Wie bereits bereits berichtet, kam es zwischen 5. und 8. August zu mehreren Sachbeschädigungen und Einbrüchen in Dahme. Unter anderem wurden die Innenwände zweier Räume der im Bau befindlichen Schlossruine mit Schriftzügen, darunter zwei Hakenkreuze und der Schriftzug “Heil Hitler” beschmiert. Die Kriminalpolizei in Luckenwalde ermittelte zwei männliche (16, 18) und eine weibliche (16) Tatverdächtige, denen die Straftaten vorgeworfen wurden. Unter anderem konnte in diesem Zusammenhang eine Sachbeschädigung am Plusmarkt in Dahme vom Juli 2005 aufgeklärt werden. Die drei Tatverdächtigen wurden nach ihrer Vernehmung wieder entlassen.
Monat: August 2005
PDS streitet über DVU-Wahlhelfer
(jl, MAZ) Der ehemalige DVU-Mann in den PDS-Reihen wirbelt Staub auf in der Brandenburger Linkspartei. Bis zu dem gestrigen MAZ-Artikel wusste offenbar nur ein kleiner Kreis um die Parteichefin Petra Faderl, dass das Vorstandsmitglied des linken Bündnispartners WASG, Manfred Friedrich (58), zwischen 2000 und 2003/2004 Mitglied und sogar Kreisvorsitzender der Deutschen Volksunion (DVU) in Brandenburg war.
PDS-Fraktionschef Alfredo Förster äußerte sich gestern empört. Auch Fraktionssprecher Mathias Osterburg und die Sozialbeigeordnete Birgit Hübner waren offenkundig nicht eingeweiht. Hübner möchte allerdings lieber ihren Urlaub genießen als politisch Stellung zu beziehen. “Ich kann mit so einem Menschen nicht zusammenarbeiten”, stellt dagegen Förster klar.
Als Ehemann einer Vietnamesin sei er nicht nur politisch, sondern auch persönlich betroffen. Förster: “Wer sich zum Kreisvorsitzenden der DVU hat wählen lassen, hat keine Berechtigung, für die PDS Wahlkampf zu machen.” Seiner Parteichefin, die dem 58-jährigen Friedrich eine “Jugendsünde” attestiert hatte, wirft Förster mangelndes politisches Gespür vor. Er freue sich zwar, wenn jemand sich vom Saulus zum Paulus wandele, doch ein Aktivposten im PDS-Wahlkampf könne Friedrich einfach nicht sein.
Die “groteske Verharmlosung” der DVU-Vergangenheit durch Petra Faderl enttäuscht den SPD-Landtagsabgeordneten Ralf Holzschuher. “Wenn das die neue Linie der PDS ist, wird mir das unheimlich.” Leider passe dies in das Verharmlosungsschema, mit dem auch PDS-Chef Lothar Bisky auf Lafontaines “Fremdarbeiter”-Äußerung reagiert habe. Natürlich könne sich ein Mensch ändern. Doch dann müsse Faderl viel mehr erklären. Holzschuher: “Ich erwarte von ihr, dass sie sich distanziert. Sonst wird sie unglaubwürdig.”
herr schönbohm kegelt alle neune
Es gibt auf der Welt nichts Verrohteres als einen Berufssoldaten. Wer sein Leben beim Militär verbrachte und nicht einmal Reue empfindet, dem ist nicht zu helfen, der kann seinen Kopf nur noch als Kanonenkugel abfeuern. Dass der pensionierte General und amtierende brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm den Fall einer neunfachen Kindstötung zum Anlass für die Gratisbehauptung nimmt, die “von der SED erzwungene Proletarisierung” der Bevölkerung sei “eine der wesentlichen Ursachen für Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft”, zeigt den klassischen Fall einer Projektion.
Als Militär weiß Schönbohm alles über Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft. Armeen sind die Ausbildungs- und Brutstätten für Sadisten, Folterer, Vergewaltiger und Mörder. Man kann das in Afghanistan sehen, im Irak, in deutschen Bundeswehrkasernen, überall dort, wo aus Menschen Uniformträger gemacht werden, Befehlserteiler und Befehlsempfänger, zu Klumpen geballte, schwer bewaffnete, gedrillte und gedopte Tötungsmaschinisten. Neun erstickte Kinder in Brandenburg? Darüber kann ein Angehöriger eines deutschen Polizeibataillions nur müde lachen.
Wer oder was ist Jörg Schönbohm? Ein Exgeneral, der sinnlose Kommandos in den dichten Nebel brüllt, der ihn umgibt? Ein Mann, der auf verlorenem Posten sitzt und nun als Innenminister ungebremst die Deformationen auslebt, die er im Laufe seines Berufslebens erlitt? Als Hobby oder in der Gummizelle könnte man das tolerieren, aber dass der Mann für den durchsichtigen Versuch, seine eigene Kaputtheit posthum Erich Honecker anzulasten, ein Geld bekommt, ist allzu spendabel.
Schönbohms Barrasgekläffe hat für Aufregung gesorgt — es ist Wahlkampf, die Angst vor dem Wähler geht um. Speziell die Ostdeutschen, so sie nicht brav die Blockparteien SPD-CDU-FDP-Grüne ankreuzen, müssen an die Hand genommen werden — oder an die Kandare. Kinder umbringen ginge ja noch an, das sind dann immerhin ein paar unnütze Esser weniger, die dem Westen auf der Tasche liegen. Aber Linkspartei wählen geht gar nicht — auch Edmund Stoiber hat es klipp und klar gesagt: “Ich akzeptiere es nicht, dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird. Das wird nicht mehr sein. Wir leisten jedes Jahr etwa 120 bis 130 Milliarden Euro Finanzausgleich zur Aufbausituation der neuen Länder. Aber es darf nicht sein, dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.”
Mir trampeln die Deppen aus dem Westen genauso auf den Nerven herum wie die aus dem Osten, Deutsche sind sie allesamt, ihre komischen Probleme miteinander gehen mich nichts an. Dass aber die Ostdeutschen nicht komplett die Rolle der willfährigen Beute spielen, die man ihnen zuweist, hat lustige Effekte: Die bloße Ankündigung, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, löst in Deutschland Angst und Panik aus. Man wird den Zonis das Wählen wohl gesetzlich verbieten müssen.
Einen besseren Wahlkampf für die Linkspartei als den von Schönbohm und Stoiber geführten aber kann sich auch der Bild-Kolumnist Lafontaine nicht ausdenken.
WIDERSTAND GEGEN MILITÄRÜBUNGSPLATZ
WIDERSTAND GEGEN MILITÄRÜBUNGSPLATZ
In Nordbrandenburg soll ein von den Sowjets angelegter Bombenabwurfplatz jetzt von der Bundeswehr benutzt werden — trotz vielfacher gegenteiliger Versicherungen. Die Bürgerinitiative “Freie Heide” organisiert den Widerstand — auch nach dem Vorbild einer BI in der Karibik
Die “Freie Heide” riskiert Haft
1.300 Menschen haben ihre Bereitschaft zu zivilem Ungehorsam erklärt, falls die Bundeswehr einen
Bombenabwurfplatz nordwestlich Berlins betreibt
Es war ein Sommerfest mit politischem Anspruch am Wochenende bei Wittstock nordwestlich von Berlin, Schlusspunkt von Aktionstagen. 250 Menschen kamen trotz des regnerischen Wetters. Die Nordbrandenburger übten, wie man trotz einer Hundertschaft Bereitschaftspolizei auf einem Truppenübungsplatz zeltet oder wie man sich von Wipfel zu Wipfel seilt, um dort Transparente aufzuhängen. “Da kann man lange Zeit oben bleiben .”, sagt einer lächelnd.
Die “Sommeraktionstage” der Initiative “Freie Heide” richten sich gegen den geplanten Bombenabwurfplatz der Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide. Mit seinen gut 140 Quadratkilometern wäre er der mit Abstand größte solche Truppenübungsplatz, gar der größte Luft-Boden-Schießplatz Europas.
Das Besondere an der Bewegung “Freie Heide” ist ihre Entschlossenheit. Über 1.300 Menschen, darunter 800 aus der Region, haben eine Erklärung unterschrieben und veröffentlicht: “Wenn die Bundeswehr das Gelände in Betrieb nimmt, werden wir auf den Platz gehen, um die Einsätze durch unsere Anwesenheit zu behindern”, heißt es da. Sollten die Unterzeichner diese Ankündigung verwirklichen, werden Strafanzeigen und Gerichtsverhandlungen folgen.
“Ich wohne und arbeite hier”, sagt dazu Ilse Strohschneider, Ärztin und Physiotherapeutin. “Was kann ich dann schon tun: entweder alles auf eine Karte setzen und den Abwurfplatz verhindern oder weggehen.”
Ein Vorbild der Initiative sind die Bewohner der karibischen US-Insel Vieques (siehe unten). Erst als sie den gewaltfreien Widerstand unter harschen persönlichen Konsequenzen riskierten, schloss die US-Marine dort ihren Bombenabwurfplatz.
Das Gebiet bei Wittstock hatte die sowjetische Armee 1952 zu einem Bombenabwurfplatz umgewidmet. Angesichts der schönen Natur samt ihren Seen dachte die Region nach der Wende an den Tourismus als einträglichen Erwerbszweig. Doch sie wurden von der deutschen Politik gründlich enttäuscht: Spitzenleute vieler Parteien sicherten vor Ort Unterstützung zu, ihre Organisationen unternahmen allerdings nichts Wirksames, um das Bombodrom zu verhindern.
Besonders toll trieb es die SPD. Ihre jeweiligen brandenburgischen Ministerpräsidenten sind offiziell gegen den Abwurfplatz. Rudolf Scharping, Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl 1994, verspricht ein Ende bei Regierungsübernahme, der heutige Verteidigungsminister Peter Struck sprach sich 1992 in einer Presserklärung der Bundestagfraktion gegen den Übungsplatz aus — ganz entlang der Beschlusslage des SPD-Sonderparteitags vom November 1992 zum Sofortprogramm bei einer eventuellen Regierungsübernahme. Darin heißt es unter Punkt 63: “Wir werden die Ausgaben für die Streitkräfte nachhaltig senken und überflüssige Rüstungsprojekte streichen sowie die militärischen Tiefflüge einstellen. Die bisherigen sowjetischen Truppenübungsplätze in Ostdeutschland, Wittstock und die Colbitz-Letzlinger Heide, werden wir stilllegen, sanieren und dem Naturschutz bzw. einer umweltverträglichen zivilen Nutzung zur Verfügung stellen.”
Die Bundeswehr unter Struck hält den Platz heute für “unverzichtbar”: zur Entlastung anderer Gelände und weil der “Einsatz von Flugzeugen im gesamten Einsatzspektrum” nach wie vor erforderlich sei. Dafür sind bei Wittstock 1.700 “Einsätze” pro Jahr geplant, mit jeweils mehreren Anflügen. Die Unterzeichner der Bombodrom-Erklärung nennen das “die Vorbereitung von Angriffskriegen” durch die Luftwaffenverbände der Nato. “Die von der Bundesregierung selbst unterzeichneten Bündnisverpflichtungen sind ihr wichtiger als das Recht auf Leben”, so gestern Andreas Will von der Initiative “Bomben nein — wir gehen rein”. “Die Region soll sich dem unterordnen. Aber man hat sich verkalkuliert.”
[ www.freieheide.de ]
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Modell Puerto Rico
Die Bewohner einer kleinen Insel bei Puerto Rico haben die US-Marine erfolgreich bekämpft
2003 war der Horror für die Bewohner der kleinen Insel Vieques endlich vorbei. 60 Jahre lang hatte das Eiland vor Puerto Rico der US-Marine als Bombenabwurfplatz, Manövergebiet und Munitionslager gedient. Unter anderen warfen die Marineflugzeuge Bomben mit Napalm oder mit Urangeschossen. Schießlich hatte der Protest der Einwohner Erfolg.
Die Marine enteignete ab 1941 drei Viertel des Landes, zerstörte die Zuckerrohr- und Kokosnussplantagen. Die gut 9.000 Einwohner leben auf einem schmalen Streifen in der Mitte der 134 Quadratkilometer großen subtropischen Insel. Der Westen und der Osten sind Sperrgebiet. Auch der Fischfang, die zweite Haupteinnahmequelle der Inselbewohner, wurde durch die Manöver und die Wasserverschmutzung sehr erschwert.
Immer wieder hatte es Proteste gegeben. Doch erst 1999, nachdem der Viequese David Sanes, der als ziviler Wachmann für die Marine arbeitete, durch einen Fehlabwurf getötet wurde, stand die Inselbevölkerung geschlossen hinter den gewaltfreien Demonstrationen. Die Aktionen wurden auch international unterstützt. Zu einer Demonstration im Februar 2000 in der Hauptstadt von Puerto Rico, San Juan, kamen 150.000 Menschen.
Als Reaktion auf den Widerstand verurteilten US-Gerichte die Protestierenden zu immer höheren Gefängnisstrafen. Bis heute sitzen noch AktivistInnen in US-Gefängnissen. Sie wurden wegen unerlaubten Betretens des Marinegeländes zu Gefängnis bis zu fünf Jahren verurteilt.
Im Mai 2003 trat die Marine schließlich ihr Land an die Naturschutzbehörde der USA ab. (Siehe Interview.)
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“Für mich war es ein Wunder”
Wie wurden die US-Bombenabwürfe auf der Insel Vieques schließlich gestoppt? Der unermüdliche Widerstand machte den Standort für die US-Truppen zu teuer. Zwei Frauen beschreiben den Weg zum Erfolg
taz: Wie lebt es sich an einem Bombenabwurfplatz?
Xana Conelly: Es waren so viele Bomben. Ich erinnere mich an eine Lehrerin: Sie stoppte jedes Mal den Unterricht, wenn wir etwas hörten. Es war konstant, bum, bum, bum.
Wie änderte sich der Widerstand nach dem Tod eines Inselbewohners auf Vieques durch den Fehlabwurf eines US-amerikanischen Bombers?
Conelly: Zwei Tage nach dem Tod von David stiegen etliche Fischer aus dem Ort und einige Jugendliche in ihre Boote und betraten vom Meer aus das Abwurfgebiet, wo der Unfall passiert war. Es waren auch viele Presseleute dabei. Sie wollten ein großes weißes Kreuz für David in der Nähe des Beobachtungspostens aufstellen, wo er getötet wurde. Der Plan war, das Kreuz als Symbol dort zu lassen und ins Dorf zurückzukehren. Aber einer der Männer sagte: Ich lasse das Kreuz nicht allein. Ich werde hier bleiben. Die anderen sagten: Du musst mit uns zurückkommen, die ganze Gegend ist verseucht. Doch der Mann blieb.
Was wollte er allein dort ausrichten?
Myrna Pagán: Als sie zurückkamen, sagte mein Sohn: Der Mann hat Recht. Wir können ihn dort nicht alleine lassen. Ich werde auch dorthin gehen.Und ein Sohn einer Fischerfamilie kam auch mit. Sie blieben auf dem Gelände. Dar
aufhin gingen immer mehr Menschen dorthin und blieben. Und die ganze Bevölkerung brachte ihnen Essen. Dieser Moment, als wir die Entscheidung getroffen haben: “Basta ya, es reicht”, gab den Menschen auf Vieques ihre Würde zurück.
Wie war die Reaktion der US-Marine auf die Proteste?
Pagán: Das ist für mich ein Wunder. Wenn sie gleich am ersten Tag gekommen wären und uns verhaftet hätten, dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Doch es dauerte ein Jahr, bis die US-Marine eingriff. Im Mai 2000 nahmen sie auf einen Schlag 200 Leute fest. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits mehr als 14 Camps innerhalb des Abwurfgebietes. Es gab ein Lehrercamp, Studentencamps, drei verschiedene Kirchencamps und eine ökumenische Kirche für alle. Und viele Menschen von der Hauptinsel kamen jedes Wochenende nach Vieques. Insgesamt wurden dann noch 1.500 Menschen verhaftet, viele saßen mehrere Jahre im Gefängnis.
Selbst während des laufenden Übungsbetriebes gingen Gegner auf das Gelände. War das nicht zu riskant?
Conelly: Da war auch sehr viel Glück dabei. Die Leute, die reingingen, haben immer große Tücher geschwenkt und ihr Kommen angekündigt. Aber es war auf jeden Fall immer sehr gefährlich.
Spielte für den schließlichen Erfolg die Unterstützung von puertoricanischen Politikern eine Rolle?
Pagán: Ja, ein wichtiger Punkt war auch, dass der Chef der Unabhängigkeitspartei sein Lager an einem Strand im Militärgebiet aufgeschlagen hat. Er blieb fast ein Jahr und eröffnete dort sein Büro, am Strand. Später baute auch die Partido Popular ein Haus vor dem Eingang der Marine. Wichtig war auch die Mitarbeit der Presse, auch aus Deutschland, Schweden oder Japan.
Mit welcher Begründung hat die Marine die Bombenabwürfe eingestellt?
Pagán: Weil es zu teuer war, all diese Leute durch die Bundesbehörden zu verhaften und all die Fälle vor Bundesgerichte zu bringen. Zudem schafften sie es nicht mehr, ihr gesamtes Gebiet umzäunt zu halten. Die Leute schnitten ständig die Zäune auf und gingen hinein. Das kostete zu viel Geld.
Was ist jetzt der Stand auf der Insel?
Pagán: Wir sagen: Der Kampf geht weiter. Wir haben 27 Prozent mehr Krebs, viele Fälle von Epilepsie, Herzproblemen, Diabetes, chronischen Atemswegserkrankungen und Asthma.
Conelly: Die Militärs wollen noch nicht mal zugeben, dass das ganze Gebiet kontaminiert ist.
Die Künstlerin MYRNA PAGÁN, 69, und ihre Tochter XANA CONELLY, 31, sind von Anfang an in der Widerstandsbewegung gegen den Bombenabwurfplatz auf Vieques aktiv gewesen. Sie sind auf der Insel aufgewachsen. Conelly arbeitet heute als Rechtsanwältin.
Friedensaktion am Bombenziel
Papierkraniche auf dem Bundeswehrgelände in der Kyritz-Ruppiner Heide
Hunderte von Papierkranichen sind am Dienstag an der Holzpyramide im geplanten Übungsbomben-Zielgebiet des Bundeswehrgeländes in der Kyritz-Ruppiner Heide angebracht worden. Die Papierkraniche waren als weltweites Symbol für den Wunsch nach Frieden und atomarer Abrüstung am Sonntag von Teilnehmern der Sommeraktionstage und des Straßenfestes der Bürgerinitiative Freie Heide am Pink Point gefaltet worden. Die Friedensaktivisten ignorierten am Dienstag die Schilder rund um den geplanten Truppenübungsplatz, die das Betreten des munitionsbelasteten Geländes untersagen, und drangen bis zu der Holzpyramide vor.
Platzkommandant Wolfgang Engel hatte bis Mittwoch nichts von den Fremden bemerkt. Er warnte erneut vor dem Betreten der Fläche. “Leib und Leben sind gefährdet, weil dort unzählige Blindgänger und Munitionsteile herum liegen.” Jeder sei aber letztlich für sich selbst verantwortlich. Als Dummheit bezeichnete es Engel, wenn Kinder mit auf den Platz genommen werden. Die könnten in der Regel noch nicht selbst über ihr Leben entscheiden. Es ist laut Engel nicht das erste Mal, dass Fremde auf dem Platz waren und alle Verbotsschilder ignoriert hatten. Maßnahmen gegen Eindringlinge vom Dienstag werde er nicht ergreifen, da niemand persönlich angetrofffen worden sei und nach bisheriger Erkenntnis auch nichts zu Bruch gegangen ist.
Die Bundeswehr bestreift das 12 000 Hektar große Gelände regelmäßig. “Wenn wir jemanden erwischen, werden Personalien aufgenommen”, berichtete Engel. Das Betreten gelte zurzeit als Ordnungswidrigkeit. Falls die Bundeswehr das Gelände eines Tages militärisch nutzen darf, könnte das Betreten des Platzes allerdings als Straftat gewertet werden, teilte der Kommandant mit.
Nach Angaben von Ulrike Laubenthal aus Bebra in Hessen wollten die Friedensaktionisten aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen am Dienstag mit der Aktion an der Zielpyramide für geplante Übungsbomben auch an die Opfer des Atombombenabwurfs auf Nagasaki am 9. August 1945 erinnern.
“Ich habe als Kind erlebt, wie der Zweite Weltkrieg erst vorbereitet und dann geführt wurde”, sagte Dorothea Laubenthal. Die 75-Jährige war die älteste Teilnehmerin der Aktion am Dienstag. “Damals habe ich gelernt: Kriege sind keine Naturkatastrophen. Sie werden von Menschen gemacht. Sie werden von Menschen vorbereitet, durch Propaganda, durch Aufrüstung und durch militärische Übungen. Ich habe mir damals vorgenommen, wachsam zu sein und rechtzeitig meine Stimme zu erheben, wenn wieder Kriege vorbereitet werden.”
Die Aktionsteilnehmer fordern die Abrüstung aller Atomwaffen und den weltweiten Verzicht auf den Einsatz von Uranmunition. Sie sind gegen die Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide “als Übungsplatz für zukünftige Kriege”.
Kraniche für den Frieden
Auf Bombodrom Nagasaki-Opfern gedacht
Mit hunderten selbst gegefalteten Papierkranichen gedachten am Dienstag Teilnehmer des “Trainingskollektives Windrose” den Opfern des Atombombenabwurfs von Nagasaki, der sich am 9. August zum 60. Mal jährte. Die sechs Aktiven von Windrose brachten die Friedenssymbole auf der Holzpyramide an, die mitten auf dem Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide den anfliegenden Bombern als Ziel dienen soll.
Im “Trainingskollektiv Windrose” haben sich Trainer für gewaltfreies Handeln zusammengeschlossen. Die Teilnehmer aus mehreren Bundesländern treffen sich regelmäßig. Derzeit campen zehn von ihnen auf dem Schweinricher Zeltplatz, wo auch einige von ihnen an den Sommeraktionstagen für eine Freie Heide teilgenommen haben.
Mit ihrer Aktion vom Dienstag fordern die Mitglieder vom “Trainingskollektiv Windrose” die Abrüstung aller Atomwaffen und den weltweiten Verzicht auf den Einsatz von Uranmunotion, heißt es in einer Pressemitteilung. Zudem wenden sie sich gegen die Nutzung der Heide “als Übungsplatz für zukünftige Kriege”.
Heute vor 60 Jahren zerstörte eine Atombombe die japanische Stadt Nagasaki. Anlass für eine Aktion im militärischen Sperrgebiet der FREIen HEIDe, direkt auf dem zukünftigen Bombenabwurfplatz.
Im Gedenken an die Opfer des Atombombenabwurfs auf Nagasaki am 9.8.1945 brachten am heutigen Dienstag Menschen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen hunderte von Papierkranichen an der Holzpyramide im geplanten Zielgebiet des Bombodroms an. Die Papierkraniche, weltweit ein Symbol für den Wunsch nach Frieden und atomarer Abrüstung, waren von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Sommeraktionstage und des Straßenfestes am Pink Point gefaltet worden.
“Ich habe als Kind erlebt, wie der Zweite Weltkrieg erst vorbereitet und dann geführt wurde”, so Dorothea Laubenthal (75), die älteste Teilnehmerin der heutigen Aktion. “Damals habe ich gelernt: Kriege sind keine Naturkatastrophen. Sie werden von Menschen gemacht. Sie werden von Menschen vorbereitet, durch Propaganda, durch Aufrüstung und durch militärische Übungen. Ich habe mir damals vorgenommen, wachsam zu sein und rechtzeitig meine Stimme zu erheben, wenn wieder Kriege vorbereitet werden.”
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Aktion fordern die Abrüstung aller Atomwaffen und den weltweiten Verzicht auf den Einsatz von Uranmunition (www.uranmunition.de). Sie wenden sich gegen die Nutzung der FREIen HEIDe als Übungsplatz für zukünftige Kriege.
Foto: http://de.indymedia.org/2005/08/124759.shtml
Kontakt: http://www.tk-windrose.de
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hält an einer militärischen Weiternutzung des ehemaligen Luftboden-Schießplatzes Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide durch die Luftwaffe fest.
In einem Schreiben an die Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz, Frau Doktor Angelika Zahrnt, argumentiert sie, dass der Bund Soldaten nicht schlecht ausgebildet in Einsätze schicken dürfe. Wittstck sei der best geeignete Übungsplatz in Deutschland. Außerdem sei eine möglichst gerechte Lastenverteilung in Deutschland angestrebt, da 75 Prozent der Übungsflüge der Luftwaffe im Ausland stattfinden würden. Deshalb halte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Nutzung des ehemals größten Bombenabwurfplatzes Deutschlands durch die Luftwaffe für notwendig.
Das Bombodrom wurde von der Roten Armee geschaffen, um auf einer Fläche, die einem Drittel der Grundfläche Berlins entspricht. den Luft-Boden-Krieg zu trainieren. Nach der wende herrschte im Allgemeinen politischer Konsens darüber, dass die Liegenschaften der Sowjet-Armee und GUS-Streitkräfte nicht mehr militärisch genutzt werden.
Nach Plänen der Luftwaffe soll das Übungsgelände auch an Armeen anderer Länder für Übungsfüge vermietet werden.
Seit mehr als einem Jahrzehnt kämpft die Bügerinitiative FREIe HEIDe als Teil der deutschen Friedensbewegung gegen eine erneute Inbetriebnahme des Militärgeländes.
<a href=“http://www.freieheide.de
“>http://www.freieheide.de
<a href=“http://www.freieheide-nb.de
“>http://www.freieheide-nb.de
<a href=“http://www.freieheidenews.blogg.de
“>http://www.freieheidenews.blogg.de
Am 31. August fanden die Proteste gegen den Anbau genmanipulierter Pflanzen ihren bisherigen Höhepunkt. In Brandenburg gab es ein Aktionscamp und den Versuch in einer öffentlich angekündigten “Aktion Zivilen Ungehorsams”: Ein Gen-Mais-Acker sollte “freiwillig selbst befreit” werden. Selbst ein von massiven Übergriffen überschatteter Polizeieinsatz (mehr als 80 Gewahrsamnahmen, Hundebiß, Gefangennahme eines Journalisten) konnte die teilweise Zerstörung des Ackers nicht verhindern (vgl. <a href=“http://www.gendreck-weg.de).
“>http://www.gendreck-weg.de).
Angesichts von Polizeigewalt und Repression haben einige der Gen-Gegner jetzt offensichtlich ihre Strategie geändert. Das legt jedenfalls die Form der Aktion “Bio für alle statt Gendreck-Profite für Wenige” nahe, wie sie in der vergangenen Nacht stattfand. Ein 7,5 Hektar großes Feld im Oderbruch mit genmanipuliertem Mais des Monsanto-Konzerns wurde weitgehend zerstört.
Mit dem großflächigen Anbau, der bundesweit in Brandenburg einen Schwerpunkt hat, wollen die Gen-Bauern, die eng mit dem Agro-Konzern kooperieren, “Erfahrungen sammeln”, um dem Anbau von genmanipuliertem (GMO) Saatgut auch in Europa und in Deutschland endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Und dies gegen den Willen von seit Jahren stabil mehr als 70% der Gesamtbevölkerung.
Gegner der Freisetzung von GMO kritisieren die Profitmaximierungsstrategien der Agro-Konzerne. Sie lassen ihr patentiertes Gensaatgut anpflanzen und verklagen dann benachbarte Bauern, auf deren Felder sich das manipulierte Erbgut ausgebreitet hat, auf Lizenzzahlungen. Wenn dann in ganzen Regionen keine verunreinigungsfreie Landwirtschaft mehr möglich ist, müssen alle die Lizenzgebühren für die Genmanipulation bezahlen, ob sie es wollen oder nicht. So wollen die Global Players des Agro-Business (z.B. Monsanto) über die Etablierung ihrer patentgeschützten Sorten ihre Kontrolle auf die gesamte Landwirtschaft ausdehnen.
Bio-Bauern stört die technische Logik der Gen-Industrie. Sie sehen Käfer wie den Maiszünsler, den das manipulierte Gen im Brandenburgischen Genmais bekämpfen soll, nicht als Schädlinge sondern als Indikatoren. Hat ein Landwirt Probleme mit dem Maiszünsler, dann hat er in ihren Augen handwerkliche Fehler gemacht. Pestizideinsatz hingegen — ob als Chemikalie von aussen oder per Genmanipulation von innen — führt mittelfristig nur zur Immunisierung der “Schädlinge” und damit entweder zu immer höheren Ernteverlusten oder zur Notwendigkeit immer mehr Gift auf der Fläche auszubringen.
Dann gibt es die unerwarteten Seiteneffekte:
Honigproduzenten verweisen auf die negativen Erfahrungen im Ausland: Langnese kann keinen GMO-freien Rapshonig mehr aus Kanada importieren, weil dort — selbst wenn es ein Bauer wollte — kein GMO-freier Raps mehr geerntet werden kann. Auch im Inland gibt es erste vergleichbar negative Auswirkungen: Brandenburgische Imker können ihren Honig nicht mehr verkaufen, weil sie ihn auf grund der Verunreinigung durch GMO deklarieren müßten und die Kunden keinen genmanipulierten Honig kaufen wollen.
Soviel zum Hintergrund der Gentechnik in der Landwirtschaft, vor der die nächtliche “Feldbefreiung” stattfand. Der folgende Abschnitt dokumentiert ein Schriftstück, in dem sich die für die Aktion verantwortliche Gruppe erklärt:
—-Dokumentation Anfang—-
Bio für alle statt Gendreck-Profite für Wenige
Wir haben heute in den frühen Morgenstunden vollendet, was am Aktionstag “Gendreck weg” am 31. Juli von einigen Hunderten Aktivisten trotz massiver Bullenpräsenz begonnen wurde: In der Nähe des Brandenburgischen Örtchens Gusow im Landkreis Märkisch Oderland gab es bis gestern einen Acker mit gen-manipuliertem Mais. Dort wurden von uns heute Nacht mit bloßen Händen und Füßen einige nicht zu übersehende Schneisen in die Pflanzung gelegt. Damit haben wir eines der gemeinsamen Ziele erreicht, um die es der Bewegung für menschengemäße Landwirtschaft und Ernährung und gegen Gen-Manipulation geht: Wir haben das Propaganda-Experiment verunmöglicht, mit dem die Agro-Industrie der Bevölkerung weismachen will, wie toll ihr Gendreck doch ist.
Für uns ist es unerträglich, dass unter dem Vorwand der Wissenschaftlichkeit Fakten geschaffen werden: Durch die Genfelder wird eine Risikotechnik gegen den Willen der überwiegenden Bevölkerung etabliert. Pollen fliegen überall hin, Bienen lassen sich weder durch Selbstverpflichtungen noch durch Gesetze kontrollieren.
Wir wissen nicht alles über Gene, ihre Manipulation im Labor und die Folgen der Freisetzung manipulierter Organismen in die Natur — aber das behaupten wir auch gar nicht. Die Gegenseite hingegen lügt, wenn sie sagt, sie wisse und könne kontrolieren, was sie tue.
Wir finden es unerträglich, dass die Gen-Industrie Fakten schafft, ohne über die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Genmanipulationen in Natur und Menschen zweifelsfrei Rechnung ablegen zu können. An dieser Unverantwortlichkeit für die Folgen des eigenen Tuns entpuppt sich das eigentliche Interesse: Es geht ihnen um die Umstrukturierung der Landwirtschaft, damit sie auch auf diesem Feld ohne Einschränkung (etwa durch Gesundheits- oder Arbeitsstandards) Profite machen können.
Die Ergebnisse dieser Profitmaximierungspolitik von Monsanto und Konsorten sind aus einigen Ländern des Trikont (Stichwort Mais aus Mexiko oder Reis aus Indien), aber auch aus den USA und Kanada (Raps) bekannt. Dennoch machen sie weiter mit ihrer menschen- und naturverachtenden Praxis. Dieser Praxis haben wir heute Nacht einen kleinen aber mehr als symbolischen Knüppel zwischen die Beine geworfen.
Wir grüßen alle die mit der offen angekündigten und mutig durchgeführten Aktion “Gendreck weg” unterwegs waren — aber auch alle anderen Gen-Technik-Gegner, die mit allen bürokratischen, legalen und legitimen Mitteln gegen die Gen-Konzerne und ihren Manipulationsdreck in der Landwirtschaft vorgehen. Offener ziviler Ungehorsam mit all der Bullen- aber auch Medienpräsenz ist ebenso wichtig wie ungestörte nächtliche Aktionen. Diskussionsveranstaltungen auf den Dörfern mit den Genbauern sind genauso wichtig wie permanente schriftliche Beschwerden bei allen Behörden und Verantwortlichen. Nur ein vielfältiger und vielförmiger Widerstand bleibt unberechenbar und stark. Das alles war erst der Anfang, wir kommen wieder — keine Frage.
Aktionsgruppe “Karl, der Käfer”, 11.8.05
——Dokumentation Ende———–
Foto: http://de.indymedia.org/2005/08/124851.shtml
Zum Weiterlesen:
<a href=“http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/
“>http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/
<a href=“http://www.greenpeace.org/deutschland/fakten/gentechnik/index
“>http://www.greenpeace.org/deutschland/fakten/gentechnik/index
<a href=“http://www.gentechnik-freie-landwirtschaft.de/
“>http://www.gentechnik-freie-landwirtschaft.de/
<a href=“http://www.dosto.de/gengruppe/
“>http://www.dosto.de/gengruppe/
<a href=“http://www.wiz.uni-kassel.de/fsr/ger/studgr/arche
“>http://www.wiz.uni-kassel.de/fsr/ger/studgr/arche
(Gudrun Mallwitz, Die Welt) Potsdam — Dienstag um 1.30 Uhr in Strausberg (Märkisch-Oderland): Zwei Polizisten winken im Zuge einer Verkehrskontrolle einen Golf-Fahrer an den Straßenrand. Der Mann hinter dem Steuer ist kein Unbekannter in der rechtsextremen Szene. Christian B. aus dem uckermärkischen Angermünde ist Funktionär des “Märkischen Heimatschutzes”; die Organisation wird vom Verfassungsschutz überwacht. Auf dem Beifahrersitz liegt ein Heft mit der Aufschrift “Auschwitz — Fakten versus Fiktion”. Die Beamten bitten den 21jährigen, den Kofferraum zu öffnen. Dort finden sie in einem Karton 671 CDs mit dem Titel “Anpassung ist Feigheit — Lieder aus dem Untergrund”. Nach dem Stand der Erkenntnisse handelt es sich um den bislang umfangreichsten Fund von einschlägigen CDs im Land Brandenburg, wie Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern bekannt gab.
Die rechtsextreme Szene habe die Scheiben im Rahmen ihres “Projekts Schulhof” bereits im Sommer 2004 an Schüler verteilen wollen. Sie hatte das Vorhaben aber zurückgestellt, nachdem die Staatsanwaltschaft Halle im August vorigen Jahres gegen den Auftraggeber, einen Versandhandelsbetreiber für Propagandamaterial der rechten Szene, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Jugendgefährdung eingeleitet hatte. Das Amtsgericht Halle erließ daraufhin einen Beschlagnahmebeschluß. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden wurden rund 50 000 Exemplare in einem sächsischen Preßwerk hergestellt.
Die noch unverpackten CDs sollten jetzt zum Schuljahresbeginn verteilt werden. Laut einem Hinweisblatt wollten die Aktivisten die CDs auch in Straßenbahnen, Jugendclubs und Schwimmbädern unter die Jugendlichen bringen. In Sachsen wurden bisher rund 100 CDs entdeckt, in Thüringen waren einzelne Tonträger in Briefkästen geworfen worden.
“Der Fund zeigt das konspirative Vorgehen der rechten Szene, die Jugendliche mit Musik als Einstiegsdroge ködern will”, sagte Schönbohm. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes vernetzen sich zunehmend neonazistische Kameradschaften, Musikindustrie und die NPD. “Die CDs sind ein beredtes Beispiel, wie die Szene zusammenrückt”, so ein Experte des Verfassungsschutzes.
Christian B., Aktivist des “Märkischen Heimatschutzes”, war bis dato nicht mit der Verteilung der CDs in Verbindung gebracht worden. Der 2001 in Kerkow (Uckermark) gegründete “Märkische Heimatschutz” war ursprünglich ein Kameradschaftsverbund, der sich zu einer vereinsähnlichen, länderübergreifenden neonazistischen Organisation entwickelt hat. Er stellt sich gern als Interessensvertreter arbeits- und orientierungsloser Jugendlicher dar. Peinlich für die rechtsextreme Szene: Die Beamten entdeckten in dem Golf auch noch eine Liste mit geplanten Aktivitäten des “Heimatschutzes” in Berlin und Brandenburg bis zur Bundestagswahl am 18. September. Sie enthält detaillierte Anweisungen für jeden Tag wie “Pappen bekleben” oder “Hängen ganztags”. Für den 20. August sind Aktionen und Infostände geplant. Daneben ist “Heß-Marsch” vermerkt.
Für den gesamten Zeitraum ergeht die Aufforderung: “Ausschau halten nach Gegenveranstaltungen! Hier könnte in die Diskussion eingegriffen werden oder mit Transparenten für Aufregung gesorgt werden”.
Schönbohm zeigte sich besorgt darüber, daß Brandenburgs Polizei im ersten Halbjahr 2005 mehr politisch motivierte Straftaten registriert hat. Im Vergleich zur ersten Hälfte 2004 stieg die Zahl um 242 auf 1089 an. Der Zuwachs sei vor allem auf strafrechtliche Verfolgung im Zusammenhang mit der Bekleidungsmarke “Thor Steinar” zurückzuführen. Es habe sich um 205 Fälle gehandelt.
Beschlagnahmte rechtsradikale Musik-CDs (Tagesschau)
Musik sei “das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näher zu bringen”, sagte einmal Ian Stuart Donaldson, Sänger der Nazi-Band “Skrewdriver”. Tatsächlich bemühen sich Rechtsextreme zunehmend, ihr Gedankengut via Tonträger an Schüler zu bringen — etwa mit der “Aktion Schulhof”. Kostenlos, versteht sich.
“Bomben auf Israel”
Die Bands tragen Namen wie “Störkraft” und “Landser” (“Bomben auf Israel”), sie rufen ganz offen zu Rassenhass und Gewalt auf (“Afrika für Affen, Europa für Weiße”) — alles vermeintlich Deutsche wird verherrlicht (“Deutsches Reich statt BRD”). Rechtsextremes Gedankengut wird so über zunehmend professionell produzierte Musik transportiert und findet Zugang in Klassen- und Jugendzimmer.
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Grund genug für den Verfassungsschutz, auf das Phänomen Rechtsrock aufmerksam zu werden. Viele der Bandmitglieder wurden inzwischen wegen Volksverhetzung verurteilt, gleichwohl bleibt rechte Musik eine Gefahr, wie im Verfassungsschutzbericht 2004 festgestellt wird.
50.000 Tonträger für Jugendliche
Den brandenburgischen Behörden gelang nun ein Schlag gegen die Neonazi-Musikszene: 671 CDs mit rechtsextremen Inhalten wurden in Strausberg nahe Berlin sichergestellt. Laut Innenminister Jörg Schönbohm bislang der größte Fund mit rechter Musik in dem Bundesland, der allerdings nur Teil eines viel größeren Postens von 50.000 CDs sein soll.
Auf die Tonträger stießen die Beamten allerdings nur durch pures Glück: Bei einer Verkehrskontrolle fanden sie die CDs im Auto eines Funktionärs des “Märkischen Heimatschutzes”, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Laut eines entdeckten Hinweisblatts sollte die Musik unter anderem an Straßenbahnen, Jugendclubs oder auch Schwimmbädern verteilt werden.
Antifaschisten produzieren CD “Hörbar tolerant”
Antifaschisten machen sich das Prinzip der Rechten nun zu eigen: Der Verein Brandenburg gegen Rechts gab eine CD mit dem Titel “Hörbar tolerant. Musik gegen rechts” heraus. Mit dem Tonträger will der Verein über die Entstehung von Rechtsextremismus und dessen Erscheinungsformen informieren. Zum Paket gehören eine Musik-CD und eine CD-Rom.
Die CD-Rom hält Ratschläge für Jugendliche bereit, die Opfer von rechtsextremen Taten wurden. Auf der Musik-CD finden sich Songs von 13 Künstlern, die ihre Musik ohne Gage zur Verfügung stellten. Die CD soll über Lehrer, Jugendleiter und Fachleute in der politischen Bildung vertrieben werden. Einige der 20.000 kostenlosen Exemplare können zudem direkt beim Verein Brandenburg gegen Rechts angefordert werden.
Rechtsextreme CDs von Polizei beschlagnahmt
(ab., Berliner Zeitung) POTSDAM. Brandenburgs Polizei hat am Dienstag in Strausberg 671 CDs mit rechtsextremer Musik beschlagnahmt. Es handele sich um den größten Fund seit Bestehen des Landes, teilte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für das erste Halbjahr mit. Die 671 CDs sollen Teil eines Postens von insgesamt 50 000 CDs sein, der zur Verteilung an Jugendliche bestimmt gewesen sei. Die Zahl politisch motivierter Straftaten stieg im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 29 Prozent auf 1089 an.
In Brandenburg wird weniger betrogen und gestohlen. Aber die Gewalttaten nehmen weiter zu. Mit 107 769 registrierten Straftaten in den ersten sechs Monaten des Jahres sei der niedrigste Stand seit Bestehen des Landes erreicht, sagte Schönbohm. Das entspreche einem Rückgang von 9,3 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2004. Mit einer Aufklärungsquote von 58,7 Prozent liege Brandenburg weiter im Spitzenfeld der Bundesländer. Große Problemfelder blieben aber die Gewalt- und die Drogenkriminalität.
Steiler Anstieg der Drogendelikte
Die Zahl der Gewalttaten stieg um gut zwei Prozent auf 2 726. Bei fast zwei Drittel der Fälle handele es sich um gefährliche und schwere Kö
;rperverletzungen, so der Minister. Die Totschlagsdelikte stiegen von 31 auf 45, die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von 914 auf 948. Fast die Hälfte der Tatverdächtigen bei Gewaltstraftaten sind Jugendliche und Heranwachsende bis 21 Jahre.
Die gewaltige Zunahme von 34,6 Prozent weist die Statistik bei der Drogenkriminalität aus. 3 414 Fälle seien im ersten Halbjahr erfasst worden. Die hohe Zuwachsrate erklärte der Innenminister auch mit den verstärkten Aktivitäten der Polizei in diesem Bereich. Überwiegend handele es sich dabei um den verbotenen Konsum vor allem von Cannabis, sagte Schönbohm.
Als falsch hätten sich die Befürchtungen erwiesen, die EU-Osterweiterung könne zu einer höheren Kriminalität in der Grenzregion zu Polen führen, sagte Schönbohm. Die Zahl der erfassten Straftaten in den Grenzgemeinden sank um fast 20 Prozent auf 12 872. Stark rückläufig sind der Statistik zufolge auch die Diebstahls‑, die Straßen‑, die Wirtschafts‑, die Computer- sowie die Umweltkriminalität.
Vom DVU-Chef zum PDS-Wahlhelfer
(JÜRGEN LAUTERBACH, MAZ) Die Linkspartei WASG fischt am extremen rechten Rand um Wählerstimmen, kritisiert die SPD spätestens nach dem “Fremdarbeiter”-Ausspruch des WASG-Chefs Oskar Lafontaine. In Brandenburg können sich die Sozialdemokraten in ihrer Einschätzung bestätigt sehen. M anfred Friedrich (58) war rund drei Jahre lang Mitglied der Deutschen Volksunion (DVU) und sogar deren Kreischef in Brandenburg. Seit diesem Sommer führt er die Linkspartei WASG und macht Wahlkampf für die PDS.
“Ich habe einen Fehler begangen”, sagte Friedrich gestern über seine DVU-Mitgliedschaft. Seine heutigen Mitstreiter verzeihen ihm das jahrelange Engagement in der DVU, die der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch einstuft.
“Manfred Friedrich ist kein Rechter, wir stehen alle hinter ihm”, wäscht dessen WASG-Vorstandskollege Hans-Jürgen Rettig ihn rein. Auch PDS-Chefin Petra Faderl ist nachsichtig mit dem bekehrten Rechtsextremisten in den eigenen Reihen. Sie spricht von einer “Jugendsünde” Friedrichs und lobt, dass er sich als lernfähig erwiesen und sich von der DVU abgewendet habe.
Nach Angaben von DVU-Sprecher Bernd Dröse gehörte Friedrich seiner Partei von 2000 bis Anfang 2004 an. Dann wäre Friedrich als DVU-Mitglied für die Brandenburger Wählerinitiative “Wirtso” bei der Kommunalwahl 2003 angetreten. Friedrich bestreitet dies. Er sei schon nach einem Knatsch in der DVU im Sommer 2003 ausgetreten.
Als er im Jahr 2000 arbeitslos geworden sei, habe er eine politische Heimat gesucht, versucht Manfred Friedrich seinen Wechsel von der extremen Rechten zur Linkspartei zu erklären. Den etablierten Parteien habe er im Unterschied zur DVU nicht zugetraut, die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Vorsitzender sei er “nur auf dem Papier gewesen, weil einer da sein musste”. Sein DVU-Kreisverband habe sich in Hinterstuben von Gaststätten getroffen.
Inzwischen habe er jegliche Brücken zur DVU abgebrochen. Doch wolle er nicht im Nachhinein Dreck auf die DVU werfen, sagte Friedrich. Den Wechsel zur WASG/PDS empfindet der Gießereiingenieur, zu DDR-Zeiten zehn Jahre Mitglied der NDPD, als “nicht so groß”. Allerdings habe er seine Ansicht über Ausländer geändert. “Früher habe ich es so gesehen, dass viele Ausländer unsere Hilfe missbrauchen.” Friedrich hält sich zugute, dass er nicht umgehend die Partei gewechselt, sondern sich “in Ruhe ein neues Quartier” gesucht habe.
Hans-Jürgen Rettig erklärt die DVU-Mitgliedschaft seines WASG-Parteifreundes mit dessen damaliger “Frusthaltung”. “Gefallen hat es mir nicht, aber solange er nicht in der NPD war, konnte ich es akzeptieren.” Solange Friedrich keine rechtsextremen Inhalte verbreite, könne sie mit dessen Vergangenheit umgehen, sagt PDS-Chefin Faderl.