Seit Jahren observieren und provozieren Neonazis die traditionelle Antirassismusdemonstration von Oranienburg. Meist handelte es sich dabei um NPD Kader (darunter der Kreisvorsitzende der NPD Detlef Appel), die Demonstranten filmten und fotografierten. Dies ist aber nicht nur in Oranienburg so. In Wurzen bei Leipzig wurden letztes Jahr Antifaschist_Innen, die am traditionellen Antirassismusspaziergang teilnahmen von Neonazis aus der Stadt gejagt und verprügelt. Polizeikräfte waren nicht ausreichend anwesend und konnten so keinen Schutz bieten. Auch dieses Jahr erwarten die Wurzener Organisator_Innen eine ähnlich brisante Situation. Die Demonstration dort findet ebenfalls am 22.März statt. Der Startpunkt ist um 14 Uhr am Bahnhof Wurzen.
In Oranienburg haben wir inzwischen eine ähnlich bedrohliche Situation. Seit inzwischen mehr als einer Woche mobilisiert eine Gruppe unter dem Namen „Freie Kräfte Oranienburg“ für eine Demonstration in Oranienburg. Diese soll unter dem Motto „Kein Platz für linke Chaoten in Oranienburg“, zwei Stunden vor der Antifademo stattfinden. Nach bisherigen Informationen dürfen die Neonazis nicht durch die Stadt laufen, sondern treffen sich am Bhf. Lehnitz (eine S‑Bahnstation vor Oranienburg) um dann durch diesen Ortsteil Oranienburgs zu marschieren. Dabei verzichten sie scheinbar auf die stärkste Struktur im Kreis, der NPD. In einem Forum schreibt ein User mit dem Namen „MarzahnerDemo“, dass „Parteifahnen verboten“ seien.
Laut unseren Informationen handelt es sich bei dem Anmelder um eine Einzelperson aus Oranienburg. Irritierend ist der Name des Veranstalters, so wie er im Naziforum angegeben wurde: „Freie Kräfte Oranienburg“. Seit dem sich der „Sturm Oranienburg“ im Sommer 2007 aufgelöst hat, gab es offiziell keine „Freien Kräfte“ in Oranienburg. Die derzeitigen Strukturen vor Ort sind die NPD, die JN und die HDJ. Wir gehen davon aus, dass es sich bei der organisierenden Gruppe um gewaltbereite Personen aus dem JN- und HDJ-Umfeld handeln dürfte, die wegen des bürgernahen Images der NPD auf deren Fahnen verzichten will. Allerdings mobilisieren auch die NPD-Spalter des Nationalen Bündnis Deutschlands e.V.: zu dieser Demonstration. Fakt ist, dass HDJ sowie JN gute Kontakte zu Berliner und Nordbrandenburger Kameraden pflegen, die wahrscheinlich auch zur Unterstützung anreisen werden. Einige Mitglieder des aufgelösten „Märkischen Heimatschutzes“ sind in die JN Oranienburg eingetreten, darunter der Stützpunktleiter der JN Markus Schmidt. Überschneidungen gibt es auch mit der gewalttätigen Nazijugend Organisation HDJ. Diese wiederum haben sehr gute Kontakte zur verbotenen Kameradschaft Tor.
Mit dem Demomotto „Kein Platz für linke Chaoten in Oranienburg“ zeigen die Organisatoren deutlich, dass sie sich mit der Situation vor Ort nicht auskennen. Viele Jugendliche in Oranienburg und den umliegenden Städten verteilen Flyer für die Antirademo und werden auch an der Demonstration teilnehmen. Auch die zivilgesellschaftlichen Vertreter unterstützen diese Demo und werden an ihr teilnehmen. Es handelt sich dabei also nicht um „linke Chaoten“, sondern um kirchliche Gemeindemitglieder, Lehrer, Abgeordnete und Jugendliche. Unabhängig von Alter, Religion und sozialer Schicht.
Wahrscheinlich ist es genau diese Mischung, die den Nazis Angst macht und sie jetzt aus ihren Löchern kommen lässt.
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen bezüglich des Austragungsortes werden die Nazis nur durch Industrie- und Gewerbegebiet marschieren. Da stellt sich doch die rhetorische Frage, für wen die Stadt wirklich keinen Platz hat, wenn eine große antirassistische Demonstration durch die Innenstadt von Oranienburg zieht, die Nazis draußen bleiben und mit sich alleine spielen müssen.
Wer zur Demonstration anreist, sollte sich an Treffpunkten (in Berlin) orientieren und wenn möglich nicht alleine fahren, da Neonazis unterwegs sein werden.
In einem Artikel des Oranienburger Generalanzeigers vom 9.März 2009 wird die Vermutung geäußert, wir als Antifa Gruppe wären der Provokationspunkt, weshalb die Neonazis demonstrieren. Es ist verständlich, dass Neonazis sich von antirassistischem Engagement provoziert fühlen. Fakt ist jedoch, dass wir diese Demonstration nicht alleine stemmen. Ohne Unterstützung aus der Zivilgesellschaft Oranienburgs, allen voran dem Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt, würden die Aktionstage und die antirassistische Demonstration nicht stattfinden. Die Demonstration der Faschisten ist ein Angriff auf alle Bürger_Innen Oranienburgs, die sich seit Jahren im Kampf gegen Neonazis engagieren. Wir werden eine mögliche Kundgebung oder andersartige Veranstaltung der Stadt gegen den Aufmarsch in Lehnitz unterstützen (Infos auf www.antifagruppeoranienburg.blogsport.de), aber wir denken nicht daran uns diesen traditionell antirassistischen Tag der Oranienburger_Innen von den Nazis nehmen zu lassen und halten an der Demonstration fest – jetzt erst recht!
Nach weiteren Informationen haben wir allerdings nicht nur ein Problem was die Neonazigegendemonstration angeht. Auch von Staatswegen her bekommen wir Probleme. Laut des OGAs ist die Rathhausspitze von uns nicht angetan, und meint wir wären Grund für Nazis und Krawall an diesem Sonntag. Wir sehen uns allerdings als Teil der Zivilgesellschaft Oranienburgs und Oberhavels, weshalb wir weiterhin zu unserer Demonstration aufrufen. Und wir wünschen uns eine friedliche, kraftvolle Demonstration, mehr als Auseinandersetzungen mit Polizei und Nazis. Nach einem ersten Kontakt mit der örtlichen Polizei sieht es aus, als wenn die staatliche Institution, die mit dem Titel „staatlicher Rassismus“ angesprochen wird diesen so nicht sieht. Konkret droht die Exekutive als Auflage das Demomotto zu verbieten. Diese sehen wir als undemokratisch an und als Kriminalisierung antirassistischen Protests in Oranienburg. In den nächsten Tagen wird es daher zu Gesprächen mit der Zivilgesellschaft, der Stadt (dem Bürgermeister), den Behörden und uns kommen.
Wir rufen daher noch mal in aller Deutlichkeit alle antirassistischen/antifaschistischen Menschen, Initiativen, Vereine und Verbände auf an der Demonstration gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus teilzunehmen, sich nicht von Neonazis zur Verkleinerung der Demo hinreißen zu lassen, Solidarität mit allen von Rassismus betroffenen Menschen zu zeigen und ein Zeichen zu setzen gegen die Repression von antirassistischen Bekundungen. Auch die Stadt, sowie ihre Vertreter können hier mit uns gemeinsam streiten, gegen die Ausgrenzung von MigrantInnen und gegen Neonazis.
Miteinander statt Gegeneinander!
Für eine Welt ohne Rassismus und ohne Nazis!