Mehr als 100 Bernauer gedachten gestern der Opfer des Pogromen
Bernau: Erstmals seit der Wende gab es gestern Abend in Bernau eine
Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht des 9. November 1938. Nach der
Eröffnung durch Jugendliche des evangelischen Vereins “Offene Hütte”
sang Elisabeth Kunze aus Lobetal auf dem Marktplatz “Es brennt Brüder,
es brennt” und “Soll ein Scholem” , zwei jüdische Lieder die unter dem
Eindruck eines Pogromes enstanden. Proffessor Carl-Jügen Kalterborn
erzählte die Geschichte “Enkel November”. Unter Klängen des Bläserchor
St. Marien schritten die Teilnehmer mit Lichtern in die Brauerstraße, wo
es bis 1892 eine Synagoge gab. Vor der Gedenktafel wurde an die aus
Bernau verschleppten jüdischen Familien erinnert.
Monat: November 2004
Aufmarsch am Soldatenfriedhof
(MAZ) HALBE Zum zweiten Mal seit 1991 könnten am kommenden Sonnabend anlässlich des
Volkstrauertags Hunderte Neonazis am größten deutschen Soldatenfriedhof in
Halbe (Dahme-Spreewald) aufmarschieren. Sollten die Gerichte mit Verweis auf
das Grundrecht der Versammlungsfreiheit die Kundgebung genehmigen, erwartet
die Polizei eine größere Demonstration als im vergangenen Jahr, so der
Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder), Peter Salender. Im November
2003 hatten sich etwa 600 Rechtsextreme in Halbe versammelt. Die Polizei
hat, wie in den Vorjahren, die diesjährige Kundgebung der Neonazis unter dem
Motto “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten und den €päischen
Freiwilligen” zunächst verboten.
Nach Salenders Angaben rechnet die Polizei neben bis zu 800 Rechtsextremen
mit etwa 2500 Gegendemonstranten. Um gewalttätige Ausschreitungen wie vor
zwei Wochen in Potsdam zu unterbinden, sei das Kontingent der
Polizeibeamten, die aus Brandenburg und drei weiteren Ländern stammen,
“deutlich aufgestockt” worden. In Potsdam waren etwa 1200 Beamte im Einsatz
gewesen, 18 waren von militanten Linksextremisten verletzt worden.
Bei der Kundgebung in Halbe wird sich die Polizei nicht nur auf Attacken
links‑, sondern auch rechtsextremer Demonstranten vorbereiten. Nach der
Erfahrung von Potsdam, als die Neonazis entgegen ihrer Planung auf ihren
Marsch durch die Innenstadt verzichteten und sich mit einer Ausweichstrecke
begnügen mussten, hat das Aggressionspotential unter den Rechtsextremen
möglicherweise zugenommen.
Nach Einschätzung des brandenburgischen Verfassungsschutzes verfolgen die
Neonazis mit ihren Kundgebungen in Halbe eine Strategie. Die
Rechtsextremisten um den 48 Jahre alten Hamburger Christian Worch, der auch
Versammlungsleiter der Potsdamer Demonstration war, würden versuchen, “sich
den Waldfriedhof Halbe symbolisch anzueignen”. Erprobt worden und
aufgegangen sei Worchs Konzept bereits bei den Kundgebungen in Wunsiedel
(Bayern). Im Jahr 2001 seien 900 Neonazis am Grab von Hitlers Stellvertreter
Rudolf Heß aufmarschiert, ein Jahr später seien es bereits 2000
Rechtsextremisten gewesen. Vermutlich ist dieser Prozess in Halbe jedoch
zumindest unterbrochen worden. Auf dem Parkplatz vor dem Waldfriedhof können
die Rechtsextremen in diesem Jahr keine Blumen und Kränze mehr niederlegen.
Der Parkplatz wurde vor zwei Wochen als Teil des Friedhofs eingefriedet und
ist nun für Demonstrationsteilnehmer tabu.
Für die Gegendemonstranten ist dies längst kein Grund zur Genugtuung. “Man
kann den Braunen doch nicht die Straße überlassen”, betonte Karin Weber. Die
Kreisvorsitzende der PDS im Landkreis Dahme-Spreewald ist eine der
Initiatoren des friedlichen Gegenprotests. Weber hatte auch schon im Jahr
2002 gegen Rechtsextremismus demonstriert, als das Bundesverfassungsgericht
die Kundgebung der Neonazis in Halbe letztinstanzlich verboten hatte. Nach
diesem Urteil, analysierte damals der Verfassungsschutz, dürften
“Heldengedenkfeiern” in Halbe “ein für alle Mal der Vergangenheit
angehören”.
Der Versuch, den Volkstrauertag in “Heldengedenktag” umzubenennen, geht auf
die Nationalsozialisten zurück. Am “Heldengedenktag” 1940 präsentierte
Hitler die Gefallen des Ersten Weltkriegs als Vorbilder, die “bereit waren,
sich selbst aufzugeben, um der Gemeinschaft das Leben zu erhalten”.
Polizei untersagt Aufmarsch Rechtsradikaler in Halbe
Verwaltungsgericht muss nun über Verbot entscheiden
(Berliner Zeitung, Katrin Bischoff) HALBE/FRANKFURT (ODER). Das am Vortag des Volkstrauertages für kommenden
Sonnabend geplante “Heldengedenken” von Rechtsradikalen vor dem Waldfriedhof
in Halbe (Dahme-Spreewald) ist von der Polizei verboten worden. In der
Begründung heißt es, der Friedhof strahle mit seiner Bedeutung auf den
gesamten Ort aus. Das sei mit einem solchen Aufmarsch nicht zu vereinbaren.
Der Anmelder, der Hamburger Neonazi Lars J., hat gegen das Verbot Klage beim
Verwaltungsgericht Cottbus eingereicht. “Die Kammer wird vermutlich am
Dienstag darüber entscheiden”, sagte Gerichtssprecher Matthias Vogt am
Montag.
“Sollte das Gericht das Verbot aufheben, werden wir weitere rechtliche
Schritte einleiten”, sagte Peter Salender, der Sprecher des
Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder). Das bedeutet, dass dann das
Oberverwaltungsgericht in letzter Instanz über ein Verbot entscheiden wird.
Sollte der Aufmarsch erlaubt werden, so sei die Polizei vorbereitet. “Wir
werden mit deutlich mehr Beamten als im Vorjahr in Halbe vertreten sein”,
sagte Salender. 2003 waren rund 1 200 Polizisten in Halbe im Einsatz.
Laut Polizei gibt es für Sonnabend drei angemeldetete Gegendemonstrationen:
zwei von der PDS, eine von einer linken Gruppe. “Wir rechnen für den Fall,
dass der Aufmarsch genehmigt wird, mit 600 bis 800 Rechtsradikalen und 2 500
Gegendemonstranten”, sagte Salender. Ziel der Polizei werde es sein, beide
Lager örtlich streng voneinander zu trennen. Zudem seien für den
rechtsradikalen Aufmarsch bereits Auflagen erteilt worden. So sei das Tragen
von Uniformstücken nicht gestattet. “Auch Kränze und Blumengebinde sind
nicht erlaubt, ebenso das Laufen im Gleichschritt sowie Marschmusik”, sagte
Polizeisprecher Salender.
Zudem dürfen die Teilnehmer der rechtsradikalen Demonstration auch nicht
mehr bis zum einstigen Parkplatz vor dem Waldfriedhof laufen, um dort ihre
Abschlusskundgebung durchzuführen. “Der Platz wurde umgewidmet, ist nun
selbst Teil des Friedhofes. Daher wird der Aufmarsch schon sehr viel eher
enden”, sagte der Polizeisprecher.
Der Waldfriedhof in Halbe ist der größte Soldatenfriedhof in Deutschland.
Auf ihm sind etwa 22 000 Sodaten und Zivilisten bestattet, die im Frühjahr
1945 bei einer der letzten Kesselschlachten des Zweiten Weltkrieges ums
Leben kamen. Nachdem dort zehn Jahre lang rechtsradikale Aufmärsche verboten
worden waren, durften im vorigen Jahr erstmals wieder rund 600
Rechtsradikale durch Halbe ziehen. Laut Polizei haben Rechtsradikale bereits
bis zum Jahr 2020 Aufmärsche in Halbe angemeldet.
Schwedt (ei/MOZ) Die Polizei ermittelt in Schwedt wegen Volksverhetzung. Wie
sie gestern berichtete, hatten in der Nacht zum Sonntag zwei
Diensthundführer in der Nähe des alten Marktes sehr laute Musik gehört.
“Schnell stellten die Polizisten fest, dass die Musik aus einer Wohnung
eines Mehrfamilien-Wohnblocks drang und offenbar auch die Nachbarn störte”,
so ein Sprecher gestern. Es sei auch zu erkennen gewesen, dass es sich um
rechtsradikale Musik handele. Teilweise hätten mehrere Personen mitgesungen.
In der fraglichen Wohnung fand die Polizei drei Männer im Alter von 32 und
36 Jahren vor, die unter Alkoholeinwirkung standen. Sie beschlagnahmte eine
auf dem Index stehende CD der Gruppe Landser und stellten einen Recorder
sicher. Die beiden Freunde des Wohnungsmieters erhielten Platzverweise. “Die
Tatverdächtigen müssen mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen”, sagte der
Sprecher. Beamte der Schwedter Wache hatten den Einsatz der beiden
Diensthundführer unterstützt. Vor Ort bestätigte sich für sie der Verdacht
von Straftaten. Die Polizei ermittelt nun wegen Volksverhetzung und dem
Tagen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Holocaust-Überlebender Max Schindler wurde vor 66 Jahren in Cottbus verhaftet
An den Tag seiner Verhaftung kann sich Max Schindler noch genau erinnern.
Der damals neunjährige Junge war ebenso ahnungslos wie seine Eltern und die
beiden Geschwister, als sie am 28. Oktober 1938 in Cottbus inhaftiert
wurden. “Ich wurde von der Gestapo in der Schule abgeholt”, sagt Max
Schindler, der heute im kalifornischen San Diego an der Westküste der USA
lebt. Noch am selben Tag wurde die jüdische Familie mit dem Zug nach Polen
abgeschoben. Bisher war in Cottbus nicht bekannt, dass es einen
KZ-Überlebenden gibt, der aus der Spreestadt stammt.
Herbst in Kalifornien. Die Sonne brennt vom Himmel und das Thermometer zeigt
25 Grad. Max Schindler sitzt braungebrannt am Wohnzimmertisch in San Diego,
nahe der mexikanischen Grenze. Die Tätowierung “KL” am rechten Unterarm ist
deutlich zu sehen, bekommen hat er sie in einem Konzentrationslager in
Polen. Max Schindler blättert hastig in seinen Unterlagen. Es sind die
verbliebenen Bruchstücke seiner Vergangenheit. Auf einem Blatt hat er
handschriftlich die Konzentrations- und Arbeitslager notiert, in denen er
zwischen 1942 und 1945 war: Bedzieszyna, Mielec, Wieliozke, Krakau-Plaszow,
Zschach witz bei Dresden und das tschechische Theresienstadt. Arbeiten
musste er dort unter unmenschlichen Bedingungen.
Papierene Erinnerungen
Ein anderer Zettel ist vom Internationalen Suchdienst. Mitte der 50er-Jahre
bekam er das Schreiben. Dort ist der Verbleib seiner Mutter notiert. Sie sei
im Januar 1944 im Lager Stutthof bei Danzig verstorben. “Herzversagen,
allgemeine Körperschwäche”, steht dort als Todesursache. Max Schindler
schüttelt den Kopf, während er holperig die deutschen Worte vorliest.
Ansonsten spricht er nur Englisch. Ein anderes Papier ist vom Landesamt zur
Regelung offener Vermögensfragen in Brandenburg. Dort wird erklärt, dass der
Weinhändler Benjamin Schindler Konten bei der Stadtsparkasse Cottbus und der
Dresdner Bank hatte. Unterlagen, die eine Auskunft über die Höhe der Konten
geben könnten, seien trotz intensiver Recherche nicht ausfindig zu machen
gewesen. Ein Anspruch auf Entschädigung bestehe nicht, heißt es in dem
Bescheid.
Vor einigen Jahren engagierte Max Schindler einen Bremer Rechtsanwalt, gab
ihm einige hundert Dollar. “Herausgekommen ist bisher nichts”, sagt Max
Schindler. Eine Wiedergutmachungsrente haben er und seine Frau von der
Bundesrepublik zugesprochen bekommen, als sie nachweisen konnten, dass sie
körperliche Schäden davongetragen haben. “Wir hatten beide Tuberkulose”,
sagt Max Schindler. Ohne Papiere sei es schwer möglich, Ansprüche auf das
verlorene Vermögen der Familie geltend zu machen.
Als er 1945 in Theresienstadt von den Russen befreit worden ist, habe er
nichts weiter als “the skin on my bones” besessen. Ganz langsam wiederholt
er es: “Nichts weiter als die Haut auf den Knochen.” Er litt an Typhus, wie
fast das ganze Lager. Erst nach vier Wochen erholten er und sein Bruder
Alfred sich von der Krankheit. Der Vater Benjamin Schindler starb, mit nur
46 Jahren. “Ich konnte noch einige Male durch das Fenster der Krankenbaracke
mit ihm sprechen.” Eines Tages sei er dann weg gewesen, beerdigt in einem
Massengrab.
Abkehr von der Religion
Zum Mittagessen tischt Rose Schindler Bagels mit Lachsschinken, Frischkäse,
Tomaten und Zwiebeln auf — eine jüdische Mahlzeit. “Die Religion spielt für
uns keine Rolle”, sagt Rose Schindler. “Wie soll man an einen Gott glauben,
der das alles zugelassen hat?”, fragt sie, während sie den Pullover
hochschiebt und ihre tätowierte Nummer auf der Innenseite des linken
Unterarms zum Vorschein kommt. Nach Auschwitz-Birkenau sei die neunköpfige
Familie 1944 aus einer tschechischen Kleinstadt deportiert worden. “Meine
Mutter und zwei Geschwister kamen sofort ins Gas.” Dann schweigt sie. Das
Telefon klingelt, Rose Schindler nimmt ab, man hört eine dunkle Stimme durch
den Hörer. “Das ist eine Freundin, die war auch im Lager”, sagt Max
Schindler. “Fast alle unsere Freunde waren im Lager.” Die Leiden und
Demütigungen, die sie erfahren haben, können sie kaum mit anderen teilen.
1951 in die USA emigriert
Max Schindler kam mit einem Kindertransport nach England, dort lernte er
seine Frau kennen. Das Paar heiratete 1950, ein Jahr bevor es in die USA
emigrierte. Nach Cottbus zog es Max Schindler erst Jahrzehnte später zurück.
“Ich wollte das noch einmal sehen”, sagt er.
1981 reiste er mit seiner Frau nach Theresienstadt und flog anschließend
nach Ost-Berlin. Es sei eine seltsame Atmosphäre gewesen. Am Flughafen ließ
man sie erst einreisen, nachdem alle Fluggäste abgefertigt worden waren.
Auch sei es schwierig gewesen, einen Taxifahrer aufzutreiben, der die Fahrt
von Berlin nach Cottbus auf sich nahm. “Wenn sie von seinem Beruf erfahren
hätten, wären wir sicher als Spione verhaftet worden”, sagt Rose Schindler.
Ihr Mann war seinerzeit als Computerfachmann bei einem Rüstungsunternehmen
beschäftigt.
In Cottbus — auf den Spuren seiner ersten neun Lebensjahre — sprach er mit
niemandem. Max Schindler zeigt einige unscharfe, dunkle Fotos. “Mit dem
Finger deutet er auf eines. Das Straßenschild “Marienstraße” ist zu sehen.
“Da haben wir in der Nummer 19 gewohnt. Vorher hatten wir eine Wohnung in
der Calauer Straße.” Der Vater habe in der Dresdener Straße eine
Weinhandlung besessen, die ihm Mitte der 30er-Jahre von den
Nationalsozialisten abgenommen wurde. Weder an die Hausnummer noch an die
genauen Umstände der Enteignung des Geschäftes kann sich Max Schindler
erinnern. Sowieso, die Erinnerungen an Cottbus sind nur noch bruchstückhaft.
Es habe eine Schokoladenfabrik gegeben. Auch das große jüdische Kaufhaus
Schocken ist ihm präsent.
Der Name seiner Schule, die “irgendwo in der Nähe der Marienstraße war”,
fällt ihm nicht mehr ein. Am 28. Oktober 1938 wurde er dort von der Gestapo
verhaftet. Samt Schwester, Bruder und Eltern wurde er eingesperrt, ehe sie
zum Bahnhof geleitet und nach Polen verfrachtet wurden. Heinrich Himmler,
Reichsführer der SS, hatte die Anordnung zur Abschiebung erteilt, da die
polnische Regierung plante, allen im Ausland lebenden Juden die
Staatsangehörigkeit abzuerkennen.
Mit dem Zug nach Czchow
Max Schindlers Vater, Benjamin Schindler, hatte noch den polnischen Pass.
Seine Familie war in der 20er-Jahren nach Cottbus gekommen. Mit dem Zug ging
es für sie 1938 in das Dorf Czchow bei Krakau, wo noch Verwandte lebten.
Hier erlebte die Familie auch den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Wie viele
Juden aus Cottbus abgeschoben wurden, weiß Max Schindler nicht. “Der Zug war
schon voll, als er am Bahnhof eintraf.”
Nach Unterlagen des Cottbuser Stadtarchivs waren es 43 polnische Juden aus
der Stadt. Nach einer Zählung der Staatspolizeistelle Frankfurt (Oder) gab
es ein Jahr zuvor 499 jüdische Menschen in Cottbus. Für sie waren nur einige
Tage später mit der “Reichskristallnacht” die Tage in Cottbus gezählt. Über
300 von ihnen hatten bereits die Stadt verlassen. Im Sommer 1942 wurden die
letzten noch verbliebenen Juden deportiert. Erst 1998 wurde eine
Erinnerungstafel am Platz der ehemaligen Synagoge eingeweiht.
Die Ereignisse sind für Max Schindler immer noch präsent. “Er träumt fast
jede Nacht und quält sich”, sagt Rose Schindler. “Es gibt Sachen, die sind
auch nach 60 Jahren noch nicht beendet”, sagt Max Schindler. Besonders hart
habe es den Bruder getroffen, der ebenfalls in San Diego lebte und 1991
gestorben ist. “Er hatte keine Haare mehr und hat auch nie geheiratet”,
erzählt Max Schindler. Ein halbwegs normales Leben sei ihm trotz des
Überlebens nicht vergönnt gewesen.
Über ihre Erlebnisse konnten die Schind
lers Jahrzehnte nicht sprechen, schon
gar nicht in der Öffentlichkeit. Erst als ein Sohn in der Schule das
Tagebuch der Anne Frank gelesen habe, da sei sie vom Lehrer gefragt worden,
ob sie als Holocaust-Überlebende nicht darüber berichten wolle, erklärt
Rose. Seither mache sie dies gelegentlich.
Max Schindler erzählt, dass er nie damit gerechnet habe, überhaupt das
Rentenalter zu erreichen. Jetzt fühlt er sich körperlich gut. Er könne sich
unter Umständen sogar vorstellen, noch einmal nach Cottbus zu kommen. “Wenn
es eine offizielle Einladung gibt, werde ich darüber nachdenken.” “Max ist
am liebsten draußen in der Sonne”, sagt seine Frau Rose. Obwohl der Pazifik
mit seinen schönen Sandstränden nur wenige Kilometer von ihrem Haus entfernt
ist, hat der 74-jährige Max Schindler vor einigen Jahren nach seiner
Pensionierung im Garten einen Swimming-Pool gebaut. “Für unsere Kinder”,
sagt die 75-Jährige. “Hitler hat es nicht geschafft, uns alle umzubringen”,
sagt sie, während sie die Familienbilder zeigt, die im ganzen Haus verteilt
hängen. Vier Kinder und neun Enkel haben sie und ihr Mann.
Hintergrund 9. November 1938
# Am 9. November 1938 wurden in fast allen deutschen Städten die Synagogen
niedergebrannt. Der Pogrom gegen die Juden wurde später als
“Reichskristallnacht” bezeichnet. Als Anlass für das Verbrechen diente den
Nationalsozialisten der Mord, den der aus Polen stammende Jude Herschel
Gryspan an einem deutschen Botschaftsmitarbeiter in Paris verübt hatte. Mit
knapp 2000 Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien vollzogen die
nationalsozialistischen Verbrecher die völlige Entrechtung der jüdischen
Menschen, die für viele mit ihrer Ermordung endete.
# Heute um zwölf Uhr wird in der Karl-Liebknecht-Straße in Cottbus am
Standort der 1902 errichteten und 1938 abgebrannten Synagoge der jüdischen
Opfer der Stadt gedacht. Die Stadt, die Deutsch-Israelische-Gesellschaft
sowie die neue jüdische Gemeinde veranstalten dieses Gedenken.
Die neue Cult ist da
Seit dem Wochendende ist die neue CULT da! Es ist immerhin schon die Nummer
13 und sie ist keine Katastrophe.
“Wanderungen” ist die Neue betitelt und erzählt auf die schon bekannte
satirische, lyrische, aber auch deutliche Art und Weise über die Ein- und
Auswanderungsregion Uckermark.
“Die Uckermark, so unsere klarste Erkenntnis, sit eine klassische Ein- und
Abwanderungsregion. Hier ein irgendwie geartetes “Deutsch”- Sein abzuleiten,
dürfte selbst hartgesottensten Nazis schwer fallen. Die gibt es in der
Uckermark trotzdem zur genüge und auch sie sind dem Wanderfieber verfallen.
Auch deshalb wandern viele andere Jugendliche eher aus- zu stressig die
ständigen Anfeindungen, der extreme Anpassungsdruck, ein “guter Uckermärker”
werden zu sollen.
Interessanterweise stellen solche Entwicklungen viele Jugendliche vor große
Umbrüche. Wer eine zeitlang weg war, wer weggewandert ist, wer das vorhat
und auch die, die mit Bauchschmerzen hier bleiben, haben sich viele Gedanken
darüber gemacht, was für sie nun “Heimat” ist, wie sie sich in der Fremde
fühlen und wie jetzt ihr Blick auf die Uckermark ist.
Was bleibt? Ein eher pessimistisches Bild, wie es weitergehen soll. Kreative
Ideen, wie sie Brandenburgische Kurfürsten oder DDR- Parteikader mal hatten,
durch Einwanderungen junger, motivierter Fremder die aktuelle Krise zu
überwinden, haben wir leider nicht gefunden.”
Wer mehr lesen und anschauen will:
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INFORIOT Die Umtriebe der Berliner Neonazi-Kameradschaft “BA-SO” sind auch für Antifas aus dem Land Brandenburg interessant. Zum einen sind die Berliner Rechtsextremen oft im Umland unterwegs, zum anderen arbeiten sie inzwischen in Berlin eng mit dem “Märkischen Heimatschutz” zusammen.
Nun ist eine Infobroschüre namens “Südost-Bote” erschienen, die umfangreich über die Aktivitäten der “BA-SO” informiert. Das Heft, vom “Bürgerbündnis Aktiv gegen Rechtsradikalismus Treptow-Köpenick” herausgegeben, kann hier heruntergeladen werden (PDF-Datei, 930 KB).
Passanten bemerken am frühen Samstag Abend Rauch im Erdgeschoss des Gebäudes
(MAZ, Joachim Wilisch) RATHENOW Ein Brandanschlag auf das Gebäude der Agentur für Arbeit beendete am Samstag
gegen 18.10 Uhr die bis dahin beschauliche Wochenendruhe in der
westhavelländischen Provinz.
Für die Nachbarn kaum zu hören zerbarsten die Scheiben eines Fensters im
Erdgeschoss rechts neben dem Haupteingang der Agentur für Arbeit in der
Rathenower Puschkinstraße. Plötzlich quoll Rauch aus dem Fenster. Das
bemerkten Passanten, die sofort Polizei und Feuerwehr informierten. Viel gab
es für die Brandschützer nicht mehr zu tun, als sie mit drei Einsatzwagen
gegen 18.20 Uhr in der Puschkinstraße eintrafen. Die Polizeibeamten hatten
bereits mit einfachem Löschgerät Erfolg.
Zwar rückte die Feuerwehr schnell wieder ab, doch für die Polizei begann
jetzt eine Arbeit, die sich bis in die Nacht hinein hinzog. Schnell fanden
die Beamten heraus, dass jemand einen Brandsatz durch die Fensterscheibe
geworfen hatte.
Die Kriminalpolizei und die Mitarbeiter der kriminaltechnischen
Spurensicherung wurden gerufen. Inzwischen traf Joachim Rader,
Geschäftsführer der Rathenower Agentur, ein. Später kam auch Knut Corte,
Chef der Agentur Neuruppin — die Rathenower Geschäftsstelle ist eine Filiale
— hinzu. Sie beobachteten, wie die Polizei im Inneren des Gebäudes Spuren
auswertete. Das besondere Interesse galt dem Brandsatz oder dem was davon
übrig war. Da das Gebäude am Samstag Abend üblicherweiser verlassen ist und
sich auch niemand in der unmittelbaren Nähe aufhielt, gab es keine
Personenschäden zu vermelden. “Das ist für mich zunächst die wichtigste
Erkenntnis”, sagte Rader — dem der Schreck über die Vorfälle ins Gesicht
geschrieben stand.
Hinweise auf den oder die Täter gab es bislang nicht. “So etwas haben wir
hier in Rathenow noch nicht erlebt”, sagte Rader.
Die Kriminalpolizei ermittelte zunächst in der Nachbarschaft des Gebäudes.
Allerdings ergaben sich aus den Fragen an die Anwohner keine Schlüsse auf
die Urheber des Brandanschlages.
Dass es sich um einen Brandsatz gehandelt hat, bestätigten sowohl Rader als
auch Corte, die sich gegen 21.30 Uhr mit einigen Polizeibeamten auf die
Polizeiwache Rathenow zurückzogen.
Der Fall sei sofort an das Polizeipräsidium Potsdam abgegeben worden,
erklärte am Sonntag in Nauen ein Sprecher des Polizeischutzbereiches
Havelland. Aus dem Präsidium gab es am Sonntag lediglich eine
Kurzmitteilung: ein Brand habe geringen Sachschaden verursacht. Die
Kriminalpolizei ermittele derzeit wegen des Verdachts der Brandstiftung.
“Mehr gibt es dazu nicht zu sagen”, erklärte ein Sprecher des Potsdamer
Präsidiums am Sonntag Nachmittag auf Nachfrage.
Die Glaser kamen in der Nacht
Größte Schäden am Agenturgebäude wurden sofort repariert
(MAZ) RATHENOW Knut Corte, Geschäftsführer des Bezirkes der Arbeitsagentur Neuruppin und
Joachim Rader, Chef der Agentur für Arbeit in Rathenow, schauen besorgt. Der
Brandanschlag auf das Gebäude der Agentur für Arbeit am vergangenen Samstag
(weiterer Bericht und Kommentar auf Seite 13) hat beiden gezeigt, wie
empfindlich die Agentur zu treffen ist. Der Brandsatz wurde in den
Technikraum geworfen. “Natürlich hätte das großen Schaden anrichten können”,
sagt Rader. Allerdings hatten weder Rader noch Corte nähere Hinweise zu der
Beschaffenheit der Brandsatzes. Möglicherweise war er nicht stark genug, um
größere Zerstörungen zu verursachen. Möglicherweise hat sich die volle
Wirkung aus anderen Gründen nicht entfaltet.
Wie ein schwarzes Loch wirkt das Fenster neben dem Haupteingang am Tag nach
dem Anschlag. Ein Sicherheitsdienst hat Posten bezogen. Noch in der Nacht
waren Glaser bestellt worden, die das zerstörte Fenster schlossen. Bei
näherem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass der Brandsatz den gesamten
Fensterrahmen zerstört hat. “Das wird so schnell wie möglich wieder in
Ordnung gebracht und sicher gemacht”, sagt Corte. Schaulustige machen Halt
und beobachten die Arbeit der Polizei. “Hier treiben sich ja ab und zu
finstere Gestalten herum”, sagt einer. Das Gelände ist an Wochenenden oder
Feiertagen verlassen. Hinter dem Gebäude der Agentur befindet sich eine
Kita, daneben das verlassene alte ROW-Feuerwehrgebäude.
War der Brandsatz ein gezielter Anschlag, waren es linke oder rechte
Chaoten? Hat sich jemand so sehr über Entscheidungen der Agentur geärgert,
dass er sich rächen wollte? Diese Fragen werden von der Polizei noch in das
Reich der Spekulationen verwiesen. Auch Joachim Rader hat keine Idee, wer
hinter dem Anschlag steckt. “Wir ermitteln”, lässt ein Polizeisprecher
mitteilen.
In der Rathenower Agentur für Arbeit sollen die Geschäfte heute ganz normal
fortgesetzt werden.
Die mordende Medizin
ORANIENBURG Es ist ein Wiedersehen nach neun Jahren. 1995 war Salomon Feldberg das
letzten Mal in Oranienburg. Auch gestern hatte der 77-Jährige die
beschwerliche Reise aus Buenos Aires in Kauf genommen: “28 Stunden waren wir
unterwegs.” Zusammen mit seiner Frau Mathilda ist er nach Sachsenhausen
gekommen. Freude schwingt mit. Er trifft alte Freunde, die sein
schreckliches Los der Inhaftierung im KZ geteilt haben. Salomon Feldberg war
mit auf dem Todesmarsch “bis Parchim”, erinnert er sich.
Der alte Herr aus Argentinien war einer von rund 300 Besuchern, die gestern
zur Eröffnung der Ausstellung “Medizin und Verbrechen — Das Krankenrevier
des KZ Sachsenhausen 1936 bis 1945” in die Gedenkstätte gekommen waren.
“Niemand kann die Verwandlung einer helfenden in eine mordende Medizin
besser schildern und bezeugen als Sie”, dankte Stiftungsdirektor Günter
Morsch den Zeitzeugen, die auch aus Hamburg, Frankreich, Israel, Norwegen
und den USA angereist waren. Im Vordergrund der Dauerausstellung steht die
Biographie von rund 100 Häftlingen, ihre Schicksale im KZ, sei es als
Pfleger, Patient, Versuchsopfer. Den weitaus größten Teil der gezeigten 1000
Exponate erhielt die Gedenkstätte von Überlebenden sowie von Angehörigen und
Freunden der Häftlinge. Kostbare, über 60 Jahre behütete Erinnerungsstücke,
die sie der Exposition überlassen haben. Auch dafür zollte Morsch seinen
Respekt. Und lud ein in die Ausstellung über eine schockierende “Medizin
ohne Menschlichkeit, eine Medizin der Auslese und Ausmerze, der
Verstümmelung, Vernichtung, der Menschenzüchtung und Experimente”.
Noch im März 1945 trafen hier Transporte mit Sinti und Roma aus Auschwitz
ein, erinnerte Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti
und Roma. Doch gehören Kopfmodelle und Masken von Häftlingen heute noch in
eine Ausstellung? Er meine: ja. “Sie zeigen den Prozess der Entmenschlichung
in einem Land, die in den KZ ihren Höhepunkt fand”, so Rose. Und er warnte
vor aktuellen Gefahren: Schon wieder reiche “das rassistische Menschenbild
bis in die Mitte der Gesellschaft”, betonte er unter dem Applaus von
Zuhörern. Die Ursachen für den Einzug rechtsextremer Parteien in die
Parlamente auf soziale Probleme und Umbrüche zu reduzieren, “kommt einer
Verharmlosung gleich”. Zugleich appellierte er an die Bundesregierung, das
Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin “nicht weiter zu
verzögern”. 1600 Überlebende erwarteten das. Walter Winter ist einer von
ihnen. Auch er erinnerte gestern an das “erst im Mai wiederholte
Versprechen” und warf Berlin Hinhaltetaktik vor.
“Die Bundesregierung verzögert den Bau nicht”, entgegnete
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Neben dem Mahnmal für die
jüdischen Holocaust-Opfer “sollen auch die Sinti und Roma ihre Erinnerung
finden”. Denn angesichts des Wiedererstarkens rechtsradikaler Gruppierungen
sei es besonders wichtig, das Wissen um die Nazi-Verbrechen wachzuhalten.
Salomon Feldberg bleibt bis Dienstag in Berlin und Oranienburg. Dann reist
er über Österreich nach Israel weiter, wo der Sohn und seine drei Enkel
leben. “1995 wie auch heute habe ich hier andere Deutsche gesehen. Die
jetzige Generation ist nicht mehr die von 1933 bis 45. Nur deshalb bin ich
zurückgekommen. Nur deshalb.”
Die Stadt und das Lager
Erstmals widmet sich eine Ausstellung dem Verhältnis zwischen Oranienburg
und dem KZ Sachsenhausen
(Tagesspiegel, Claus-Dieter Steyer) Oranienburg. “Kaninchen schlachten konnte er nicht, aber Menschen.” So
erinnerte sich eine Frau aus Oranienburg an einen ihrer Nachbarn. Jener Mann
wurde der “Eiserne Gustav” genannt — von Häftlingen des KZ Sachsenhausen.
Der SS-Mann fiel hier durch seine Brutalität auf. Mehrere Menschen kamen
durch ihn zu Tode. Gewohnt hat der SS-Mann ganz bieder in einem der
Siedlungshäuser rund um das Lager. Dort gab er sich so, als könne er keiner
Fliege etwas zuleide tun oder ein Kaninchen schlachten. Erst nach Kriegsende
und der Befreiung des Lagers erfuhren die Nachbarn von seinem wahren
Charakter. Das jedenfalls behaupteten sie gegenüber Historikern. Die
Erinnerungen dieser Nachbarn und anderer Zeitzeugen sind die wertvollsten
Zeugnisse in der kürzlich eröffneten Ausstellung der Gedenkstätte
Sachsenhausen “Die Stadt und das Lager”.
Während die Besucher den Berichten der Oranienburger unter Kopfhörern
lauschen, fällt der Blick durch Sehschlitze auf die Umgebung des KZ. Da
stehen Einfamilienhäuser und in der Ferne ein Schornstein. Alles zum Greifen
nah. Zwischen dem Lager und der Stadt kann es also zwischen 1936 und 1945 ni
e eine hermetische Abgrenzung gegeben haben. Im Gegenteil, die
Siedlungshäuser wurden extra für die SS-Angehörigen errichtet. In den
Fabriken und beim Straßenbau arbeiteten Dutzende Häftlingskommandos, die
durch den Ort marschieren mussten. Regelmäßig gab es Führungen durch das KZ,
oft legte sich tagelang beißender Qualm aus dem Krematorium über die Stadt.
Die Ausstellung zeigt überzeugend, wie viel die Oranienburger über die
Vorgänge im KZ gewusst haben müssen. Es gab aber nicht nur Schweigen oder
billigendes Hinnehmen der Zustände. Oranienburger steckten Häftlingen Brot
oder Tabletten zu, nahmen Briefe entgegen oder halfen ihnen oft unter dem
Einsatz ihres eigenen Lebens. Nicht wenige bezahlten diese Menschlichkeit
mit der Einlieferung ins KZ und dem späteren Tod.
Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten wollte Mitte der neunziger Jahre
die SS-Siedlungen unter Denkmalschutz stellen. Doch ein unerwarteter
Proteststurm verhinderte das, ähnlich erging es dem SS-Truppenlager direkt
am Lager. Ein internationaler Architektenwettbewerb brachte viele Ideen -
die Stadt favorisierte schließlich einen Entwurf von Daniel Libeskind, der
in einem von Wasser umspülten großen Gebäuderiegel viele öffentliche
Einrichtungen und ein Museum unterbringen wollte. Hier verwahrte sich der
Denkmalschutz gegen einen zu starken Eingriff. Das Gelände lag viele Jahre
brach, bis jetzt der Umbau der Kasernen in die neue Polizeifachschule
begann. Dennoch wird in der Stadt die KZ-Gedenkstätte nicht mehr ignoriert
wie in den Jahren nach der Wende. Heute kommen viele Oranienburger zu
Gedenkfeiern, Diskussionsforen oder zur Ausstellung über die Stadt und das
Lager, die dienstags bis sonntags von 8.30 bis 16.30 geöffnet ist.
Ruhestörung mit rechter Musik
In der Nacht zu Sonntag drang aus einer Wohnung in der Berliner Straße
überlaute Musik mit rechtsradikalem Inhalt, zu der mehrere Menschen laut
mitsangen. In besagter Wohnung waren drei Männer im Alter von 32 und 36
Jahren zugegen, die unter Alkoholeinwirkung standen. Eine indizierte CD
wurde beschlagnahmt und der Recorder sichergestellt. Die beiden Gäste des
Wohnungsmieters erhielten PLatzverweise. Die Tatverdächtigen müssen mit
strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
(Berliner Zeitung) POTSDAM. DVU-Fraktionschefin Liana Hesselbarth hat bei der Wahl zur
G‑10-Kommission im Landtag insgesamt elf Stimmen erhalten. Die DVU-Fraktion
zählt aber nur sechs Mitglieder. Dieses Abstimmungsergebnis geht aus dem nun
veröffentlichten vorläufigen Landtagssitzungsprotokoll hervor. Das heißt:
Fünf Abgeordnete von SPD, PDS oder CDU haben am 28. Oktober bei der Wahl der
stellvertretenden G‑10-Kommissionsmitglieder für Hesselbarth gestimmt. Die
G‑10-Kommission hält Kontakte zu den Geheimdiensten und muss über
geheimdienstliche Abhörmaßnahmen und Verletzungen des Postgeheimnisses
informiert werden. Hesselbarth reichten aber auch die zusätzlichen Stimmen
nicht aus.
Umgang mit der DVU im Parlament umstritten
Jörg Schönbohm warnt vor Aufwertung der Rechtsextremen — Koalition lehnt
alle Anträge der Partei ab
(BM) Potsdam — Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat vor der Aufwertung der
rechtsextremen Parteien in Brandenburg gewarnt. Es sei richtig gewesen, der
Deutschen Volksunion (DVU) in den vergangenen Jahren kaum Bedeutung
zuzumessen, zeigte er sich überzeugt. Den erneuten Sprung in den Landtag
habe die rechtsextreme Partei vor allem ihren Parolen gegen Hartz IV zu
verdanken. Die DVU des Münchner Verlegers Gerhard Frey schaffte mit 6,1
Prozent der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag. 71 045 Brandenburger
wählten die Partei, 0,8 Prozent mehr als 1999. Die NPD war nach einer
Absprache mit der DVU nicht angetreten.
“In Brandenburg ist die NPD mittlerweile stark zerstritten und die Deutsche
Volksunion immer noch eine Phantompartei, die von der Zentrale in München
ferngesteuert wird”, sagt Schönbohm. Der gemeinsame Landesverband
Berlin-Brandenburg der NPD hat sich aufgelöst. Ein Teil der NPD-Mitglieder
in Brandenburg hat sich der “Bewegung Neuer Ordnung” (BNO) zugewendet. Die
NPD hat im Land laut Verfassungsschutzbericht etwa 180 Mitglieder, die DVU
rund 230.
Der Potsdamer Landtag ist sich seit den Wahlen über den künftigen Umgang mit
der DVU uneins. Der neue SPD-Fraktionschef Günter Baaske hatte einen harten
Kurs gegenüber den DVU-Abgeordneten angekündigt. Die DVU sei eine
demokratiefeindliche Nazi-Partei, attackierte er die rechtsextreme Partei.
Diese prüft nun, ob sie klagt. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek warnt die
SPD davor, die DVU mit “überzogenen Angriffen zu erhöhen”. Auch Schönbohm
sagt: “Mit solchen Verbalattacken drängen wir die DVU nur in eine
Opferrolle.” Einig sind sich beide Regierungsfraktionen, daß sie sich
künftig mit parlamentarischen Initiativen der Rechtsextremen auch inhaltlich
befassen wollen. Es bleibe aber dabei, daß sämtliche DVU-Anträge abgelehnt
werden.