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Polizei nimmt elf Rechtsradikale fest

(LR, 20.5.) Im Zusam­men­hang mit dem Über­fall auf den Jugend­club “Frageze­ichen” im
Cot­tbuser Stadt­teil Sach­sendorf am Pfin­gst­sam­stag hat die Polizei heute
elf Per­so­n­en festgenomman. 

Inten­sive Ermit­tlun­gen des Staatss­chutzkom­mis­sari­ates des
Polizeiprä­sid­i­ums Frank­furt (Oder) und Kripobeamten des
Polizeis­chutzbere­ich­es Cot­tbus/Spree-Neiße führten heute Mor­gen zur
Fes­t­nahme von elf Per­so­n­en im Alter zwis­chen 18 und 25 Jahren, die
drin­gend verdächtig sind, an dem Über­fall auf den Jugend­club Fragezeichen
im Cot­tbuser Stadt­teil Sach­sendorf am Pfin­gst­sam­stag beteiligt gewe­sen zu
sein. 

Zur Tatzeit waren gegen 17 Uhr etwa 20 recht­sori­en­tierte und zum Teil
ver­mummte Per­so­n­en in die Räum­lichkeit­en des Jugend­clubs “Frageze­ichen
e.V.” einge­drun­gen und hat­ten drei Anwe­sende durch Schläge ver­let­zt. Die
Täter zer­störten außer­dem Mobil­iar und Musikinstrumente. 

Neun der Tatverdächti­gen sind Cot­tbuser. Zwei weit­ere haben ihren Wohnsitz
im Land­kreis Ober­spree­wald-Lausitz (OSL). Alle Per­so­n­en sind der Polizei
als Recht­sori­en­tierte bekan­nt. Im Laufe des Tages wer­den die ersten
Vernehmungen zum Tat­geschehen durchgeführt. 

Bere­its gestern wurde ein 22-jähriger Cot­tbuser festgenom­men, der
eben­falls eine Tat­beteili­gung an dem Über­fall ges­tand. Außer­dem gab er zu,
am 8.Mai in einem Cot­tbuser Nacht­bus einen 57-jähri­gen Inder geschla­gen zu
haben. Er wurde noch gestern in Unter­suchung­shaft genommen.

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Im Traumzauberland der deutschen Realität

(Autonome Jugen­dan­tifa Bernau [ajab] auf Indy­media, 19.05.2005, 18:10)

Als sich am 27. April erneut der Märkische Heimatschutz (MHS) in Bernau ankündigte um unter dem Mot­to „Krim­inelle Aus­län­der ausweisen“ zu demon­stri­eren, war den kri­tis­chen Antifaschis­ten vor Ort klar, dass alles beim Alten bleiben würde: die Neon­azis um den MHS marschieren gemein­sam mit den Bernauer Nazis durch die Stadt, die Linken laufen hin­ter­her und das Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit mok­iert sich über die Son­nen­brillen und mil­i­tan­ten Sprüche der Let­zt­ge­nan­nten. Doch lei­der musste denen Recht gegeben wer­den, die sich dacht­en „schlim­mer geht‘s immer“ und daher gemein­er­weise als Pes­simis­ten gebrand­markt, anstatt für ihren Scharf­sinn bewun­dert werden. 

Am Auf­marsch beteiligten sich unge­fähr 120 Neon­azis aus dem Umfeld des MHS und dem Nationalen Bünd­nis Preußen (NBP) aus Bernau. Promi­nen­teste Vertreter waren Gor­don Rein­holz, Thomas „Stein­er“ Wulff, René Bethage, Chris­t­ian Banask­iewicz und Andreas Thür­mann. Anlass dieser war eine Gerichtsver­hand­lung im Bernauer Amts­gericht, in der ein türkisch­er Imbissverkäufer der sex­uellen Nöti­gung junger Mäd­chen in zwei Fällen beschuldigt wurde. Die in der recht­en Szene typ­is­che Agi­ta­tion gegen „krim­inelle Aus­län­der“ und Verge­waltiger vor allen von kleinen, deutschen Mäd­chen, über­raschte nicht. Lediglich die Präsenz des MHS in Bernau ver­wun­derte, schließlich nah­men sie am Auf­marsch gegen den linken Jugend­club DOSTO im Jan­u­ar 2005 ver­mut­lich wegen Dif­feren­zen mit den NPD-nahen Struk­turen in Bernau nicht teil. Nicht zulet­zt auf­grund der augen­schein­lichen Aussöh­nung erre­ichte die Teil­nehmerzahl auf dem sech­sten Auf­marsch in Bernau inner­halb eines Jahres, trotz spon­tan­er Mobil­isierung, einen trau­ri­gen Höhep­unkt. Die völkische Pro­pa­gan­da der Neon­azis kon­nte – volk­snah — wie schon bei den Aufmärschen gegen den Sozial­ab­bau von Rot-Grün im Herb­st ver­gan­genen Jahres dies­mal sog­ar durch die Innen­stadt getra­gen wer­den. Aus strate­gis­chen Aspek­ten wurde der Anschlag auf den türkischen Imbiss des ehe­ma­li­gen Besitzers nicht erwäh­nt, eben­so wenig wie der Anschlag auf das DOSTO in der Nacht nach dem Auf­marsch gegen den Jugendclub. 

Nach­dem das Gewalt­po­ten­tial der lokalen Neon­aziszene im Ver­gle­ich zu den 90er Jahren deut­lich zurück­ge­gan­gen ist, entwick­elt sich aktuell eine neue Qual­ität recht­sex­tremer Aggres­sio­nen. Dabei wird beson­ders die Medi­en­wirk­samkeit zum entschei­den­den Fak­tor. Für die Zivilge­sellschaft stellt sich zwangsläu­fig die Auf­gabe aus mehr Nazis weniger und aus weniger Antifaschis­mus mehr zu machen. Inhalt und Funk­tion dieses Para­dox­ons sollen im Fol­gen­den näher erläutert werden. 

Man muss nicht erst den Text der Gruppe Daniljuk zur Befreiung Bernaus gele­sen haben um die deutsche Real­ität auf Bernau zu pro­jizieren. Erin­nerungskul­tur und Staat­san­tifa im Gepäck befre­it sich Deutsch­land gegen­wär­tig von sein­er Ver­gan­gen­heit. Als ver­längert­er Arm der Berlin­er Repub­lik in Bernau agiert das Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit. Seit unge­fähr einem Jahr, seit dem ersten Auf­marsch des MHS am 21. April 2004, treibt es sein Unwe­sen. Anlässlich der Reich­s­pogrom­nacht und des 60. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz organ­isierte das Net­zw­erk Gedenkver­anstal­tun­gen, gegen die Aufmärsche der Neon­azis wurde die Zivilge­sellschaft mobil­isiert. Die Linke hat sich trotz anfänglich­er Bauch­schmerzen in das Net­zw­erk inte­gri­ert und bekommt nur noch Migräne, wenn ihr DOSTO aus deren Rei­hen kri­tisiert wird. Aus strate­gis­chen Grün­den, schließlich hat­ten die Mit­glieder im Net­zw­erk indi­rekt Ein­fluss auf die Frage der Finanzierung eines neuen Objek­tes für das herun­tergekommene DOSTO, pak­tierten bei­de Parteien. Obwohl mit­tler­weile klar ist, dass das DOSTO ein neues Gebäude bekommt, hat sich an dem Appease­ment nichts geän­dert. Als müsste man den Bernauer Linken Geschicht­srel­a­tivis­mus auf dem Sil­bertablett servieren, ignori­erten diese die Plakate, die das Net­zw­erk am 27. April auf dem Mark­t­platz aufhing. In Anlehnung an die Zigaret­ten­war­nun­gen standen dort die Slo­gans „Nation­al­sozial­is­mus führt zu Krieg“ und „Nation­al­sozial­is­mus kann tödlich sein“. Die Wider­wär­tigkeit dieser Idee wird nur noch durch den Kon­text der Aus­sagen übertroffen. 

Beson­ders die Anspielung auf den 2.Weltkrieg passt in den aktuellen Geschichts­diskurs in Deutsch­land, dessen Schw­er­punkt auf dem Kriegsende 1945 liegt. Die Lei­den der Deutschen im Zusam­men­hang mit dem Krieg, die unter den Stich­wörtern „alli­iert­er Bomben­ter­ror“ und „Vertrei­bung“ die Runde machen, sind wesentlich­er Bestandteil der bun­des­deutschen Erin­nerungskul­tur. Selb­st den Bernauer Kuschellinken sind in diesem Kon­text geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Bemerkun­gen aufge­fall­en, so zum Beispiel der Ver­gle­ich der roten Fahne mit der Fahne der NSDAP, den die Vor­sitzende des Net­zw­erkes Eva-Maria Rebs auch später nicht rev­i­dierte und vielmehr bei der eigens zur Klärung organ­isierten Diskus­sionsver­anstal­tung fest­gestellt wer­den musste, dass diese Äußerung nur die Spitze des Eis­berges war. Die weni­gen Antifaschis­ten, welche die Bom­bardierung deutsch­er Städte durch angloamerikanis­che Alli­ierte und das Exis­ten­zrecht Israels vertei­digten, wur­den als Faschis­ten dif­famiert und von nun an als „uner­wün­schte Per­so­n­en“ bei Anti-Nazi-Aktio­nen isoliert. Zum Tag der Befreiung Bernaus um den 20./21. April erschienen mehrere Artikel in den lokalen Zeitun­gen, zu denen das Net­zw­erk im übri­gen gute Kon­tak­te pflegt, die das beliebte Motiv der von Sol­dat­en der Roten Armee verge­waltigten, deutschen Frauen entkon­tex­tu­al­isiert auf­grif­f­en. Neben den Leuten vom Net­zw­erk hätte man auch die lokalen Antifas, deren Engage­ment sich im exzes­siv­en Kleben von Aufk­le­bern gegen Verge­waltiger erschöpft, auf dem Nazi­auf­marsch am 27. April erwarten kön­nen. Dass wir mit dieser doch eher zynisch intendierten Analyse wieder ein­mal Recht behal­ten soll­ten, hat sog­ar uns über­rascht. Tat­säch­lich schloss sich der 40-köp­fige Mob um das Net­zw­erk, das keine Gegenkundge­bung organ­isierte, dem Auf­marsch an. Dieser aus Ver­hand­lun­gen mit der Polizei resul­tierende Kom­pro­miss, brachte nicht ein­mal die antifaschis­tis­che Avant­garde dazu, sich dem Szenario zu entziehen. Ob dies als Voyeuris­mus, Drang zur Selb­st­darstel­lung oder Aus­druck der Gle­ichgültigkeit zu inter­pretieren ist, spielt keine Rolle. Hat man sich doch der abzulei­t­en­den Kri­tik gegenüber immun gemacht. So waren sich alle Anwe­senden einig in ihrem guten Gewis­sen, wenig­stens etwas gegen die Nazis getan zu haben. Dass sich die mit dem guten Gewis­sen vielmehr lächer­lich gemacht haben, ist auch den Neon­azis nicht entgangen. 

Die Ver­harm­lo­sung der deutschen Ver­nich­tung­stat impliziert neben dem Aspekt der his­torischen Igno­ranz auch noch den der emo­tionalen Dis­tanz. Der Kreativ­ität des Net­zw­erkes und des DOSTO‘s kann nicht ein­mal die Ver­nun­ft Gren­zen set­zen, die im Irrgarten der Irra­tional­ität unauffind­bar zu sein scheint. Obwohl vor allem die Bernauer Linken doch eher fühlen als denken, ist von Empathie für die Opfer der Shoah nichts zu spüren. Wie soll man son­st die Gle­ichgültigkeit der Linken gegenüber den Plakat­en auf dem Bernauer Mark­t­platz inter­pretieren? „Nation­al­sozial­is­mus kann tödlich sein“ stand dort geschrieben, wo vor mehr als 60 Jahren der Reich­spro­pa­gan­damin­is­ter Joseph Goebbels eine Rede hielt. 

Diese emo­tionale Dis­tanz artikulierte sich schon bei den Protesten gegen den Auf­marsch im Jan­u­ar, der sich gegen die Finanzierung des Jugend­clubs DOSTO richtete. Zwar wurde das angedachte Mot­to der Gegenkundge­bung „Nazis au
slachen“ ver­wor­fen, dafür waren um den Bernauer Bahn­hof Plakate mit Slo­gans wie „Thor war Aus­län­der“ oder „Borgt euch doch ein Zelt“ ange­bracht. Damit befind­et sich das Net­zw­erk in einem gewis­sen Wider­spruch zur rot-grü­nen Staat­san­tifa, die sich das Ver­höh­nen von den Opfern der Nazis nicht leis­ten kann, im Gegen­teil die Shoah sog­ar als „Teil der deutschen Iden­tität“ (Bun­de­spräsi­dent Horst Köh­ler) definiert. 

Abge­se­hen von der gerin­geren Sen­si­bil­ität ste­ht das Net­zw­erk dem offiziellen „deutschen Weg“ jedoch in nichts nach, der prov­inzielle Rück­stand Bernaus ist min­i­mal. Die eigene Schuld wird einge­s­tanden und an eine abstrak­te, deutsche Ver­ant­wor­tung gekop­pelt, der erst­mals 1999 im Bom­barde­ment Jugoslaw­iens Aus­druck ver­liehen wurde. 

Doch zurück ins Traumza­uber­land: Der Bericht auf infori­ot von „Bernauer Antifa“, wo von 100 Gegen­demon­stran­ten und mas­siv­en Störun­gen die Rede ist, deutet sowohl von Zahlen­blind­heit, als auch von Hal­luz­i­na­tio­nen. Der Protest lässt sich objek­tiv fol­gen­der­maßen beschreiben: Frau Rebs und ihre Kol­le­gen ste­hen vor dem Rathaus und vertei­di­gen ihren Arbeit­splatz und das Sym­bol der Stadt. Die PDS-Lang­tagsab­ge­ord­nete Dag­mar Enkel­mann (die bei der Land­tagswahl 2004 beina­he zur Bran­den­burg­er Min­is­ter­präsi­dentin gewählt wurde) hält den Neon­azis Plakate vor das Gesicht. Der Sparkassenchef Josef Keil (SPD) disku­tiert mit den anwe­senden Neon­azis. Einige Antifas plaud­ern mit Vertretern der Anti-Antifa aus dem Umfeld der Autonomen Nation­al­is­ten Berlin (ANB). Die üblichen Verdächti­gen aus dem­linksradikalen Lager wer­den schon frühzeit­ig in Gewahrsam genom­men. Ein paar Jugendliche, bei denen der eine oder andere Zufall dafür ver­ant­wortlich zu machen ist, dass sie selb­st (noch) keine Nazis sind, laufen den Nazis hinterher. 

Faz­it: Der blinde Aktion­is­mus der antifaschis­tis­chen Gege­nak­tiv­itäten musste sich ein­mal mehr der zahlen­mäßi­gen, organ­isatorischen und rhetorischen Über­legen­heit der Neon­azis geschla­gen geben. Eine kon­se­quente, inhaltliche Auseinan­der­set­zung mit der aktuellen Entwick­lung rechter Struk­turen find­et jedoch wed­er in der Linken, noch im Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit statt. Dafür wird Humor in Stel­lung gebracht, der jedoch nicht anders zu deuten ist, als der Ver­such die recht­en Ten­den­zen herun­terzus­pie­len. Wie unange­bracht dieser Ver­such ist, verdeut­lichen nicht zulet­zt die Ereignisse vom 27. April. Die einzi­gen, die was zu lachen hat­ten, waren schließlich die Neonazis. 

Dem Stan­dort­prob­lem ein­er Frau Rebs muss angesichts dieses Dilem­mas medi­al nachge­holfen wer­den. Betra­chtet man die Berichter­stat­tung nach dem Auf­marsch, fällt auf, dass trotz der guten Kon­tak­te zur Presse und der Anwe­sen­heit des immer anwe­senden Fotografen der Märkischen Oderzeitung (MOZ), das Szenario völ­lig ver­harm­lost wird. Es dominieren Beiträge über antifaschis­tis­che Gege­nak­tiv­itäten, die selb­stver­ständlich sug­gerieren, „dass das Bild der Stadt in der Öffentlichkeit, das durch rechte Aufmärsche geprägt wurde, falsch ist“ (Bürg­er­meis­ter Hubert Hand­ke in der MOZ vom 6.05.05). Darüber hin­aus find­en sich in der MOZ immer wieder Recht­fer­ti­gungs­gründe für die gerin­gen Teil­nehmerzahlen der Gegenkundge­bun­gen des Net­zw­erkes, so zum Beispiel die kurzfristige Anmel­dung der Aufmärsche und der Umstand, dass „Bürg­er, die ihnen [den Nazis] wider­sprechen wollen, [durch die Polizei] daran gehin­dert“ wer­den (MOZ vom 28.04.05). Um dem Lokalpa­tri­o­tismus der Bernauer Linken gerecht zu wer­den, der sich hin­ter deren Lieblingspa­role „Bernau bleibt rot“ ver­steckt, müssen Zahlen und Fak­ten zwangsläu­fig ver­dreht wer­den. Schließlich war man doch hier so stolz über die Dom­i­nanz der eige­nen Sub­kul­tur. Dafür aber gab es damals noch keine Anti­deutschen, auf die sich der Selb­sthass pro­jizieren ließ und auch nicht die Vielzahl an öffentlichen Auftrit­ten rechter Struk­turen, die das links­deutsche Unver­mö­gen zur Selb­stre­flek­tion zu stim­ulieren ver­mocht­en. Selb­st dem hal­luzinieren­den Ver­fass­er des oben erwäh­n­ten Bericht­es muss inzwis­chen klar gewor­den sein, dass die „guten, alten Zeit­en“ ad acta zu leg­en, neue Wege zu beschre­it­en sind. Die Kol­lab­o­ra­tion mit den zivilge­sellschaftlichen Akteuren des „deutschen Weges“ wird als strate­gis­ch­er Akt ratio­nal­isiert und sub­til ver­drängt, dass antifaschis­tis­che Gegenkul­tur in Bernau augen­schein­lich non-exis­tent ist und unter dem Strich lediglich ein klein­er Haufen iden­titär­er Linke übrig bleibt, denen offen­sichtlich nichts wichtiger ist, als auch als solche iden­ti­fiziert zu werden. 

Bleibt festzuhal­ten, dass einiges los ist im Traumza­uber­land. Aber hier leben – nein danke! 

AUTONOME JUGENDANTIFA BERNAU [AJAB]

Mai 2005

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Jörg Friedrich war in Wilhelmshorst — die Antifa auch

Am 19. Mai fand um 20.00 Uhr in Wil­helmshorst in der Nähe von Pots­dam eine
Lesung von Huber­tus KNABE und Jörg FRIEDRICH statt. Die bei­den His­torik­er sind
arbeit­steilig damit beschäftigt die Ver­brechen der Deutschen im Zweiten
Weltkrieg durch Gle­ich­set­zung des Holo­causts mit dem Kriegshan­deln der Alli­ierten zu
rel­a­tivieren. Während Jörg Friedrichs die Bombe­nan­griffe der Roy­al Air Force
mit Vok­a­beln wie >Gaskam­mern und Ein­satz­grup­pen­Ver­nich­tung durch Arbeit< gewe­sen. Einige Antifaschist_innen der
Pots­damer “Brigade Pol­di Cool” (organ­isiert im Bünd­nis mad­stoP) nah­men dies zum
Anlass, eine Land­par­tie zu ver­anstal­ten. Kurz nach Beginn der Lesung betrat­en sie
mit dem Ruf “Hur­ra, Hur­ra, die Antifa ist da!” den Ver­anstal­tungsraum im “Peter
Huchel Haus” (Huber­tusweg 41, Wil­helmshorst). Sie entroll­ten ein Transparent
mit der Parole: “Was wir vergessen ver­rat­en wir — Dank den alliierten
Befreiern” und verteil­ten das unten­ste­hende Flug­blatt. Dieses beruht auf einem Text
von Peter Gstet­tner, einem Antifaschis­ten aus Öster­re­ich. Der Orig­inal­text ist
hier einsehbar.
Während der Aktion wurde von einem CD-Play­er das sow­jetis­che Lied “Der Heilige
Krieg” abge­spielt. Sehr schnell wur­den sie von den Organ­isatoren unter
Ein­satz physis­ch­er Gewalt aus dem Raum gedrängt. Ins­beson­dere der CD-Play­er war
Objekt des Has­s­es und musste einige gezielte Tritte und den Ver­such die Antenne
abzubrechen verkraften. Vor dem Haus wurde noch mal kurz mit dem Tran­spi für die
Presse posiert und einige Parolen gerufen. Jörg Friedrich, dem offensichtlich
sämtliche Maßstäbe abhan­den gekom­men sind, begrüßte die Antifaschist_innen
mit den Worte: “Na Ihr SA-Pöbel, seid Ihr auch wieder da?.” Nach­dem die Antifas
noch mal klargemacht hat­ten, das die Apolo­geten des deutschen
Ver­nich­tungskrieges auch in Zukun­ft nicht ein­mal in der Prov­inz ihre The­sen ungestört
ver­bre­it­en kön­nen wer­den ver­ließen sie das idyl­lis­che Dörfchen. 

Aus gegeben­em Anlass

Gegen das Ver­waschen und Ver­schwim­men von Täter- und Opferperspektive

Hier und heute wollen zwei Autoren ihre Büch­er vorstellen, deren The­ma die
deutschen Opfer des Zweiten
Weltkrieges sind. In jed­er Gesellschaft, so wird gesagt, gedenken die
Men­schen ihrer Toten,
unab­hängig davon, unter welchen Umstän­den diese ums Leben gekom­men sind. Wenn
wir hier Einwände
erheben, dann nicht gegen das indi­vidu­elle und stille Totenge­denken. Auch
befassen wir uns hier nicht
mit the­ol­o­gis­chen Fra­gen von Schuld und Sühne, von Vergel­tung oder Vergebung.
Wir befassen uns mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Todesumständen
massen­haft ermordeter
Men­schen “im Schat­ten des Krieges”. Uns inter­essiert die gesellschaftliche
Wer­tung der Toten, die uns im
Nach­hinein als ermordet unter dem Faschis­mus oder als ermordet unter dem
Antifaschis­mus präsentiert
wer­den. Hier wer­den erhe­bliche Unter­schiede gemacht, mit welchem Aufwand und
mit welch­er Würde
der jew­eili­gen Opfer gedacht wird. Uns geht es um die kollektiven
Gedenkritualen, mit denen die Gesellschaft
dieser Toten gedenkt und sie in der Erin­nerung würdigt. Eine Gesellschaft,
die mit ihren Ritualen
zum Aus­druck bringt, dass sie in erster Lin­ie der Führertreue und
Pflichter­fül­lung von Wehrmachtssoldaten
gedenkt — und nicht der Opfer dieser “Pflichter­fül­lung” -, so eine
Gesellschaft hat eine Entscheidung
gefällt:die Entschei­dung, nicht den Wider­stand und die Frei­heit, son­dern die
Anpas­sung und die Unfreiheit
zum Erin­nerungswert zu machen. 

Die His­torik­er sind sich weit­ge­hend darin einig, dass die Ver­brechen der
Nazis einzig-artig waren und mit
herkömm­lich­er Kriegs­führung kaum etwas zu tun hat­ten. Die Deutschen führten
im Osten einen weltanschaulich
motivierten Eroberungs- und Ver­nich­tungskrieg, auch und vor allem gegen die
Zivil­bevölkerung. Mit diesem Ver­nich­tung­spro­gramm, das sich schon beim
Über­fall auf Polen abzeichnete,
begann Deutsch­land 1939 den Zweit­en Weltkrieg und brachte ganz Europa den
entscheidenden
Unter­schied bei zwis­chen dem Sol­da­ten­tod, und dem per­ma­nen­ten Ster­ben in der
indus­triellen Tötungsmaschine
der Nazis. Die His­torik­er sind sich auch dahinge­hend einig, dass der Nazismus
vorsät­zlich, das
heißt per Pro­gramm, alle bish­eri­gen Regeln der Kriegs­führung gebrochen und
alle mörderischen Instinkte
des Men­schen aktiviert, gebün­delt und für sein rassistisches
Ver­nich­tung­spro­gramm einge­set­zt hat.
Ein­ma­ligkeit und Aus­maß der Ver­brechen, geplante und vorsätzliche
Durch­führung der Massenmorde
und das massen­hafte Erzeu­gen von Befehls­ge­hor­sam und absolutem Pflichtgefühl
(bei gleichzeitigem
Fehlen von Unrechts­be­wusst­sein und Schuldein­sicht), dies sind die Kriterien,
die die Naziver­brechen historisch
ein­ma­lig machen. Deshalb also, weil der Nazis­mus dieses extremste
Vernichtungspotenzial
verkör­pert, muss auch, das Gedenken an den Wider­stand und an die Opfer des
Nazis­mus außergewöhnlich
sein; jede Hero­isierung der sol­datis­chen Pflichter­fül­lung, jede
Gle­ich­stel­lung der gefallenen
Sol­dat­en mit den Naziopfern muss sich ver­bi­eten. Eine “nor­male Gesellschaft”
hätte also der Opfer des
Naziter­rors in beson­der­er Weise zu gedenken, sie hätte den Wider­stand gegen
den Nazi-Faschis­mus hervor
zu heben als die einzig akzept­able “Pflichter­fül­lung” gegenüber dem eigenen
men­schlichen Gewissen. 

Was aber tut unsere abnor­male, anomis­che Gesellschaft? Sie hält — in
gespiel­ter Unschuld und mit
schein­bar­er Unparteilichkeit — das Hak­enkreuz neben den Roten Stern und
schickt sich an, “objek­tive”
Ver­gle­iche anzustellen. Das Hak­enkreuz, unter dem Mil­lio­nen Men­schen in
Europa ver­sklavt und ermor-
det wur­den, soll mit dem “Roten Stern” kon­trastiert wer­den, der für ebenso
viele Men­schen die Hoffnung
auf Befreiung aus den Ghet­tos, Konzentrationslagern,
“Arbeit­serziehungslagern”, Kriegsgefangenenlagern,
Gestapo-Gefäng­nis­sen und Folterzellen ver­hieß. Das Kon­trast­mit­tel zum
Hak­en-kreuz soll also
“Rot­er Stern” heißen, und die Ver­brechen, die unter dem Roten Stern begangen
wur­den, sollen spiegelbildlich
zu denen betra­chtet wer­den, die die Nazis began­gen haben. Ziel ist eine
Pattstel­lung bzw. ein
Null-Sum­men­spiel: Ich spiele mein total­itäres Regime aus, wenn du deines
ausspielst. Zeige mir dein
Mas­sen­grab und ich zeige dir meines. 

Die Naziver­brechen wer­den par­al­lel zu den Bombe­nan­grif­f­en auf deutsche Städte
und den Racheakten
der sow­jetis­chen Sol­dat­en gestellt. Ist das eine poli­tis­che Strate­gie, unsere
Wahrnehmung zu lenken und
neu zu fokussieren, oder ist das eine his­torische Meth­ode des
Sys­temver­gle­ichs? Worauf soll das hinauslaufen?
His­torische Aufk­lärung oder Ver­harm­lo­sung des Holo­caust? So eine
Par­al­lelführung eignet sich
schon sehr gut als psy­chis­che Ent­las­tungsak­tion zugun­sten der willigen
Unter­stützer und Voll­streck­er des
NS-Programms.

Ent­las­tung und Entschul­dung der Täterge­sellschaft unter dem Deck­man­tel der
his­torisch objek­tiv­en Geschichtsdarstellung?
Vertrei­bung, Bombenkrieg, Ver­schlep­pun­gen, willkür­liche Rachejus­tiz der
Sieger,
alles das schuf “natür­lich” auch Opfer auf­seit­en der Täterge­sellschaft. Und
diese Opfer wer­den nun gegen-
erin­nert, ihr Leid wird dem der Holo­caustopfer ent­ge­gen gehal­ten bzw.
par­al­lel dazu dargestellt. 

Unter der Hand erscheint der Holo­caust gar nicht mehr so “ein­ma­lig”; die
Ver­brechen der Nazis haben auf
ein­mal ein Pen­dant; die Befreiung vom Nazis­mus erscheint nun doppelbödig,
denn unter­schwellig wird
die Frage in den Raum gestellt: Hat der grausame Befreiungskampf in Ost€pa
nicht eben­so viel Leid
über die Men­schheit gebracht, wie die deutsche Okku­pa­tion dieser Gebie
te?
Die Büch­er von Knabe und Friedrich sind keineswegs eine unpolitische
Angele­gen­heit, die lediglich für
kleine und harm­lose Verun­sicherun­gen im deutschen Geschichts­bild sor­gen. Ihr
Sinn ist ein ander­er: Die
Sin­gu­lar­ität des Holo­caust soll unter­graben wer­den, der Antifaschis­mus unter
dem “Roten Stern” soll als
links­faschis­tis­ches Gewalt­sys­tem denun­ziert wer­den, der bewaffnete
anti­nazis­tis­che Wider­stand soll in
eine Lin­ie mit den Ver­brechen von SS und Wehrma­cht gestellt werden.
Zwar beto­nen die Autoren bei jed­er Gele­gen­heit: Wir wollen keine
“Aufrech­nung” betreiben. Aber komischerweise
sehen fast alle LeserIn­nen in den Büch­ern ein Ange­bot zur Aufrech­nung. Wenn
jemand
ständig beto­nen muss, “… wir wollen nicht aufrech­nen”, dann sind diese
Beteuerun­gen an den Erkenntnissen
der Psy­cho­analyse zu messen, die besagen: Das Unbe­wusste ken­nt keine
Vernei­n­ung. Auf unseren
Fall ange­wandt: Wer ständig betont, dass nicht aufgerech­net wer­den soll,
dessen Unbe­wusstes sagt: Ich
will, dass aufgerech­net wird! Keine Frage: Aus diesen Büch­ern spricht das
deutsche kollek­tive Unbewusste
zu uns. Es sagt uns: Über die Ver­brechen des Nation­al­sozial­is­mus darf nur
gere­det wer­den, wenn man
gle­ichzeit­ig den Blick auf die “Ver­schlep­pun­gen” und die Gewal­texzesse der
Befreier wirft. Eine eindeutige
Unter­schei­dung von NS-Tätern und NS-Opfern ist gar nicht möglich. Eine
Parteinahme für eine der
bei­den Grup­pen erübrigt sich. — Ken­nen wir nicht diese Botschaft schon seit
fün­fzig Jahren? 

bünd­nis mad­stop, im Mai 2005 

madstop(at)antifanews.de

madstop.antifanews.de

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Prophylaxe wie beim Zahnarzt

POTSDAM Bran­den­burgs neue ober­ste Daten­schützerin Dag­mar Hartge ken­nt den
Ort ihres kün­fti­gen Dien­st­sitzes schon recht gut. Seit fünf Jahren wohnt sie
mit ihrem Mann und den zwei Kindern in Klein­mach­now (Pots­dam-Mit­tel­mark). Am
gestri­gen Don­ner­stag wurde sie vom Land­tag als Lan­des­beauf­tragte für
Daten­schutz und das Recht auf Aktenein­sicht gewählt. 

“Ich freue mich sehr, in dem Land in dem ich lebe, den Daten­schutz jetzt
weit­er vertreten zu dür­fen”, sagt die 42-Jährige. Sie wolle die Arbeit ihres
Vorgängers Alexan­der Dix gern fort­set­zen. Großen Wert legt Hartge auf
Daten­schutz-Pro­phy­laxe. Wichtig sei, dass man regelmäßig alles
kon­trol­liert — wie beim Zah­narzt. Ihr Handw­erk hat sie in Berlin gel­ernt, wo
sie “eher aus Zufall” zum Daten­schutz kam. 

In der Haupt­stadt arbeit­ete die Juristin Anfang der neun­ziger Jahre in der
Sen­atsver­wal­tung für Inneres. Dann wurde sie 1994 Ref­er­entin beim Berliner
Beauf­tragten für Daten­schutz und Infor­ma­tions­frei­heit, 2005 wurde sie
Vize-Daten­schutzbeauf­tragte in Berlin. 

Dann ging alles ganz schnell. Der Berlin­er Daten­schutzbeauf­tragte Hansjürgen
Garst­ka gab Mitte März bekan­nt, nach gut 15 Jahren im Amt abtreten zu
wollen. Sein Nach­fol­ger soll der bish­erige ober­ste Datenschützer
Bran­den­burgs, Dix, wer­den. Ende April einigte sich der Innenauss­chuss im
Land­tag ein­stim­mig auf Hartge als Nachfolgerin. 

Davor hat­te es allerd­ings länger gedauert als geplant. Dix′ Amt­szeit war
schon Ende Mai 2004 abge­laufen. In der ver­gan­genen Leg­is­laturpe­ri­ode konnten
sich SPD und CDU aber nicht auf einen gemein­samen Kan­di­dat­en eini­gen. Schon
damals hat­te die SPD Hartge favorisiert. Wegen der Land­tagswahl im
ver­gan­genen Sep­tem­ber wurde das Ver­fahren ergeb­nis­los abgebrochen. 

Jet­zt hat sich Hartge einiges vorgenom­men. Dazu zählen auch
Beratungsange­bote an die Ver­wal­tung: “Ich möchte gerne in Bran­den­burg etwas,
was ich hier in Berlin gerne gemacht habe, fort­führen, die Beratung der
Ver­wal­tun­gen.” So will sie auch Sprech­stun­den in den Kreis­städten anbieten. 

Vor ihrer Zeit im Osten lebte sie in Nieder­sach­sen, wo sie in Holz­min­den am
28. Dezem­ber 1962 geboren wurde und 1982 Abitur machte. Dann wech­selte sie
1983 nach Göt­tin­gen und studierte Rechtswis­senschaften an der
Georg-August-Uni­ver­sität, machte dort 1988 ihre erste juristische
Staat­sprü­fung und ging dann für ihr Ref­er­en­dari­at nach Schleswig-Holstein.

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Traktorendemo für eine Landwirtschaft ohne Gentechnik

(Berlin und Pots­dam, 20.05.05) *Auf Ini­tia­tive des Aktionsbündnisses
gen­tech­nikfreie Land­wirtschaft Berlin-Bran­den­burg find­et am Son­ntag, den
22. Mai im Rah­men der Aktionswoche für eine gentechnikfreie
Land­wirtschaft eine Fahrrad- und Trak­toren­demon­stra­tion von
Neuhard­en­berg nach Seelow statt. In Seelow wird es eine Kundgebung
geben, mit Rede­beiträ­gen von Rein­hard Dal­chow, Umwelt­beauf­tragter der
evan­ge­lis­chen Kirche, und Wal­ter Prochnow, Land­wirt vom Jahnsfelder
Land­hof. Gesorgt ist auch für ein Pick­nick und musikalis­che Begleitung
durch die Gruppe “Drei Liter Landwein” aus Frankfurt/Oder.

Am Son­ntag, 22. Mai 2005, wer­den ca. 50 Trak­toren, Liefer­fahrzeuge und
etliche Rad­fahrer erwartet, die sich in ein­er Stern­fahrt um 11 Uhr in
Neuhard­en­berg hin­ter der Schlosskirche zu einem Demon­stra­tionszug auf
der Bun­desstrasse B167 von Neuhard­en­berg nach Seelow vere­ini­gen. Hinzu
stoßen die Rad­fahrer, die sich bis 10.30 am Bahn­hof Trebnitz/Mark
sam­meln. Auf dem Kirch­platz in Seelow wird anschließend um 13.00 Uhr
eine Ver­samm­lung stat­tfind­en, mit einem Infor­ma­tion­s­stand des Bündnisses
und Rede­beiträ­gen von Rein­hard Dal­chow und Wal­ter Prochnow zur aktuellen
Sit­u­a­tion und den Hin­ter­grün­den. Die Gruppe “Drei Liter Landwein”
unter­stützt die Ver­anstal­tung musikalisch, für gen­tech­nikfreies Essen
und Kaf­fee ist auch gesorgt. 

Im Land­kreis Märkisch Oder­land wer­den in diesem Früh­jahr 138 ha Genmais
aus­gesät, mehr als 20 % der gesamten Gen­ma­is­fläche in Deutsch­land. Das
schadet dem Anse­hen unser­er Region, da Ver­brauch­er und namhafte
Her­steller Wert leg­en auf gen­tech­nikfreie Erzeug­nisse legen. 

Das Aktions­bünd­nis Gen­tech­nikfreie Land­wirtschaft in Berlin-Brandenburg
ist ein Zusam­men­schluss von über 30 Organisationen
(http://www.gentechnikfreies-brandenburg.de). Sie ste­hen für ein breites
gesellschaftlich­es Bünd­nis auf Erzeuger- und Ver­brauch­er­seite, dass der
Anwen­dung von Gen­tech­nik in der Land­wirtschaft kri­tisch gegenüber steht. 

In Bran­den­burg sollen Lebens­mit­tel umwelt- und sozialverträglich
pro­duziert wer­den. Dafür braucht es keine Gen­tech­nik. Momen­tan macht
aber der Land­kreis Märkisch-Oder­land unrühm­lich als “Gen­maiskreis” von
sich reden, wobei der trügerische Ein­druck erweckt wird, dass eine
kon­flik­t­freie Koex­is­tenz von Gen­tech­nik und gentechnikfreier
Land­wirtschaft möglich sei.
Ziel der Ver­anstal­tung ist es darauf aufmerk­sam zu machen, dass die
Gen­tech­nik enorme ökol­o­gis­che, soziale und ökonomis­che Risiken mit sich
bringt. 

Es ist wichtig, dass eine gesellschaftliche Auseinan­der­set­zung mit
diesem The­ma und ein Dia­log zwis­chen Geg­n­ern und Befür­wortern zustande
kommt, bevor in Bran­den­burg vol­len­dete Tat­sachen geschaf­fen wer­den, die
eine nach­haltige öko­lo-gis­che und ökonomis­che Entwick­lung in der Region
erschweren.

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Nazis wandern in den Knast

(TAZ) Zwei junge Recht­sex­trem­is­ten wer­den wegen ver­sucht­en Mordes zu langjähriger
Haft verurteilt. Sie hat­ten im Som­mer 2001 ein antirassistisches
Jugend­fes­ti­val mit Brand­sätzen angegriffen 

Zu ein­er Jugend­strafe von fünf Jahren Haft u. a. wegen versuchten
gemein­schaftlichen Mordes hat das Landgericht Pots­dam den Berliner
Neon­azi­ak­tivis­ten Sebas­t­ian D. verurteilt. Seine 22-jährige Mittäterin
Jean­nine P. aus Königs Wuster­hausen bekam wegen versuchten
gemein­schaftlichen Mordes in zwei Fällen ein­er Jugend­haft­strafe von vier
Jahren. 

Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass Sebas­t­ian D. und seine
gle­ichal­trige Mit­tä­terin an einem Bran­dan­schlag auf die Bühne des
anti­ras­sis­tis­chen Jugend­fes­ti­vals “Le monde est à nous” im Juli 2001
beteiligt gewe­sen waren. Mehrere junge Linke, die die als Schutz vor
Angrif­f­en auf der Bühne geschlafen hat­ten, blieben nur durch Zufall
unver­let­zt. Das Gericht ging davon aus, dass Sebas­t­ian D. als ein­er von drei
Tätern Brand­flaschen auf die Bühne gewor­fen hat­te. Jean­nine P. hat­te im
Flucht­fahrzeug gewartet. Bei ihr ging das Gericht auch davon aus, dass sie
auch das Flucht­fahrzeug bei einem weit­eren Bran­dan­schlag auf ein
Wohn­wa­gen-Lager von Roma und Sin­ti bei Königs Wuster­hausen gefahren hatte.
Dabei ver­fehlten die Brand­sätze nur knapp den Wohn­wa­gen ein­er schlafenden
fün­fköp­fi­gen Fam­i­lie. Die Staat­san­waltschaft hat­te für Jean­nine P. lediglich
zweiein­halb Jahre Haft, für Sebas­t­ian D. sechs Jahre beantragt. 

Das Vorge­hen der bei­den Angeklagten bew­ertete das Gericht als “Gewalt gegen
poli­tisch Ander­s­denk­ende und ras­sis­tisch motivierte Gewalt”. Bei ihren
polizeilichen Vernehmungen hat­ten bei­de als Moti­va­tion angeben, sie wollten
“Linke vertreiben” und “Zige­unern zeigen, dass sie nicht erwün­scht sind”. 

Zwei Anwälte der Neben­klage war­fen Staat­san­waltschaft und dem Gericht
man­gel­nden Willen zur Aufk­lärung vor. Sie kri­tisierten u. a., dass das
Gericht nicht ver­sucht hat­te, Polizeibeamte des Berlin­er Landeskriminalamtes
einge­hen­der zur Rolle von zwei V‑Männern bei der Gruppe von militanten
Berlin­er und Bran­den­burg­er Neon­azis zu befra­gen, zu der auch Sebas­t­ian D. im
Tatzeitraum gehörte. Die Beamten hat­ten als Zeu­gen erk­lärt, sie kön­nten und
woll­ten sich nicht mehr an die Ergeb­nisse eines umfassenden großen
Lauschangriffs auf D. erinnern. 

“Die Anschläge kon­nten unter den Augen der Polizei verübt werden”,
kri­tisierte Neben­klagev­ertreter Alexan­der Hoff­mann. Unver­ständlich sei auch
der lange Zeitraum von zwei Jahren, der zwis­chen den Geständ­nis­sen der
Angeklagten und der Anklageer­he­bung lag. Eben­so sei ver­säumt worden,
mut­maßliche Mit­täter zu laden. 

Wed­er Sebas­t­ian D. noch Jean­nine P. hat­ten vor Gericht Reue gezeigt. Nachdem
er zuvor zugegeben hat­te, dass er Mit­glied der neonazistischen
Gefan­genen­hil­f­sor­gan­i­sa­tion HNG ist und auch schon mal Mit­glied der NPD war,
scheit­erte Sebas­t­ian D. am let­zten Ver­hand­lungstag mit dem Ver­such, sich
plöt­zlich als “nicht mehr aktiv in der Szene” darzustellen. Ein Foto, das D.
beim Neon­azi­auf­marsch am 8. Mai am Alexan­der­platz zeigte und von der
Neben­klage vorgelegt wurde, überzeugte das Gericht, dass D. auch weiterhin
aktiv­er Neon­azi ist. Der 22-Jährige, der im Nack­en die Zahl “18” — ein
Neon­az­i­code für “Adolf Hitler” — ein­tä­towiert hat, wurde nicht mehr aus der
Haft ent­lassen. Jean­nine P., die inzwis­chen Architek­tur studiert und Mutter
eines Kleinkindes ist, wurde zunächst von der Haft ver­schont. Die
Vertei­di­ger der Angeklagten kündigten Rechtsmit­tel an. 

Rund drei Dutzend Berlin­er und Bran­den­burg­er Neon­azis, darunter Aktivisten
des Märkischen Heimatschutzes und der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft Thor, hatten
die Urteilsverkün­dung ver­fol­gt. Ein mas­sives Polizeiaufge­bot verhinderte
Übergriffe. 

Neon­azis verurteilt

Mehrjährige Jugend­strafen wegen Bran­dan­schlags und ver­sucht­en Mordes

(Junge Welt) Wegen ver­sucht­en Mordes, Ver­stoß gegen das Waf­fenge­setz und versuchter
Sachbeschädi­gung verurteilte das Pots­damer Landgericht am Mittwoch abend
zwei junge Neon­azis. Nach vier Ver­hand­lungsta­gen ver­hängte die Zweite
Strafkam­mer fünf Jahre Jugend­strafe gegen Sebas­t­ian D., die
Mitangeklagte Jean­nine P. bekam vier Jahre. Die Staat­san­waltschaft hatte
sechs Jahre Haft für D. und dreiein­halb Jahre für P. gefordert. Beide
standen wegen eines Bran­dan­schlags auf die Bühne eines antirassistischen
Fes­ti­vals im märkischen Königs Wuster­hausen vor Gericht. 

Gemein­sam mit zwei weit­eren Neon­azis soll der Berlin­er D. in der Nacht
zum 14. Juli 2001 bis zu fünf Molo­tow­cock­tails auf die Bühne des Festes
“Le monde est à nous” (“Die Welt gehört uns”) gewor­fen haben. Dort
schliefen mehrere Jugendliche, um die Bühne zu bewachen. Jean­nine P.
fuhr den Flucht­wa­gen. Die Staat­san­waltschaft warf den bei­den heute
22jährigen Recht­sex­trem­is­ten vor, den Tod des Büh­nen­schutzes billigend
in Kauf genom­men zu haben. Fünf der geschädigten Antifaschis­ten traten
als Neben­kläger auf. Deren Recht­san­wälte forderten unter­schiedlich hohe
Strafen. 

Jean­nine P. wurde außer­dem wegen Beteili­gung an einem Bran­dan­schlag auf
einen Wohn­wa­gen ein­er Roma-Fam­i­lie im nahen Wildau am 30. Juli 2001
belangt. Eine Tat­beteili­gung stritt sie unglaub­würdig ab. Wegen des
Angriffs auf den bewohn­ten Wohn­wa­gen hat­te der Staat­san­walt nur auf
ver­suchte Sachbeschädi­gung plädiert. Der Berlin­er Recht­san­walt Daniel
Wölky, der einen der Neben­kläger ver­tritt, sagte nach dem Urteil
gegenüber jW: “Daß auch sie wegen Mord­ver­suchs verurteilt wor­den ist,
ist vor allem der Hart­näck­igkeit der Neben­kläger zu verdanken.” 

Auch am let­zten Ver­hand­lungstag säumten zahlre­iche Recht­sex­trem­is­ten und
ein starkes Polizeiaufge­bot den Gerichtssaal, der wegen des großen
öffentlichen Inter­ess­es über­füllt war. Prozeßbeobachter rech­neten die
anwe­senden Neon­azis den ver­bote­nen Kam­er­ad­schaften “Berlin­er Alternative
Südost” (BASO) und “Thor” zu. Daß Sebas­t­ian D. noch in recht­en Kreisen
aktiv ist, beweisen Fotos, die ihn auf der NPD-Kundge­bung am 8. Mai
dieses Jahres in Berlin zeigen. 

Unklar blieb bis zulet­zt, warum die zwei Mit­täter nicht auf der
Anklage­bank saßen. Die von Jean­nine P. als Kom­plizen angegeben
Verdächti­gen sind in der recht­en Szene keine Unbekan­nten. Rechtsanwalt
Wölky hat­te zuvor Vor­würfe gegen Polizei und Jus­tiz erhoben. “Es wurde
verzögert und herun­terge­spielt”, sagte der Neben­klagev­ertreter. Nach den
Teilgeständ­nis­sen der Angeklagten 2002 bis zur Hauptverhandlung
vergin­gen über zwei Jahre. Prozeßbeobachter war­fen den Behör­den außerdem
vor, der Bran­dan­schlag sei unter den Augen der Polizei verübt wor­den, da
Sebas­t­ian D. zusam­men mit weit­eren Neon­azis aus dem Umfeld der “Unit­ed
Skins Königs Wuster­hausen” wegen ander­er Anschläge überwacht wurde.

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Genfelder gekennzeichnet

Im Rah­men der Aktionswoche gegen Gen­tech­nik vom 16.–22. Mai haben mehrer Grup­pen einen Teil der Gen­felder Bran­den­burgs gekennze­ich­net. Es wur­den Schilder mit dem Warn­hin­weis “Vor­sicht Gen­tech­nik!” oder “Vor­sicht Gen­mais!” mit dem Zeichen für biol­o­gis­che Gefahr aufgestellt. Die Schilder wur­den von den Land­wirtIn­nen bzw. den Wis­senschaft­lerIn­nen schnell wieder ent­fer­nt. Eine eigene Kennze­ich­nung haben die Gen­tech­nikbe­treiberIn­nen nicht vorgesehen.

Ziel der Aktion ist es, die Felder in den Blick der Öffentlichkeit zu brin­gen. So wird die Diskus­sion über den Anbau gen­ma­nip­uliert­er Pflanzen konkreter. Fotos und Karten der gekennze­ich­neten Felder wer­den dem­nächst auf der web­site des “Barn­imer Aktion­bünd­nis gegen Gen­tech­nik” (http://www.dosto.de/gengruppe/) veröffentlicht.
Auch wenn die Flurstücke der Felder im Stan­dortreg­is­ter des Bun­de­samtes für Ver­brauch­er­schutz öffentlich ein­se­hbar ist, so bleibt doch noch ein großer zeitlich­er und organ­isatorisch­er Aufwand, um die Felder aufzufind­en. Das Stan­dortreg­is­ter sollte deshalb mit genauem Karten­ma­te­r­i­al ergänzt wer­den, so dass jede und jed­er die genaue Lage der Felder ein­se­hen kann.

Während der Aktio­nen kon­nten einge inter­es­sante Beobach­tun­gen gemacht wer­den. So befind­en sich in der Nähe der Gen­ma­is­felder in Neu­treb­bin und Gusow Felder mit kon­ven­tionellem Mais. Hier ist eine Auskreuzung äußerst wahrschein­lich. In Gusow sind noch die Mais­stop­peln aus dem let­zten Jahr sicht­bar. Dadurch wird deut­lich, dass die dor­ti­gen Gen­feld­be­treiber wed­er eine Frucht­folge ein­hal­ten, noch das Feld umge­flügt haben. Das wären die ein­fach­sten und effek­tivsten Mit­tel gegen den Maiszünsler, gegen dessen Befall der gen­ma­nip­ulierte Mais schützen soll.

Die bish­er noch nicht gekennze­ich­neten Felder wer­den in den näch­sten Wochen mit Schildern deko­ri­ert und im Inter­net dokumentiert.

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Auf die Stühle, fertig, los!

Schwedt (dir/MOZ) Am Sonnabend find­et der CDU-Lan­desparteitag in Schwedt statt. Mor­gens um 6 Uhr wird das Ver­anstal­tungs- und Tagung­shaus bere­its aufgeschlossen. Dann rück­en die Aussteller für das Haupt­foy­er an, darunter die Deutsche Post. Die 300 Stüh­le und Tis­che für den Parteitagssaal wer­den einge­baut. Garder­oben ein­gerichtet, die Damen­garder­oben bekom­men Spiegel. Im Presser­aum wer­den Inter­ne­tan­schlüsse instal­liert. Kor­re­spon­den­ten aus ganz Deutsch­land wer­den erwartet. Eine Videoüber­tra­gung aus dem Saal ins Haupt­foy­er wird geschal­tet. Zehn Mikro­fone für Red­ner und Prä­sid­i­um sind anzuschließen, Kopier­er aufzubauen. Viel Arbeit bringt der erste Lan­desparteitag in Schwedt für die Frauen und Män­ner um Ver­anstal­tungs­man­agerin Christi­na Kant. “Wir schaf­fen das”, ver­sichert sie. Die Ver­sorgung übern­immt Gast­wirt Klaus Schef­fel. Für ihn ist es der zweite Lan­desparteitag in der Uck­er­mark. Nr. 1 richtete die FDP in Tem­plin aus. 

Am Sonnabend wird der gesamte Lan­desvor­stand der CDU Bran­den­burg neu gewählt. Jörg Schön­bohm kan­di­diert wieder als Lan­desvor­sitzen­der, Sven Petke als Gen­er­alsekretär. Peter Zier­bock will Lan­dess­chatzmeis­ter wer­den. Für die vier Stel­lvertreter­posten wird es sechs Bewer­ber geben, für die 18 Beisitzer voraus­sichtlich 26. 

Für die Uck­er­mark kan­di­diert erneut Kreisvor­sitzen­der Jens Koep­pen. Der Lei­tantrag des Lan­desvor­standes lautet “Mod­ernes Regieren — Mit­tel­stand stärken — Frei­heit gestal­ten” und ist, wie der Ablauf des Parteitages, unter www.cdu-brandenburg.de abruf­bar. CDU-Bun­desvor­sitzende Angela Merkel will einen Tag vor der Land­tagswahl in Nor­drhein-West­falen zu den Delegierten sprechen. Jens Koep­pen nen­nt den Parteitag in Schwedt ein Sym­bol: “Es ist ein Zeichen dafür, dass die CDU Bran­den­burg es ernst damit meint, die berlin­fer­nen Regio­nen weit­er­hin bei deren Entwick­lung zu begleit­en und zu unter­stützen … Die Uck­er­mark ist keine ster­bende Region, son­dern eine, die sich ger­ade entwick­elt. Trotz aller Prob­leme, die es hier genau wie ander­swo in Bran­den­burg und Deutsch­land gibt, wer­den wir diesen Land­kreis und die hier leben­den Men­schen nicht aufgeben.”

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Technik zu Lande und in der Luft

(ELINOR WENKE, MAZ) LUCKENWALDE Die Freiluft-Bun­deswehr-Ausstel­lung “Unser Heer” ist gestern im Luck­en­walder Ernst-Kloß-Sta­dion eröffnet wor­den und noch bis Mon­tag zu sehen. Mit schw­er­er Tech­nik zu Lande und in der Luft, zahlre­ichen Infor­ma­tion­sstän­den und Live-Vor­führun­gen soll die Ausstel­lung einen Ein­blick in Auf­gaben und Arbeit der Bun­deswehr geben und gle­ichzeit­ig junge Leute für den Dienst in Uni­form interessieren. 

“Es geht nicht darum, sich als geneigtes Pub­likum unter­hal­ten zu lassen, son­dern darum, alle Infor­ma­tio­nen zu nutzen, um sich über den Stel­len­wert der Bun­deswehr in der Gesellschaft klar zu wer­den”, sagte Luck­en­waldes Bürg­er­meis­terin Elis­a­beth Her­zog-von der Heide. 

Gen­eral­ma­jor Josef Priller, Befehlshaber des Wehrbere­ich­es III, ver­wies in sein­er Eröff­nungsrede auf die verän­derte Sicher­heitssi­t­u­a­tion Deutsch­lands und der Welt. “Die Bun­deswehr befind­et sich in der größten und ein­schnei­dend­sten Umbauphase ihrer Geschichte”, sagte er, die Trans­for­ma­tion zu ein­er “Armee im Ein­satz” spiegele sich auch in der Ausstel­lung wider. 

Zu den Ehrengästen gehörte gestern Pater Vin­cens vom Kloster St. Augusti­nus in Berlin. Der Schwest­ern- und Kranken­haus-Seel­sorg­er unter­richtet in der Bun­deswehr unter anderem Wer­te­ord­nung, Tugendlehre und Ethik des Dien­stes. Mit Luck­en­walde verbinden den heute 75-Jähri­gen beson­dere Erin­nerun­gen: “Während des Krieges, von 1941 bis 44, besuchte ich in Luck­en­walde das Gym­na­si­um. Jeden Tag fuhr ich vom Anhal­ter Bahn­hof nach Luck­en­walde und zurück.” 

Robin Wolff, Stephan Wer­nicke und Ste­fan Ulmann gehörten gestern zur jün­geren Gen­er­a­tion der Besuch­er. Die 14-jähri­gen Schüler der Luck­en­walder Jahn-Gesamtschule inter­essierten sich vor allem für die Panz­er und den Hub­schrauber in Aktion. “Ich kön­nte mir schon einen Beruf in der Bun­deswehr vorstellen”, meinte Robin Wolff.

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Zwei Wochen Wände schrubben

(ULRICH WANGEMANN, MAZ) Ein leicht­es Zis­chen ver­nahm Gün­ter Hen­schels Frau, als sie am Abend des 30. April das Schlafz­im­mer­fen­ster schließen wollte. Sie alarmierte ihren Mann, doch als der die Treppe herunter geeilt kam, waren die Verur­sach­er des selt­samen Geräuschs schon davonger­an­nt. Gün­ter Hen­schel war fas­sungs­los, als er in den Hof trat. Sein Anbau war auf ein­er Länge von 15 Metern — das entspricht 30 Quadrat­metern — mit Farbe besprüht. Schwarz-sil­ber, hässlich, riesig. 

Vielle­icht hätte der 67-Jährige den Ärg­er in sich hinein gefressen, wäre er vor ein­er Woche nicht auf das MAZ-Inter­view mit zwei Sprayern gestoßen. Darin äußerten die jun­gen Män­ner, sie wür­den nur Miet­shäuser beschmieren, keine Eigen­heime. “Es hat mich maß­los geärg­ert, weil es nicht stimmt”, sagt Henschel. 

In der Tat. Das Haus hat der ehe­ma­lige Mechaniker vor 46 Jahren gekauft — unter großen Anstren­gun­gen. Die bepin­sel­ten Anbaut­en hat er mit eigen­er Hand errichtet, Stein für Stein. Seit fast einem hal­ben Jahrhun­dert wohnt er mit sein­er Fam­i­lie darin. 

Er ist nun wirk­lich kein typ­is­ch­er anonymer Ver­mi­eter, der in Ham­burg wohnt. Hen­schel ist keine zehn Kilo­me­ter von seinem Wohnort ent­fer­nt geboren — in Mötzow. 

Die Mauer des Anbaus hat er erst im ver­gan­genen Jahr mit weißen Plat­ten verklei­det und teil­weise neu gestrichen. “DDR-Spritzputz — das ist so einge­zo­gen, das bekomme ich nie wieder weg”, ist sich Hen­schel sich­er. Die Kun­st­stof­fvert äfelung nebe­nan kann er nicht ein­fach über­stre­ichen. Mit Lösungsmit­tel wird er jeden gekrakel­ten Schriftzug abreiben müssen. Zwei Wochen Arbeit wird dem Rent­ner die Sprüh-Attacke kosten — Zeit, die er sich­er gern im Garten oder mit einem guten Buch ver­bracht hätte. Ganz zu schweigen von den Gän­gen zur Polizei. 500 Euro wird ihn der Schaden kosten, den die Täter leichter­hand in weni­gen Minuten verur­sacht haben. 

Hen­schels Ärg­er und Besorg­nis teilen hun­derte Haus­be­sitzer in der Stadt. Hil­f­los sehen sie zu, wie sich die bunte Plage bis in die friedlichen Vororte aus­bre­it­et. “Solche Schmier­ereien haben wir in der Möt­zow­er Vorstadt ewig nicht gehabt”, sagt Graf­fi­ti-Opfer Henschel. 

Aber der Farb-Anschlag hat nicht nur einen materiellen Schaden verur­sacht. Gün­ter Hen­schel hadert immer noch mit der men­schlichen Seite der wahllosen Ver­schan­delungswut. Er kann es ein­fach nicht fassen. “Ich wüsste gern, was diese jun­gen Men­schen für eine Aus­bil­dung gemacht haben oder machen wollen.” Hen­schel würde ihnen ein­fach gern in die Augen blick­en, um zu ver­ste­hen, was in ihren Köpfen vorge­ht. Fast klingt, es, als täten sie ihm leid. Weil sie es nötig haben, seinen Anbau zu verschandeln.

Inforiot