(epd, MAZ)POTSDAM Zum 40-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland will der Landtag heute zum Engagement gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aufrufen. “Niemals werden wir dulden, dass für Juden und ihre Einrichtungen ein erhebliches Gefahrenrisiko besteht, dass Synagogen oder Friedhöfe geschändet werden”, heißt es in der geplanten Erklärung, die gestern verbreitet wurde.
Monat: Mai 2005
Feierlicher Appell vor dem Schloss
Neuhardenberg (MOZ) Strammstehen für den Appell: 278 Rekruten des IV./Luftwaffenausbildungsregiments 1 aus der Strausberger Barnim-Kaserne legten gestern vor dem Schloss Neuhardenberg ihr Gelöbnis ab. Rund 1100 Angehörige der Wehrdienstleistenden reisten als Zuschauer für das Zeremoniell an. Unter den Ehrengästen waren ranghohe Offiziere der Luftwaffe, Angehörige der Familie von Hardenberg, zahlreiche Bürgermeister aus Kommunen der Region, Amtsdirektor Gerhard Maslowski und Landrat Jürgen Reinking. Das Gelöbnis nahm der Kommandeur des Strausberger Ausbildungsbataillons Oberstleutnant Thomas Berger ab. Getrübt wurde die Stimmung nur kurzzeitig durch vier jugendliche Störer. Sie wurden in Polizeigewahrsam genommen.
Von Henning Kraudzun
Für Robert Meincke aus Rostock kam die Einberufung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. “Vor sieben Wochen wurde unser Baby geboren, eine Woche später war ich beim Bund”, sagt er. Vor dem Gelöbnis geht er mit Freundin Katja durch Neuhardenberg spazieren, im Kinderwagen schläft der süße Levin. Er sei froh, dass beide für den feierlichen Moment gekommen seien, gesteht Robert.
Als Auftakt einer Karriere in der Bundeswehr sieht Christian Schulze aus Berlin seinen Grundwehrdienst. Seine komplette Familie und Freunde sind nach Neuhardenberg gekommen. “Um Zeitsodat werden zu können, muss ich mich noch anstrengen.”
Ab 14 Uhr ist für beide höchste Konzentration gefragt, um sich beim Einmarsch keinen Fehltritt zu erlauben. In einem offenen Viereck haben sich die vier Kompanien des Ausbildungsregiments vor dem mit Fahnen und dem Regimentswappen geschmückten Schloss-eingang aufgestellt. In Reih und Glied, ohne sich zu rühren, stehen sie vor den wachsamen Augen der Paradeführer.
Für das Bataillon ist es das erste öffentliche Gelöbnis in der Region nach der Verlegung von Holzdorf nach Strausberg. “Vom historischen Ambiente ist das sicherlich eine sehr gute Wahl”, sagt der Presseoffizier des Bataillons, Oberleutnant Rocco Schorsch. Der feierliche Aufmarsch viermal im Jahr sei der eigentliche Höhepunkt des Verbandes. “Sicherlich sorgt es auch in den Familien für bleibende Erinnerungen.”
An das letzte Gelöbnis in Neuhardenberg kann sich indes Albert Lipfert, früherer Bürgermeister von Neuhardenberg und ehemaliger Landrat im Landkreis Seelow, noch genau erinnern: “Im Juni 1990 fand das auch vor dem Schloss statt, noch unter der DDR-Flagge”, sagt er.
Wolfgang Born, Kommandeur der Luftwaffenausbildungsverbände in Köln, würdigt in seiner Rede zum Gelöbnis die Bedeutung Neuhardenbergs als historischen Ort, der “für freies Denken, für Fortschritt und Mut” stehe. Das Schloss sei außerdem als Treffpunkt des mutigen Widerstandes gegen Hitler in Erinnerung geblieben. Seine Ansprache richtet sich jedoch vor allem an die Rekruten, die als Soldaten Teil der Gesellschaft seien sowie als “Staatsbürger in Uniformen” in den kommenden Monaten die Bundeswehr-Leitideen vertreten würden. “Willkommen im Team Luftwaffe”, so der Brigadegeneral.
Für wenige Sekunden wird der Appell indes durch vier Jugendliche gestört, die vor dem Treue-bekenntnis lautstark über den Platz liefen. Feldjäger hindern sie an weiteren Aktionen und übergeben sie der Polizei. Nach Angaben des Polizeisprechers Thomas Wilde seien die drei jungen Männer und eine Frau in die Wache Seelow gebracht und dort vernommen worden. Sie seien aus Berlin angereist. und bereits durch ähnliche Aktionen aufgefallen. Die Bundeswehr erstattete Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Bad Saarow (ib/MOZ) Bad Saarow vor 60 Jahren. Wie der mit SS- und Wehrmachtstruppen sowie zahlreichen Lazaretten vollgestopfte Ort das Kriegsende erlebt hat — darüber hat Saarows Heimatforscher Reinhard Kiesewetter am Dienstagabend vor rund 150 Zuhörern im großen Saal des Hotels Esplanade auf Einladung des Kurortfördervereins referiert.
“Erwarten Sie nicht, dass ich Ihnen die Wahrheit über das Kriegsende in Bad Saarow erzähle”, kokettierte der Ehrenbürger der Gemeinde. Schließlich habe er schon acht Monate vorher seinen Karabiner entsorgt und sich mit Zivilsachen in sowjetische Kriegsgefangenschaft begeben. Alles was er wisse, kenne er nur vom Hörensagen. Und die Wahrheit? “Fünf Bürger erleben ein und dasselbe Ereignis. Alle schreiben es auf — und erzählen fünf verschiedene Geschichten. Jeder sieht es anders”, sagte Kiesewetter. Doch er hat nicht nur mit vielen Soldaten, die das Kriegsende in Saarow erlebten, und anderen Zeitzeugen gesprochen, sondern auch in Archiven unnd Schriften recherchiert. Seine Fakten:
Am 25. Mai 1937 wurde Saarow zur Garnison mit den bereichen Ausbildung, Versuche und Heeresabnahme der Luftwaffen-Sperrballonabteilung. Auf dem Annenhof entstanden zudem drei große Angora-Kaninchenställe, damit die Luftwaffe ihren Beitrag zur Wirtschaft leisten konnte.
1943 zog das SS-Führungshauptamt nach Saarow, da sich die Führung in Berlin nicht mehr sicher fühlte. Die Kindergartenbaracke auf dem Dorfanger Pieskow war SS-Offiziers-Casino; Alte Eichen SS-Stützpunkt 3, wohin die Post für die KZler in Ketschendorf ging.
Als 1944/45 Heimatwehren aufgestellt wurden, blieb Saarow wegen der großen Militärpräsenz davon verschont.
Dafür bildeten SS-Leute auf dem Sportplatz 15-jährige Hitlerjungen des Kreises Beeskow-Storkow an der Waffe aus — als “Wehrwölfe”, die hinter den Linien agieren sollten.
Seit September 1939 ist Saarow Lazarett-Ort — zunächst mit dem damaligen Hotel Esplanade (140 Betten). Es folgten viele weitere Häuser. Die schlimmsten Verletzten lagen im Parkhotel — Arm- und Beinamputierte, Leute mit Erfrierungen. Die SS verlagerte ihr Feldlazarett (seit Januar 1945 im Esplanade) am 20. April Richtung Halbe.
Die Sonderanlagen von Hitlers Leibarzt Prof. Dr. Karl Brandt auf dem jetzigen Humaine-Gelände dienten dazu, kranke Menschen auszusortieren. Dazu ist es in Saarow offenbar nicht mehr gekommen.
Vom 9. März bis 21. April 1945 bezog der Stab der 9. Armee unter General Theodor Busse auf dem Saarower Eibenhof Quartier: Dr. Paul Grabley musste sein Krankenhaus räumen. Busse entkam später aus dem Halber Kessel-Chaos in einem Panzer, der auch über Zivilisten und eigene Soldaten rollte. Er flüchtete in amerikanische Gefangenschaft.
Saarow selbst erlebte das direkte Kriegsgeschehen vom 16. bis 25. April. Jagdbomber flogen kreuz und quer über den Ort. Bei Marienhöhe wurde ein sowjetisches Flugzeug abgeschossen. Ein Insasse, in anderen Berichten ist von dreien die Rede, wurde zum Eibenhof gebracht, erschossen und verscharrt.
Am 20. April wurden die Einwohner aufgefordert, den Ort zu verlassen. Viele folgten dem nicht. Andere, die Richtung Wendisch Rietz gingen, kamen auf der völlig verstopften Straße dort nicht weiter und kehrten zurück, einige gerieten aber auch in den Kessel von Halbe.
Die Rotarmisten kamen am 25. April über eine Notbrücke auf der Autobahn bei Berkenbrück und westlich von Fürstenwalde über die Spree sowie über Neu Golm und Neureichenwalde nach Saarow. Gekämpft wurde vor allem in der Silberberger Straße.
Am 27. April forderten die Befreier über Lautsprecher (“Wir geben euch zu Essen”) die Leute zum Arbeite nauf: Sie mussten in den Wäldern nach Toten suchen. Tote Sowjetsoldaten wurden in der Kolpiner Straße beigesetzt und später nach Beeskow umgebettet.
Die unheimliche Hetzkampagne der Nazis hat ihre Wirkung nicht verfehlt: Auch in Saarow gab es viele Suizide — etwa 40 Zivilisten.
In Saarow gab es etwa 100 tote Soldaten; die meisten starben in den Lazaretten.
“Bei allem, was hier an Einheiten war”, könne Saarow glücklich sein, dass relativ wenig passiert sei, sagt Dr. Peter Grabley, Vorstandsmitglied im Kurortförderverein.
Streit um Studiengebühr
Brandenburg werde bei der Einführung von Studiengebühren zwar keine Vorreiter-Rolle übernehmen, “aber wir werden uns auch nicht von der Entwicklung abkoppeln können”. Dies kündigte jetzt Hochschulministerin Johanna Wanka (CDU) an. Kritik kommt vom Allgemeinen Studenten-Ausschuss (AStA). Deren Vorsitzender Julian Jakob sagt, dass man Studiengebühren ablehne. Er forderte die Viadrina-Leitung zu einem klaren Nein auf. Das Uni-Präsidium hat die Frage von Studiengebühren vor einer Woche erstmalig beraten und will sich nun erst einmal eine Meinung bilden.
“Irgendwie” kann Jura-Student Martin Bredol (24) die Befürworter einer Studiengebühr verstehen. Für viele andere Leistungen müsse man auch bezahlen, argumentiert er. Doch von Falko Noll (24), der ebenfalls Jura studiert, und Doktorand Jan Musekamp erhält er Kontra. Das wäre eine unsoziale Regelung, viele würden ihr Studium möglicherweise mit einen erheblichen Schuldenberg beenden, erwidert Falko Noll.
Jan Musekamp spricht sich für ein klares Nein zu Gebühren aus. Wenn der Staat die vielfach versprochene soziale Abfederung wirklich erreichen wolle, dann bliebe doch kaum etwas von dem Geld übrig. Seine Sorgen ist dabei, dass es bei den Ankündigungen bleiben werde. Letztendlich aber räumten die drei ein, dass eigentlich noch viel zu wenig über die Ausgestaltung bekannt sei.
Die Studiengebühr sei nicht an sich gut oder schlecht. Es komme darauf an, wie sie gestaltet werde, sagte Brandenburgs Wissenschaftsminister Johanna Wanka bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Studiengebühr. Zu der Runde hatten Junge Union und der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) eingeladen.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Verbot der Studiengebühren kassiert hat, ist nun der Weg offen. Konkrete Pläne zur Einführung von Gebühren gebe es für Brandenburg derzeit nicht, sagte die Ministerin. Wenn eine Studiengebühr eingeführt werden sollten, dann sollte sie “sozial verträglich sein”. Die Gelder sollten den Hochschulen zugute kommen. Allerdings räumte Johanna Wanka ein, dass keiner eine Garantie dafür unterschreiben könne.
(Detlef Klementz, MOZ) Strausberg Bürgervereine, Parteien und Einzelpersonen setzen sich dafür ein, der in Strausberg lebenden vietnamesischen Familie Nguyen das Bleiberecht zu gewähren. Die Duldung läuft am 31. Mai aus. Dann droht nach 15 Jahren in der Bundesrepublik die Abschiebung.
Bekannt wurde der Fall eigentlich durch die beiden in der Bundesrepublik geborenen Kinder. Die neunjährige Ngam und der siebenjährige Thien besuchen die Vorstadt-Grundschule. In der Kita “Wirbelwind” hatten sie unlängst anderen Kindern erzählt, dass sie leider bald wegziehen müssten. “Da haben wir natürlich nachgefragt und die ganze Geschichte erfahren”, sagt Erzieherin Karin Forbrig. Die hat dann zusammen mit ihrem Mann “alle Kontakte mobilisiert”, um der Familie, die seit Anfang 2001 im Albin-Köbis-Ring wohnt, das Bleiberecht zu ermöglichen. “Die Zeit drängt ja”, setzt Mi-chael Forbrig hinzu. Er weist darauf hin, dass die Eltern, die sich in der öffentlichkeit nicht äußern wollen, in einem Asia-Imbiss arbeiten — “also kein Sozialgeld beziehen”. Der Vater sei 1991 nach Deutschland eingereist, nachdem er zuvor zwei Jahre als Vertragsarbeiter in der Tschechoslowakei tätig gewesen sei. Die Ehefrau folgte laut Forbrig ihrem Mann 1992.
Die Anträge auf Asyl wurden ebenso abgelehnt wie jene auf Aufenthaltserlaubnis. Zuletzt war die Duldung bis zum 31. Mai verlängert worden. “Sobald vietnamesische Pass- beziehungsweise Ersatzdokumente ausgestellt sind, droht die Abschiebung”, erklären die Forbrigs. Dazu sei die Familie bereits im Februar durch die Ausländerbehörde zu einem Lokaltermin mit Vertretern der vietnamesischen Botschaft einbestellt worden.
Nach Bekanntwerden des Falles wird die Liste jener immer länger, die für die Familie Ngyen ein Bleiberecht fordern. Dazu zählen unter anderem die Bürgervereine Vorstadt, Nordheim und Hegermühle, Erzieherinnen und Kinder der Kita “Wirbelwind”, die Ortsvorstände von SPD und PDS, die Alternative Jugend Strausberg und Mitarbeiter des Sozialparks sowie zahlreiche Einzelpersonen.
Bürgermeister Hans Peter Thierfeld hatte sich bereits am 29. April an den Landrat mit der Bitte gewandt, das Anliegen zu unterstützen. Am Dienstag schrieb er in dieser Sache zudem an Innenminister Jörg Schönbohm.
Auf die Zuständigkeit des Innenministeriums verweist auch das Landratsamt, das sich in dieser Frage nicht in der Pflicht sieht. Der Fall liege bei der Härtefallkommission, erklärte Pressesprecher Tobias Seyfarth. Ob hier ein Härtefall vorliege, werde die Kommission entscheiden, deren nächste Sitzung am 26. Mai stattfindet. Seyfarth weiter: “Die dann folgende Empfehlung des Innenministeriums werden wir befolgen und umsetzen.”
Die Ausländerbeauftragte des Landkreises, Marianne Huhn, würde das Bleiberecht wohl begrüßen. “Ich will aber keine Hoffnung schüren, letztlich entscheidet der Innenminister”, sagte sie gegenüber der MOZ. Da jeder Fall anders sei, wollte sie auch keine Parallelen zur vietnamesischen Familie Nguyen aus Altlandsberg ziehen, für die die Härtefallkommission Ende April dem Innenminister das Bleiberecht empfohlen hatte. Dessen Entscheidung steht allerdings noch aus. Nach Angaben von Marianne Huhn leben derzeit im Landkreis übrigens rund 400 Asylbewerber, von denen etwa zwei Drittel länger als vier Jahre in Märkisch-Oderland ansässig sind.
Wichtiger Impuls für Strausberg
Strausberg (dkz/MOZ) Großer Bahnhof gestern am Bundeswehrstandort Strausberg: Bundespräsident Horst Köhler besuchte am Nachmittag für rund drei Stunden das IV. Bataillon des Luftwaffenausbildungregiments 1 in der Barnim-Kaserne. Dort erhalten zurzeit 300 wehrpflichtige Rekruten ihre allgemeine militärische Grundausbildung.
Begrüßt wurde der Bundespräsident unter anderem vom Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Klaus-Peter Stieglitz, und von Bürgermeister Hans-Peter Thierfeld, der die Visite als “wichtigen Impuls für Strausberg” würdigte.
Oberstleutnant Thomas Berger, der vor rund sechs Wochen das Kommando des Bataillons übernommen hat, gab einen kurzen Abriss über die Entwicklung und Schwerpunktaufgaben des Truppenteils. Wie er darstellte, beeinflusse die Ausrichtung der Streitkräfte auf die “wahrscheinlichsten Aufgaben, nämlich Einsätze im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus, auch ganz wesentlich die Ausbildungslandschaft”. Derzeit verfügten 15 Soldaten über Auslandserfahrung. Für dieses Jahr seien weiter vier Soldaten für solche Einsätze vorgesehen.
Anschließend informierte sich der Bundespräsident bei einem Rundgang an verschiedenen Stationen über den hohen Stand der Ausbildung. Dazu gehörte unter anderem das Schießtraining im Simulator sowie die Fahrzeug- und Personenkontrolle an einem nachgestellten Checkpoint. An der Station “Leben im Felde” informierte sich Horst Köhler, wie die Rekruten auf sich allein gestellt klarkommen. Dabei sorgte der Einwurf eines Soldaten, der selbst gebaute Kühlschrank im Wald müsse getarnt werden, damit der Feind das Essen nicht stehle, für Heiterkeit.
Dem Rundgang folgten zwei Gesprächsrunden: Einmal mit Soldaten und Soldatinnen, Vertrauensleute und Vertretern des Personalrates. Dem schloss sich ein Gespräch mit Soldaten über deren Erfahrungen bei Auslandseinsätzen an, wobei auch die Lebenspartner zugegen waren.
Verabschiedet wurde der Bundespräsident erneut mit militärischer Ehrenerweisung und vom Fanfarenzug des KSC.
Die bildungspolitische Vereinigung der Rechtsextremisten hätte Anspruch auf bis zu 20 000 Euro – deshalb will die Koalition jetzt das Gesetz ändern
(Michael Mara, Tagesspiegel) Potsdam — Trotz großer juristischer Risiken wollen die Koalitionsfraktionen SPD und CDU verhindern, dass die rechtsextreme DVU für ihre parteinahe bildungspolitische Stiftung “Brandenburg gestalten e.V.” Zuschüsse erhält. Das neue Haushaltsgesetz, das am heutigen Freitag verabschiedet wird, soll deshalb in letzter Minute geändert werden. Das bestätigten die Koalitionsfraktionen gestern.
Bislang mussten Parteien mindestens zwei Legislaturperioden im Landtag vertreten sein, um für ihre Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen Zuschüsse des Landes zu erhalten. Danach hätte die DVU, die 2004 zum zweiten Mal die 5‑Prozent-Hürde übersprungen hat, Anspruch auf jährlich rund 17 000 bis 20 000 Euro. Nach dem Willen von SPD und CDU sollten deshalb künftig drei Legislaturperioden nötig sein. Die Rechtsextremen haben Verfassungsklage angekündigt, sollte diese Regel beschlossen werden.
Eine solche Klage hätte nach Ansicht von Verfassungsrechtlern und der PDS- Opposition gute Erfolgsaussichten. Auch Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sagte gestern, es könne durchaus sein, dass diese “benachteiligende Regelung dem Verfassungsgericht zu weit geht”.
Die Mahnungen zeigten am Donnerstag Wirkung: Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und die Innenpolitiker der Regierungskoalition berieten am Rande der Landtagssitzung, wie der entsprechende Passus im Haushaltsgesetz “juristisch wasserdicht” formuliert werden kann. Dann verständigten sie sich darauf, dass ein dreimaliger Einzug in den Landtag nicht das einzige Kriterium für die Zahlung von Zuschüssen an Stiftungen sein soll. Es soll auch der einmalige Einzug in den Landtag reichen, sofern die Partei zugleich in Bundestag und Europaparlament vertreten ist. Für Zuschüsse an kommunalpolitische Vereinigungen von Parteien soll es reichen, wenn diese im Landtag und gleichzeitig in mindestens 50 Prozent der Kreistage in Fraktionsstärke vertreten ist.
Die PDS bezweifelte allerdings, dass sich dadurch die “rechtliche Zweifelhaftigkeit” der Regelung ändere. Sie befürchtet ein “juristisches Desaster”. Auch die Grünen warnten, dass diese politisch motivierte Gesetzesänderung vor Gericht keinen Bestand haben werde. Der Verwaltungsrechtler Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität sagte, man bewege sich auf “dünnem Eis”.
Der DVU-Landeschef und Fraktionsgeschäftsführer Sigmar-Peter Schuldt kündigte an, dass seine Partei auf jeden Fall klagen werde: “Welche Hürden man auch aufbaut, sie verstoßen gegen den Gleichheitsgrundsatz.”
Koalition hält an “Lex DVU” fest
Keine Zuschüsse an rechtsextreme Partei
(MAZ) POTSDAM Die Koalition will die Voraussetzungen für Landeszuschüsse an parteinahe Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen präzisieren. Die umstrittenen Änderungen sollen heute verabschiedet werden, teilten die Fraktionen von SPD und CDU gestern mit. Die jüngsten Ergänzungen sollen verhindern, dass die rechtsextreme DVU-Fraktion mit ihrer angekündigten Klage vor dem Landesverfassungsgericht Erfolg hat.
Die DVU-Fraktion kritisiert, dass mit der Verschärfung der Voraussetzungen besonders ihre Partei getroffen werden solle. So soll künftig nur noch Geld an parteinahe Stiftungen fließen, wenn eine Partei mindestens drei Mal in Folge in den Landtag gewählt wurde oder — und das ist neu — sowohl bei den letzten Wahlen zum Landtag, zum Bundestag und zum Europaparlament mindestens fünf Prozent der Stimmen geholt hat. Damit soll eine Benachteiligung der Grünen und der Liberalen ausgeschlossen werden.
Diese Regelung soll auch für Zuschüsse für die kommunalpolitischen Vereinigungen von Parteien gelten. Dortiger Zusatz: Mittel werden gezahlt, wenn eine Partei im Landtag und in mindestens der Hälfte der 18 Parlamente von Kreisen oder kreisfreien Städten in Fraktionsstärke sitzt.
Die Koalition werde mit den Ergänzungen nicht die Klage der DVU verhindern können, sagte der CDU-Innenexperte Sven Petke. “Wir glauben aber, dass die Regelung auch vor dem Verfassungsgericht Bestand haben wird.”
Die PDS lehnt die Änderung ab. Damit werde die DVU in den Schlagzeilen bleiben und eine große Chance haben, einen Erfolg vor Gericht zu erreichen. Die Grünen kritisierten die Verschärfung als “Lex DVU”. Rot-Schwarz sei nicht in der Lage, sich mit dem Rechtsextremismus politisch auseinander zu setzen.
Politische Stiftung der DVU soll kein Geld erhalten
(MOZ) Potsdam (ddp) Politische Stiftungen der rechtsextremen DVU in Brandenburg sollen keine Unterstützung vom Land erhalten. Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU schlagen entsprechende Neuregelungen im Haushaltsgesetz vor. Die Vorgaben für Zuschüsse an politische Stiftungen und kommunalpolitische Vereinigungen seien am Donnerstag in der Koalition modifiziert worden, sagte CDU-Innenexperte Sven Petke. Sie sollen am Freitag mit dem Doppeletat 2005/2006 im Parlament beschlossen werden. Die nicht im Landtag vertretenen Grünen übten scharfe Kritik an den Vorschlägen der Koalition. Auch die oppositionelle PDS-Fraktion sieht das Vorhaben mit Skepsis.
Bislang unterstützt das Land politische Stiftungen von im Landtag vertretenen Parteien. Künftig sollen nach dem Willen der rot-schwarzen Koalition nur noch die politischen Stiftungen Geld erhalten, deren nahe stehende Partei zum dritten Mal in Folge im Landtag vertreten ist oder Mandate im Bundestag oder dem Europäischen Parlament inne hat. Zudem sollen kommunalpolitische Vereinigungen unterstützt werden, deren nahe stehende Partei zum dritten Mal hintereinander im Landtag oder mindestens in der Hälfte der Parlamente der Landkreise und kreisfreien Städte vertreten ist. Brandenburg hat derzeit 14 Landkreise und 4 kreisfreie Städte.
Die DVU sieht sich durch die Neuregelungen benachteiligt. Sie ist erst zum zweiten Mal in Landtag vertreten und würde damit keine Förderung erhalten. Fraktionschefin Liane Hesselbarth warf Abgeordneten von SPD und CDU “kriminelle Energie” vor. In keinem anderen Land gebe es solche Angriffe auf den Gleichheitsgrundsatz. Der DVU-nahen Stiftung stünden bis zu 20 000 Euro zu. Die Fraktion werde ihre Rechte vor dem Landesverfassungsgericht einklagen. Zudem scheue die Partei nicht den Gang vor das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof.
Nach Ansicht von Petke ist die Gesetzesänderung mit der Verfassung vereinbar. Die DVU habe in den Kommunen keine Basis. Es wäre “schmerzhaft”, wenn die rechtsextreme Partei 2006 im Jahr der Bundestagswahl staatliches Geld für ihren Wahlkampf erhalten würde.
Grünen-Landeschef Joachim Gessinger äußerte dagegen verfassungsrechtliche Bedenken. Die “Lex DVU” sei ein Versuch, “die ungeliebte Konkurrenz durch eine eindeutig politisch motivierte Gesetzesänderung zu behindern”. Bei einem Sieg vor dem Verfassungsgericht werde das “politisch anspruchs- und wirkungslose Häuflein von Abgeordneten der DVU samt ihrer kaum existenten Partei unnütz aufgewertet”. Zugleich warf Gessinger der rot-schwarzen Koalition vor, sie sei nicht in der Lage, sich mit der parlamentarischen Repräsentanz des Rechtsextremismus in Brandenburg politisch auseinanderzusetzen.
Die letzten Monate, Wochen und Tage haben gezeigt, dass gezielte, organisierte und geplante Aktivitäten von Neonazis in Cottbus immer stärker werden. So häuften sich rassistische Übergriffe in der letzten Zeit auf AusländerInnen, Andersdenkende, alternativ aussehende Jugendliche und auf einen Jugendklub in dem eine antifaschistische Infoveranstaltung geplant war.
Anfang Februar des Jahres 2005 wurden zwei Stundenten der BTU Cottbus aus Kamerun angegriffen. Als die beiden Männer aus der Disco “Sound” heraustraten begegneten sie einer Gruppe von sechs Jugendlichen, die sie beschimpften. Vier der Rassisten schlugen auf die Kameruner ein. Einer der beiden wurde am gleichen Abend gemeinsam mit seinem Begleiter in einem Einkaufsmarkt von rechten Jugendlichen angepöbelt und bedroht.
In der Nacht zum 5. April wurde ein 16-jähriger Afghane in einem Nachtbus, der nach einem Besuch in der Disco “CB” auf dem Weg nach Hause war, Opfer eines rassistischen Überfalls. Der Angriff fand aus einer Vierergruppe Deutscher heraus statt, die den Jugendlichen zunächst aufgrund seiner Herkunft beleidigten und als dieser sich verbal gegen die Täter wehrte wurde er brutal angegriffen. Ein 23-jähriger Nazi hat den 16jährigen Afghanen beschimpft und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sodass dieser schwer verletzt wurde.
In der Nacht vom 7. zum 8. Mai wurde ein 57-jähriger Inder, der von seiner Arbeit auf dem Weg nach Hause war, von zwei Nazis überfallen.
Die Nazis beleidigten den Mann und zwangen ihn gewaltsam aus den Bus auszusteigen, mit dem er nach Hause fahren wollte. Die Nazis folgten ihm und schlugen ihm mehrfach ins Gesicht, so dass er sich hätte stationär behandeln lassen müssen. Aus Angst vor weiteren Nazi Attacken tat er dies nicht und erstattete auch keine Anzeige. Die Insassen des Busses, drei Frauen, ein Mann und der Busfahrer, die den Angriff offenbar beobachteten, griffen jedoch nicht ein
Am Freitag den 13. Mai haben in der Diskothek “CB” Nazis fünf Kameruner beleidigt und beschimpft. Die Nazis konnten von den Männern gebremst werden, so dass versuchte Angriffe in einer “Rangelei” endeten.
Die Angriffe werden sich immer weiter häufen wenn wir nicht endlich gemeinsam handeln
…and it will never end!
Am vergangenen Sonnabend, dem 14. Mai 2005, stürmten etwa 20 Nazis den Jugendklub “Fragezeichen” in Cottbus. Sie drangen gegen 17 Uhr zielgerichtet in die Räume des Klubs ein und griffen Besucher tätlich an. Mehrere Besucher wurden durch Tritte und Schläge so verletzt, dass sie im Krankenhaus ambulant behandelt werden mussten. Innerhalb von fünf Minuten zerstörten die Nazis Teile des Mobiliars und der Veranstaltungstechnik. Zur gleichen Zeit war in dem Klub eine Bildungsveranstaltung angekündigt, die über Tendenzen in der rechtsextremen Szene aufklären sollte. Die am Abend stattfindende Soliparty der Antifa Cottbus konnte noch gut besucht und entschlossen stattfinden.
Der Angriff auf die Infoveranstaltung war geplant und strukturiert durchgeführt. Er lässt sich in eine vorher nicht geahnte Brutalität und Organisation der Nazis einordnen. Daher lässt sich vermuten, dass sich hinter dem Angriff organisierte Nazigruppen befinden. Marcel Forstmeier, ein notorischer Neonazi, der u.a. in den 90er Jahren Rädelsführer der JN- Spreewald war, gilt als Organisator des Anschlags. Er und ein weiterer Nazi verschafften sich Zugang zum Jugendklub und riefen eine weitere Gruppe von Schlägernazis an, die in den Jugendklub rein knüppelten und mehrere BesucherInnen verletzten.
Marcel Forstmeier ist heute “Webmaster”, Organisator und Rädelsführer der Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg, die im Internet ihre Kameratten zu einem “gemeinsamen und geschlossenen Handeln” aufruft. “Junge Widerstandskämpfer” gedachten am 15. Februar diesen Jahres auf dem Cottbuser Südfriedhof der Opfer der Bombardierung vor 60 Jahren und legten einen Kranz nieder.
Kaum eine Woche später versammelten sie sich, “um den leidenschaftlichen Kampf Horst Wessels nachzuempfinden” und einen Vortrag über das politische Soldatentum zu lauschen. “Der unbekannte politische Soldat ist der eigentliche Held unserer Bewegung” tönt die Gesinnungsgemeinschaft, die nach eigenen Angaben auch beim Aufmarsch der Rechtsextremen in Dresden mit 300 Leuten mit von der Partie war. Forstmeier selbst spinnt im Datennetz Fäden in der Kameradschaftsszene nach Cottbus so z.B. zu Sturm Cottbus, die auf Naziaufmärschen in Dresden (13.Februar), Leipzig (1.Mai) und Delitzsch (8.Mai) gesehen wurde.
Die gezielten Angriffe der Nazis, ihre Vernetzung in Süd/ Ost Brandenburg, und ihr öffentliches Auftreten bei Demos lassen eine neue, für Cottbus noch nicht bekannte Sprache sprechen.
Wir werden die Angriffe der Nazis nicht unbeantwortet lassen. Wir lassen uns von ihren gewaltsamen Versuchen, Menschen zu terrorisieren, die nicht in ihr hirnverbranntes und menschenverachtendes Bild passen, nicht einschüchtern. Wir solidarisieren uns mit allen Opfern rassistischer, nationalistischer, sexistischer und antisemitischer Gewalt.
Es gilt dem braunen Treiben nicht schweigend, ohnmächtig und tatenlos zuzusehen, sondern sich direkt und offen diesem entgegenzustellen!
Wir rufen alle Menschen auf sich an der antifaschistischen Demonstration am 28. Mai in Cottbus zu beteiligen.
Demonstration 28. Mai / Cottbus / Stadthalle / 14 Uhr
Antifaschistisches Aktionsbündnis Südbrandenburg
Fahne geklaut
Am heutigen Donnerstag störten mehrere Aktivisten der JungdemokratInnen/Junge Linke Brandenburg
(JD/JL) massiv das Gelöbnis des Luftwaffenausbildungsbataillons Strausberg in
Neuhardenberg. Mit lauten Tröten und Trillerpfeifen rannten fünf junge Männer und
Frauen im feierlichsten Moment der Zeremonie, dem Sprechen der Treueformel, über den
Appellplatz. Sie riefen dabei Parolen wie „Bundeswehr abschaffen!“, „Soldaten sind
Gärtner“, „Wir wollen euer Heer nicht mehr!“ und zeigten dabei ein Transparent mit
der Aufschrift „Nie wieder Deutschland!“.
Außerdem stibitzten die Störer eine deutsche Nationalfahne vom Appellplatz. Die
Aktivisten protestierten mit dieser Störung gegen Militarismus und deutsche
Großmachtpolitik: „Deutschland will wieder ganz oben mitmischen — das letzte Mal
endete dies mit dem Tod von Millionen Jüdinnen und Juden, Sinti, Roma,
Homosexuellen, Kommunisten und Behinderten. Heute darf die Bundeswehr mit eben jenem
Verweis auf ihre ‚geschichtliche Verantwortung’ wieder überall auf der Welt für
deutsche Machtinteressen morden. Dabei wäre die einzig richtige Konsequenz aus
dieser ‚geschichtlichen Verantwortung’ die Entmilitarisierung Deutschlands, wie es
auch die Potsdamer Konferenz von 1945 beschlossen hatte!“, so eine JD/JL-Sprecherin.
JD/JL LV Brandenburg
Gryphiusstraße 23
10245 Berlin
Brandenburgs neue Landesbeauftragte für Datenschutz, Dagmar Hartge, will die
Datensicherheit in den Mittelpunkt ihrer künftigen Arbeit stellen. “Ganz
aktuell sind dabei im Moment auch Arbeitslosengeld-II-Verfahren”, erklärte
sie.
“Es geht darum, eine Architektur zu schaffen, die dem Bürger Sicherheit
bietet, dass mit seinen Daten sorgfältig umgegangen wird.”
Hartge ist stellvertretende Berliner Beauftragte für Datenschutz und soll
heute im Landtag in ihr neues Amt gewählt werden. Die 42-Jährige will
Sprechstunden in den Kreisstädten anbieten, wenn das gewünscht wird. “Für
die Bürger möchte ich präsent sein, was mir ein wichtiges Anliegen in einem
Flächenstaat ist.”
Auf diese Weise wolle sie Bürger zu Nachfragen oder auch Beschwerden
ermutigen. “Das ist in Berlin ja sichtbar. Wir haben eine sehr hohe Anzahl
von Bürgerbeschwerden über die Art, wie Daten verarbeitet werden.”