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Seminar zum Zuwanderungsgesetz

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg und der Par­itätis­che Wohlfahrtsver­band Bran­den­burg bieten in Zusam­me­nar­beit mit der Par­itätis­chen Akademie und dem Pro­jekt: “Qual­i­fizierung der Flüchtlingssozialar­beit” im Pro­jekt-Büro der Gemein­nützi­gen Gesellschaft zur Unter­stützung Asyl­suchen­der e.V. ein Weit­er­bil­dungssem­i­nar zum 

Zuwan­derungs­ge­setz: Aufen­thalt aus human­itären Grün­den und Beschäftigungsverfahrensverordnung

an. Das Zuwan­derungs­ge­setz ist nun seit knapp 5 Monat­en in Kraft. Ist die “Ket­ten­dul­dung” wirk­lich abgeschafft? Die Frage nach dem Aufen­thalt aus human­itären Grün­den stellt sich in allen Bran­den­burg­er Flüchtlingsberatungsstellen.
Ein eben­so wichtiges The­ma ist die Beschäf­ti­gungsverord­nung – haben Geduldete über­haupt noch eine Chance zu arbeiten? 

In der ein­tägi­gen Fort­bil­dung wer­den wir uns mit fol­gen­den The­men beschäftigen:
Aufen­thalt aus human­itären Grün­den nach § 25 (4) und (5) Aufen­thG und Anwendungshinweise
Aufen­thG § 26 “Dauer des Aufen­thalts” in Verbindung mit § 102, Übergangsregelung
Die Beschäf­ti­gungsver­fahrensverord­nung – wer kommt über­haupt noch in Arbeit? Gibt es eine Chance für Geduldete? 

Ref­er­ent: Volk­er Maria Hügel, GGUA e.V., Münster 

Ort: Lan­des­geschäftsstelle des PARITÄTISCHEN, Tornow­straße 48, 14473
Pots­dam (Her­mannswerder) — 0331/28497–0

Zeit: 20.5.2005, 10:30 – 16:30 Uhr
Das Sem­i­nar ist kosten­frei. Bitte das Aufen­thalts­ge­setz mitbringen. 

Die Teil­nehmerIn­nen­zahl ist auf 30 begren­zt, bitte melden Sie sich bis zum 13.5.2005 an unter:
info@fluechtlingsrat-brandenburg.de oder telefonisch/per Fax: 0331 – 716 499 

Verbindung nach Potsdam-Hermannswerder:
Anreise mit der Bahn:
Pots­dam Haupt­bahn­hof, Aus­gang “City”, Bus­bahn­hof direkt vor dem Haupt­bahn­hof, Buslin­ie 693 “Küs­sel­straße” (20-Minuten-Takt) bis Hal­testelle “Tornow­straße”, nach etwa 30 m links in die Sack­gasse ein­biegen, Zugang am Straße­nende auf der recht­en Seite (Gebäude mit orange­far­ben­er Fassade).
Anreise mit dem Auto: wir kön­nen Ihnen gern eine Wegbeschrei­bung zukom­men lassen.

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Wenn du auf den Transport kommst, ist endlich Schluss”

Ein Über­leben­der spricht. Willi Fro­hwein, 82 Jahre alt, kam in der Zeit des
Nation­al­sozial­is­mus ins Konzen­tra­tionslager Auschwitz. Vor mehreren hundert
Schülern des Hein­rich-Heine-Gym­na­si­ums schildert er, wie er dem nahezu
sicheren Tod entkam. 

Es erscheint wie ein Wun­der, dass Willi Fro­hwein an diesem Dienstagvormittag
in der Aula an der Hegel­straße sitzt. Es erscheint wie ein Wun­der, dass der
82-Jährige so viel jünger wirkt. 

In die Schweiz wollte er fliehen, im Jahr 1942. Als Sohn eines Juden sah er
keine Zukun­ft für sich in Deutsch­land. Er pack­te einen Kof­fer, griff sich
seine Lebens­mit­telka­rten und etwas Geld und ver­schwand aus sein­er Heimat
Berlin. Doch aus seinen Plä­nen wurde nichts. Ein Zoll­beamter, ein
Fern­schreiben der Gestapo in den Hän­den, ver­haftete ihn mit den Worten: “Du
Mist­sau, jet­zt wollte ich dich ger­ade laufen lassen.” 

Nach dem Gefäng­nisaufen­thalt in Berlin erfuhr Fro­hwein: Er sollte nach
Ober­schle­sien trans­portiert wer­den. “Oh je, dachte ich, das ist dort, wo
alle so schnell ster­ben.” Der Zug fuhr nach Bres­lau, dort stiegen die
Häftlinge um, am näch­sten Tag ging es weit­er. Ein Auf­pass­er erk­lärte ihnen:
“Ihr Juden braucht euch gar nicht ein­bilden, dass ihr in Auschwitz länger
als 14 Tage am Leben bleibt.” Fro­hwein erin­nert sich: Dies sei das erste Mal
gewe­sen, dass er über­haupt den Namen Auschwitz gehört habe. 

Ankun­ft im Lager, unter dem Schriftzug am Ein­gang “Arbeit macht frei” .
“Dort gaben sie uns kleine Säcke, in die wir alle unsere Sachen geben
mussten.” Desin­fiziert, gebadet und geschoren, wer­den die Häftlinge
eingek­lei­det. “Die Hose war 20 Zen­time­ter zu weit und 20 Zen­time­ter zu kurz.
Da hast du bei­de Hände voll zu tun, um sie zu hal­ten.” Einen neuen Namen
beka­men die Angekomme­nen, eine Num­mer, auf die Haut tätowiert. “122785” , so
hieß Fro­hwein nun. 

Hoff­nung im Horror 

“Lebens­mut und Hoff­nung zu ver­mit­teln, ist manch­mal mehr Wert als alles
Materielle” , sagt er zu den Jugendlichen, die ihm still zuhören, “denn wenn
du den Lebens­mut ver­loren hast, hil­ft dir auch kein Geld mehr.” Und Willi
Fro­hwein ver­lor den Lebens­mut. Er wurde krank. Die Auf­se­her sortierten
kranke Häftlinge aus. “Es hieß immer nur: Die gehen auf Trans­port.” Mehrmals
sah es so aus, als würde Fro­hwein auch “auf Trans­port gehen” , mehrmals
wurde er auf seine Pritsche zurück­geschickt. “Irgend­wann dachte ich: Wenn du
auf den Trans­port kommst, ist endlich Schluss. Ich war erst 20, aber ich
hat­te mich mit allem abgefunden.” 

Geschenke für die Sterbenden 

Doch dann kam er in eine Wäscherei. “Das war meine Lebensrettung.” 

Im Jan­u­ar 1945 wurde Fro­hwein nach Nord­hausen ver­legt, wo er in einem
Stollen am Bau der Rakete V 2 mitwirk­te. “Ich dachte daran, wie para­dox das
alles ist. Du woll­test nicht, dass die Nazis den Krieg gewin­nen, und dann
arbeitest du an den mod­ern­sten Waf­fen der Welt.” 

Doch die Amerikan­er rück­ten immer näher. Deshalb schick­ten die Nazis ihre
Häftlinge nach Bergen-Belsen. Fünf Tage Fahrt, ohne Trinken, ohne Essen.
Manche star­ben unter­wegs. Im April trafen auch in Bergen-Belsen
amerikanis­che Sol­dat­en ein, vor denen die SS-Leute auf die Knie fie­len. “Ich
dachte erst, das wären Pfar­rer.” Am 1. Mai erlebte Fro­hwein endlich wieder
die Frei­heit — die Gefan­genen­für­sorge küm­merte sich um ihn. 

Im Cot­tbuser Gym­na­si­um spricht er auf Ein­ladung der 18-jährigen
Schüler­sprecherin Stephanie Habakuk. Sie hat­te eine Fernsehsendung mit ihm
gese­hen, Kon­takt zur Redak­tion aufgenom­men und schließlich mit ihm
tele­foniert. “Meine Großmüt­ter sind aus Schle­sien und Ost­preußen vertrieben
wor­den” , sagt sie, “auch deshalb inter­essiert mich diese Zeit der deutschen
Geschichte beson­ders. Mir war wichtig, dass ein Zeitzeuge mit uns Schülern
spricht.” Und Fro­hwein gewin­nt die Jugendlichen für sich: Sie hören ihm
still zu, sie bleiben im Saal, obwohl er knapp drei Stun­den spricht. “Seine
Geschichte hat mich berührt” , erk­lärt Cori­na Gör­litz (18) aus Cot­tbus, “es
ist schon bek­lem­mend, wenn man jeman­dem zuhört, der die Zeit in Auschwitz
selb­st erlebt hat.” 

Hin­ter­grund Buch des Überlebenden 

In seinem Buch “Von Span­dau nach Auschwitz” — erschienen 2002 bei der
Jugendgeschichtswerk­statt Span­dau und für 10 Euro erhältlich — berichtet
Willi Fro­hwein, der jet­zt in Pots­dam wohnt, über sein Leben. 

LR
20.04.05 selau 

“Wir war­nen vor der Wiederkehr des Bösen” 

Acht Über­lebende des Todes­marsches bei der Gedenkfeier 

60 Jahre ist es her, da haben die acht Män­ner, die am Mon­tagabend auf den
extra aufgestell­ten Stühlen am dem Schwarzhei­der Gedenkplatz sitzen, diesen
Ort ver­lassen. Aus­ge­mergelt, in gestreifter Häftlingsklei­dung, meist nur mit
Holz­pan­ti­nen an den geschun­de­nen Füßen. 

Sie, die tschechis­chen Häftlinge aus dem Außen­lager Schwarzhei­de des
Konzen­tra­tionslagers Sach­sen­hausen, wur­den von den Nazis auf den Todesmarsch
geschickt, damit sie nicht lebend der Roten Armee in die Hände fallen. 

“Ist es nicht ein Wun­der, dass wir heute hier sind” , fragt der 79 Jahre
alte Hans Gärt­ner aus Prag. Er liest die Gedenkrede von Ludek Elias, der
auch unter den Män­nern sitzt, vor. “Wer hätte vor sechzig Jahren auch nur
ein einziges Haar von unseren kahl geschore­nen Schädeln dafür verwettet,
dass wir uns heute ins Gesicht schauen kön­nten” , heißt es darin. Das sei
kaum zu erwarten gewe­sen angesichts der Last der Zementsäcke, die oft zwölf
Stun­den am Tag die Häftlinge tra­gen mussten, und die meist mehr wogen als
sie selb­st. “Was machen wir mit dem Rest der Zeit, der uns noch bleibt” ,
las Gärt­ner vor. “Als die let­zten der Zeitzeu­gen kön­nen wir immer noch dazu
beitra­gen zu erzählen, was uns wider­fahren ist.” Das sei ihre geschichtliche
Mis­sion, und “wir war­nen vor der Wiederkehr des Bösen.” Deshalb wolle man
den Rest der Kräfte dazu nutzen, mit den jun­gen Leuten, die sich erst noch
ori­en­tieren müssten in der Welt, zu reden, damit sie fähig sind, “unsere
War­nun­gen zu beherzi­gen, denn wir sind verpflichtet, darauf hinzuweisen.”
Das sei nicht nur die Pflicht gegenüber den Kindern und ihren Eltern,
son­dern auch “gegenüber unseren toten Kam­er­aden” . Die bewe­gen­den Worte
hon­ori­erten Vertreter aus Kreis, Stadt, Umland, Parteien und der die
Gedenk­feier organ­isieren­den BASF mit Beifall und legten Kränze sowohl auf
dem Gedenkplatz als auch an der Gedenk­tafel am Ein­mannbunker nieder. 

Zuvor hat­te Bernd Hüb­n­er, Bürg­er­meis­ter der Stadt Schwarzhei­de, die
Notwendigkeit der geschichtlichen Aufar­beitung betont und dabei den Schwur
bekräftigt, der im Nach­wort von Bruno Apitz “Nackt unter Wölfen” benannt
ist: Nie wieder Faschis­mus. Wal­ter Kro­ker, der 1. Beige­ord­nete des
Lan­drates, erin­nerte an die Per­ver­sion der Hitler­schen Tötungsmaschienerie.
Die Über­leben­den begaben sich am Dien­stag auf den Weg des einstigen
Todes­marsches und nah­men an ein­er Gedenk­feier im säch­sis­chen Kamenz bei.

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Bilder gehen nicht aus dem Kopf

BAD WILSNACK Die Ereignisse der ver­gan­genen Tage wer­den nicht so schnell
verblassen. Der Besuch der ein­sti­gen Häftlinge aus dem KZ-Außen­lager Glöwen
in der Prig­nitz und die Teil­nahme an Ver­anstal­tun­gen anlässlich der
Befreiung des KZ in Sach­sen­hausen haben sowohl bei Lehrern als auch Schülern
der Gesamtschule Bad Wilsnack einen bleiben­den Ein­druck hinterlassen. 

“Die Bilder gehen mir nicht mehr aus dem Kopf”, bekräftigte gestern Helga
Enders. Sie war am Son­ntag gemein­sam mit Ulla Seegers, Schullei­t­erin Gisela
Hauck und ein­er weit­eren Kol­le­gin Gast beim zen­tralen Fes­takt an der
Gedenkstätte Sach­sen­hausen gewe­sen und hat­te die Feier­lichkeit­en Seite an
Seite mit ein­sti­gen Häftlin­gen des KZ-Außen­lagers Glöwen ver­fol­gt, die
bere­its im Sep­tem­ber ver­gan­genen Jahres in der Kurstadt zu Besuch waren.
“Viele hat­ten Trä­nen in den Augen”, berichtete die Lehrerin. 

Ulla Seeger, die die Geschichte der bei Glöwen gefan­gen gehal­te­nen Juden mit
ihren Schülern erforschte, wird die Begeg­nung mit den Opfern auch nicht so
schnell vergessen. Sie zeigte sich über­rascht, wie offen und
fre­und­schaftlich die Gäste aus Israel auf­trat­en, als sie am Mon­tag zur
Enthül­lung der Gedenk­tafel in der Prig­nitz weil­ten. “Ich hat­te den Eindruck,
sie haben sich wirk­lich über den Gedenkstein, den wir geset­zt haben,
gefreut”, sagte die Lehrerin. Nach der offiziellen Zer­e­monie an diesem
Mah­n­mal hat­te sie Gele­gen­heit, mit der Frau des bere­its verstorbenen
Grün­ders der “Jew­ish Sur­vivor Asso­ci­a­tion” zu sprechen, in der die
Über­leben­den des Nazi-Ter­rors organ­isiert sind. 

Die Schü­lerin Christin Mau­r­er wiederum unter­hielt sich mit Menachem
Mil­shtein, der im Alter von 21 Jahren vom KZ-Sach­sen­hausen ins Außenlager
Glöwen gebracht wurde. “Es fiel ihm wohl sehr schw­er, an den Ort des
Schreck­ens zurück zu kehren”, berichtete sie. Der Sohn habe zudem erzählt,
dass sein Vater zunächst nicht in der Lage gewe­sen sei, über seine
Erleb­nisse in der NS-Zeit zu reden. Vor zwölf Jahren habe er zum ersten Mal
darüber gesprochen. Noch heute ver­fol­gten ihn Alp­träume, die ihn nachts aus
dem Schlaf fahren ließen. 

Unter den Gästen aus Israel befand sich auch Ester Zil­ber­stein. Sie ist die
einzige weib­liche Über­lebende, die zwis­chen 1945 und 1945 im Beutelager
“Roland” gefan­gen gehal­ten wurde. Wie Hel­ga Enders im Gespräch mit ihr
erfuhr, war sie zu diesem Zeit­punkt 15 Jahre alt. Sie musste im Lager
schwere Arbeit ver­richt­en: Gräben für Kabel ver­legen und mit dem
Press­luftham­mer alten Beton auf­stem­men. Als einzige Nahrung bekam sie damals
Wasser­rüben­suppe mit einem Stück Brot gereicht. 

Um das Tre­f­fen mit den ein­sti­gen Häftlin­gen am 60. Jahrestag entsprechend zu
würdi­gen, will die Schule dazu eine Ausstel­lung vor­bere­it­en und gemeinsam
mit dem Poli­tolo­gen Thomas Irmer eine Broschüre her­aus­geben. Leichter
zugänglich wird dem­nächst auch der Erfahrungs­bericht des Über­leben­den Abram
Lanc­man sein. Englis­chlehrer der Wilsnack­er Schule haben “The Tor­rent of
Fate” inzwis­chen ins Deutsche über­set­zt. Schüler und andere Interessenten
sollen ein Exem­plar erhalten. 

Sorge bere­it­ete dem Wilsnack­er Kol­legium lange Zeit, was aus dem Gedenkstein
wird, wenn die Gesamtschule nach den Som­mer­fe­rien endgültig ihre Pforten
schließt. “Wir sind mit Orts­bürg­er­meis­ter Fritz Olboeter übere­in gekommen,
dass sich die Gemeinde Nit­zow kün­ftig um die Pflege küm­mern wird”, sagte
Ulla Seeger.

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Aus dem Iran geflüchtet

STOLPE-SÜD Kein Bock, aufzuräu­men, nicht schon wieder abwaschen — wer kennt
das nicht. Die nor­malen All­t­agssor­gen eines ganz nor­malen Jugendlichen. Doch
wie sieht die Sache aus, wenn der nor­male Jugendliche ein ausländischer
Asyl­be­wer­ber ist? 

Mon­tag­mor­gen, 6 Uhr. Der Weck­er klin­gelt. Der gebür­tige Iran­er Nima
Taimouri­an springt aus dem Bett. Schnell gewaschen, Früh­stück. Dann aufs Rad
und ab zur Albert-Schweitzer-Gesamtschule in Hen­nigs­dorf. Bio, Mathe,
Deutsch und zurück nach Hause. Soweit wenig außergewöhn­lich. Doch Nimas
Nach­hauseweg führt zum Asyl­be­wer­ber­heim Stolpe-Süd. 

“Leute aus Afri­ka, Viet­nam, Indi­en, aus allen Natio­nen wohnen hier”, erzählt
der 19-Jährige. “Als ich da zum ersten Mal durchge­führt wurde, war das schon
komisch. So viele ver­schiedene Men­schen nebeneinan­der, das ken­nt man im Iran
nicht.” 

Nimas Vater wurde poli­tisch verfolgt 

Bis 2001, in seinem 15. Leben­s­jahr, hat­te Nima im iranis­chen Karaj gelebt,
dort die Schule besucht, mit seinen jün­geren Geschwis­tern Nazn­er und Iman
nach­mit­tags Fußball gespielt. Sein Vater Mohammed diente bei der Armee. Doch
eines Tages wurde aus dem Offizier ein poli­tisch Ver­fol­gter. Wie es genau
dazu kam, will Nima lieber nicht erzählen. “Meinem Vater wurde die
Todesstrafe ange­dro­ht, wir mussten weg”, ver­rät er nur. 

Sein Vater entsch­ied sich für Deutsch­land, da in Berlin schon ein Neffe
wohnte. “Nur mein Vater und ich kon­nten zuerst hier­her kom­men”, erzählt
Nima. Erst ein knappes Jahr später fol­gte seine Mut­ter Siroze mit Nimas
Geschwis­tern ins Flüchtling­sheim Eisen­hüt­ten­stadt, wo Nima und Mohammed
zuerst unterge­bracht wur­den. Nach drei Monat­en fol­gte die Ver­set­zung der
Fam­i­lie nach Stolpe-Süd. 

Im hiesi­gen Asyl­be­wer­ber­heim teilt sich Nima ein kleines Zim­mer mit seinem
Vater. Seine Mut­ter und seine Geschwis­ter bewohnen einen Raum im gleichen
Flur. “Die Duschen und Küche müssen wir uns mit allen Heim­be­wohn­ern teilen.
Die Küche ist aber immer so dreck­ig: Bevor du dein Essen machst, hast du
schon gar keinen Hunger mehr”, schüt­telt Nima den Kopf. 

Dabei ist der junge Iran­er auf die heim­interne Küche angewiesen. “Wir kochen
doch iranisch: Hüh­nchen, Gemüse und viel Reis. Schweine­fleisch verträgt mein
Magen nicht.” Kein Wun­der — Nima ist Moslem. Vier­mal täglich nimmt er sich
Zeit, um auf Per­sisch zu beten. “Meine Fre­undin hat mich beim ersten Mal
ganz schön komisch angeguckt und gefragt, was ich da mache”, erin­nert sich
Nima. “Heute ist das kein Prob­lem mehr.” Nimas Fre­undin heißt Ste­fanie. Sie
ist Hen­nigs­dor­ferin, 16 Jahre alt und besucht wie Nima die 10. Klasse der
Albert-Schweitzer-Gesamtschu-le. Doch der Weg zum glück­lichen Pärchen
gestal­tete sich schwierig. “Oh, meine Eltern waren sauer, als ich ihnen
erzählt habe, dass ich eine Fre­undin habe”, zieht der Iran­er die Augenbrauen
hoch. “Ich solle lieber für die Schule ler­nen, meinte meine Mut­ter. Erst
später hat sie gesagt, dass ich selb­st wis­sen müsse, was ich mache.” 

Inzwis­chen sind Ste­fanie und Nima 15 Monate zusam­men. Ste­fanie besucht ihren
Fre­und regelmäßig im Asyl­be­wer­ber­heim. “Am Anfang wusste ich gar nicht, dass
er da wohnt”, erin­nert sie sich. “Die ersten Besuche waren auch selt­sam. Das
Heim, die Leute, alles war so unge­wohnt. Jet­zt ist das aber okay. In letzter
Zeit hab ich sog­ar schon mit Nimas Vater gequatscht.” Keine
Selb­stver­ständlichkeit, denn Nimas Fam­i­lie übt noch fleißig an der deutschen
Sprache. “Bish­er muss ich die Briefe vom Sozialamt über­set­zen und
beant­worten”, grum­melt der Iran­er. “Selb­st zum Arzt muss ich meine Familie
begleit­en.” Freizeitbeschäf­ti­gun­gen, auf die er gerne verzicht­en würde. Im
Gegen­satz zu seinem Fit­nesstrain­ing. “Vier­mal die Woche gehe ich dafür mit
einem Fre­und aus dem Heim ins Con­ny Island. Das kostet für uns nur fünf Euro
im Monat.” 

Nima achtet auf seine Finanzen. Arbeit­en darf er als Asyl­be­wer­ber nicht. 40
Euro Bargeld bekommt er monatlich vom Sozialamt zugeteilt. Dazu erhält Nima
Wertgutscheine, die nur für Nahrungsmit­tel aus­gegeben wer­den dürfen.
Angenom­men wer­den die Gutscheine nur bei den großen Han­dels­ket­ten. Auch
Rück­geld bekommt Nima bei so einem Einkauf nicht. “Wenn ich Brötchen holen
möchte, muss ich für meinen Fünf-Euro-Gutschein auch Brötchen für fünf Euro
kaufen oder das Rest­geld der Kassiererin schenken.” 

Nicht das einzige Prob­lem, denn: “Die Leute in Hen­nigs­dorf kamen mir am
Anfang so kalt vor.” Auch mit Recht­sex­tremen ist er schon aneinander
ger­at­en. “Die kan­nten schon meinen Namen, da hat­te ich sie noch nie
gese­hen”, so Nima. “Die meis­ten Men­schen hier sind aber nett.” 

Die Abschiebung wäre das Schlimmste 

Bleibt die tägliche Angst, wieder abgeschoben zu wer­den. “Das wäre das
Schlimm­ste. Wir wollen und kön­nen doch gar nicht mehr in den Iran zurück.
Dann wäre das Leben eigentlich vor­bei”, sagt Nima ernst. “Bei jedem Brief,
der kommt, hast du Angst, dass er die Abschiebung bedeutet.” 

Und wenn in einem Schreiben das erhoffte Asyl gewährt wird? “Dann würde ich
nach Berlin oder Frank­furt ziehen, eine Aus­bil­dung zum Hotelfachmann
begin­nen”, kehrt ein Lächeln in das Gesicht des jun­gen Iran­ers zurück.
“Ein­fach lock­er lassen und keine Briefe vom Sozialamt mehr bekommen.”

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Werbeaktion für Garnisonkirche

POTSDAM. Die Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau der Potsdamer
Gar­nisonkirche will auf dem Evan­ge­lis­chen Kirchen­tag im Mai in Hannover
bun­desweit für das Bau­vorhaben wer­ben. An einem Infor­ma­tion­s­stand sollen vom
25. bis 29. Mai auf dem Protes­tanten­tr­e­f­fen auch Sou­venirs ange­boten und
Spon­soren gewon­nen wer­den, teilte Andreas Kitschke vom Vor­stand der
Förderge­sellschaft am Dien­stag in Pots­dam mit. Der 65 Mil­lio­nen Euro teure
Nach­bau der Barock­kirche soll bis 2017 fer­tig gestellt wer­den, der
Grund­stein wurde in der ver­gan­genen Woche gelegt. 

Nach dem Vor­stand habe auch die Mit­gliederver­samm­lung der Fördergesellschaft
das kirch­liche Nutzungskonzept für die Gar­nisonkirche gebil­ligt, so
Kitschke. Damit ste­he der Nutzung als inter­na­tionales Ver­söh­nungszen­trum und
Stadtkirche ohne eigene Gemeinde nichts mehr im Weg. 

Tags zuvor hat­te nach dem evan­ge­lis­chen Kirchenkreis Pots­dam auch die
Berlin-bran­den­bur­gis­che Kirchen­leitung das Nutzungskonzept für den geplanten
Nach­bau der Gar­nisonkirche befür­wortet. Das Konzept biete “angemessene und
weg­weisende” Inter­pre­ta­tio­nen, heißt es in dem Beschluss. Leit­spruch der
Kirche soll nach dem Willen der Leitung der Evan­ge­lis­chen Kirche
Berlin-Bran­den­burg-schle­sis­che Ober­lausitz der Vers “Er wird Frieden
gebi­eten den Völk­ern” aus dem Buch des Propheten Sachar­ja sein. 

Die 1732 eingewei­hte Gar­nisonkirche war beim alli­ierten Luftan­griff auf
Pots­dam am 14. April 1945 schw­er beschädigt wor­den. Die weit­er­hin als Kirche
genutzte Ruine wurde auf Geheiß der DDR-Führung im Juni 1968 gesprengt.

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Lieberose gedenkt der Opfer des Lagers Jamlitz

Mehr als 150 Men­schen gedacht­en gestern der Opfer, die zwis­chen November
1943 und dem Ende des Zweit­en Weltkriegs im Mai 1945 im Arbeitslager
Lieberose-Jam­litz ums Leben gekom­men sind. Das Lager diente den
Nation­al­sozial­is­ten als Neben­lager für das Konzen­tra­tionslager (KZ)
Sach­sen­hausen bei Oranienburg. 

“Gespräche mit Zeitzeu­gen verur­sachen auch heute Entset­zen und Unverständnis
für die Macht der Bar­baren” , sagte Lieberos­es Bürg­er­meis­terin Kerstin
Michelchen während ihrer Gedenkrede. Bis zu 10 000 Juden aus ganz Europa
wur­den in Jam­litz gefan­gen gehal­ten und gezwun­gen, beim Auf­bau des
Trup­penübungsplatzes Kur­mark zu helfen. Mehr als die Hälfte von ihnen starb
an Erschöp­fung, Unter­ernährung oder wurde ermordet. 

Zu dieser Gedenk­feier anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der
Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen und Ravens­brück hat­ten sich viele
Über­lebende des Lagers, zum Teil aus den USA, Israel und Frankre­ich, auf den
Weg nach Bran­den­burg gemacht. Ein­er, der die Qualen in den Jahren 1944 und
1945 über­lebt hat, ist der heute 80-jährige Moshe Fish­bein. Aus seiner
Fam­i­lie über­lebten den Holo­caust nur seine Schwest­er und er selb­st. “Für die
Nazis waren wir nur irgendwelche Krea­turen” , sagte er sichtlich bewegt. Ein
Teil sein­er Erleb­nisse ist im Muse­um nahe der Gedenkstätte in Lieberose für
die Nach­welt festgehalten. 

“Bis heute ist dieses Lager ein Begriff für Tod, Verder­ben und tausend
geschän­dete See­len” , so Ker­stin Michelchen. Kein Inhaftierten habe nach
diesem Infer­no an sein früheres Leben anknüpfen kön­nen. “Einen Kör­p­er kann
man heilen, eine Seele nicht” , betonte Lieberos­es Bürgermeisterin. 

So sind die Wun­den in der Seele von Gabriel Rodan bis heute nicht verheilt.
Als 14-Jähriger wurde er aus Ungarn zunächst ins Ver­nich­tungslager Auschwitz
und anschließend nach Jam­litz deportiert. Bei seinen Schilderun­gen stehen
nicht nur anderen Zeitzeu­gen die Trä­nen in den Augen: “Selb­st rohen Reis
haben wir gegessen, um über­haupt etwas zu haben” , sagt Rodan. Als ihm
dieser Satz über die Lip­pen kommt, stockt auch vie­len Jugendlichen im Haus
der Vere­ine der Atem. Neben Schülern der Gesamtschule Goy­atz waren auch zwei
zehnte Klassen der Müntzer-Realschüler aus Lübben nach Lieberose gekommen.
Sie beka­men die ein­ma­lige Chance, mit Zeitzeu­gen ins Gespräch zu kom­men, um
sich selb­st ein Bild von einem Men­schen zu machen, der den grausamen Alltag
im Außen­lager Jam­litz über sich erge­hen lassen musste.

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Wie Jugendliche Toleranz lernen

(LR, 19.4.) Die Ver­schmelzung der Jugend­klubs “no bud­geT” und “Comet” im neuen
gemein­samen Dom­izil auf dem Komet-Sport­platz im vorigen Jahr war kein
ein­fach­es Unterfangen. 

Inzwis­chen haben sich die Jugendlichen “zusam­menger­auft” , arbeiteten
bere­its an mehreren gemein­samen Pro­jek­ten, für die es jet­zt sog­ar eine
Ausze­ich­nung gab. 

Als Anerken­nung für mehrere Tol­er­anz- und Anti-Extrem­is­mus­pro­jek­te erhielt
der “Fördervere­in für alter­na­tive Jugen­dar­beit und Jugend­kul­tur” im März
eine Urkunde vom Bünd­nis für Demokratie und Tol­er­anz gegen Extrem­is­mus und
Gewalt. 

Trotz enormer Belas­tung, die die Umbauar­beit­en an der Kaltenborner Straße
143 mit sich bracht­en, ließ Club-Chefin Evi­ta Hen­ze die Pro­jek­tar­beit nicht
ruhen. “African Comet” nan­nte sich eines, bei dem deutsche Jugendliche
gemein­sam mit Asyl­be­wer­bern ein Woch­enende ver­bracht­en. Dabei entstanden
neue Kon­tak­te, die das gegen­seit­ige Ver­ste­hen erle­ichtern. Ergeb­nis des
Woch­enen­des war beispiel­sweise ein gemein­sam ein­studiertes Theaterstück
unter dem Titel “Ehe in Afrika” . 

In diesem Jahr startet mit dem Pro­jekt “Farb­film” ein neues Vorhaben. Es
soll mit Asyl­be­wer­bern und Jugendlichen der Ein­rich­tung “Comet” geplant und
real­isiert wer­den. Ziel ist es, einen Film in Guben zu drehen, der das Leben
der Guben­er und der Asyl­be­wer­ber darstellt. 

Vor der Fil­mar­beit ist ein The­ater­work­shop gemein­sam mit dem Cottbuser
Pic­co­lo-The­ater geplant. Wer Lust hat, dabei mitzu­machen, kann sich jeweils
mon­tags bis fre­itags von 10 bis 22 Uhr im Club anmelden.

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Miryam hat überlebt

(LR, 19.4.) Miryam Yaron war ganze sieben Jahre alt — als sie mit ihrer Fam­i­lie im April
1945 auf der Ver­lader­ampe von Bergen-Belsen in einen der drei Züge gepfercht
wurde. Es sollte von dem einen Todeslager in ein anderes gehen — nach
There­sien­stadt. Doch die zehn­tägige Irrfahrt über Soltau, Uelzen,
Wit­ten­berge, Nauen, Berlin, Lübben, Cot­tbus, Sen­ften­berg, Schip­kau endete in
Tröb­itz. Sie, ihre Eltern und die Schwest­er über­lebten die Tor­tour unter
Hunger, Durst, Kälte und den ständi­gen Bombe­nan­grif­f­en, doch der kranke
Vater ver­starb fern sein­er hol­ländis­chen Heimat. 

Miryam Yaron lebt heute in Israel — sie besuchte gestern nach 60 Jahren das
erste Mal die Stätte ihrer Befreiung aus dem “Todeszug” , der ent­lang der
Gleise eine Spur von Mas­sen­gräbern hin­ter­lassen hat. “Neben mir starben
ständig Men­schen in den Wag­gons” , erin­nert sich die Frau — und auch daran:
“Es waren sehr viele Kinder darunter, manche waren noch viel jünger als
ich.” Wer es von den über 2 000 Men­schen im Zug bis Tröb­itz schaffte und
frei kam, als sow­jetis­che Sol­dat­en am 23. April 1945 die Waggontüren
öffneten, hat­te das Ster­ben noch nicht über­standen: In Tröb­itzer Erde ruhen
viele Juden aus zahlre­ichen Län­dern der Welt — Opfer von Unter­ernährung und
Krankheit. 

Gle­ich neben der Kirche, wo in zwei Mas­sen­gräbern 160 Men­schen begraben
sind, und auf dem jüdis­chen Fried­hof, auf dem 125 Frauen, Män­ner und Kinder
ruhen, ist gestern ihrer und daran, was im Zweit­en Weltkrieg Menschen
Men­schen ange­tan haben, gedacht wor­den. Etwa 50 Juden, ehe­ma­lige Häftlinge
aus dem “Ver­lore­nen Trans­port” und viele begleit­et von jün­geren Angehörigen,
besucht­en die Gräber, legten Steine nieder oder streuten gar mitgebrachte
Erde aus Israel darauf. Hier begeg­neten sich die Juden und die Tröbitzer,
die es “als unsere Ehre und Verpflich­tung anse­hen, die Gedenkstät­ten zu
pfle­gen” , wie es Bürg­er­meis­ter Dieter Schäfer ver­sicherte — und daran
erin­nerte, dass damals auch 26 Tröb­itzer den Tod fan­den. Solche Begegnungen
seien wichtig, um das Schreck­liche wach zu hal­ten, “damit sich so etwas
nicht wieder­holt” , betonte Prof. Johan­na Wan­ka, Brandenburgs
Kul­tur­min­is­terin, in ein­er kurzen Rede. Sie böten den Über­leben­den eine
Chance, der Ver­söh­nung ein Forum zu geben, so die Min­is­terin. Zu den
Teil­nehmern der Gedenkver­anstal­tung gehörten gestern neben Bürg­ern aus dem
Ort auch Vertreter des Kreis­es, des Amtes, der Kirchen und von Parteien. Und
als Isaac Shaf­fer von der jüdis­chen Gemeinde in Berlin das Totenge­bet sang
und sprach, erin­nerte Chanoch Man­del­baum, ein­er der Über­leben­den, vor den
großen Tafeln mit den Namen aller 553 Toten des “Ver­lore­nen Trans­portes” in
bewe­gen­den Worten noch ein­mal an die sechs Mil­lio­nen jüdis­chen Opfer im
Zweit­en Weltkrieg, von denen viele “zur Massen­schlach­tung in die
Ver­nich­tungslager ver­schleppt” wor­den seien. Und alle waren vere­int in der
Hoff­nung: Nie wieder!

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Fußball für die Pimpfe


Neon­azis mod­ernisieren ihre Nach­wuch­sar­beit und lock­en die Jugendlichen mit
harm­losen Freizei­tange­boten an

(TAZ, 19.4.) BERLIN Die Kick­er vom “Sportvolk” genießen in Rathenow einen durchaus
respek­tablen Ruf. Zwar kreb­st die Mannschaft seit langem auf dem letzten
Tabel­len­platz herum. Aber: Schlechter Stil? Auf­fäl­lige Parolen?
Ungewöhn­liche Out­fits? Nein, ver­sichert Nils Ahrens, Recht­san­walt und für
die geg­ner­ische “Partyzan”-Elf aktiv, das wäre ihm neu. Im Gegen­teil: Die
Sports­fre­unde vom Tabel­lenende hät­ten der Turnier­leitung “nie einen Anlass
gegeben zu sagen — ihr dürft hier nicht mehr mit­spie­len”. Rechtsanwalt
Ahrens war deshalb verblüfft, als er in der Zeitung las: Eini­gen Spielern
vom “Sportvolk” wurde ger­ade die rote Karte gezeigt — allerd­ings jenseits
des Fußballfelds. 

Nach Erken­nt­nis­sen der Sicher­heits­be­hör­den wid­me­ten zumin­d­est fünf
“Sportvolk”-Kicker ihre freie Zeit auch der havelländischen
Neon­azi-Kam­er­ad­schaft “Hauptvolk”. Bran­den­burg hat die verfassungsfeindliche
Truppe und ihre Jugen­dor­gan­i­sa­tion “Sturm 27” vor eini­gen Tagen verboten.
Mit diesem “deut­lichen Sig­nal” sei es allerd­ings nicht getan, mahnte
Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU). Auch Schulen, Eltern und Vere­ine müssten
“ihre beson­dere Ver­ant­wor­tung wahrnehmen”. 

Das Pikante an dem Appell: Die kam­er­ad­schaft­sna­he Fußball-Elf “Sportvolk”
und die von einem führen­den “Hauptvolk”-Mitglied in der Stadt geleitete
Kick­box-Gruppe wer­den sich wohl weit­er nach Kräften um den Nach­wuchs in
Rathenow bemühen. Denn bei­de sind nicht von dem Ver­bot betrof­fen. Die
Begrün­dung der Sicher­heits­be­hör­den: Die Grup­pierun­gen seien ja nur zum Teil
“per­so­n­eniden­tisch” mit dem “Hauptvolk”.

Für Fach­leute zeigt der Fall damit exem­plar­isch eine der Schwächen der
Ver­botsstrate­gie im Kampf gegen rechts. Denn viele For­men rechtsextremer
Nach­wuch­srekru­tierung lassen sich nicht so ein­fach unter­sagen. “Die
Kam­er­ad­schaft ist keine Struk­turbe­din­gung für die Jugen­dar­beit der
Recht­sex­tremen”, sagt Wol­fram Hülse­mann, Leit­er des Mobilen Beratungsteams
in Bran­den­burg. Die Recht­sex­trem­is­ten set­zten vielmehr auf andere Wege, um
in unter­schiedliche “All­t­agskul­turen” der Jugendlichen einzudringen. 

Seit ger­aumer Zeit beobacht­en Mitar­beit­er des Mobilen Beratung­steams, dass
Neon­azis mit “niedrigschwelli­gen” Freizei­tange­boten — Sport, Ausflüge,
Lager­feuer­abende — gelang­weilte Teenag­er ködern. Mancherorts hätten
Recht­sex­treme sog­ar ver­sucht, die Jugend­feuer­wehr zu unter­wan­dern. “Die
haben in der Nach­wuch­sar­beit ganz schön dazugel­ernt”, urteilt auch Michael
Kohlstruck, Extrem­is­mus­forsch­er von der TU Berlin. Das Ziel sei, möglichst
“san­ft” an die “Bedarf­s­la­gen” junger Leute anzu­dock­en: “Die Ein­ladung zum
Schu­lungsabend ist in der Regel erst der zweite Schritt.” 

Ein Blick in ein­schlägige Inter­net­foren lässt befürcht­en, dass solche
Pro­pa­gan­darun­den mil­i­tan­ter Neon­azis im Havel­land bald wieder stattfinden
dürften — ungeachtet des jüng­sten Kam­er­ad­schaftsver­bots. Denn kleinlaut
wirken die Kom­mentare nicht, im Gegen­teil — manch­er Kam­er­ad gewin­nt dem
staatlichen Durch­greifen sog­ar Pos­i­tives ab: Es sei ohne­hin Zeit, sich von
der “Vere­ins­meierei” zu ver­ab­schieden, urteilt ein Aktiv­er. Ein anderer
hofft, dass sich die “nationale Szene” nun endlich organisatorisch
“mod­ernisiere”. Das Ziel: noch losere Struk­turen bilden, auf bedruckte
T‑Shirts, Wim­pel oder förm­liche Mit­gliederver­samm­lun­gen verzicht­en. Die
Kam­er­ad­schaft “Weser­ber­g­land” hat diesen Kurs offen­bar bereits
eingeschla­gen — zumin­d­est behauptet sie dies in ein­er im Internet
ver­bre­it­eten Auflö­sungserk­lärung: Um ein­er Ver­bot­sak­tion vorzubeu­gen, trete
die frühere Kam­er­ad­schaft jet­zt nur noch als “Infor­ma­tions- und
Kom­mu­nika­tion­splat­tform” ohne feste Mit­glied­schaften und eigene Finanzen in
Erschei­n­ung. “Wir sind am Puls der Zeit!” 

Das gilt wohl auch für die Tak­tik des Rathenow­er Rechtsaußen-Fußballteams.
Jeden­falls sieht man bei der “Partyzan”-Konkurrenz in der Stadtli­ga offenbar
keinen Grund, den Tabel­len­let­zten zu dis­qual­i­fizieren. Warum auch, fragt
Fußbal­l­lieb­haber Ahrens: “Die wollen doch nur kicken.”

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Rechte Störer nur kurz in Gewahrsam

Seelow (ir/MOZ) Die elf recht­sradikalen Pro­voka­teure, die am Sam­stag von der
Polizei in Gewahrsam genom­men wor­den waren, weil sie mas­siv ver­sucht hatten,
die Feier­lichkeit­en anlässlich des 60. Jahrestages der Schlacht um die
Seelow­er Höhen zu stören, waren am Sam­stagabend wieder auf freiem Fuß. “Die
Inge­wahrsam­nahme erfol­gte zur Gefahren­ab­wehr, also um weit­ere Störaktionen
zu ver­hin­dern. Als die Gedenkver­anstal­tun­gen zu Ende und die Beschuldigten
ver­nom­men waren, wur­den sie frei gelassen”, erk­lärte Thomas Wilde, Sprecher
des Polizei-Schutzbere­ichs. Ob gegen die vor­wiegend aus Märkisch-Oderland
stam­menden jun­gen Män­ner Anklage erhoben wird, entschei­de der Staatsanwalt.

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