Beschwerde gegen einen Polizeieinsatz legte der Verein Brandenburger Lebensart (BLA) nach einer Hausdurchsuchung des Geländes am vergangenen Mittwoch vor dem Amtsgericht Potsdam ein. Nach Auskunft des Vereins habe das Gericht die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss für eine bestimmte Räumlichkeit auf dem Gelände des Vereinssitzes in der Zeppelinstraße 25 ausgestattet, „die Beamten gaben sich mit dieser Durchsuchung aber nicht zufrieden“, teilte eine Vereins- Pressesprecherin mit. Die Beamten hätten sich mit Hilfsmitteln Zutritt zu dem Gelände beschafft, anstatt die Klingel zu nutzen und hätten danach über den Durchsuchungsbeschluss hinaus weitere Räumlichkeiten sehen wollen. Aufgrund der schlechten Erfahrung aus vergangenen Polizeieinsätzen in alternativen Projekten sei ihnen der Zutritt nicht weiter verweigert worden, heißt es seitens des Vereins. Etwa 30 Polizisten in Vollschutz und mit Helmen sollen sich auf dem Gelände befunden haben. Die Aktion steht im Zusammenhang mit dem Übergriff linker Jugendlichen am Nauener Tor vor gut einer Woche.
Monat: Juli 2005
Netzwerk wächst stetig weiter
(Thomas Berger, MOZ) Strausberg/Berlin. “Ich spüre ja die Atmosphäre. Es ist nicht nur der Staffelstab, den wir von Bad Freienwalde übernommen haben. Ein ganzes Netzwerk steckt dahinter, jede Menge neue Kontakte, ein tolles Gefühl und positive Energie. Und mit jedem Mal wächst dieses Netzwerk weiter.” Strausbergs Bürgermeister Hans Peter Thierfeld sprüht förmlich vor Begeisterung. Es sei eine Freude und Ehre, dass Strausberg am 17. September Ausrichter der nunmehr fünften Tour de Tolerance (MOZ berichtete) sein dürfe. Die Vorbereitungen für das Ereignis laufen auf Hochtouren. Gestern hatten die Organisatoren nach Berlin zur Pressekonferenz geladen.
Die Ortswahl war kein Zufall. Denn zum Fünften hat sich das Team um Initiatorin Petra Bierwirth (MdB/SPD), Thierfeld und Eberswaldes Ex-Bürgermeister Günter Grützner als Mitbegründer im Jahr 2001 besondere Schirmherren ins Boot geholt — den EHC Eisbären Berlin. Dass der Club in der nächsten Saison eine eigene Kampagne mit dem Titel “Eisbären sind nicht braun, sondern bunt — gegen Rassismus im Alltag und im Stadion” startet, trifft sich da gut. Engagement gegen Intoleranz, rassistische Tendenzen, Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt gehörten für Team und viele Fans dazu, die auch bei der antifaschistischen Demo am 8. Mai Flagge gezeigt hatten.
Damals, beim Anfang vor vier Jahren, sei man belächelt worden. Eher zehn statt der geplanten 1000 Teilnehmer wurden den Initiatoren prognostiziert. Inzwischen gibt es nicht nur einen gewachsenen Kreis an Helfern, die zum Gelingen der Aktion beitragen. THW und DRK gehören ebenso dazu wie die Polizeischule in Basdorf. “Am Gymnasium Wriezen hatte sich eine Projektgruppe gegründet, von der jährlich 30 bis 40 Schüler teilnehmen”, so Grützner. Überhaupt zeige sich schon bei den Radlern die große Bandbreite — der Jüngste, der im Vorjahr solcherart ein Zeichen für Tolerant setzte, war drei, der Älteste 78 Jahre alt. Auch Behinderte seien mit dem Rollstuhl dabei. Strauß trifft Eisbär, so kann es nun speziell am 17. September zum Jubiläum heißen.
Neu ist in diesem Jahr, dass die Tour nicht durch die Bundeshauptstadt bis Potsdam führt, sondern einen Rundkurs bildet. Von Strausberg aus geht es über Werneuchen, Bernau und Berlin wieder zurück zum Start- und Zielpunkt. Dort wie auch an anderen Stationen ist ein begleitendes Kulturprogramm geplant, sagte Thierfeld. Die Arbeitsgruppe dazu steht, in ihr ist unter anderem der KSC Strausberg vertreten. In Werneuchen, ergänzte Petra Bierwirth, soll es die Eröffnung einer Bilderausstellung geben.
Die Eisbären, so der kanadische Chefcoach Pierre Pagé und Co-Trainer Hartmut Nickel, sind gern Partner. Pagé erinnerte daran, dass seine Heimat ein klassisches Einwandererland sei: Ohne Toleranz und Zusammenarbeit hätten die aus Polen, Italien, Schweden oder England stammenden Bewohner nicht so viel erreicht. Toleranz, betonte auch Thierfeld, sei ja keine Frage des Augenblicks, sondern des alltäglichen Lebens.
Eberswalde (MOZ) Spätaussiedler aller Altersklassen haben jetzt in Eberswalde ihre Zertifikate für den erfolgreichen Abschluss der Schulungswerkstatt 2005 unter dem Motto “Fit für Sprache und Arbeitsmarkt” erhalten. Dabei lernen sie nicht nur die Sprache kennen, sondern trainieren auch Bewerbungsgespräche.
Veranstaltet wurde der Kurs von der Eberswalder Selbsthilfegruppe “Kontakt”, die beim Bund der Vertriebenen angesiedelt ist. Michael Nehls von der Stadtverwaltung, Projektleiterin Irina Holzmann und Deutschlehrerin Vera Koch überreichten die Zertifikate. Seit 2002 bereiten sich Spätaussiedler aller Altersgruppen mit Einjahreskursen auf den deutschen Arbeitsmarkt vor. Finanziert werden die Kurse von der Stadt Eberswalde und aus Mitteln des Programms “Lokales Kapital für soziale Zwecke”.
Zahlreiche Absolventen konnten an der Abschlussfeier nicht teilnehmen, weil sie bereits Arbeitsplätze gefunden haben. Marion Lehnigk vom brandenburgischen Kulturministerium und der Bundestagsabgeordneten Markus Meckel hoben die Initiative und die Motivation der Kursteilnehmer hervor.
Michael Nehls versicherte, dass die Schulungswerkstatt auch nächstes Jahr wieder mit der Unterstützung der Stadt rechnen könne.
Jüterbog: Nicht Einsam — Gemeinsam
Unter dem Motto “Nicht einsam — Gemeinsam gegen den Sozialabbau” fand am 2. Juli 2005 in Jüterbog die erste gemeinsame Brandenburger Montagsdemo statt.
Etwa 800 TeilnehmerInnen aus 25 Städten in Brandenburg, sowie aus Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen genossen den Sommernachmittag auf dem Marktplatz in Jüterbog. In zwei Zügen waren sie zuvor ins Stadtzentrum gezogen.
Eine Art Resolution wurde verlesen, welche unter anderem das bundesweite Koordinierungstreffen in Hannover grüßte (es gibt zwei bundesweite Treffen, aber beim zweiten waren neulich wohl ganze drei Städte vertreten). Außerdem hieß es in dem Text: “Wir werden unseren Protest weiter auf die Strasse tragen, gegen eine unsoziale menschenverachtende Politik, egal von welcher Regierung diese auch durchgeführt wird!” Gegenstimmen gab es keine zu diesem Text (“Unsere Stärke ist der Zusammenhalt, wer will uns aufhalten wenn wir uns einig sind?”).
Begeistert applaudiert wurde der kämpferischen Rede von Peter Grottian, auch wenn einige bei seinem verbalradikalen Aufruf zu zivilen Ungehorsam den Alltagsbezug vermißten. Die Radikalität die er (nebst einem genau bezifferten Grundeinkommen) einforderte zeigte sich eher in den Beiträgen aus Senftenberg, Angermünde, usw., in denen immer noch, wie in über 80 Städten bundesweit, Montagsdemos statt finden. Hier zeigten Menschen auf, dass sie sich immer noch wehren, gegen die Schikanen auf den Ämtern, die weit verbreitete Resignation, usw. Sie zeigten auf, daß ihre Vorstellungen von Alternativen noch lange nicht bei der Abschaffung von Hartz IV aufhören. Hier wird eine Solidarität und ein gegenseitiger Respekt wiederentdeckt, auf dem aufgebaut werden kann.
Mehr Bilder und Infos unter: Montagsdemo Jüterburg
Kundgebung gegen Sozialabbau in Jüterbog
(MOZ) Jüterbog (ddp) Bei der ersten zentralen Demonstration gegen die Sozialpolitik der rot-grünen Bundesregierung in Brandenburg haben am Samstag in Jüterbog nach Veranstalterangaben über 800 Menschen ihrem Unmut Luft gemacht. Mit einem Pfeif- und Trommelkonzert zogen zwei Demonstrationszüge durch die Stadt zur abschließenden Kundgebung. Auf Transparenten stand das Motto der Veranstaltung “Nicht einsam — Gemeinsam gegen den Sozialabbau”. Im Mittelpunkt der Kritik standen die Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die Arbeitsmarktreform “Hartz IV”.
Peter Grottian von der Freien Universität Berlin und vom Sozialforum der Bundeshauptstadt rief zum verstärkten Protest gegen die Agenda 2010 auf. Er forderte die Einführung eines Grundeinkommens in Höhe von bis zu 1500 Euro sowie die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs. Der Brandenburger PDS-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke appellierte an PDS und WASG, geeint den Druck auf die Regierung zur Änderung der Sozialpolitik zu verstärken. Auch die Bevölkerung müsse ihren Protest verschärfen.
Nach Angaben von Mitinitiator Michael Maurer hatten Organisatoren der so genannten Montagsdemonstrationen und Sozialbündnisse aus 29 Kommunen Brandenburgs zur ersten gemeinsamen Demonstration nach Jüterbog aufgerufen.
Die Montagsdemonstrationen hatten ihren Ausgangspunkt 2004 in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg genommen und Nachahmer in ganz Deutschland gefunden. Bundesweit waren jeweils montags Tausende Menschen gegen Sozialabbau auf die Straße gegangen. Auch in zahlreichen Brandenburger Kommunen wurde demonstriert.
600 gemeinsam gegen Sozialabbau
Die erste zentrale Montagsdemonstration des Landes gab es am Sonnabend in Jüterbog
(Christoph Schulze, Neues Deutschland) Insgeheim hofften einige auf bis zu 5000 Teilnehmer bei der ersten zentralen Montagsdemonstration im Land Brandenburg. Nach Jüterbog gekommen sind am Sonnabend etwa 600 Menschen aus knapp drei Dutzend märkischen Städten. Sie versammelten sich auf dem dortigen Marktplatz, um gegen Hartz IV und Sozialabbau zu protestieren.
Viele Beteiligte zeigten sich enttäuscht über die relativ geringe Resonanz. Das Ziel, die immer weiter stagnierenden Montagsdemo-Bewegung noch einmal neu anzukurbeln, wurde offenbar nicht erreicht. Trotzdem hallte laut die selbstbewusste Losung durch die Straßen der Jüterboger Innenstadt: »Hartz IV muss weg, wir sind der Agendaschreck«.
»Viele von uns sind inzwischen verzagt, das müssen wir ehrlicherweise zugeben«, räumte der Berliner Politikwissenschaftler Professor Peter Grottian in seiner Ansprache ein. Dennoch sei der außerparlamentarische Protest gegen Hartz IV – »die Extase bürokratischer Herrschaft« – legitim und habe eine Menge erreicht. »Der Protest war die Zündschnur dafür, dass inzwischen die Menschen über Alternativen diskutieren.« Dass die Bewegung mit der Linkspartei möglicherweise bald eine parlamentarische Stimme bekomme, sei positiv.
Nur auf eine Partei zu hoffen wäre aber ein Fehler. Es komme darauf an, »der Partei durch Druck von der Straße Beine zu machen, damit sie angemessen kämpferisch ist.«
Grottians Rezept, um den außerparlamentarischen sozialen Protest wieder dynamischer zu machen: »Radikaler werden.« Forderungen wie die nach einem garantierten Grundeinkommen von »1300 bis 1500 Euro für alle Menschen« sollten gestellt werden. Man solle nicht mehr nur demonstrieren, sondern auch aktiv zivilen Ungehorsam leisten. Der PDS-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke, der auch dem Bundesvorstand der Partei angehört, bekräftigte, dass eine »kämpferische Bewegung« auf der Straße weiter nötig sei, weil im Parlament »nur partiell Veränderungen erreicht werden können«. In der Sache seien PDS und Montagsdemonstranten einig: »Hartz IV hat nichts mit einem Kampf gegen Arbeitslosigkeit zu tun und gehört abgeschafft.« Fest stehe, dass für die von der Linkspartei angestrebte Umverteilung von oben nach unten eine Kooperation mit SPD und den Grünen unmöglich sei.
Bei der Kundgebung waren Fahnen von vielen lokalen Montagsdemo-Initiativen zu sehen, Transparente von attac, von Gewerkschaften und der Bürgerinitiative »Freie Heide«. Die DKP hatte einen Informationsstand aufgebaut und verteilte Flugblätter. Die PDS war recht stark vertreten, unter anderem durch einige Landespolitiker.
Eine Frau hatte sich von Kopf bis
Fuß in einen weißen Umhang gehüllt. Auf das bleichgemalte Gesicht war eine finstere Miene geschminkt. »Das Gespenst der Armut geht um«, so die Botschaft. Eine Gruppe aus Wittenberg machte in einem Schaubild deutlich, woran der voranschreitende Sozialabbau sie erinnert: Gefesselte Räuber wie zu Luthers Zeiten und als »arbeitsunwillig« gebrandmarkte Menschen mit Fußfesseln.
Wie viele Teilnehmer der Kundgebung trug auch Manuela Richter ein T‑Shirt mit der Aufschrift »Die Überflüssigen«. Ihr Hauptanliegen beim Sozialprotest sei die Forderung nach gerecht bezahlter Arbeit. »Die Regierung will mir weismachen, dass ich überflüssig bin. Da mache ich nicht mit«, sagte die 53-Jährige.
In ihrer Heimatstadt Eberswalde ist Richter bei den Montagsdemos dabei, von denen inzwischen 45 stattgefunden haben. Mittlerweile kommen aber nur noch 60 bis 100 Teilnehmer, anstatt 1000, wie in der Hochphase der Proteste im vergangenen Herbst.
Von der zentralen Demonstration in Jüterbog hatte sich Richter erhofft, dass wieder ein Gefühl der Stärke entsteht. Dass nur 600 Leute in Jüterbog zusammenkamen, enttäuschte sie. »Es h&a
uml;tten gerne ein paar mehr sein können«. Die 53-Jährige will sich aber nicht entmutigen lassen und auch weiter jeden Montag auf die Straße gehen.
“Vertrauen Sie sich selbst”
Erste landesweite Demonstration gegen Sozialabbau in Jüterbog
(MARTINA BURGHARDT, MAZ) JÜTERBOG Bundeskanzler Gerhard Schröder muss es am Sonnabendnachmittag in den Ohren geklungen haben, so oft wie sein Name bei der ersten landesweiten Demonstration gegen Sozialabbau genannt wurde. Er war aber nicht da, und es gab auch nichts Erfreuliches, was ihm die Demonstranten aus Brandenburg sowie Sachsen-Anhalt und Thüringen zu sagen hatten. Im Gegenteil, ihr Protest richtete sich in erster Linie gegen die rot-grüne Regierungspolitik, gegen die Agenda 2010 und speziell gegen Hartz IV. In zwei Demonstrationszügen vom Bahnhof und vom Gewerbegebiet aus waren die Teilnehmer in Richtung Marktplatz gezogen. Aus Wittenberg hatte sich ein Autokorso Richtung Jüterbog in Bewegung gesetzt. Ein Dutzend Polizisten überwachte das Geschehen.
Aus insgesamt 25 Städten kamen laut Veranstalter, dem Bündnis gegen Sozialabbau Jüterbog, die Protestierenden, etwa 500 von ihnen versammelten sich für drei Stunden vor dem Rathaus. Organisiert worden war die Veranstaltung mit Hilfe der PDS und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DBG).
Hartz-IV-Betroffene aus neun Städten meldeten sich während der Kundgebung unter dem Motto “Gemeinsam statt einsam” zu Wort. Sie sangen selbst gedichtete Lieder und berichteten über eigene Erfahrungen. Michael Elte aus Elsterwerda sprach über das “Recht auf angemessenen Wohnraum”. Es gebe nur noch ein Recht auf Unterkunft, warmes Wasser sei ein Luxus. Eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich schaffe Arbeit für alle — so der Vorschlag von Rainer Mehlin aus Eisenhüttenstadt.
Von einem Grundeinkommen in Höhe von 1300 bis 1500 Euro sprach Peter Grottian, Professor an der Freien Universität Berlin und Mitstreiter im Sozialforum der Hauptstadt. “Wir wollen die Abschaffung von jeder Zwangsarbeit und dass die Menschen vernünftig bezahlt werden”, sagte er und rief zu mehr “zivilem Ungehorsam” auf, um “den Herrschenden weh zu tun”. So könnten “Die Überflüssigen”, wie sich einige Jüterboger Montagsdemonstranten selbst nennen, in Potsdamer Nobelrestaurants “die Reichen” verunsichern.
Den Spitzensteuersatz auf 52 Prozent anheben und den Rüstungsetat verkleinern — darin sieht der PDS-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke Möglichkeiten, um das Geld von “oben nach unten” zu verteilen. Er rief dazu auf, den Druck in den Parlamenten zu verstärken. “Vertrauen Sie sich selbst und Ihrer eigenen Kraft”, so Gehrcke, “dann werden wir auch Veränderungen erreichen.”
Polizeieinsatz mit Haftbefehl
(MAZ) POTSDAMER VORSTADT Die Polizei sucht einen fünften Verdächtigen für den Angriff linker Jugendlicher auf einen Rechtsextremen am 19. Juni vor dem Café Heider. Mit einem Haftbefehl des Amtsgerichts verschafften sich am Donnerstagmorgen gegen 8 Uhr rund 30 Beamte in Helm und Vollschutz Zutritt zum alternativen Wohnprojekt in der Zeppelinstraße 25. Der Einsatztrupp bekam aber keine Auskunft, wo im Haus der Gesuchte wohnt; deshalb wurde das gesamte Objekt durchsucht — erfolglos.
Der Verein Brandenburger Lebensart (B.L.A. e.V.) als Betreiber des Wohnprojektes protestierte gestern gegen den Polizeieinsatz und nannte ihn “offensichtlich rechtswidrig”. Man habe die Komplettdurchsuchung nur geduldet, weil sich Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und zehn Jahren auf dem Gelände befanden und man eine Gewalteskalation vermeiden wollte. Mittlerweile habe man sich anwaltlichen Beistand geholt.
Gewalt nicht aufkommen zu lassen, war nach Auskunft des Potsdamer Polizeichefs Ralf Marschall der Grund für die Massivität des Einsatzes. Man habe einen mutmaßlichen “Gewalttäter” gesucht, sagte Marschall gestern der MAZ: “Wir zeigten Stärke und machten klar, dass wir bei Bedarf hart durchgreifen”. Nur eine Streife zu schicken, hätte das Risiko mit sich gebracht, unverrichteter Dinge wieder gehen zu müssen. Dann Verstärkung anzufordern, hätte möglicherweise dazu geführt, dass sich die Bewohner verbarrikadieren. “Wäre das passiert, wären wir da durch gegangen”, stellte Marschall klar.
Beim Übergriff vom 19. Juni hatten vier junge Leute der linken Szene einen 17-Jährigen der rechten Szene mit einem Totschläger verprügelt und den am Boden Liegenden getreten. Von den vier Haftbefehlen waren erst zwei und später auch ein dritter außer Vollzig gesetzt worden; eine junge Frau sitzt noch in Untersuchungshaft. Bei ihr handelt es sich offenbar um die Vorsitzende des Chamäleon-Vereins, dessen Räume in der Silvesternacht 2002 von Rechten angegriffen worden waren. Für zwei dieser Angreifer endete ein Prozess Mitte Juni mit Haft- beziehungsweise Bewährungsstrafen.
Die Sonderausstellung “Lange Kerls — Muster, Mythos oder Maskerade” im Schloss Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) ist seit Sonntag für die Öffentlichkeit zugänglich.
Nach umfangreicher Quellenforschung werde gezeigt, wie viele von den Klischeevorstellungen über Friedrich Wilhelm I. und seine “langen Kerls” tatsächlich stimmen, so die Veranstalter.
Das 2,23 Meter große Knochenpräparat eines anonymen Grenadiers ist eines der eindrucksvollsten Exponate der Ausstellung. Sie ist bis zum 3. Oktober zu sehen.
Strafanzeige nach Konzert
Cottbus (bb) Ein Beamter des Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg hat Strafanzeige gegen die Hardrockband Böhsen Onkelz erstattet. Die Musiker sollen bei ihrem Konzert auf dem Lausitzring bei Klettwitz (Oderspreewalt-Lausitz) am 17. und 18. Juni verbotene rechtslastige Lieder gespielt haben. Das bestätigte gestern LKA-Sprecherin Bärbel Cote-Weiß der Märkischen Oderzeitung. Den Böhsen Onkelz wird seit Jahren vorgeworfen, rechtslastige Propaganda zu verbreiten. Die Band war am Wochenende für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen.
Nach Angaben der Sprecherin besuchte der LKA-Beamte das Open-Air-Festival. Der Mann vom Stattschutz gilt als langjähriger Experte bei der Prüfung von Tonträgern der rechtsextremen Szene. Laut Strafanzeige habe die Hardrockband vor mehr als 100.000 Zuschauern auch Lieder von ihrem ersten Album „Der Nette Mann“ gespielt, die von der Bundesprüfstelle für jungendliche Schriften auf den Index gesetzt wurde. Dies wurde auch von anderen Zuschauern bestätigt.
In der Vergangenheit hatten sich die Böhsen Onkelz wiederholt von rehcten Gedankengut distanziert. Die beiden ausverkauften Auftritte auf dem Lausitzring waren von der Band als Abschiedskonzert bezeichnet worden. Dazu waren Fans aus der ganzen Bundesrepublik angereist.
Verbotene Lieder gespielt? Anzeige gegen Böhse Onkelz
(Die Welt, dpa) Cottbus — Das Landeskriminalamt Brandenburg hat gegen die deutsche Hardrockband Die Böhsen Onkelz Anzeige erstattet. Die Gruppe soll vor zwei Wochen bei einem Open-air-Festival auf dem Lausitzring in der Nähe von Senftenberg vor mehr als 100 000 Zuschauern verbotene Lieder gespielt haben.
Eine LKA-Sprecherin bestätigte einen entsprechenden Medienbericht. Den Böhsen Onkelz wird bereits seit Jahren vorgeworfen, rechtslastige Propaganda zu verbreiten. Die Band war am Wochenende für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach Angaben von LKA-Sprecherin Bärbel Cotte-Weiß hatten LKA-Beamte das Festival auf dem Lausitzring beobachtet. Die Gruppe soll dort Lieder von ihrem ersten Album “Der Nette Mann” gespielt haben, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt wurden. Dies wurde auch von anderen Zuschauern bestätigt. Die Platte aus dem Jahr 1984 enthält Titel wie “Fußball und Gewalt” oder “Dr. Martens Beat”. In der Zwischenzeit haben sich die Böhsen Onkelz wiederholt von rechtem Gedankengut distanziert. Die beiden ausverkauften Auftritte auf dem Lausitzring waren von der 1980 gegründeten Band als “Abschiedskonzerte” deklariert worden. Dazu waren Fans aus ganz Deutschland angereist.
Brandenburg ist besonders fleißig im Kampf gegen rechtsextremistische Musik. 2004 kamen knapp zwei Drittel von bundesweit 120 Indizierungsanträgen aus Brandenburg. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU): “Die Zahlen unterstreichen, wie ernst wir den Kampf gegen den Rechtsextremismus nehmen.”
Kampf um Türsteherszene eskaliert
Eisenhüttenstadt (MOZ) Der brutale Überfall auf die Diskothek am Trockendock Freitag vergangener Woche ist aufgeklärt. Gegen 17 Beteiligte wird nach Aussagen der Polizei ermittelt, sechs Haftbefehle sind bereits vollstreckt. Haupttäter und Anstifter soll der 19-jährige Veit A. aus Eisenhüttenstadt sein, der trotz mehrfachen Vorstrafen eine Karriere bei der Bundeswehr vor sich hatte. Er hat ein volles Geständnis abgelegt. Das Motiv ist nach derzeitigem Kenntnisstand ein Rache-Akt.
Wolfgang Schumann ist mit seinen Ermittlern zufrieden. Der 1. Kriminalhauptkommissar, zugleich Leiter der Eisenhüttenstädter Polizeiwache, konnte bereits weniger als 48 Stunden nach dem brutalen Überfall von 15 bis 20 Maskierten auf “Flocki‘s Mega-Diskothek” im Trockendock erste Namen von Verdächtigen notieren. Der Kreis der Tatverdächtigen, die am Freitag vergangener Woche gegen 22.30 Uhr in die Disko einmarschierten, auf die beiden Türsteher und den DJ einprügelten, wurde schnell größer. Inzwischen ist er auf 17 junge Leute im Alter von 19 bis 27 Jahren angewachsen, gegen sechs von ihnen sind bereits Haftbefehle durch das Eisenhüttenstädter Amtsgericht erlassen.
Bezeichnenderweise handelt es sich beim Anstifter und mutmaßlichen Haupttäter um den Jüngsten aus der Gruppe: Veit A. ist 19 Jahre alt und Berufssoldat in Kassel — gewesen. Vorbestraft ist er bereits zwei Mal wegen gefährlicher Körperverletzung und zwei weitere Male wegen Sachbeschädigung, was einer Karriere bei der Bundeswehr scheinbar nicht im Wege stand. Veit A. gehört wie die anderen Tatverdächtigen auch zu einer Gruppierung, die sich selbst “Haed Core” nennt. Auf etwa 50 Personen schätzt Schumann diese Truppe, die der Polizei nicht ganz unbekannt ist, weil sie schon im “Beat-Club”, der ehemaligen Gaststätte “Oderwerft”, in der Gubener Straße und in der benachbarten Tankstelle für Unruhe gesorgt hat. Auch bei Landesklasse-Spielen des SV Vogelsang. Darunter etliche Heranwachsende mit mehrfachen Vorstrafen sowie einige mit deutlich rechter Orientierung.
Beim Überfall auf das Trockendock jedoch nennt die Polizei einen Racheakt als Auslöser. Veit A. war bereits zwei Tage vor dem Überfall im Trockendock aufgetaucht, um mit dem Betreiber der Diskothek darüber zu verhandeln, ob die “Haed Core”-Leute nicht fortan den Türsteherposten übernehmen könnten. Im “Beat Club” bekam die Truppe angeblich keinen Fuß in die Türsteherszene und versuchte es nun im Trockendock, wo Türsteher aus Frankfurt den Einlass regelten. Die Verhandlung endete damit, dass Veit A. vor die Tür gesetzt wurde. Er schwor Rache, und nach Ansicht der Polizei hatte dieser Racheschwur bis zum Freitag in der jugendlichen Szene Eisenhüttenstadts seine Runde gemacht, denn nur so erklären sich Polizei und Diskobetreiber Falk Angrick gleichermaßen, dass ausgerechnet an jenem Freitag so gut wie keine Gäste in der Diskothek waren.
Der harte Kern der “Haed Core”-Truppe feierte — wie auch schon Tage zuvor — am Freitagabend an den Kiesgruben bei Vogelsang. Aus der Partylaune heraus, so sagt es Wolfgang Schumann, könnte die Entscheidung gefallen sein, dass der Zeitpunkt der Abrechnung gekommen ist. Die Tatverdächtigen fuhren in Bomberjacken und teilweise mit Springerstiefeln mit mehreren Autos vor, zogen sich Mützen und Kapuzen ins Gesicht und prügelten drauf los. Einer der Türsteher liegt nach wie vor mit schweren Verletzungen im Frankfurter Krankenhaus. Den entstandenen Schaden beziffert die Polizei mittlerweile doch höher als zunächst angenommen. “Mehrere tausend Euro können es schon sein”, sagt Schumann.
Bei all dem ist Schumann froh, diese Gruppierung mit den Festnahmen zeitig zerschlagen zu haben. “Wir haben die Sicherheit voll im Griff und arbeiten auch gut mit der Staatsanwaltschaft zusammen”, betont Schumann. Allerdings wünscht sich der Wachenleiter der Polizei ein stärkeres Engagement von Jugendamt und Gewerbeaufsicht in Jugendeinrichtungen und Diskotheken. Die Betreiber, so Schumann, müssten spüren, dass es Kontrollen gibt.
Durch die Auswertung aller Zeugenaussagen und Details von Beschuldigten führt nun die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gegen 17 Beteiligte Strafverfahren wegen schweren Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Einige von ihnen sitzen bereits in Haft wegen Flucht- oder Verdunkelungsgefahr.
Am 30.06.2005 fand auf dem Gelände der Zeppelinstr. 25 in den frühen Morgenstunden ein Polizeieinsatz statt. Wie bekannt, verbirgt sich hinter dieser Adresse der Brandenburger Lebensart e.V. (B.L.A. e.V.), welcher das Gelände für 99 Jahre von der Gewoba gepachtet hat.
Die BeamtInnen verschafften sich mit Hilfsmitteln Zutritt zu dem Gelände – statt die Klingel zu benutzen. Auf Nachfrage wurde ein Durchsuchungsbeschluss vom Amtsgericht Potsdam präsentiert. Dieser bezog sich auf eine bestimmte Räumlichkeit. Die BeamtInnen gaben sich mit dieser Durchsuchung aber nicht zufrieden, sie verlangten das ganze Projekt durchsuchen zu können. Ca. 30 BeamtInnen in Vollschutz und mit Helmen ausgerüstet, verliehen dieser „Bitte“ Nachdruck.
Aufgrund der Erfahrung der letzten Jahre in denen es zwischen Polizei und alternativen Projekten immer wieder zu Gewalteskalationen kam, war es deshalb nicht absehbar, welchen Verlauf der Einsatz nehmen würde. Da sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Gelände auch Kinder im Alter von 6 Monaten bis 10 Jahren aufhielten, sah sich der Vorstand des B.L.A. e.V. dazu gezwungen, trotz offensichtlicher Rechtswidrigkeit des Vorgehens der BeamtInnen, dieser Forderung nachzukommen. Mittlerweile wurde anwaltlicher Beistand zu Rate gezogen und in Folge dessen eine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung beim Amtsgericht Potsdam eingereicht.
Bleibt abzuwarten, ob das im Sinne der neuen Deeskalationsstrategie der Stadt Potsdam ist.
Birmingham/Mahlow . Pflegerin Cathleen hat Noél Martin in seinem
Rollstuhl zum Mittagessen in den Garten geschoben. Das rote
Backsteinhaus nahe der Innenstadt von Birmingham in England spendet an
diesem Frühsommertag keinen Schatten. Cathleen füttert Martin. Dann hält
die Pflegerin ihm ein Glas Wasser mit Strohhalm hin. Der 45-Jährige trinkt.
Zwischendurch sagt Martin: “Ich lebe nicht mehr, ich existiere nur
noch.” Einst lebenslustig und sportlich, kann Martin so gut wie nichts
mehr spüren. Im brandenburgischen Mahlow war der farbige Brite Noél
Martin 1996 als Bauarbeiter tätig. Am 16. Juni wurde er von zwei jungen
Rechtsextremisten überfallen und schwer verletzt. Seitdem ist Martin vom
Hals abwärts gelähmt. Nur den rechten Arm kann er inzwischen etwas
bewegen. Die deutschen Neonazis hätten ihm Würde geraubt, sagt der
gebürtige Jamaikaner.
“Mir sind noch Verstand und Stimme geblieben”
In drei Schichten kümmern sich speziell ausgebildete Helfer um ihn.
Allein fürs Aufstehen, Waschen und Anziehen braucht er fünf Stunden.
Täglich verliert Noél Martin Blut. Im Dezember wäre er daran beinahe
gestorben. Martin weiß: “Ich könnte jede Minute, jeden Tag sterben.”
Nach Mahlow würde er aber gerne noch einmal reisen, obwohl er vor zwei
Jahren von Freunden der Täter eine Morddrohung erhielt. Nach dem
Überfall war er 2001 dorthin zurückgekehrt.
Martin sagt, er habe die beiden Mahlower Täter, die inzwischen wieder
aus dem Gefängnis entlassen sind, weitgehend aus seinen Gedanken
verbannt. “Damit verschwende ich meine Zeit nicht.” Angst vorm Sterben
hat er nicht:“Wenn ich zu viel leide, verweigere ich die
Bluttransfusionen, dann ist es vorbei. Mir sind noch Verstand und Stimme
geblieben”, sagt er trotzig. Und die benutzt er, um Rechtsextremismus
und Rassismus die Stirn zu bieten. Am eigenen Beispiel zeigt er, wohin
blinder Hass und Gewalt führen können.
Rassismus ist Alltag für den Jamaikaner
Zeit seines Lebens ist Martin von Rassenhass betroffen gewesen. “Als ich
vier Jahre alt war, wollte mich ein Weißer auf Jamaika mit einem Messer
umbringen”, sagt Martin. In England wurde er bereits kurz nach seiner
Einreise 1969 von Rassisten attackiert. In Mahlow passierte dann der
brutale Überfall von Neonazis. Einzelheiten aus Martins Leben sollen
bald in einem Buch nachzulesen sein. Er erzählt seiner Berliner
Vertrauten Robin Herrnfeld seine bewegende Lebensgeschichte, sie fragt
nach und verfasst das Buch, für das aber noch kein Verleger gefunden ist.
In seinem Haus in Birmingham wohnt der Gelähmte seit 18 Jahren. Nach dem
Überfall musste das Gebäude komplett behindertengerecht umgebaut werden.
Es verfügt jetzt über einen Aufzug, ein neues Badezimmer und einen
Trainingsraum. Mit einer Telefonanlage hält Martin Kontakt zur
Außenwelt. Die Umbauarbeiten kosteten zirka 200 000 Euro. Darunter waren
viele Spendengelder aus Deutschland.
Der Jugendaustausch kommt nicht in Fahrt
Schon 2001 verabredeten Noél Martin und der damalige Ministerpräsident
Manfred Stolpe (SPD) die Einrichtung eines Fonds, der Begegnungen junger
Leute aus den Regionen Mahlow und Birmingham fördern soll. Martin will
auch mit rechtsextremen Jugendlichen darüber diskutieren, warum sie
gewaltbereit sind und ihre Einstellungen ändern. Im Fonds sind derzeit
knapp 35 000 Euro.
Doch der Jugendaustausch kommt nicht in Fahrt. “Ich bin nicht
zufrieden”, sagt Martin. Für eine vierte Reise von Jugendlichen nach
Birmingham fehlen derzeit noch Betreuer. Es gebe im Birmingham “keine
Ansprechpartner”, bedauert Ingo Thiedemann vom Förderverein Freunde der
Herbert-Tschäpe-Schulen in Mahlow. Dem widersprach Martin jedoch und
erneuerte seine Forderung, dass “Neonazikids” aus der Region Mahlow in
die Reisegruppen aufgenommen werden müssten. Aber diese Jugendlichen
haben kein Interesse.
Martin wie Thiedemann kritisierten, dass der “Noél-und
Jaqueline-Martin-Fonds” zu unbekannt in Brandenburg ist. Alle hoffen,
dass durch die 2006 in Mahlow geplante Schulfußball-WM, bei der auch
Teams aus Birmingham mitkicken, der Austausch beginnt.