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Folter in der ZAST

Eisen­hüt­ten­stadt: Unmen­schliche Behand­lun­gen von Asyl­be­wer­bern im soge­nan­nten Beruhigungszimmer

(Junge Welt, Timo Berg­er, 22.10.) Die Anti­ras­sis­tis­che Ini­tia­tive Berlin (ARI) hat jüngst auf Aus­sagen von
Flüchtlin­gen aufmerk­sam gemacht, die in der Zen­tralen Auf­nahmestelle für
Asyl­be­wer­ber in Eisen­hüt­ten­stadt (ZAST) unmen­schlichen Behandlungen
aus­ge­set­zt wur­den. Zwei Fälle hat die Berlin­er Flüchtlingsorganisation
doku­men­tiert und der Presse zugänglich gemacht. 

Fall 1: B. (*) befind­et sich zur Zeit in der ZAST in Eisen­hüt­ten­stadt. Sie
sprach der ARI auf das Ton­band des Anruf­beant­worters. Dabei schildert sie,
daß sie drei Tage lang in einem soge­nan­nten Beruhi­gungsz­im­mer festgehalten
wurde, ihre Arme und Beine so fest an das Bett gebun­den waren, daß ihre
Blutzirku­la­tion eingeschränkt wurde. Danach mußten sich mehrere Ärzte darum
küm­mern, den Blutkreis­lauf wieder in Gang zu brin­gen. Ein Sprech­er der ARI
erk­lärte, B. sei seit­dem wieder­holt im »Beruhi­gungsz­im­mer« fix­iert worden. 

Fall 2: Der Flüchtling N. (*) wird seit über zehn Monat­en fest­ge­hal­ten und
wurde eben­falls mehrmals im »Beruhi­gungsz­im­mer« jew­eils für einige Stunden
aufs Bett gebun­den. »Die Leute, die aggres­siv sind oder ein­fach nur
durch­drehen«, erzählt er, »wer­den gefes­selt, Man kann dich töten, ohne daß
du etwas dage­gen tun kannst. Eine Stunde bleib­st du da min­destens. Du
kriegst kein Essen. Ich habe den Wärter, der das gemacht hat, nach seinem
Namen gefragt, aber ver­rat­en hat er ihn mir nicht. Du kannst nichts tun.« 

Die Leitung der ZAST wollte gegenüber junge Welt mit Ver­weis auf die
Zuständigkeit der Press­es­telle des Innen­min­is­teri­ums keine Stellung
beziehen. Der stel­lvertre­tende Press­esprech­er des Innenministeriums
Bran­den­burg, Wolf­gang Brandt, erk­lärte am Dien­stag, daß er den Bericht der
ARI nicht kenne. Er schloß aber »grund­sät­zlich aus, daß es zu
unver­hält­nis­mäßi­gen Gewaltanwendungen
me.« 

Die ZAST Eisen­hüt­ten­stadt war im Dezem­ber 2000 vom Anti-Folterkomi­tee des
Europarates (CPT) besucht wor­den. Eine 13-köp­fige Del­e­ga­tion von Ärzten, Juristen,
Gefäng­nis- und Men­schen­recht­sex­perten besichtigte Polizeikom­mis­sari­ate, Gefängnisse,
Abschieberäume und psy­chi­a­trische Anstal­ten in sieben Bun­deslän­dern. Im
Abschlußbericht, der erst im März 2003 nach der Zus­tim­mung durch die Bundesregierung
veröf­fentlicht wurde, kri­tisierte das Komi­tee unter anderem die Zustände im
Abschiebege­wahrsam in der bran­den­bur­gis­chen ZAST

Die €päis­chen Folter­ex­perten ent­deck­ten u.a. einen Ver­wahrraum mit vier
Eisen­rin­gen am Boden, die dafür benutzt wur­den, Häftlinge mit gespreizten Armen und
Beinen fest zu binden. »Die Bedin­gun­gen in ein­er der bei­den Sicher­heit­szellen in
Eisen­hüt­ten­stadt (Zelle Nr. 2008) war völ­lig unan­nehm­bar«, so der Bericht. Mit
Ver­weis auf die €päis­che Antifolterkon­ven­tion forderte die CPT die deutschen
Behör­den dazu auf, »die vier Eisen­ringe sofort zu entfernen«. 

Doch den jüng­sten Aus­sagen von Flüchtlin­gen zufolge, hat sich in der ZAST
Eisen­hüt­ten­stadt auch nach dem Besuch des Anti-Folterkomi­tees des Europarates nur
wenig geändert. 

Die ARI Berlin, die Flüchtlingsini­ti­ta­tive Bran­den­burg, die JungdemokratInnen/Junge
Linke u.a. ver­anstal­ten vom 29. bis 31. Okto­ber Aktion­stage in Eisenhüttenstadt.
Unter dem Mot­to »Plan your Escape Route« wer­den drei Tage lang Aktio­nen stattfinden.
Infor­ma­tio­nen und Anmel­dung unter

www.plan-your-escape-route.tk und

www.jdjl-brandenburg.de.

Tele­fon: 0331/7049363.

(*) Voll­ständi­ge Namen sind der Redak­tion bekannt.

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Einsatz gegen Diskriminierung von Homosexuellen weiterhin dringend notwendig


Lan­desvor­sitzen­der Vogt: Kom­plette Stre­ichung von För­der­mit­teln macht langjährige
schwul-les­bis­che Aufk­lärungs- und Infor­ma­tion­sar­beit zunichte

Zu den jüng­sten Ankündi­gun­gen der Lan­desregierung, För­der­mit­tel in Höhe von 66.000
Euro für die Inter­essen­vertre­tung von Schwulen und Les­ben im Land kom­plett zu
stre­ichen, sagt der Lan­desvor­sitzende von BÜNDNIS 90/Die Grü­nen, ROLAND VOGT

BÜNDNIS 90/Die Grü­nen erscheinen die angekündigten Einsparun­gen völlig
unangemessen. Denn damit würde die in lan­gen Jahren müh­sam aufge­baute und für
schwul-les­bis­che Belange in Bran­den­burg unab­d­ing­bare Inter­essen­vertre­tung, das
Beratungs- und Aufk­lärungsange­bot auf einen Schlag zunichte gemacht. Beim Einsatz
gegen die Diskri­m­inierung von Homo­sex­uellen gibt es in diesem Land aber noch sehr
viel zu tun. Vorurteile gegen Les­ben und Schwule sind lei­der in allen
Bevölkerungs­grup­pen noch immer weit ver­bre­it­et. Wer in dieser Sit­u­a­tion die
Bedeu­tung ein­er Ein­rich­tung wie der Lan­desko­or­dinierungsstelle für lesbisch-schwule
Belange verken­nt und ihr den Geld­hahn abdreht, han­delt verantwortungslos.” 

“Die Kürzung von 66 000 Euro bedeutete qua­si das Aus der Aufk­lärung und Information
über schwul-les­bis­che Belange in Bran­den­burg, denn die Landeskoordinierungsstelle
für les­bisch-schwule Belange müsste damit ihre Arbeit ein­stellen. Das trifft die
Beratung von Men­schen, die merken, dass sie “ander­sherum” sind, genau­so, wie
Aufk­lärung­spro­jek­te in Schulen und päd­a­gogis­chen Ein­rich­tun­gen, die Fort- und
Weit­er­bil­dung von päd­a­gogis­chen Fachkräften, die Schu­lung von Schwulen- und
Les­ben­beauf­tragten und die Christopher-Street-Tour.” 

“Die Gle­ich­stel­lung von Schwulen und Les­ben in der Gesellschaft ist nicht allein ein
Kern­pro­jekt bünd­nis­grün­er Poli­tik, son­dern auch Auf­trag der Ver­fas­sung des Landes
(Artikel 12 Absatz 2, Artikel 26 Abs. 3). Wir Bran­den­burg­er Bünd­nis­grüne tragen
Sorge dafür, dass Schwule und Les­ben auch in Bran­den­burg zu ihrem Recht kom­men. Wir
fordern die Lan­desregierung deshalb auf, die Inter­essen­vertre­tung für
les­bisch-schwule Belange weit­er wenig­stens im bish­eri­gen Umfang zu fördern.”

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Schulschwänzer durch fesselnden Unterricht zurückholen

Schulschwänz­er durch fes­sel­nden Unter­richt zurück­holen, nicht durch Fußfesseln

VOGT: Schön­bohms fin­stere Gedanken­spiele zie­len erneut auf recht­en Rand / Ange­bot in
Schulen muss verbessert werden 

Zu dem Vorschlag von Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm, kriminelle
Schulschwänz­er mit elek­tro­n­is­chen Fußfes­seln zu diszi­plin­ieren sagt der
Lan­desvor­sitzende von BÜNDNIS 90/Die Grü­nen, ROLAND VOGT

“Mit seinem absur­den Vorschlag zeigt Schön­bohm kurz vor der Kom­mu­nal­wahl wieder
ein­mal beein­druck­end, welche Pri­or­itäten er set­zt. Ein Prob­lem von Schulen,
Schü­lerIn­nen und Eltern soll durch Bestra­fung und die Polizei gelöst wer­den. Die
Ursachen der Mis­ere lässt Schön­bohm außen vor. Darum geht es ihm auch gar nicht.
Denn Schön­bohms Äußerun­gen sind schlimm­ster Pop­ulis­mus. Sein fin­ster­er Vorschlag
soll Äng­ste und mar­tialis­che Instink­te poten­zieller CDU-Wäh­ler am recht­en Rand
ansprechen, um wenige Tage vor der Kom­mu­nal­wahl dort noch ein paar Stim­men zu
gewin­nen. Kom­pe­tenz im Bil­dungswe­sen sieht anders aus. 

BÜNDNIS 90/Die Grü­nen weisen der­ar­tige Gedanken­spiele entsch­ieden zurück. Wir wollen
Schulschwänz­er in Bran­den­burg durch einen fes­sel­nden Unter­richt zurück in die
Schulen holen und nicht durch Fußfes­seln. In erster Lin­ie müssen das Ange­bot der
Schulen, die Qual­ität des Unter­richts verbessert wer­den. Auf das Prob­lem der
Schul­ver­weigerung sind zudem päd­a­gogis­che Antworten nötig. Die Zusam­me­nar­beit von
Schulen, Schü­lerin­nen und Schüler, Eltern und Jugend­hil­fe — wie sie an einigen
bran­den­bur­gis­chen Schulen prak­tiziert wird — ist ein Weg. 

Die Schü­lerin­nen und Schüler brauchen einen hochw­er­ti­gen Unter­richt, angemessene
Klassen­fre­quen­zen und gut aus­ge­bildete LehrerIn­nen. Die Lehrkräfte müssen zu einer
indi­vidu­ell fördern­den Päd­a­gogik befähigt wer­den. Die Schü­lerin­nen und Schüler
müssen spüren, dass sie gewollt sind und nicht in “Ver­wahranstal­ten” ihre Zeit
absitzen. Wir appel­lieren zudem an die Schul­träger, das Förder­pro­gramm der
Bun­desregierung zum Aus­bau der Ganz­tages­be­treu­ung zu nutzen. Ganz­tagss­chulen sichern
die Vere­in­barkeit von Erwerb­stätigkeit und Fam­i­lie und leis­ten auch einen Beitrag
zum Abbau sozialer Benachteiligung.”

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»Heldengedenken« in Halbe?

Halbe kommt nicht zur Ruhe. Im Sep­tem­ber wurde bekan­nt, daß der langjährige Neon­azi-Aktivist Ulli Boldt in dem Bran­den­burg­er Örtchen für die Gemein­de­wahlen kan­di­dieren wollte – und das aus­gerech­net auf der Liste der PDS. Anläßlich des Volk­strauertages am 16. Novem­ber dieses Jahres mobil­isieren nun diverse Neon­azi-Organ­i­sa­tio­nen in den 2500-See­len-Ort. Am Sam­stag, den 15. Novem­ber, pla­nen der »Fre­un­deskreis Halbe« und die »Freien Nation­al­is­ten« unter dem Mot­to »Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en« einen Auf­marsch, zu dem über ein­tausend Anhänger aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et erwartet wer­den. Die Neon­azis knüpfen an diesem Tag auch an das nation­al­sozial­is­tis­che »Heldenge­denken« an. Ein antifaschis­tis­ches Bünd­nis ruft zu ein­er Gegenkundge­bung auf. Zusam­men mit Berlin­er Grup­pen wollen die Antifaor­gan­i­sa­tio­nen vor Ort am 15.November um 11 Uhr vor dem Zen­tral­fried­hof der von der Wehrma­cht ermorde­ten Deser­teure und Zwangsar­beit­er gedenken und den Nazi-Auf­marsch verhindern. 

Schon in der Ver­gan­gen­heit hat­ten sich Rechte unter­schiedlich­er Couleur immer wieder in Halbe einge­fun­den. Der dor­tige Sol­daten­fried­hof ist der größte Deutsch­lands, auf dessen Boden die let­zte große Kesselschlacht des Zweit­en Weltkriegs stat­tfand. Schon vor einem Jahr hat­ten sich »Freie Kam­er­ad­schaften« darum bemüht, in Halbe demon­stri­eren zu kön­nen. Zahlre­iche Antifa­grup­pen hat­ten zu ein­er Protestkundge­bung aufgerufen, so daß die Sicher­heit der anreisenden Neon­azis nicht mehr garantiert wer­den kon­nte – was zum Ver­bot des Auf­marsches führte. Wegen der juris­tis­chen Argu­men­ta­tion in der Ver­botsver­fü­gung haben die Nazis dieses Jahr ersatzweise auch am 16. Novem­ber Kundge­bun­gen angemeldet. »Wenn es den Nazis gelingt, alljährlich am Volk­strauertag in Halbe einen Auf­marsch durchzuführen, wird dies zu ein­er Stärkung der mil­i­tan­ten Recht­en führen – vor Ort und bun­desweit«, so Sven Thal­heimer, Sprech­er des antifaschis­tis­chen Bünd­niss­es. »Wir wer­den gut daran tun, den Auf­marsch auch dieses Jahr zum Desaster zu machen«, meint er. 

Tat­säch­lich ist die Konzen­tra­tion neon­azis­tis­ch­er Aktiv­itäten in der Region auf­fäl­lig. Der Land­kreis Dahme-Spree­wald und beson­ders dessen größte Stadt Königs Wuster­hausen – Boldts let­zter Wohnort – sind für eine gut organ­isierte rechte Szene bekan­nt. Schon vor zwölf Jahren war Boldt ein­er der Organ­isatoren der großen »Heldenge­denk­feier«, an der die »Berlin­er Kul­turge­mein­schaft Preußen« (BKP) maßge­blichen Anteil hat­te. 1994 über­nahm der heute 39jährige den Vor­sitz der BKP. Später unter­wan­derte er die märkische Junge Union und wurde 1997 erst nach skan­dal­trächti­gen Protesten aus­geschlossen. Par­al­lel betrieb er das »Nationale Infotele­fon«. Nach­dem 1999 Unbekan­nte sein Auto abbran­nten, ver­ließ er Königs Wuster­hausen und zog nach Halbe. Im Mai 2000 wurde er bei der 1.-Mai-Demo der NPD in Berlin gese­hen. Um so pein­lich­er, daß der PDS-Kreisver­band erst auf den berüchtigten Kan­di­dat­en aufmerk­sam gemacht wer­den mußte. Boldt flog in let­zter Minute von der Liste – unmit­tel­bar bevor diese bei den Behör­den ein­gere­icht wurde. Der Unternehmens­ber­ater sei in der frei­willi­gen Feuer­wehr und im örtlichen Fußbal­lvere­in sehr engagiert gewe­sen, so die PDS vor Ort. Offen­bar reichte das aus. 

* Infor­ma­tio­nen: www.redhalbe.de.vu

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Brandenburger Verfassungsschutz verleumdet World Socialist Web Site

(Infori­ot) Im fol­gen­den doku­men­tieren wir einen Beitrag der trotzk­istisch ori­en­tierten “World Social­ist Website”.

(World Social­ist Web Site, 18.10.03) Der Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg hat auf sein­er Online-Seite einen Artikel veröf­fentlicht, der der World Social­ist Web Site (WSWS) die Förderung von Gewalt­bere­itschaft vor­wirft und sie in das Umfeld des gewalt­täti­gen “link­sex­trem­istis­chen Spek­trums” rückt. Die Redak­tion der WSWS weist diese ver­leumderische Unter­stel­lung in aller Schärfe zurück und behält sich rechtlich Schritte vor, um den Ver­fas­sungss­chutz zur Rück­nahme des Berichts und zur Veröf­fentlichung ein­er Gegen­darstel­lung zu zwingen. 

Es han­delt sich bei dem Bericht des Ver­fas­sungss­chutzes um eine bösar­tige Ver­leum­dung ein­er Pub­lika­tion, die sozial­is­tis­che und demokratis­che Ziele ver­fol­gt, und um einen Angriff auf die Mei­n­ungs­frei­heit durch eine Behörde, die vorge­blich dem Schutz der Ver­fas­sung verpflichtet ist. 

Der Ver­fas­sungss­chutz begrün­det seine Unter­stel­lun­gen damit, dass nach einem Anschlag auf die Aus­län­der­be­hörde von Frank­furt (Oder) der Abdruck eines Artikels gefun­den wurde, der zweiein­halb Jahre zuvor auf der WSWS erschienen war. Unbekan­nte Täter hat­ten in der Nacht zum 16. Sep­tem­ber die Fen­ster der Behörde eingeschla­gen, eine übel­riechende Flüs­sigkeit in die Räume gewor­fen, die Schlöss­er der Außen­türen mit Klebestoff gefüllt und Parolen auf den Giebel gesprüht. 

Obwohl dem WSWS-Artikel, der sich kri­tisch mit der Flüchtlingspoli­tik der Bun­desregierung auseinan­der­set­zt, “strafrechtlich nichts vorzuw­er­fen” ist, wie der Ver­fas­sungss­chutz selb­st fest­stellt, wertet er ihn als Beweis für “den link­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund der Tat”. Er behauptet, der Artikel rei­he “sich ein in eine Serie ähn­lich­er Veröf­fentlichun­gen, die in ihrer Summe Gewalt­bere­itschaft fördern oder direkt her­vor­rufen”, und schließt mit den Worten: “Mit solchen Tex­ten ist die Straße zur Straftat gepflastert.” 

Dazu ist fol­gen­des festzustellen: 

1. Die World Social­ist Web Site ist keine “link­sex­treme” son­dern eine sozial­is­tis­che Pub­lika­tion. Her­aus­gegeben vom Inter­na­tionalen Komi­tee der Vierten Inter­na­tionale und sein­er deutschen Sek­tion, der Partei für Soziale Gle­ich­heit (PSG), tritt sie für eine sozial­is­tis­che Ori­en­tierung und die Vertei­di­gung demokratis­ch­er und sozialer Rechte ein. Die PSG hat wieder­holt an Wahlen teilgenom­men und ist vom Bun­deswahlleit­er als Partei anerkan­nt. Sie lehnt die Meth­o­d­en indi­vidu­eller Gewal­tan­wen­dung aus grund­sät­zlichen Erwä­gun­gen ab. 

2. Der am Tatort vorge­fun­dene Artikel, der am 24. Feb­ru­ar 2001 unter der Über­schrift “Abschiebe­poli­tik und Gren­zregime, die tödlichen Fol­gen deutsch­er Flüchtlingspoli­tik” auf der WSWS veröf­fentlicht wurde, kri­tisiert die staatliche Aus­län­der­poli­tik. Er ist sowohl in sein­er Darstel­lung der Tat­sachen wie in sein­er Wer­tung kor­rekt. Er prangert die empören­den Zustände an den deutschen und €päis­chen Gren­zen an und nen­nt konkrete Zahlen über die Zahl der Opfer. Er stützt sich dabei auf nach­prüf­bare und all­ge­mein zugängliche Quellen, unter anderem das ARD-Mag­a­zin Mon­i­tor, die Anti­ras­sis­tis­chen Intia­tive Berlin (ARI) sowie die tageszeitung. Der Artikel geißelt die Dop­pelzüngigkeit der Bun­desregierung, die “Gewalt gegen Aus­län­der, die von Neon­azis und Ras­sis­ten auf der Straße verübt wird”, rou­tinemäßig anprangert, während sie “mit ihrer Abschiebe- und Abschot­tungspoli­tik… den Nazis vor­ma­cht, dass das Leben eines “uner­wün­scht­en” Aus­län­ders in Deutsch­land nichts wert ist”. 

3. Der Vor­wurf des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes, die Veröf­fentlichung eines der­ar­ti­gen Artikels fördere Gewalt­bere­itschaft oder rufe diese direkt her­vor, hat weit­ge­hende Imp­lika­tio­nen. Er rückt jede Kri­tik an der offiziellen Poli­tik in den Dun­stkreis straf­bar­er Hand­lun­gen. Es reicht aus, dass irgend ein Wirrkopf oder Pro­voka­teur einige Scheiben ein­wirft, um poli­tis­chen Geg­n­ern der Regierung das Maul zu stopfen. Mit der­sel­ben Begrün­dung kön­nte man sämtliche Kri­tik­er der “Agen­da 2010” dafür ver­ant­wortlich machen, wenn ein verzweifel­ter Arbeit­slos­er oder Sozial­hil­feempfänger Amok läuft. Oder man kön­nte den Geg­n­ern des Euro in Schwe­den vor­w­er­fen, sie hät­ten “die Straße” zum Mord an Anna Lindt “gepflastert”, die als promi­nente Euro-Befür­wor­terin auf dem Höhep­unkt der Ref­er­en­dum­skam­pagne umge­bracht wurde. 

4. Diese Art der Argu­men­ta­tion erin­nert an die dunkel­sten Abschnitte der deutschen Geschichte. Es gibt hierzu­lande langjährige Erfahrun­gen mit Polizeis­taat­en, dem faschis­tis­chen wie dem stal­in­is­tis­chen. Die Polizeiap­pa­rate der­ar­tiger Regime behaupten stets, poli­tis­che Kri­tik an der Regierung sei gle­ichbe­deu­tend mit der Unter­stützung von Gewalt — und recht­fer­ti­gen damit die Unter­drück­ung ihrer poli­tis­chen Geg­n­er. Das von der Ver­fas­sung geschützte Recht auf Mei­n­ungs­frei­heit schließt dage­gen aus­drück­lich das Recht ein, die Regierung zu kri­tisieren, ohne deshalb der Förderung von Straftat­en verdächtigt zu werden. 

5. Der Ver­fas­sungss­chutz recht­fer­tigt den gegen die WSWS erhobe­nen Vor­wurf des “Link­sex­trem­is­mus” mit einem Amal­gam aus Halb­wahrheit­en und Unter­stel­lun­gen. Ein­er­seits behauptet er, der auf der WSWS pub­lizierte Text verdeut­liche “den link­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund der Tat”. Ander­er­seits begrün­det er den ange­blich link­sex­trem­istis­chen Charak­ter des Texts damit, dass dieser am Tatort gefun­den wurde. Ein offen­sichtlich­er Zirkelschluss. 

Weil sich in dem Artikel nichts find­et, was auch nur ent­fer­nt als Befür­wor­tung von Gewalt aus­gelegt wer­den kön­nte, unter­schiebt ihm der Ver­fas­sungss­chutz ein­fach selb­ster­fun­dene Aus­sagen. Er schreibt, “in vie­len link­sex­trem­istis­chen Veröf­fentlichun­gen” werde “argu­men­tiert, dass der Staat durch sein Han­deln Recht­sex­trem­is­ten ger­adezu ermutige, gegen Aus­län­der und Flüchtlinge gewalt­sam aktiv zu wer­den. Der Staat zeige damit sein wahres — faschis­tis­ches — Gesicht. Deshalb müssten Antifaschis­ten auch im Staat ihren Feind sehen.” 

Auch hier bedi­ent sich der Ver­fas­sungss­chutz eines Zirkelschlusses. Er behauptet, der Artikel der WSWS sei “link­sex­trem­istisch”, und “beweist” dies, indem er Aus­sagen fik­tiv­er “link­sex­trem­istis­ch­er Veröf­fentlichun­gen” anführt, die in dieser Form wed­er in dem vorge­fun­de­nen noch in einem anderen auf der WSWS pub­lizierten Artikel jemals gemacht wur­den. Die Aus­sage, der Staat “zeige sein wahres — faschis­tis­ches — Gesicht”, die stark an die dumme und banale Sprache der RAF erin­nert, wird der WSWS schlicht unter­stellt und ist vom Ver­fas­sungss­chutz frei erfunden. 

6. Es ist bekan­nt und in zahlre­ichen Fällen nachgewiesen, dass der Ver­fas­sungss­chutz mit Meth­o­d­en der Infil­tra­tion und Pro­voka­tion arbeit­et. Er hat die recht­sex­treme Szene umfassend infil­tri­ert und V‑Leute des Ver­fas­sungss­chutzes waren teil­weise selb­st an Gewalt­tat­en beteiligt. 

Schon Ende der siebziger Jahre sprengten Ver­fas­sungss­chutza­gen­ten ein Loch in die Mauer der Haf­tanstalt von Celle, um einen gewalt­samen Befreiungsver­such eines ange­blichen RAF-Häftlings vorzutäuschen. Und erst in diesem Früh­jahr ist das Ver­botsver­fahren gegen die NPD gescheit­ert, weil jed­er siebte Führungskad­er der Partei auf der Gehalt­sliste des Ver­fas­sungss­chutzes stand, so dass man bei vie­len Aktiv­itäten der NPD “von ein­er Ver­anstal­tung des Staates” sprechen musste, wie ein Ver­fas­sungsrichter anmerk­te. In Bran­den­burg sind mehrere Fälle bekan­nt, in denen der Ver­fas­sungss­chutz gewalt­tätige Recht­sex­treme anheuerte. Auch die link­sex­treme Szene wird mit ähn­lichen Mit­teln unter­wan­dert, ins­beson­dere in einem Bun­des­land, dessen Innen­min­is­ter immer wieder davor warnt,
dass angesichts der recht­en Gewalt die “Gefahr des Link­sex­trem­is­mus” unter­schätzt werde. 

Angesichts dieser Sit­u­a­tion muss die Frage gestellt wer­den: Waren Agen­ten des Ver­fas­sungss­chutzes am Anschlag auf die Frank­furter Aus­län­der­be­hörde am 16. Sep­tem­ber beteiligt? Weiß der Ver­fas­sungss­chutz mehr, als er zugibt? Hat­te er bei der Hin­ter­legung des WSWS-Artikels selb­st die Hände im Spiel? 

Es gibt ein merk­würdi­ges Missver­hält­nis zwis­chen den Vor­wür­fen gegen die WSWS und den Ermit­tlun­gen über den Tather­gang. Laut Aus­sage der zuständi­gen Staat­san­waltschaft haben die Ermit­tlun­gen nach zwei Wochen noch kein Ergeb­nis erbracht. Sie wer­den offen­bar nur mit geringem Aufwand ver­fol­gt. Der Ver­fas­sungss­chutz hat dage­gen schon kurz nach der Tat einen Artikel veröf­fentlicht, der nur wenige Zeilen über den Anschlag selb­st enthält und zu vier Fün­fteln aus Angrif­f­en gegen die WSWS besteht. 

Siehe auch:

Abschiebe­poli­tik und Grenzregime

(24. Feb­ru­ar 2001)

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Von zwei Seiten gegen das System

(Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg, 12.10.) Jed­er Ver­gle­ich hinkt. Recht­sex­trem­istisch motivierte Straftat­en z.B. sehen anders aus als solche mit einem link­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund. Selb­st wenn in bei­den Fällen ähn­liche Mit­tel einge­set­zt wer­den, unter­schei­den sie sich doch in Absicht und Ziel­rich­tung. Ver­gle­ichen lassen sie sich also nicht. Aber eines haben sie min­destens gemein­sam: Sie zeigen, welche Geg­n­er die Demokratie von ver­schiede­nen Seit­en her gle­icher­maßen angreifen.

Nehmen wir zwei recht unter­schiedliche Attack­en, die am 10. bzw. 12. Okto­ber stat­tfan­den. Bei­de Male waren Schmier­er am Werk. 

Die einen schrieben im 10. Okto­ber auf die Fas­sade der CDU-Geschäftsstelle in Frank­furt (Oder): „Schön­bohm feiert: zehn Jahre Abschaf­fung des Asyl­rechts” und schlu­gen zwei Fen­ster­scheiben ein. Die anderen hängten zwei Tage später an der Gedenkstätte Ravens­brück ein Schild mit der Auf­schrift “Tod der ZOG” und der Abbil­dung eines durchgestrich­enen David­sterns an ein­er Skulp­tur auf und beschrifteten eine weit­ere mit “C 18”. 

Beken­ner­schreiben zur Erläuterung

Die Täter von Frank­furt (Oder) hin­ter­ließen ein Beken­ner­schreiben, mit dem sie ihren Anschlag erk­lären wollen. Darin behaupten sie, die CDU habe seit ihrem Beste­hen offen oder verdeckt gemein­same Sache mit Nazis gemacht; in der Frühzeit der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land habe sie vie­len ehe­ma­li­gen Nation­al­sozial­is­ten poli­tis­che Kar­ri­eren ermöglicht. Aus­län­der­feindlich sei die Änderung des Asyl­rechts, die eine von der CDU getra­gene Bun­desregierung 1993 durchge­set­zt habe, aus­län­der­feindlich auch die Unter­schrifte­nak­tion gegen die dop­pelte Staats­bürg­er­schaft im hes­sis­chen Lan­deswahlkampf 2000. 

Das Beken­ner­schreiben zitiert aus einem Brief, mit dem die NPD sich bei der CDU in Frank­furt (Oder) erkundigt haben soll, wann eine Unter­schrifte­nak­tion gegen die dop­pelte Staats­bürg­er­schaft auch in Bran­den­burg stat­tfinde. Aus diesem Schreiben schlussfol­gert der Autor des Beken­ner­briefes eine enge Verzah­nung von CDU und Rechtsextremisten. 

Das­selbe Zitat aus dem NPD-Brief wird übri­gens auf ein­er Web­site der “JungdemokratInnen/Junge Linke” (JD/JL) ange­führt. Dies belegt noch keinen direk­ten Bezug dieser Organ­i­sa­tion zum Anschlag in Frank­furt (Oder). Doch zeigt sich hier min­destens, aus welchen poli­tis­chen Zusam­men­hän­gen die Auf­fas­sun­gen stam­men, die dem Beken­ner­schreiben zugrunde liegen. 

ZOG und C 18

Während die einen schriftlich erk­lären, was ihre Tat aus­gelöst habe, gehen die anderen offen­bar davon aus, dass sie auch ohne weit­ere Erläuterun­gen ver­standen wer­den. Die Täter von Ravens­brück jeden­falls haben kein Beken­ner­schreiben hin­ter­lassen. Doch muss man schon mit den in der recht­sex­trem­istis­chen Szene gängi­gen Abkürzun­gen ver­traut sein, um die Botschaft der Ravens­brück­er Schmier­ereien zu verstehen. 

Das Kürzel ZOG ist aufzulösen in “Zion­ist Occu­pied Gov­ern­ment” (“zion­is­tisch okkupierte Regierung”). Dahin­ter ver­birgt sich eine kom­pak­te und unter Neon­azis weit ver­bre­it­ete Ver­schwörungs­the­o­rie: Die aktuelle Regierung in Deutsch­land sei jüdis­chem Ein­fluss unter­wor­fen. Das Zen­trum dieser ange­blichen Ver­schwörung liege an der US-amerikanis­chen Ostküste, von wo aus das jüdis­che Finanzkap­i­tal nach der Weltherrschaft strebe. Die Zion­is­ten und ihre Lakaien woll­ten den Deutschen ein schlecht­es Gewis­sen bere­it­en, indem sie fortwährend an die Ermor­dung der Juden während des “Drit­ten Reich­es” erin­nerten und daraus moralis­che und finanzielle Ansprüche ableit­eten. Durch Gedenkstät­ten wie die in Ravens­brück sehen sich solche Leute, die den Holo­caust leug­nen und dreist die Geschichte ver­drehen, in ihren wah­n­witzi­gen The­sen bestätigt. 

“C 18” ist eine mehrfach ver­schlüs­selte Andeu­tung. “18” ste­ht hier­bei für den ersten und den acht­en Buch­staben im Alpha­bet, also A und H, was sich als die Anfangs­buch­staben des Namens Adolf Hitlers dechiffrieren lässt. “C” ist die Abkürzung für “Com­bat”. “Com­bat 18” nen­nt sich eine britis­che neon­azis­tis­che Grup­pierung, die Bezüge zur Skin­head­szene aufwies. Sie machte mit ter­ror­is­tis­chen Aktiv­itäten auf sich aufmerk­sam, ist aber in let­zter Zeit, vor allem wegen intern­er Reibereien, kaum noch in Erschei­n­ung getreten. 

“C 18”-Schmierereien wie in Ravens­brück oder Beken­nt­nisse zu “Com­bat 18” im Inter­net sollen den Ein­druck ver­mit­teln, es gebe in Deutsch­land einen Ableger der britis­chen Organ­i­sa­tion. Das aber ist eher ein Wun­schdenken von Recht­sex­trem­is­ten. Tat­säch­lich sind entsprechende Organ­i­sa­tion­sstruk­turen in Deutsch­land vom Ver­fas­sungss­chutz bish­er nicht fest­gestellt worden. 

Gegen die Demokratie

Durch bei­de Schmier­ereien drück­en die anson­sten sehr unter­schiedlich argu­men­tieren­den Täter­grup­pen ihre Ablehnung der Demokratie aus. 

Für die einen ist die demokratisch legit­imierte Regierung nur eine Mar­i­onette der “jüdis­chen Weltver­schwörung”, für die anderen der Büt­tel ein­er “kap­i­tal­is­tis­chen und ras­sis­tis­chen Herrschaft­sor­d­nung”. Die einen lehnen es ab, sich legal poli­tisch zu engagieren, weil das in einem ver­meintlich fer­nges­teuerten poli­tis­chen Sys­tem, das den Nation­al­sozial­is­mus ver­dammt, ohne­hin sinn­los wäre. Die anderen behaupten, das poli­tis­che Sys­tem der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land sei per­son­ell, poli­tisch und rechtlich aus dem Nation­al­sozial­is­mus her­vorge­gan­gen und ent­behre deswe­gen jeglich­er Legit­i­ma­tion. Ein legales poli­tis­ches Engage­ment scheint auch ihnen unsin­nig, denn aus der “Unmündigkeit und Ohn­macht”, die einem das Sys­tem aufzwinge, komme man nur mit Gewalt heraus. 

So sehr ein Ver­gle­ich der bei­den Tat­en vom 10. bzw. 12. Okto­ber auch hinken mag — deren Urhe­ber, Extrem­is­ten von der einen wie von der anderen Seite, ver­acht­en gemein­sam unsere Demokratie. Sie hal­ten sie für ein Blendw­erk und wollen sie gewalt­sam beseitigen. 

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Mausefallen-Strategie

Zu den Hak­en des Konko­r­dats zwis­chen dem Land Bran­den­burg und dem Heili­gen Stuhl

Am 12. Novem­ber will das Land Bran­den­burg mit dem Heili­gen Stuhl ein Konko­r­dat unterze­ich­nen. Das Volk, der Sou­verän, weiß davon bis heute nichts. Eine öffentliche Diskus­sion scheint die Lan­desregierung nicht zu wollen. Der Ver­trag­s­text ist auf den Inter­net­seit­en des Lan­des nicht zu find­en und auch auf Anfrage nicht ein­fach erhältlich. jW hat deshalb einen Fach­mann gesucht, der den Ver­tragsen­twurf kri­tisch gele­sen hat und unseren Leser vorstellt. Johannes Neu­mann ist emer­i­tiert­er Pro­fes­sor für Rechts- und Reli­gion­ssozi­olo­gie und lehrte an der Uni­ver­sität Tübin­gen u.a. Staatskirchenrecht.

(Junge Welt, Johannes Neu­mann) Neun Jahre nach dem Ver­trag zwis­chen dem Land Bran­den­burg und den evan­ge­lis­chen Lan­deskirchen in Bran­den­burg vom 8. Novem­ber 1996 will das Land mit dem Hl. Stuhl als Repräsen­tan­ten der Katholis­chen Kirche einen inter­na­tionalen Ver­trag, ein soge­nan­ntes Konko­r­dat, schließen. Man darf spekulieren, was Rom ver­an­laßt hat, so lange mit dem Abschluß zu warten.

Wer den Entwurf für den Ver­trag des Lan­des Bran­den­burg mit dem Hl. Stuhl nur flüchtig liest, stellt zweier­lei fest: Er ist in weit­en Teilen fast wörtlich aus dem Ver­trag zwis­chen dem Land Bran­den­burg und den evan­ge­lis­chen Lan­deskirchen in Bran­den­burg von 1996 über­nom­men. Und er zitiert die ein­schlägi­gen kirchen­poli­tis­chen Pas­sagen aus dem Grundge­setz und der Lan­desver­fas­sung. Der ahnungslose Leser glaubt nun, es werde lediglich ohne­hin gel­tendes Recht zitiert, und er lehnt sich beruhigt zurück. 

Die schein­bar gerin­gen Abwe­ichun­gen dürften fol­gen­schw­er sein. 

Für drei Prozent der Bürger

Erste Merk­würdigkeit: Ein eigen­er (inter­na­tionaler) Ver­trag für drei Prozent der Bürger. 

Dabei ist zuerst zu fra­gen, warum es eigen­er Verträge bedarf, wenn bere­its alles geset­zlich geregelt ist. Anders als ein­fache Geset­ze, die geän­dert wer­den, wenn es die gesellschaftlichen und poli­tis­chen Umstände erfordern, besitzen solche Verträge eine stärkere Sta­bil­ität, da sie ohne Ver­tragsver­let­zung nicht ein­seit­ig verän­dert wer­den kön­nen. Die Kirchen­verträge und Konko­r­date sehen zudem eine »Fre­und­schaft­sklausel« vor (Art. 23). Darin verpflicht­en sich die Ver­tragsparteien, »Mei­n­ungsver­schieden­heit­en über die Ausle­gung oder Anwen­dung ein­er Bes­tim­mung dieses Ver­trages auf fre­und­schaftliche Weise« beizule­gen. Der Staat kann also diese Bes­tim­mungen nicht ein­seit­ig ändern, etwa wenn poli­tis­che Umwälzun­gen, demographis­che Verän­derun­gen oder höher­rangiges Recht es erfordern. Er sitzt in der Mause­falle: Sieht er sich genötigt, etwas zu ändern, ist er gezwun­gen zu ver­han­deln und sich gegebe­nen­falls freizukaufen. 

Dabei stellen die Bürg­er katholis­chen Glaubens im Land Bran­den­burg lediglich einen Anteil von etwa 3,2 Prozent der Gesamt­bevölkerung. Das sind rund 83000 Men­schen. Etwa 520000 sind Protes­tanten (25,5 Prozent), und die restlichen etwa 71,3 Prozent dürften zum größten Teil Nichtchris­ten sein. Nun kön­nte man sagen, ger­ade Min­der­heit­en brauchen einen beson­deren Schutz. 

Doch im Gegen­satz zu den 71 Prozent kon­fes­sionell Nicht­ge­bun­de­nen, deren Exis­tenz durch staatliche und kirch­liche Repräsen­tan­ten immer wieder beklagt wird, sichert der Staat in diesem Ver­trag der Kirche zu, »daß in den Pro­gram­men der öffentlich-rechtlichen Rund­funkanstal­ten die sit­tlichen und religiösen Überzeu­gun­gen der Bevölkerung geachtet wer­den.« (Art. 10 Abs. 1). Wenn hier von »der Bevölkerung« die Rede ist, dann sollte diese Achtung auch den 71 Prozent ent­ge­genge­bracht wer­den, die kein­er Kirche angehören. 

Schmähun­gen der kirch­lich nicht gebun­de­nen Mit­bürg­erin­nen und Mit­bürg­er sind fast täglich zu vernehmen. Etwa: Reli­gion­slosigkeit führe zu Unmen­schlichkeit; »Men­schen ohne Gott sind niedriger als Tiere«. »Wo Gott keine Rolle spielt, spielt nichts eine Rolle – auch nicht der Men­sch« (Kar­di­nal Wet­ter). Unbe­wiesene Behaup­tun­gen wie: »Die Gesellschaft braucht Reli­gion« gehören zum All­t­agsreper­toire der kirch­lichen Polemik­er. Ja, es wird noch weit­er aus­ge­holt: Alle Mißstände unser­er Gesellschaft wer­den auf eine Ursache zurück­ge­führt: auf die Got­t­losigkeit. Ohne christliche Reli­gion könne kein Gemein­wohl beste­hen; die herrschen­den Zustände wür­den zur Genüge bele­gen, daß alle weltliche Autorität aus ein­er höheren abgeleit­et wer­den müsse. Darum habe auch die Ver­fas­sung aus­drück­lich auf Gott Bezug zu nehmen. 

Ent­ge­gen allen empirischen Befun­den scheinen immer mehr Mei­n­ungs­mach­er diesen gebetsmüh­le­nar­tig wieder­holten Polemiken zu fol­gen. Obwohl manche dieser Schmähun­gen der nichtchristlichen Mehrheit oft­mals den Tatbe­stand der Volksver­het­zung erfüllen, tritt nie­mand von jenen, die wortre­ich für Frieden und Ver­söh­nung plädieren, diesen Ver­leum­dun­gen ent­ge­gen. Im Gegen­teil: So ängstigte sich schon vor Jahren der Altlib­erale Otto Graf Lamb­s­dorff, dessen Partei ein­st­mals recht kirchen­fern war, vor dem »spir­ituellen Loch«. »Wenn der Staat (…) die Kirchen her­auskom­pli­men­tiert, (…) wer (soll) dann für die ethis­che Erziehung im Lande zuständig sein?« Damit wird aus unverdächtiger Quelle gezeigt (Der Spiegel 52/1997, Archiv, online), wohin ein poli­tis­ches Gemein­we­sen gelangt, wenn es zen­trale Auf­gaben der Bil­dung und die Ver­mit­tlung von Werten und ethis­chen Nor­men an andere Insti­tu­tio­nen – näm­lich die Kirchen – delegiert: Die Kirchen waren für die »guten Sit­ten«, die Erziehung zu Gehor­sam und Arbeit­samkeit und für die Wohlfahrt­spflege zuständig. Der Staat beschränk­te sich aufs Zahlen. Jet­zt ist nicht nur das Geld knapp, son­dern auch das Ver­trauen flöten. Also müssen Verträge den unsicheren Grund sichern. 

Bekan­ntlich wurde jenes Fach, das allen Schü­lerin­nen und Schülern all­ge­me­ingültige Werte ver­mit­teln und damit zum Frieden in der ange­focht­e­nen Gesellschaft beitra­gen sollte (LER), mit kräftiger Hil­fe des Staates und der Kirchen destru­iert, weil die Kirchen um ihren Ein­fluß fürchteten. Für den all­seits beklagten »Ver­fall der Sit­ten« wer­den nicht bes­timmte ökonomis­che Inter­es­sen­grup­pen und soziale Schiefla­gen oder die Habgi­er und Rück­sicht­slosigkeit in den Eliten als (mit-)ursächlich aus­gemacht, son­dern »die Gottlosigkeit«. 

Priv­i­legien wie in Bayern

Zweite Merk­würdigkeit: Obwohl weite Teile des Preußis­chen Konko­r­dats von 1929 und des Reich­skonko­r­dats von 1933 keinen Sinn mehr machen, wird aus­drück­lich auf sie verwiesen. 

Durch das Konko­r­dat soll »die Recht­slage der Katholis­chen Kirche dauer­haft geregelt« wer­den (Präam­bel). Artikel 1 sichert das freie Beken­nt­nis und die Ausübung des katholis­chen Glaubens zu. Das ste­ht ähn­lich in der Ver­fas­sung und kommt ganz arg­los daher. Doch durch diese Ver­tragsregelung ste­hen – nach katholis­ch­er Lehre – dem Staat im Extrem­fall keine Ein­griff­s­möglichkeit­en zu. Er hat auf sie verzichtet und die katholis­che Morallehre als verbindlichen Maßstab für das Ver­hal­ten der Katho­liken anerkan­nt. Der Text des Konko­r­dats ist im katholis­chen Kon­text zu lesen und nicht in der gle­ichen Weise wie der Kirchen­ver­trag von 1996 zu ver­ste­hen. Die Katholis­che Kirche verpflichtet näm­lich die katholis­chen Poli­tik­er, Beamten und Par­la­men­tari­er, grundle­gende »Glaubenswahrheit­en« offen­siv zu vertreten, den recht­en Glauben zu schützen, Eheschei­dung, Abtrei­bung und Homo­sex­u­al­ität, wenn nicht zu ver­bi­eten, so doch wenig­stens zu erschwer
en u.a.

Dritte Merk­würdigkeit: Das Land »gewährt der Katholis­chen Kirche« umfassende Rechte bezüglich des Reli­gion­sun­ter­richts und betra­chtet das Bil­dungswe­sen der Katholis­chen Kirche »als Bestandteil des plu­ral­is­tis­chen Bildungssystems«. 

Die Katholis­che Kirche hat das Recht – also nicht etwa die Eltern der Schü­lerin­nen und Schülern, wie Art. 7 Grundge­setz es vor­sieht, – »in allen Schul­for­men und Schul­stufen in den Räu­men der öffentlich getra­ge­nen Schulen« auf regelmäßi­gen katholis­chen Reli­gion­sun­ter­richt, der in die ordentliche Unter­richt­szeit zu inte­gri­eren ist (Art. 4 Abs. 1). Dadurch erhält der katholis­che Reli­gion­sun­ter­richt eine Rechts­grund­lage, wie sie höch­stens noch in süd­deutschen Län­dern bekan­nt ist. 

Da der Reli­gion­sun­ter­richt in allen Schul­for­men und ‑stufen regelmäßig zu erteilen ist, wer­den auf den Staat hohe Kosten zukom­men, die direk­te Sub­ven­tio­nen für diese Min­der­heit darstellen. Weil für die Erteilung dieses Unter­richts eine »hin­re­ichende Aus­bil­dung« (Art. 4 Abs. 2) voraus­ge­set­zt ist, wird das Land auch dafür aufkom­men müssen. Schließlich wird im Schlußpro­tokoll bes­timmt, daß spätestens nach drei Jahren die derzeit­ige Hand­habung des Reli­gion­sun­ter­richts zu über­prüfen und gegebe­nen­falls gebotene Änderun­gen »per Noten­wech­sel« fest­gelegt werden. 

Auch das in Artikel 5 der Katholis­chen Kirche, ihren Ordens­ge­mein­schaften und Ein­rich­tun­gen zugesicherte »Recht, Hochschulen und Schulen in eigen­er Träger­schaft (…) sowie andere Aus‑, Fort- und Weit­er­bil­dung­sein­rich­tun­gen zu erricht­en und zu betreiben«, (Art. 5 Abs. 1) bekommt durch die Nen­nung in diesem Ver­trag eine beson­dere Recht­squal­ität. Da diese (pri­vat­en) Bil­dung­sein­rich­tun­gen nun ein anerkan­ntes »Recht« der Kirche sind, und die »Förderung aus öffentlichen Mit­teln« sich nach Lan­desrecht bes­timmt, wird der Staat – auch bei noch so leeren öffentlichen Kassen – diese Inter­essen der Kirche vor­rangig zu bedi­enen haben. Ein so hoch­pro­te­giertes kon­fes­sionelles Bil­dungssys­tem, das dadurch deut­lich monop­o­lis­tis­che Züge erhält, »als Bestandteil des plu­ral­is­tis­chen Bil­dungssys­tems« auszugeben (Art. 5 Abs. 2), kön­nte als scham­los beze­ich­net werden. 

Wenn auch die 71 Prozent kirch­lich nicht inter­essierte Men­schen nur zum Teil in human­is­tis­chen Weltan­schau­ungsver­bän­den organ­isiert sind, so ist es doch erstaunlich, mit welch­er Ver­bis­senheit die staatlichen Organe diesen bis heute die Erteilung eines ihnen entsprechen­den Leben­skun­de­un­ter­richts ver­wehren. Not­falls wird der Ver­weis auf die ver­tragliche Verpflich­tung diese Ungle­ichgewichtigkeit recht­fer­ti­gen und per­pe­tu­ieren. Wer wird es wagen, gegen einen inter­na­tionalen Ver­trag anzugehen? 

Geld­w­erte Vorteile

Vierte Merk­würdigkeit: Das Recht der Kirche, »im Sozial­bere­ich zu wirken und eigene Ein­rich­tun­gen zu unter­hal­ten«, wird anerkan­nt (Art. 7). 

Da die Katho­liken nur eine ver­gle­ich­sweise kleine Herde bilden, aber in manchen Sozial­bere­ichen ihren Anteil über­pro­por­tion­al aus­geweit­et haben, wird den Trägern »der Ein­rich­tun­gen, die dem Gemein­wohl dienende Auf­gaben erfüllen«, zugesichert, daß sie bei der Ver­gabe von För­der­mit­teln »in gle­ich­er Weise berück­sichtigt wer­den wie andere Träger, die ver­gle­ich­bare Leis­tun­gen erbrin­gen«. (Art. 7) Da die kar­i­ta­tive Arbeit das Image der Kirchen pos­i­tiv prägt, auch wenn nicht die Kirche, son­dern staatliche bzw. öffentliche Kos­ten­träger für Unter­halt und Durch­führung aufkom­men, macht es Sinn, sie hier aus­drück­lich zu erwäh­nen: Es kön­nte ja sein, daß der Katho­likenan­teil noch weit­er sinkt. Dank der Festschrei­bung in diesem Ver­trag behält die Kirche auch dann einen Recht­sanspruch auf Berück­sich­ti­gung im kar­i­ta­tiv­en Markt, wenn nie­mand mehr ihre religiösen Dien­ste nach­fra­gen würde. Ihr Recht­sanspruch auf Förderung bliebe bestehen. 

Fün­fte Merk­würdigkeit: »Kör­per­schaften des öffentlichen Rechts«. 

Es gehört zu den Blüten des deutschen staatskirch­lichen Sys­tems, daß die Kirchen durch die Über­nahme der Bes­tim­mung aus der Weimar­er Reichsver­fas­sung von 1919 »Kör­per­schaften des öffentlichen Rechts« bleiben (Art. 137 Abs. 5), obwohl sie im stren­gen Sinn nicht zur Staat­sor­gan­i­sa­tion gehören kön­nen. Kein noch so gelehrter Jurist ver­mag zu sagen, worin die juris­tisch-inhaltliche Begrün­dung für diese for­male Zuschrei­bung liegen kön­nte. Der Ver­trag set­zt noch eins drauf und stellt fest: »Ihr Dienst ist öffentlich­er Dienst eigen­er Art.« (Art. 11) Er unter­liegt nicht den staatlichen Nor­men für den öffentlichen Dienst, hat jedoch Anteil an seinen Prärog­a­tiv­en, etwa in ver­sicherungsrechtlichen Belan­gen eben­so wie in der Anrech­nung von Dien­stzeit­en. Was ein­mal Ent­ge­genkom­men des Staates in sat­ten Zeit­en war, wird jet­zt zum unver­lier­baren Recht. Im Schlußpro­tokoll (zu Art. 11) wer­den die dies­bezüglichen Einzel­heit­en festgelegt. 

Das bringt nicht wenige geld­w­erte Vorteile: Alle kirch­lichen Ein­rich­tun­gen, Kör­per­schaften und Stiftun­gen sind überdies von Gebühren aller Art befre­it (Art. 20). 

Sech­ste Merk­würdigkeit: Leis­tun­gen des Staates an die Kirche. 

Obwohl die Kirche gemäß Artikel 17 und 18 das Recht hat, nach Maß­gabe lan­desrechtlich­er Bes­tim­mungen durch die staatlichen Steuer­be­hör­den Kirchen­s­teuer und Kirchgeld zu erheben, zahlt das Land der Kirche für »Zwecke des Kirchen­reg­i­ments, der Pfar­rbesol­dung und ‑ver­sorgung« zusät­zlich 1000000 Euro jährlich; »erst­mals für das Jahr 2004«. (Art. 15 Abs. 1). »Nach fünf Jahren wer­den die Ver­tragsparteien eine Erhöhung (…) prüfen.« Es fällt auf, daß über­haupt nur eine Erhöhung ins Auge gefaßt wird. Außer­dem wer­den für den Unter­halt kirch­lich­er Gebäude jährlich weit­ere 100000 Euro zur Ver­fü­gung gestellt (Art. 15 Abs.2). Außer­dem zahlt das Land für die ehe­ma­lige Stift­skirche Neuzell einen jährlichen Betrag von 50 000 Euro und garantiert den baulichen Unter­halt (Art. 16 Abs. 1 und 2). 

Bei der »Pflege und der Erhal­tung der kirch­lichen Kul­tur­denkmale« wirken Staat und Kirche zusam­men (Art. 14 Abs. 1). »Das Land trägt zur Erhal­tung und Pflege der Denkmale nach Maß­gabe der Geset­ze und der ihm zur Ver­fü­gung ste­hen­den Haushaltsmit­tel bei.« (Art. 14 Abs. 4). 

Schließlich haben die staatlichen Melde­be­hör­den die Pflicht, »zwecks Ord­nung und Pflege des kirch­lichen Meldewe­sens« der »Katholis­chen Kirche die zur Erfül­lung ihrer Auf­gaben erforder­lichen Dat­en aus dem Meldereg­is­ter (zu) über­mit­teln.« Dabei sind solche Dat­en zu liefern, die nach staatlichem Recht die Zuge­hörigkeit zur Kirche begrün­den oder been­den. Auch diese Leis­tun­gen des Lan­des zugun­sten der Kirche erfol­gen »gebühren­frei« (Art. 21 Abs. 1 bis 4). 

Angesichts der gerin­gen Anzahl katholis­ch­er Gläu­bi­gen sind die staatlichen Zuschüsse für ein armes Land beträchtlich, zumal wenn die – hier nicht erwäh­n­ten – Kosten für den Reli­gion­sun­ter­richt und die Aus­bil­dung der Reli­gion­slehrer hinzugerech­net werden. 

Mis­sion­ierung

Es gibt noch weit­ere Merk­würdigkeit­en. Zur Pflege ihrer Beziehun­gen wer­den das Land und die Insti­tu­tio­nen der Katholis­chen Kirche »ständi­gen Kon­takt unter­hal­ten.« (Art. 22 Abs. 1) Vor der Regelung von Angele­gen­heit­en, »die bei­der­seit­ige Inter­essen berühren«, wer­den sie sich miteinan­der ins Benehmen set­zen. Bev
or das Land all­ge­meine Fra­gen regelt, die die Belange der katholis­chen Kirche berühren kön­nten«, wird die Kirche frühzeit­ig gehört. Zur rei­bungslosen gegen­seit­i­gen Infor­ma­tion bestellt die Katholis­che Kirche einen Beauf­tragten bei der Lan­desregierung (Art. 22 Abs. 3). 

Damit die Katholis­che Kirche in keinem Fall zu kurz kommt, verpflichtet sich das Land, für den Fall, daß es »anderen Reli­gion­s­ge­mein­schaften über diesen Ver­trag hin­aus­ge­hende Rechte und Leis­tun­gen« gewährt, gemein­sam mit der Kirche zu prüfen, »ob wegen des Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satzes Änderun­gen« des Ver­trags notwendig wer­den. Da die Weltan­schau­ungs­ge­mein­schaften in diesem Kon­text nicht erwäh­nt wer­den, darf gefol­gert wer­den, daß das Land nicht vorhat, mit diesen irgendwelche Verträge abzuschließen. Dies­bezüglich scheint der Gle­ich­heits­grund­satz keine Rolle zu spielen. 

Pikant sind schließlich die Fes­tle­gun­gen im Schlußpro­tokoll (zu Artikel 8) bezüglich der Seel­sorge in Ein­rich­tun­gen (Bewohn­er, Patien­ten, Insassen). Wenn Katho­liken in ein­er solchen Ein­rich­tung sind, ist vom Vor­liegen eines Bedürfniss­es nach seel­sor­glich­er Betreu­ung auszuge­hen, es sei denn, eine Per­son lehnt dies ab. Eben­so wer­den die Per­son­alien der unterge­bracht­en Per­so­n­en an den zuständi­gen Seel­sorg­er nur dann nicht weit­ergegeben, wenn der Betrof­fene aus­drück­lich wider­spricht. Damit ist der Mis­sion am Ster­be­bett Tür und Tor geöffnet. 

Dieser Text kann nur dann richtig gewürdigt werden, 

– wenn man den total­en Anspruch der Katholis­chen Kirche über den Glauben ihrer Gläu­bi­gen richtig wertet: Allein die Hier­ar­chie entschei­det darüber, was eine »richtige« Gewis­sensentschei­dung ist. Auch im poli­tis­chen All­t­ags­geschäft hat der Katho­lik sich an die verbindlichen Grund­sätze der Kirche zu hal­ten, Regelun­gen, die die Kirche ablehnt, darf er nur zus­tim­men, wenn sie das »kleinere Übel« sind. 

– wenn man ernst nimmt, was im Ver­trag ste­ht. Wenn dort vom »Recht der Kirche« die Rede ist, dann ist das mit allen Rechts­fol­gen auch so gemeint. Und wo die Kirche Rechte hat, muß der Staat dafür aufkom­men. Nur dafür braucht die Kirche Konkordate. 

Die gut­gläu­bi­gen und mit den Inter­pre­ta­tion­s­gepflo­gen­heit­en der Römis­chen Kurie offen­bar nicht ver­traut­en Poli­tik­er in Bran­den­burg wer­den erst im Laufe der Zeit merken, welchen Ver­trag sie da geschlossen haben. Doch dann ist es zu spät: Pacta sunt ser­van­da – Verträge sind zu hal­ten; darauf wird der römis­che Ver­tragspart­ner beste­hen. Wie Bran­den­burgs Poli­tik­er diesen Ver­trag vor ihren kirchen­freien Wäh­lern recht­fer­ti­gen, bleibt abzuwarten. Wahrschein­lich ist die Poli­tikver­drossen­heit bere­its so groß, daß selb­st dieser merk­würdi­ge Ver­trag kein großes Auf­se­hen mehr erregt! – Oder?

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Jugendarrest wird überprüft

KÖNIGS WUSTERHAUSEN/POTSDAM In Bran­den­burgs einziger Jugen­dar­restanstalt in
Königs Wuster­hausen (Dahme-Spree­wald) herrschen offen­bar seit langem
unhalt­bare Zustände. Anstaltsmi­tar­beit­er, so berichtete ein Insid­er der MAZ,
wür­den von den jugendlichen Insassen Wäschegeld kassieren und in schwarzen
Kassen ver­schwinden lassen. Auf Staatskosten wür­den sich etliche Bedienstete
zudem täglich Essen­sra­tio­nen ein­ver­leiben, die für die Arrestanten bestimmt
sind. Statt erforder­lichen 20 wür­den etwa 30 Ratio­nen bestellt. “Mit­tags
wer­den sog­ar Schüs­seln für die Fam­i­lien abge­füllt”, beschreibt der Insider
die Sit­u­a­tion. “Die Jugendlichen beschw­eren sich, dass die Beamten die
großen Por­tio­nen nehmen und für sie weniger übrig bleibt.” Die Fol­gen für
die Erziehung der jun­gen Straftäter seien ver­heerend: Das
Anti­ag­gres­sion­strain­ing, auch dies bezahlt mit Steuergeld, werde durch die
tägliche Erfahrung dieser Ungerechtigkeit ad absur­dum geführt. 

Das ist nur ein Teil der Missstände, über die ein Beamter Brandenburgs
Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU) seit Anfang Juli — wenn auch
anonym — mehrfach detail­liert informiert hat. Ernsthaftere
Aufk­lärungs­be­mühun­gen des Min­is­teri­ums sind jedoch erst seit zwei Wochen
erkennbar. Anfang Okto­ber sei die Anstalt­slei­t­erin aufge­fordert wor­den, zu
den Vor­wür­fen in einem Bericht Stel­lung zu nehmen, so Rich­steins Büroleiter
Andreas Dielitz. Die Sache werde jet­zt “mit Vor­dringlichkeit behan­delt” und
“rück­halt­los aufgek­lärt”. Sobald das Bericht­sergeb­nis vor­liege, werde
geprüft, ob diszi­pli­nar­rechtliche Maß­nah­men aus­re­icht­en, um die mutmaßlichen
Ver­stöße zu ahn­den, oder ob die Staat­san­waltschaft eingeschal­tet werden
müsse, so Dielitz. 

Die Liste der ver­meintlichen Missstände in der Arrestanstalt ist lang. Es
ist nicht nur die Rede von schwarzen Kassen und Essens­be­trug zu Las­ten des
Staatskasse. Offen­bar nehmen es manche Beamte auch mit der Dien­stzeit nicht
allzu ernst. Mehrere Mitar­beit­er, darunter die Führungsriege der Anstalt,
spiele während der Dien­stzeit täglich zwei Stun­den Skat. Dies werde von der
Anstalt­slei­t­erin geduldet, die zwar informiert sei, aber nicht einschreite.
Die Anstalt­slei­t­erin — die haupt­beru­flich als stellvertretende
Amts­gerichts­di­rek­torin tätig ist und ver­mut­lich deshalb nur ein­mal in der
Woche in Königs Wuster­hausen nach dem recht­en schauen kann — war gestern
offen­bar nicht im Dienst und deshalb nicht erreichbar. 

Unter den mut­maßlichen Missstän­den lei­det wohl auch die Erziehungsar­beit mit
den Jugendlichen. Ver­säum­nisse ger­ade in diesem Bere­ich kön­nten sich
schlimm­sten­falls in ein­er erhöht­en Strafrück­fäl­ligkeit der jungen
Delin­quenten nieder­schla­gen — und dies, obwohl die Arrestanstalt für die
Jugendlichen die let­zte Sta­tion zur Bewährung und Besserung vor einer
Gefäng­nishaft sein soll. 

So wird nach Angaben des Insid­ers eine qual­i­fizierte Arbeit der Erzieherin
durch den Ver­wal­tungs­di­en­stleit­er behin­dert, der in Abwe­sen­heit der
Anstalt­slei­t­erin die Geschäfte führt. “Die Erzieherin ver­richtet Arbeiten,
die gar nichts mit ihrem Auf­gaben­bere­ich zu tun haben (z. B. mon­tags bei der
Auf­nahme der Arrestanten die Emp­fangs­dame zu spie­len”, heißt es in dem
Schreiben an Min­is­terin Rich­stein von Anfang Juli 2003. Die Erzieherin sei
zum “Lauf­burschen” des Ver­wal­tungs­di­en­stleit­ers degradiert wor­den, zuständig
für Botengänge und fürs Kaf­feekochen, beschreibt der Insid­er das
Anstaltsin­nen­leben gegenüber der MAZ

Neben Mob­bing und einem Küchen­mi­tar­beit­er mit ange­blichen Hautkrankheit­en an
den Hän­den beklagt der Beamte, dass Vorge­set­zte ihre Untergebe­nen vor den
Arrestanten anschreien und so die Autorität der Anstaltsmitarbeiter
untergraben. 

Nach anfänglich­er Zurück­hal­tung bekun­det das Jus­tizmin­is­teri­um nun
deut­lichen Aufk­lärungswillen. Inzwis­chen heißt es, dass der derzeit noch
anonyme Mitar­beit­er “zu belo­bi­gen” sei, wenn sich die von ihm benannten
Missstände bewahrheit­eten. Davon ist möglicher­weise auch abhängig, ob die
übri­gen Haf­tanstal­ten des Lan­des auf ver­gle­ich­bare Missstände überprüft
wür­den, so Rich­steins Büroleit­er Dielitz.

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Keine Interesse an der NPD

Vorher

MÜLLROSE Auch in Müll­rose (Land­kreis Oder-Spree) war die NPD im Rah­men ihres Kom­mu­nal­wahlkampfes unter­wegs. Wie zuvor in Erkn­er stießen die Recht­en mit ihrer Wahl­pro­pa­gan­da auf magere Res­o­nanz, heißt es in ein­er Mail von Augen­zeu­gen an Infori­ot. AntifaschistIn­nen haben — wie auf den Fotos zu sehen ist — die in Müll­rose verklebten NPD-Plakate als­bald entfernt. 

Nach­her

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Durchsuchung bei Mitglied des Märkischen Heimatschutzes

(LR) Die Polizei hat gestern Wohn­räume eines Führungsmit­gliedes der
recht­sex­trem­istis­chen Organ­i­sa­tion “Märkisch­er Heimatschutz” nahe Eberswalde
(Barn­im) durch­sucht. Dabei sei umfan­gre­ich­es Beweis­ma­te­r­i­al beschlagnahmt
wor­den, teilte die Polizei mit. 

Der Betrof­fene habe wieder­holt Dat­en von Mitar­beit­ern ins­beson­dere des
Polizeilichen Staatss­chutzes und von deren Ange­höri­gen aus­ge­späht. Die
Polizei befürchtet, dass die per­so­n­en­be­zo­ge­nen Dat­en anderen Ange­höri­gen der
recht­sex­trem­istis­chen Szene zugänglich gemacht und in Schwarzen Listen
veröf­fentlicht wer­den sollten. 

Durch solche Lis­ten solle gezielt Ein­schüchterung betrieben und ein
Droh­poten­zial aufge­baut wer­den, hieß es. Gefährdet seien insbesondere
Jour­nal­is­ten, Richter, Staat­san­wälte, Polizeibeamte, Wis­senschaftler, Lehrer
und Politiker. 

Am Ein­satz waren Staatss­chutzbeamte des Polizeiprä­sid­i­ums Frank­furt (Oder)
sowie der Lan­deskrim­i­nalämter Bran­den­burg und Berlin beteiligt. “Solche
Maß­nah­men sind notwendi­ger Bestandteil unser­er Bekämp­fung des
Recht­sex­trem­is­mus”, sagte Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU).
“Wir hal­ten den Druck mit allen rechtsstaatlichen Mit­teln konsequent
aufrecht. Das wird die Szene weit­er­hin spüren.” 

Recht­sex­trem­ist späht pri­vate Dat­en von Polizis­ten aus

(BM) Eber­swalde — Ein Führungsmit­glied der recht­sex­trem­istis­chen Gruppierung
“Märkisch­er Heimatschutz” hat per­sön­liche Dat­en von Mitar­beit­ern des
Staatss­chutzes und deren Fam­i­lien­ange­höri­gen in Bran­den­burg und Berlin
aus­ge­späht. Bei ein­er Durch­suchung gestern in der Nähe von Eberswalde
(Land­kreis Barn­im) haben Staatss­chutz und Lan­deskrim­i­nalamt das Material
sichergestellt, teilte die Polizei mit. Der Beschuldigte habe die
Infor­ma­tio­nen offen­bar in der Szene ver­bre­it­en wollen. Die rechte Szene
samm­le im Zuge ihres “Anti-Antifa-Ansatzes” per­sön­liche Dat­en von
Polizis­ten, Jour­nal­is­ten, Richtern, Lehrern und Poli­tik­ern, die sich aktiv
gegen den Recht­sex­trem­is­mus wen­den. Die Erken­nt­nisse wür­den dann in
“schwarzen Lis­ten” veröf­fentlicht, um die Betrof­fe­nen einzuschüchtern, so
die Polizei.

Inforiot