uns bei allen Unter­stützerIn­nen, den engagierten Eltern und LehrerIn­nen. Am Rande der Ver­anstal­tung kam es noch zu ein­er Über­griff durch einen Polizis­ten. Auch hier wer­den wir rechtliche Schritte einleiten. 

Freie Bil­dung für alle — alle für freie Bildung

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Optische Solidarisierung mit der Nazi-Herrschaft

Am Don­ner­stag, den 30. Okto­ber 2008 endete mit dem drit­ten Ver­hand­lungstag am Amts­gericht Frankfurt/Oder der Prozess gegen Rico Thiede­mann. Die Staat­san­waltschaft warf ihm vor, am 3. Juni 2007 am Insel­bier­garten Ziegen­werder ein T‑Shirt mit der Auf­schrift “Ruhm und Ehre der Waf­fen-SS” getra­gen zu haben. Unter­mauert wurde diese Anschuldigung durch die Aus­sagen mehrere Zeug_innen, die den Vor­fall bei der Polizei zur Anzeige brachten.

Obwohl die ein­tr­e­f­fend­en Beamten bei Thiede­mann besagtes Klei­dungsstück fest­stell­ten und kon­fiszierten, behauptete der Angeklagte, er sei zum fraglichen Zeit­punkt nicht die einzige Per­son mit einem solchen T‑Shirt auf dem Ziegen­werder gewe­sen; er sei qua­si nur zufäl­lig von den Polizis­ten über­prüft wor­den. Sein Recht­san­walt argu­men­tierte, dass der Angeklagte sich kein­er straf­baren Hand­lung schuldig gemacht hätte, da er mit ein­er Jacke die das NS-Regime ver­her­rlichende Parole überdeckt, sie fol­glich nicht offen zur Schau gestellt habe.

Die Vor­sitzende Rich­terin zeigte sich jedoch keineswegs von der Unschuld Thied­manns überzeugt. Da das Klei­dungstück eine optis­che Sol­i­darisierung mit der Herrschaft der Nation­al­sozial­is­ten darstelle, fol­gte sie in Teilen der Forderung der Staat­san­waltschaft und verurteilte den Angeklagten zur Zahlung ein­er Geld­strafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro; ins­ge­samt 1800 Euro. Ob Thiede­mann in Beru­fung gehen wird, bleibt abzuwarten.

Mehr Infor­ma­tio­nen zur Braun­zone in Frankfurt/Oder auf der Home­page der Antifaschis­tis­chen Recherchegruppe.

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Berufung zu großen Teilen verworfen

gegenrede.info Gestern ver­warf die 2. Strafkam­mer des Landgerichts Neu­rup­pin die Beru­fung von zwei der drei Gewalt­täter aus der recht­en Szene Tem­plins, die wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Amts­gericht Pren­zlau im Mai 2008 zu mehrmonati­gen Haft­strafen verurteilt wor­den waren. Für den drit­ten Angeklagten wurde eine zehn monatige Haft­strafe zur Bewährung aus­ge­set­zt. Zusät­zlich muss er 150 Sozial­stun­den leisten.

Der 22-jährige Mar­tin und der 24-jährige Matthias M. woll­ten in dieser Beru­fungsver­hand­lung einen Freis­pruch erlan­gen. Sie behaupteten bere­its am ersten Ver­hand­lungstag Mitte Novem­ber, nicht unmit­tel­bar am Tat­geschehen in Novem­ber 2007 beteiligt gewe­sen zu sein son­dern einige Meter ent­fer­nt vom Opfer ges­tanden zu haben. (mehr) Patrick K. hoffte auf eine Reduzierung sein­er zehn­monati­gen Frei­heitsstrafe durch vor Gericht gezeigter Reue. Er wurde in Hand­schellen vorge­führt, weil er sich seit dem 10. Novem­ber in Unter­suchung­shaft befind­et. Er soll Anfang Sep­tem­ber und Anfang Okto­ber 2008 weit­ere Gewalt­tat­en in Tem­plin und Lychen began­gen haben. Im Gegen­satz zum ersten Ver­hand­lungstag wurde neben Mar­tin M. dies­mal auch Patrick K. von einen Anwalt vertreten.

Die Tat

In den frühen Mor­gen­stun­den des 2. Novem­ber 2007 waren zwei Tem­plin­er Punks auf dem Heimweg auf etwa zehn Mit­glieder der recht­en Szene getrof­fen. Die Recht­en erkan­nten die Iroke­sen­frisur der jun­gen Män­ner und macht­en Jagd auf sie. Bei­de ergrif­f­en sofort die Flucht. Einen, Chris­t­ian M. (20), bekam Patrick K. zu fassen und schlug ihn nieder. Weit­ere Rechte kamen hinzu. Sie trat­en auf den am Boden liegen­den Punk ein. Der zweite Punk, Sebas­t­ian W. (19), kon­nte der Meute entwischen und alarmierte die Polizei. Als die Beamten am Tatort erschienen, waren die recht­en Schläger bere­its ver­schwun­den. Neben Patrick K. wur­den von den bei­den Punks die Brüder Mar­tin und Matthias M. als Täter erkannt.

Kam­er­aden beschuldigt

Zum gestri­gen zweit­en Ver­hand­lungstag war es nur gekom­men, weil Patrick K. zwei weit­ere an dem Über­fall beteiligte Per­so­n­en genan­nt hat­te, Chris­t­ian B. und San­dro K. Matthias M. war bei sein­er Aus­sage sog­ar noch weit­er gegan­gen. Er wollte aus ca. 15 Metern Ent­fer­nung neben Dominik K. ste­hend gese­hen haben, dass Chris­t­ian B. zuge­treten hat­te. Außer­dem soll San­dro L. hin­ter­her selb­st berichtet haben, dass er getreten hat. Daraufhin hat­te Rich­terin Bech­er entsch­ieden, dass sie die drei Zeu­gen anhören wolle, auch wenn sie am ersten Ver­hand­lungstag klar zum Aus­drucke brachte, dass sie sich nichts davon verspreche.

Nichts sehen und nichts sagen

Rich­terin Bech­er sollte recht behal­ten. Dominik K. (25), der neben Matthias M. ges­tanden haben soll, bestätigte vor Ort gewe­sen zu sein. Bei sein­er Aus­sage kurz nach der Tat gegenüber der Polizei hat­te er noch das Gegen­teil behauptet. Er sagte, er habe nichts gese­hen, er sei kurzsichtig. Und außer­dem sei alles schon zu lange her, er könne sich nicht mehr erin­nern. Immer­hin bestätigte er der Rich­terin, dass sowohl die Zeu­gen als auch die Angeklagten am Tatort gewe­sen waren.

San­dro L. (24) gab vor, dass er gar nicht wisse um was es über­haupt gehe. Nach­dem die Rich­terin ihm das erläutert hat­te, zog er es vor zu schweigen.

Von diesem Recht machte auch der dritte Zeuge, Chris­t­ian B.(24), Gebrauch, nach­dem die Rich­terin ihm erk­lärt hat­te, dass nie­mand sich vor Gericht selb­st belas­ten müsse. Chris­t­ian B. hat­te nach der Tat behauptet, dass er zum Tatzeit­punkt bei sein­er Fre­undin gewe­sen war. Diese hat­te das gegenüber der Polizei bestätigt. Chris­t­ian B. gab nun auf Nach­frage der Rich­terin an, dass seine Fre­undin diese Aus­sage bei der Polizei kor­rigieren werde.

Patrick K., der schon am ersten Ver­hand­lungstag die Ver­sion der Brüder M. gestützt hat­te, ver­suchte es gestern mit aktiv­er Reue. Er wieder­holte erneut, dass ihm alles sehr leid tue und bot an, Chris­t­ian M. Schmerzens­geld zu zahlen.

Nach gut ein­stündi­ger Beratung hat­te dass Schöf­fen­gericht entsch­ieden, die Beru­fung für Matthias M. und Patrick K. zu ver­w­er­fen. Im Gegen­satz zum Amts­gericht sah das Beru­fungs­gericht es allerd­ings nicht als erwiesen an, dass die drei Angeklagten Chris­t­ian M. getreten hat­ten. Das spiele aber hier keine Rolle, so die Rich­terin, da sie im Pulk um das am Boden liegende Opfer ges­tanden und damit zum Aus­druck gebracht hät­ten, dass sie die Tritte bil­ligten. Patrick K. wird seine zehn­monatige Haft­strafe antreten müssen. Für Matthias M. ste­hen damit acht Monate Haft – mit­tler­weile seine zweite Verurteilung (mehr) — aus­ge­set­zt zur Bewährung zu Buche.

Bei der Aus­set­zung der Haft­strafe für Mar­tin M. zur Bewährung spielte ein Brief eine wichtige Rolle, der zu Beginn des zweit­en Ver­hand­lungstages an die Rich­terin über­re­icht wor­den war und von ihr ver­lesen wurde. In diesem Brief bescheinigt der Kreisju­gend­wart des Kirchenkreis­es Templin/Gransee Mar­tin M. eine pos­i­tive Entwick­lung, die sog­ar dazu geführt habe, dass er Mar­tin M. für ein Rock­konz­ert am kom­menden Fre­itag in Tem­plin Ord­ner­funk­tio­nen über­tra­gen werde. Eine jährlich wiederkehrende Ver­anstal­tung im Rah­men der öku­menis­chen Friedens­dekade, die noch im let­zten Jahr von Mar­tin M. und seinen recht­en Gesin­nungsgenossen ange­grif­f­en wor­den war.

Am Rande bemerkt

Die drei zur recht­en Szene Tem­plins gehören­den Zeu­gen war­fen am Rande der Gerichtsver­hand­lung dem Berichter­stat­ter von „gegenrede.info“ vor, mit sein­er Berichter­stat­tung für eine weit­ere Eskala­tion in Tem­plin zu sor­gen. Es seien schon mehrfach Linke gese­hen wor­den, die Adressen ausspäht­en. Auf die Nach­frage, wer das denn gewe­sen sein soll, hüllte man sich allerd­ings in Schweigen.

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Gedenken an die Reichspogromnacht in Potsdam

Am Son­ntag, dem 9. Novem­ber, fand in Pots­dam am Platz der Ein­heit, genauer am
Ehren­mal für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus, eine Gedenkver­anstal­tung zum 70.
Jahrestag der Reich­s­pogrom­nacht sowie zum 90. Jahrestag der Novem­ber­rev­o­lu­tion in
Deutsch­land statt. Es wur­den Blu­men niedergelegt sowie fol­gende Rede verlesen:

Wir haben uns heute am 09. Novem­ber 2008 hier am Platz der Ein­heit am Denkmal für
die Opfer des Faschis­mus zusam­menge­fun­den um an die Reich­s­pogrom­nacht vor 70 Jahren
und die Novem­ber­rev­o­lu­tion vor 90 Jahren zu erin­nern. Der 9. Novem­ber ist ein
geschicht­strächtiges Datum. Es war 1938 ein Tag, an dem jüdis­che Men­schen verfolgt,
gefoltert und getötet wur­den. Ihre Geschäfte wurde ver­wüstet und geplün­dert und
über­all in Deutsch­land bran­nten die Syn­a­gogen, auch hier in Pots­dam direkt hinter
uns. Der 9. Novemver 1938 gab einen Aus­blick auf das, was kom­men sollte: Die
gezielte Massen­ver­nich­tung von Mil­lio­nen Men­schen aus anti­semi­tis­chen, rassistischen
und poli­tis­chen Beweg­grün­den. Es war ein Zäsur in der Geschichte der Men­schheit. Der
Höhep­unkt dieser Zäsur war Auschwitz. Ein Massen­ver­nich­tungslager in dem über eine
Mil­lio­nen Men­schen getötet wur­den. Getötet durch Arbeit, Folter, Hunger und Gas.
Spätestens ab dem 9. Novem­ber kon­nte kein Men­sch in Deutsch­land mehr behaupten,
nichts gewusst zu haben. Der Anti­semitismus der Nation­al­sozial­is­ten wurde auch durch
bre­ite Teile der Bevölkerung mit­ge­tra­gen und umgesetzt.
Wir dür­fen nicht vergessen. 

Doch der 9. Novem­ber ist auch ein Tag der Erin­nerung an den Kampf unser­er linken
Bewe­gung. Am 9. Novem­ber 1918 kämpften in Deutsch­land viele pro­gres­sive Men­schen für
eine bessere Gesellschaft ohne Kap­i­tal­is­mus und ohne Krieg. Dieser Kampf wurde
lei­der schon nach kurz­er Zeit durch reak­tionäre Kräfte blutig niedergeschla­gen, doch
stellte er einen Licht­blick über die Möglichkeit­en ein­er sich mobilisierenden,
organ­isierten und pro­gres­siv­en Klasse dar.
Solche Dat­en der Geschichte sind wichtig und bedeu­tend für unsere Bewe­gung, für uns
als Linke. Sich mit Geschichte auseinan­der­set­zen heißt eben nicht nur bedauern,
Reden schwin­gen und betrof­fen tun. Es heißt Rückschlüsse aus dem damals über das
hier und jet­zt zu ziehen, es heißt Ver­ant­wor­tung zu übernehmen und es heißt jet­zt zu
handeln.
Daher begreifen wir diese Trad­tion sich zu geschicht­strächti­gen Dat­en zu versammeln
und zu erin­nern als Poli­tik im hier und jetzt.
Wir müssen auch heute ein­er neon­azis­tis­chen Gefahr mit allen Mit­teln entgegentreten
und die beste­hen­den gesellschaftlichen Ver­hält­nisse Tag für Tag erneut in Frage
stellen und für unsere eige­nen Ide­ale und Utopi­en ein­ste­hen, stre­it­en und kämpfen.

Inforiot