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Spitzelwerbung per Zeitungsanzeige

Die Anzeige, die der 21jährige Mar­tin (Name geän­dert) in der Märkischen All­ge­meinen vom 22. März ent­deck­te, sah vielver­sprechend aus: »Neben­job! Suche poli­tik­in­ter­essierte junge Leute ab 18!«. Der Oranien­burg­er Stu­dent meldete sich sogle­ich bei der Kon­tak­t­tele­fon­num­mer des »Arbeit­skreis­es Wis­sen und Fortschritt«, der die Annonce geschal­tet hat­te. Schnell war ein Ter­min für ein Vorstel­lungs­ge­spräch aus­gemacht. Was Mar­tin damals noch nicht wußte: Den »Arbeit­skreis Wis­sen und Fortschritt« gibt es nicht wirk­lich. Es han­delt sich um eine Briefkastenfirma. 

Das Vorstel­lungs­ge­spräch von Mar­tin fand Ende März in einem Café in Berlin statt. Die Frau, die er dort trifft, erk­lärt ihm, es gehe um Recherchen für eine Polit­studie. »Wis­sen und Fortschritt« unter­stütze Autoren und Insti­tu­tio­nen bei ihrer Arbeit. »Wir wollen wis­sen, was Jugendliche dazu bewegt, Poli­tik zu machen. Wir wollen her­aus­find­en, warum sie in Oppo­si­tion zum Staat gehen«, sagt sie. Mar­tins Auf­gabe sei es, Ver­anstal­tun­gen zu besuchen und darüber Berichte anzufer­ti­gen. Mit einem Blick auf Mar­tins Dread­locks meint die Frau, für ihn komme »ja wohl eher die links­gerichtete Szene in Frage«. Mar­tin stimmt zu und freut sich über die gute Bezahlung, die in Aus­sicht ste­ht: Zehn Euro Stun­den­lohn gibt es für das Besuchen von Ver­anstal­tun­gen, fünf Euro für das Schreiben der Berichte. Auch Spe­sen wer­den übernommen. 

Stutzig wird Mar­tin erst, als ihm erk­lärt wird, es sei nicht möglich, einen Arbeitsver­trag abzuschließen, der Lohn solle bei regelmäßig stat­tfind­en­den Tre­f­fen bar aus­gezahlt wer­den. Trotz­dem soll alles seine Ord­nung haben und »schon ver­s­teuert« sein. Das Arbeitsver­hält­nis soll län­gere Zeit dauern. Auf drei bis sechs Jahre sei die Studie angelegt. Später werde es allerd­ings keinen Pauschal­lohn mehr geben, son­dern Bezahlung nach »Qual­ität der Infor­ma­tio­nen«. Um sich zu über­legen, ob er den Job haben will, kann sich Mar­tin ein paar Tage Zeit nehmen. Dann, schlägt die Frau vor, soll es ein zweites Tre­f­fen geben, zu dem sie ihm eine Liste mit Ver­anstal­tun­gen mit­brin­gen will, die er besuchen soll. 

Aus dem Tre­f­fen wurde nichts. Mar­tin sprach mit Vertretern der linken Recht­shil­fe­or­gan­i­sa­tion »Rote Hil­fe« über die Angele­gen­heit. Die bestätigten ihm, daß es sich mit hoher Wahrschein­lichkeit um einen Anwer­bev­er­such des Ver­fas­sungss­chutzes han­delte. Über ähn­liche Vor­fälle in Berlin hat­te die tageszeitung am 7. Novem­ber 2002 berichtet. In der Haupt­stadt wollte der Ver­fas­sungss­chutz im Herb­st 2002 über Anzeigen Stu­den­ten als Spitzel wer­ben, um das Kreuzberg­er Alter­na­tivzen­trum Mehring­hof auszus­pi­onieren. Auch damals soll­ten die Job­suchen­den anfangs ange­blich lediglich Recherchen für eine Studie anstellen. Das Com­ing Out der Sicher­heits­be­hörde fol­gte später. 

Obwohl die Frau von »Wis­sen und Fortschritt« beim ersten Tre­f­fen Mar­tin den Job zuge­sagt hat­te, rief sie ihn wenige Tage später an und erk­lärte, daß es nun doch kein Inter­esse an ein­er Zusam­me­nar­beit mehr gebe. Es drängt sich so der Ver­dacht auf, daß Mar­tins Handy abge­hört wurde. Wie viele Men­schen sich auf die Anzeige von »Wis­sen und Fortschritt« gemeldet haben, und wie viele davon nun in Bran­den­burg poli­tis­che Grup­pen bespitzeln, ist nicht bekannt. 

* Der Artikel wurde jW von der Redak­tion des im bran­den­bur­gis­chen Neu­rup­pin ansäs­si­gen linken Inter­net-Infor­ma­tions­di­en­stes Infori­ot (www.inforiot.de) zur Ver­fü­gung gestellt

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Waffennarr bleibt Waffennarr”


Bish­er haben nur wenige Bran­den­burg­er ihre Schreckschusspis­tole bei der
Polizei reg­istri­eren lassen

POTSDAM. Waf­fen­nar­ren haben es auch in Bran­den­burg schw­er­er, seit am 1.
April das ver­schärfte Waf­fenge­setz in Kraft getreten ist. Doch ob es
kurzfristig dazu führt, dass weniger gefährliche oder ille­gale Waf­fen im
Umlauf sind, ist fraglich. Wichtig­ste Neuerun­gen: Wer eine Schreckschuss-
oder Gaspis­tole mit sich führen will, muss nun für 50 Euro einen so
genan­nten Kleinen Waf­fen­schein beantra­gen — son­st han­delt er gesetzwidrig.
Wer eine nicht reg­istri­erte Waffe besitzt — das gilt auch für illegale
“scharfe” Jagd‑, Sport- und Vertei­di­gungswaf­fen -, kann sie bis zum 30.
Sep­tem­ber abliefern, ohne bestraft zu werden. 

Nur vere­inzelt Waf­fen abgegeben

The­o­retisch müssten nun Antrag­steller für den Kleinen Waf­fen­schein vor den
15 Bran­den­burg­er Polizei-Schutzbere­ichen Schlange ste­hen. Denn
Schreckschuss­waf­fen sind frei verkäu­flich und weit ver­bre­it­et — etwa bei
Tax­i­fahrern, Kneipen­wirten, Ladenbe­sitzern oder Jugendlichen. Doch die
Res­o­nanz auf das Gesetz ist ger­ing. “Nir­gend­wo ist es zu dem befürchteten
Masse­nansturm gekom­men”, sagte Wal­ter Brei­den­bach vom Potsdamer
Polizeiprä­sid­i­um. Im Schnitt wur­den rund 30 Scheine pro Kreis beantragt und
bis zu 200 For­mu­la­re abge­holt. Im Barn­im wur­den gar nur zwei Scheine
beantragt, 20 For­mu­la­re geholt und eine Waffe abgeliefert. 

Wie viele Schreckschuss­waf­fen es in Bran­den­burg ins­ge­samt gibt, ist nicht
bekan­nt. “Es gibt keine Sta­tis­tiken”, sagte der Sprech­er des
Innen­min­is­teri­ums, Wolf­gang Brandt. 

“Prob­lema­tisch ist, dass das Gesetz vor allem für die Besitzer legaler
Waf­fen gilt und die ille­galen Waf­fenbe­sitzer kaum erre­icht wer­den”, sagt der
Chef des Lan­des­jagdver­ban­des, Wolf­gang Betee. 

Betrof­fen sind 13 000 Jäger und eben­so viele Sports­chützen. Der Gesetzgeber
will vor allem Jugendlichen den Zugang zu Waf­fen erschw­eren. Das ist auch
eine Reak­tion auf das Mas­sak­er von Erfurt im April 2002, bei dem ein Schüler
16 Men­schen getötet hat­te. Nun dür­fen Jungjäger erst mit 18 statt mit 16
Jahren eine Waffe kaufen und Sports­chützen erst mit 21 — wenn sie einem
staatlich anerkan­nten Ver­band ange­hören. Zudem müssen veraltete
Waf­fen­schränke erset­zt wer­den, um den Dieb­stahl legaler Waf­fen zu
erschweren. 

Das eigentliche Prob­lem sind aus Sicht von Polizei, Sports­chützen und Jägern
die nicht reg­istri­erten Waf­fen. In Deutsch­land sind etwa zehn Millionen
Schuss­waf­fen angemeldet. Es wird geschätzt, dass weit­ere 20 Millionen
ille­gal im Umlauf sind. Laut Jäger Betee wer­den bei weniger als einem
Prozent aller mit Waf­fenge­walt began­genen Straftat­en reg­istri­erte Waffen
benutzt. 

Pro Jahr wer­den in Bran­den­burg etwa 700 Ver­stöße gegen das Waffengesetz
fest­gestellt. “Im Jahr 2002 waren es 645”, sagt Bär­bel Cotte-Weiß,
Sprecherin des Lan­deskrim­i­nalamtes. 94 Prozent der Fälle wür­den aufgeklärt.
Oft erstat­teten Bekan­nte oder gar Kun­den Anzeige gegen Waf­fen­nar­ren, weil
sie von deren Waf­fe­narse­nal schock­iert sind. So wur­den bei zwei Män­nern in
Ost­bran­den­burg im Mai 2002 mehrere Dutzend Gewehre und Pis­tolen gefunden.
Diese Schreckschuss­waf­fen hat­ten die bei­den per Kat­a­log gekauft, um sie
scharf zu machen und zu verkaufen. 

Die Bran­den­burg­er Polizei hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten
Samm­ler Waf­fen nur hort­en, nicht aber benutzen. “Sie wollen so viele wie
möglich besitzen und putzen”, sagt Cotte-Weiß. 

Stöbern nach Kriegsschrott

Eine weit­ere Täter­gruppe sind Mil­i­taria-Fans, die mit Met­allde­tek­toren auf
ehe­ma­li­gen Schlacht­feldern nach Waf­fen aus dem Zweit­en Weltkrieg graben. Im
Jahr 2001 etwa fand die Polizei bei einem 70-Jähri­gen ein riesiges
Waf­fen­lager, für dessen Abtrans­port Lastkraft­wa­gen benötigt wur­den. Der
Besitz des Kriegss­chrotts ver­stößt gegen das Kriegswaf­fenkon­trollge­setz. Das
wis­sen natür­lich auch die Täter: Als Ende März bei drei Män­nern im Havelland
14 scharfe Granat­en, ein Maschi­nengewehr, Muni­tion und Bajonette gefunden
wur­den, beschlagnahmte die Polizei auch zwei gefälschte Ausweise des
Muni­tions­ber­gungs­di­en­stes. “Jed­er Muni­tion­ssuch­er im Wald sollte der Polizei
gemeldet wer­den, auch wenn er sich ausweisen kann”, sagt Polizeisprecherin
Catrin Feistauer. 

Die Polizei bleibt skep­tisch. “Es ist unwahrschein­lich, dass viele illegale
Waf­fen abgegeben wer­den”, so ein Beamter. “Waf­fen­narr bleibt Waf­fen­narr, bis
er erwis­cht wird.”

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Schipkau weiht jüdische Grabstätte ein

Schip­kau (ddp-lbg). Im süd­bran­den­bur­gis­chen Schip­kau wird am Fre­itag (11.00 Uhr) eine jüdis­che Grab­stätte eingewei­ht. Damit gedenkt die Gemeinde 51
jüdis­chen Men­schen, die 1945 in den let­zten Kriegsta­gen bei dem so genannten
Ver­lore­nen Trans­port ums Leben gekom­men waren. Die Zer­e­monie werde still und
andächtig, aber den­noch öffentlich sein, sagte ein Sprech­er der Gemeinde am
Don­ner­stag. Zu der Ver­anstal­tung wer­den unter anderen Vertreter des
Zen­tral­rats der Juden in Deutsch­land sowie der Jüdis­chen Gemein­den in Berlin
und Bran­den­burg erwartet. 

Der «Ver­lorene Trans­port» war im April 1945 der let­zte von drei Zügen, die
Häftlinge vom KZ Bergen-Belsen nach There­sien­stadt brin­gen soll­ten. Auf der
Fahrt erkrank­ten zahlre­iche Men­schen an Fleck­ty­phus. Die durch die Krankheit
oder Erschöp­fung ver­stor­be­nen Men­schen wur­den von der SS aus den Zügen
geholt und an der Strecke not­dürftig begraben. Am 18. April fuhr der
«Ver­lorene Trans­port» von Lübben über Sen­ften­berg nach Schipkau. 

Dort stand der Zug zwei Tage, bevor er in Rich­tung Fin­ster­walde weit­er fuhr.
Während der Zeit in Schip­kau star­ben 51 jüdis­che Häftlinge, sie wurden
unweit des Ortes beerdigt. Am 23. April wur­den die über­leben­den Insassen des
Zuges bei Tröb­itz von Trup­pen der sow­jetis­chen Armee befre­it. Der Zug hatte
bis dahin sieben Mal gehal­ten. An jed­er dieser Grab­stellen gibt es
mit­tler­weile Gedenkstätten.

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Auch Alternativen anbieten

Spricht man über Ihr Ressort, kommt man unweiger­lich auf politisch
motivierte Straftat­en zu sprechen. Welche aktuellen Zahlen haben Sie
darüber?

Swen Schäfer: Im Jahr 2002 hat­ten wir 115 Straftat­en in diesem Bere­ich, ein
deut­lich­er Rück­gang zum Jahr davor, als wir 162 zählten. 

Nach diversen Vor­fällen mit Recht­sradikalen wurde Anfang 2001 im Raum
Rathenow die Son­derkom­mis­sion Tomeg einge­set­zt. Bere­its Mitte 2002 hieß es,
extrem­istis­che Straftat­en seien zurück­ge­gan­gen. Gibt es keine gewaltbereiten
Köpfe mehr im Havelland?

Swen Schäfer: Natür­lich sind die nicht vom Erd­ball ver­schwun­den. Aber gerade
das Ein­satzkonzept der dama­li­gen Soko Tomeg und alle Maß­nah­men unseres
Kom­mis­sari­ats waren wirk­lich erfol­gre­ich. Das haben wir nicht allein
erre­icht, son­dern gemein­sam mit Jugen­damt, Staat­san­waltschaft, Amtsgericht
oder freien Trägern. Wir haben eine Front aufge­baut gegenüber den
Recht­sradikalen. Das macht sich bemerk­bar. Die Bevölkerung ist heute viel
sen­si­bler gewor­den, zeigt Straftat­en an. 

Es gibt keine Son­derkom­mis­sion mehr, dafür Ihr Kom­mis­sari­at. Auf welche
Erfahrun­gen aus der Soko-Zeit stützen Sie sich heute noch?

Swen Schäfer: Einein­halb Jahre lang haben wir uns mit der Soko auf das
rechte Klien­tel konzen­tri­ert. Es war eine Test­phase, in der mit dem neuen
täteror­i­en­tierten Ansatz gear­beit­et wurde. Wir haben vieles pro­biert und
Erfahrun­gen, die wir jet­zt bei den jugendlichen Inten­sivtätern einsetzen
kön­nen. Das sind alle unter 21 Jahren, die mehr als zehn Straftat­en im Jahr
bege­hen oder kurz gesagt die, mit denen wir ständig zu tun haben. 

Durch das Konzept von Mega/Tomeg sollen rechtsextremistische
Gewalt­straftat­en ver­hin­dert und der Ver­fol­gungs­druck gegenüber
gewalt­bere­it­en Grup­pen hoch gehal­ten wer­den. Wie funk­tion­iert das?

Swen Schäfer: Da gibt es keine Geheimnisse. Nach einein­halb Jahren Soko
wis­sen die Leute auf der Straße, wer die Tomeg- und Mega-Beamten in Rathenow
sind. Genau­so wis­sen wir, wer sie sind. Man ken­nt sich mit Namen. Ger­ade bei
Grup­pen­de­lik­ten spielt das eine große Rolle, die Anonymität ist aufgehoben,
die Hemm­schwelle für Straftat­en steigt. 

Wie sehen diese “Kon­tak­te” konkret aus?

Swen Schäfer: Wir tauchen an den Tre­ff­punk­ten auf und unter­hal­ten uns mit
den Leuten. Im Nor­mal­fall ist das Smalltalk. Bei Prob­le­men sagen wir aber
auch: Wenn ihr das nicht lasst, passiert das und das, ein Platzver­weis etwa.
Die Leute sollen wis­sen, dass die Polizei da ist und immer ein Auge auf sie
hat. Das ist unser Ziel. 

Inzwis­chen sind weniger Jugendliche gewalt­bere­it, aber immer noch
recht­sex­trem im Kopf. Geben Sie sich zufrieden?

Swen Schäfer: Das reicht uns nicht. Deshalb suchen wir bewusst die
Kom­mu­nika­tion auf der Straße. Da wird hart disku­tiert. Über die Zeit ändert
sich bei eini­gen im Bewusst­sein was, aber nicht von heute auf morgen. 

Disku­tieren Sie auch selb­st mit den Jugendlichen?

Swen Schäfer: Ja. 

Wie wür­den Sie begrün­den, dass es sinn­los ist, aus­län­der­feindlich zu sein?

Swen Schäfer: So pauschal kann man das nicht sagen. Ich muss mich auf den,
der vor mir ste­ht, ein­stellen. Bei ein­er Per­son, die schon Erfahrun­gen mit
Aus­län­dern gemacht hat, argu­men­tiere ich anders als bei jeman­dem, der keine
Aus­län­der kennt. 

Haben Sie und Ihre 16 Mitar­beit­er sich eigentlich weit­er­bilden müssen, um gut argu­men­tieren zu können?

Swen Schäfer: Ja, defin­i­tiv in den Bere­ichen Geschichte, Päd­a­gogik und
Psy­cholo­gie. Es ist naiv zu glauben, Jugendliche ließen sich mit
irgendwelchen Phrasen abspeisen. 

Viele stellen sich Recht­sradikale als Kurzrasierte in Springer­stiefeln vor,
die Aus­län­der schla­gen. Haben Sie auch solche Bilder im Kopf?

Swen Schäfer: Den typ­is­chen Recht­sradikalen gibt es nicht. Sie kom­men aus
allen Bevölkerung­steilen. Mit pauschalen Urteilen kön­nen wir nicht viel
anfan­gen. Für uns gilt: Auch ein Recht­sradikaler ist in erster Lin­ie ein
Men­sch, der eine Biografie, Emo­tio­nen und All­t­agsprob­leme hat. Wenn man das
begreift, find­et man auch Zugang. Wir tolerieren natür­lich ihre Tat­en und
Mei­n­un­gen nicht, aber wir akzep­tieren sie als Men­schen und gren­zen sie nicht
von vorn­here­in aus. Es ist gut und schön, “Nazis raus!” zu fordern. Aber
wohin sollen sie gehen? 

Der Bere­ich der poli­tisch motivierten Straftat­en ste­ht natür­lich besonders
im Licht der Öffentlichkeit. Ihr Arbeits­bere­ich ist aber viel größer …

Swen Schäfer: Wir befassen uns quer durchs Strafge­set­zbuch mit allen
Straftat­en, die Kinder, Jugendliche und Her­anwach­sende bege­hen. Dazu gehören
Kör­per­ver­let­zun­gen, Eigen­tums­de­lik­te und Ver­stöße gegen das
Betäubungsmit­telge­setz. Von Juli bis Ende Dezem­ber 2002 hat­ten wir etwa 400
Fälle. Im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ist die Kinder- und Jugendkriminalität
gesunken. 

Wie wer­den die Erfahrun­gen von Tomeg/Mega bei diesen Straftätern angewandt?

Swen Schäfer: Wenn ich ver­hin­dern will, dass ein Inten­sivtäter wieder
straf­fäl­lig wird, muss ich mir seine Biografie anguck­en. Oft kommt er aus
ein­er prob­lema­tis­chen Erziehungssi­t­u­a­tion, sieht keinen Sinn mehr im Leben.
Wenn nie­mand da ist, der sich um einen küm­mert, erzeugt das auch auffälliges
Ver­hal­ten. Wir machen uns Gedanken, was man dage­gen tun kann: Helfen
präven­tive Maß­nah­men oder nur repressive? 

Apro­pos. Manch­mal hat man den Ein­druck, dass sich alles nur um Prävention
dreht. Was ist mit Strafen?

Swen Schäfer: In der Ver­gan­gen­heit haben Repres­sio­nen mehr gezählt. Das
kon­nte man auch sta­tis­tisch ein­fach­er abhak­en. Aber die Polizei ist auch zur
Gefahren­ab­wehr da, Die Präven­tion wurde ver­nach­läs­sigt. Mit dem
täteror­i­en­tierten Ansatz sind jet­zt bei­de Seit­en gle­ich gewichtet. Natürlich
wird verurteilt. Aber im Jugend­strafver­fahren zählt auch der pädagogische
Gedanke. Die USA und Rus­s­land ver­hän­gen die schlimm­sten Strafen, aber haben
trotz­dem die höch­ste Krim­i­nal­ität. Wenn ich Men­schen ändern will, gehört
Druck dazu, aber ich muss auch Alter­na­tiv­en anbi­eten, zeigen, wo es hingehen
kann. Knast macht auf Dauer nie­man­den besser. 

Hat­ten Sie Fälle, wo Sie gedacht haben, da ist Hopfen und Malz verloren?

Swen Schäfer: Natür­lich, aber daran ori­en­tieren wir uns nicht. Wir merken
uns eher Pos­i­tives, wenn jemand kommt und sagt, ich habe mein Leben jet­zt im
Griff. Da freut man sich. In unserem Bere­ich braucht man grundsätzlich
Opti­mis­mus. Ich habe einen Stan­dard­spruch: Kein Men­sch ist von Grund auf
schlecht.

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Wittstock will das “Bombodrom”

Witt­stock — Der Witt­stock­er Bürg­er­meis­ter Lutz Schei­de­mann (FDP) hat
Bun­desvertei­di­gungsmin­is­ter Peter Struck (SPD) zu ein­er Entschei­dung über
den Bomben­ab­wurf­platz in der Kyritz-Rup­pin­er Hei­de und über die Gar­ni­son in
der Stadt aufge­fordert. Die Bun­deswehr sei eine plan­bare Chance für die
Region, schreibt Schei­de­mann in einem offe­nen Brief an Struck und den
Vertei­di­gungsauss­chuss. Die öffentliche Mei­n­ung sei nicht iden­tisch mit dem
Protest der Gegner.
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Strausberg: Ausländerfeindlichkeit in der S‑Bahn

Am 02. April diesen Jahres wurde ein 33jähriger in der S‑Bahn mit
aus­län­der­feindlichen Parolen belei­digt und mit der Faust geschla­gen. Bei
ein­er späteren ärztlichen Unter­suchung wur­den u. a. ein Nasen­bein­bruch und
ein Hämatom am linken Auge diag­nos­tiziert. Der Geschädigte erstattete
Anzeige wegen Kör­per­ver­let­zung und Belei­di­gung. Am Dienstagnachmittag
erkan­nte er den Tatverdächti­gen wieder und benachrichtigte die Polizei.
Durch den sofor­ti­gen Ein­satz von drei Beamten des Jugend­kom­mis­sari­ats sowie
der oper­a­tiv­en Fah­n­dung kon­nte die 26jährige polizeibekan­nte Person
fest­gestellt und iden­ti­fiziert wer­den. Zum Motiv sein­er Hand­lun­gen befragt,
gab er aus­län­der­feindliche Motive an. Die Ermit­tlun­gen gegen ihn wurden
nun­mehr abgeschlossen, das Ver­fahren wurde der Staat­san­waltschaft vorgelegt.
Für diese und andere Straftat­en wird er sich in Kürze vor dem Amtsgericht
Straus­berg zu ver­ant­worten haben. 

(Infori­ot) Siege auch den Bericht der BOrG Straus­berg zu diesem Über­griff: bergriff in S‑Bahn

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Reden üben: Rhetorikseminar Anfang Mai

02. — 04. Mai 2003

Ohne Rede-und Argu­men­ta­tions-Tech­niken ist es kaum möglich, vor vie­len Men­schen zu reden oder seine poli­tis­che Mei­n­ung zu vertreten. Schon um die Tricks ander­er zu durch­schauen, wer­den hier die grundle­gen­den Tech­niken ver­mit­telt, Redeangst reduziert sowie das Handw­erk­szeug für
Diskus­sion­sleitung und Vorträge erläutert. Die prak­tis­chen Übun­gen wer­den durch Videoaufze­ich­nun­gen unterstützt.Dadurch erhal­ten alle Teil­nehmerIn­nen die Möglichkeit, das the­o­retisch Erlernte sofort umzuset­zen und einzuüben
und sich selb­st dabei zu beobachten. 

Anmelden kön­nt ihr euch bei (dort erfahrt ihr auch, wo genau das Sem­i­nar stat­tfind­en wird): 

JungdemokratInnen/Junge Linke Brandenburg

Kopen­hagen­er Str. 47

10437 Berlin

(030) 24729 747

info@jungdemokraten.de

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Antifademo zum Tag der Befreiung vom Faschismus


Aufruf zur antifaschis­tis­che Demon­stra­tion zum Tag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus in Rathenow 

Sam­stag, 10. Mai 2003, 15 Uhr, Dunck­er­platz (Bahn­hofsvor­platz), Rathenow

Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus

Am 8.Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa sowie die Nation­al­sozial­is­tis­che Dik­tatur in Deutsch­land und damit sechs Jahre Krieg und 12 Jahre Gewaltherrschaft, die mil­lio­nen­fachen Tod und unzäh­liges Leid über die den Kon­ti­nent bracht­en. Nur durch den Sieg der alli­ierten Stre­itkräfte über die mil­itärische Stütze des NS – Regimes, brach das Sys­tem des Ter­rors zusam­men. Ein Augen­blick der zu Recht als Befreiung ange­se­hen wird.

Befreiung u.a. für die Mil­lio­nen aus ganz Europa ver­schleppten Zwangsar­bei­t­erIn­nen und den weni­gen Über­leben­den der KZ–Haft. Befreiung aber auch für die Deutschen, obwohl ein großer Teil für die
Dik­tatur erhe­blich mitver­ant­wortlich war und eine Selb­st­be­freiung vom NS-Regime nicht ver­mochte. Ein Fanal das schließlich zur total­en Zer­störung der Städte und Gemein­den auch in Rathenow und Umge­bung führte. 

Bis zum 6.Mai 1945 wurde der Frontab­schnitt Rathenow unter Ver­ant­wor­tung des NS–Kriegsverbrechers Wil­helm Kei­t­el schw­er umkämpft und schließlich geopfert, um die Flucht von großen Teilen der nation­al­sozial­is­tis­chen Wehrma­cht über die Elbe bei Tanger­münde zu deck­en. Der Preis dafür war die Zer­störung der havel­ländis­chen Kreisstadt. 

Doch Rathenow ist nicht nur Krieg­sopfer. Tausende von
Zwangsar­bei­t­erIn­nen und Häftlinge des örtlichen Außen­lagers des KZ Sach­sen­hausens wur­den während des zweit­en Weltkrieges in der regionalen kriegswichti­gen optis­chen Indus­trie sowie in der Mil­itär­flugzeug­in­dus­trie zu Gun­sten des kriegführen­den NS–Regimes und sein­er Pal­a­dine in der Wirtschaft geschunden. 

Fast alle Mit­glieder der jüdis­chen Gemeinde Rathenows wur­den während des Krieges in die Ver­nich­tungslager im Osten deportiert, der jüdis­che Fried­hof wurde ver­wüstet, die örtliche Syn­a­goge bere­its 1938 gebrandschatzt. 

Nazis heute

Nazi­ak­tiv­itäten nach Hitler wer­den im Raum Rathenow ver­stärkt erst wieder seit den 1990er Jahren wieder beobacht. Seit­dem tauchte hier unzäh­lige Pro­pa­gan­da von NF über NPD bis zu den heuti­gen „freien Nation­al­is­ten“ auf.
Beson­ders neg­a­tiv fie­len die Rathenow­er Nazis von Anfang an aber durch ihre hem­mungslose Bere­itschaft zur Gewalt auf, die unzäh­lige Ver­let­zte und min­destens ein Todes­opfer seit 1990 zur Folge hatten. 

112 recht­sex­treme Delik­te im Jahr 2002 (1), allein im Landkreis
Havel­land mit Rathenow als Kreis­stadt, ste­hen 356 Recht­sex­treme Delik­te im Jahr 2001 im gesamten Land Bran­den­burg (2) gegenüber und verdeut­lichen nach wie vor Rathenows Posi­tion als Bren­npunkt des Rechtsextremismus.
Hin­ter Pro­pa­gan­da und Gewalt steck­en in den meis­ten Fällen Nazis, des regionalen Kam­er­ad­schafts­ge­flechts „Hauptvolk“, die sich durch Kam­er­ad­schaft­str­e­f­fen koor­dinieren, einen eige­nen Kam­er­ad­schaft­srund­brief her­aus­geben und sich an bun­desweit­en Nazipoli­tak­tio­nen beteili­gen. Ins­beson­dere die mas­siv­en Pro­pa­gan­daak­tiv­itäten zum 15. Todestag des NS – Kriegsver­brech­ers Rudolf Hess im ver­gan­genen Jahr zeigten dies. Zudem wur­den unlängst Nazis der Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ in ein­er Prem­nitzer Wach­schutz­fir­ma, die in
der Region u.a. für das Überwachen von Veranstaltungen,
Fahrzeugkon­trollen und bewaffneten Per­so­n­en­schutz engagiert wird, ent­tarnt. Beson­ders brisant war in dem Fall auch die Bewachung des Rathenow­ers Flüchtling­sheims (!) durch diesen Wach­schutz, da es in den let­zten Jahren zu mas­siv­en ras­sis­tisch motivierten Über­grif­f­en auf Flüchtlinge aus diesem Heim gekom­men war. 

Der Kampf gegen den Nation­al­sozial­is­mus endet nicht am 8.Mai 1945!

Kein Frieden für Hitlers Erben!

Aufrufer

Antifaof­fen­sive West­havel­land, Antifaschis­tis­che Front Rathenow, Jungdemokraten/Junge Linke Rathenow, Flüchtlinge aus Rathenow, Antifaschis­tis­che Aktion Neuruppin 

Unterstützer:

Antifa Weißensee, Antifa Hohen­schön­hausen, Antifa Jugend Ost­ber­lin, Autonome Antifa Genthin 

Zusatz­in­for­ma­tio­nen

Rathenow 1933 – 1945 (Geschichte der Juden in
Rathenow):

www.brandenburg.de

Nazis in Rathenow und Umge­bung heute:

www.inforiot.de/westhavelland

Ver­wen­dete Quellen:

1.) Märkische All­ge­meine Zeitung (MAZ) 28.03.2003, veröf­fentlicht am
28.03.2003 auf www.inforiot.de

2.) Ver­fas­sungss­chutzbericht Bran­den­burg 2001

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Wittstocker Bürgermeister ignoriert Osterproteste gegen Bombodrom

(Indy­media, von Sven­nie d. R.) Noch am ver­gan­genen Oster­son­ntag demon­stri­erten über 5000 Men­schen aus der Kyritz Rup­pin­er Hei­de gegen Krieg und eine mil­itärische Nutzung ihrer Region. In einem offe­nen Brief an den vertei­di­gungsauss­chuss im Bun­desrat und erteidigungsminister
Peter Struck (SPD) sprach sich Witt­stocks FDP-Bürg­er­meis­ter Lutz Schei­de­mann gestern für den Betrieb des Witt­stock­er Bom­bo­droms durch die Bun­deswehr aus. Schei­de­mann forderte eine schnelle Entschei­dung der Bun­deswehr über die Nutzung der Liegenschaft. 

Die Aktiv­itäten der Bürg­erini­tia­tive FREIe HEI­De entsprächen nicht der Mei­n­ung der bre­it­en Öffentlichkeit. 

Vor eini­gen Jahren wandte sich der Witt­stock­er Bürg­er­meis­ter Schei­de­mann (FDP) noch gegen das Bom­bo­drom, doch bere­its 1999 argu­men­tierte er wie folgt:
“Die 850 Wehrpflichti­gen hät­ten manche Mark hier gelassen. Auch durch die Gelöb­nisse hätte es einen gewis­sen Touris­mus gegeben.” 

1999 wurde der ehe­ma­lige NVA-Offizier und jet­zige Bun­deswehr-Ober­stleut­nant Wolf­gang Engel in den Kreistag, der als Übungsplatzspezial­ist und neuer Kom­man­dant in die Rup­pin­er Hei­de geschickt wurde, gewählt. Die FREIe HEI­De-Aktivis­tim Annemarie Friedrich ver­lor damals ihr Man­dat. Daraus schloß Schei­de­mann, daß die Stim­mung in der Bevölkerung einen Umschwung erfahren hätte. Schei­de­mann argu­men­tiert weit­er­hin damit, daß eine Sanierung des Gelän­des nur mit Hil­fe der Bun­deswehr möglich wäre. Jedoch läßt er dabei außer acht, daß die Bun­deswehr das Gelände gar nicht ökol­o­gisch sanieren möchte. Auch die Hoff­nung auf höhere Ein­nah­men der Region durch schlecht besol­dete Wehr­di­en­stleis­tende ist eher utopisch. 

Der Trup­penübungsplatz hat eine Aus­dehnung von 126 Quadratk­ilo­me­ter. Die Kosten für die Nutzbar­ma­chung: betra­gen rund 160 Mio. Euro. Davon ent­fall­en für die Alt­las­te­nentsorgung unge­fähr 5–10 Mio.Euro, auf die Ent­mu­ni­tion­ierung: 55–160 Mio. Euro, auf die Errich­tung der Platzein­rich­tun­gen: 27–33 Mio. Euro. Zwar entstün­den über 300 gefährliche Arbeit­splätze für Muni­tion­sräu­mungsar­beit­en, doch wären diese zeitlich befristet.815 Sol­dat­en, 150 zivile Arbeit­skräfte, 25–30 zivile Wach­leute sollen in der Rup­pin­er Hei­de sta­tion­iert wer­den. Investi­tio­nen für die Alt­las­te­nentsorgung belaufen sich auf 4 Mio. Euro, für die Trup­pe­nun­terkun­ft auf 76 Mio. Euro. Die Bau­maß­nah­men wür­den zeitweise unge­fähr 200 Arbeit­splätze schaffen. 

In Witt­stock engagiert sich auch eine CDU-nahe Bürg­erini­tia­tive klein- und mit­tel­ständi­ger Unternehmen
namens PRO Bun­deswehr für die Schaf­fung eines Gar­ni­sion­s­stan­dortes in der Region. 

Links

Bericht über Oster­marsch und FREIe HEI­De / Freier Himmel

Reportage über Oster­marsch in Fretzdorf
http://www.de.indymedia.org/2003/04/49386.shtml

(Infori­ot) Auf dem Indy­media-Post­ing sind zahlre­iche weit­er­führende Links zum weit­er­lesen aufgeführt.

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Aufgepasst bei der Jobsuche!

Stu­di-Spitzel gesucht: Der Verfassungsschutz
wirbt in Bran­den­burg mit dubiosen Methoden
um MitarbeiterInnen

Die Anzeige, die der 21-jährige Mar­tin* in der
Woch­enen­daus­gabe der Märkischen
All­ge­meinen Zeitung vom 22. März entdeckte,
sah vielver­sprechend aus: “Neben­job! Suche
poli­tik­in­ter­essierte junge Leute ab 18!”. Der
Oranien­burg­er Stu­dent meldete sich sogle­ich bei
der Kon­takt-Tele­fon­num­mer des “Arbeit­skreis
Wis­sen und Fortschritt”, der die Annonce
geschal­tet hat­te. Schnell war ein Ter­min für ein
Vorstel­lungs­ge­spräch ausgemacht. 

Was Mar­tin damals noch nicht wusste: Den
“Arbeit­skreis Wis­sen und Fortschritt” -
vorge­blich ansäs­sig in Essen — gibt es nicht
wirk­lich, er ist eine Briefkas­ten-Fir­ma. Es ist zu
ver­muten, dass dahin­ter der Verfassungsschutz
oder eine andere staatliche Behörde steckt, die
ver­sucht, auf zunächst betont harm­lose Art,
Mitar­bei­t­erIn­nen im Land Bran­den­burg zu
gewin­nen. Beim Betra­cht­en der Arbeitsweise,
mit der Spitzel zum Auskund­schaften sozialer
Bewe­gun­gen gewon­nen wer­den sollen, drängen
sich Ver­gle­iche mit den Meth­o­d­en der Stasi auf. 

Das Vorstel­lungs­ge­spräch von Mar­tin findet
Ende März in einem Café am Pots­damer Platz in
Berlin statt. Die Frau mit der er sich trifft, ist
dieselbe, mit der er einige Tage zuvor den
Ter­min aus­gemacht hat. Es gehe um Recherchen
für eine Polit­studie, sagt die etwa 25 Jahre alte
Frau. Der “Arbeit­skreis Wis­sen und Fortschritt”
unter­stütze Autoren und Insti­tu­tio­nen bei ihrer
Arbeit. “Wir wollen wis­sen, was Jugendliche
dazu bewegt, Poli­tik zu machen. Wir wollen
her­aus­find­en, warum sie in Oppo­si­tion zum
Staat gehen.” Die Auf­gabe von Mar­tin sei es,
Ver­anstal­tun­gen zu besuchen und darüber
Berichte anzufer­ti­gen. Weil Mar­tin eine
Dread­lock-Frisur trägt, erk­lärt die Frau vom
“Arbeit­skreis Wis­sen und Fortschritt”, dass für
ihn “ja wohl eher die links­gerichtete Szene in
Frage komme.” An der recht­en Szene sei man
aber eben­so inter­essiert. Mar­tin stimmt zu, er
geht ja ab und an auf Demos der “Achse des
Friedens”. Der Job sei für Studierende eine
aus­geze­ich­nete Gele­gen­heit, ein wenig Geld zu
ver­di­enen, erk­lärt die Frau weit­er: “Ich mache
das sel­ber auch schon einige Zeit.” 

Mar­tin freut sich über das Ange­bot und die gute
Bezahlung, die in Aus­sicht ste­ht: 10 Euro gibt es
pro Stunde Zeitaufwand für das Besuchen von
Ver­anstal­tun­gen, fünf Euro Stun­den­lohn für das
Schreiben der Berichte. Spe­sen wer­den auch
über­nom­men. Stutzig wird Mar­tin erst, als ihm
erk­lärt wird, dass es nicht möglich sei, einen
Arbeitsver­trag abzuschließen und der Lohn bei
regelmäßig stat­tfind­en­den Tre­f­fen bar
aus­gezahlt wer­den soll. Trotz­dem soll alles seine
Ord­nung haben und “schon ver­s­teuert” sein. Das
Arbeitsver­hält­nis soll län­gere Zeit dauern — auf
drei bis sechs Jahre sei die Studie angelegt. Im
Laufe der Zeit würde es allerd­ings keinen
pauschalen Stun­den­lohn mehr geben, sondern
nach “Qual­ität der Infor­ma­tio­nen” gezahlt
werden. 

Um sich zu über­legen, ob er den Job haben will,
kann sich Mar­tin ein paar Tage Zeit nehmen.
Dann, schlägt die Frau vor, soll es ein zweites
Tre­f­fen geben, zu dem sie ihm eine Liste mit
Ver­anstal­tun­gen mit­brin­gen will (“zum Beispiel
aus der Friedens­be­we­gung”), die Martin
besuchen soll. 

Aus dem Tre­f­fen wurde nichts. Wieder zuhause
in Oranien­burg, kam Mar­tin das Jobangebot
nach einigem Zweifeln zu dubios vor. Er
besprach den Vor­fall mit der linken Rechtshilfe-
Organ­i­sa­tion Roten Hil­fe, die seine Vermutung
bestäti­gen kon­nte: Zum Beispiel sind ähn­liche Vor­fälle aus Berlin bekan­nt (siehe “Suche Spitzel nicht Heinzel­mann”, TAZ vom 7.11.2002, Seite 21). Dort wollte der
Ver­fas­sungss­chutz im Herb­st 2002 über
Anzeigen Stu­den­ten als Spitzel wer­ben, um das
Kreuzberg­er Alter­na­tivzen­trum Mehringhof
auszus­pi­onieren. Auch damals soll­ten die
Job­suchen­den anfangs ange­blich lediglich
Recherchen für eine Studie anstellen. Das
Com­ing Out der Sicher­heits­be­hörde folgte
später. 

Obwohl die Frau von “Wis­sen und Fortschritt”
beim ersten Tre­f­fen Mar­tin den Job zugesagt
hat­te, rief sie ihn wenige Tage später an und
erk­lärte, dass es nun doch kein Inter­esse an einer
Zusam­me­nar­beit mehr gebe. Es drängt sich so
der Ver­dacht auf, dass Mar­tins Handy abgehört
wurde. 

Wie viele Men­schen sich auf die Anzeige von
“Wis­sen und Fortschritt” gemeldet haben und
wie viele davon nun in Bran­den­burg politische
Grup­pen bespitzeln ist nicht bekan­nt. Ebenso
wenig weiß man, ob es nicht mehrere solcher
Anzeigen gegeben hat. Men­schen, die mit
ähn­lich dubiosen Ange­boten kon­fron­tiert waren,
kön­nen sich an Infori­ot wenden. 

Für das Land Bran­den­burg ist das Wer­ben von
Spitzeln über Zeitungsanzeigen neu (zumin­d­est
ist seit dem Ende der DDR der­gle­ichen nie
bekan­nt gewor­den). Des öfteren hinge­gen wurde
doku­men­tiert, dass der Ver­fas­sungss­chutz direkt
bekan­nte AktivistIn­nen ansprach, um von ihnen
gegen Bezahlung Infor­ma­tio­nen zu erhal­ten. Der
let­zte der­ar­tige Fall, der bekan­nt wurde,
ereignete sich in Neu­rup­pin. Umfassend bekannt
gewor­den hinge­gen sind die Umtriebe des
Bran­den­burg­er Lan­desamts für
Ver­fas­sungss­chutz im Zuge der Affäre um den
Nazi und VS-Infor­man­ten Toni Stadler
.

* Name und per­sön­liche Dat­en sind geändert.

Inforiot