Ende Juni fand im brandenburgischen Cottbus eine Antirassistische Demonstration aufgrund zunehmender rassistischer Übergriffe statt. 1000 TeilnehmerInnen nahmen an der Demo teil. Wir rufen sie und alle anderen dazu auf, an einer antifaschistischen Kundgebung in Cottbus unter dem Motto: „Keine Homezone für Nazis – Null Toleranz der NPD!“ am 28.07, ab 10 Uhr teilzunehmen.
Den Naziaufmarsch aktiv zu verhindern, wird sehr begrüßt!
Where’s the problem?
Die Atmosphäre der Stadt Cottbus wird entscheidend geprägt durch die 4600 Studierenden der Brandenburgischen Technischen Universität. Unter ihnen sind etwa ein Viertel ausländische Studierende, u.a. aus China, Kamerun, Polen und Bulgarien.
In den vergangenen Monaten häuften sich jedoch rassistische Übergriffe auf Nichtdeutsche durch Menschen, denen die international geprägte Bevölkerungsstruktur in Cottbus offenbar missfällt.
So wurde in der Nacht zum Sonntag , dem 17.Juni ein aus dem Irak stammender 19-jähriger Mann nach eigenen Äußerungen aus einer Gruppe von acht bis zehn Männern heraus mit
ausländerfeindlichen Parolen beschimpft und angegriffen. Er wurde mit einem Faustschlag im Gesicht verletzt und erlitt einen Tritt in den Rücken.
Eine Woche zuvor wurden bereits zwei afrikanische Jugendliche, welche in Cottbus ihr Abitur machen, in unmittelbarer Nähe zum Cottbuser Stadtteilfest in Sachsendorf von einer ca. 20- köpfig großen Gruppe polizeilich bekannter, rechtsextremer Gewalttäter tätlich angegriffen. Die beiden Afrikaner wurden so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus ambulant behandelt werden mussten. Da sie beim Eintreffen der Polizei keine Papiere bei sich hatten und ihre Asylanträge abgelehnt wurden, müssen sie jetzt mit der Abschiebung rechnen.
In derselben Nacht noch wurde der bereits schon einmal durch einen rechten Überfall zum Opfer gewordene alternative Jugendklub Fragezeichen e.V. in der Thierbacher Straße von ca. 20 zum Teil vermummten Gewalttätern angegriffen. Bei diesem Überfall wurden mehrere Personen verletzt. Mindestens zwei Personen wurden durch Schläge und Reizgas so sehr verletzt, dass sie im Krankenhaus stationär behandelt werden mussten .Die Polizei geht davon aus, dass der Überfall einen rechtsextremen Hintergrund hatte.
Bereits in der Nacht zum 26. Mai wurde ein aus Kamerun stammender Student der BTU Cottbus, als er sich beim Austragen von Zeitungen befand, zunächst vor der Cottbuser Stadthalle von zwei Männern rassistisch angepöbelt und mit Steinen beworfen. Glücklicherweise konnte er sich den Angriffen zunächst, ohne Schaden zu nehmen, entziehen, in dem er in eine nahe gelegene Seitenstraße flüchtete. Dort – in der Friedrich Ebert – Straße – traf er auf einen betrunkenen Beamten der Bereitschaftspolizei. Nachdem der sich Polizist, welcher sich zum Zeitpunkt der Tat nicht im Dienst befand, vor dem Kameruner bedrohlich aufbaute, beschimpfte er den afrikanischen Studenten mit dem Wort „Nigger“. Kurz darauf schlug der Beamte dem Studenten ins Gesicht und versetzte ihm einen Tritt. Nur durch seine Abwehr auf die Angriffe konnte der Kameruner es vermeiden, schwer verletz zu werden.
Zwei Tage nach der antirassitischen Demo im Juni wurde ein jüdischer Gedenkstein, sowie mehrere „Stolpersteine“ in Erinnerung an ehemalige jüdische Bewohner von Cottbus mit Farbe beschmiert.
Diese Übergriffe auf unsere Freunde und Bekannte zeigten uns wieder einmal welche Dimensionen rechtsextreme Gewalt in Cottbus erreicht hat. Dass ist nicht zuletzt auch auf die rassistische Hetze und Propaganda der hier organisierten NPD und Neonazi- Szene zurück zu führen.
In Brandenburg konnte die NPD ihre Mitglieder im Jahre 2006 von 190 im Vorjahr auf 230 steigern.
Die NPD konnte ihre Wählerschaft in Brandenburg innerhalb der letzten drei Legislaturperioden zu den Bundestagswahlen sogar verfünffachen.
Damit einher zeigt sich ein offen zur schau gestelltes Selbstbewusstsein, was wir vor kurzem auch in Form eines sog. Informationsstandes des Kreisverbandes der NPD Spreewald in der Spremberger Straße und in Form einer „Mahnwache“ in Nähe der Messehallen mit ca. 40 Beteiligten der NPD und der sog. „freien Nationalen Sozialisten“ erfahren mussten. Den neu gegründeten Kreisverband der NPD Spreewald gibt es seit ca. 1 ½ Jahren. Kreisvorsitzender ist Ronny Zasowk, welcher nach Informationen des Radiosenders FRITZ auch an der BTU Cottbus als Student eingeschrieben sein soll. Nach eigenen Angaben brüstet sich der NPD Kreisverband Spreewald und sein neu gegründeter JN Stützpunkt mit einem enormen Zulauf von Mitgliedern und Sympathisanten.
Die kommunale Verankerung scheint für die NPD von großer Bedeutung zu sein. Schließlich sind im nächsten Jahr auch Kommunalwahlen, bei der die NPD den Einzug in die Kreistagsparlamente anstrebt, was wir aber mit Sicherheit kreativ zu verhindern werden wissen.
Die NPD stellt für uns keine demokratische Partei dar. Wer nämlich nationalen Sozialismus fordert und aus der Geschichte nichts gelernt hat und davon ausgeht dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Kultur minderwertiger seien, hat mit Demokratie auch nicht nur im Ansatz irgendetwas gemein: Faschismus und nationaler Sozialismus sind keine Meinungen sondern Verbrechen.
Nazis – always the same bad story…
Die NPD marschiert am 28.07. unter dem Motto „Sozial statt Global“, welches auch schon im Zuge des G8 Gipfels in Heiligendamm zur Artikulation einer nationalistischen Antiglobalisierungs- und Sozialpolitik verwendet wurde.
Globalisierungsprozesse werden dabei lediglich unter dem Aspekt der „Überfremdung“ Deutschlands durch nichtdeutsche BewohnerInnen betrachtet, wodurch der Erhalt der Identität der verschiedenen Völker gefährdet sei, da die Vielfalt der Völker erst durch ihre gegenseitige Abgrenzung entstehe. Jedes Volk habe nur in seinem Gebiet zu leben. Durch Globalisierungsprozesse seien Menschen jedoch entwurzelt, ihrer „Kultur“ beraubt und willenlose Diener des Kapitals (das Kapital steht in der antisemitisch-stereotypen Denkweise der Neonazis für das raffende jüdische Kapital). Dabei erscheint die Argumentation der NPD Spreewald zunächst nicht pauschal AusländerInnenfeindlich, schreiben sie doch z.B. auf ihrer Internetseite: „Seine kulturelle Heimat und Identität kann der Vietnamese nur in seinem eigenen Vaterland finden.“
Aber in genau solchen Aussagen zur geografischen Verortung von „Völkern“ und „Kulturen“ und der willkürlichen Einteilung von Menschen in diese Strukturen zeigt sich die rassistische Argumentationsweise der NPD Spreewald. An Stelle des biologischen Rassismus aus der Zeit des Nationalsozialismus wird zumindest in der Darstellung nach Außen ein kultureller Rassismus vertreten, der jedoch nicht weniger gefährlich und nicht weniger bekämpfenswert ist.
Auch die vermeintlich soziale Ausrichtung der NPD Politik bezieht sich dementsprechend nur auf eigene „Volksangehörige“, so wird 500? Kindergeld gefordert – aber eben nur für deutsche Kinder.
Die NPD Spreewald versucht auch gar nicht erst, sich wie andere NPD Verbände zumindest ein gewisses sauberes Image zu konstruieren. So bezeichnet z.B. der Kreisvorsitzender Ronny Zasowk Nicht- Deutsche Studierende auf der Internetseite der NPD Spreewald als „Wohlstandsneger“, die auf Staatskosten in Cottbus studieren dürften. Auf der Seite kann unter anderem auch ein Text des verurteilten Holocaustleugners Per Lennart Aae heruntergeladen werden, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter der NPD im sächsischen Landtag. Weiterhin
gibt es eine offen Kooperation des NPD- Kreisverbandes Spreewald mit der gewalttätigen militanten Neonaziszene in der Region.
Das wahre Gesicht der NPD ist kein freundliches und vor allem kein friedliches. Da dumpfe Parolen aus der Mode gekommen sind, wird sich jetzt eben als sauberer Biedermann ausgegeben. Bei genauerer Betrachtung aber kippt das Bild des braven, bürgernahen NPD- Funktionärs. In welchen Traditionen sich die JN zum Beispiel sehen, zeigt die Homepage des „Stützpunkts Spreewald“. Die Mitteilung seiner Gründung ist mit einem Foto des Mosaiks der „Schwarzen Sonne“ auf dem Boden im „SS-Obergruppenführersaal“ der Wewelsburg illustriert. Die SS hatte die westfälische Festung zur Kultstätte umfunktioniert. Die Sonne aus ineinander greifenden Hakenkreuzen war zentrales Symbol.
No way in Cottbus!
Der NPD und ihrer nationalistischen und antisemitischen Politik muss entschieden entgegen getreten werden. Mit ihren darüber hinaus rassistischen Argumentationen gibt die NPD denjenigen eine politische Legitimation, die in Cottbus und anderswo Menschen angreifen, die nicht in die starren Denkmuster von RassistInnen und Neonazis passen.
Uns geht es aber bei unserer Demonstration nicht darum, den guten Ruf der Stadt nach der schlechten Presse im Zuge von rassistischer Gewalt auf zu polieren. Rassismus muss schonungslos und überall bekämpft werden. Für uns sind diejenigen, die bei rassistischer Gewalt zuschauen oder schweigen genau so Täter, wie diejenigen die zuschlagen. Zu rassistischen Gewalttaten gehören nicht nur Gewalttäter, sondern auch ein gesellschaftliches Klima einer schweigenden Masse, welche solche Taten auch in Cottbus toleriert.
Am 28.07. in Cottbus –gegen das Konstrukt von Volk und Rasse – der NPD Spreewald Tränen in die Augen treiben und den Naziaufmarsch verhindern.
ANTIFAKUNDGEBUNG /// 28.07 /// COTTBUS /// 10:00 Uhr /// Busbahnhof
Keine Homezone für Nazis – Null Toleranz der NPD — weder in Cottbus noch anderswo!
Mehr Infos hier.