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Prozess zum Naziübergriff in Quitzöbel

(Rup­pin­er Anzeiger) NEURUPPIN Der 26-Jährige Dani­lo L. aus Per­leberg muss sich seit gestern wegen ver­sucht­en Mordes in Tatein­heit mit gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Neu­rup­pin­er Landgericht ver­ant­worten. Die Staat­san­waltschaft wirft dem sich zu sein­er recht­sex­tremen Weltan­schau­ung beken­nen­den Angeklagten vor, seine Tat am 2. August 2003 auf einem Dorffest in Quitzö­bel (Prig­nitz) aus niedri­gen Beweg­grün­den her­aus verübt und den Tod seines Opfers bil­li­gend in Kauf genom­men zu haben. 

In einem von seinem Anwalt ver­lese­nen Schrift­stück zeigt sich der Angeklagte geständig, dass er mehrere male mit seinen Springer­stiefeln auf das 23 jährige Opfer einge­treten habe. Er habe aber nicht die Absicht gehabt, sein Opfer zu ermor­den. Viele Zeu­gen wichen in ihren gestri­gen Aus­sagen mas­siv von dem Inhalt ihrer polizeilichen Vernehmung ab. Einige räumten ein, in der Tat­nacht von einem Mit­glied der recht­en Szene für den Fall ein­er Aus­sage mit dem Tod bedro­ht wor­den zu sein. Dieser Mann soll gestern im Gericht­saal gesessen haben. 

Die Erin­nerungslück­en von Quitzöbel

Weil ihm die Tech­no-Begeis­terung seines Opfers nicht passte, soll ein 26-Jährige mit Springer­stiefeln zuge­treten haben 

NEURUPPIN Dani­lo L. kön­nte heute Straßen­bauer sein. Doch seine Gesin­nung war ihm wichtiger. Die war und ist rechts, und führte dazu, dass er 1995 seine Lehre nach einem Monat abbrach. Sein Meis­ter hat­te ihn vor die Alter­na­tive gestellt: Aus­bil­dung oder seine rechte Ein­stel­lung. „Da habe ich mich für meine Gesin­nung entsch­ieden“, berichtete der 26-Jährige gestern. 

Als Dani­lo L. am 2. August 2003 mit Kumpeln das dorffest von Quitzö­bel (Prig­nitz) besuchte, kon­nten sich mehrere Fes­t­be­such­er ein Bild davon machen, dass dieser seine recht­sex­treme Ein­stel­lung nicht abgelegt hat: In seine haut seinen mehrer Hak­enkreuze ein­tä­towiert. Auch die Tat, zu der es auf diesem dör­flichen Vergnü­gen kam, soll laut Staat­san­waltschaft ihre Ursache in der recht­sex­tremen, men­schen­ver­ach­t­en­den Ein­stel­lung des Angeklagten begrün­det liegt. Nur weil Michael A. Tech­no-Musik mag, soll er Opfer von Dani­lo L. gewor­den sein. „Auch wegen sein­er recht­en Gesin­nung und weil er Tech­no-Musik für ver­ab­scheuungswürdig hält“, habe er den Entschluss gefasst, den 23-Jähri­gen zu mis­shan­deln, heißt es in der Anklageschrift. Während das Opfer die Vision des Staat­san­walts bestätigt, stre­it­et der Angeklagte dieses Tat­mo­tiv ab. Über seinen Anwalt ließ der mehrfach Vorbe­strafte ver­laut­baren, dass er Michael A. wegen ein­er früheren Prügelei, von der er gehört hat­te, ange­sprochen habe. Weil dieser aber nicht reagierte, sei er wütend gewor­den und habe sein Opfer erst zwei bis vier mal getreten, später nochmals mehrfach getreten.
Richter Gert Weg­n­er sah sich vor allem mit erin­nerungss­chwachen Zeu­gen kon­fron­tiert. „Daran kann ich mich nicht mehr erin­nern, das ist schon so lange her“, war wohl der im Saal des Neu­rup­pin­er Landgerichts gestern am häu­fig­sten zu hörende Satz. „In der Prig­nitz scheinen viele an Erin­nerungsver­lust zu lei­den. Ist das typ­isch für die Gegend?“, fragte der etwas ent­nervt wirk­ende Richter. Immer­hin, durch die Kon­fronta­tion mit ihren polizeilichen Aus­sagen vom August 2003 kam eini­gen Zeu­gen doch etlich­es bekan­nt vor – auch bezüglich des Tat­mo­tivs. So etwa bei dem 18-Jähri­gen Schüler Kevin B. aus Havel­berg. Wollte dieser sich anfangs nicht daran erin­nern kön­nen, das der Täter mit Springer­stiefeln zuge­treten habe, so räumte er nach den Vorhal­ten aus dem Polizeipro­tokoll ein: „Die Erin­nerung kommt wieder.“ 15–20 Tritte mit voller Wucht habe das Opfer abbekom­men. Auch die Hak­enkreuz- Tat­toos kamen dem Zeu­gen wieder halb­wegs in den Sinn: „Kann sein.“ Auf Nach­frage des Richters erk­lärte Kevin B., nicht rechts zu sein, son­dern „keine Mei­n­ung“ zu haben. Allerd­ings störe es ihn nicht, wenn jemand recht­sex­treme Ansicht­en hat und das mit einem Hak­enkreuz Tat­too unterstreicht. 

Das Schweigen der Zeu­gen kön­nte eine Ursache sein in der Dro­hung eines jun­gen Mannes haben, der noch in der Tat­nacht nach dem Abzug der Polizei gedro­ht habe: „Wer aus­sagt, ist Tod!“ Der Angeklagte selb­st war es, der den Richter darauf aufmerk­sam machte, dass sich eben jen­er Mann, an dessen Bomber­jacke ein Aufnäher „White Pow­er“ prangte, im Zuschauer­raum befinde. Dessen 14-Jähriger Brud­er wiederum belastete den Angeklagten. Die Springer­stiefel, mit denen Dani­lo L. bis zu 15 mal zuge­treten habe, hät­ten Stahlkap­pen gehabt. Da der Zeuge jedoch verse­hentlich keine Belehrung erhielt, bleiben seine Aus­sagen wert­los. Der Prozess wird am kom­menden Dien­stag fortgesetzt.

Bru­taler Angriff auf Techno-Fan

Prozess gegen recht­en Schläger

(Tagesspiegel) Neu­rup­pin. Im Prozess um die bru­tale Attacke gegen einen Tech­no-Fan in
Quitzö­bel (Prig­nitz) hat der Angeklagte ein Geständ­nis abgelegt. Er habe in
angetrunk­en­em Zus­tand mehrfach auf das 23-jährige Opfer eingetreten,
bedauere den Vor­fall aber, ließ der Angeklagte zum Prozes­sauf­takt am
Dien­stag von seinem Vertei­di­ger ver­lesen. Dem 26-Jähri­gen aus Per­leberg, der
sich selb­st der recht­en Szene zurech­net, wird ver­suchter Mord vorgeworfen.
Er soll das Opfer mehrfach mit Springer­stiefeln gegen Oberkör­p­er und Gesicht
getreten haben. Der Ange­grif­f­ene erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma. 

Der Über­griff hat­te am Rande eines Dorffestes Anfang August 2003
stattge­fun­den, auf das der Angeklagte mit ein­er Gruppe Gleichgesinnter
gegan­gen war. Laut Staat­san­waltschaft griff er den jun­gen Mann an, weil
dieser sich als Fan der bei Recht­sradikalen ver­pön­ten Tech­no-Musik zu
erken­nen gab. Der Täter habe den Tod des Opfers bil­li­gend in Kauf genommen.
Mehrere Zeu­gen bestätigten vor Gericht diese Ver­sion. Der Angeklagte selbst
wies das zurück und erk­lärte, dass sein Angriff ein Racheakt gewe­sen sei.
Der Schläger war noch am Tatort festgenom­men wor­den. Der Prozess wird am 27.
Jan­u­ar fort­ge­set­zt. Mit dem Urteil wird für den 29. Jan­u­ar gerechnet.

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Abschiebehäftlinge ohne Beratung

Flüchtlingsrat kri­tisiert Zustände im Abschiebek­nast Eisen­hüt­ten­stadt. Medi­zinis­che Ver­sorgung und seit Jahren angemah­nte Rechts­ber­atung nicht gewährleis­tet. Innen­min­is­teri­um ver­weist auf Hil­fe durch Jesuit­en. Die wurde vor drei Jahren beendet

(TAZ, Heike Kleffn­er) Mas­sive Kri­tik an den Zustän­den im Abschiebege­wahrsam Eisen­hüt­ten­stadt üben
der Flüchtlingsrat Bran­den­burg und Vertreter des Deutschen Anwaltsvereins.
Die Zustände seien “unmen­schlich”. Im Zen­trum der Proteste ste­hen die
medi­zinis­che Ver­sorgung der Abschiebe­häftlinge und deren man­gel­nder Zugang
zu ein­er unab­hängi­gen Rechtsberatung. 

Bere­its im Jahr 2000 hat­te das Europäis­che Komi­tee zur Ver­hü­tung von Folter
(CPT) den Abschiebek­nast besucht und anschließend gefordert, den Häftlingen
Zugang zu ein­er unab­hängi­gen, regelmäßi­gen und kosten­losen Rechts­ber­atung zu
gewähren. Seine Kri­tik veröf­fentlichte das Komi­tee im März 2003 zusam­men mit
ein­er Stel­lung­nahme der Bundesregierung. 

Darin hieß es, dass “in Erman­gelung” ander­er ser­iös­er Ange­bote, z. B. durch
die Recht­san­walt­skam­mer, eine Rechts­ber­atung in Eisen­hüt­ten­stadt nur durch
die keineswegs unpartei­is­chen in Eisen­hüt­ten­stadt täti­gen Mitar­beit­er der
Abschiebe­haf­tanstalt, der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde und der Außen­stelle des
Bun­de­samtes für Asyl erfol­gen könne. Inten­sive Bemühun­gen, so die Beteuerung
der Bun­desregierung, kom­pe­tente Insti­tu­tio­nen für diese Auf­gabe zu gewinnen,
seien bis­lang erfol­g­los geblieben. 

Das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um ver­weist gerne darauf, dass seit dem
CTP-Besuch drei Jahre ver­gan­gen seien. Im Übri­gen erhiel­ten die inhaftierten
Flüchtlinge regelmäßig Besuche durch den Jesuit­en­flüchtlings­di­enst, der auch
Beratun­gen durch­führe. Doch auch das Min­is­teri­um ist nicht auf der Höhe der
Zeit. Der Jesuit­en­flüchtlings­di­enst hat nach eige­nen Angaben seine
Rechts­ber­atun­gen bere­its im Früh­jahr 2001 been­det. Sei­ther rate man der
Lei­t­erin des Abschiebege­wahrsams drin­gend, eine kosten­lose Beratung durch
Anwälte zu genehmi­gen. Alle Ange­bote der Arbeits­ge­mein­schaft Aus­län­der- und
Asyl­recht im Deutschen Anwaltsvere­in wur­den durch das Potsdamer
Innen­min­is­teri­um aber bis­lang abgelehnt. 

Zudem, so der Flüchtlingsrat, “ist die medi­zinis­che Ver­sorgung der
Inhaftierten nicht gewährleis­tet”. In Gedächt­nis­pro­tokollen, die der taz
vor­liegen, beschreibt eine mit­tler­weile abgeschobene Viet­namesin, dass sie
im zweit­en Monat schwanger war, als sie im Okto­ber 2003 in Eisenhüttenstadt
inhaftiert wurde. Kurze Zeit später litt die 37-Jährige über drei Wochen an
mas­siv­en Blu­tun­gen, die in der Haft nicht behan­delt wur­den. Am 1. Dezember
wurde ihr von einem Arzt, zu dem sie von den Sicher­heit­skräften der Anstalt
gebracht wurde, dann mit­geteilt, dass sie das Kind ver­loren habe. 

“Erkrank­te Häftlinge wer­den, falls über­haupt eine Ver­sorgung stattfindet,
nicht darüber aufgek­lärt, was mit ihnen geschieht”, so Vera Ever­hartz vom
Flüchtlingsrat Bran­den­burg. Psy­chisch kranke Häftlinge wür­den mit Gewalt
ruhig gestellt, anstatt sie medi­zinisch zu behan­den. So wurde eine
Keni­aner­in im Okto­ber let­zten Jahres nach eige­nen Angaben mehrere Stunden
lang an ein Bettgestell gefesselt.

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Lohmann folgt Wischnath

(MAZ) POTSDAM Das bran­den­bur­gis­che Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Rechtsextremismus
und Frem­den­feindlichkeit hat gestern in Pots­dam den 41-jährigen
Super­in­ten­den­ten von Witt­stock, Heinz-Joachim Lohmann, mit 19 von 28 Stimmen
zu seinem neuen Vor­sitzen­den und Nach­fol­ger des schw­er erkrank­ten Rolf
Wis­chnath gewählt. 

Auf den evan­ge­lis­chen Geistlichen warten offen­bar sogle­ich große
Her­aus­forderun­gen. Denn nach Infor­ma­tio­nen der MAZ hat die recht­sex­treme und
frem­den­feindliche Gewalt im vorigen Jahr wieder drastisch zugenommen.
Hochrech­nun­gen zufolge ist ein 25-prozentiger Anstieg gegenüber dem Jahr
2002 zu erwarten. Das wären etwa 100 Fälle. Die Gesamtzahl des Jahres 2002
mit 81 Delik­ten wurde nach Polizeiangaben bere­its Ende Okto­ber 2003 mit 82
Gewalt­tat­en überschritten. 

Bei der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus will Lohmann auch die politischen
Parteien kün­ftig stärk­er in die Ver­ant­wor­tung nehmen. “Wir wollen die
Parteien zwin­gen, Farbe zu beken­nen”, sagte er mit Blick auf die
Land­tagswahl im Sep­tem­ber. Das Aktions­bünd­nis werde die Parteien “zwin­gen,
einen Wahlkampf zu führen, in dem man den recht­sex­tremen Parteien eine klare
Abfuhr erteilt”. Außer­dem wolle das Bünd­nis dafür sor­gen, dass “das Thema
Aus­län­der nicht instru­men­tal­isiert wird, um auf Kosten von Minderheiten
und mit dem Schüren von Angst vor ihnen Wäh­ler­stim­men zu gewinnen”. 

Darüber hin­aus hat­te Lohmann in einem MAZ-Inter­view jüngst betont, der
Umgang von Behör­den mit Flüchtlin­gen könne von Frem­den­fein­den als
stillschweigende Bestä­ti­gung ihrer men­schen­ver­ach­t­en­den Ideologie
missver­standen wer­den. Er wolle sich deshalb bei Innen­min­is­teri­um und
Land­kreisen dafür ein­set­zen, dass Asyl­be­wer­ber bess­er behan­delt würden. 

Über­haupt sind Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit nach Ansicht von
Lohmann in der Gesellschaft vielfältig ver­bre­it­et und kein Jugendphänomen.
“Wir müssen alle im Blick haben”, betonte er, “natür­lich auch Schule und
Jugend­kul­tur, aber auch die Eltern und Großel­tern. Es geht nicht nur um die
Gewalt der Straße, son­dern auch um die Men­schen­ver­ach­tung in den Köpfen.” 

Die jüng­ste Gewalt­tat­en-Chronolo­gie des Vere­ins “Opfer­per­spek­tive”, der als
neues Mit­glied in das Aktions­bünd­nis aufgenom­men wurde, belegt diese
Ein­schätzung nach Auf­fas­sung des Vere­insvor­sitzen­den Kay Wendel
ein­drucksvoll. Die recht­sex­tremen und frem­den­feindlichen Gewalt­tat­en des
Jahres 2003 seien der “Indika­tor eines erschreck­end hohen Lev­els der Gewalt”
sowie ein­er “alltäglichen Bedro­hung und Aus­gren­zung von Minderheiten”.
Diesem Miss­stand könne “nur durch eine bre­ite gesellschaftliche
Sol­i­darisierung mit den Opfern begeg­net wer­den”, so Wendel. 

Die Gewalt­tat­en-Sta­tis­tik der “Opfer­per­spek­tive” doku­men­tiert für das
ver­gan­gene Jahr 116 gewalt­same Angriffe mit recht­sex­tremem oder
frem­den­feindlichem Hin­ter­grund. “51 davon waren frem­den­feindlich motiviert,
53 richteten sich gegen nicht-rechte Jugendliche, betrof­fen waren insgesamt
151 Opfer”, erläutert Wen­del. Trau­riger Spitzen­re­it­er sei der Landkreis
Havel­land mit 19 Angrif­f­en gewe­sen, gefol­gt von der Uck­er­mark und der
Lan­deshaupt­stadt Pots­dam mit jew­eils 15 Attack­en. Als besonders
besorgnis­er­re­gend beze­ich­nete Wen­del die “Serie von zehn Brand­s­tiftun­gen an
türkischen und viet­name­sis­chen Imbissstän­den”, wodurch die ökonomische
Exis­tenz der Inhab­er bedro­ht wor­den sei. 

Einen Angriff mit Todes­folge hat die “Opfer­per­spek­tive” für das Jahr 2003
nicht aufge­lis­tet. Der Mord an einem Punk in Frank­furt (Oder) am 29. März
sei in der Chronolo­gie nicht erfasst, weil das Gericht ein
recht­sex­trem­istis­ches Tat­mo­tiv der verurteil­ten Skin­heads nicht zweifelsfrei
erken­nen konnte. 

Das Beispiel zeigt, dass die “Opfer­per­spek­tive” die Gewalt­tat­en vorsichtiger
bew­ertet als in den Vor­jahren, als es in der Regel zu erheblichen
Abwe­ichun­gen zu der offiziellen Gewalt­sta­tis­tik des Innen­min­is­teri­ums kam,
die mor­gen in Pots­dam präsen­tiert wer­den soll. Die Dif­ferenz wird für 2003
voraus­sichtlich etwa zehn Prozent betra­gen, wie sich aus den bis Ende
Okto­ber reg­istri­erten Fällen ableit­en lässt: die “Opfer­per­spek­tive” zählte
90, das Min­is­teri­um 82. Bei 116 Fällen, die der Vere­in für das gesamte Jahr
angab, dürfte das Min­is­teri­um auf etwa 100 Gewalt­tat­en kommen. 

Wis­chnath-Nach­fol­ger ste­ht fest

Heinz-Joachim Lohmann ist neuer Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es gegen
Gewalt

(Tagesspiegel, San­dra Schipp) Pots­dam. Der evan­ge­lis­che Super­in­ten­dent Heinz-Joachim Lohmann ist neuer
Vor­sitzen­der des Bran­den­burg­er Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt,
Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit. Er wurde am Dien­stag vom Plenum
in Pots­dam in das Amt gewählt. Für Lohmann stimmten 19 der 28
stimm­berechtigten Mit­glieder, es gab 5 Nein-Stim­men und 4 Enthal­tun­gen. Der
41-Jährige löst den bish­eri­gen Vor­sitzen­den Rolf Wis­chnath ab, der aus
gesund­heitlichen Grün­den im ver­gan­genen Jahr zurück­ge­treten war. 

Lohmann sagte, er wolle dafür ein­treten, dass der Reich­tum der verschiedenen
Kul­turen für die Gestal­tung des Lan­des genutzt werde. Die Mehrheit der
Men­schen in Bran­den­burg sei nicht rechts und zeige sich sol­i­darisch mit den
Opfern rechter Gewalt. Eine Her­aus­forderung für die Zukun­ft seien die
bevorste­hen­den Wahlen. Alle demokratis­chen Parteien müssten dabei gegen den
Recht­sex­trem­is­mus Posi­tion beziehen. 

Es müsse eine Möglichkeit geben, beispiel­sweise die “Zupflasterung mit
NPD-Plakat­en abzustellen”. In Zukun­ft müsse auch inten­siv­er darüber
nachgedacht wer­den, woher der Recht­sex­trem­is­mus in der Gesellschaft komme.
Recht­sex­tremes Gedankengut finde sich nicht nur bei Jugendlichen.
Ins­beson­dere bei älteren Men­schen über 50 Jahren sitze die
Aus­län­der­feindlichkeit ganz tief. Daher müssten Strate­gien entwickelt
wer­den, wie diese Hal­tung “aufge­brochen” wer­den könne. Zugle­ich kritisierte
Lohmann die Abschiebeprax­is und den Umgang von Aus­län­der­be­hör­den mit
Asyl­be­wer­bern. Oft wür­den Aus­län­der unfre­undlich behan­delt und geduzt. Dies
müsse abgestellt werden. 

Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) grat­ulierte Lohmann zu seiner
Wahl. Die Lan­desregierung füh­le sich dem Aktions­bünd­nis in dem Bewusstsein
ver­bun­den, für ein weltof­fenes und tol­er­antes Bran­den­burg zu wirken, schrieb
er an den neuen Vor­sitzen­den. Lohmann sehe es als seine Auf­gabe an,
Intol­er­anz zu bekämpfen. Sein beson­deres Augen­merk gelte den Schulen, die
für ihn ein wichtiger Part­ner hin zu mehr Ver­ständ­nis und gegenseitiger
Achtung seien. 

Bran­den­burgs Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er betonte, das Engage­ment des
Aktions­bünd­niss­es gegen Recht­sex­trem­is­mus sei nach wie vor eine
Notwendigkeit. Die Kette frem­den­feindlich­er Angriffe reiße nicht ab. Ganz
offen­sichtlich zugenom­men hät­ten Bran­dan­schläge gegen Imbissstuben und
Jugend­clubs. Seit Juli 2003 seien neun solch­er Über­griffe bekan­nt geworden.
Diese Anschläge zer­störten nicht nur die wirtschaftliche Exis­tenz der
Inhab­er, son­dern brächt­en auch Men­schen­leben in erhe­bliche Gefahr. 

Recht­sex­treme hät­ten inzwis­chen neue Strate­gien entwick­elt, um Akzep­tanz in
der Bevölkerung zu gewin­nen und ihrer gesellschaftlichen Aus­gren­zung zu
entkom­men. So hät­ten sie sich unter Demon­stra­tio­nen gegen den Irak-Krieg
gemis­cht und den Ein­druck erweckt, sie teil­ten die Forderung der Menschen
nach Frieden. Es gebe zudem begrün­de­ten Anlass zu der Sorge, das Thema
Aus­län­der kön­nte im Wahlkampf instru­men­tal­isiert wer­den, um mit dem Schüren
von Angst Stim­men zu gewin­nen. Dies gelte für recht­sex­treme Parteien, “aber
manch­mal auch für andere”, kri­tisierte Berger. 

Lohmann ist Nach­fol­ger von Wis­chnath im Aktionsbündnis

(LR) Der eva
nge­lis­che Super­in­ten­dent Heinz-Joachim Lohmann aus Witt­stock ist
neuer Vor­sitzen­der des bran­den­bur­gis­chen Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt,
Recht­sex­trem­is­mus und Fremdenfeindlichkeit. 

Der 41-Jährige wurde gestern in Pots­dam mit großer Mehrheit zum Nachfolger
des erkrank­ten Cot­tbuser Gen­er­al­su­per­in­ten­den­ten Rolf Wis­chnath gewählt.
Lohmann will kün­ftig unter anderem dafür kämpfen, dass bei der Landtagswahl
im Sep­tem­ber keine recht­sex­trem­istis­che Partei den Sprung ins Parlament
schafft. 

Bran­den­burgs Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er hat­te die Arbeit des
bish­eri­gen Vor­sitzen­den Rolf Wis­chnath gewürdigt. “Sein Engage­ment im Kampf
gegen Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit war von herausragender
Bedeu­tung für einen Bewusst­sein­swan­del in Bran­den­burg”, betonte sie.

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Bundeswehr raus aus den Schulen

(Kam­pagne gegen Wehrpflicht Pots­dam) In Bran­den­burg ist seit 1992 das Auftreten der Bun­deswehr in den Schulen zur Nach­wuch­swer­bung unter­sagt. Die Bun­deswehr darf lediglich auf Ein­ladung der ver­ant­wortlichen Lehrer/innen über all­ge­mein­poli­tis­che Fra­gen im Unter­richt informieren. Aber wenn die Bun­deswehr kommt, müssen auch bun­deswehrkri­tis­che Per­so­n­en oder Grup­pen ein­ge­laden werden! 

Diese Möglichkeit­en sind lei­der selb­st bei linken Schülersprecher/innen nur wenig bekan­nt und wer­den noch sel­tener genutzt. 

Wenn ihr also Bun­deswehrplakate in Eur­er Schule hän­gen seht oder Jugend­of­fiziere in den Unter­richt ein­ge­laden wer­den, sagt uns Bescheid. Wir kön­nen (sog­ar ganz legal) etwas unternehmen! 

Kam­pagne gegen Wehrpflicht Zwangs­di­en­ste und Militär

Lin­den­straße 47

14467 Potsdam 

Doku­men­tiert:

Rund­schreiben des Min­is­teri­ums für Bil­dung, Jugend und Sport, 29. 06. 1992

“Im Grundge­setz wird für das deutsche Volk eine friedenser­hal­tende Verpflich­tung aus­ge­sprochen. Eine der zen­tralen Forderun­gen des Herb­stes 1989 war die Ent­mil­i­tarisierung des Denkens und der Sprache. Diese Forderung schließt die Verpflich­tung zu gewalt­freien Lösun­gen von Inter­es­sen­ge­gen­sätzen und Kon­flik­ten ein.
Die wach­senden Prob­leme bei ein­er gerecht­en und friedlichen Gestal­tung unseres Zusam­men­lebens auf nationaler und inter­na­tionaler Ebene sollen in den Unter­richt ein­be­zo­gen wer­den. Vor dem Hin­ter­grund unabgeschlossen­er Friedens­be­mühun­gen in der Gesellschaft und der alltäglich zu beobach­t­en­den Gewalt und Gewalt­bere­itschaft kann diese Auf­gabe allerd­ings von der Schule nur in Ansätzen real­isiert werden. 

Nicht zulet­zt ist das Bemühen, Kinder und Jugendliche zur gewalt­freien Kon­flik­t­bear­beitung zu erziehen, nur vor dem Hin­ter­grund konkreter poli­tis­ch­er Friedens- und Abrüs­tungss­chritte glaubhaft. 

1. Friedenserziehung ist eine Auf­gabe, die sich in allen Schul­for­men, Schul­stufen und Jahrgän­gen stellt. Sie hat ihren Platz in der poli­tis­chen Bil­dung, aber auch in allen anderen Fäch­ern und dem Pro­jek­tun­ter­richt im Rah­men des päd­a­gogis­chen und sozialen Auf­trags der Schule. Die Lehrerin­nen und Lehrer haben die Auf­gabe, die Schü­lerin­nen und Schüler umfassend zu informieren, sie aus­ge­wogen mit unter­schiedlichen Auf­fas­sun­gen zu diesem The­men­bere­ich bekan­nt zu machen und sie zu befähi­gen, selb­ständig und ver­ant­wortlich zu entschei­den. Es ist Ziel der Friedenserziehung, mit den Kindern und Jugendlichen die Fähigkeit zum tol­er­an­ten und gewalt­freien Umgang zu entwick­eln. Dazu gehört auch die Entwick­lung von Selb­st­be­wußt­sein, um anbe­fohle­nen Gehor­sam ablehnen zu kön­nen und die eigene Gewis­sensentschei­dung zum Maßstab zu machen. 

2. Die Lehrerin­nen und Lehrer sollen in ihrem jew­eili­gen Fach Bezüge und Möglichkeit­en zur Friedenserziehung nutzen. Fort­bil­dungsange­bote haben das Ziel, die Kom­pe­tenz der Lehrkräfte zu aktu­al­isieren und zu verbessern. 

3. Um die Aus­ge­wogen­heit der Infor­ma­tion zu gewährleis­ten wer­den im Unter­richt ver­schieden Mei­n­un­gen zur Frieden­spoli­tik dargestellt.(>Keine Schü­lerin und Schüler darf ein­seit­ig bee­in­flußt wer­den< — §2 Abs.2, 1 SRG). Über das Ein­beziehen in den Unter­richt von Vertretern der Bun­deswehr, von Kriegs­di­en­stver­weiger­ern und ihren Organ­i­sa­tio­nen, Vertretern von Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tio­nen u.a. entschei­den die Lehrerin­nen und Lehrer, die in jedem Fall die Ver­ant­wor­tung für den Unter­richt haben. Sie prüfen auch unter dem Gebot der Aus­ge­wogen­heit, ob durch schul­fremde Per­so­n­en ein Beitrag zum Erre­ichen der Unter­richt­sziele geleis­tet wird. Die Teil­nahme schul­fremder Per­so­n­en darf nicht zur Berufs- oder Nach­wuch­swer­bung genutzt wer­den. Die Schulleitung ist über die beab­sichtigte Beteili­gung schul­fremder Per­so­n­en zu informieren.
4. Die Schulkon­ferenz ist über das Konzept der Friedenserziehung an der Schule ein­schließlich der Ein­beziehung schul­fremder Per­so­n­en zu informieren. Diese Infor­ma­tion erfol­gt in der Regel ein­mal jährlich durch die Schulleitung oder eine beauf­tragte Lehrkraft.”

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Ermittlungen gegen BGS-Beamte

Pots­dam. Im Ermit­tlungsver­fahren gegen Berlin­er Beamte des
Bun­des­gren­zschutzes (BGS) wegen des Ver­dachts der Kör­per­ver­let­zung während ein­er gescheit­erten Abschiebung ist das Opfer jet­zt von einem Richter ver­nom­men wor­den. Der 17-jährige Kir­gise sei am Mon­tag zu den Ereignissen
während sein­er geplanten Abschiebung im Dezem­ber befragt wor­den, sagte der Sprech­er der Staat­san­waltschaft Pots­dam, Benedikt Welfens. Ermit­telt werde inzwis­chen gegen zwei namentlich bekan­nte Beamte des Grenzschutzes. 

“Bis­lang beste­ht gegen diese zwei Beamten ein Anfangsver­dacht”, sagte Welfens. Der Kir­gise war nach eigen­er Darstel­lung am 19. Dezem­ber ver­gan­genen Jahres von mehreren BGS-Beamten geschla­gen wor­den. Der Jugendliche, der allein in seine Heimat abgeschoben wer­den sollte, sagte, er habe in ein­er Mas­chine am Flughafen Schöne­feld gegen die Tren­nung von seinem älteren Brud­er protestiert. Daraufhin hät­ten Beamte — der 17-Jährige sprach
nach Auskun­ft seines Seel­sorg­ers von vier uni­formierten und zwei zivilen Beamten — ihm unter anderem auf den Kopf geschla­gen und den Mund zugehalten. 

Die Abschiebung des Voll­waisen wurde abge­brochen, als der Pilot die Beamten und den Kir­gisen aus dem Flugzeug wies. Der Kir­gise habe ihm seine Wun­den gezeigt, die den Schilderun­gen entsprechen, sagte Dieter Ziebarth,
evan­ge­lis­ch­er Seel­sorg­er in der Abschiebe­haf­tanstalt Köpenick. Er sagte, für den heuti­gen Dien­stag sei ein weit­er­er Abschiebeter­min für den Jugendlichen
ange­set­zt. Laut Welfens wurde mit der richter­lichen Vernehmung der Weg für eine Abschiebung frei. 

Das zuständi­ge Gren­zschutzprä­sid­i­um Ost hat­te schon zu Beginn der Ermit­tlun­gen gegen die Beamten mit Ver­weis auf das laufende Ver­fahren eine Stel­lung­nahme zu den Vor­wür­fen abgelehnt.

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Unmenschliche Zustände in der Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt

In den let­zten Monat­en erhielt der Flüchtlingsrat Bran­den­burg gehäuft Berichte von Inhaftierten aus der Abschiebe­haftein­rich­tung in Eisen­hüt­ten­stadt. Den Bericht­en ist der Flüchtlingsrat nachge­gan­gen. Aus den Bericht­en und den darauf fol­gen­den Gesprächen mit den Inhaftierten und deren Recht­san­wäl­ten geht her­vor, dass sich nach dem Bericht des Europäis­chen Komi­tees zur Ver­hü­tung von Folter (CPT) aus dem Jahr 2000 an den Zustän­den in der Abschiebe­haft nicht viel geän­dert hat. 

Die medi­zinis­che Ver­sorgung der Inhaftierten ist nicht gewährleis­tet. So ver­lor z.B. eine Viet­namesin auf­grund man­gel­hafter medi­zinis­ch­er Ver­sorgung während ihrer Inhaftierung im Novem­ber 2003 ihr Baby. Erkrank­te Häftlinge wer­den, falls über­haupt eine Ver­sorgung stat­tfind­et, nicht darüber aufgek­lärt, was mit ihnen geschieht. Statt notwendi­ger medi­zinis­ch­er Behand­lung wer­den psy­chisch kranke Häftlinge mit Gewalt ruhig gestellt. Eine Frau aus Kenia wurde im ver­gan­genen Okto­ber über Stun­den hin­weg an ein Bettgestell gefesselt. 

Auch eine regelmäßige Rechts­ber­atung find­et nicht statt. CPT hat­te in seinem Bericht eine unab­hängige, regelmäßige und kosten­lose Rechts­ber­atung gefordert. Auf eine Rechts­ber­atung der Häftlinge arbeit­en viele Organ­i­sa­tio­nen – u.a. der Lan­des­flüchtlingsrat – seit vie­len Jahren hin. Die Arbeits­ge­mein­schaft Aus­län­der- und Asyl­recht im Deutschen Anwaltvere­in bat im Jahr 2002 das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um um die Genehmi­gung ein­er regelmäßi­gen Rechts­ber­atung in Eisen­hüt­ten­stadt. Mehrere Berlin­er Recht­san­wälte erk­lärten sich zur Durch­führung dieser Rechts­ber­atung bere­it. Das Innen­min­is­teri­um lehnte dieses ab. Es beste­he kein Bedarf. 

Zu diesen The­men wird am Mittwoch in Pots­dam eine Pressekon­ferenz stat­tfind­en: um 13 Uhr in der Super­in­ten­den­tur der Evan­ge­lis­chen Kirche in Pots­dam (Am Grü­nen Git­ter 1, 14469 Potsdam).

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Nachspiel bei Videokontrolle

POTSDAM/BERLIN — Der vom Innen­min­is­teri­um geheim durchge­führte und nach
MAZ-Recherchen bekan­nt gewor­dene Prax­is­test von Autonummern-Scannern
beschäftigt nun den Pots­damer Land­tag. Der SPD-Abge­ord­nete Klaus Bochow hat
das Min­is­teri­um aufge­fordert, die Einzel­heit­en des Tests vom Som­mer 2003
mitzuteilen, der die Überwachung von Fahrzeu­gen vor­bere­it­en sollte. Bochow
fragt nach Kosten und Rechts­grund­lage des Tests sowie nach dem Grund für die
unterbliebene Unter­rich­tung des Landtags. 

PDS, Grüne und die SPD-Nach­wuch­sor­gan­i­sa­tion Jusos in Bran­den­burg werten die
Pläne des Min­is­teri­ums als “schw­eren Ein­griff in Bürg­er­rechte” und “weit­eren
Schritt auf dem Weg in den Überwachungsstaat”. Datenschutzbeauftragter
Alexan­der Dix warnt vor ein­er “Infra­struk­tur der Überwachung”. 

Berlins Innense­n­a­tor Ehrhart Kört­ing (SDP) will den Autoverkehr in der Stadt
eben­falls mit automa­tis­chen Kennze­ichen-Lesegeräten überwachen lassen. Damit
sollen gestoh­lene Autos und Straftäter schneller aufge­spürt wer­den, sagte
Kört­ings Sprech­er Claus Guggen­berg­er gestern. Die Geräte sollen zunächst
nicht fest instal­liert, son­dern auf Ein­satz­fahrzeu­gen befes­tigt und bei
Fah­n­dun­gen einge­set­zt wer­den. Kört­ing fol­gt damit dem Beispiel anderer
Bun­deslän­der. Derzeit set­zen Bay­ern und Thürin­gen die Sys­teme in
Pilot-Pro­jek­ten ein. Hes­sen, Nieder­sach­sen und Bran­den­burgs Innenminister
Jörg Schön­bohm (CDU) haben sich eben­falls für die automa­tis­che Erfas­sung von
Auto­kennze­ichen ausgesprochen.

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Maßregelvollzug: Bedenkliche Privatisierung

(MAZ, Frank Schau­ka) POTSDAM Die von der bran­den­bur­gis­chen Lan­desregierung vorbereitete
Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs für psy­chisch gestörte Straftäter wie
Frank Schmökel ist nach Exper­te­nan­sicht rechtswidrig und birgt zudem
grund­sät­zliche Sicherheitsrisiken. 

“Schmökel und andere schwere Fälle” wür­den in Nor­drhein-West­falen “nicht in
pri­vat­en Kliniken behan­delt wer­den, betonte der Sprech­er des Düsseldorfer
Gesund­heitsmin­is­teri­ums, Kai von Schönebeck, gegenüber der MAZ. “Pri­vate
Träger werten den Aspekt der Wirtschaftlichkeit eventuell höher als der
Staat”, heißt es zur Begrün­dung. Außer­dem könne der Staat den für den
Maßregelvol­lzug erforder­lichen “hohen Grad an Bewachung und Betreu­ung besser
gewährleis­ten”. Dabei wider­set­zt sich Nor­drhein-West­falen nicht
grund­sät­zlich ein­er Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs. Von den sechs
geplanten Klinikneubaut­en sollen die in Mün­ster und Duis­burg für
intel­li­gen­zge­minderte und dro­gen­ab­hängige Straftäter von freigemeinnützigen
Trägern betrieben wer­den. Der an den zwei Stan­dorten zu behandelnde
Patien­tenkreis soll allerd­ings min­der­schwere Fälle betreffen. 

Sach­sen-Anhalt ist vorsichtig

Bedenken gegen eine Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs wer­den auch in
Sach­sen-Anhalt geäußert, wo die ehe­ma­lige SPD-Regierung Lan­deskliniken samt
Maßregelvol­lzug den gemein­nützi­gen Salus-Kliniken über­tra­gen hat­te, die zu
100 Prozent dem Land gehören. An Pri­vatun­ternehmen werde die Landesregierung
den Maßregelvol­lzug jedoch niemals abgeben, hob ein Sprech­er des Magdeburger
Sozialmin­is­teri­ums her­vor. “Warum soll­ten wir uns auf ein Ter­rain begeben,
wo wir nicht wis­sen, wie die Qual­ität ist?”, so Sprecherin Christiane
Baumann. 

Keine Nachteile in ein­er Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs erblickt
hinge­gen das Land Thürin­gen. “Ther­a­peutisch hat sich nichts geändert”,
bilanziert die zuständi­ge Mitar­bei­t­erin des Psy­chi­a­trie-Refer­ats im Erfurter
Gesund­heit­sres­sort, Sigrun Bev­er. Dem Min­is­teri­um obliege weit­er die Fach-
und Recht­sauf­sicht. Zudem sei es berechtigt, die Ther­a­pie-Qual­ität bei so
genan­nten Sicher­heits­bege­hun­gen zu überprüfen. 

Ob aus ein­er Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs zudem die von der Potsdamer
Regierung erhofften finanziellen Vorteile resul­tieren, ist fraglich. In
Sach­sen-Anhalt sind nach der Pri­vatisierung die Pflegesätze und damit die
Kosten für das Land gestiegen. Zudem sollen die Privatisierungserlöse
lediglich 40 Mil­lio­nen Euro betra­gen und somit weit unter den erhofften 100
Mil­lio­nen Euro gele­gen haben. 

Spitzen­jurist hält Pläne für rechtswidrig

Zu den sicher­heits- und finanzpoli­tis­chen Unwäg­barkeit­en treten juristische
Bedenken, die die geplante Pri­vatisierung des Maßregelvol­lzugs als
“rechtswidrig” erscheinen lassen, wie der Maßregel-Experte und
stel­lvertre­tende Bran­den­burg­er Gen­er­al­staat­san­walt Rolf Grünebaum auf
Anfrage betont. Die von der Pots­damer Lan­desregierung vorgesehene
Über­tra­gung hoheitlich­er Rechte auf Pri­vate sei zwar — wie beim TÜV -
grund­sät­zlich legit­im, jedoch nicht im Falle des Maßregelvol­lzugs. Eine so
genan­nte Belei­hung von Hoheit­srecht­en an Pri­vate sei “ver­fas­sungsrechtlich
nicht hinzunehmen, wo in beson­derem Maße in die Grun­drechte der Betroffenen
einge­grif­f­en wird”, so Grünebaum. Ger­ade die zwangsweise unbefristete
Frei­heit­sentziehung in der foren­sis­chen Psy­chi­a­trie sei “ein­er der
schw­er­sten rechtsstaatlich legit­imierten Ein­griffe in ele­mentare Grund- und
Men­schen­rechte”. Daraus ergebe sich nur eine Fol­gerung: “Mit dieser Aufgabe
dür­fen Pri­vatun­ternehmer nicht betraut wer­den. Die postmodernen
Bestre­bun­gen, staatliche Aktiv­itäten zu pri­vatisieren, haben hier eine
rechtliche Grenze.” 

Kein Dis­senz zwis­chen Ministerien

Das CDU-geführte Pots­damer Jus­tizmin­is­teri­um erken­nt eben­falls rechtliche
Bedenken, will sie jedoch offen­bar aus Rück­sicht­nahme auf das SPD-geführte
Gesund­heit­sres­sort, dem der Maßregelvol­lzug unter­ste­ht, nicht äußern. “Es
beste­ht kein Dis­senz zwis­chen den Min­is­te­rien”, so Jus­tizsprecherin Dorothee
Stacke. In seinem eige­nen Zuständigkeits­bere­ich ist das Justizministerium
jedoch offen­sichtlich vor­sichtiger. Eine Pri­vatisierung des Strafvollzugs
werde als “rechtlich prob­lema­tisch ange­se­hen” und sei deshalb nicht
beab­sichtigt, so Stacke. Dabei gibt es zwis­chen Straf- und Maßregelvollzug
keinen Unter­schied in der Qual­ität der wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgabe,
die sich im Aus­maß des aus­geübten staatlichen Zwangs bemisst.

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Richard von Weizsäcker bedauert Spende für umstrittenen Verein

(Mar­tin Kles­mann) POTSDAM. Alt­bun­de­spräsi­dent Richard von Weizsäck­er hat es bedauert, der
umstrit­te­nen Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft Pots­damer Glock­en­spiel (TPG) Geld für
die Wieder­errich­tung der Gar­nisonkirche gespendet zu haben. “Nach den
Erken­nt­nis­sen von heute hätte ich das bess­er nicht tun sollen”, teilte von
Weizsäck­er der Berlin­er Zeitung am Woch­enende mit. Der 83-Jährige
dis­tanzierte sich damit von der TPG, die stets eine rein kirch­liche Nutzung
der wieder aufzubauen­den Gar­nisonkirche gefordert hatte. 

Darum war ein jahre­langer Stre­it mit der evan­ge­lis­chen Landeskirche
ent­bran­nt, die in der Kirche ein Ver­söh­nun­szen­trum mit poli­tis­chen Inhalten
betreiben will. Die TPG, die bere­its 5,7 Mil­lio­nen Euro an Spenden gesammelt
hat, beteiligt sich deshalb nicht an der nun gegrün­de­ten Stiftung von Land
Bran­den­burg, Stadt Pots­dam und Lan­deskirche. Die Stiftung will die Kirche in
den näch­sten sechs bis acht Jahren wieder erricht­en. Von Weizsäck­er ließ
offen, ob er seine Spende von der TPG zurück­fordern und der neuen Stiftung
übergeben werde. Er werde die Entwick­lung zunächst abwarten. Ein anderer
Promi­nen­ter hat der neuen Stiftung, die mit dem “Ruf aus Pots­dam” weltweit
Spenden sam­meln will, bere­its Unter­stüz­tung zuge­sagt — der Potsdamer
TV-Mod­er­a­tor Gün­ther Jauch sagte: “Ich werde Mit­tel und Wege find­en, um mich
am Wieder­auf­bau der Gar­nisankirche zu beteiligen.” 

Die Gar­nisonkirche war 1735 erbaut wor­den. Am 21. März 1933 hatte
NS-Pro­pa­gan­damin­is­ter Goebbels hier am “Tag von Pots­dam” eine Verbindung
zwis­chen Preußen­tum und Nation­al­sozial­is­mus insze­niert: Reich­spräsi­dent Paul
von Hin­den­burg reichte dem neuen Reich­skan­zler Adolf Hitler die Hand. Im
Zweit­en Weltkrieg stark beschädigt, wurde die Kirche 1968 auf Geheiß der
DDR-Staats­führung gesprengt. 

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Multimedia führt durch Gedenkstätte Sachsenhausen

(LR) Der Ein­gang der Gedenkstätte Sach­sen­hausen ist schw­er zu find­en. Archäolo­gen haben die Reste der Mauer des früheren Konzen­tra­tionslagers in Oranienburg
nördlich von Berlin freigelegt. Bag­ger rat­tern, das Erdre­ich ist aufgeris­sen — hand­grei­fliche Zeichen der Zäsur, vor denen die Gedenkstätte ste­ht. “In diesem Jahr kom­men wir der Ver­wirk­lichung unseres neuen Konzepts
einen großen Schritt näher. Bis 2006 kön­nen wir es weit­ge­hend abschließen”, erzählt Gün­ter Morsch, Direk­tor der Stiftung Bran­den­bur­gis­che Gedenkstätten. 

Auf die zehn­tausenden Gäste — im ver­gan­genen Jahr waren es rund 300 000 -
wartet im April das neue Besucherzen­trum im Gebäude der einstigen
Waf­fen­meis­terei. Mit dem Konzept für Sach­sen­hausen und für die Gedenkstätte
im früheren Frauen-KZ Ravens­brück im Nor­den Bran­den­burgs wurde Anfang der
90er-Jahre begonnen. In der DDR sei auch die Erforschung der Geschichte der
KZ ver­nach­läs­sigt wor­den, erk­lärt Morsch. “Vor allem in Sach­sen­hausen waren
die Museen und Ausstel­lun­gen fast auf dem Stand seit Ein­wei­hung der
Gedenkstätte 1961 ste­hen geblieben.” 

Im Besucherzen­trum kön­nen sich die Gäste kün­ftig per Mul­ti­me­dia und an einem
großen Über­sicht­s­plan über 13 Ausstel­lun­gen, darunter in den Jüdischen
Barack­en 38/39 sowie zum sow­jetis­chen Spezial­lager, informieren. “Auch die
Führun­gen wer­den dem verän­derten Besucher­rundgang angepasst. Sie fol­gen den
einzel­nen Haft­sta­tio­nen — von der Ein­liefer­ung des Häftlings bis zur
Befreiung beziehungsweise bis zur Ermordung.” 

Ehe­ma­liger Zugang wieder hergestellt

14 Ste­len und 23 Tafeln wer­den kün­ftig Ausstel­lun­gen und his­torische Orte
auf dem Are­al kennze­ich­nen. Statt durch den in der DDR angelegten Park führt
der Zugang wieder über jene Straße, über die einst die Häftlinge in das KZ
und später das sow­jetis­che Lager ver­schleppt wur­den. Erst­mals wer­den sich
den Besuch­ern dann die riesi­gen Dimen­sio­nen des Kom­plex­es erschließen — mit
dem einzi­gen noch weit­ge­hend erhal­te­nen SS-Trup­pen­lager, den Wohnsiedlungen
der SS und der “Inspek­tion der Konzentrationslager”. 

Eiskalt weht der Wind an der “Sta­tion Z”, einst Mord­stätte der SS. Im April
wird dort mit dem Abriss der alten, ver­rot­ten­den Beton­halle begonnen. Bis
zum 60. Jahrestag der Befreiung im April 2005 soll laut Morsch die neue
Über­dachung fer­tig sein. Dann informiert dort eine Doku­men­ta­tion über “Mord
und Massen­mord im KZ Sach­sen­hausen”. Im Som­mer wird der ein­stige SS-Wachturm
E mit der Ausstel­lung “Die Stadt und das Lager” wieder­eröffnet. “Die Schau
soll zeigen, was die Oranien­burg­er über das Konzen­tra­tionslager in ihrer
Stadt wussten.” 

Vom 8. Novem­ber an wird in den Barack­en des ein­sti­gen Kranken­re­viers die
Dauer­ausstel­lung “Medi­zin und Ver­brechen” gezeigt. Dabei geht es unter
anderem um medi­zinis­che Ver­suche von NS-Ärzten an Men­schen, darunter an
Sin­ti und Roma, unter dem Vor­wand der “Rassen­hy­giene”.

Zum The­ma Neue Ausstellung

In der Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück wird im Okto­ber in einem der
his­torischen Gebäude auf rund 400 Quadrat­metern eine Dauer­ausstel­lung über
SS-Auf­se­herin­nen eröffnet. Nach langjähriger wis­senschaftlich­er Forschung zu
Tätern im KZ Ravens­brück sollen biografis­che und soziale Hin­ter­gründe von
mehr als 3000 SS-Auf­se­herin­nen beleuchtet wer­den. “Viele von ihnen ließen
sich frei­willig anwer­ben und beteiligten sich an den Ver­brechen”, sagt
Gedenkstät­ten-Direk­tor Morsch.

Inforiot