“Kein Krieg”, unter diesem Motto haben am Sonnabend mehrere hundert Menschen
in Brandenburg und Berlin demonstriert. Mit einer Menschenkette entlang der
Bundesstraße 96/96a wollten sie ein Zeichen gegen einen drohenden Irak-Krieg
setzen. Die Initiative ging von einer Kirchengemeinde in Glienicke nördlich
von Berlin aus. Auch die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg
vom vergangenen Wochenende hatte die Aktion unterstützt. Nach einem
Friedensgebet in der Dorfkirche trafen sich rund 500 Menschen in Glienicke
zu der Protestaktion an der Oranienburger Chaussee. Neben Einwohnern der
Gemeinde, darunter viele Familien mit Kindern, nahmen auch Bürger aus
Schildow, Frohnau und Hermsdorf teil. Sie brachten mit Friedenstauben und
auf Transparenten mit der Aufschrift “Nicht in unserem Namen! Keinen Krieg
gegen den Irak!” ihr Anliegen zum Ausdruck. In Berlin-Prenzlauer Berg
bildeten an der Schönhauser Allee hunderte Menschen von 14 bis 14.15 Uhr
eine Menschenkette gegen einen Krieg. Sie folgten einem Aufruf der
Gethsemane-Kirchengemeinde.
Monat: Januar 2003
(Jens Blankennagel) SEELOW. Der bronzene Soldat glänzt sogar an trüben Tagen. Er ist frisch
restauriert, sandstrahlgesäubert und eingewachst. Mit wehendem Mantel und
Maschinenpistole vor der Brust steht der 4,50 Meter große Rotarmist auf
einem Hügel und schaut gen Osten. Dorthin, woher die Befreier kamen, denen
dieses Denkmal gewidmet ist. Es ist die kleine Variante sowjetischer
Monumentalkunst — die hier, bei Seelow (Märkisch-Oderland), an eine der
letzten und erbittertsten Schlachten des Zweiten Weltkrieges erinnert. An
die Schlacht auf den Seelower Höhen, mit der sich die Rote Armee im April
1945 den Weg ins 70 Kilometer entfernte Berlin freikämpfte. Am Wochenende
beging die Gedenkstätte ihren 30. Geburtstag. Aus diesem Anlass eröffnete am
Sonnabend eine Sonderausstellung.
Ideologische Pilgerstätte
Dass das bronzene Mahnmal samt Museum nicht unumstritten ist, beweist vor
allem das Gästebuch. “Wir brauchen keine Sowjet-Propaganda, sondern
Objektivität” oder “Nachdem ich alles gesehen habe, kann ich nur Nie wieder
Krieg sagen”, ist darin zu lesen. Die Äußerungen sind ebenso wie zahlreiche
historische Fotos Teil der Ausstellung, die die Entwicklung des Museums seit
seinem Entstehen 1972 anlässlich des 50. Jahrestages der Sowjetunion zeigt.
So erfährt der Besucher unter anderem, wie der Bronzene Rotarmist entstand.
Schon im Herbst 1945 beauftragte der Oberbefehlshaber der 1. Belorussischen
Front, Marschall Shukov, den russischen Bildhauer Lew Kerbel, den Sieg der
roten Armee mit drei Denkmalen nachzuzeichnen. In Küstrin entstand binnen
weniger Monate ein Obelisk mit rotem Stern, im Berliner Tiergarten ein
nachgebildeter Panzer und auf den Seelower Höhen der Bronzesoldat mit den
Ehrengräbern für die gefallenen Sowjetsoldaten.
Sehr wohl sei die Anlage zu DDR-Zeiten eine ideologische Pilgerstätte zur
politischen Erziehung der Jugend gewesen, sagt Gerd-Ulrich Herrman, der neue
Gedenkstätten-Chef. “Zu DDR-Zeiten wurde hier natürlich nicht der deutschen
Gefallenen gedacht. Nach offizieller Lesart war die Erde nur vom Blut
sowjetischer Soldaten getränkt”, sagt Herrmann. Täglich kamen Busladungen
voll Brigaden, Schulklassen, NVA-Soldaten nach Seelow — jährlich 50 000
Besucher. Wegen des einseitigen Geschichtsbilds schlugen Kritiker nach der
Wende vor, das Mahnmal abzubauen. Als dann doch der Entschluss fiel, die
einzige deutsche Gedenkstätte, die an eine Schlacht im Zweiten Weltkrieg
erinnert, zu erhalten, wurde das Museum im Laufe der 90er-Jahre umgestaltet,
Filme und Dia-Vorträge geändert. Statt 17 Mitarbeitern arbeiten heute noch
vier dort. Doch kamen im vergangenen Jahr immerhin wieder 26 500 Besucher.
Zwei zerstörte Dörfer
“Es ist unser Anspruch, ein Antikriegsmuseum zu sein”, sagt
Gedenkstätten-Chef Herrmann. Heute gedenke man hier aller Toten. “Egal, ob
Soldaten oder Zivilisten.” Herrmann hält dies für wichtig, denn nach seinen
Berechnungen fielen Anfang 1945 bei den Kämpfen auf den Seelower Höhen bis
zu 100 000 Soldaten — doppelt so viele wie bisher angenommen wurde.
Die Aufgabe für die Zukunft sei nun: Erinnern, Gedenken und Mahnen. “Durch
das Oderbruch fegte damals die fürchterlichste Katastrophe, die es je in
Deutschland gab”, sagt der Museumsleiter. Übrig blieb eines der am meisten
zerstörten Gebiete des Landes. “Zwei Dörfer waren zu 97 Prozent zerstört,
viele andere zu 70 Prozent”, sagt Hermann. Es sei einfach, einen Krieg zu
beginnen, schwer, ihn zu beenden und noch schwerer, mit den Folgen zu leben.
Weitere Informationen zur Gedenkstätte und zur Sonderausstellung im Internet
unter www.gedenkstaette-seelower-hoehen.de
Kirchenasyl: Pfarrer widerspricht “Focus”
Kongolese ein Vergewaltiger?
(Tagesspiegel) Brandenburg (Havel). Die evangelische St. Gotthardgemeinde in Brandenburg
hat einen Bericht des Magazins “Focus” zurückgewiesen, wonach der bei ihnen
im Kirchenasyl befindliche Kongolese an einer Vergewaltigung beteiligt
gewesen sein soll. “Nach unseren Erkenntnissen enthält das zitierte
Vernehmungsprotokoll von 1993 einen Übersetzungsfehler”, sagte Pfarrer
Christoph Vogel. Das Wort “Demonstration” bedeute in der Heimatsprache
Langala sowohl Demonstration als auch Vergewaltigung. Als der Mann befragt
worden sei, ob er an einer Demonstration in Kinshasa teilgenommen habe,
bejahte dies der Mann. “Der französische Dolmetscher wertete dies jedoch als
Teilnahme an der Vergewaltigung der Erziehungsministerin des
Mobuto-Regimes”, erklärte der Pfarrer. “Wir glauben dem Mann.”
Kongolese im Kirchenasyl soll kriminell sein
(Berliner Morgenpost) Potsdam — Der in Brandenburg/Havel im Kirchenasyl befindliche Kongolese hat
sich nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus» selbst als Mittäter
bei einer Vergewaltigung bezichtigt. Bei seiner Vernehmung in Deutschland
habe der Mann berichtet, während einer Studentendemonstration unter anderem
die Erziehungsministerin des Mobutu-Regimes bei einer Notzucht in Kinshasa
festgehalten zu haben. Deshalb habe das Ausländeramt bereits 1993 sein
Asylgesuch abgelehnt. Das Magazin zitiert dabei aus dem
Vernehmungsprotokoll.
Nach Ansicht des Pfarrers, bei dem der Kongolese derzeit lebt, ist der
Vorwurf aber falsch. «Der Mann ist unschuldig», sagte Christoph Vogel
gestern. Seine Selbstbezichtigung, Mittäter bei einer Vergewaltigung gewesen
zu sein, bezeichnete der Theologe als «Übersetzungsfehler». Der Kongolese
habe bei Aufnahme in Deutschland seine Aussage in der afrikanischen Sprache
«Lingala» gemacht, in der die Wörter «Demonstration» und «Vergewaltigung»
gleichbedeutend seien.
Die evangelische St. Gotthardtgemeinde in Brandenburg/Havel schützt seit
vergangenen Montag den Mann, seine Frau und seine beiden drei- und
sechsjährigen Söhne vor der Abschiebung. Gegen den Pfarrer, der Asyl
gewährte, wird wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Asylgesetz ermittelt.
Auch gegen den Kongolesen und seine Frau wurde ein Verfahren eingeleitet.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, erklärte
am Sonntag, es müsse grundsätzlich über die Kirchenasylpraxis in Brandenburg
nachgedacht werden. «Es zeigt sich auch hier, dass wir Vertrauen in die
richtigen Entscheidungen der Gerichte und Ausländerbehörden haben können.»
Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Pfarrer Johannes Kölbel wegen
des Kirchenasyls für zwei Vietnamesen in Schwante (Oberhavel). Die
Strafanzeige kam laut Staatsanwaltschaft von einem DVU-Landtagsabgeordneten.
Das Kirchenasyl hatte zuletzt für Aufregung gesort, nachdem die Polizei in
das Pfarrhaus in Schwante (Oberhavel) eingedrungen war, in dem sie einen
Vietnamesen und seinen fünfjährigem Sohn im Asyl vermuteten.
Pfarrer: Kongolese im Kirchenasyl ist unschuldig
(Berliner Zeitung, EPD) BRANDENBURG. Der Kongolese, der sich mit seiner Frau und zwei Söhnen in
Brandenburg im Kirchenasyl befindet, ist kein Krimineller. Das sagte
Christoph Vogel, der stellvertretende Superintendent des Kirchenkreises
Brandenburg, am Sonntag. “Der Vorwurf der Vergewaltigung ist unserer Ansicht
nach unhaltbar”, erklärte er. Die Darstellung des Nachrichtenmagazins Focus
sei auf einen Übersetzungsfehler zurückzuführen. Focus berichtet in der
heutigen Ausgabe, Josu Ndualu habe in dem Aufnahmeprotokoll des Bundesamtes
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge angegeben, “die Vergewaltigten
festgehalten” zu haben. In der korrekten Übersetzung müsse es jedoch “die
Vergewaltiger festgehalten” heißen, betonte Christoph Vogel. Der damalige
Übersetzer, ein Student, sei kein amtlich zugelassener Dolmetscher gewesen.
Die Kirchengemeinde sehe deshalb keinen Grund, das Kirchenasyl in Frage zu
stellen.
Der Zeuge Michael L. (26), wohnhaft in Wittstock, trat am gestrigen siebten Verhandlungstag vor dem Neuruppiner Landgericht, zunächst mit großer Selbstsicherheit auf. Er wolle nun die Wahrheit sagen, erklärte der Mechaniker, nachdem ihn Richterin Thaeren-Daik noch mal ausführlich belehrt hatte. Er habe gegen 4:00 Uhr in der Früh draußen vor der Disko in Alt-Daber im Auto gesessen und auf seinen Kumpel Daniel G. gewartet. Von dort habe er eine “Rangelei”; zwischen drei bis vier Leuten beobachten können, bei der einer dann zu Boden gegangen und “ein bisschen mit den Füßen getreten worden”; sei. (…) “Ich dachte, es handelt sich um eine ganz normale Schlägerei”;. Auch sein Kumpel G. hätte schon wieder im Auto neben ihm gesessen und das Geschehen mit ihm beobachtet. Sicher war sich der Zeuge, den Angeklagten Mike Sch. dabei gesehen zu haben, wie dieser zugetreten habe. Die beiden anderen hätte er nicht erkennen können, so gestern auf mehrmalige Nachfrage. Fünfzehn bis zwanzig Leute hätten um das Geschehen drum herum gestanden, von denen er zwar “die Hälfte”; kennen will, gestern jedoch auf Grundlage der Vorlage von Lichtbildern, niemand mehr identifizieren konnte. Auch will er nichts von einem Stein gesehen und zunächst auch nichts davon gehört haben. Als sie schließlich losgefahren seien, hätten er und sein Kollege um einen der Verletzten herum fahren müssen, wie der Zeuge gestern auf Nachfrage bestätigte. Bevor sie dann endgültig weggefahren seien, hätten sie noch Michael W. versprochen, bei Nachfrage, zu bestätigen, dass dieser mit ihnen in Waren gewesen sei. Dieses falsche Alibi für den gesondert verfolgten Michael W., hatte der Zeuge in seiner ersten polizeilichen Vernehmung auch entsprechend angegeben. Wegen Verdacht der Falschaussage und unterlassener Hilfeleistung wurde Michael L. direkt nach seiner Aussage noch im Gerichtssal verhaftet.
Das gleiche Schicksal ereilte gestern den Zeuge Thomas K. (21), der ohne wenn und aber behauptete, an keinen Zeugenabsprachen teilgenommen zu haben, obwohl der Angeklagte Michael H. gestern erneut bestätigte, an einem Gespräch zum Zweck der Absprache, zwischen Thomas K., einer weiteren Person und dem Angeklagten F., teilgenommen zu haben. Daniel G. und Michel W., die beiden Zeugen, die schon Freitag letzte Woche aus dem Gerichtssaal verhaftet worden waren und sich inzwischen wieder auf freiem Fuß befinden, zogen es am gestrigen Verhandlungstag vor, die Aussage zu verweigern; beide hätten sich inzwischen einen Anwalt genommen, wurde bekannt gegeben.
Von einer “Mauer des Schweigens”; sprach Staatsanwalt Clement mit Blick auf die Zuschauerbänke, wo gestern erneut Freunde und Verwandte der Angeklagten saßen. Reichlich genervt schien auch die ansonsten eher ruhig wirkende Richterin Thaeren-Daik zu reagieren. Aufgrund des Aussageverhaltens der Zeugen sei es nur sehr schwer möglich, sich ein Bild des Tatgeschehens zu machen, so die Richterin. Dabei scheint ihre größte Sorge darin zu liegen, dass der Prozess sich zeitlich in die Länge ziehen könnte. Frau Batesova, die Mutter des verstorbenen Kajrat, die als Nebenklägerin den Prozess aufmerksam verfolgt, schüttelte auch am gestrigen Verhandlungstag immer mal wieder den Kopf. Unfaßbar sind für sie die vielen Lügen, die die Zeugen in diesem Prozess auftischen. Sie will nicht aufgeben und wird sich mit ihrer Anwältin Undine Weyers weiterhin in das Geschehen aktiv einmischen. “Ich will zumindest wissen, was da passiert ist und warum mein Sohn gestorben ist”;, so erklärte sie in einer Prozesspause.
Aufgrund der Absprachen, die ein Teil der bisher gehörten Zeugen offensichtlich getroffen haben, ist auch die Tatmotivation weiterhin nicht eindeutig geklärt. Klar ist inzwischen — und dies haben bisher fast alle Zeugen bestätigt -, dass die beiden Opfer in der Disko als “Russen”; erkannt wurden. Mehrere Zeugen berichteten auch, dass sie von anderen Diskobesuchern auf die beiden aufmerksam gemacht worden waren. Der Zeuge Thomas K. beispielsweise, hatte — wie ihm gestern die Nebenklagevertreterin Andrea Würdinger vorhielt — in seiner ersten polizeilichen Vernehmung ausgesagt, dass ihm die beiden Aussiedler “ausländisch”; vorgekommen seien. Zwar hätten sie “getanzt wie wir”;. Er hätte sich jedoch noch in der Disko überlegungen dazu gemacht, ob die “uns provozieren”; wollen.
Provokation durch Anwesenheit und später — wie einer der Angeklagten aussagte — durch “agressives Schnorren von Zigaretten”;, so könnte man zusammenfassen.
Nach drei weiteren Prozesstagen in der kommenden Woche wird der Prozess bis Montag, den 17. Februar unterbochen, danach sind fünf weitere Prozesstage anberaumt, um die “Mauer des Schweigens”; zu durchbrechen.
Prozess um Aussiedlertod: Wieder Zeugen festgenommen
Zwei Männer wollten mit Falschaussage die Angeklagten decken
(Tagesspiegel) Neuruppin. Sie drucksen, sie lügen, sie wissen von nichts: Die Freunde der fünf Angeklagten im Prozess zum gewaltsamen Tod des Aussiedlers Kajrat Batesov zeigen von sich von der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage ziemlich unbeeindruckt. Entsprechend hart griff auch am gestrigen siebten Prozesstag die Staatsanwaltschaft am Landgericht Neuruppin wieder durch: Bereits zum zweiten Mal wurden zwei Bekannte der angeklagten Clique noch im Gerichtssaal vorläufig festgenommen. Der 26-jährige Michael L. hatte nach mehreren Ausflüchten zugegeben, er habe einem anderen Zeugen ein falsches Alibi für die Tatnacht verschafft und bei den Verhören der Polizei gelogen. Die Staatsanwaltschaft wirft Michael L. Falschaussage und versuchte Strafvereitelung vor — sowie unterlassene Hilfeleistung. L. hatte die Schläge und Tritte zumindest gegen einen der beiden am 4. Mai 2002 vor einer Wittstocker Disko misshandelten Aussiedler beobachtet, ohne einzugreifen. Nach L. trat der 21-jährige Thomas K. in den Zeugenstand — und das Spiel wiederholte sich: Auch K. wurde wegen mutmaßlicher Falschaussage festgenommen. Vor einer Woche ließ Staatsanwalt Kai Clement bereits zwei Zeugen vorläufig festnehmen, die dem Gericht falsche Aussagen aufgetischt hatten. Die jungen Männer kamen allerdings am selben Abend wieder frei. Sie sollen sich nach ihrer Festnahme etwas besser an das Tatgeschehen erinnert haben. Derart gewarnt sagte auch Michael L. gestern offenbar mehr aus, als er ursprünglich wollte, ohne jedoch die volle Wahrheit preiszugeben. L. hatte in einem Pkw vor dem Eingang der Diskothek gesessen. Er habe gesehen, wie sich eine “Rangelei” entwickelte, sagte L. dem Gericht. Auf hartnäckiges Nachfragen durch die Vorsitzende Richterin Gisela Thaeren-Daig berichtete L. dann Details. Der Angeklagte Mike Sch. habe mit drei Personen eine Person
geschlagen und “in den Bauchraum” getreten. Das Opfer sei zu Boden gegangen und weiter geprügelt worden. Er selbst sei etwa 20 Meter entfernt gewesen, sagte L. Dennoch habe er weder gesehen, dass ein zweiter Aussiedler zusammengeschlagen wurde, noch dass ein Angreifer einen schweren Feldstein auf Kajrat Batesov warf. Etwa 15 Leute, die vor dem Pkw standen, hätten ihm die Sicht versperrt. Als ein Freund zu ihm ins Auto stieg, sei er losgefahren und habe sich durch die Menge “geschlängelt”. Trotz Lücken und Lügen könnte ein Detail der Aussage von L. noch Bedeutung erlangen. Der 26-Jährige gab an, bereits vor Beginn “des Geschehens” habe ein Freund mit ihm vereinbart, einem weiteren Kumpan ein Alibi zu verschaffen. Sollte dies zutreffen, wäre die Vermutung der Nebenklage-Anwältinnen bestätigt, der Angriff auf die Aussiedler sei in der Wittstocker Disko verabredet worden und nach dem Ende der Tanzveranstaltung gezielt erfolgt. Damit würde ein fremdenfeindliches Motiv der Bluttat wahrscheinlicher — und eine Verschärfung der auf Totschlag lautenden Anklage möglich, hin zu gemeinschaftlich begangenem Mord aus niederen Beweggründen.
Schönbohm bedauert
Das Festhalten eines Franzosen sei ein unglücklicher Irrtum. Polizei ohne
Englisch, dafür aber uneinsichtig
Es muss schon viel geschehen, wenn sich Brandenburgs Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) entschuldigt. Im Falle des Franzosen Philippe Bescond, der
wegen eines angeblich gefälschten Führerscheins von der Polizei in
Fürstenwalde festgehalten wurde, blieb im aber nichts anderes übrig. Die
Geschichte um Bescond, ließ das Innenministerium gestern wissen, sei
“unglücklich und bedauerlich”.
Wie berichtet hatte Bescond in der vergangenen Woche eine ganze Nacht auf
der Polizeiwache in Fürstenwalde und anschließend in seinem Auto verbringen
müssen. Seine Fahrerlaubnis bekam er erst am nächsten Tag zurück, nachdem er
sich über die französische Botschaft seine Daten bestätigen ließ.
Die Polizei hatte sich dagegen geweigert, bei französischen Stellen
anzurufen. Zur Begründung sagte ein Sprecher der Fürstenwalder Polizei, man
habe in der betreffenden Nacht nichts unternehmen können, “da niemand
zugegen war, der Französisch oder Englisch spricht”. Ähnlich sieht das auch
Bernd Kalthoff, Leiter der Kriminalpolizei Oder-Spree: “Um eine falschen
Führerschein zu erkennen, braucht man Experten vom Bundesgrenzschutz.” Diese
seien aber nicht mehr erreichbar gewesen.
Zwar räumte Kalthoff ein, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung, wie
sie bei Bescond vorgenommen wurde, bei Führerscheindelikten nicht üblich
sei. Trotzdem sieht er kein Fehlverhalten der Beamten: “Er wurde nicht
festgenommen, das war eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr.” Außerdem, ließ
Kalthoff indirekt durchblicken, habe Bescond noch Glück gehabt: “Weil es
aber ein Ausländer war, haben wir uns beeilt.”
Im Fall Bescond wird jetzt auch die Ausländerbeauftragte des Landkreises
Oder-Spree in Beeskow aktiv. Die stellvertretende Ausländerbeauftragte des
Landes Brandenburg, Ines Sprenger, sagte, der Vorfall “klingt nach einer
diskriminierenden Behandlung, die nicht sein darf”.
Im Zusammenhang mit dem jüngsten Fall von Kirchenasyl im Land
hat die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den Brandenburger Pfarrer und
stellvertretenden Superintendenten, Christoph Vogel, ein Strafverfahren
eingeleitet. Die Ermittler verdächtigen ihn der Beihilfe zum Verstoß gegen
das Asylgesetz und der Strafvereitelung. Das bestätigte
Staatsanwaltschaftssprecher Ralf Roggenbuck der MAZ. Auch gegen die beiden
Kongolesen, die in der Brandenburger evangelischen St. Gotthardtgemeinde
Kirchenasyl gefunden haben, sei ein Strafverfahren eingeleitet worden wegen
unerlaubten Aufenthalts, so Roggenbuck. Die Gotthardtgemeinde schützt die
Familie Ndualu-Kamis mit ihren beiden drei- und sechs Jahre alten Söhnen vor
der Abschiebung in das Bürgerkriegsland Kongo. Die Ausländerbehörde der
Stadt Brandenburg wollte die vier Kongolesen am vergangenen Montag
abschieben. Die Familie halte sich an einem der Staatsanwaltschaft
unbekannten Ort auf, sagte Roggenbuck. Sie hätten sich durch die Hilfe des
Pfarrers der Abschiebung entzogen. Der Rechtsanwalt der Kongolesen, Stefan
Gräbner, reagierte gestern empört auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen:
“Wir versuchen eine konstruktive Lösung zu finden, da ist die Einleitung
eines Strafverfahrens unglücklich. Man versucht offensichtlich, meine beiden
Mandanten und Pfarrer Vogel zu kriminalisieren.” Vertreter der
Kirchengemeinde und der Stadtverwaltung haben für Dienstag ein Gespräch
geplant. Pfarrer Vogel verspricht sich davon eine rasche Lösung.
Seit einigen Tagen hängen aus den Fenstern eines Hauses in der Bernauer Breitscheidstraße drei Transparente gegen den bevorstehenden Irakkrieg. Zu
lesen ist auf ihnen “Deutsche Soldaten sind Kindergärtner”, “Die Bundeswehr ist eine Menschenrechtsorganisation” und “Krieg ist Frieden”, in Anspielung auf die eventuelle Beteiligung deutscher Soldaten am Irakkrieg, angelehnt an den Roman “1984” von George Orwell. Auf allen Transparenten findet sich auch
die Parole einer weltweiten Kampagne gegen den Irakkrieg “NO WAR”.
Damit sind die Plakate nur ein Ausdruck der Ablehnung einer deutschen Beteiligung am drohenden Irakkrieg. Eine deutliche Mehrheit aller Bundesbürger teilen
diese Meinung.
Der Vermieter des Hauses, die stadteigene und größte Bernauer Wohnungsbaugesellschaft WOBAU, droht nun ohne sich vorher mit dem Mieter der Büroräume, der Jugendbildungs- und Freizeitinitiative biF e.V, in Verbindung gesetzt zu haben, mit der Kündigung der Räumlichkeiten, sollten die
Transparente nicht unverzüglich abgenommen werden. Gründe für diese Forderung nennt sie nicht. Von den Plakaten geht weder eine Gefahr noch irgendein Rechtsverstoß aus, die solche Forderungen rechtfertigen würden. Die
Alternative Jugendliste protestiert auf das schärfste gegen dieses Verbot der Meinungsäußerung und fordert die WOBAU auf, die Drohung zurückzunehmen. Der
künstlerische Ausdruck politischer Auffassungen durch solche Transparente ist Teil einer lebendigen Stadt, einer lebendigen Demokratie. Die Stadt Bernau sollte als Eigentümerin mäßigend auf die Wohnungsbaugesellschaft einwirken.
Es wäre wünschenswert wenn auch die Stadt Bernau sich zum drohenden Krieg positioniert. Alle Bernauer und Bernauerinnen sind aufgerufen, am 15.2.2003
gegen den Irakkrieg zu demonstrieren (Beginn 10.30 Uhr, Bahnhofsvorplatz). Am Tag X, an dem Tag an dem der Irakkrieg beginnt, findet ein SchülerInnenstreik
und um 18 Uhr eine Kundgebung auf dem Marktplatz statt.
Alternative Jugendliste Bernau (AJL)
Was Tun? Part II
WAS TUN? PART II
Horte (Strausberg)
Samstag, 01.02.2003
Beginn 20.00
Zu Besuch sind Aktivisten aus Spanien und den USA.
Diese Veranstaltung ist ein Experiment.
Ein Experiment das versuchen will, einen Austausch über verschiedene
Praktiken und Ideen des sozialen Ungehorsams herzustellen.
Diese Praktiken sollten nützliche Werkzeuge sein um im Alltag und im
Denken die Logik der herrschenden Ordnung zu kitzeln, bis sie sich
erbrechen muss.
Mit solchen Werkzeugen sollte die Arbeit Spaß machen.
Und ein Spaß kann es sein, wenn Löcher in das Netz der Kontrolle und
Normierung gerissen werden.
Auch dieses Zusammentreffen will seinen Beitrag zur penetrant diskutierten
Globalisierung leisten.
Vertreter zweier Initiativen wollen Aktionen und Ideen ihrer Gruppen zum
Besten geben :
YESMAN (USA) Kommunikationsguerilleros (siehe www.gatt.org)
YO MANGO (Spain) Anstifter zum sozialen Ungehorsam (siehe www.yomango.org ,
www.sccpp.org)
Möglicherweise können Ideen der beiden auf unsere lokale Ebene
transportiert werden, um diesem Experiment zum Erfolg zu verhelfen.
WAS TUN? – Werkzeugkiste öffnen !!
PS: danach ne kleine Party
Vor dem eigentlichen Inhalt dieser Meldung eine Erklärung von Inforiot
Am 16.01.03 schickte Rene Zarnikow, Chef der Firma “Zarnikow Sicherheitsdienste” in Premnitz, eine Mail an an Inforiot, den Verein Opferperspektive, an Inforiot und an die NHZ (Cottbus). Darin droht er mit einer Verleumdungsklage, sollte nicht “meine Namen, den meiner Unternehmungen soweie deren Logo” bis Ende Januar von den Internetseiten entfernt worden sein. Wir bedanken uns für Herrn Zarnikows Mail und erklären hierzu:
Am 01.07.02 stellten wir auf unsere Website zu Dokumentationszwecken den “offenen Brief der Rathenower AsylbewerberInnen” in deutscher Übersetzung sowie eine Broschüre “Rechtsextremismus im Westhavelland 2001”. Für den Inhalt des Briefs und der Broschüre sind politisch die jeweiligen AutorInnen verantwortlich. Um möglichen Klagen von Seiten der Firma “Zarnikow Sicherheitsdienst” vorzubeugen, betonen wir, dass die im offenen Brief gebrauchte Formulierung “well know ex Neo-Nazi group Zarnikow” bzw. “bekannte Ex-Neonazi-Gruppe Zarnikow” nicht der Meinung von Inforiot entspricht. Laut einem Bericht der Zeitschrift “Focus” Nr. 51 aus 2002 beschäftigt die Firma “Zarnikow Sicherheitsdienst” jedoch einschlägig bekannte Rechtsextremisten:
Ein internes Schreiben des Verfassungsschutzes vom 7. August, das Focus vorliegt, belegt, dass mehrere Mitarbeiter der Security-Firma Zarnikow “dem Kern der rechtsextremistischen Szene Rathenows angehören”. Die Verfassungsschützer nennen die Namen von vier Männern, die der “einschlägigen Gruppierung Kameradschaft Hauptvolk zugerechnet werden müssen”. Ein Sprecher von CDU-Innenminister Jörg Schönbohm bestätigte das Schreiben.
Inforiot schließt sich der Einschätzung der Opferperspektive an, dass es unerträgliche Vorstellung ist, dass die Personalien von Flüchtlingen und ihren BesucherInnen von einer mit Rechtsradikalen durchsetzten Firma kontrolliert werden. Die Gefahr liegt auf der Hand, dass dadurch persönliche Daten in rechtsextreme Kreise gelangen. Wir fordern daher, dass die Betreiberfirma des Asylbewerberheims Rathenow, die AWO Havelland, den Vertrag mit “Zarnikow Sicherheitsdienst” umgehend kündigt.
Wir weisen hiermit ausdrücklich erneut darauf hin, dass für die bei Inforiot veröffentlichten Inhalte unser Haftungsausschluß gilt.
Inforiot Webteam, 22.01.2003
Durch eine Protestnote der dort lebenden Fluechtlinge ist das Rathenower AsylbewerberInnenheim wieder einmal in die Schlagezeilen geraten. Um die Kontroverse besser zu verstehen, ist an dieser Stelle der Original-Wortlaut des Schreibens dokumentiert.
Offener Brief der Rathenower AsylbewerberInnen an die Behörden in Brandenburg
Vor zwei Jahren prangerten die Rathenower AsylbewerberInnen ihre hoffnungslose Lage an.
Wegen nicht aufhörender Angriffe von meist Neonazis auf AsylbewerberInnen richteten sie eine Reihe von Memoranden an die lokalen Behörden, in denen sie ihrer Besorgnis über die Situation Ausdruck gaben.
Unsere Forderung an die Behörden damals war eine Sicherheitsgarantie im Land. In einer unserer Petitionen hieß es: “… wenn die Behörden unsere Sicherheit in der Stadt Rathenow nicht garantieren können, wenn die Neonazis nicht kontrolliert werden können, wenn die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 nicht respektiert werden kann, dann bringen Sie uns bitte irgendwohin in Deutschland, wo unser Leben sicher ist.”
Heute hört sich die Antwort der Behörden auf unsere Forderung wie “englischer Humor” an.
Heute sind die AsylbewerberInnen Objekte eines doppelten Sicherheitssystems, das sie, anstatt sie zu schützen, schikaniert und ihnen alle Rechte verweigert.
Hochsicherheit heißt im Asylbewerberheim Rathenow:
Die alten, primitiven Überwachungskameras wurden ersetzt und zum Teil verdoppelt mit brandneuen High-Tech-Kameras, um die Bewegungen der AsylbewerberInnen zu kontrollieren.
Unsere Freunde können uns kaum noch zu Hause besuchen, wegen der restriktiven und erniedrigenden Behandlung durch die Dienst habenden Angestellten.
Als ob das das nicht schon genug wäre, liegt die Bewachung des Hauses in den Händen der bekannten Neonazi-Gruppe “Zarnikow”, und das Schlimmste ist, dass Besuche nach 10 Uhr abends verboten sind.
Die Heimleitung hat sich Nachschlüssel anfertigen lassen, um willkürlich Zugang zu allen Räumen zu haben, sogar wenn unsere FreundInnen anwesend sind, so dass unser Recht auf Privatsphäre verletzt wird.
Unsere Briefe werden geöffnet und gelesen, bevor wir sie erhalten; als Antwort auf unsere Beschwerden teilte uns die Heimleitung mit, dass sie dazu durch eine ministerielle Anweisung verpflichtet wären.
Bedauerlich ist, dass die Heimleitung keine Fremdsprachen spricht, obwohl sie mit Menschen aus verschiedenen Ländern zu tun haben. Das ist ein Schlüsselfaktor für die latente Aggression der Dienst habenden Angestellten.
Wir, die AsylbewerberInnen in Rathenow, werden jeden Tag frustierter. Wir fragen uns, was wir falsch gemacht haben, um eine so schlechte Behandlung zu verdienen. Wir appellieren daher an die Brandenburgische Landesregierung, uns immer zuerst als Menschen anzusehen, trotz unseres Status als AsylbewerberInnen. Und vor allem sollte die Landesregierung unsere Menschenrechte, wie sie das Grundgesetz und die Allgemeine Menschenrechtserklärung postuliert, nicht beschränken.
Aus diesen Gründen fordern wir noch einmal die Umverteilung aller Rathenower AsylbewerberInnen von Brandenburg fort.
Wir zählen auf die Unterstützung durch Ihre Ämter.
Danke.
Rathenow, den 1. Juli 2002
Neonazis aktiv in Wachschutzfirma
Vor dem eigentlichen Inhalt dieser Meldung eine Erklärung von Inforiot
Am 16.01.03 schickte Rene Zarnikow, Chef der Firma “Zarnikow Sicherheitsdienste” in Premnitz, eine Mail an an Inforiot, den Verein Opferperspektive, an Inforiot und an die NHZ (Cottbus). Darin droht er mit einer Verleumdungsklage, sollte nicht “meine Namen, den meiner Unternehmungen soweie deren Logo” bis Ende Januar von den Internetseiten entfernt worden sein. Wir bedanken uns für Herrn Zarnikows Mail und erklären hierzu:
Am 01.07.02 stellten wir auf unsere Website zu Dokumentationszwecken den “offenen Brief der Rathenower AsylbewerberInnen” in deutscher Übersetzung sowie eine Broschüre “Rechtsextremismus im Westhavelland 2001”. Für den Inhalt des Briefs und der Broschüre sind politisch die jeweiligen AutorInnen verantwortlich. Um möglichen Klagen von Seiten der Firma “Zarnikow Sicherheitsdienst” vorzubeugen, betonen wir, dass die im offenen Brief gebrauchte Formulierung “well know ex Neo-Nazi group Zarnikow” bzw. “bekannte Ex-Neonazi-Gruppe Zarnikow” nicht der Meinung von Inforiot entspricht. Laut einem Bericht der Zeitschrift “Focus” Nr. 51 aus 2002 beschäftigt die Firma “Zarnikow Sicherheitsdienst” jedoch einschlägig bekannte Rechtsextremisten:
Ein internes Schreiben des Verfassungsschutzes vom 7. August, das Focus vorliegt, belegt, dass mehrere Mitarbeiter der Security-Firma Zarnikow “dem Kern der rechtsextremistischen Szene Rathenows angehören”. Die Verfassungsschützer nennen die Namen von vier Männern, die der “einschlägigen Gruppierung Kameradschaft Hauptvolk zugerechnet werden müssen”. Ein Sprecher von CDU-Innenminister Jörg Schönbohm bestätigte das Schreiben.
Inforiot schließt sich der Einschätzung der Opferperspektive an, dass es unerträgliche Vorstellung ist, dass die Personalien von Flüchtlingen und ihren BesucherInnen von einer mit Rechtsradikalen durchsetzten Firma kontrolliert werden. Die Gefahr liegt auf der Hand, dass dadurch persönliche Daten in rechtsextreme Kreise gelangen. Wir fordern daher, dass die Betreiberfirma des Asylbewerberheims Rathenow, die AWO Havelland, den Vertrag mit “Zarnikow Sicherheitsdienst” umgehend kündigt.
Wir weisen hiermit ausdrücklich erneut darauf hin, dass für die bei Inforiot veröffentlichten Inhalte unser Haftungsausschluß gilt.
Inforiot Webteam, 22.01.2003
Neonazis aktiv in Wachschutzfirma
RATHENOW/POTSDAM Schwere Vorwürfe werden in einem internen Bericht des Brandenburger Verfassungsschutzes gegen die Rathenower Firma Zarnikow erhoben. Das Unternehmen bewacht das Asylbewerberheim der Stadt. Vier Mitarbeiter gehören der rechtsextremen “Kameradschaft Hauptvolk” an, berichtet das Nachrichtenmagazin “Focus” in seiner neuesten Ausgabe. Das Innenministerium habe das zuständige Sozialministerium bereits im September darüber informiert. Die verlangte Zuverlässigkeitsprüfung sei jedoch bis heute ausgeblieben. Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Monika Schulz, kritisierte dies gestern in einer Erklärung als “ungeheuerliches Versäumnis” des SPD-geführten Sozialministeriums. Dass in der Wachschutzfirma Zarnikow Mitarbeiter beschäftigt werden, die der rechtsextremen Szene angehören, ist in Rathenow seit längerem ein offenes Geheimnis. Zuletzt beklagten sich Asylbewerber im Juli dieses Jahres in einem offenen Brief darüber. Den Wachschutzauftrag erteilte der Träger des Heims, der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Geschäftsführer Ralf Schröder bezeichnete die Vorwürfe seinerzeit als “frei erfunden und aus der Luft gegriffen”. Die Wachschutzfirma sei von der Industrie- und Handelskammer geprüft und zugelassen. Die Ausländerbeauftragte des Landes, Almuth Berger, reagierte gestern bestürzt auf die Vorwürfe. “Es kann nicht sein, dass immer etwas passieren muss, bevor eine Behörde reagiert”, sagte sie. Berger hatte von den Vorwürfen schon im Februar 2000 erfahren, als Asylbewerber aus Rathenow ihre Verlegung in ein anderes Bundesland gefordert hatten. Das zuständige Sozialministerium erklärte gestern, von neuen Vorwürfen keine Kenntnis zu besitzen. Das Rathenower Ordnungsamt habe dem Ministerium am 6. September die Zuverlässigkeit der Wachschutzfirma bestätigt, sagte der Sprecher des Sozialministeriums, Florian Engels. Nach Auskunft des Ordnungsamtes vom September befindet sich unter den Wachleuten des Asylbewerberheims lediglich ein Mann, der früher dem rechtsradikalen Spektrum zuzurechnen gewesen sei, inzwischen aber als “resozialisiert” gelte und nicht mehr auffälig geworden sei. Von weiteren Personen sei nichts bekannt. Es stehe für das Sozialministerium außer Frage, dass Asylbewerberheime nicht von Rechtsradikalen bewacht werden dürfen, so Engels. Sollte es neue Hinweise geben, werde Sozialminister Günter Baaske (SPD) dem sofort nachgehen. Der Vize-Sprecher des Innenministeriums, Wolfgang Brandt, lehnte eine Stellungnahme zu “internen Vorgängen” ab und verwies auf die Zuständigkeit des Sozialministeriums.
Siehe hierzu auch die Online-Broschüre “Rechtsextremismus im Westhavelland 2001”: