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Studierende unterstützen Chamäleon e.V.

Liebe Bürg­erin­nen und Bürg­er, liebe Antifaschistin­nen und Antifaschisten,

wir sind hier heute wieder ein­mal zusam­mengekom­men, um wieder mal ein Zeichen gegen Rechts zu set­zen. Wieder gelang es recht­sex­tremen Nean­der­talern einen Angriff gegen Ander­s­denk­ende zu starten. In der Sil­vester­nacht zer­schlu­gen mehrere Neo­faschis­ten die Scheiben der Her­mann-Elflein-Straße 32 und beschossen die Bewohn­er und Vere­ins­mit­glieder des Chamäleon e.V. mit Feuer­w­erk­skör­pern. Unter­stützt von einem tosenden deutschen Mob und schweigen­den Zeu­gen in den Häusern drumherum rück­ten sie Pots­dam wieder ins rechte Licht.

Es wurde wieder viel gere­det. Die Lokal­presse stürzte sich auf den Über­fall, doku­men­tierte und rief zum Spenden auf. Das war’s. Keine Sol­i­dar­itäts­bekun­dung von den Stad­to­beren, kein großes bürg­er­lich­es Bünd­nis, wie wir es aus Pots­dam schon ken­nen. In den let­zten Monat­en wurde Pots­dam dreimal von Aufmärschen von NPD und Freien Kam­er­ad­schaften heimge­sucht. Dreimal gab es große Bünd­nisse von den ver­schieden­sten gesellschaftlichen Grup­pen gegen diese Aufmärsche.

Bere­its in den Gesprächen mit dem Ober­bürg­er­meis­ter warnte der AStA der Uni­ver­sität Pots­dam vor den berüchtigten Pots­damer Lip­pen­beken­nt­nis­sen. Auf den Ver­anstal­tun­gen gegen die Nazi-Aufmärsche kon­nte jed­er und jede schnell erken­nen, dass diese Worte unge­hört blieben. Große Reden wur­den geschwun­gen, der Wille wurde bekun­det. Danach besann men­sch sich wieder auf seine gute, alte preußis­che Iden­tität und grub Löch­er in den Alten Markt.

Für uns als Studierende in der Stadt Pots­dam heißt „Pots­dam beken­nt Farbe“ mehr als nur beken­nen. Es ist Zeit zu han­deln – und das nicht erst seit der ver­gan­genen Sil­vester­nacht. Das einzige wirk­same Mit­tel gegen die braune Inva­sion ist eine emanzip­ierte, linke Jugend­kul­tur. Diese zu fördern und zu unter­stützen, ist die einzige Möglichkeit, um die deutsche Mitte und deren ver­meintliche Voll­streck­er zu stoppen.

In Pots­dam mehren sich Über­griffe solch­er Art. Tagtäglich müssen Ander­s­denk­ende und Migran­tInnen solche Angriffe fürcht­en. Bere­its im Juli 2002 erre­ichte die Zahl rechts­gerichteter Straftat­en das Niveau des gesamten Vor­jahres. In der Stadt­poli­tik müht men­sch sich um Schadens­be­gren­zung. Alles für Pots­dams Wirtschaft­skraft Schlechte wird kleinge­hal­ten und ver­schwiegen, Opfer­sta­tis­tiken wer­den neu definiert und rev­i­diert. Unsere Sol­i­dar­ität gilt den Opfern solch­er Übergriffe.

Diese Über­griffe und die fehlen­den Reak­tio­nen sind nichts Neues in diesem Land. Vielmehr zeu­gen sie von ein­er völkisch-nationalen Kon­ti­nu­ität der deutschen Geschichte. Entwed­er wird alles ver­schwiegen oder geleugnet oder men­sch besin­nt sich auf das alte Sprich­wort „Wir sind das doch nicht schuld“. Aus der man­gel­nden Reflek­tion des Geschehenen und die nicht exis­tente Fähigkeit aus der Geschichte zu ler­nen, wird die preußis­che Autorität gefeiert, ihr Nieder­gang in der Nacht von Pots­dam mit Trä­nen begossen und ihr Wieder­auf­bau vor­angetrieben. Nicht erst seit Auschwitz sind Deutsche die Täter – auch die Preußen sind keine Opfer.

Deshalb:
Talk­ing is over – action is on!

Kampf den deutschen Verhältnissen!

Für eine emanzip­ierte linke Jugendkultur!

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Flüchtlingsrat verurteilt Polizeieinsatz, fordert Bleiberecht

Das erste Mal wird in Bran­den­burg ver­sucht, einem Kirchenasyl gewalt­sam ein Ende zu setzen.

Die Flüchtlingsräte der Län­der Bran­den­burg und Berlin verurteilen den
Polizeiein­satz im Pfar­rhaus und in den Pri­va­träu­men des Pfar­rers in Schwante
auf das Schärfste!
Wir erk­lären unsere Sol­i­dar­ität mit der Kirchenge­meinde Schwante und drücken
unsere Achtung aus, dass die Gemeinde an ihrem Beschluss fes­thält, weiterhin
Kirchenasyl für Her­rn Ha und seinen Sohn zu gewähren! 

In Bran­den­burg geschah es zum ersten Mal, dass ein Kirchenasyl gewaltsam
been­det wer­den sollte; bis­lang waren kirch­liche Räume für die Polizei tabu,
aber der Oranien­burg­er Lan­drat Karl-Heinz Schröter will offensichtlich
beson­dere Härte zeigen. Das ganze ist skan­dalös, auch weil das Land gerade
wieder durch frem­den­feindliche Über­griffe von sich reden macht. 

Die Brechung des Kirchenasyls in Schwante ist auch Aus­druck fortgesetzter
Ver­suche der Behör­den, das Engage­ment der im Bünd­nis “Asyl in der Kirche”
zusam­mengeschlosse­nen Pfar­rerin­nen und Pfar­rer zu krim­i­nal­isieren. Hier­bei sei
an das Vorge­hen der Berlin­er Innen­ver­wal­tung Mitte der 90er Jahre erinnert
(damals noch unter Innense­n­a­tor Schön­bohm!), strafrechtliche Ermit­tlun­gen gegen
die Pfar­rer und Gemein­demit­glieder einzuleit­en, die Kirchenasyl in einer
Gemeinde in Trep­tow gewährten. 

Nach lan­gen Jahren der Eingewöh­nung und Inte­gra­tion sollen der Viet­namese Xuan
Khan Ha und sein fün­fjähriger Sohn endgültig in ihre Heimat abgeschoben werden.
Auf­grund seines anhal­tenden exilpoli­tis­chen Engage­ments – Herr Ha ist Mitglied
in zwei oppo­si­tionellen Grup­pen – ist es aber nach wie vor nicht
aus­geschlossen, dass ihm in Viet­nam Gefahren für Leib und Leben dro­hen. Es ist
davon auszuge­hen, dass regimekri­tis­che Aktiv­itäten im Aus­land von Mitarbeitern
der viet­name­sis­chen Botschaften überwacht werden. 

Die seit mehreren Monat­en andauern­den Ver­suche der Abschiebung von Her­rn Ha –
skan­dalöser­weise auch ohne seinen Sohn – sind daher unzu­mut­bar und unseres
Eracht­ens men­schen­rechtlich nicht vertret­bar. Das Kirchenasyl war hier demnach
die let­zte Chance, für einen Appell an die Ver­ant­wortlichen, diesen
for­mal­rechtlichen Akt ohne Rück­sicht auf die ihm innewohnende human­itäre Härte
noch ein­mal zu überdenken. 

Wir fordern das Lan­drat­samt auf, zivilge­sellschaftlich­es Engage­ment für die
Rechte und zum Schutz der Flüchtlinge zu fördern und zu unter­stützen anstatt es
zu unter­drück­en, denn hier entste­ht der Ein­druck, dass es offensichtlich
uner­wün­scht ist. 

An diesem Fall wird wieder ein­mal deut­lich, dass Bleiberechts- und
Härte­fall­regelun­gen ins­beson­dere für langjährig hier lebende Flüchtlinge ohne
gesichertes Aufen­thalt­srecht drin­gend erforder­lich sind! 

Vera Ever­hartz (Flüchtlingsrat Bran­den­burg)

Jens-Uwe Thomas (Flüchtlingsrat Berlin)

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Brandenburger Flüchtlinge können wieder Geld erhalten

(Andrea Bey­er­lein) In Bran­den­burg kön­nen Asyl­be­wer­ber kün­ftig wieder Bargeld statt Sach­leis­tun­gen erhal­ten. Einem entsprechen­den Vorstoß von Sozialmin­is­ter Gün­ter Baaske (SPD) stimmte das Kabi­nett am Dien­stag über­raschend zu. Damit ist ein umstrit­ten­er Run­der­lass von 1994 nicht mehr gültig. Danach durften in Bran­den­burg Asyl­be­wer­bern nur Sach­leis­tun­gen erhal­ten. Kün­ftig könne jed­er Land­kreis und jede kre­is­freie Stadt selb­st entschei­den, ob nach der bun­des­ge­set­zlich vorgeschriebe­nen Frist von drei Jahren an Sach­leis­tun­gen fest­ge­hal­ten oder Bargeld aus­gezahlt werde, sagte Baaske der Berlin­er Zeitung. 

Gegen den von der ver­stor­be­nen Sozialmin­is­terin Regine Hilde­brandt (SPD) ver­ant­worteten Erlass waren Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen und Kirchen Sturm gelaufen. In den ver­gan­genen bei­den Jahren hat­ten mehrere Kreistage und Stadtverord­neten­ver­samm­lun­gen ein Abwe­ichen von der rigi­den Bran­den­burg­er Lin­ie gefordert, darunter auch die Stadt Pots­dam mit ihrem dama­li­gen Ober­bürg­er­meis­ter Matthias Platzeck (SPD) und der Kreis Pots­dam-Mit­tel­mark, wo Baaske als Sozialdez­er­nent einen Kur­swech­sel befür­wortete. Der Lan­drat von Pots­dam-Mit­tel­mark, Lothar Koch (SPD), kündigte am Dien­stag bere­its an, er wolle am Sach­leis­tung­sprinzip fes­thal­ten — trotz des gegen­teili­gen Votums seines Kreistages. 

Baaske sagte, die Kom­munen kön­nten die Lage selb­st am besten beurteilen. Da ihre Entschei­dungs­frei­heit erst nach drei Jahren ein­set­ze, sehe er in der danach möglichen Auszahlung von Bargeld “kein Lock­mit­tel”. Die Prax­is in den meis­ten anderen Bun­deslän­der sei ähn­lich. Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) nan­nte die Entschei­dung einen Beitrag, um Entschei­dungskom­pe­ten­zen zu dezentralisieren. 


Siehe auch den Artikel in den PNN vom 10.1.:

Bargeld statt Gutscheine

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Bargeld statt Sachleistungen

Asyl­be­wer­ber kön­nen statt Wertgutscheinen im Land Bran­den­burg kün­ftig wieder
Bargeld erhal­ten. Einem entsprechen­den Vorschlag von Sozialmin­is­ter Günther
Baaske (SPD) stimmte das Kabi­nett am ver­gan­genen Dien­stag zu. Damit ist der
nicht unum­strit­tene Run­der­lass aus dem Jahre 1994 von der verstorbenen
Sozialmin­is­terin Regine Hilde­brandt (SPD) hin­fäl­lig. Dem­nach durften
Flüchtlinge im Land Bran­den­burg nur Sach­leis­tun­gen erhalten.
Flo­ri­an Engels, Press­esprech­er des Sozialmin­is­teri­ums, erläuterte gegenüber den
PNN, dass in Kürze ein Schreiben an die Kreise ver­sandt wird, in dem die vier
Run­der­lasse zur Durch­führung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes aus den Jahren
1994 bis 2000 aufge­hoben wer­den. So kön­nen die Ver­wal­tun­gen entschei­den, ob
Flüchtlinge, die über drei Jahre im Land Bran­den­burg leben, statt der
Wertgutscheine Bargeld erhal­ten. Der Beschluss basiere auf dem
Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz. „Wir gehen davon aus, dass erste Verän­derun­gen in
der Hand­habung Mitte Jan­u­ar umge­set­zt wer­den kön­nen.“ Die Dez­er­nentin für
Jugend, Soziales und Wohnen der Stadtver­wal­tung, Bär­bel Eichen­müller, begrüßt
den Kabi­netts­beschluss. Bere­its im Juli 2001 habe die
Stadtverord­neten­ver­samm­lung die Lan­desregierung per Beschluss
aufge­fordert „eine Ini­tia­tive zur bun­desweit­en Abschaf­fung des
Sach­leis­tung­sprinzips in Gang zu brin­gen“. Derzeit leben über 600 Asylsuchende
in Pots­dam. Knapp die Hälfte von ihnen lebt in Woh­nun­gen und erhält Bargeld.
Wertgutscheine erhal­ten die in Gemein­schaft­sun­terkün­ften lebenden
Men­schen. „Mit dem Kabi­netts­beschluss kommt es zu ein­er Gle­ich­be­hand­lung der
Asyl­suchen­den.“ Auch Mag­dol­na Gras­nick, Aus­län­der­beauf­tragte der Stadt,
beze­ich­net den Beschluss als einen „Schritt in die richtige Richtung“. 

Gegen den von Regine Hilde­brandt ver­ant­worteten Erlass haben in den vergangenen
Jahren Kirchen und Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen Ein­spruch erhoben. So äußerte
Judith Gleitze, Flüchtlingsrat Pots­dam sowie Mitinitiatorin
der „Volksini­tia­tive zur Über­win­dung des Sach­leis­tung­sprinzips im Land
Bran­den­burg“, gegenüber den PNN: „Dieser Beschluss ist ein erster Schritt.“ Da
noch keine genaueren Fak­ten vor­liegen, müsse das Gespräch des Flüchtlingsrates
mit Gün­ther Baaske in der kom­menden Woche abge­wartet wer­den. Doch gehe sie
davon aus, dass die Unter­schrifte­nak­tion für die Abschaf­fung des
Sach­leis­tung­sprinzips weit­erge­führt werde. „Soweit ich informiert bin, ist es
den Kom­munen und kre­is­freien Städten über­lassen, ob sie kün­ftig Wertgutscheine
oder Bargeld aus­geben.“ Somit bestünde weit­er­hin die Gefahr, dass das
Sach­leis­tung­sprinzip aufrechter­hal­ten werde. „Wir möcht­en, dass die
Asyl­suchen­den vom ersten Tag an Bargeld erhal­ten, denn das Sachleistungsprinzip
bedeutet Diskri­m­inierung.“ Den Flüchtlin­gen ste­ht zur Deck­ung ihres
Unter­haltes, gestaffelt nach Alter, max­i­mal die Summe von rund 158 Euro in
Wertgutscheinen sowie 40,90 Euro in bar zu. Das entspricht 84 Prozent des
Sozial­hil­fe­satzes. Mit den Wertgutscheinen, die die Stadtver­wal­tung etwa 7500
Euro für die Her­stel­lung kosten, sind Ein­schränkun­gen und Unannehmlichkeiten
ver­bun­den. So kön­nen sie beispiel­sweise nur in bes­timmten Geschäften eingelöst
wer­den. Zudem entste­hen beim Bezahlen mit Gutscheinen Bear­beitungszeit­en für
die Kassier­er, die die Ware kon­trol­lieren müssen. Und nicht sel­ten gebe es
geson­derte Kassen. Die Volksini­tia­tive bemän­gelt, dass durch das
Sach­leis­tung­sprinzip keine „gle­ich­berechtigte Teil­nahme von Aus­län­derin­nen und
Asyl­be­wer­bern am öffentlichen Leben“ gefördert werde, sondern
eine „offen­sichtliche geson­derte Behand­lung“. Prob­lema­tisch sei auch, dass das
Geld nicht reiche, um anfal­l­ende Kosten zu deck­en, beispiel­sweise für einen
Anwalt. 

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Kirchenasyl wird Chefsache

Bran­den­burgs Regierung und evan­ge­lis­che Kirche ver­han­deln über das Schick­sal eines Viet­name­sen, der mit seinem fün­fjähri­gen Sohn abgeschoben wer­den soll

(Lukas Wall­raff) Das Schick­sal des Viet­name­sen Xuan Khang Ha, der mit seinem fün­fjähri­gen Sohn abgeschoben wer­den soll, ist in Bran­den­burg zur Chef­sache gewor­den. Am kom­menden Dien­stag wer­den sich Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) und Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) mit dem evan­ge­lis­chen Lan­des­bischof Wolf­gang Huber tre­f­fen, um den Fall zu beraten. 

Das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um machte den bei­den Viet­name­sen jedoch wenig Hoff­nung. An der rechtlichen Sit­u­a­tion habe sich nichts geän­dert. Alle Asy­lanträge seien abgelehnt wor­den. Bei der Vere­in­barung des Gesprächs habe in der Regierung “Einigkeit” bestanden, “dass Herr Ha und sein Sohn rechtswirk­sam aus­reisepflichtig sind”, sagte Schön­bohms Sprech­er gestern der taz. Bei dem Gespräch soll­ten lediglich “grund­sät­zliche Fra­gen des Kirchenasyls” ange­sprochen wer­den. Kirchen­vertreter hat­ten zuvor gegen eine Ver­let­zung des Kirchenasyls protestiert, wie es sie bish­er in Bran­den­burg noch nicht gegeben habe. 

Die zuständi­ge Aus­län­der­be­hörde wollte Ha und seinen Sohn Anfang dieser Woche nach Frank­furt am Main brin­gen und nach Hanoi aus­fliegen lassen. Polizis­ten hat­ten deshalb am Dreikönigstag das Pfar­rhaus der evan­ge­lis­chen Gemeinde im bran­den­bur­gis­chen Schwante durch­sucht, wo sich Ha und sein Sohn seit Novem­ber im Kirchenasyl befan­den. Nach eige­nen Angaben ließ der Pfar­rer die Beamten ins Haus, obwohl sie keinen Durch­suchungs­be­fehl vor­legten. Die Viet­name­sen kon­nten jedoch nicht gefun­den werden. 

Die Aus­län­der­be­hörde erk­lärte daraufhin, an der geplanten Abschiebung der Has festzuhal­ten, auch wenn ihr derzeit­iger Aufen­thalt­sort nicht bekan­nt sei. Nach Angaben des Bun­des­gren­zschutzes wäre der näch­ste mögliche Ter­min der 21. Januar. 

Trotz der unnachgiebi­gen Hal­tung der Behör­den set­zt die evan­ge­lis­che Kirche in Bran­den­burg weit­er auf eine ein­vernehm­liche Lösung. Dass sich Platzeck und Schön­bohm zum Gespräch bere­it erk­lärten, sei ein “pos­i­tives Zeichen”, sagte der kirch­liche Aus­län­der­beauf­tragte Hanns Thomä-Venske der taz. “Ich hoffe, dass man noch ein­mal über den Fall reden kann.” 

Die Gemeinde in Schwante hat­te ihr Engage­ment damit begrün­det, dass Ha bei ein­er Abschiebung möglicher­weise von Ver­fol­gung bedro­ht sei. Haupt­grund ist das Mitwirken des Viet­name­sen in zwei oppo­si­tionellen Exil-Organisationen. 

Um zu klären, ob Has Furcht berechtigt ist, hat die Kirche amnesty inter­na­tion­al und die Flüchtling­sor­gan­i­sa­tion der Vere­in­ten Natio­nen (UNHCR) um Gutacht­en gebeten. Thomä-Venske hofft, dass sie bis zum Dien­stag vor­liegen. Falls sie eine Bedro­hung fest­stellen, appel­liert der Kirchen­beauf­tragte an die Behör­den, den Fall erneut zu prüfen. Denkbar sei ein neuer Asyl­fol­geantrag, der wenig­stens auf­schiebende Wirkung hätte. 

Bei der bish­eri­gen Behand­lung des Falls sei die “Ver­hält­nis­mäßigkeit nicht gewahrt” wor­den, kri­tisierte Thomä-Venske. Ha war 1988 als DDR-Ver­tragsar­beit­er nach Deutsch­land gekom­men. Im ver­gan­genen Herb­st hat­ten die Behör­den ver­sucht, Ha ohne seinen Sohn abzuschieben. Nach­dem sich der Bun­des­gren­zschutz weigerte, lan­dete Ha sechs Wochen lang in Abschiebe­haft. Ein Gericht­surteil unter­sagte die Tren­nung von Vater und Sohn, änderte aber nichts an der Aus­reisepflicht. In Schwante fan­den die Viet­name­sen Schutz. Dort engagiert sich nicht nur die Kirche. Auch das bud­dhis­tis­che Kloster im Ort bot seine Hil­fe an.” 

Erst mal reden

Kirchenasyl beschäftigt Bran­den­burgs Lan­desregierung. Innen­min­is­ter bleibt hart: Nur unterm Altar keine Polizei

(HKL) Die näch­ste Macht­probe zwis­chen Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) und Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) ste­ht bevor. Der Anlass: Das Schick­sal des abgelehn­ten viet­name­sis­chen Asyl­be­wer­bers Xuan Khan Ha und seines fün­fjähri­gen Sohnes, der seit zwei Monat­en bei der evan­ge­lis­chen Gemeinde in Schwante Kirchenasyl gefun­den hat. Am Mon­tag waren die bei­den dort von der Polizei verge­blich gesucht worden. 

Platzeck legte daraufhin am Mittwoch eine Denkpause im Stre­it um die Abschiebung ein. Am Dien­stag kom­mender Woche sollen der Regierungschef, Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm, der evan­ge­lis­chen Bischof Wolf­gang Huber und der zuständi­gen SPD-Lan­drat des Kreis­es Ober­hav­el gemein­sam eine Lösung suchen. Indi­rekt sicherte der stel­lvertre­tende Pots­damer Regierungssprech­er, Claus Füger, dem Viet­name­sen zu, bis dahin von staatlichen Zwangs­maß­nah­men abzuse­hen. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor diesem Gespräch durch die Behör­den des Lan­des Bran­den­burg irgendwelche Fak­ten geschaf­fen wer­den”, erk­lärte Füger. Die Kirchenge­meinde Schwante unter­strich der­weil, dass sie der viet­name­sis­chen Kle­in­fam­i­lie weit­er­hin Schutz gewähren wird und hat dafür ein interkon­fes­sionelles Bünd­nis mit jüdis­chen, islamis­chen und bud­dhis­tis­chen Gemein­den geschlossen. 

Tat­säch­lich ist Platzeck die let­zte Hoff­nung des Viet­name­sen und sein­er Unter­stützer. Denn Teile der SPD sind in Flüchtlings- und Migra­tions­fra­gen längst auf Schön­bohms Kurs eingeschwenkt, der dafür sorgt, dass in Bran­den­burg der nicht deutsche Bevölkerungsan­teil die Zweiprozen­thürde nicht über­steigt. Schön­bohms Sprech­er Heiko Hom­burg machte unter­dessen deut­lich, dass das Min­is­teri­um an der Abschiebung fes­thal­ten will: “Als das Gespräch vere­in­bart wurde”, so Hom­burg, sei man sich in der Lan­desregierung einig gewe­sen, “dass Herr Ha mit seinem Sohn rechtswirk­sam aus­reisen muss und abgeschoben wird”. 

Trotz der bre­it­en Kri­tik am Polizeiein­satz gegen die Kirchenge­meinde bleibt das Innen­min­is­teri­um auch beim Kirchenasyl auf Crashkurs. Spitzfind­ig sagt Hom­burg dazu: “Solange Jörg Schön­bohm Innen­min­is­ter bleibt, geht die Polizei nicht in Gotteshäuser.” Im Klar­text heißt das, Polizeiein­sätze in Gemeinde- und Pfar­rhäusern bleiben möglich. Lediglich unterm Altar sind Flüchtlinge noch sicher. 

Mehr zum The­ma im Infori­ot-Archiv: Kirchenasyl

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Platzeck will Streit um Kirchenasyl lösen

POTSDAM — Im Stre­it um das Kirchenasyl in Schwante (Ober­hav­el) und das Schick­sal eines allein erziehen­den viet­name­sis­chen Asyl­be­wer­bers bah­nt sich eine Lösung auf höch­ster poli­tis­ch­er Ebene an.

Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD), Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) und der Bischof der Evan­ge­lis­chen Kirche in Berlin-Bran­den­burg, Wolf­gang Huber, wer­den sich am Dien­stag zu einem Spitzenge­spräch tre­f­fen. Dies bestätigte gestern der stel­lvertre­tende Sprech­er der Pots­damer Lan­desregierung, Man­fred Füger. An dem Gespräch wird auch der Lan­drat von Ober­hav­el, Karl Heinz Schröter (SPD), teil­nehmen. Die Polizei hat­te am Mon­tag in Schwante das Pfar­rhaus durch­sucht, um den abgelehn­ten Asyl­be­wer­ber Xuan Khang Ha in Abschiebege­wahrsam zu nehmen.

“Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor diesem Gespräch durch die Behör­den des Lan­des Bran­den­burg irgendwelche Fak­ten geschaf­fen wer­den”, sagte Füger. Es werde es in erster Lin­ie um die Zukun­ft des 48-jähri­gen Asyl­be­wer­bers Ha und dessen Sohn gehen, die sich seit zwei Monat­en im Schwan­ter Kirchenasyl befind­en. Weit­erge­hende Fra­gen des Kirchenasyls wür­den sicher­lich auch erörtert.

Der Vor­sitzende der SPD-Frak­tion, Gunter Fritsch, hat­te gestern — wie zuvor die PDS — die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion gefordert. Das Innen­min­is­teri­um lehnte diesen Vorstoß erneut mit der Begrün­dung ab, es gebe bere­its mit der so genan­nten Alt­fal­lkom­mis­sion eine ähn­liche Instanz für abgelehnte Asyl­be­wer­ber gebe. Zuvor hat­te sich auch der innen­poli­tis­che Sprech­er der SPD-Frak­tion, Wern­er-Sieg­wart Schip­pel, gegenüber der MAZ grund­sät­zlich dage­gen aus­ge­sprochen, Kirchenasyl zu respektieren.

Der Fall Ha hat­te schon im Sep­tem­ber 2002 bun­desweit Auf­se­hen erregt, als der 1988 als DDR-Ver­tragsar­beit­er ein­gereiste Viet­namese ohne seinen Sohn abgeschoben wer­den sollte. In einem Brief an Schön­bohm hat­te Bischof Huber am 18. Dezem­ber gebeten, vor ein­er Abschiebung noch ein­mal den Bedenken der Kirche um eine Gefahr für Leib und Leben von Ha bei ein­er Rück­kehr nach Viet­nam nachzuge­hen. Die Kirche schließt eine poli­tis­che Ver­fol­gung von Ha nicht aus.

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Chamäleon versteht aktuelle Ausstellung als Signal

Einige Fen­ster­scheiben des “Chamäleon”-Vereinshauses in der Her­mann-Elflein-Straße 32 sind nach dem Neon­az­iüber­griff in der Sil­vester­nacht noch pro­vi­sorisch durch Bret­ter und Matratzen erset­zt. Durch die Fen­ster zieht es, das Tages­licht bah­nt sich nur müh­sam den Weg durch das Untergeschoss. Und den­noch: Das Jugend- und Kul­tur­pro­jekt “Chamäleon e.V.” organ­isierte bin­nen kurz­er Zeit eine sym­bol­haft pro­vi­sorische Austel­lung, die gestern eröffnet wurde und heute noch von 14 bis 18 Uhr zu sehen ist.

 

Dass der Vere­in sich nicht durch die rechte Bedro­hung ein­schüchtern lässt und ihr etwas Kon­struk­tives ent­ge­genset­zt, soll mit der Ausstel­lung unter dem Titel “Spuren aus der Geschichte unseres Haus­es” demon­stri­ert wer­den, sagt Arthur Müller, Mit­glied des Vere­ins. Ein Ver­wandter der ehe­ma­li­gen Besitzerin des Haus­es stellte das Mate­r­i­al mit vie­len Doku­menten — alte Fotos, Bau­plä­nen, Bau­genehmi­gun­gen und Zeitungsauss­chnit­ten — zur Ver­fü­gung. Die Doku­mente reichen bis in das Jahr 1932 zurück.

 

Die elf großen Rah­men sind chro­nol­o­gisch ange­ord­net. Einige ver­leit­en dem Betra­chter auch zum Schmunzeln.

 

So erfährt der Betra­chter z.B., dass 1932 eine Bau­genehmi­gung der Städtis­chen Baupolizei 44 Reichs­mark kostete. Zum Aus­bau des Eck­ladens — ein Kolo­nial­warengeschäft — wur­den genaue Bedin­gun­gen vorgeschrieben. Es durfte nur glat­ter Putz ver­wen­det wer­den, die Buch­staben­höhe 40 Zen­time­ter nicht über­steigen und die Außen­farbe musste mit der Bauber­atungsstelle abges­timmt werden.

 

Weniger amüsant war die Tat­sache, dass die damals 73-jährige Her­ta Rüsicke am 6. Dezem­ber 1983 bei der Stadt eine Zus­tim­mung zur Sanierung ihres Haus­es unter­schrieb — bald aber fest­stellen musste, dass ihr Wiedere­inzug gar nicht vorge­se­hen war. 1986 erstritt sie eine Entschädi­gung von 8264,87 Ostmark.

 

Faz­it: Dem Betra­chter erhält einen inter­es­san­ten Überblick zur Geschichte des Hauses.

 

Der seit August 2002 hier ansäs­sige Vere­in plant bere­its die näch­sten Ausstel­lun­gen: Im März und April geht es um die The­men Asyl und Flüchtlinge. Der Vere­in set­zte seine Arbeit fort, so Müller.

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Mord am Aussiedler Kajrat B. vorm Neuruppiner Landgericht


“Wir kön­nen bloss hof­fen, dass sie die Sache den Glatzen in die Schuhe schieben”, sollte Marko F. zu Michael H. gesagt haben. Die Sache, das ist die Tötung des Spä­taussiedlers Kajrat B. in Alt Daber bei Witt­stock am 2. Mai 2002. Heute, 8. Jan­u­ar 2003, wurde erst­mal vorm Neu­rup­pin­er Landgericht verhandelt. 

In der Tat fällt es den fünf Angeklagten nicht schw­er, sich glaub­haft von recht­sex­tremen Kreisen zu dis­tanzieren. Drei von ihnen — Marko F., Patrick S. und Ralf A. — sind der Tech­noszene zuge­hörig, fühlen sich auf Goa-Par­tys heimisch und nehmen XTC, Speed, Kokain. Michael F. hinge­gen gab vor Gericht an, keine Dro­gen zu nehmen. Er ste­he auf “Black Music” wie Hip-Hop. Sein Lieblingsmusik­er sei Bob Mar­ley. Ledg­lich Mike S. ist eine frühere Nähe zu Recht­sradikalen nachzuweisen. Mit so etwas sei es aber vor­bei, sagte er gestern. Und auf Demos oder anderen Aktion sei er auch nie anzutr­e­f­fen gewe­sen. “Man muss aber keine Glatze haben, um frem­den­feindlich zu sein”, hielt die Rich­terin den Angeklagten vor. Wer unter die Lupe nimmt, was in der Nacht des 2. Mai 2002 und darauf fol­gend passiert ist, wird fest­stellen, dass es sich nicht ein­fach nur um eine tragisch geen­dete Kneipen­schlägerei han­delt. Das ras­sis­tis­che Kli­ma in der nord­bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Witt­stock spielt eine mass­ge­bliche Rolle. 

Über das was in der Nacht pasiert ist, gibt es ver­schiedene Aus­sagen. Anklageschrift sowie die Geständ­nisse von Marko F. und Michael H. wider­sprechen sich. Übere­in­stim­mend sind sie darin, dass die Gruppe der nun Angeklagten erst kurz vor der Tat zusam­men­fand. Marko F. und Patrick S. seien zusam­men zur Disko in die Kneipe in Alt Daber gefahren. Im Auto hät­ten sie Kokain genom­men. Marko F. zu ersten Mal. Michael Haas sagte aus, mit sein­er Fre­undin zu der Tech­nover­anstal­tung gefahren zu sein. Dort habe er Wod­ka-Red Bull getrunk­en, aus­ge­lassen gefeiert und wollte länger bleiben als seine Fre­undin. Schw­er betrunk­en sei Mike S. in der Kneipe rumge­torkelt. “Er lief rum wie Falschgeld” (Marko F.), war auf Stre­it aus und wurde vom Kneipenbe­sitzer mehrmals vor die Tür geset­zt. Eben­falls nicht mehr ganz nüchtern sei Ralf A. gewe­sen, der die Truppe mit seinem Auto nach Hause fahren wollte. Nach­dem die Disko endete, kam es zur Diskus­sion, ob die fünf nicht bess­er laufen soll­ten. Ralf A. sei zum Fahren zu betrunk­en. Kajrat und sei Fre­und Max — eben­falls ein Spä­taussiedler — hät­ten das Gespräch gestört, schnor­rten um Zigaret­ten und seien zuse­hends agres­siv gewor­den. Es kam zu Hand­grei­flichkeit­en deren Ver­lauf unter­schiedlich widergegeben wird. Fest ste­ht, das Max schw­er ver­let­zt wurde und Kajrat wenige Tage später an den Ver­let­zun­gen ver­starb. Zuge­zo­gen hat­te er sich diese durch zahlre­iche Tritte und Schläge und einen rund 17 Kilo schw­eren Feld­stein, der auf seinen Oberkör­p­er gewor­fen wurde. 

Wenige Stun­den zuvor sei Marko F. in eine Schlägerei mit einem anderen Besuch­er der Disko dessen Fre­undin er belei­digt hat­te ver­wick­let wor­den. F. schlug zu beziehungsweise schub­st sein Gegenüber (eigene Aus­sage). Der Geschädigte ist mit einem blauen Auge weggekom­men. “Da sind gle­ich Leute dazwis­chen gegan­gen”, erin­nert sich Marko F. an den Vor­fall. Als Kajrat und Max attakiert wur­den ist nie­mand dazwis­chen gegan­gen. Auch wenn die Täter beobachtet wur­den. Michael H. erin­nert sich daran, dass fünf bis zehn Leute hin­ter seinem Rück­en ges­tanden haben müssen. Erst als bei­de Aussiedler am Boden lagen und weit­er auf sie einge­treten wurde, riefen einige “Mädels” (Marko F.): “Hört auf, ihr schlagt ihn ja tot”. Aber vor allem: “Haut ab, die Polizei kommt gle­ich.” Die Täter ergrif­f­en die Flucht. Zwei Tage später wur­den Absprachen getrof­fen, was der Polizei erzählt wer­den soll, um die Tat zu verschleiern. 

Wer den Stein von immensen Aus­maß gewor­fen hat, daran kann sich ange­blich kein­er der Beobachter erin­nern. Die zahlre­ichen Zuschauer der Prügelorgie, wollen überse­hen haben, wie ein­er der Beteiligten einen rund einen hal­ben Meter lan­gen Feld­stein her­an­schleppte und auf den am Boden Liegen­den schmetterte. In Witt­stock gehen viele Ver­sion um, was am 2. Mai 2002 passierte. Immer­hin 65 Zeu­gen sind geladen. Wer den Stein warf, darüber will ange­blich nie­mand von ihnen sichere Erken­nt­nisse haben. Das klingt unglaub­würdig. Wahrschein­lich­er ist es wohl, dass die Bürg­er der Kle­in­stadt Witt­stock zusam­men­rück­en, um ihre Jungs da rauszuhauen. Die eige­nen Söhne ste­hen ihnen näher als die von irgendwelchen rus­s­land­deutschen Müt­tern und Vät­tern. “Haut bloss ab hier, die Kripo war heute schon da”, soll der Kneipenbe­sitzer am Tag nach dem Vor­fall Marko F. zugerufen haben, als dieser vor­beikam, um sich nach einem ver­loren gegan­genen Handy umzuschauen. Was mit den bei­den Aussiedlern geschehen ist, darüber habe er sich in dem Moment nicht erkundigt, gab Marko F. vor Gericht zu. Aus dem Radio habe er von den Fol­gen erfahren. 

Er stellte sich als einen Men­schen dar, der nur schw­er die Fas­sung ver­liert. In Stre­it­fällen will Marko F. nach eige­nen Bekun­den eher schlicht­en als zuhauen. Doch ein­er der bei­den Aussiedlern sei immer agres­siv­er gewor­den, habe ihn bedro­ht und seinen Fre­und Mike S. ange­grif­f­en. Der andere Aussiedler wollte schlicht­en. Einge­treten hat er auf sie bei­de. “Bleib liegen, Scheiß-Russe”, rief er. “Das war aber nicht aus­län­der­feindlich gemeint.” Auch während sein­er Aus­sage fiel es ihm schw­er, Max und Kajrat auseinan­derzuhal­ten. Welch­er von bei­den agres­siv war, wie welch­er aus­sah, mit wem er sprach. Es waren eben die bei­den Russen. Auch Michael H. will mit Schlägereien nichts am Hut haben. In der Sit­u­a­tion sei das anders gewe­sen: “Ich habe mich warschein­lich aus der Gemein­schaft her­aus ani­miert gefühlt und habe ‑jet­zt musst du auch- gedacht.” Sein Schlag sei aber daneben gegan­gen, vielmehr habe er sich durch einen Sturz selb­st ver­let­zt und an dem Geschehen nicht mehr teilgenommen. 

Ach wenn Michael H. laut sein­er Aus­sage im Weit­eren nicht ein­schritt, die Tötung zu ver­hin­dern. So war er doch der einzige der Beschuldigte, der zaghafte Worte des Bedauerns anklin­gen ließ. Seine Mitangeklagten plagten andere Sor­gen. Patrick S., der bere­its eine Strafe auf Bewährung ver­büßt, hat Angst, für lange Zeit ins Gefäng­nis zu kom­men. Andere gaben an, zu fürcht­en, dass der Fahrer des Fluchwa­gens den Führerschein
ver­liert. Immer­hin stand er unter Alko­hole­in­fluss. Auch Marko F. wollte seine Flep­pen nicht loswer­den und habe deshalb in ein­er vor­ange­gan­genen Polizeivernehmung ver­heim­lich, dass er Kokain genom­men hatte. 

Was hat der Tod Kajrats mit Ras­sis­mus zu tun?

Der Grund, warum den bei­den Aussiedlern von nie­man­den geholfen wurde obwohl bru­tal auf sie eingeprügelt wurde, war ihre Fremd­heit. Max und Kajrat störten die Ver­trautheit der Dorfdisko. Sie hat­ten dort nichts zu suchen. Die Schläger waren den umste­hen­den Gaffern (fre­und­schaftlich) bekannt. 

Täter und Zeu­gen üben sich in Ver­schwiegen­heit und machen sich somit zur Gemein­schaft. Wäre es ein alteinge­sessen­er Witt­stock­er, der bei solch ein­er Kneipen­schlägerei stirbt, gebe es sich­er jeman­den, der sich auf Anhieb erin­nert, wer den Stein warf. 

Obwohl in bei­den Ein­las­sun­gen der Beschuldigten davon die Rede ist, dass nur ein­er der Aussiedler agres­siv gewe­sen sein soll und der andere schlicht­en wollte, schlu­gen die Täter auf bei­de ein. Ihre Gemein­samkeit: Sie sind Aussiedler. 

Die Beschuldigten nan­nten als Grund für die steigende Agres­sion vor der Schlägerei Kom­mu­nika­tion­sprob­leme. Es sei nicht ver­ständlich gewe­sen, dass die bei­den nur Zigar­ret­ten haben wollten. 

Presse­berichte

Der Angeklagte: “Ich bin nor­mal” (TAZ)

“Von dem Stein weiß ich nichts” (MAZ)

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Wandelt Wut zu Widerstand!

Enough is Enough

Antifade­mo, Sam­stag, 11.1.03, 13 Uhr, Luisen­platz Potsdam

Während Pots­dam den Jahreswech­sel feiert, feiert ein etwa 50-köp­figer Naz­i­mob eine etwas andere Par­ty: unter “Sieg-Heil”-Rufen schla­gen sie die Scheiben des Vere­in­shaus vom “Chamäleon e.V.” ein und ver­suchen, das Haus zu stür­men. Nur die ein­tr­e­f­fende Polizei kann schlim­meres verhindern. 

Nach­dem der linke Jugend­klub “Café Mor­gen­rot” in der Her­mann-Elflein-Straße 32 am 31.12.02 mehrere Stun­den von ein­er immer größer wer­den­den Naz­i­com­bo belagert wird, fan­gen die Faschis­ten gegen 24 Uhr an, die Fen­ster­scheiben des Haus­es mit Hol­zlat­ten und Steinen einzuschla­gen. Durch eine zer­schla­gene Scheibe schießen sie eine Rakete ins Obergeschoss, wodurch der Brand aus­bricht. Immer wieder skandieren sie “Wir kriegen euch alle” und ver­suchen die Tür einzutreten, um ins Innere des Haus­es zu gelangen. 

Die hand­voll Jugendlichen im Haus, die sich auf eine kleine Sil­vester­par­ty freuten, erleben der­weil die wohl schlimm­sten Minuten ihres Lebens: Verzweifelt ver­suchen sie sich im Obergeschoß zu ver­bar­rikadieren., wohlwis­send, dass ihr Leben gefährdet ist, soll­ten sie in die Hände des recht­en Mobs fall­en. Und alles nur, weil sie sich nicht den faschis­tis­chen Nor­men unterord­nen, weil sie Hip-Hop und Punkrock statt deutsch­er Marschmusik und Landser hören, weil sie lange Haare statt eine Glatze haben und das Leben genießen wollen statt sich in Verzicht­side­olo­gie zu üben. 

Dieser Über­fall ist nur der vor­läu­fige Höhep­unkt ein­er ganzen Serie faschis­tis­ch­er Gewal­tak­te in Pots­dam: Seit mehreren Monat­en lässt sich hier ein ras­an­ter Anstieg rechter Üner­griffe beobacht­en, und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ein Mord entset­zte Lokalpoli­tik­er und Päd­a­gogen auf den Plan ruft, die mit akzep­tieren­der Jugen­dar­beit (also Glatzenpflege auf Staatskosten) und vor allem viel Ver­ständ­nis für die Täter dem Prob­lem beikom­men wollen.

Solange wer­den wir nicht warten. Wir hal­ten unsere Füße nicht still bis wir sel­ber zusam­mengeschla­gen wer­den, son­dern treten den Nazis hier und jet­zt offen­siv entgegen! 

Sol­i­darisiert euch mit den Opfern und beteiligt euch an der Demon­stra­tion — zeigen wir den Faschis­ten, dass wir ihren Ter­ror nicht stillschweigend hin­nehmen werden! 

Get up, stand up — Antifa heißt Angriff

Weit­ere Infos:

Bünd­nis­demon­stra­tion in Pots­dam gegen rechte Gewalt

Bünd­nisaufruf zur Demo 

Flug­blatt von Progress zur Demo

(PDF-Datei, 611 KB

Faschis­tis­ch­er Über­fall auf linkes Wohn- und Kul­tur­pro­jekt in Potsdam

Antifabericht über den Angriff 

Recht­sradikale machen Vere­in­shaus in Pots­dam unbewohnbar

Bericht der MAZ 

Demo Ein­maleins

Prak­tis­che Tipps zum Ver­hal­ten bei Demonstrationen

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Bündnisdemonstration in Potsdam gegen rechte Gewalt

Aus Anlass des Naz­iüber­falls auf das Vere­ins­ge­bäude des Chamäleon e.V.
in der Sylvester­nacht demon­stri­ert am kom­menden Sam­stag in Pots­dam ein
bre­ites Bünd­nis unter dem Mot­to „Den recht­en Vor­marsch stop­pen, in
Pots­dam und über­all — Für eine emanzip­ierte Jugendkultur“. 

Der Angriff von 50 Neon­azis auf den Vere­inssitz des gemeinnützigen
Jugend- und Kul­turvere­ins Chamäleon e.V. war jedoch nur der Höhepunkt
ein­er lan­gen Rei­he recht­sex­tremer Über­griffe in Pots­dam. Seit August
let­zten Jahres häufen sich die Gewalt­tat­en vor allem
recht­sori­en­tiert­er Jugendlich­er — aber auch Erwach­sen­er – gegen
Per­so­n­en, die nicht in ihr ras­sis­tis­ches Welt­bild passen. Opfer sind
dabei zumeist Migran­tInnen, Flüchtlinge und Andersdenkende. 

Auch die Tat­sache, dass es in Pots­dam im genan­nten Zeitraum die ersten
drei Demon­stra­tio­nen Rech­tradikaler inner­halb der let­zten 10 Jahren
gab, zeigt deut­lich, dass ihr recht­sex­tremes Gedankengut immer weitere
Ver­bre­itung find­et und sich schein­bar offen äußern kann. 

Dabei beschränkt sich der „Aktion­sra­dius“ der Neon­azis keineswegs auf
die Rand­bezirke Pots­dams, son­dern umfasst alle Stadt­teile: Tatorte
rechter Gewalt sind genau­so die Innen­stadt­bere­iche, wo unter den Augen
von Pas­san­ten und Anwohn­ern immer wieder Nazi­parolen gerufen und
Men­schen tätlich ange­grif­f­en werden. 

Beson­ders deut­lich wurde dies bei dem Über­fall auf den Chamäleonverein:
mehrere Dutzend Neon­azis kon­nten stun­den­lang in Pots­dams Mitte Drohungen
und „Sieg Heil“ durch die Straßen rufen und ungestört das Erdgeschoss
des denkmalgeschützten Haus­es zertrüm­mern. Erst als die von den
eingeschlosse­nen Bewohner­In­nen alarmierte Polizei ein­traf, kon­nte dem
Spuk ein Ende gemacht werden. 

Mit der am 11.01.02 stat­tfind­en­den Demon­stra­tion soll ein sichtbares
Zeichen gegen das Erstarken men­schen­ver­ach­t­en­der Ide­olo­gien und für
mehr Zivil­courage geset­zt wer­den. Es geht dabei jedoch nicht nur um
Pots­dam, son­dern um alle Orte an denen recht­sradikale Übergriffe
stat­tfan­den oder noch stat­tfind­en werden. 

Die Demon­stra­tion begin­nt am Sam­stag um 13.00 am Luisen­platz. Die
Ver­anstal­ter hof­fen auf ein möglichst bre­ites Spek­trum an Teilnehmenden. 

Chamäleon e.V.

Der Vorstand

Inforiot