ZEESEN Ein 17-Jähriger rief mit ausgestrecktem Arm am Mittwoch den
Hitlergruß in der Lindenstraße in Zeesen. Der junge Mann war Passanten gegen
17 Uhr in einer Gruppe lärmender Jugendlicher aufgefallen. Die Polizei
stellte ihn kurze Zeit später in der Nähe der Alten Försterei. Ein
Alkoholtest ergab 1,5 Promille. Es wurde Anzeige erstattet.
Monat: Februar 2005
NPD-Mann sorgt für Eklat
Abgeordnete verlassen Kreistag, als Fürstenberger über 8. Mai spricht
ORANIENBURG Ein Abgeordneter der rechtsextremen NPD sorgte am
Mittwochabend im Kreistag für einen Eklat. Mehr als 20 Abgeordnete
verließen den Saal, als Mario Popiela (Fürstenberg) in einer Debatte über
die Würdigung des 60. Jahrestags der Befreiung das Wort ergriff. Es könne
nicht sein, dass der Befreiung gedacht werde, dabei aber die Verbrechen
der Sowjetunion in Deutschland ignoriert würden, so der NPD-Mann. Als
Beispiel nannte Popiela die spätere Nutzung des Konzentrationslagers
Sachsenhausen als Internierungslager, die an einem solchen Tag nicht
unerwähnt bleiben dürfe.
PDS-Fraktionschef Peter Ligner sprach von einer “politischen Provokation”.
Demonstratives Rausgehen sei da das geeignetste Mittel. Die NPD nutze
offenbar gezielt solche Diskussionen, um offen ihre “nationalistischen und
gegengeschichtlichen Positionen” darzulegen, sagte Ligner mit Blick auf
den Eklat, den die NPD im sächsischen Landtag ausgelöst hatte. Bisher sei
der NPD-Abgeordnete im Kreistag kaum anwesend gewesen, so Ligner. Zum
ersten Mal ergriff Popiela überhaupt das Wort.
Die Vorsitzende des Kreistages, Annemarie Reichenberger (CDU), kritisierte
das Rausgehen der Abgeordneten. Wegschauen sei der falsche Weg. Vielmehr
müsse man sich auf einer sachlichen Ebene auseinander setzen. Das
Rederecht habe sie Herrn Popiela nicht entziehen können, erklärte
Reichenberger. Als einzelner Abgeordneter dürfe er drei Minuten zu dem
Tagesordnungspunkt sprechen.
“Die aufrechten Demokraten drückten ihre Hilflosigkeit durch Flucht aus”,
kritisiert Wolfram Sadowski (CDU). Damit sei die Chance, in eine
ernsthafte pointierte Debatte einzusteigen, verpasst worden, auch von
seiner Fraktion, gesteht der Zahnarzt. Die ganze Aktion könne nicht als
Ruhmesblatt für Demokratie gewertet werden.
“Mit seinen Äußerungen hat sich der NPD-Abgeordnete selbst
disqualifiziert”, stellt SPD/LGU-Fraktionschef Andreas Noack fest. Popiela
würde seit eineinhalb Jahren “ohne ein kommunalpolitisches Konzept und
ohne eigene Ideen die Zeit im Kreistag mehr oder weniger absitzen”. Noack
hob zugleich die Wichtigkeit hervor, den jüngeren Generationen zu
erklären, was der 8. Mai 1945 für Deutschland bedeutet.
Bei der ganzen Debatte ging es um einen Antrag der PDS zur Würdigung des
60. Jahrestags der Befreiung. Die PDS schlägt vor, dass der Kreistag vor
seiner Sitzung am 27. April einen Kranz am sowjetischen Ehrenmal in
Oranienburg niederlegt. Anschließend soll im Kreistag über den 8. Mai
gesprochen werden.
Für den Antrag gab es letztendlich aber keine Mehrheit.
Fraktionsübergreifend soll nun ein gemeinsamer Antrag zu den
Feierlichkeiten formuliert werden.
Ermittlung wegen Nazi-Parolen
Bernau. Die Polizei ermittelt wegen Verwendung verfassungsfeindlicher
Kennzeichen. grund sind ÜBergriffe auf zwei Frauen, verbunden mit
rechtsradikalen Parolen, am MIttwochabend auf dem BUsbahnhof an der
Börnicker Chaussee. Auf Grund der Personenbeschreibung konten zwei
Tatverdächtige vorläufig festgenommen werden. Ein Zeuge konnte einen
23-jährigen als Täter eindeutig als Täter idendifizieren. Ein
Atemalkoholtest ergab beim Verdächtigen einen Wert von 1.75 Promile.
Draufhin wurde einen Blutprobe angeordnet. Das Jugendkommissariat hat
die Ermittlungen aufgenommen.
Quelle: MOZ // Polizeibericht (Niederbarnim Echo) 25. Februar 2005
Männer griffen Frauen an
Mittwoch, kurz nach 20.30 Uhr, wurde die Polizei darüber informiert, dass am
Busbahnhof in der Börnicker Chaussee zwei Frauen mit den Worten “Ausländer
raus” und “Sieg Heil” von zwei männlichen Personen angegriffen wurden. Auf
Grund der Personenbeschreibung konnten zwei Tatverdächtige vorläufig
festgenommen werden.
Ein Zeuge konnte einen 23-Jährigen eindeutig als Täter identifizieren. Ein
Atemalkoholtest ergab bei ihm einen Wert von 1,75 Promille und eine
Blutprobe wurde durchgeführt.
Das Jugendkommissariat hat die Ermittlungen aufgenommen.
Flüchtlingen droht Abschiebung
Im Asylbewerberheim am Lerchensteig kursiert die Angst. Mehr als 140
Flüchtlingen, zum Teil seit Jahren in Potsdam geduldet, droht die
Abschiebung. In einem Schreiben der Ausländerbehörde wurden die Asylbewerber
aufgefordert, innerhalb von vier Wochen ihre Papiere für die Ausreise zu
beschaffen. Die Grünen werfen der Behörde nun vor, die Abschiebungen
vorzubereiten, um die vor kurzem in Kraft getretene Härtefallkommission zu
unterwandern. Die Sozialbeigeordnete Elona Müller wies die Vorwürfe
entschieden zurück.
“Die Schreiben haben viel Angst und Sorge ausgelöst”, sagte die neue
Ausländerseelsorgerin Monique Tinney gestern vor Journalisten. Die insgesamt
142 Formbriefe seien ohne Ansehen der Person verschickt worden, auch
Schwangere, suizidgefährdete und traumatisierte Flüchtlinge seien betroffen,
die meisten davon im Lerchensteig. “Eine Familie mit fünf Kindern, von denen
drei in Potsdam geboren sind, wurden aufgefordert, ihre Ausreise
vorzubereiten”, nennt Tinney nur ein Beispiel von vielen.
Für die Grünen liegt der Zusammenhang auf der Hand: “Das gehäufte
Verschicken der Schreiben kurz nach Inkrafttreten der neuen
Härtefallkommission kann kein Zufall sein. Das sieht nach einer Kampagne
aus”, betonte die Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm vor den
Pressevertretern. Ziel der “konzertierten Aktion” sei es möglicherweise,
potenzielle Fälle für die Härtefallkommission “vom Tisch zu schaffen”, um
das Gremium auf Grund mangelnder Fälle außer Kraft setzen zu können, so der
Landesvorsitzende Joachim Gessinger. Belege für diese These gebe es nicht.
Auch sei ihm nicht bekannt, dass Ausländerbehörden in anderen Städten
ebenfalls gehäuft solche Briefe verschickt hätten. Nach einigen Querelen
hatte die Härtefallkommission für Brandenburg am 17. Februar ihre Arbeit
aufgenommen. Das Gremium kann in außergewöhnlichen Fällen die Erteilung
eines Aufenthaltstitels für an sich ausreisepflichtige Ausländer
vorschlagen, wenn die Ausweisung eine besondere menschliche Härte bedeuten
würde.
Die Sozialbeigeordnete Elona Müller betonte unterdessen, dass die größere
Anzahl an Briefen in keinem Zusammenhang mit der Härtefallkommission stehe.
Durch den Einsatz einer zusätzlichen Arbeitskraft seien lediglich Rückstände
aufgeholt worden. “Wir sind hoch erfreut, dass es endlich eine
Härtefallkommission gibt. Wir werden ihre Arbeit nicht als überflüssig
hinstellen, sondern aktiv mit ihr zusammenarbeiten”, so Müller. Darüber
hinaus sei die Potsdamer Ausländerbehörde “weder stur noch bürokratisch”,
sondern komme nur ihrer durch das Gesetz festgelegten Verpflichtung nach.
Auch Monique Tinney wollte sich den Vorwürfen der Grünen nicht anschließen.
Allerdings habe ihr die Ausländerbehörde keine nachvollziehbaren Gründe für
das massenhafte Verschicken der Briefe nennen können.
Kripo sucht Nazischmierer
REGION Nazischmierereien wurden in mehreren Orten angebracht. Beispielsweise
an einer Bushaltestelle in Pätz sowie an der Fassade eines Gebäudes in
Bestensee (Waldstraße). Hierbei handelte es sich um Hakenkreuze und
SS-Runen. Mit den gleichen faschistischen Symbolen wurde Dienstagnachmittag
das Wartehäuschen auf dem Bahnhof Golßen beschmiert. Das beobachtete ein
Bürger. Weiter wurde auf die verschneite Windschutzscheibe eines in Lübben
(Parkstraße) abgestellten Pkws ein Hakenkreuz gemalt. Die Kripo ermittelt in
allen Fällen.
Kampfansage gegen braune Parolen
(MOZ, 24.2.) Fürstenwalde (krau/MOZ) Laute Rockmusik dröhnt über den Hof der Allgemeinen
Förderschule. Direkt vor dem Eingang stehen Mitglieder der Plattform gegen
Rechts und verteilen CDs und Info-Material. Die jüngeren Schüler schauen im
Schneetreiben neugierig am Bus vorbei. Eine Gruppe mit älteren Schülern hält
sich jedoch bewusst fern.
“Aufmucken gegen Rechts” ist der Titel der CD, die vom Jugendverband Solid
herausgegeben und gestern in der Förderschule verteilt wurde. 16 Bands haben
eigene Songs kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf der Scheibe finden sich
bekannte Namen wie Die Sterne oder die Fantastischen Vier.
“Wir haben uns bei der Verteilaktion bewusst für die Förderschule und das
OSZ entschieden”, sagt Gabi Moser, Mitarbeiterin im JuSeV. Von den beiden
Einrichtungen wisse man, dass Rechtsextreme dort versucht hätten, Schüler
für braune Kameradschaften anzuwerben. In beiden Schulen sei bei den
Schülern auch ein gewisses Potenzial vorhanden, sich für rechte Ideen zu
begeistern.
In Gesprächen sollen die Jugendlichen darüber informiert werden, dass rechte
Musik auf kostenlosen Samplern als Träger für die Propaganda der
Rechtsextremen dient. Auslöser für die zwei Aktionstage der Plattform sei
auch das “Projekt Schulhof”, bei dem rechtsextreme Gruppierungen bundesweit
über 50000 Musiksampler verteilen wollen. Durch die CD mit dem Titel
“Anpassung ist Feigheit” sollen an die Jugendlichen rechte Ideologien heran
getragen werden. “Da wollen wir mit eigenen Aktionen entgegenwirken”, so
Gabi Moser.
Kinder aus problematischen Elternhäusern seien von den Rechten leichter
beeinflussbar, sagt Michael Grabo, Mitarbeiter in der Jugendstation Alpha 1.
Vor allem im OSZ seien einige Berufschüler bereits in rechtsextremen
Kameradschaften organisiert. “Es gibt Vermutungen, dass sie das große
Einzugsgebiet der Schule dafür nutzen, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu
treten”, sagt er. Deshalb sei die Aktion am heutigen Donnerstag im OSZ so
wichtig. Sobald weitere CDs zur Verfügung stehen, gehen die Aktionstage
weiter. “Wir halten Kontakt zu den Schülern”, sagt Grabo.
Abgerundet werden die Aktionstage mit einem Konzert der Punkband Dritte Wahl
heute um 18 Uhr im Club im Park. “Die Band spielt für Spritkosten; der
Überschuss an den Einnahmen geht an eine Jugendintiative”, sagt Carsten
Hiller vom Club im Park.
“Ich hatte denen doch nichts getan”
(Tagesspiegel, 23.02.2005) Frankfurt (Oder) — Der Mann sieht furchtbar aus. Eine größere Wunde auf
dem Hinterkopf ist immer noch nicht richtig verheilt, bis in den Nacken
ist die Haut rötlich gefleckt. Jürgen W. ist entstellt, sein Körper war
weitflächig verbrannt. “Ich hatte denen doch nischt jetan”, nuschelt W.,
bevor er zur Zeugenvernehmung in den Gerichtssaal geht. Dort sitzen die
beiden Männer, von denen zumindest einer zugibt, ihn angezündet zu
haben. Dass Jürgen W. das Feuer überlebt hat, im Krankenhaus halbwegs
wiederhergestellt wurde und jetzt ins Landgericht Frankfurt (Oder)
kommen kann, überschreitet schon angesichts seiner sichtbaren Narben die
Vorstellung.
Die beiden Angeklagten blicken zunächst eher unbeteiligt, als W. den
Saal betritt. Steven G. und Stefan K. sind angeklagt, in der Nacht zum
16. Juni 2004 in einem Park in Beeskow den damals obdachlosen W. beraubt
und seine Jacke angezündet zu haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von
versuchtem Mord. Steven G. hat zu Beginn des Prozesses vor einer Woche
alles zugegeben. Stefan K. sagte, er sei damals rechtzeitig abgehauen
und deshalb unschuldig. Jürgen W. kann gestern so gut wie nichts zur
Aufklärung beitragen. “Ich kann mich nicht erinnern”, sagt er. Erst im
Krankenhaus in Berlin habe er mitbekommen, was ihm geschah.
Die Befragung im Gericht dauert nur eine halbe Stunde. Am Ende meldet
sich der Angeklagte Steven G. “Ich wollte einfach nur sagen, dass es mir
leid tut, was wir gemacht haben.” Jürgen W. antwortet schwach,
“weswegen, weißte auch nicht”. Draußen, auf dem Gerichtsflur, erzählt W.
noch in abgehackten Sätzen aus seinem Leben. Dass er Maurer war, schon
zu DDR-Zeiten die Arbeit verloren habe, an epileptischen Anfällen leide
und in Beeskow im Obdachlosenheim genächtigt habe — oder eben auf der
Parkbank, auf der er dann angezündet wurde. Hilfe erhält W. vor allem
von einem Sozialpädagogen, den das Amtsgericht Fürstenwalde 2001 als
Betreuer eingesetzt hat. Nach der Tat sorgte dieser dafür, dass Jürgen
W. aus dem Obdachlosenmilieu herauskam und jetzt in einer kleinen
Wohnung lebt, mit der Hilfe einer permanenten Hauskrankenpflege.
Es treten dann Zeugen auf, die mit den Angeklagten bekannt sind. Ein
junger Mann sagt, er sei am Tatort vorbeigekommen und habe mit Stefan K.
kurz gesprochen, während Steven G. öfter zu W. “Penner” gerufen habe.
Das soll vor dem Brand gewesen sein — am nächsten Tag, so der Zeuge,
habe K. ihm erzählt, er habe W. “angebrannt”. Zur Polizei ging der Zeuge
jedoch nicht. /Frank Jansen/
Polizisten unter “Rambo”-Verdacht
(LR, 23.2.) Das Sondereinsatzkommando (SEK) rückt an, wenn es gilt, gefährliche
Straftäter festzunehmen. Im November 2002 sollen die maskierten Spezialisten
jedoch ungerechtfertigt einen Spremberger brutal überwältigt und dabei
verletzt haben. Zwei Kriminalbeamte, die den Einsatz auslösten, stehen
deshalb seit gestern als Angeklagte vor dem Cottbuser Amtsgericht. Der
Vorwurf gegen sie: Freiheitsberaubung und Körperverletzung im Amt.
Es ist ein Nachmittag Ende November 2002 als die Kassiererin einer
Tankstelle in Spremberg ihren Augen nicht traut. Maskierte umstellen
plötzlich einen Mann, der gerade Benzin zapft. Wenige Augenblicke später
liegt Jens P. am Boden. “Ich habe mich furchtbar erschrocken. Ich dachte,
das ist ein Überfall, die rauben den aus” , erzählte die Kassiererin gestern
als Zeugin vor dem Cottbuser Amtsgericht. Sie habe deshalb sofort über 110
die Polizei gerufen. Die war jedoch schon da. Die maskierten Männer, die von
der Kassiererin für Kriminelle gehalten wurden, waren Angehörige des
Brandenburger Sondereinsatzkommandos (SEK).
Verbindung zur Rockerszene
Hintergrund des SEK-Einsatzes war ein bizarrer und möglicherweise auch mit
Gewaltandrohung geführter Streit um einen Hund, in den Jens P. und sein
Freund Steffen R., genannt “Eisen” , maßgeblich verwickelt waren. Beiden
Sprembergern werden Verbindungen zum Motorrad-Club “Gremium” nachgesagt.
Mitglieder dieses in ganz Deutschland, Polen und Griechenland agierenden Ro
ckerclubs stehen immer wieder im Verdacht, in Rauschgift- und Waffenhandel
verstrickt zu sein und sich als Schuldeneintreiber zu betätigen. Sie sollen
auch Kontakte zur rechtsradikalen Szene haben. Vor einem Jahr löste die
Polizei in Spremberg auf dem Clubgelände des MC “Gremium” ein Rockertreffen
auf und beschlagnahmte Rauschgift, Messer und eine Schreckschusspistole.
Dementsprechend fiel die Begründung aus, mit der die jetzt angeklagten
Cottbuser Beamten über das Polizeipräsidium in Frankfurt (Oder) im November
2002 das SEK anforderten. Es sei um eine Festnahme wegen räuberischer
Erpressung gegangen, die Verdächtigen galten als gewaltbereit und
möglicherweise bewaffnet, schilderte der damals in Frankfurt Dienst habende
Kriminalrat die ihm vorgelegten Informationen. Das habe ausgereicht, um beim
Landeskriminalamt die Spezialisten zu bestellen.
Dass die Staatsanwaltschaft Cottbus zu diesem Zeitpunkt nicht von einer
räuberischen Erpressung, sondern eventuell nur von einer Nötigung ausging,
wusste er nicht. “Bei einer Nötigung oder Bedrohung hätten wir aber auch
nicht anders gehandelt” , versichert der Kriminalrat.
Ausgelöst hatte die ganze Polizeiaktion ein Hund, der in Spremberg mehrmals
den Besitzer wechselte. Die Odyssee des Boxermischlings begann damit, dass
der ursprüngliche Besitzer, Rene V., den Vierbeiner an einen Mann abgab, der
kurz darauf ins Gefängnis musste. So kam der Hund zu einer Gastwirtin. Aus
deren Kneipe nahm ihn eines Tages die damalige Freundin von Rene V. einfach
wieder mit zum früherer Eigentümer. Der verkaufte den Hund erneut weiter.
Hund oder Geld
Die Gastwirtin soll dann Steffen R., alias “Eisen” , beauftragt haben, den
entwendeten Hund zurückzuholen. Vor Gericht sagt die 33-Jährige jedoch, ein
richtiger Auftrag sei das nicht gewesen “Der sollte sich nur mal umgucken” ,
wiegelt sie ab. Doch “Eisen” nahm die Sache gleich in die Hand. Er habe Rene
V. angerufen und beschimpft, aber nicht bedroht, versichert der 38-Jährige:
“Der hat von alleine angeboten, die 400 Euro Erlös für den Hund
herauszugeben.” Möglicherweise, so räumt er ein, habe Rene V. vor ihm aber
auch ohne Drohung Angst gehabt.
Das kann man sich leicht vorstellen. Steffen R. ist wie sein vom SEK
überwältigter Freund Jens P. muskelbepackt und kahlköpfig. Nur ein schmaler,
wenige Millimeter hoher Haarstreifen zieht sich in der Mitte über seinen
Schädel. Sein schwarzes Kapuzen-Sweatshirt spannt über Schultern und
Oberarmen. Auf dem kräftigen Hals zieht sich eine Tätowierung bis unter das
Ohr empor. Nach der Übergabe der ersten Hunderate an “Eisen” war Rene V. zur
Polizei gegangen und hatte Anzeige erstattet.
Von den Verteidigerinnen der beiden angeklagten Polizisten zu seinen
Vorstrafen befragt, wird “Eisen” einsilbig. Mit zehn Kilogramm Haschisch sei
er mal erwischt worden, sagt er, das sei aber schon lange her. Auch eine
Körperverletzung habe es gegeben, später noch andere Ermittlungsverfahren,
aber keine Verurteilung. “Da waren mehr Sachen ohne Gewalt als mit” , fasst
er zusammen.
Auch gegen Jens P. gab es Ermittlungen, die eingestellt wurden. Eine
Vorstrafe wegen Körperverletzung ist aktenkundig. Nur aus Gefälligkeit für
seinen Freund “Eisen” will er im November 2002 zu einer Tankstelle gefahren
sein, um dort die zweite Rate für die Hundebezahlung in Empfang zu nehmen.
Gegen die SEK-Beamten, die ihn kurz danach an einer anderen Tankstelle in
der Stadt festnahmen, erhebt er schwere Vorwürfe.
Schläge und Tritte
Mit Sturmhauben über dem Kopf und vorgehaltenen Pistolen seien sie auf ihn
zugestürzt und hätten ihn sofort, ohne eine Information, worum es ginge, zu
Boden geworfen. Er schildert Schläge ins Gesicht, Schläge und Tritte in den
Rücken. “Ich wurde gefesselt und geknebelt, Schuhe und Strümpfe wurden mir
ausgezogen, Pullover und Jacke über den Kopf gestülpt, sodass ich nichts
mehr sehen konnte” , beschreibt er die Festnahme. In dieser Lage habe er
trotz des kalten Novemberwetters mindestens eine halbe Stunde auf der Erde
gelegen, bevor er in den Polizeigewahrsam nach Cottbus abtransportiert
wurde. Erst spät am Abend wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Lippe und
Kinn seien aufgeplatzt gewesen, das linke Auge geschwollen und auf einem Ohr
habe er zeitweise nichts mehr gehört, klagt Jens P. vor Gericht. Zwei Wochen
sei er deshalb krank gewesen.
Haftbefehl abgelehnt
Die Anklage gegen die beiden Kriminalbeamten stützt sich vor allem darauf,
dass einer der beiden am Tag des SEK-Einsatzes früh vergeblich bei der
Cottbuser Staatsanwaltschaft versucht hatte, Haftbefehle wegen räuberischer
Erpressung gegen Jens P. und Steffen R. zu bekommen. Die zuständige
Staatsanwältin lehnte das ab. Die angeklagten Polizisten ließen Jens K.
trotzdem kurz darauf durch das SEK festnehmen.
Was sie dazu bewogen hat, wollten sie vor dem Cottbuser Amtsgericht aus
Gründen polizeilicher Geheimhaltung nur hinter verschlossenen Türen
erzählen. Auch der Leiter des SEK-Einsatzes berichtete nur unter Ausschluss
der Öffentlichkeit, was sich an der Spremberger Tankstelle abgespielt hat.
Am kommenden Mittwoch werden weitere Zeugen aussagen. Darunter wird auch die
Cottbuser Staatsanwältin sein, die der Polizei die gewünschten Haftbefehle
verweigerte.
Warum kein Mut zum eigenen Denkmal?
(LR, 22.2.) Die Diskussion um das Denkmal auf dem Georgenberg dreht sich im Kreis. Es
gibt mehr als eine Opfergruppe infolge von Terror und diktatorischen Regimes
im 20. Jahrhundert. Sie alle sind zu betrauern.
Ihr Schicksal soll nicht vergessen sein, und es darf keine Trauer und kein
Gedenken ersten, zweiten und oder dritten Ranges geben. Alles richtig, und
das wird auch von keinem in dieser Diskussion in Abrede gestellt.
Aber warum, und das betrifft nun konkret die Spremberger Debatte, warum
verfolgt Egon Wochatz an der Spitze des Georgenbergvereins so vehement und
nachdrücklich gerade die Veränderung eines bereits vorhandenen Gedenksteins?
Warum sollen die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus unbedingt
ein relativierendes Gegengewicht bekommen, dass sie selbst diskreditiert,
weil es sie — vom Vorschlagsträger beabsichtig oder unbeabsichtigt — in die
Nähe des Stalinismus rückt. Nicht zum ersten Mal haben Egon Wochatz und
Frank-Michael Schober erklärt, die Namen der Antifaschisten auf dem
Spremberger Stein seien in den 50er Jahren politisch instrumentalisiert
worden. Aber wir reden hier immerhin über Menschen, die überwiegend ganz
bewusst ihr Leben in Gefahr brachten, weil sie ein System bekämpfen wollten,
das eine planmäßige Menschenvernichtung vorbereitetet und durchführte. Der
Mord an sechs Millionen Juden (für die Spremberger Diskutanten übrigens
offenbar immer noch keine erwähnenswerte Opfergruppe) war der furchtbarste
Ausdruck dieser Tötungsmaschinerie, aber auch das Sterben in den
Gestapo-Gefängnissen und Zuchthäusern und das der Soldaten, die von Hitler
und seinem Stab gnadenlos in einem größenwahnsinnigen Krieg verheizt wurden,
kommen auf dieses Konto. Wer gegen all das aufbegehrt und sich zu wehren
versucht hat, der hat wohl auch einen eigenen Gedenkstein verdient, ohne
eine spätere gleichmacherische Aufrechnung.
Für mich bleibt bis zum Schluss eine Frage im Raum stehen: Warum, wenn sich
so viele für eine namentliche Erinnerung an die Opfer des Stalinismus
einsetzen, soll es für sie nicht das eigene Denkmal und den eigenen Platz
für eine Tafel geben, den sie verdienen. Das soll und darf nicht der
“Katzentisch” sein (so könnte man eher die Mitnutzung einer bereits
bestehende Sockelrückseite betrachten), sondern ein angemessener,
öffentlicher und repräsentabler Ort des Gedenkens. Der Georgenberg hätte
Platz genug für ein solches Projekt. Aber auch das ehemalige Spremberger
Stasi-Hauptquartier an der Drebkauer Straße wäre ein guter Ort, um daran zu
erinnern, was Menschen im Namen einer angeblich besseren
Gesellschaftsordnung anderen Menschen angetan haben. Auch hier, mitten in
Spremberg.
Biografien öffentlich machen
FDP stellt sich hinter den Gednekstätten-Vorschlag
Der Spremberger Ortsverband der FDP hat sich geschlossen hinter den
Vorschlag des CDU-Stadtverordneten und Vorsitzenden des Georgenbergvereins
Egon Wochatz zur Erweiterung der Denkmalanlage auf dem Georgenberg gestellt,
wie er den Stadtverordneten bei ihrer nächsten Sitzung am kommenden Mittwoch
vorliegt. Petra Weigel, Ortsvorsitzende der FDP und Stadtverordnete,
erläuterte den Mitgliedern das von der Stadtverwaltung entwickelte Konzept
zur Gestaltung des Gedenkkomplexes. Die räumliche Anordnung wie auch die
namentliche Erwähnung der Personen fand bei allen Mitgliedern
uneingeschränkte Zustimmung. Mehrere Mitglieder erklärten: “Man stellt die
bisher auf den Gedenktafeln eingemeißelten Namen nicht in Frage. Daher solle
man dies auch nicht bei den jetzigen Vorschlägen tun.” Volle Zustimmung fand
der Vorschlag von Dr. Jürgen Kantor, die Kurzbiografien in der lokalen
Presse, wie auch im Amtsblatt von Dr. Jürgen Kantor, die Biografien in der
Presse zu veröffentlichen.