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Neue Prozesstermine

Prozesse des Eigen­tümers des Sporthaus­es Ziegenhals
gegen Vertei­di­ger der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte

Der derzeit­ige Eigen­tümer des Sporthaus­es Ziegen­hals, der vor über einem Jahr die
Ernst-Thäl­mann-Gedenkstätte wider­rechtlich ver­schlossen hat, ver­sucht mit
kostenpflichti­gen Abmah­nun­gen, einst­weili­gen Ver­fü­gun­gen und Unterlassungsklagen
Antifaschis­ten, die die Schließung der Gedenkstätte anprangern und ihn beim Namen
nen­nen, mund­tot zu machen. Ein Richter hat beim Prozess gegen die “junge Welt”
fest­gestellt, dass dieser Herr “flächen­deck­end gegen eine Vielzahl von
Veröf­fentlichun­gen vorge­gan­gen ist”, in denen sein Name im Zusam­men­hang mit der
Schließung der Gedenkstätte genan­nt ist. Mit Hil­fe der Gerichte will dieser hohe
bran­den­bur­gis­che Min­is­te­ri­al­beamte die Mei­n­ungs­frei­heit für Antifaschis­ten außer
Kraft set­zen, und die Presse­frei­heit aushe­beln. Und das ist ihm teil­weise schon
gelun­gen — auch wenn die Richter nicht allen seinen Darstel­lun­gen fol­gen konnten.
Immer­hin hat das Landgericht Berlin im Zuge der einst­weili­gen Ver­fü­gung gegen den
Fre­un­deskreis “Ernst-Thäl­mann-Gedenkstätte Ziegen­hals” im März 2004 die Aussage
nicht ver­bi­eten kön­nen, “dass viele Beobachter geäußert hät­ten, dass eine
abgekartete Aktion ein­flussre­ich­er rechter Kreise zur Besei­t­i­gung der Gedenkstätte
im Gange gewe­sen sei”. 

Sol­i­dar­ität ist notwendig! Die Prozesse müssen von ein­er demokratischen
Öffentlichkeit beobachtet werden! 

Die näch­sten uns bekan­nten Gerichtstermine: 

26.Okt. 04

Landgericht Berlin

KPD/Hans Wauer

ver­schoben auf 25.Nov.04!

5.Nov. 04

09.30

Kam­merg­ericht Berlin, Elßholzs­traße 30–33

PDS Kreis Dahme-Spree­wald/Karin Weber

Wider­spruch gegen einstw. Ver­fü­gung, 2. Instanz

5.Nov. 04 

10.00

Kam­merg­ericht Berlin, Elßholzs­traße 30–33

Ver­lag 8.Mai GmbH/ junge Welt

Wider­spruch gegen einstw. Ver­fü­gung, 2. Instanz

25.Nov. 04

10.30

Landgericht Berlin, Tegel­er Weg 17–21

KPD/Hans Wauer

Unterlassungsklage 

Ergeb­nis der Prozesse am 5. Okto­ber: Die 27. Zivilka­m­mer des Landgerichts Berlin
hält daran fest, dass nicht frei und unge­hin­dert darüber berichtet wer­den darf, wer
für die Schließung und Ver­wahrlosung der Ernst-Thäl­mann-Gedenkstätte in Ziegenhals
ver­ant­wortlich ist. 

Gew­erkschaft ver.di zen­siert! Der Bericht der Gew­erkschaft ver.di-dju vom 4.Oktober
über die “Ehrung” des Eigen­tümers des Sporthaus­es Ziegen­hals mit dem “Gold­e­nen
Maulko­rb” wurde mit ein­er einst­weili­gen Ver­fü­gung beantwortet. 

Prof. Dr. the­ol. Hein­rich Fink

Frank Flegel/Zeitschrift “Offen­siv”

Dr. sc. Dr. h.c. Kurt Gossweiler

Diet­mar Koschmieder/junge Welt

PDS Kreis Dahme-Spreewald

PDS Land­kre­is­frak­tion Dahme-Spreewald

Rolf Priemer/Zeitung der DKP “unsere Zeit”

Dr. Eva Ruppert

Egon Schansker

Horst Singer/Heimatspiegel (Dahme-Spree­wald)

Dr. Hans-Gün­ter Szalkiewicz/DKP (Berlin­er Anstoß)

Hans Wauer/KPD (Rote Fahne)

Eri­ka Wehling-Pangerl

Dr. Klaus Weidner/“Links der Dahme”

Die Unterze­ich­n­er sind alle selb­st von kostenpflichti­gen Abmah­nun­gen, sonstigen
Geld­forderun­gen, einst­weili­gen Ver­fü­gun­gen oder Unter­las­sungskla­gen betroffen.

Spendenkon­to der Unterze­ich­n­er: J.Oehme, Kon­tonr.: 2083218202, BLZ: 250 206 00
(All­bank), Ken­nwort: Ziegenhals

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Stolpersteine verlegt

Eber­swalde (MOZ) Sieben Stolper­steine wur­den am Mon­ta­gnach­mit­tag vor dem
Gropius­bau der Lan­desklinik ver­legt. Sieben Steine, die mit sieben Namen und
einem Schick­sal ver­bun­den sind. Patien­ten, die um 1940 von der Eberswalder
Anstalt aus ver­legt wur­den. Ger­adewegs in den Tod. Sieben Fälle, die für
ins­ge­samt 70 000 Euthanasieopfer in Deutsch­land, darunter 5088 in
Bran­den­burg, ste­hen. Schüler der Goethe-Realschule hat­ten das Schicksal
jen­er sieben psy­chisch Kranken aufgear­beit­et. Für diese Pro­jek­tar­beit, die
in Koop­er­a­tion mit dem Köl­ner Gunter Dem­nig, der Uni­ver­sität Pots­dam sowie
der Lan­desklinik real­isiert wurde, war die Schule im Mai bere­its mit dem
Preis “Botschafter der Tol­er­anz” vom Bun­desin­nen­min­is­ter geehrt worden. 

Sie sind nicht zu überse­hen, die sieben Stolper­steine im Pflaster vor dem
Gropius­bau. Trotz des düsteren Wet­ters glänzen sie. Dank des Mess­ings. Und
im Laufe der Zeit wer­den sie durchs Drüber­laufen noch blanker werden.
Nutzung, die vor dem Vergessen schützt. Die Stolper­steine machen die Opfer
namhaft. Das Schick­sal von Erich J., Gus­tav K., Eduard F., Char­lotte B.,
Gus­tav D., Anna F. und Mar­garete H. ist nacher­leb­bar. Es lagert nicht mehr
nur als Akte in einem Archiv. 

Mit dem Pro­jekt “Stolper­steine” wird, so hat­te es Klinik-Verwaltungsleiterin
Moni­ka Born während der Gedenk­feier for­muliert, an das “dunkel­ste Kapitel
deutsch­er Psy­chi­a­triegeschichte” erin­nert: an die als Euthanasie bekannte
Mor­dak­tion während der NS-Zeit. Von der Eber­swalder Anstalt aus waren
1940/1941 nach­weis­lich 531 Kranke “in eine andere Anstalt ver­legt” worden,
wie es damals lap­i­dar hieß. Eine Ver­legung, die den Tod bedeutete. Denn das
Ziel war die Gaskammer.

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Widerstand blieb die Ausnahme


Die Kirche in der Region während der Zeit des Nationalsozialismus /
“Deutsche Chris­ten” gaben den Ton an

(MAZ, Fred Brud­er) Das Ver­hält­nis von Kirche und NS-Regime auf regionaler Ebene muss immer noch
als unter­be­lichtet ange­se­hen wer­den. Ger­ade als mit Schülern Gespräche zur
Expo­si­tion “Das Jahr 1933 in der Region Dahme-Spree­wald” geführt wurden,
spielte auch diese Frage eine Rolle. Im Zusam­men­hang mit ein­er Erin­nerung an
die Hin­rich­tung von Ger­ta Stim­ming aus Miers­dorf vor 60 Jahren tauchte sie
eben­falls auf. Sie war ein Mit­glied der evan­ge­lis­chen Kirche. Wie verhielten
sich Wür­den­träger und auch Gemein­demit­glieder der evan­ge­lis­chen Kirche
ins­ge­samt, als das Regime dabei war, seine Macht zu festigen? 

Verdeut­lichen sollte sich das Ver­hält­nis zu den neuen braunen Machthabern in
den Gemein­den durch die für den 23. Juli 1933 anber­aumten Kirchenwahlen.
Schon bei der Lis­te­nauf­stel­lung erwies es sich, dass es in den meis­ten Orten
nur solche der hitler­treuen “Deutschen Chris­ten” geben würde. Ausnahmen
hier­von blieben vor allem Miers­dorf und Zeuthen mit dem erst vor drei
Monat­en einge­führten Pfar­rer Wern­er Bechthold, wo es auch eine Liste “Das
Wort sie sollen lassen stahn” gab. Auch im Stimm­bezirk Prieros mit dem
beauf­tragten Pfar­rer Win­ter — zum Bezirk gehörten auch Streganz-Ziegelei,
Stre­ganz-Pech­hütte sowie Prieros­brück — wurde eine alter­na­tive “Liste
Käfert” aufge­boten. Gewählt wurde dann nur in Orten wie den zuletzt
genan­nten. Doch das Ergeb­nis war auch hier mehr als ernüchternd aus Sicht
der­er, die an den Grund­sätzen ihres protes­tantis­chen Glaubens festhielten.
In Zeuthen standen 540 Stim­men für die “Deutschen Chris­ten” 183 Stim­men für
die zweite Liste gegenüber. In Miers­dorf, wo die Liste der “Deutschen
Chris­ten” vom NSDAP-Orts­grup­pen­leit­er Bruno Sten­del ange­führt wurde, ging es
gegenüber der anderen mit Alt-Gemein­de­vorste­her Otto Lietz bei 188 Stimmen
zu 105 Stim­men knap­per zu. War dies schon durch das Wirken von Pfarrer
Wern­er Bechthold beeinflusst? 

Anson­sten lagen die Ver­hält­nisse klar auf der Hand, ob bei Pfar­rer Friedrich
Zademack (Nieder­lehme), bei Pfar­rer Rehfeldt in Schulzen­dorf und Waltersdorf
oder bei dem seit kurzem amtieren­den Pfar­rer Georg Pick­el (Eich­walde).
Reich­skan­zler Hitler kom­men­tierte die Wahl, der Nation­al­sozial­is­mus werde
das Ver­sprechen ein­lösen, “die christlichen Kirchen in staatlichen Schutz zu
nehmen”. Das Ergeb­nis sei ein “großer Erfolg”. 

Erste “zarte Pflänzchen” von Oppo­si­tion, vielle­icht vor­sichtigem Widerstand,
wur­den in manchen Ver­anstal­tun­gen vor den Wahlen sicht­bar. Pfar­rer Schletz
aus Storkow hat­te am 14. Juni in Wendisch Buch­holz gesprochen über “Die
deutschen Chris­ten im Kampf”. Trotz zahlre­ichen Beifalls für den Redner
waren Pfar­rer Neuhaus aus der Kle­in­stadt, Pfar­rer Röhl (Münchehofe) sowie
Pfar­rer Max Wern­er (Königs Wuster­hausen) in ihren Aus­führun­gen dem
“ent­ge­genge­treten”, so ein Presse­bericht. Inner­halb der fol­gen­den Monate und
Jahre schloss sich Pfar­rer Bechthold der “Beken­nen­den Kirche” an und ging
deut­lich­er auf Dis­tanz zum ver­brecherischen Regime. Anders Pfar­rer Velden in
Wildau, der schon 1933 die “Deutschen Chris­ten” unter­stützte und selb­st der
NSDAP ange­hörte. Für Bechtholds Beliebtheit spricht, dass auch
Schulzen­dor­fer Mit­glieder der “Beken­nen­den Kirche” zu seinen stets gut
besucht­en Gottes­di­en­sten kamen. Bere­its 1934 wurde Wern­er Bechthold
ver­haftet, 1937 zweimal kurz hin­tere­inan­der. Er hat­te sich unter anderem
1934 geweigert, die Predigt zum nazi­in­stru­men­tal­isierten Erntedank­fest zu
hal­ten. Ein­sprüche durch Präs­es Kurt Scharff sowie Prob­st Hein­rich Grüber
bewahrten ihn vor der KZ-Haft. Die Mehrzahl der Mit­glieder in den Gemeinden
und der Wür­den­träger hat sich jedoch min­destens dem Sys­tem angepasst, wenn
sie anfangs nicht sog­ar den NS-Staat begrüßten. Später gewann Oppo­si­tion an
Zus­pruch, Wider­stand aber blieb die Ausnahme. 

Der Autor ist Region­al­forsch­er, er erar­beit­ete die Ausstel­lung “Das Jahr
1933 in der Region” mit. Zum The­ma “Kirche zwis­chen Anpas­sung und
Wider­stand” spricht diesen Fre­itag der frühere Gen­er­al­su­per­in­ten­dent Günter
Krusche in der Mar­tin-Luther-Kirche Zeuthen (19.30 Uhr). Der Vor­trag findet
im Rah­men der Feier­lichkeit­en zum 90. Kirchen­ju­biläum statt.

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Beschimpft, bedroht und verletzt

Fünf junge Men­schen, die sich am Dien­stag gegen 20 Uhr in der Nähe des
Einkauf­s­cen­ters HEP aufhiel­ten und in ihrer Lan­dessprache unterhielten,
wur­den von zwei betrunk­e­nen Män­nern belei­digt und bedro­ht. Als sich die fünf
Men­schen ent­fer­nen woll­ten, wur­den sie mit Flaschen bewor­fen. Die Täter
fol­gten ihnen, hiel­ten eine Frau aus der Gruppe fest und zogen ihr die Jacke
aus. Ein 19-Jähriger wurde an bei­den Ellen­bo­gen von Flaschen getrof­fen und
erlitt Hämatome. 

Zur Per­so­n­enbeschrei­bung der unbekan­nten Täter: 

1. Per­son ca. 1,80 groß, etwa 20- 21 Jahre alt, dunkel­braune Haare, schmaler
Kinnbart, bek­lei­det mit ein­er dun­klen Jacke und Hose, von kräftiger Statur; 

2. Per­son ca. 170 groß, etwa 20 Jahre alt, schlank, helle Jacke und Hose,
kurze blonde Haare. Hin­weise wer­den an die Polizei Frank­fur (Oder) erbeten. 

Zeu­gen melden sich bitte bei der Polizei in Frank­furt (Oder) oder bei jeder
anderen Polizeidienststelle.

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Seelsorge in Abschiebehaft

Eisen­hüt­ten­stadt — Mit der Pots­damer Gemein­de­päd­a­gogin Monique Tin­ney soll im zen­tralen Abschiebege­fäng­nis des Lan­des in Eisen­hüt­ten­stadt (Oder-Spree) von 2005 an erst­mals eine evan­ge­lis­che Seel­sorg­erin Inhaftierten zur Seite ste­hen. Derzeit küm­mert sich der katholis­che Jesuit­en-Flüchtlings­di­enst um die Menschen.

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Extrem in Mode, aber zerstritten

Nach den Wahler­fol­gen in Sach­sen und Bran­den­burg steigen Recht­sex­treme auch
in der Gun­st der Berlin­er Wäh­ler. Zum Glück kommt die recht­sex­treme Szene in
Berlin aber untere­inan­der nicht klar

(TAZ, Felix Lee) Auf Bun­de­sebene schmieden NPD-Kad­er, DVU-Funk­tionäre und Anhänger der
Neon­azi-Szene eine neue “nationale Volks­front”. Die rechte Szene in Berlin
kon­nte vom bun­desweit­en Stim­mung­shoch bish­er aber nicht prof­i­tieren. Sie
bleibt zer­strit­ten und zersplittert. 

Am Woch­enende hat der so genan­nte Märkische Heimatschutzbund (MHS) einen
Haupt­stadt-Ableger gegrün­det — eine Kam­er­ad­schaft, die im Novem­ber 2001 von
dem Neon­azi Gor­don Rein­holz in der Uck­er­mark gegrün­det wurde und inzwischen
mit rund 35 Mit­gliedern zu den größten Kam­er­ad­schaften in Bran­den­burg zählt.
Mit der Grün­dung ein­er Sek­tion in Berlin ist die Zahl der Kameradschaften
auf gut ein halbes Dutzend gestiegen. Den­noch ist Berlin von einem neuen
Boom der recht­en Szene weit entfernt. 

Grün­dun­gen von neon­azis­tis­chen Parteien, Kam­er­ad­schaften, Vere­inen und
Bün­den hat es in den ver­gan­genen Jahren immer wieder gegeben. Doch viel mehr
sind sie nicht gewor­den. Denn am Per­so­n­enkreis hat sich nur wenig verändert.
Vor allem nicht am Umgang untere­inan­der. Dieser zeich­net sich vor allem
dadurch aus, dass die recht­en Führungskad­er untere­inan­der heillos
zer­strit­ten sind. 

Allen voran die recht­sex­tremen Parteien. Die DVU ist in Berlin qua­si nicht
exis­tent, die Repub­likan­er gibt es de fac­to nicht mehr und die NPD führt
seit der Spal­tung des gemein­samen Lan­desver­bands Berlin/Brandenburg im April
2003 ein nur noch küm­mer­lich­es Dasein. Damals wur­den als Tren­nungs­grund nach
außen hin die “unter­schiedlichen poli­tis­chen, sozialen und wirtschaftlichen
Gegeben­heit­en” im Stadt­staat und im Flächen­land ange­führt. Wesentlich
auss­chlaggeben­der waren jedoch per­sön­lich­er Zwist und die Frage der
Mil­i­tanz. Vie­len Basisak­tivis­ten, die ver­stärkt mit den militanten
Kam­er­ad­schaften sym­pa­thisierten, war die Parteiführung zu “lasch”.
Spätestens mit dem Aus­tritt des “Demon­stra­tions-Motors” René Bethage, der
sei­ther seine Aufmärsche über die von ihm gegrün­dete Kam­er­ad­schaft “Berlin­er
Alter­na­tive Süd-Ost” (Baso) organ­isiert, sind vom Berlin­er NPD-Landesverband
kaum noch Impulse aus­ge­gan­gen, heißt es im Antifaschis­tis­chen Infoblatt.
Wenn es über­haupt zu Aktio­nen der NPD in Berlin gekom­men war, wie zum
Beispiel dem Auf­marsch am 1. Mai, wur­den sie von Funk­tionären der
NPD-Bun­deszen­trale getragen. 

Noch zer­strit­ten­er ist der NPD-Lan­desver­band in Bran­den­burg. Die Absprache
mit der DVU bei den Land­tagswahlen im Sep­tem­ber als Koop­er­a­tion zu verkaufen
sei “schlichtweg ein Witz”, sagt Ulli Jentsch vom Antifaschistischen
Pressearchiv (apabiz). Die NPD in Bran­den­burg sei qua­si gar nicht existent. 

In der Berlin­er recht­en Szene, der der Ver­fas­sungss­chutz aktuell etwa 2.400
Mit­glieder zuord­net, bleibt die NPD trotz ihres Wahler­fol­gs in Sachsen
unat­trak­tiv. Ent­ge­gen dem Bun­de­strend gibt es auch keine Anze­ichen für einen
Zulauf von mil­i­tan­ten Kam­er­ad­schaftsmit­gliedern. Selb­st das Gerücht, der
Kopf der Neon­azi-Band “Landser”, Michael Regen­er, habe sich der NPD
angeschlossen, kann von Sicher­heit­skreisen bis­lang nicht bestätigt werden. 

“Die Berlin­er sind ganz gut gefeit”

Innense­n­a­tor Kört­ing (SPD) plädiert angesichts von Umfragew­erten und den
Aktiv­itäten Bran­den­burg­er Recht­sex­trem­is­ten in der Haupt­stadt für
Nüchtern­heit: Eine Demokratie könne das in Ruhe beobachten 

taz: Herr Kört­ing, laut ein­er Umfrage des Mei­n­ungs­forschungsin­sti­tutes Forsa
wür­den sechs Prozent der Berlin­er bei den näch­sten Wahlen rechtsradikale
Parteien wie NPD oder DVU wählen. Macht Ihnen das Sorge? 

Ehrhart Kört­ing: Natür­lich macht es mir Sorge, dass es in Berlin ein
Wäh­ler­poten­zial von mehr als fünf Prozent gibt, das rechtsextremistisch
wählen kön­nte. Aber man muss das Ganze nüchtern sehen. Solche Prozentzahlen
sind nicht nur Aus­druck ein­er recht­sex­trem­istis­chen Grund­hal­tung, sondern
auch Teil ein­er Protest­stim­mung gegenüber der etablierten Politik. 

Wie meinen Sie das? 

Ich würde sagen, dass die Wahler­folge von NPD und DVU in Sach­sen und
Bran­den­burg den Auss­chlag für die sechs Prozent in der Berlin­er Umfrage
gegeben haben. Den wirk­lich harten Kern recht­sex­trem­istis­ch­er Wäh­ler in
Berlin würde ich nach wie vor wesentlich geringer ein­schätzen. Das haben
bish­er alle Wahlen in Berlin gezeigt. Die einzige recht­sex­treme Partei, der
es gelang, ins Abge­ord­neten­haus einzuziehen, waren 1989 die Republikaner.
Nor­maler­weise liegt das Wahlergeb­nis von Parteien wie der NPD kaum höher als
ein Prozent. Die Bürg­erin­nen und Bürg­er der Stadt sind ganz gut gefeit. 

Haben Sie dafür eine Erklärung? 

In ein­er Stadt, in der das tägliche Miteinan­der mit Ausländern
selb­stver­ständlich ist, ist es schw­er­er, mit Anti-Aus­län­der-Parolen zu
lan­den, als in Bran­den­burg oder Sach­sen, wo es kaum Aus­län­der gibt. 

Der “Märkische Heimatschutz”, eine recht­sex­trem­istis­che Organ­i­sa­tion aus
Bran­den­burg, hat jet­zt in Berlin eine Sek­tion gegrün­det. Wie bew­erten Sie
das? 

Das beun­ruhigt mich weniger. Der “Märkische Heimatschutz” ist ein relativ
klein­er Ver­band, der offen­sichtlich ver­sucht, inner­halb der
Kam­er­ad­schaftsszene in Berlin Mit­glieder zu fis­chen. Ich bew­erte das eher
so, dass sich das kleine Recht­sex­trem­is­mus-Spek­trum in Berlin neu sortiert,
als dass die Grup­pen im Begriff sind, ihren Ein­fluss auszuweit­en. Wenn nur
die Namenss­childer bei den Recht­sex­trem­is­ten aus­gewech­selt wer­den, ohne dass
sich die Zugkraft und Mit­gliederzahlen erhöhen, ist das kein Grund zu
über­trieben­er Sorge. 

Auch Neu­bil­dun­gen von Kam­er­ad­schaften sind nichts Ungewöhnliches? 

Solche Bewe­gun­gen hat­ten wir auch schon in der Ver­gan­gen­heit — von der NPD
weg hin zu den Kam­er­ad­schaften. Zurzeit ist mal wieder eine Entwick­lung hin
zur NPD zu beobacht­en. Das gilt auch für die Absicht­serk­lärung von NPD und
DVU, zusam­men mit anderen Wahlbünd­nisse zu bilden. Solange es dabei bleibt,
kann eine Demokratie das in Ruhe beobachten. 

Die Bran­den­burg­er Recht­sex­trem­is­ten wollen Geld und Per­son­al in die
Haupt­stadt pumpen — ist das keine neue Qualität? 

Ich würde das nicht zu hoch hän­gen. Wenn irgendwelche Leute der
recht­sex­tremen Szene mit beson­ders marki­gen Parolen auftreten und wir diese
Parolen ungeprüft als Bedro­hung unser­er Grun­dord­nung anse­hen, betreiben wir
unge­wollt Pro­pa­gan­da. In diesem Sinne möchte ich davor war­nen, immer gleich
in Panik zu ver­fall­en, wenn es sich um Maul­hur­erei han­delt. Anders, wenn
Recht­sex­trem­is­mus gefährlich wird: Das muss deut­lich gesagt werden.

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Rechts auf neuen Wegen

Kreis informiert am 2. Novem­ber Amts­di­rek­toren und Bürgermeister

(MAZ, Andreas Vogel) NEURUPPIN Mit ein­er Fach­ta­gung für Bürg­er­meis­ter und Amts­di­rek­toren reagiert der
Land­kreis auf die zunehmende Akzep­tanz von rechtem Gedankengut im Kreis.
“Wir wollen die poli­tis­chen Entschei­dungsträger mit den neuen
Erschei­n­ungs­for­men und Strate­gien der Recht­sex­tremen sowie auf die
Auswirkun­gen auf die Kom­mu­nalpoli­tik ver­traut machen”, sagte gestern
Roswitha Rath­felder vom Jugen­damt des Kreis­es. Die Kom­mu­nalpoli­tik­er hätten
große Ver­ant­wor­tung und müssten das geforderte zivile Engage­ment vorleben.
Erst wenn es dieses Grund­ver­ständ­nis gebe, kön­nten auch begleitende
Pro­gramme gegen recht­es Gedankengut greifen. 

Schirmherr der Tagung, die am 2. Novem­ber um 9 Uhr in Neu­rup­pin begin­nt, ist
Lan­drat Chris­t­ian Gilde. Rath­felder freut sich darüber, dass eben­falls der
SPD-Bun­destagsab­ge­ord­nete Ernst Bahr sowie Ger­rit Große,
PDS-Land­tagsab­ge­ord­nete, ihr Kom­men zuge­sagt haben. Neben Michael Kohlstruck
vom Zen­trum für Anti­semitismus­forschung der TU Berlin und Minette von
Krosigk, Vor­standsmit­glied des lan­desweit­en Aktions­bünd­niss­es gegen
Recht­sex­trem­is­mus, wird zudem mit beson­der­er Span­nung der Wolgaster
Bürg­er­meis­ter Jür­gen Kanehl erwartet. “Wol­gast hat bere­its ein Konzept gegen
Recht­sex­trem­is­mus, an dem man vielle­icht anknüpfen kann”, so Rathfelder.
Außer­dem hofft der Kreis, dass es auch beim Erfahrungsaus­tausch der
Amts­di­rek­toren und Bürg­er­meis­ter neue Ideen gibt. 

Bei der Land­tagswahl am 19. Sep­tem­ber war die recht­sex­treme DVU im Altkreis
Neu­rup­pin mit 5,7 Prozent auf mehr Stim­men als die Bünd­nis­grü­nen (4,2) und
die FDP (3,4) gekom­men. Den größten Zulauf hat­te die DVU dabei in Walsleben
mit neun Prozent, den ger­ing­sten in Rüth­nick mit 3,8 Prozent.

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Über das Erinnern

Die Gedenkstätte Sach­sen­hausen eröffnet am Sonnabend eine neue
Dauer­ausstel­lung “Die Stadt und das Lager. Oranien­burg und das KZ
Sach­sen­hausen”. Darin kom­men Zeitzeu­gen von damals zu Wort. Mit Eva Schott
sprach MAZ-Redak­teurin Mar­lies Schnaibel. 

ORANIENBURG Die Bilder der Kind­heit haben sie bis heute nicht los­ge­lassen. Deshalb hat
sie auch nicht sehr lange über­legt, als in ein­er Zeitungsno­tiz vor drei
Jahren Zeitzeu­gen gesucht wur­den, die darüber bericht­en kön­nen und wollen,
wie die Bewohn­er von Oranien­burg das Konzen­tra­tionslager Sachsenhausen
wahrgenom­men haben. Eva Schott war damals ein Kind und sie erin­nert sich
nicht gern an die dama­li­gen Ereignis­sen, aber sie hält das Erin­nern für
wichtig. “Ich habe mich geärg­ert, wenn Leute gesagt haben, sie hät­ten nichts
gewusst”, sagt sie, denn sie meint: “Das Lager war unübersehbar.” 

Die heute 73-jährige Frau ist kein beson­ders poli­tis­ch­er Men­sch, aber die
Wahrheit soll Wahrheit bleiben. “Wenn wir nicht darüber erzählen, wer soll
es dann noch tun?”, fragte sie sich und meldete sich damals auf die
Zeitungsno­tiz. Die His­torik­erin Andrea Riedle hat­te ihr dann Fragen
gestellt, ein Pro­tokoll aufge­set­zt und schließlich ihre Erin­nerun­gen auf
Ton­band fest­ge­hal­ten. Und weil die Tech­nik nicht funk­tion­ierte, hat Eva
Schott ihre Erin­nerun­gen mehrmals erzählt. 

Das ist ihr nicht leicht gefall­en. Und immer wieder wird ihre Stimme von
Trä­nen erstickt, wenn sie von damals erzählt. Ihre Eltern waren 1935 von
Oranien­burg nach Sach­sen­hausen gezo­gen, als Kind hat­te sie oft am Bahnhof
und in der Nähe des entste­hen­den Lagers gespielt. Dort sah sie zum ersten
Mal Häftlinge in gestreifter Klei­dung, bewacht von bewaffneten SS-Leuten.
“Ich war sehr erschrock­en”, erin­nert sie sich noch heute. “Das sind arme
Men­schen”, erk­lärte ihr ihre Mut­ter. Am Bahn­hof sah sie die
Häftlingstrans­porte ankom­men, in ein­er nahen Ver­tiefung mussten sie sich
sam­meln. “Ih, die stinken”, haben die Kinder damals über die armen Kreaturen
gerufen. “Es war bedrück­end, gruselig, grausam”, spürt Eva Schott noch heute
ihr dama­liges Unbe­ha­gen. Sie sah, wie die abgemagerten, geschun­de­nen Leute
auf Lkw ver­laden wur­den, wie sie mit Gewehrkol­ben gestoßen wur­den. Und nie
wird sie den Zug von entkräfteten Men­schen vergessen, wo die Häftlinge
diejeni­gen mitschlep­pen mussten, die nicht mehr gehen kon­nten. “Zwei Männer
zogen einen drit­ten an den Hän­den. Der ent­glitt ihnen immer wieder, dabei
knallte der Kopf jedes­mal auf das Kopf­steinpflaster. Ich weiß gar nicht, ob
er noch lebte”, schildert sie ihre grausamen Erleb­nis­sen. Drei Tage konnte
sie nicht essen, nicht schlafen. Die Erin­nerung ist sie nie losgeworden. 

Auch nicht die an die leise Stimme des Häftlings, der ihr eines Tages am
Lagerza­un beim Holzsam­meln half und um Zigaret­ten bettelte. 

Auch nicht die an das Geklap­per, das die Holz­pan­ti­nen der Gefan­genen auf den
Straßen erzeugten, und den erzwun­genen Gesang der Häftlinge dazu. 

Auch nicht die an den Geruch von ver­bran­ntem Men­schen­fleisch, der sich vom
Kre­ma­to­ri­um über den Ort verbreitete. 

“Und deshalb soll kein­er sagen, er hätte nichts gewusst”, sagt Eva Schott
noch ein­mal. Sich­er, die Dimen­sion des Lagers oder aller Lager, die kannten
die Anwohn­er nicht. Das haben sie erst nach 1945 erfahren. Zu DDR-Zeit­en ist
Eva Schott mehrmals in der Gedenkstätte gewe­sen. “Aber, das waren mehr so
Pflichtver­anstal­tun­gen”, schränkt sie ein. Nun wird sie erneut in das Lager
gehen. Und da wird sie auch auf sich selb­st tre­f­fen, denn die Historikerin
Andrea Riedle hat aus ihren Erin­nerun­gen und denen von anderen
Oranien­burg­ern ein Hörstück für die Ausstel­lung “Die Stadt und das Lager”
gemacht.

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Öffentlich bedienstete Foltermägde

Auf­se­herin­nen im KZ — eine Ausstel­lung in Ravens­brück zeigt Lebenswege der
Täterinnen

RAVENSBRÜCK. Stolz blickt die kleine, kräftige Frau mit den der­ben Hän­den in
die Kam­era. Ihre Bewer­bung war erfol­gre­ich. Soeben hat Anna Enser­er im KZ
Ravens­brück ihre Uni­form erhal­ten. Sie ist nun Auf­se­herin im größten
Frauen-Konzen­tra­tionslager des Deutschen Reich­es. Es ist das Jahr 1940, Anna
Enser­er ist 21 Jahre alt. 

For­t­an bewachte sie in Ravens­brück die Häftlinge — einen scharf
abgerichteten Schäfer­hund an der Leine. Die KZ-Auf­se­herin­nen ließen die
Häftlinge stun­den­lang in der Kälte stramm­ste­hen, sie nah­men auch an
Mord-Selek­tio­nen teil. Ruth Neudeck, die Ober­auf­se­herin des Sterbelagers
Uck­er­mark, zog die zur Ermor­dung bes­timmten Frauen mit einem Stock mit
Sil­berk­nauf aus den Rei­hen der Häftlinge her­aus. Die Auf­se­herin­nen “tobten
mit den Häftlin­gen herum”, wie eine KZ-Auf­se­herin in
jugendlich-leicht­fer­tiger Sprache aus Ravens­brück berichtete. Gemeint war:
Sie schlu­gen und schikanierten die weib­lichen Häftlinge, sie trieben die
Häftlinge zur Zwangsar­beit an. Allein in Ravens­brück star­ben Zehntausende -
Jüdin­nen, Kom­mu­nistin­nen, Ander­s­denk­ende aus ganz Europa. Anne Enser­er, die
zuvor unter anderem als Kell­ner­in in einem öster­re­ichis­chen Kurbad
gear­beit­et hat­te, wurde 1942 in das Ver­nich­tungslager Auschwitz ver­set­zt und
arbeit­ete dort als Blockführerin. 

Erst­mals in Deutsch­land beschäftigt sich die KZ-Gedenkstätte Ravens­brück in
ein­er eige­nen Ausstel­lung mit dem weib­lichen Bewachungsper­son­al in den
Konzen­tra­tionslagern. Die Ausstel­lungs­mach­er fol­gen damit dem allgemeinen
Trend der NS-Forschung, näm­lich hin zur “Täter­forschung”. Selb­st in der
Lit­er­atur war dem Autor Bern­hard Schlink mit dem Roman “Der Vor­leser”, der
eben­falls eine KZ-Täterin in den Mit­telpunkt stellt, ein Welterfolg
beschieden. Alle diese Auf­se­herin­nen wur­den in Ravens­brück für ihren
gnaden­losen Dienst angel­ernt. Besol­det wur­den sie nach dem öffentlichen
Dienstrecht. 

Gezeigt wird die Ausstel­lung in einem der acht spitzgiebe­li­gen Häuser, in
denen die Auf­se­herin­nen unterge­bracht waren — in kleinen Woh­nun­gen mit
Schrankwand und Tis­chlein in der Stube. 

“Die Auf­se­herin­nen waren meist Frauen zwis­chen 20 und 30 Jahre alt. Viele
waren zum ersten Mal ohne die soziale Kon­trolle durch ihre Eltern”, sagte
die Ausstel­lungsku­ra­torin Simone Erpel. Die KZ-Auf­se­herin­nen gin­gen in ihrer
Freizeit gerne in Fürsten­berg ins Kino. Dort beka­men sie einen
Preis­nach­lass. Wie fanatisch die Frauen waren, zeigt das Fotoal­bum einer
22-jähri­gen Auf­se­herin, das von handge­mal­ten SS-Runen durch­set­zt ist. Viele
der jun­gen Frauen kamen aus ein­fachen Ver­hält­nis­sen, hat­ten als
Haushalt­shil­fen, in der Land­wirtschaft oder eben als Kell­ner­in­nen gearbeitet
wie Anna Enserer. 

Mit Anna Enser­er hat sich die Kura­torin Simone Erpel in diesem Jahr in
Öster­re­ich getrof­fen. Dort lebt die ein­stige KZ-Auf­se­herin heute. Eine
offen­bar verärg­erte Ver­wandte hat­te zuvor die Adresse von Anna Enserer
mit­geteilt. Die ein­stige Auf­se­herin ließ sich schließlich für die
Ausstel­lung inter­viewen, stellte auch die Fotos zur Verfügung. 

Kura­torin Simone Erpel fand in der ein­sti­gen KZ-Auf­se­herin Enser­er eine Frau
vor, die sich selb­st heute als Opfer stil­isiert. Sie beklagte sich darüber,
dass sie nie habe einen Rentenantrag stellen kön­nen. “Weil in meinem
Rente­nausweis drin ste­ht, dass ich Auf­se­herin in Ravens­brück und Auschwitz
war”, sagte sie. Und sie behauptet, dass sie nach Auschwitz strafversetzt
wor­den sei, was Kura­torin Erpel als reine Schutzbe­haup­tung zurückweist. 

Ohne Schuld sieht sich auch die zweite noch lebende KZ-Auf­se­herin, die sich
der Ausstel­lung zur Ver­fü­gung gestellt hat: Mar­garete Barthel, die heute im
Ruhrge­bi­et lebt, hat­te sich vor Jahren bei einem Besuch in Ravensbrück
selb­st gegenüber der Gedenkstät­ten-Lei­t­erin Sigrid Jacobeit als einstige
KZ-Auf­se­herin offen­bart. Die Frau war von ihrer Fir­ma, der Ruhrchemie, 1944
als Frei­willige nach Ravens­brück geschickt wor­den. Sie hoffte auf
Anerken­nung in der Fir­ma. In ihrem Auf­se­herin­nen­haus schlief sie bald in
sei­den­er Bet­twäsche. “Von franzö­sis­chen Juden”, so Barthel im Interview. 

Als Gedenkstät­ten­lei­t­erin Jakobeit die ältere Dame zu Hause besuchte, war
sie ver­wun­dert. “Frau Barthel hat­te bes­timmt zwei Meter KZ-Lit­er­atur im
Wohnz­im­mer, die Ver­gan­gen­heit ließ sie nicht los”, sagte Jacobeit. Aber sie
habe kein Unrechts­be­wusst­sein entwick­elt, wollte stattdessen ihre Firma
verk­la­gen, bei der sie auch nach dem Krieg wieder arbeit­ete. Sie sei
unschuldig schuldig gewor­den, sagte Mar­garete Barthel, obwohl sie dabei war,
als 1945 dann auch in Ravens­brück das Kre­ma­to­ri­um auf Hoch­touren lief. Sie
saß bei offen­em Fen­ster in der Auf­se­herin­nen-Woh­nung und rief zu ihrer
Mit­be­wohner­in: “Riech mal, Leni, die ver­bren­nen da Men­schen, na ja,
Leichen.” 

Ein geringer Teil der etwa 3 500 KZ-Auf­se­herin­nen wurde nach dem Krieg vor
Gericht gestellt, manche hin­gerichtet wie Ruth Neudeck. 

Die Ausstel­lung in Ravens­brück lässt sin­voller­weise nicht allein die
Täterin­nen zu Wort kom­men, son­dern kon­trastiert diese mit den Aus­sagen der
Opfer. So verdichtet sich die Darstel­lung. Und doch bleibt der Besucher
rat­los zurück: Die KZ-Auf­se­herin­nen waren keine ent­men­scht­en “SS-Bestien”,
son­dern Frauen, die plöt­zlich zu öffentlich bedi­en­steten Folter­mäg­den wurden
und die das später ihr Leben lang zu ver­drän­gen versuchten. 

Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück. Dien­stags bis
son­ntags, 9 bis 17 Uhr, in der Gedenkstätte Ravens­brück (Fürsten­berg, Straße
der Nationen).

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Ich lebe gegen euer Verdikt!”


Drei ehe­ma­lige Ravens­brück-Häftlinge bericht­en über die Tat­en der
KZ-Aufseherinnen

(Anke Dworek, MAZ, 18.10.) FÜRSTENBERG Wie kon­nte in solch lieblich­er Land­schaft eine Stätte des Grauens entstehen?
Wie kon­nten Frauen, die Müt­ter sind oder wer­den soll­ten, zu willigen
Gehil­finnen von Nazi-Ver­brech­ern wer­den? Bis heute find­et die 87-jährige
Irma Trk­sak keine befriedi­gende Antwort auf diese Fra­gen. Die Wiener­in kam
1941 in das Frauen-KZ Ravens­brück, war reg­istri­ert als Häftling mit der
Num­mer 14177. Anlässlich der Eröff­nungsver­anstal­tung zur Ausstel­lung “Im
Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des KZ Ravens­brück” berichtete sie: “Die
Auf­se­herin­nen behan­del­ten uns als let­zten Abschaum der Men­schheit. Die
ersten Tritte im Lager bekam ich, weil ich die Pan­ti­nen in die Hand nahm und
bar­fuß ging. Wis­sen Sie, wie es ist, in Pan­ti­nen mil­itärisch gehen zu
müssen?” Irma Trk­sak war Stubenäl­teste im Siemens-Lager, als sie Anfang 1945
zur Ober­auf­se­herin Dorothea Binz (im ersten Ravens­brück-Prozess von einem
britis­chen Mil­itärg­ericht zum Tode verurteilt, 1947 hin­gerichtet) beordert
wurde. Sie “ver­set­zte” Irma Trk­sak in das Jugend­lager “Uck­er­mark”, das in
diesen Tagen zum Ver­nich­tungslager mit Gaskam­mer wurde. Dort herrschte die
Ober­auf­se­herin Ruth Neudeck (im drit­ten Ravens­brück-Prozess zum Tode
verurteilt, 1948 hin­gerichtet), an die sich Irma Trk­sak nur zu gut erinnern
kann: “Sie war bru­tal und skru­pel­los. Bei den unzäh­li­gen Zäh­lap­pellen ließ
sie alle Frauen antreten, auch jene, die krank waren, und wenn sie nicht
gehen kon­nten, wur­den sie aus der Baracke her­aus geschleppt. Ich erinnere
mich an einen Fall, wo wir eine Ster­bende auf zwei Ses­sel gelegt haben und
Neudeck ging vor­bei und stieß sie bru­tal mit dem Stiefel runter und
beschle­u­nigte somit den Tod dieser Frau.” 

Ein lange ver­drängtes Thema

Großes Inter­esse an Ausstel­lung über Auf­se­herin­nen des KZ Ravensbrück

FÜRSTENBERG Nicht mal die Steh­plätze im Kinosaal der Gedenkstätte Ravens­brück reichten
gestern aus, um alle Besuch­er an der Eröff­nungsver­anstal­tung der Ausstellung
“Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück” teil­haben zu
lassen. Das öffentliche Inter­esse an der ersten Expo­si­tion einer
KZ-Gedenkstätte zum The­ma “Täter­forschung” war sehr groß. Neben den drei
Ravens­brück­erin­nen Irma Trk­sak (Öster­re­ich), Edith Spar­mann (Deutsch­land)
und Bat­she­va Dagan (Israel) sprachen Bran­den­burgs Kul­tur­min­is­terin Johanna
Wan­ka (CDU) und Alfred Harten­bach, Par­la­men­tarisch­er Staatssekretär bei der
Bun­desmin­is­terin der Justiz. 

Sigrid Jacobeit, Lei­t­erin der Gedenkstätte, betonte, dass es sich nicht
schlechthin um eine neue Ausstel­lung han­dele, son­dern um eine, die sich
einem ganz großen The­ma ver­suche zu näh­ern: der men­schlichen Natur. “Wer bin
ich?” und “Wo komme ich her?” — diese Fra­gen in Bezug auf die
KZ-Auf­se­herin­nen zu beant­worten bedeutet, ihre soziale Herkun­ft, den
Ein­fluss der Gesellschaft auf ihr Han­deln und ihre Spiel­räume zu beleuchten.
Simone Erpel als Lei­t­erin sowie Johannes Schwartz und Jeanette Tou­s­saint als
Mitar­beit­er des Pro­jek­tes haben die Ausstel­lung in einem der ehemaligen
Auf­se­herin­nen­häuser inhaltlich so gestal­tet, dass eine differenzierte
Auseinan­der­set­zung möglich ist. Sie holen — vor allem mit­tels der Aussagen
über­leben­der Häftlinge — das weib­liche Bewachungsper­son­al aus dem Bereich
der Dämon­isierung in den von han­del­nden Menschen. 

Zusam­men mit dem Schutzhaft­lager­führer Schwarzhu­ber und dem SS-Arzt Treite
selek­tierte Neudeck mehrmals wöchentlich Frauen für die Gaskam­mer. Irma
Trk­sak sagte als Zeu­g­in in den Ravens­brück-Prozessen gegen Binz und Neudeck
aus. 

Edith Spar­mann aus Dres­den hat­te die Häftlingsnum­mer 8291. Sie gehörte von
1941 bis 1945 zum Kom­man­do “Frisier­stube”, weil sie diesen Beruf erlernt
hat­te, und musste den Auf­se­herin­nen die Haare machen. “Das war natürlich
kein Ver­hält­nis wie zwis­chen Kunde und Dien­stleis­ter. Wir wussten
schließlich, wie sich diese Auf­se­herin­nen gegenüber den Häftlingen
ver­hal­ten. Inner­lich dacht­en wir ständig Du Biest!, wenn sie vor uns
saßen. Unsere Arbeitswerkzeuge waren spitz, heiß und scharf. Nach
Maßregelun­gen und Bestra­fun­gen erforderte es von uns übermenschliche
Anstren­gun­gen, mit dem Rasier­mess­er in der Hand Gle­ichgültigkeit zu mimen”,
beschreibt Edith Spar­mann die Nervenanspannung. 

Vor zwei Jahren war Bat­she­va Dagan aus Israel — der Schutzhäftling mit der
Num­mer 45 554 — in einem der ehe­ma­li­gen Auf­se­herin­nen­häuser. Das inspirierte
sie zu einem offe­nen Brief an die Auf­se­herin­nen. In dem heißt es sinngemäß:
“Ich lebe und gehe auf dem sel­ben Weg und sehe die üppi­gen Bäume. 25
Auf­se­herin­nen wohn­ten in jedem der acht Häuser. Jede hat­te ein eigenes Bett;
ich schlief mit zwei anderen Häftlin­gen auf einem Stroh­sack. Sie hat­ten ein
Nachthemd an; ich einen Lumpen. Sie aßen sich satt; ich hat­te 200 Gramm Brot
und eine dünne Suppe.” 

“Ich lebe gegen euer Verdikt!” ist Bat­she­va Dagans Rache für die Tat­en der
Auf­se­herin­nen. Die 79-Jährige ist glück­lich darüber, wie die ehemaligen
Auf­se­herin­nen­häuser heute genutzt wer­den: “Geseg­net sind die Ini­tia­toren der
Jugend­her­berge, der Inter­na­tionalen Begeg­nungsstätte und des Muse­ums. Für
mich hat sich damit ein Kreis geschlossen, was mich mit Genug­tu­ung erfüllt:
Das Lager hat sein bös­es Geheim­nis offen gelegt.” Erst sehr spät habe sich
die Wis­senschaft mit dem The­ma Frauen in der NS-Zeit befasst, konstatierte
der Staatssekretär im Bun­desjus­tizmin­is­teri­um, Alfred Harten­bach. Die Mahn-
und Gedenkstätte Ravens­brück habe großen Anteil an den Forschun­gen und vor
allem an der Auseinan­der­set­zung mit dem The­ma, denn die Jus­tiz könne dieses
Feld nur zum Teil abdecken. 

Die Rechtssprechung sei auf Tat und Schuld aus­gerichtet, was Gren­zen setze.
Zu viele Täter seien nie gefasst und verurteilt wor­den. Die strafrechtliche
Ver­fol­gung gehe aus biol­o­gis­chen Grün­den ihrem Ende zu. Anhand von Prozessen
sei es also nicht mehr möglich, die Geschichte von Opfern und Tätern in der
NS-Zeit aufzuzeigen. Das Ler­nen in der Schule, in Gedenkstät­ten und Museen
wird daher immer größere Bedeu­tung gewin­nen. Auch daraus erwachse die
gesamt­ge­sellschaftliche Auf­gabe, die Gedenkstät­te­nar­beit zu unterstützen,
betonte Bran­den­burgs Kul­tur­min­is­terin Johan­na Wan­ka. In den näch­sten Jahren
müsse dafür gesorgt wer­den, dass die Gedenkstät­ten vernün­ftig ausgebaut
wer­den. Für Sach­sen­hausen seien neun Mil­lio­nen Euro akquiri­ert wor­den, damit
kön­nen dort die baulichen Pro­jek­te zum Abschluss gebracht wer­den. Für
Ravens­brück müsse das notwendi­ge Geld noch gefun­den werden.

Inforiot