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Rechte Brandstifter schnell ermittelt

(BM) Schwedt — Ein Brand in einem linken Schwedter Jugend­club ist von vier
Män­nern aus der recht­en Szene gelegt wor­den. Sie wur­den laut Polizei
inner­halb weniger Stun­den ermit­telt. Die Täter hat­ten in der Nacht zu
Sonnabend Teile der Innenein­rich­tung angesteckt. Gegen einen der
Tatverdächti­gen wurde bere­its Haft­be­fehl erlassen, für die anderen drei
wurde er beantragt. 

Neon­azis set­zten linken Jugend­club in Brand

(Berlin­er Zeitung) FRANKFURT (ODER). Neon­azis haben in der Nacht zu Sonnabend in Schwedt
(Uck­er­mark) Teile eines Jugend­clubs, der von Anhängern der linken Szene
besucht wird, in Brand geset­zt. Wie das Polizeiprä­sid­i­um Frank­furt (Oder) am
Son­ntag mit­teilte, wur­den die Tatverdächti­gen inner­halb weniger Stunden
ermit­telt. Die Her­anwach­senden, die der örtlichen recht­en Szene angehören,
seien vor­läu­fig festgenom­men wor­den. Gegen einen der Verdächti­gen sei
Haft­be­fehl erlassen wor­den, für die drei anderen beantragt wor­den. Personen
kamen nicht zu Schaden.

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Demonstration verlief ohne Störungen

Bernau (MOZ) Unter dem Mot­to “Antifa is not crime” sind am
Sonnabend­nach­mit­tag rund 85 Jugendliche durch die Bernauer Innenstadt
gezogen. 

Die knapp ein­stündi­ge Demon­stra­tion über die Breitscheid‑, Weißenseer‑,
Berlin­er und Hus­siten­straße wurde von einem strak­en Polizeiaufgebot,
darunter einem Hub­schrauber, begleit­et. Zwis­chen­fälle habe es nicht
gegeben, teile die Sprecherin der Polizei, Mar­ti­na Schaub, am Sonntag
mit. 

Mit Flug­blät­tern und in Gesprächen hat­te Eva Maria Rebs vom Net­zw­erk für
Tol­er­anz und Weltof­fen­heit zuvor die Demon­stran­ten zu Gewaltfreiheit
aufgerufen.
Bere­its am Fre­itagabend trafen sich rund 100 rechts­gerichtete Jugendlich
vor dem Bernauer Bahn­hof. Der anschließende Marsch durch die
Hus­siten­stadt ver­lief eben­falls friedlich.

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Von Zeesen bis Beirut

(Jun­gle World, Matthias Küntzel) »Höre!«, sagt der Rab­bi zu einem jun­gen Juden. »Wir haben von oben einen
Auf­trag erhal­ten. Wir brauchen für das ungesäuerte Brot am Pas­sah­fest das
Blut eines Chris­tenkindes.« In der näch­sten Szene wird ein verängstigter
Junge aus der Nach­barschaft her­beigez­er­rt. Dann fährt die Kam­era auf das
Kind zu und in Großauf­nahme sieht man, wie ihm die Kehle durchschnitten
wird. Das Blut spritzt aus der Wunde und strömt in ein Metallbecken. 

Der Satel­litenkanal Al-Man­ar, der dies ausstrahlte, wird von der
islamistis­chen Hizbol­lah (Partei Gottes) betrieben. Die blutrün­stige Szene
ist Bestandteil ein­er 29teiligen Serie namens »Al-Shatat« (»Dias­po­ra«), die
Al-Man­ar mit Unter­stützung syrisch­er Regierungsstellen pro­duziert und
während des Ramadan 2003 erst­mals gesendet hat. Folge für Folge wird hier
das Phan­tas­ma der jüdis­chen Weltver­schwörung kol­portiert: Juden hät­ten Tod
und Verder­ben über die Men­schheit gebracht, Juden hät­ten bei­de Weltkriege
aus­gelöst, Juden hät­ten die Chemiewaf­fen erfun­den und Hiroshi­ma und Nagasaki
mit Atom­bomben zerstört. 

Mit 300 Angestell­ten ist dieser Sender der nach Al-Jazeera wirkungsvollste
in der ara­bisch-islamis­chen Welt. Zehn Mil­lio­nen Men­schen emp­fan­gen täglich
das rund um die Uhr aus Beirut aus­ges­trahlte Pro­gramm. Al-Man­ar (»Das
Leucht­feuer«) ist die erste und bish­er einzige satellitengestützte
TV-Sta­tion, die Objek­tiv­ität nicht ein­mal vortäuscht, son­dern sich als
glob­ale Plat­tform des Islamis­mus ver­ste­ht. Ihre Beliebtheit ver­dankt sie
zahllosen Video­clips, die mit inspiri­eren­der Grafik und mitreißen­der Musik
für Selb­st­mor­dat­ten­tate wer­ben. Al-Man­ar drängt nicht nur auf Terrorakte
gegen Israel, son­dern inspiri­ert sie, recht­fer­tigt sie und feiert sie. 

Und den­noch: Drei Monate nach Ausstrahlung der »Al-Shatat«-Serie
ver­anstal­teten die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung und
das »Forschungsin­sti­tut« der Hizbol­lah eine gemein­same Tagung in Beirut.
Titel: »Die Islamis­che Welt und Europa: Vom Dia­log zur Übereinkun­ft«. Ebenso
bemerkenswert wie das Bünd­nis zwis­chen den think tanks ein­er deutschen
Regierungspartei und ein­er islamistis­chen Ter­ro­ror­gan­i­sa­tion war die
Tage­sor­d­nung dieser Kon­ferenz: Der Topos »Besatzung und Wider­stand« stand
auf dem Pro­gramm, nicht aber die anti­semi­tis­che Agi­ta­tion von Al-Manar. 

Solch unbeküm­merte Hal­tung gegenüber dem islamistis­chen Juden­hass ist
kennze­ich­nend für den deutschen Diskurs: Während der Anti­semitismus eines
MdB Mar­tin Hohmann öffentliche Empörung provoziert, wird derselbe
Anti­semitismus, sofern Mus­lime ihn artikulieren, als ver­meintlich­er Reflex
auf den Nahostkon­flikt ver­harm­lost oder ganz ignori­ert. Bis heute schließt
dieses Schweigen über den islamis­chen Anti­semitismus das Schweigen über
dessen Wurzeln im Nation­al­sozial­is­mus mit ein. Oder haben Sie schon jemals
von dem Kurzwellensender Zeesen gehört? 

In Zeesen, einem Ort mit 4 000 Ein­wohn­ern im Süden Berlins, stand einst der
leis­tungsstärk­ste Kurzwellensender der Welt. Seit 1939 sendete er täglich
sein ara­bis­chsprachiges Pro­gramm. Von allen fremd­sprachi­gen Redaktionen
hat­te die Ori­ent-Redak­tion »absoluten Vor­rang«, heißt es in einer
Doku­men­ta­tion der Deutschen Welle. »Sie sendete für Araber, Türken, Perser
und Inder und brachte es auf rund 80 Mitar­beit­er, freiberu­fliche Sprecher
und Über­set­zer eingeschlossen.« Kein ander­er Sender erfreute sich zwischen
1939 und 1945, als man in der ara­bis­chen Welt dem Radio vorzugsweise auf
öffentlichen Plätzen oder in Basaren und Kaf­fee­häusern lauschte, einer
größeren Beliebtheit als der Nazi-Sender aus Zeesen. Hier wurden
anti­semi­tis­che Het­zbeiträge geschickt mit Zitat­en aus dem Koran und
ara­bis­chen Musik­beiträ­gen vermischt. 

Die Alli­ierten des Zweit­en Weltkriegs wur­den als von »Juden« abhängige
Mächte geze­ich­net und den Zuhör­ern das Bild von den »Vere­in­ten Jüdischen
Natio­nen« einget­richtert. Gle­ichzeit­ig wur­den Juden als die schlimmsten
Feinde des Islam attack­iert: »Der Jude war seit Mohammeds Zeit­en nie ein
Fre­und der Moslems. Der Jude ist der Feind, und ihn zu töten erfreut
ott.« Heute ist es der Hizbol­lah-Sender Al-Man­ar, der eben diese Botschaft
per Satel­lit ver­bre­it­et. Durch welche geschichtlichen Bezüge sind der
Kurzwellensender aus Zeesen und die Fernsehsta­tion von Beirut verknüpft?

Hak­enkreuze in Palästina 

Pro­grammhöhep­unk­te bei Radio Zeesen waren die Jihad-Aufrufe der damals
pop­ulärsten Fig­ur in der ara­bisch-islamis­chen Welt, des Mufti von Jerusalem,
Amin el-Hus­sei­ni (1895–1974). Seit 1941 lebte er in Berlin und
beauf­sichtigte die ara­bis­chen Rund­funkausstrahlun­gen aus Zeesen, Athen und
Rom. Nie­mand beförderte den Juden­hass unter Mus­li­men erfol­gre­ich­er als der
Mufti. Die €päis­che Ver­ant­wor­tung hier­für ist evi­dent, war el-Husseini
doch eine von €päis­chen Mächt­en einge­set­zte und geförderte Instanz: Es
waren die Briten, die ihn 1920 wegen Auf­s­tachelung zum Juden­hass erst zu
ein­er zehn­jähri­gen Haft verurteil­ten, dann amnestierten und 1921 gegen den
Mehrheitswillen der Palästi­nenser in sein Amt als Mufti bracht­en. Es waren
die Deutschen, die ihn zwis­chen 1937 und 1945 für seine Dien­ste bezahlten.
Und es waren die Fran­zosen, die 1946 dem inter­na­tion­al als
Nazi-Kriegsver­brech­er gesucht­en Mufti die Flucht nach Ägypten und die
Fort­set­zung sein­er Poli­tik ermöglichten. 

Nie­mand prägte zugle­ich die Frühgeschichte des Nahostkon­flik­ts maßgeblicher
als der Mufti, der als Präsi­dent des Mus­lim­is­chen Ober­rats nicht nur die
höch­ste religiöse Autorität, son­dern zugle­ich die Zen­tral­fig­ur des
palästi­nen­sis­chen Nation­al­is­mus war. 

Schon im Früh­jahr 1933 ver­sicherte er dem deutschen Kon­sul in Jerusalem,
dass »die Mus­lime inner­halb und außer­halb Palästi­nas das neue Regime in
Deutsch­land willkom­men heißen und die Ausweitung ein­er faschis­tis­chen und
anti­demokratis­chen Staats­führung auf andere Län­der erhof­fen«. Die
Jugen­dor­gan­i­sa­tion der vom Mufti gegrün­de­ten Partei fir­mierte zeitweilig als
Nazi scouts und richtete sich mit Ein­heit­shemd und Kop­pel am Vor­bild der
Hitler­ju­gend aus. 

Diese Parteinahme war den Nazis bis zum Som­mer 1937 noch unangenehm.
Höflich, aber bes­timmt lehnte Berlin die ara­bis­chen Ange­bote zur
Zusam­me­nar­beit ab. Erst im Juni 1937 rev­i­dierte Berlin diesen Kurs. Auslöser
war der Vorschlag der britis­chen Peel-Kom­mis­sion, das Mandatsgebiet
Palästi­na in einen kleineren jüdis­chen und einen größeren
mus­lim­isch-ara­bis­chen Staat aufzuteilen. Die »Bil­dung eines Judenstaates …
liegt nicht im deutschen Inter­esse«, kon­terte umge­hend der Reichsminister
des Auswär­ti­gen, Kon­stan­tin von Neu­rath. »Es beste­ht daher ein deutsches
Inter­esse an Stärkung des Araber­tums als Gegengewicht gegen etwaigen solchen
Machtzuwachs des
entums.« 

Stärkung der Araber gegen die Juden: Zwar ver­fol­gte Berlin, um Lon­don nicht zu
ver­prellen, den neuen Kurs zunächst nur auf leisen Sohlen, doch das Aus­maß der jetzt
in Gang geset­zten Aktiv­itäten war imposant. Stu­den­ten aus ara­bis­chen Ländern
erhiel­ten deutsche Stipen­di­en, Fir­men heuerten ara­bis­che Auszu­bildende an, arabische
Parteiführer wur­den zu Nürn­berg­er Parteita­gen und Armeeführer zu Wehrmachtmanövern
ein­ge­laden. In Berlin wurde ein »Ara­bis­ch­er Klub« als Zen­trum der
Palästi­na-Agi­ta­tion und des ara­bis­chsprachi­gen Rund­funk­be­triebs etabliert. 

Im Sep­tem­ber 1937 trat­en zwei Mitar­beit­er des Judenr
efer­ats im Sicherheitsdienst
(SD) der SS, darunter Adolf Eich­mann, eine mehrwöchige Erkun­dungs­fahrt in den Nahen
und Mit­tleren Osten an. Es fol­gten aus­gedehnte Reisen des Führers der Hitlerjugend,
Bal­dur von Schirach, sowie des Chefs der Abwehr, Wil­helm Canaris. Im April 1939
hielt sich schließlich auch der Leit­er des Ori­ent-Refer­ats im Auswär­ti­gen Amt, Otto
von Hentig, in Palästi­na und Ägypten auf. Dieser Aktivis­mus blieb nicht ohne
Resul­tat. Von Schirach stiftete das Geld für den Auf­bau eines »Ara­bis­chen Klubs« in
Damaskus, in dem deutsche Nazis Rekruten für die Auf­s­tands­be­we­gung des Mufti
trainierten, und Canaris über­zog die Region mit einem Spionagenetz. 

Die größte Wirk­samkeit aber
ent­fal­tete das ara­bis­che Pro­gramm aus Zeesen, »unser Fernkampfgeschütz im
Äther«, wie Goebbels es nan­nte. Es nahm seinen reg­ulären Betrieb am 25.
April 1939 auf und sendete täglich ab 17.45 Uhr Berlin­er Zeit. Hier wurden
alle Araber ver­höh­nt, die mit Zion­is­ten auch nur ver­han­deln woll­ten. »Der
Sprech­er von Radio Berlin beze­ich­nete (den jor­danis­chen König) Amir Abdallah
regelmäßig als ›Rab­bi Abdal­lah‹«, berichtete der spätere BBC-Journalist
Nevill Bar­bour. »Es war nicht ger­ade leicht, die Nazipro­pa­gan­da über die
jüdis­che Heim­stätte in Palästi­na zu kon­tern.« Doch Radio Zeesen war auch
deshalb kaum zu schla­gen, weil es hem­mungs­los anti­west­liche Ressentiments
mobil­isierte. Mit sein­er Hin­wen­dung zur ara­bis­chen Welt hat­te Berlin das
anti­mod­ernistis­che Poten­zial des Islam entdeckt. 

Nation­al­sozial­is­mus und Islam 

Nicht nur Hein­rich Himm­ler schwärmte von der »weltan­schaulichen
Ver­bun­den­heit« zwis­chen Nation­al­sozial­is­mus und Islam; er führte den Begriff
der »Musel­ger­ma­nen« ein. Auch Amin el-Hus­sei­ni wies auf
das »Par­al­lel-Laufen« der Ide­ale der Mus­lime und Deutschen hin und
definierte die Berührungspunk­te fol­gen­der­maßen: 1. Monothe­is­mus – Einheit
der Führung. 2. Die ord­nende Macht – Gehor­sam und Diszi­plin. 3. Der Kampf
und die Ehre, im Kampf zu fall­en. 4. Die Gemein­schaft. 5. Fam­i­lie und
Nach­wuchs. 6. Ver­her­rlichung der Arbeit und des Schaf­fens. 7. Das Verhältnis
zu den Juden – »In der Bekämp­fung des Juden­tums näh­ern sich der Islam und
der NS einander.« 

Doch ger­ade der let­zt­ge­nan­nte Punkt ver­stand sich nicht von selb­st. Der rassistisch
motivierte Anti­semitismus und das Phan­tas­ma von der jüdis­chen Weltver­schwörung waren
€päis­chen Ursprungs und dem ursprünglichen Juden­bild des Islam fremd. Nur in der
Chris­tusle­gende erscheinen Juden als eine tödliche und mächtige Instanz, die es
ange­blich gar fer­tig bracht­en, Gottes einzi­gen Sohn zu töten. Ganz anders der Islam.
Ihm zufolge haben nicht die Juden den Propheten ermordet, son­dern der Prophet die
Juden: Mohammed hat­te alle jüdis­chen Stämme aus Med­i­na in den Jahren 623 bis 627
ver­sklavt, ver­trieben oder getötet. Deshalb taucht­en, wie der Islamwissenschaftler
Bernard Lewis betont, die charak­ter­is­tis­chen Züge des christlichen Anti­semitismus in
der mus­lim­is­chen Welt nicht auf: »Es gab keine Äng­ste vor ein­er jüdischen
Ver­schwörung und Vorherrschaft, keine Ankla­gen wegen dia­bolis­ch­er Bösartigkeit,
Juden wur­den nicht beschuldigt, Brun­nen zu vergiften oder die Pest zu verbreiten.«
Stattdessen begeg­nete man den Juden mit Ver­ach­tung oder mit her­ablassender Duldung.
Diese kul­turelle Prä­gung ließ die Vorstel­lung, aus­gerech­net Juden kön­nten eine
per­ma­nente Gefahr für die Mus­lime und die Welt bedeuten, absurd erscheinen. 

Umso kraftvoller musste diese Wah­nidee der ara­bisch-islamis­chen Welt eingehämmert
wer­den. Für ihre Ver­bre­itung war der Kon­flikt über Ein­wan­derung und Lan­der­werb in
Palästi­na nicht die Ursache, son­dern lediglich eine Gele­gen­heit. Von ein­er »ural­ten
Feind­schaft« han­delte beispiel­sweise die Broschüre über »Islam und Juden­tum«, die
die Nazis an die mus­lim­is­chen Ange­höri­gen der aus Bosni­ak­en rekru­tierten SS-Division
»Hand­schar« verteil­ten. Über Radio Zeesen wurde der Topos des »ewig feindseligen
Juden« in immer neuen Vari­a­tio­nen beschworen. Typ­isch etwa die Rede, die der Mufti
im Novem­ber 1943 hielt: »Dieses Volk ist der Feind der Araber und des Islam seit
dessen Beste­hen. Der Heilige Koran hat diese alte Feind­schaft in den folgenden
Worten aus­ge­sprochen: ›Du wirst find­en, dass die den Gläu­bi­gen am feindlichsten
Gesin­nten die Juden sind.‹ Sie ver­sucht­en, den verehrungswürdi­gen Propheten zu
vergiften, leis­teten ihm Wider­stand, waren ihm feindlich geson­nen und intrigierten
gegen ihn. Dies war vor mehr als 1 300 Jahren der Fall. Seit jen­er Zeit haben sie
nicht aufge­hört, gegen die Araber und Mohammedan­er ihre Intri­gen zu spin­nen.« So
wurde aus den unter­lege­nen Zeitgenossen Mohammeds eine ewige Bedro­hung für alle
Mus­lime konstruiert. 

Dem Mufti war der Rekurs auf das 7. Jahrhun­dert auch aus einem zweit­en Grund gerade
recht. Sein Juden­hass war eine Kamp­fansage an de
n »Ein­bruch lib­er­al­is­tis­ch­er Ideen« in die Welt des Islam. Ägypten hatte
sich seit Beginn des 20. Jahrhun­derts der Mod­erne geöffnet, die Türkei
erset­zte in den zwanziger Jahren das Kali­fat durch das Leit­bild Kemal
Atatürks, und auch Reza Khan forcierte die Säku­lar­isierung des Iran. Dieser
Reform­strö­mung des Islam ließ der Mufti in seinem Macht­bere­ich nicht den
ger­ing­sten Raum. Er sah in Jerusalem den Kristallisationskern
der »Wiederge­burt des Islam« und in Palästi­na das Zen­trum, von dem aus der
Wider­stand gegen Juden und die Mod­erne seinen Anfang nehmen sollte. »Das
Kino, das The­ater und einige scham­lose Zeitun­gen (…) kom­men wie Nat­tern in
unsere Häuser und Höfe, wo sie die Moral töten und die Grund­la­gen der
Gemein­schaft zer­stören«, rief er 1935 auf ein­er Kon­ferenz islamischer
Reli­gion­s­gelehrter aus und stellte die ver­meintlichen Urhe­ber dieser
Entwick­lung bloß: »Die Juden haben hier ihre Sit­ten und Gebräuche
ver­bre­it­et, die im Gegen­satz zu unser­er Reli­gion und unser­er ganzen
Lebensweise ste­hen. (…) Die jüdis­chen Mäd­chen, die in kurzen Hosen
herum­laufen, demor­al­isieren unsere Jugend durch ihre bloße
esenheit.« 

Uner­müdlich nutzte el-Hus­sei­ni sein Amt, um den Antizion­is­mus zu islamisieren und
den Hass auf Juden religiös zu motivieren. Diese Aus­rich­tung vol­l­zog der Mufti in
Verbindung mit seinem damals promi­nen­testen Bun­desgenossen, dem islamischen
Fun­da­men­tal­is­ten Izz al-Din al-Qas­sam, der den Selb­st­mord­bombere­in­heit­en der Hamas
als Namensge­ber dient. Als erster Sche­ich der Neuzeit hat­te al-Qas­sam seit 1931 in
der Umge­bung von Haifa eine Bewe­gung geformt, die die Ide­olo­gie der devoten Rückkehr
zum Ur-Islam des 7. Jahrhun­derts mit der Prax­is des Jihad-Auf­s­tands gegen die
Ungläu­bi­gen verband. 

Die 1936 begin­nen­den Unruhen, die als »Ara­bis­ch­er Auf­s­tand« in die Geschichte
einge­gan­gen sind, waren das erste Exper­i­men­tier­feld der sich formierenden
islamistis­chen Ide­olo­gie. Hier kamen erst­mals jene Ter­ror­prak­tiken zur Anwendung,
denen sich später auch Mus­lime in Alge­rien, Afghanistan oder dem Iran ausgesetzt
sahen. 

Keimzelle des Islamismus 

Der »Ara­bis­che Auf­s­tand«, der sich etap­pen­weise bis zum Beginn des Zweiten
Weltkriegs hin­zog, begann im April 1936 als Streik­be­we­gung gegen jüdische
Ein­wan­derung und britis­che Herrschaft. Die zweite Phase nahm im Herb­st 1937, nach
der Veröf­fentlichung des Peel-Plans zur Teilung Palästi­nas, ihren Lauf. In sie
schal­tete sich die deutschen Außen­poli­tik maßge­blich ein: »Der Mufti selb­st gab zu,
dass es sein­erzeit nur durch die ihm von den Deutschen gewährten Geld­mit­tel möglich
war, den Aufst
and in Palästi­na durchzuführen. Von Anfang an stellte er hohe
finanzielle Forderun­gen, denen die Nazis in sehr großem Maße nachkamen.« 

Von nun an wurde der Charak­ter dieser Unruhen vom Mufti und den Anhängern von
Sche­ich al-Qas­sam bes­timmt. Brachial führten sie in den von Juden und Briten
»befre­it­en« Zonen neue Klei­derord­nun­gen und Sharia-Gerichte ein und liquidierten
»unis­lamis­che« Abwe­ich­ler in großer Zahl. Bewun­dernd berichtete 1943 ein deutscher
Biograf des Mufti über die Erschießung palästi­nen­sis­ch­er Araber, die sich mit der
Weigerung, die heute als »Pale­tuch« bekan­nte Kaf­fiyah zu tra­gen, dem Zwang zur
Unterord­nung wider­set­zten. Nicht min­der drakonisch wur­den ara­bis­che Christin­nen und
alle anderen Frauen zur Ver­schleierung gezwungen. 

Gle­ichzeit­ig nahm man neben Juden und Briten beson­ders die Palästi­nenser ins Visier,
die den Aus­gle­ich mit dem Zion­is­mus und der Man­dats­macht sucht­en und den Peel-Plan
unter­stützten. »Men­schen, die Land an Juden verkauften (…) oder mod­er­ate politische
Ansicht­en hegten und deren Nation­al­is­mus man als unter­en­twick­elt verdächtigte, (…)
wur­den nicht immer sofort getötet; manch­mal wur­den sie gekid­nappt und in den
Gebirgsab­schnit­ten unter die Kon­trolle der Rebellen gestellt«, berichtet Yehuda
Porath. »Dort warf man sie in Gruben, die mit Schlangen und Sko­r­pi­o­nen versetzt
waren. Falls die Opfer nach mehreren Tagen in dieser Grube noch lebten, wur­den sie
vor eines der Rebel­len­gerichte gebracht … und nor­maler­weise zum Tod oder, als
spezielle Form der Rechtspre
chung, zu mas­siv­er Aus­peitschung verurteilt. Der Ter­ror war so mas­siv, dass
nie­mand, ein­schließlich der Reli­gion­s­gelehrten und Priester, es wagte,
ordentliche Bestattungen
chzuführen.« 

Im Herb­st 1938 erre­icht­en diese Unruhen ihren Höhep­unkt. Etwa 10 000 Kämpfer
(darunter 3 000 Beruf­ssöld­ner) standen nun­mehr im Sol­de el-Hus­sei­nis. Die
wichtig­sten Kom­man­deure gehörten zum Kreis der »Qas­samiten«, während der Mufti den
»Auf­s­tand« von Beirut aus leit­ete. Dr. Fritz Reichert vom Deutschen Nachrichtenbüro
traf mehrfach mit Repräsen­tan­ten der Auf­s­tands­be­we­gung zusam­men und stellte
wieder­holt her­aus, »dass auf­grund von Zusagen des Drit­ten Reich­es an Hadj Amin
El-Hus­sei­ni die ara­bis­chen Nation­al­is­ten bald über genü­gend finanzielle Mit­tel zur
Fort­set­zung ihrer Rebel­lion verfügen.« 

Warum woll­ten die Nazis die Unruhen in die Länge ziehen? Den wichtig­sten Grund
for­mulierte Alfred Rosen­berg, der Leit­er des Außen­poli­tis­chen Amts der NSDAP. »Je
länger der Brand in Palästi­na anhält«, prophezeite er im Dezem­ber 1938, »umso mehr
fes­ti­gen sich die Wider­stände gegen das jüdis­che Gewal­tregime in allen arabischen
Staat­en und darüber hin­aus auch in den anderen moslemis­chen Län­dern.« In der Tat.
Erst die Kämpfe in Palästi­na macht­en beispiel­sweise die 1928 gegrün­dete Keimzelle
des Islamis­mus, die ägyp­tis­che Moslem­brud­er­schaft, zu jen­er einflussreichen
Organ­i­sa­tion, aus deren Rei­hen später nicht nur die Hamas, son­dern auch Usama bin
Ladens »Islamis­che Welt­front für den Jihad gegen Juden und Kreuzfahrer«
her­vorge­gan­gen ist. Während die ägyp­tis­che Mus­lim­brud­er­schaft 1936 noch 800
Mit­glieder zählte, waren es 1938 bere­its 200 000. In der Zwis­chen­zeit fand nur eine
einzige Kam­pagne statt: die Mobil­isierung für den vom Mufti geführten Auf­s­tand in
Palästina. 

Islamis­mus und NS 

Im Mai 1936 rief die Moslem­brud­er­schaft, unmit­tel­bar nach Beginn der
palästi­nen­sis­chen Revolte, zum Boykott aller jüdis­chen Geschäfte in Ägypten auf.
Nach der Veröf­fentlichung des Peel-Plans ver­schärfte sich die antijüdische
Agi­ta­tion. Auf gewalt­täti­gen Stu­den­ten­demon­stra­tio­nen in Kairo, Alexan­dria und Tanta
wur­den Rufe laut wie »Nieder mit den Juden«, »Juden raus aus Ägypten und Palästina«.
Begeis­tert berichtete Gisel­her Wirs­ing, ein führen­der Jour­nal­ist des Dritten
Reich­es, von den Stoßwellen, die das »poli­tis­che Erd­beben­zen­trum« Palästi­na in
Ägypten hin­ter­ließ. Zufrieden kon­sta­tierte der Nazi-Jour­nal­ist »eine ausgesprochene
Rück­wen­dung zu den religiösen Über­liefer­un­gen des Islams« und »eine scharfe
Geg­n­er­schaft gegen den west­lerischen Lib­er­al­is­mus. (…) Die neue Entwick­lung in
Ägypten (…) zeigt, wie stark diese Theokratie sich nach der Über­win­dung des ersten
lib­er­al­is­tis­chen Ansturms wieder zu beleben vermag.« 

Bevorzugt wurde nun auch in Ägypten der aufkeimende Islamis­mus mit Nazi-Geld
unter­stützt. Aus Doku­menten, die man in der Woh­nung des Direk­tors des Deutschen
Nachricht­en­büros in Kairo, Wil­helm Stell­bo­gen, sich­er­stellte, geht her­vor, »dass die
Mus­lim­brud­er­schaft vor Okto­ber 1939 Sub­ven­tio­nen vom DNB erhielt. Stell­bo­gen war am
Trans­fer dieser Gelder an die Brud­er­schaft beteiligt, deren Summe beträchtlich höher
lag als die Beträge, die anderen antib­ri­tis­chen Aktivis­ten ange­boten wur­den. Diese
Geld­trans­fers scheinen von Hadj Amin el-Hus­sei­ni und eini­gen seiner
palästi­nen­sis­chen Kon­tak­t­per­so­n­en in Kairo … koor­diniert wor­den zu sein.« Diese
Zuwen­dun­gen ges­tat­teten es der Mus­lim­brud­er­schaft, eine Druck­w­erk­statt mit 24
Beschäftigten zu etablieren und mod­ern­ste Pro­pa­gan­damit­tel einzuset­zen. Unter dem
Titel »Feuer und Zer­störung in Palästi­na« wurde beispiel­sweise eine 80seitige
Broschüre mit 50 Fotos über ange­bliche Gewalt- und Folter­ak­te in mehreren
zehn­tausend Exem­plaren unter die Leute gebracht. 

So bracht­en die Jahre 1936 bis 1939 den Islamis­mus als anti­semi­tis­che und
anti­mod­ernistis­che Massen­be­we­gung her­vor. Bis 1936 waren die mod­er­at­en arabischen
Kräfte, die den Zion­is­mus begrüßten oder doch zumin­d­est tolerierten, noch in keiner
Weise mar­gin­al­isiert. Dies änderte sich, nach­dem die Nazis ihr Gewicht in die
Waagschale der Islamis­ten gewor­fen hat­ten. Sie st
achel­ten die Unruhen in Palästi­na erfol­gre­ich an und tru­gen somit dazu bei,
das anti­jüdis­che Feind­bild nach Ägypten zu verpflanzen. Die islamistische
Massen­mo­bil­isierung wurde finanziell und ide­ol­o­gisch von Radio Zeesen und
anderen Pro­pa­gan­da­trägern unter­stützt. Auch deshalb set­zte sich im
ara­bis­chen Teil der islamis­chen Welt nicht der aufgek­lärte Mod­ernismus eines
Kemal Atatürk, son­dern der Islamis­mus und Anti­semitismus eines Hassan
al-Ban­na durch. Der Kurzwellensender von Zeesen erweist sich im Rückblick
als die Schnittstelle, die die anti­semi­tis­che Weltan­schau­ung in die
ara­bis­che Welt trans­ferierte und den frühen ara­bis­chen Islamis­mus mit dem
späten Nation­al­sozial­is­mus ver­band. Radio Zeesen stellte seinen Betrieb im
April 1945 ein. Seine Fre­quen­zen des Has­s­es bre­it­eten sich aber erst von nun
an in der ara­bis­chen Welt wirk­lich aus.

Brud­er Hitler 

Dem 8. Mai 1945 fol­gte eine zweifache Teilung der Welt. Die Spal­tung in
politökonomis­che Sys­teme ist als Kalter Krieg bekan­nt. Die zweite Kluft, die
der Kalte Krieg nur überdeck­te, hat mit dem Fortleben
nation­al­sozial­is­tis­chen Gedankenguts zu tun. In ihrem Bericht über den 1961
geführten Prozess gegen Adolf Eich­mann gab Han­nah Arendt den Blick auf
diesen Abgrund frei: »Die Zeitun­gen in Damaskus und Beirut, in Kairo und
Jor­danien ver­hehlten wed­er ihre Sym­pa­thie für Eich­mann noch ihr Bedauern,
dass er ›sein Geschäft nicht zu Ende geführt‹ habe; eine Rund­funksendung aus
Kairo am Tag des Prozess­be­ginns enthielt sog­ar einen kleinen Seit­en­hieb auf
die Deutschen, denen jet­zt noch vorge­wor­fen wurde, dass ›im let­zten Krieg
nicht ein deutsches Flugzeug je eine jüdis­che Sied­lung über­flo­gen und
bom­bardiert‹ hätte.« Das­selbe Bedauern u
nd den Herzenswun­sch, endlich alle
Juden ver­nichtet zu sehen, for­mulierte der Kolum­nist der zweitgrößten,
staatlich kon­trol­lierten ägyp­tis­chen Tageszeitung, Al Akhbar, im April
2002: »Hin­sichtlich des Schwindels mit dem Holo­caust haben viele
franzö­sis­che Stu­di­en bewiesen, dass dies nichts als Fab­rika­tion, Lüge und
Betrug ist. Ich aber beschwere mich bei Hitler und erk­läre ihm vom tiefsten
Grund meines Herzens: ›Wenn du es nur getan hättest, mein Brud­er‹, wenn es
doch nur wirk­lich geschehen wäre, sodass die Welt ohne ihr (der Juden) Übel
und ihre Sünde erle­ichtert aufseufzen
nte.« 

Die Logik ist klar: Der Jude ist das Übel der Welt, das ver­nichtet wer­den muss.
Deshalb gehört Israel von der Land­karte radiert. Und deshalb ist die Shoah kein
Verge­hen, son­dern ein fehlgeschla­gen­er Ver­such, dem man eine erfolgreichere
Wieder­hol­ung wün­scht. Dämon­isierung der Juden, Legit­imierung des Holo­caust und
Liq­ui­dierung Israels: drei Seit­en eines ide­ol­o­gis­che Dreiecks, das sich nicht hält,
wenn auch nur eine der drei Seit­en fehlt. Warum fand nach 1945 dieser Wahnsinn in
der ara­bis­chen Welt sein sei­ther wirkungsmächtig­stes Exil? 

Hier kommt erneut der Mufti ins Spiel. Zwar war er für die Gräuel der muslimischen
SS-Divi­sion in Bosnien eben­so per­sön­lich ver­ant­wortlich wie für die Tötung von
Tausenden jüdis­chen Kindern im Holo­caust. Den­noch verzichteten die USA und
Großbri­tan­nien, um es sich mit der ara­bis­chen Welt nicht zu verder­ben, auf seine
Strafver­fol­gung, während Frankre­ich, in dessen Gewahrsam sich el-Hus­sei­ni seit 1945
befand, ihn laufen ließ. Als die Schlagzeilen der Welt­presse am 10. Juni 1946 die
»Flucht« des Mufti aus Frankre­ich verkün­de­ten, »wur­den die ara­bis­chen Vier­tel von
Jerusalem und die ara­bis­chen Städte und Dör­fer in Palästi­na mit Girlan­den und
Flaggen geschmückt und über­all das Porträt des großen Mannes gezeigt«. Indem die
Alli­ierten den Mufti amnestierten, wurde sein Anti­semitismus reha­bil­i­tiert. Mehr
noch: Die Araber sahen in der Straflosigkeit des Mufti »nicht nur eine Schwäche der
Europäer, son­dern auch Abso­lu­tion für geschehene und kom­mende Ereignisse«, bemerkte
1947 Simon Wiesen­thal. Nun begann die pro-nation­al­sozial­is­tis­che Ver­gan­gen­heit »eine
Quelle des Stolzes, nicht der Scham« zu werden. 

Die ent­ge­genge­set­zten Sichtweisen auf den Holo­caust prall­ten erst­mals im November
1947 in der Vol­lver­samm­lung der Vere­in­ten Natio­nen aufeinander
. Auf der einen Seite diejeni­gen, für die die Shoah eine Tat­sache und
Katas­tro­phe war, weswe­gen sie sich für die Teilung Palästi­nas und die
Grün­dung Israels ein­set­zten. Auf der anderen Seite diejeni­gen, für die der
UN-Beschluss ein weit­er­er Beweis »jüdis­ch­er Weltver­schwörung« war. Zu ihnen
gehörte der Führer der Mus­lim­brüder, Has­san al-Ban­na, der den UN-Plan als
ein »inter­na­tionales Kom­plott« attack­ierte, »aus­ge­führt von den Amerikanern,
den Russen und den Briten unter dem Ein­fluss des Zion­is­mus«, sowie der
erneut zum palästi­nen­sis­chen Wort­führer avancierte Amin el-Hus­sei­ni. Statt
Palästi­na in zwei Staat­en zu teilen, soll­ten »die Araber … gemein­sam über
die Juden her­fall­en und sie ver­nicht­en, sobald sich die britischen
Stre­itkräfte (aus Palästi­na) zurück­ge­zo­gen« hätten. 

Kein ara­bis­ch­er Staatschef fand den Mut, dem pop­ulären Führer der
Palästi­nenser zu wider­sprechen. So bere­it­eten der Zynis­mus des West­ens, der
den Mufti 1946 unbe­hel­ligt ließ, und der Oppor­tunis­mus der Araber ein­er der
fatal­sten Weichen­stel­lun­gen des 20. Jahrhun­derts den Weg. Als Israel am 14.
Mai 1948 gegrün­det wurde, über­schrit­ten die Armeen Ägyptens,
Tran­sjor­daniens, des Irak, Syriens und des Libanon die Gren­zen Palästinas. 

Zwar ging der neue Staat aus diesem Krieg, der 6 000 Israelis das Leben
kostete, als Sieger her­vor. Der Anti­semitismus erre­ichte jedoch eine neue
Dimen­sion. Gamal Abdel Nass­er, dessen Putsch von 1952 eine Folge der
ara­bis­chen Nieder­lage war, ver­bre­it­ete die Zen­tralschrift des €päis­chen
Anti­semitismus, »Die Pro­tokolle der Weisen von Zion«, in der arabischen
Welt. Darüber hin­aus set­zte Nass­er viele der zahllosen Naziver­brech­er, die
sich ihrer Bestra­fung durch Flucht nach Ägypten ent­zo­gen hat­ten, da ein, wo
sie Profis waren – in der anti­jüdis­chen Propaganda. 

Erst als auch Nassers Feldzug gegen Israel im Sechs-Tage-Krieg von 1967
kläglich gescheit­ert war, wurde der zuvor geschürte Hass auf Juden
islamistisch radikalisiert. Nassers anti­jüdis­che Pro­pa­gan­da war mit einer
Nei­gung für die angenehmen Seit­en des Lebens noch ein­herge­gan­gen. Jet­zt aber
wurde der Anti­semitismus mit dem Hass der Islamis­ten auf Sinnlichkeit und
Lebens­freude ver­mis­cht und – in Anknüp­fung an den 30 Jahre zuvor in
Palästi­na ini­ti­ierten Jihad – als religiös­er Wider­stand gegen
alle »Verder­ber der Welt« pop­u­lar­isiert. Jet­zt »ent­deck­te« man, dass nicht
nur alles Jüdis­che böse, son­dern alles »Böse« jüdisch sei. Jet­zt erklärte
man Palästi­na zum heili­gen islamis­che Gebi­et (Dar al-Islam), in welchem
Juden nicht ein­mal ein Dorf regieren dürften, und Israels Ver­nich­tung zu
ein­er religiösen Pflicht. Jet­zt bre­it­ete sich unge­hin­dert intellektuelle
Ver­wüs­tung aus: Man begann, Juden in Anlehnung an Koranverse
ls »Schweine« und »Affen« verächtlich zu machen und bot als
wis­senschaftliche Erken­nt­nis die Behaup­tung feil, dass das Verzehren von
nicht-jüdis­chem Blut ein religiös­er Rit­us der Juden sei. Eine weitere
Steigerung wurde 1982 erre­icht, als die Hizbol­lah damit begann, Menschen
sys­tem­a­tisch als Bomben einzuset­zen. Der Hass auf Juden war nun größer als
die Furcht vor dem Tod; die Ide­olo­gie der Ver­nich­tung schlug in die Praxis
der Zer­fet­zung beliebiger Juden um. Wann immer die Möglichkeit einer
friedlichen Lösung am Hor­i­zont erschien, wurde sie im Blut suizidaler
Massen­morde ertränkt.

Islamis­ch­er Anti­semitismus und EU 

Von Zeesen bis Beirut: Die inter­na­tionale Medi­enkam­pagne gegen die Juden,
die vor 60 Jahren mit einem »Fernkampfgeschütz im Äther« (Goebbels) begann,
wird heute als Nahkamp­fan­leitung per Satel­lit fort­ge­set­zt. Je blutiger die
Mas­sak­er in Israel und Palästi­na, desto höher die Ein­schaltquote für
Al-Man­ar und desto erfol­gre­ich­er die anti­semi­tis­che Mobil­isierung in der
ara­bisch-islamis­chen Welt, die wiederum den Blut­zoll im Nahostkonflikt
weit­er zu erhöhen ver­spricht. Diese Eskala­tion­sstrate­gie ist keine Reaktion
auf eine bes­timmte israelis­che Poli­tik. Was immer die israelis­che Regierung
untern­immt, wird ein­er Sichtweise unter­ge­ord­net, die den jüdis­chen Staat als
Repräsen­tanz des Bösen auszulöschen sucht. 

Das Böse aber ist »der Jude« selb­st: In Winde­seile ging beispiel­sweise im
Sep­tem­ber 2001 die von der Hizbol­lah aus­gedachte und von Al-Man­ar gesendete
Leg­ende um die Welt, der zufolge 4 000 Juden am 11. Sep­tem­ber nach einer
War­nung des Mossad nicht an ihren Arbeit­splätzen im World Trade Center
erschienen seien. Schon ihre glob­ale Ver­bre­itung und Akzep­tanz markiert eine
Zäsur: Über Nacht wurde das Kon­strukt der jüdis­chen Weltver­schwörung als
zen­trales Deu­tungsmuster eines weltweit beachteten Ereignisses
pop­u­lar­isiert. Wenn es »heute mehr Anti­semiten und mehr Anti­semitismus als
je auf der Welt« gibt, wie Alain Finkielkraut kon­sta­tiert, dann auch wegen
Al Manar. 

In Europa wird dieser Sender, der seine Unkosten unter anderem mit
Wer­beein­la­gen von Mag­gi, Henkel und Mil­ka deckt, über den
Satel­liten­be­treiber Eutel­sat und dessen Satel­lit Hot­bird 4 ausgestrahlt.
Nach Schätzun­gen der Tages
zeitung Lib­er­a­tion kön­nen allein in Frankre­ich 2,6
Mil­lio­nen Haushalte den Kanal emp­fan­gen, der sich seit dem 11. September
auch in ara­bis­chen Vierteln in Deutsch­land wach­sender Beliebtheit erfreut.
In Frankre­ich löste die Ausstrahlung der 29teiligen
erie »Al-Shatat« immer­hin Proteste aus. Dort drängt Premierminister
Raf­farin, der sich Auszüge dieser Serie vor­spie­len ließ, auf eine Änderung
der Medi­enge­set­ze, um die Ausstrahlung des Senders kün­ftig zu verhindern. 

In Deutsch­land ist von solchen Schrit­ten nichts bekan­nt. Als im Feb­ru­ar 2004
der Präsi­dent von Eutel­sat mit Vertretern der französischen
Auf­sichts­be­hör­den zusam­men­traf, um über Maß­nah­men der Abgren­zung von
Al-Man­ar zu berat­en, hock­te in Beirut die Friedrich-Ebert-Stiftung mit den
Al Man­ar- Betreibern zusam­men; nicht jedoch um sich abzu­gren­zen, son­dern um
einen »Wan­del durch Annäherung zu ermöglichen«, wie die FES in einer
Pressemit­teilung schrieb. 

Von Zeesen bis Beirut: Warum hat­ten sich im Jahr 2002 die antisemitischen
Gotteskrieger mit ihrer Kon­feren­zidee aus­gerech­net an Berlin gewandt? Die
Antwort ist kein Geheim­nis. Deut­lich genug schwärmte Udo Stein­bach, der
Leit­er des Deutschen Ori­ent-Insti­tuts in Ham­burg, von der »Nach­wirkung jener
Sym­pa­thie, die Deutsch­land tra­di­tionell in der gesamten Region
ent­ge­genge­bracht wird«. Das ide­ol­o­gis­che Fun­da­ment dieser Sym­pa­thie wurde
maßge­blich von Radio Zeesen und der prodeutschen Ori­en­tierung des Mufti
gestärkt. Knüpft deutsche Außen­poli­tik an diese »Sym­pa­thie« heute an? 

In der west­lichen Welt pflegt zwar jed­er Berlin­er Diplo­mat Zweifel an der
Aufrichtigkeit der bun­des­deutschen NS-»Aufarbeitung« eilfertig
zurück­zuweisen. In der ara­bis­chen Welt aber hat noch kein Berliner
Außen­poli­tik­er die dort vir­u­len­ten Nazi-Sym­pa­thien auch nur kritisiert.
Stattdessen wer­den diese beflis­sen hofiert und das Fortleben eines
nation­al­sozial­is­tisch inspiri­erten Anti­semitismus verständnisvoll
akzep­tiert. Auf dieser Janusköp­figkeit beruht die deutsche Außen­poli­tik im
Nahen und Mit­tleren Osten, und sie fährt damit nicht schlecht. Udo
Stein­bach: »Die Bun­desre­pub­lik wird im Nahen Osten wei­thin als künftige
Groß­macht« und »als ein Akteur gese­hen, der ein Gegengewicht gegen eine
allzu dom­i­nante amerikanis­che Mach­tausübung bilden kann«. Für diesen Status
nimmt man den Beifall für Brud­er Hitler offenkundig in Kauf. 

Der Jude sei das Übel der Welt, erk­lärt heute das islamistis­che Progamm im
Ein­klang mit jen­em früheren aus Zeesen. Die Frage, ob deutsche Außenpolitik
das Fortleben dieser Tra­di­tion hofieren oder ob sie damit brechen will,
lässt ver­schwommene Antworten nicht zu. Schon der Verzicht auf Klarheit ist
gle­ichbe­deu­tend mit Kom­plizen­schaft. Oder in den Worten Leon Poli­akovs: »Wer
den Anti­semitismus in sein­er prim­i­tiv­en und ele­mentaren Form nicht
anprangert, und zwar ger­ade deshalb nicht, weil er prim­i­tiv und elementar
ist, der muss sich die Frage gefall­en lassen, ob er nicht dadurch den
Anti­semiten in aller Welt ein Zeichen heim­lichen Einverständnisses.« 

Gekürzter Vor­ab­druck aus Doron Rabi­novi­ci, Ulrich Speck und Natan Sznaider (Hg.):
»Neuer Anti­semitismus? Eine glob­ale Debat­te«. Suhrkamp Ver­lag, Frank­furt am Main
2004, 350 S., 12,50 Euro. Das Buch erscheint dieser Tage. Die v
oll­ständi­ge Fas­sung des abge­druck­ten Textes ein­schließlich der
Quel­len­nach­weise find­et sich unter: www.matthiaskuentzel.de

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Drehort Mahlow

Hut ab vor soviel Courage”, set­zt Rudi Cerne ger­ade zum Sprechen an, im
Hin­ter­grund malerisch der Mahlow­er Bahn­hof, und alles ring­sum, vom
Kam­era­mann bis zum Regis­seur, versinkt in andächtiges Schweigen: Achtung,
Kam­era läuft. Doch der Verkehr in der Bahn­hof­s­traße, wo das zehnköpfige
Fernse­hteam gestern Vor­mit­tag Auf­stel­lung zum Dreh genom­men hat­te, lief
lei­der auch weit­er. Deshalb: “Aus, Rudi, der Lärm ist zu groß”, wird Cerne
mit­ten im Satz abgeschnit­ten. Fernse­hen, so lernt man als Zaun­gast bei
diesem Dreh zu “XY-Sicher­heitscheck”, ist zwar lustig zum Anse­hen auf der
Mattscheibe, aber ziem­lich anstren­gend, wenn es ans Machen geht. Ein paar
Ver­suche später, als der Verkehr auch kurz ange­hal­ten wor­den ist, ist alles
im Kas­ten. Also auf zum näch­sten der 16 Mahlow­er Drehorte für die
Präven­tion­ssendung, die das ZDF immer sam­stags ab 15.45 Uhr ausstrahlt. 

Der Grund für den gestri­gen, ein­tägi­gen Besuch der Münchner
Pro­duk­tion­s­ge­sellschaft Secu­ri­tel in Mahlow mag erstaunen, ist doch die
Stadt nicht ger­ade hipp­stes TV-Pflaster. Doch den Fernsehleuten ging es
nicht um äußere, son­dern um innere Werte — um das The­ma Zivil­courage: “Hier
hat man sich mit Aktio­nen gegen Auss­chre­itun­gen, etwa den Fall Noel Martin,
zur Wehr geset­zt”, erläutert Secu­ri­tel-Geschäfts­führer Mar­tin Groß den roten
Faden für die Sendung, in der viel von Sicher­heit und deren Gewährleistung
die Rede sein wird. 

Von den Mahlow­ern erläuterte unter anderem Heinz Jür­gen Oster­mann von der AG
Tol­er­antes Mahlow sein Anliegen. Auch im Reise­büro von Petra Hüb­n­er machte
das TV-Team eine Stip­pvis­ite. Die Geschäfts­frau hat — so wie etliche andere
couragierte Mahlow­er — auf einem Schaufen­ster­schild allen Men­schen, die von
Gewalt bedrängt sind, Hil­fe ange­boten. “Inter­es­sant, aufre­gend”, war nach
dem Inter­view Hüb­n­ers Faz­it, mit dem nüchter­nen Nach­satz: “Man wird sehen.”
Wann genau, ste­ht allerd­ings noch nicht fest, denn der Ausstrahlungstermin
für die Sendung aus Mahlow ist noch offen.

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Hoffnung für Härtefälle


PDS legt dem Land­tag Antrag für Kom­mis­sion vor / CDU und SPD dagegen

(MAZ, Stephan Brei­d­ing) POTSDAM Noch Mitte des Monats Juli — nach Ver­ab­schiedung des Zuwan­derungs­ge­set­zes im
Bun­desrat — war CDU-Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm ablehnend gewe­sen. Eine
Härte­fal­lkom­mis­sion sei unnötig, hat­te er erk­lärt. Ein solches
Mis­strauensvo­tum hät­ten die Richter nicht ver­di­ent, die bislang
ver­ant­wor­tungsvoll über Einzelfälle entsch­ieden hät­ten. Das war vor dem 19.
Sep­tem­ber. Nach der Land­tagswahl zer­bröselte der jahre­lange Wider­stand der
Union bin­nen weniger Tage. Bere­its Anfang Okto­ber einigten sich die
rot-schwarzen Part­ner in ihrer Koali­tionsvere­in­barung unter Punkt 4.5.2 auf
die Ein­rich­tung ein­er Härtefallkommission. 

Mehr ist seit­dem nicht geschehen. Im fed­er­führen­den Innen­res­sort sieht man
sich nicht unter Zeit­druck. Die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion sei
laut Zuwan­derungs­ge­setz “eine Kann‑, keine Muss-Bes­tim­mung”, so
Min­is­teri­umssprech­er Wolf­gang Brandt. Deswe­gen müsse die dafür notwendige
Rechtsverord­nung auch nicht zwangsläu­fig par­al­lel zum Gesetz am 1. Januar
2005 in Kraft treten. Man müsse jet­zt erst mal klären, wie groß etwa die
Kom­mis­sion sein soll oder welche Fälle sie bear­beit­en soll. 

Der innen­poli­tis­che Sprech­er der CDU-Land­tags­frak­tion ist da schon weiter.
Wichtig sei, dass auf jeden Fall kom­mu­nale Vertreter in der künftigen
Härte­fal­lkom­mis­sion sitzen, fordert Sven Petke. “Die Kom­munen müssen nämlich
die finanzielle Last tra­gen, wenn ein Asyl­be­wer­ber doch bleiben darf und
dann vor Ort Sozial­hil­fe beantragt.” 

Noch weit­er ist die oppo­si­tionelle PDS. Die hat bere­its einen Entwurf für
die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion erar­beit­et, der näch­ste Woche im
Land­tag berat­en wer­den soll und der MAZ vor­liegt. Inhalt: Das achtköpfige
Gremi­um soll mit je einem Mit­glied der bei­den Kirchen, der
Wohlfahrtsver­bände, des Flüchtlingsrates, des Innen- und des
Sozialmin­is­teri­ums sowie mit einem Arzt und einem Juris­ten beset­zt werden.
Plau­si­ble Härte­fall­gründe für abgelehnte und aus­reisepflichtige Asylbewerber
kön­nten “ein langjähriger Aufen­thalt, hier aufgewach­sene Kinder oder ein
festes Arbeitsver­hält­nis sein”. Kommt die Runde zu der Entschei­dung, dass es
sich um einen Härte­fall han­delt, geht eine Empfehlung an das
Innen­min­is­teri­um. Akzep­tiert dies das Votum, wird die Aus­län­der­be­hörde vor
Ort angewiesen, dem stattzugeben. “Wichtig ist, dass das Gremi­um kein
Anhängsel des Innen­min­is­teri­ums ist”, so PDS-Recht­spoli­tik­er Ste­fan Sarrach. 

Bei der SPD stößt der Vorstoß der Linkssozial­is­ten auf Ablehnung. “Der
Antrag der PDS ist ein Schnellschuss aus der Oppo­si­tions-Hüfte”, kritisiert
SPD-Frak­tion­schef Gün­ter Baaske. Die von der SPD lange geforderte
Härte­fal­lkom­mis­sion werde gegrün­det, “aber nicht im Hau-Ruck-Verfahren”. 

Die Aus­län­der­beauf­tragte des Lan­des, Almuth Berg­er, hofft, dass die
Kom­mis­sion ab 1. Jan­u­ar tagen kann. Sie rech­net damit, dass mehrere 100 der
lan­desweit rund 7000 Asyl­be­wer­ber oder Flüchtlinge mit ein­er Dul­dung eine
Härte­fall­regelung beantra­gen wer­den. Bere­its seit März tagt regelmäßig der
von Kirchen und Ver­bän­den sowie von SPD‑, PDS- und Grünen-Politikern
gegrün­dete und von der CDU scharf kri­tisierte Härte­fall­beirat. Obwohl man
nur rein bera­tende Hin­weise an die Aus­län­der­be­hör­den geben könne, habe man
in mehreren Fällen bere­its pos­i­tive Ergeb­nisse erzielt, freut sich Berger.

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Hitlers vergessene Ehrenbürgerschaft

Adolf Hitler und kein Ende. 3 412 001 Zuschauer pil­gerten in den vergangenen
fünf Wochen ins Kino, um zu sehen, wie Bruno Ganz als tat­triger Führer
unterge­ht. Gui­do Knopp macht aus fast jedem Sta­tis­ten des Naziregimes einen
Moral­hap­pen fürs Fernse­hen. Und Hel­la von Sin­nen blödelt sich als Adolf mit
Dirk Bach als Eva Braun durch ihre TV-Comedy. 

Dass nun Neu­rup­pin mit dem unlieb­samen Namen in Verbindung gebracht wird,
liegt — unge­wollt — an Lisa Riedel. Die langjährige Chefin des örtlichen
Muse­ums hat so viel für die Stadt in Nord­bran­den­burg geleis­tet, dass nun
erst­mals seit 1990 wieder eine Ehren­bürg­er­würde ver­liehen wurde. Da gleich
auch die Ehren­verord­nung der Stadt erneuert wer­den sollte, erkundigte sich
der grüne Stadtverord­nete Ger­ald Brose bei einem Heimat­forsch­er, wem denn
die höch­ste Ehre der Stadt bere­its ange­tra­gen wor­den war. 

“Offen­bar gehörte Hitler dazu”, sagt Brose. Eine offizielle Urkunde
existiert aber offen­bar nicht, im Stadtarchiv enden die Unter­la­gen mit dem
Jahr 1924, und zu DDR-Zeit­en wurde der Titel nur ein­mal in den 60er-Jahren
ver­liehen, an einen Antifaschis­ten. “Wir nehmen die Sache sehr ernst”, sagt
der amtierende Bürg­er­meis­ter Thomas Fen­gler. Es werde geprüfen, ob Hitler
wirk­lich Ehren­bürg­er war, und wenn ja, ob ihm der Titel bere­its zu
DDR-Zeit­en aberkan­nt wurde. 

In der Naz­izeit erk­lärten die meis­ten größeren deutschen Städte den Diktator
zum Ehren­bürg­er — meist schon 1933. In Mainz wurde noch 2002 gestrit­ten, ob
die Würde, die nur auf Lebzeit ver­liehen war, dem Toten aberkan­nt werden
muss. Sie wurde. In Berlin, wo Hitler gemein­sam mit Hin­den­burg 1933 ernannt
wurde, erfol­gte die Stre­ichung gle­ich nach dem Krieg. 

Neu­rup­pin ver­lieh den Titel wie viele andere Städte gle­ich an Hitlers erstem
Geburt­stag nach der Machtüber­gabe an ihn. Die Märkische Zeitung von damals
berichtet, wie die Neu­rup­pin­er ihn in einem pom­pösen Fes­takt mit
Gottes­di­enst am Kriegerdenkmal huldigten. 

“Wenn das stimmt, müssen wir ihn schle­u­nigst von der Liste stre­ichen”, sagt
der Grü­nen-Poli­tik­er Brose. Dass die gerüchtweise bekan­nte Ehrenbürgerschaft
Hitlers nie geprüft wurde, liege wohl daran, dass der Titel in der Stadt
keine wirk­liche Tra­di­tion hat und ein­fach in Vergessen­heit geriet. 

Hitlers Schat­ten ist lang und es gibt noch viel Arbeit, nicht nur für
Heimatforscher.

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Abschieber drohen Roma

(TAZ, 21.10.) COTTBUS epd Eine seit 1991 in Deutsch­land lebende Roma-Fam­i­lie aus dem
Koso­vo soll aus Bran­den­burg abgeschoben wer­den. Der 18-jährige Faton Berisha
sei bere­its seit zwei Monat­en in Abschiebe­haft in Eisen­hüt­ten­stadt, teilte
der Flüchtlingsrat Bran­den­burg gestern mit. Der herzkranke Vater und zwei
Geschwis­ter wür­den zur Vor­bere­itung der Ausweisung im Aufnahmelager
festgehalten. 

Nach einem Abkom­men zwis­chen der Bun­desregierung und der
Koso­vo-Über­gangsver­wal­tung Unmik vom März 2003 dürften Roma jedoch aufgrund
der Gefährdung als Min­der­heit nicht dor­thin abgeschoben wer­den, hieß es.
Dies sei der Fam­i­lie auch vom Bun­de­samt für die Anerken­nung ausländischer
Flüchtlinge bestätigt wor­den. Der Flüchtlingsrat hat auch das UNHCR um Hilfe
angerufen.

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DVU erhält erneut Ausschussvorsitz

(MAZ, 21.10., Igor Göld­ner) POTSDAM Die DVU wird erneut den Vor­sitz in einem der 13 Fachauss­chüsse des Landtags
übernehmen. Darauf einigte sich gestern das neue Land­tagsprä­sid­i­um. Der DVU,
die sechs Abge­ord­nete im Par­la­ment hat, ist der Auss­chuss für Infrastruktur
und Rau­mord­nung zugeteilt wor­den, der frühere Bau- und Verkehrsausschuss.
Diesen Auss­chuss leit­ete die recht­sex­treme Partei mit ihrer
Frak­tionsvor­sitzen­den Liane Hes­sel­barth bere­its in der vorigen Wahlperiode. 

Die SPD wird als stärk­ste Kraft im Land­tag wie bis­lang fünf Ausschüsse
leit­en. Den Vor­sitz im wichtig­sten Auss­chuss, dem Haup­tauss­chuss, übernimmt
tra­di­tionell der Frak­tion­schef der größten Frak­tion, für die SPD der neue
Vor­sitzende Gün­ter Baaske. Außer­dem dür­fen die Sozialdemokrat­en die
Auss­chüsse für Wirtschaft, Wissenschaft/Forschung/Kultur, Haushaltskontrolle
und Europaan­gele­gen­heit­en leiten. 

Die oppo­si­tionelle PDS erhält den Zuschlag für vier Auss­chüsse — das ist
ein­er mehr als bis­lang. Dafür muss die CDU, die bei der Land­tagswahl hinter
der PDS auf Platz drei lan­dete, einen Auss­chuss abgeben und leit­et künftig
nur noch drei Auss­chüsse. Als größte Oppo­si­tions­frak­tion ste­ht der PDS der
Vor­sitz im Haushalts- und Finan­zauss­chuss zu. Sie erhält dies­mal auch den
Innenauss­chuss, den wahrschein­lich der Pots­damer PDS-Abge­ord­nete Hans-Jürgen
Schar­fen­berg übernehmen wird. Den Vor­sitz im Innenauss­chuss hat­te seit 1990
stets die SPD. Die PDS wird auch den Auss­chuss für Arbeit und Soziales
leit­en sowie den Peti­tion­sauss­chuss. Die CDU übern­immt drei Auss­chüsse: für
Recht, Bil­dung und ländliche Entwick­lung (bish­er Agrarausschuss).

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Sich den Neonazis in den Weg

Pots­dam - Etwa 5000 Bürg­er aus Pots­dam und der Umge­bung wären ide­al, erk­lärte Jörg Fis­ch­er auf der gestri­gen Pressekon­ferenz zu den geplanten Aktio­nen gegen die angemeldete Neon­azi-Demon­stra­tion am 30. Okto­ber in Pots­dam. 5000 Bürg­er die sich an diesem Tag spätestens um 10 Uhr vor dem Haupt­bahn­hof ver­sam­meln, die Wege versper­ren und mit dieser Form des gewalt­freien „zivilen Unge­hor­sams“ den geplanten Marsch der Recht­sradikalen in die Stadt ver­hin­dern kön­nten. Denn wenn die Polizei fest­stellen muss, dass die Demon­stra­tion unter diesen Umstän­den nicht durchzuführen sei, erk­lärte Fis­ch­er, dann müsste sie den Auf­marsch been­den, ohne das „die Nazis auch nur einen Zen­time­ter vor­angekom­men“ seien.

Unter dem Mot­to „Pots­dam beken­nt Farbe! Gemein­sam für Tol­er­anz, Gewalt­frei­heit und ein friedlich­es Miteinan­der“ hat­te das Pots­damer Aktions­bünd­nis, beste­hend aus ver­schiede­nen Vere­inen und der Stadt, zum gewalt­freien Protest­marsch aufgerufen. Am 30. Okto­ber, um 12.30 Uhr, soll der Demon­stra­tionszug am Platz der Ein­heit starten und teil­weise die Strecke des Neon­azi­auf­marsches, die auch am ehe­ma­li­gen Stan­dort der Gar­nisonkirche vor­bei führen soll, nachge­hen. Sozial­beige­ord­nete Elona Müller betonte, dass dieser Protest vor allem gewalt­frei bleiben müsse. Denn Ran­dale würde nur den Nazis nützen. Diese Befürch­tung kon­nte Jörg Fis­ch­er bestätigen.

Fis­ch­er, der seit seinem 13. Leben­s­jahr in der recht­en Szene unter anderem als Mit­be­grün­der der DVU und Führungskad­er der NPD aktiv war und seit seinem Ausstieg vor neun Jahren Aufk­lärung über die Struk­turen der recht­en Szene betreibt, erk­lärte, dass dies eines der Ziele der Demon­stra­tion sei. Von dem bekan­nten Neon­azi Chris­t­ian Worch angemeldet, soll hier unter dem Mot­to „Gegen Het­ze und Ter­ror von Links“ provoziert wer­den. Nach dem Mot­to „Kampf um die Straße“ wer­den von Worch bewusst Städte oder Stadt­teile aus­ge­sucht, die unter anderem stark von ein­er linken Kul­tur geprägt sind. Ein selb­st­be­wusst-arro­gantes Auftreten, dass der eige­nen Szene als Erfol­gser­leb­nis dienen und bei den Anwohn­ern durch regelmäßige Wieder­hol­ung eine Art „Gewöh­nungsef­fekt“ erre­ichen solle.

Kri­tik an der geplanten Demon­stra­tion „Pots­dam beken­nt Farbe“ übten vor allem Vertreter des Arbeit­skreis­es Antifa Pots­dam. Sie nan­nten diesen einen „zahn­losen Protest“ und ein „buntes Begleit­pro­gramm“, da hier keine direk­ten Aktio­nen gegen die marschieren­den Nazis zu erwarten seien.

Darauf ange­sprochen erk­lärte Jörg Fis­ch­er, dass er zwar nicht für die Stadt Pots­dam antworten könne, Gegen­demon­stra­tio­nen in Berlin und Köln aber gezeigt hät­ten, dass mit „zivilem Unge­hor­sam“, dem spon­ta­nen Beset­zen von Plätzen und Straßen, gewalt­frei Nazi­aufmärsche ver­hin­dert wer­den kon­nten. Seinen Vorschlag für Pots­dam beze­ich­nete auch Elona Müller als „faszinierend“, betonte aber, dass es sich hier um ihre „per­sön­liche“ Mei­n­ung handle.

Lutz Boede von der Frak­tion die Andere äußerte eben­falls Kri­tik. Das einige der anwe­senden Vere­ine dieses interne Gespräch als „Kum­merkas­ten“ hin­sichtlich fehlen­der finanzieller Unter­stützung und „Wer­bung in eigen­er Sache“ miss­braucht­en, befremdete ihn sehr. Gegenüber den PNN äußerte Boede Befürch­tun­gen, dass der aus­geprägte Hang der ver­schiede­nen, nicht im Aktions­bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ einge­trete­nen Vere­ine zu Einze­lak­tio­nen die geplanten Protes­tak­tio­nen am 30. Okto­ber wirkungs­los machen könnten.

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Bürger wollen Farbe bekennen

Pots­dam - Das Bünd­nis gegen die recht­sradikale Demon­stra­tion, die am 30. Okto­ber durch die Pots­damer Innen­stadt führen soll, nimmt konkrete For­men an. Auf ein­er Pressekon­ferenz in der Stadt- und Lan­des­bib­lio­thek stellte gestern die Beige­ord­nete für Soziales Elona Müller die Pla­nun­gen der Pro­jek­t­gruppe für eine Gegen­demon­stra­tion vor. Ziel sei es, unter dem Mot­to “Pots­dam beken­nt Farbe” möglichst viele Bürg­er auf die Straße zu brin­gen, um ein Zeichen gegen braune Parolen und recht­es Gedankengut zu set­zen, sagte Müller. Wichtig­stes Anliegen des bre­it gefächerten Bünd­niss­es sei die Gewalt­frei­heit, anson­sten spiele man den Recht­en in die Hände. Deshalb werde es keine direk­te Kon­fronta­tion mit den recht­en Demon­stran­ten geben.

Die vom Ham­burg­er Neon­azi Chris­t­ian Worch organ­isierte Kundge­bung soll ab 12 Uhr vom Haupt­bahn­hof über die Bre­ite Straße zum Bran­den­burg­er Tor und zurück zum Bahn­hof führen.

Das Pots­damer Bünd­nis wird sich um 12.30 Uhr auf dem Platz der Ein­heit tre­f­fen. und eine “Teil­strecke des von den Neon­azis genutzten Weges zurück­le­gen, um deut­lich zu machen, dass wir hier kein faschis­tis­ches Gedankengut dulden”, heißt es in dem Bürg­er­aufruf der Organ­isatoren. Man werde den Neon­azis aber nicht fol­gen, son­dern sie bewusst ins Leere laufen lassen, sich abwen­den und auf einem deut­lich anderen Weg wieder zum Platz der Ein­heit zurückkehren.

Der Platz der Ein­heit dürfte bewusst als Ver­samm­lung­sort gewählt sein, schließlich ist das Bünd­nis bemüht, die ganze Stadt zu repräsen­tieren. Zu den Unter­stützern gehören neben Min­is­ter­präsi­dent Math­ias Platzeck, Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm, Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs und anderen Stadt­poli­tik­ern auch Orts­bürg­er­meis­ter, Gew­erkschaften, Bürg­erini­tia­tiv­en und Jugend­pro­jek­te. Auch die im Arbeit­skreis Christlich­er Kirchen organ­isierten Kirchen ste­hen hin­ter dem Aufruf und wollen durch das Läuten der Kirchen­glock­en die Kundge­bung der Recht­en stören.

Zwei antifaschis­tis­che Grup­pierun­gen wollen am 30. Okto­ber mit eige­nen Ver­anstal­tun­gen gegen den Nazi­auf­marsch protestieren. Sie wer­fen dem Bürg­er­bünd­nis vor, nicht den Mut zu haben, sich den Nazis entschlossen ent­ge­gen zu stellen und pla­nen selb­st Aktio­nen des zivilen Unge­hor­sams. Eine Genehmi­gung der von ihnen geplanten Ver­anstal­tun­gen ste­ht noch aus.

“Eine direk­te Kon­fronta­tion mit den Recht­en ist tat­säch­lich eine gute Idee, aber eben nur, wenn sie gewalt­frei bleibt, und das ist nicht gewährleis­tet”, begrün­dete Müller die Hal­tung des Bündnisses.

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