Jahr: 2011
Am Samstag den 05.03.2011 versammelten sich einige Aktivist_innen im Potsdamer Sterncenter, einem großen Einkaufszentrum, um für eine Demonstration am 8. März in Potsdam anlässlich des 100 jährigen Frauenkampftages zu mobilisieren. Die Aktivistin_innen machten mit Transparenten wie „stand up and fight for a world without patriarchy and sexism“ und Megafon-Ansagen auf sich aufmerksam.
Durch eine vorherige Veranstaltung war eine große Bühne mitten im Einkaufszentrum aufgestellt, sodass auf dieser mit lauter Musik und Trillerpfeifen die Aufmerksamkeit der Leute auf sich gelenkt werden konnte.
Den vorbei laufenden Passant_innen wurde deutlich gemacht, dass der Schwerpunkt der Demonstration auf den Lebensumständen von Flüchtlingsfrauen liegen wird. Die Forderungen des Bündnisses 8.März: dass alle Frauen und Kinder sofort raus aus Lagern sollen und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge generell abgeschafft werden müssen, wurden lautstark artikuliert. Nachdem die übermotivierten Security-Heinis Angst bekamen, die Leute könnten außer in überteuerten Läden dem Konsum zu fröhnen noch etwas Sinnvolles mitbekommen, wurden die Aktivist_innen verjagt und versucht daran zu hindern ihre Aktionen weiter durchzuführen. Dies führte dann letztlich dazu, dass sich der Flashmob mit dem Mega in der Hand und den Transpis lautstark quer durch das Einkaufszentrum bewegte und so immer mehr Leute von der Aktion erfuhren.
Parallel dazu flogen tausende kleine Zettel mit Ort, Datum und Anlass der Demonstration durch die Luft, die von vielen Leuten interessiert aufgehoben worden sind. Auch sonst kamen viele Nachfragen und Sympathiebekundungen von Seiten der Center-Besucher_innen, sodass diese Aktion als sehr gelungen gewertet werden kann.
Dieser Flashmob reiht sich in eine Reihe weiterer Mobilisierungsaktionen in Potsdam ein, die das Bündnis 08. März unterstützen und schließlich in einer großen Demonstration am 8. März münden sollen.
Durch solche Aktionen soll eine breite Masse mobilisiert werden, damit es eine bunte und laute Demo wird und somit der Kampagne „Keine Lager für Flüchtlingsfrauen! Sammelunterkünfte abschaffen!“ kraftvoll Ausdruck verliehen werden kann.
Also in diesem Sinne auf zur Demo nach Potsdam am 08.03.2011 um 16:30 Uhr am Rathaus Babelsberg (nähe S‑Bahnhof Babelsberg)
Stand Up and Fight!!!
Gegen jeden Sexismus – in Flüchtlingsheimen und überall!!! Say it loud, and say it
clear – Refugees are welcome here!
8. MÄRZ INTERNATIONALER FRAUENKAMPFTAG
Keine Lager für Frauen! Alle Lager abschaffen!
Aufruf zur Demonstration (weitere Sprachen und Infos hier)
Treffpunkt: 16.30 Uhr Rathaus Babelsberg
(Rudolf-Breitscheid-Straße/Karl-Liebknecht-Straße)
Mit FrauenLesbenTrans* Block
Solidarische Männer sind außerhalb des herzlich FLT*-Blocks willkommen!
Der 8. März wird seit 1911 international als Kampftag für die Interessen der Frauen gegen Unterdrückung, sexuelle Gewalt und Krieg, für das Frauenwahlrecht, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für Gleichberechtigung und gegen Kapitalismus und Rassismus verstanden.
Auch heute noch verdienen FrauenLesbenTrans* weniger als Männer und verrichten den Großteil unentlohnter Tätigkeiten. Wir fordern nicht nur gleichen Lohn, sondern kämpfen zugleich für die Abschaffung kapitalistischer Arbeitsverhältnisse sowie sexistischer und rassistischer Arbeitsaufteilung, die auf Ausbeutung und
Ungleichheit basieren und diese permanent reproduzieren. Die Verhältnisse sind noch lange nicht so, wie sie sein sollten, weder in der deutschen Gesellschaft noch weltweit. Wir wollen in diesem Jahr mit einer Demonstration in Potsdam gegen diese bestehenden Machtverhältnisse und insbesondere gegen die unerträglichen Lebensbedingungen von Flüchtlingsfrauen protestieren.
An vielen Orten in ganz Deutschland wehren wir uns mit Streiks und Protesten gegen unerträgliche Lebensbedingungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz schreibt fest, dass wir in Deutschland unter schlechten Bedingungen in Flüchtlingslagern leben müssen, von Sachleistungen der Behörden abhängig gemacht werden, keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung haben und gezwungen sind, mit weniger Geld als dem
ALG-II-Satz auszukommen. Gleichzeitig wird uns das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit durch die so genannte „Residenzpflicht“ aberkannt. Diese und weitere rassistische Sondergesetze bilden gemeinsam die rechtliche Grundlage für Unterdrückung, Isolation und sozialen Ausschluss.
In Brandenburg leben wir mit unseren Kinder über Jahre hinweg in „Sammelunterkünften“ in der Regel auf engstem Raum zusammengepfercht (die Mindeststandards der Landesregierung sehen sechs Quadratmeter pro Person vor) ohne Privatsphäre oder die Möglichkeit, unsere Lebensgestaltung selbst in die Hand zu nehmen. Die lagerähnlichen Unterkünfte liegen oft außerhalb der Ortschaften. In der gesellschaftlichen Isolation werden wir, die Frauen, schutzlos und häufig Opfer von sexuellen Belästigungen oder Vergewaltigungen. Wir leiden unter den schlechten
hygienischen Bedingungen und der Perspektivlosigkeit unserer Kinder.
Wir fordern:
Keine Lager für Frauen! Lager abschaffen, Wohnungen für alle!
Keine Unterdrückung, sei es aufgrund von Geschlecht, Aussehen, Herkunft, Alter,
sexueller Orientierung oder Mobilitätseinschränkungen!
Durchsetzung gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit! Verbot jeglicher prekärer
Beschäftigung!
Kommt alle, seid laut, bunt, kreativ und kämpferisch!
Unterzeichner_innen: Women in Exile (WIE). [a] antifaschistische linke potsdam – www.antifa-potsdam.de,
Antisexistische Aktion Potsdam* (ASAP*), Revolutionärer Sozialistischer Bund / IV. Internationale
Von Grauzone zu Braunzone
Während bei vorherigen Veranstaltungen „linke“ oder klar antifaschistische Oi-Bands neben rechtsoffenen aufspielen sollten, verzichtet man nun gänzlich auf solche Spielereien, sondern holt sich direkt die Grauzonen-Oi-Bands.
Die diesmaligen Bands, „Telekoma“, „The Starts“ und „Dolly D.“, sind bereits mit anderen rechtsoffenen Bands oder in Grauzonenläden aufgetreten. Um dies übersichtlich zu gestalten, hier eine kleine Auflistung:
Telekoma: Auftritte mit Bands wie „Crusaders“, „Trabireiter“ [1] und „Krawallbrüder“. ;Telekoma nahm bereits am „Oi! The Nische #4“ teil.
Dolly D. [2]: Auftritt in rechtsradikalen Szeneladen „Schwedenschanze Deesbach“ in Thüringen; Auftritte mit Bands wie „Combat 77? [3], „Riot Company“ [4], „Gerbenok“ [5], „Krawallbrüder“ und „Rampage“
Dass das „Oi! The Nische“ nicht mehr im Vereinsheim des Fußballklubs Oranienburger Eintracht stattfindet hat allerdings nicht den Grund, dass sie dort rausgeschmissen wurden, sondern dass sie zurück im Gasthof „Niegisch“ in Schmachtenhagen sind. Dort wollte mensch sie nicht mehr haben, weil sich eine Anwohnerin und Pressevertreter sich über „Rechtsrockkonzerte“ beschwerten. Nun hat sich die Situation in Schmachtenhagen scheinbar beruhigt, bzw. wurde sie in einem Gespräch beruhigt.
Ein Special erwartet die Besucher beim Jubiläum noch. Olaf Werner vom „Colour of Skin“ (Tattooladen in der Stralsunder Straße) wurde eingeladen, willigen Gästen das OTN-Logo zu stechen. Hintergrund ist das Versprechen, jeder mit einem solchen Tattoo braucht niemals wieder Eintritt zu zahlen. Interessanter ist aber der Hintergrund von Olaf Werner. Er selber bezeichnet seine politische Einstellung als „National“, was er in sozialen Netzwerken inzwischen zu „rechts“ geändert hat. Doch wird seine Freundesliste und seine Fotoalben durchgebättert sieht mensch, dass es nicht nur „Rechts“ sondern klar neonazistisch im Hintergrund ist. Beispielsweise zu sehen an seinen Tattoo Fotos, die er bei anderen gestochen hat. Da ist dann ein Keltenkreuz zu sehen in dessen Mitte sich eine Person befindet,die eine Waffe auf den Betrachter zielt. Da dies natürlich nicht reicht steht da drüber im klassischen Futhark (eine Runenschrift) „Ruhm und Ehre“ einem Spruch bei dem vermutlich jede_r /viele beim „Oi! The Nische“ sagen wird, dass dieser nix, aber auch gar nix mit Nazis – sondern ganz einfach mir Ruhm und Ehre zu tun hat. Aus diesem Grund sehen wir uns doch die Freundesliste von Olaf Werner mal genauer an. Huch! Da finden sich ja lauter bekennde Neonazis. Bei deren Fotos sieht man sie dann in „Blood & Honour“, „Combat 18“, „NSHC“, „H8 Society“. Da sind die „Thor Steinar“ Klamotten ja noch harmlos gegen. Zu finden sind auch Partybilder von Neonazis auf denen im Hintergrund Reichskriegsflaggen zu sehen sind und ein Transparent „gegen kriminelle Ausländer“ welches 50 Neonazis am 30. August 2008 auf einer Spontandemonstration durch Oranienburg zeigten.
Es ist recht traurig, dass einer der wenige Orte in Oranienburg, an dem sich Subkultur ausleben kann ein Ort ist, in dem Bands wie die oben genannten auftreten dürfen und somit Orte für Antifaschist_innen versperrt werden. Die einzig logische Forderung kann daher nur ein emanzipatorisches Jugendzentrum sein, in dem Homophobie, Rassismus, Sexismus und Neonazis keinen Zutritt haben und sich dennoch dlle Menschen frei entfalten können.
[1] http://oireszene.blogsport.de/2009/10/19/trabireiter/
[2] http://oireszene.blogsport.de/2010/03/31/dolly-d-dresdensachsen/
[3] http://oireszene.blogsport.de/2009/12/11/combat-77-hildesheimhannover/
[4] http://antifagruppeoranienburg.blogsport.de/2010/08/27/rechtsoffenes-wochenende-in-oberhavel/#more-142
[5] http://oireszene.blogsport.de/2009/10/19/gerbenok/
INFORIOT Mit neuen Flugblättern wirbt die Brandenburger NPD derzeit um neue SympathisantInnen. Wenig überraschend dabei: Die Nazipartei setzt bei ihrer Propaganda auf primitiven Rassismus und scheut es nicht, die Wahrheit völlig zu verdrehen, damit diese irgendwie ins eigene völkische (Parteislang: „lebensrichtige“) Weltbild gepresst werden kann.
In der Januar-Ausgabe des NPD-Regionalblättchens „Oderland Stimme“ findet sich beispielsweise ein Artikel, der sensationslüstern überschrieben ist: „Achtung! Osteuropäischer Katzenklau“. Autorin Antje Kottusch fragt: „Ist Ihnen die Zunahme vermißter Katzen aufgefallen?“ Eigentlich nicht, werden viele LeserInnen denken, doch für die NPD scheint der Rückgang der Brandenburger Katzenpopulation ein augenfälliger Fakt zu sein.
Wer soll dahinter stecken? Natürlich! „Ausländer.“ Es gebe nämlich in Polen eine Katzenmafia, die mit Transportautos nach Deutschland fahren würde, um dort die Tiere heimlich von den Straßen zu fangen. Denen würden dann „die Pfoten abgehauen“ und sie würden „bei lebendigem Leib gehäutet“. Eine namenlose Tierheimsprecherin wird zitiert, die wissen will, dass diese Katzenmafia aus den Fellen der Tiere Rheumadecken herstelle.
Woher hat die NPD diese Informationen? Einmal goggeln hilft. Ausgerechnet die Bild-Zeitung hat das Thema vorgegeben. Mit einer quellenfreien Boulevard-Räuberpistole lieferte das Springerblatt der NPD nicht nur die exakten Daten über das Vorgehen der vermeintlichen Mafia, sondern auch das angebliche Zitat der namenlosen Tierheimsprecherin.
Einzige Kreativleistung von NPD-Autorin Kottusch beim Abpinseln des Textes: Die Behauptung, dass die Mafia aus Polen komme und nur wegen der EU-Osterweiterung zu ihren Untaten schreite – davon steht im Bild-Artikel nämlich nichts. Im Übrigen befasst sich der Bild-Text mit Berlin und nicht mit Brandenburg und er ist mitnichten aktuell, sondern glatte vier Jahre alt.
Schon einmal wurde von Inforiot übrigens auf die dreisten rassistischen Lügen der Brandenburger NPD in Bezug auf „Ausländerkriminalität“ hingewiesen.
Ähnlich peinlich: Im vergangenen Jahr rückte die NPD in ihrer Flugschrift „Wahrheit für Brandenburg“ den uckermärkischen Integrationsbeauftragten Ural Memet in die Nähe des Islamismus, da er aus einem Land stammen solle, in dem Zwangsehen „an der Tagesordnung“ seien. In Wahrheit ist der rumänischstämmige Mann nicht nur kein Islamist, sondern überhaupt kein Moslem.
Die erfassten Straftaten richteten sich nach Kenntnis der Beratungsstelle gegen mindestens 152 Personen. Knapp 70 Prozent der erfassten Straftaten waren Körperverletzungen (74). Daneben weist die Statistik des Potsdamer Vereins andere Delikte wie Brandstiftungen (2), massive Bedrohungen bzw. versuchte Körperverletzung (21) oder größere Sachbeschädigungen (11) aus.
Im Vergleich zum Jahr 2009, in dem 101 Fälle registriert worden waren, zählte die Opferperspektive 2010 mehr rechte Gewalttaten. Zwischen 2003 und 2007 hat sich die Zahl der jährlich erfassten Gewalttaten auf einem Niveau zwischen 117 (2003) und 157 (2007) Fällen bewegt. Erfreulicherweise konnte im Jahr 2008 mit 110 Fällen ein deutlicher Rückgang rechts motivierter Angriffe beobachtet werden.
Die Zahl rechter Gewalttaten wird sich erfahrungsgemäß durch Nachmeldungen noch erhöhen. Schon mehrfach gab es kurzfristige Rückgänge (1994, 1997, 2001), nach denen die Zahl rechter Gewaltdelikte wieder anstieg. Insofern ist offen, ob von einer Stabilisierung der Situation in Brandenburg gesprochen werden kann oder erneut ein Anstieg rechter Gewalttaten zu befürchten ist.
Die Mehrzahl der in Brandenburg erfassten Taten richtet sich gegen Flüchtlinge und MigrantInnen. In 49 Fällen war die Tat rassistisch motiviert. Insbesondere linke Jugendliche wurden zum Teil Opfer von brutalen Überfällen. 25 Taten richteten sich gegen Menschen, die von den Rechten als politische Gegner eingestuft wurden. 27 Angriffe trafen Angehörige alternativer Jugendkulturen und andere Personen, die aufgrund ihrer Erscheinung nicht in das Weltbild der Neonazis passen.
Erkennbar zugespitzt hat sich die Bedrohung im Süden Brandenburgs. Neonazis setzten hier verstärkt auf Gewalt, um ihre politischen Ziele durchzusetzen. So attackierten militante Rechte Jugendprojekte in Cottbus, Forst und Spremberg. Mit 19 rechten Angriffen nimmt die Stadt Cottbus im Jahr 2010 den traurigen Spitzenplatz in Brandenburg ein, gefolgt vom Landkreis Spree-Neiße (16). Hingegen haben gesellschaftliches Engagement und Strafverfolgung in anderen Regionen Brandenburgs erreicht, dass weniger Menschen zu Opfern rechter Gewalt werden, etwa im Landkreis Havelland (2) oder der Stadt Potsdam (7).
Die bekannt gewordenen Taten hat die Opferperspektive auf der Website des Vereins veröffentlicht. Erfasst werden Gewalttaten, nicht aufgeführt sind Propagandadelikte wie etwa Hakenkreuzschmierereien. Bedrohungen und versuchte Körperverletzungen werden registriert, ebenso Brandstiftungen und Sachbeschädigungen, wenn sich diese unmittelbar gegen Personen richteten. Dabei handelt es sich um Angriffe gegen Gewerbebetriebe von MigrantInnen sowie Überfälle auf Treffpunkte von Linken. Nicht gezählt werden Anschläge auf Gedenkstätten und Friedhofsschändungen oder vereinzelte Steinwürfe auf Parteibüros.
Inforiot war offline
INFORIOT Aufgrund von Serverarbeiten war Inforiot zwischen dem 2. und 3. März größtenteils nicht erreichbar. Wir bitten um Entschuldigung.
Hausbesetzung in Potsdam!
Am 27.02.2011 wurde das seit längerem leerstehende Haus in der Kurfürstenstr. 12 für
zwei Stunden besetzt um auf die angespannte Wohnraumsituation in Potsdam hinzuweisen
und sich mit dem vor ca. einem Monat geräumten Hausprojekt Liebigstr. 14 in Berlin
zu solidarisieren. Bis zum Eintreffen der Polizei sammelten sich bis zu 50 Personen
vor dem besetzten Haus und skandierten Parolen wie: „Die Häuser denen, die drin
wohnen!“ oder „Miete verweigern, Kündigung ins Klo, Häuser besetzen sowieso!“. In
Potsdam fand in den letzten Jahren eine Entwicklung statt, die ganze
Bevölkerungsschichten aus ihren Wohnungen und Vierteln verdrängt hat, weil die
Mieten nicht oder kaum noch bezahlbar waren. Potsdam ist die Stadt in Ostdeutschland
mit den höchsten Mieten bei sanierten Wohnraum. Die Mietspirale scheint sich
unaufhörlich nach oben zu schrauben, unabhängig von öffentlichen Debatten und
politischen Bekenntnissen, dass Wohnraum ein Grundrecht sei. Wenn unsere Lebensgru
ndlage derart kommerzialisiert wird sind Mittel wie Hausbesetzungen als Reaktion
auf diese Entwicklung aus unserer Sicht legitim.
Welchen Stellenwert Eigentum in unserer Gesellschaft bestitzt, hat die Räumung der
Liebig 14 in Berlin gezeigt. Wenn 2500 Polizist_innen ein ganzes Viertel tagelang
belagern und ein Haus, in dem sie letzendlich nur 9 Leute vorfinden, von allen
Seiten angreifen, zeigt das sehr gut mit welchen Reaktionen wir zu rechnen haben.
Nur Solidarität und massenhafte Aktionen werden uns den Spielraum (wieder) öffnen
erfolgreich zu besetzen bzw. anstehende Räumungen zu verhindern. In diesem Sinne
sind wir alle betroffen, wenn in diesem Jahr die Rote Flora in Hamburg geräumt
werden sollte oder in Zukunft andere Projekte in Frage stehen werden. Dass
Besetzungen erfolgreich sein können, haben das AZ in Köln, das NewYork in Berlin,
die Gartenstraße in Freiburg und die Datscha in Potsdam gezeigt. Besetzungen sind
aber nicht nur ein Kampf um subkulturelle Räume, sie sind, ob wir es wollen oder
nicht, eine grundsetzliche Kritik an dieser Gesellschaft.
Außer der Besetzung gab es in Potsdam noch mehrere andere Aktionen. Am 05.02. fand
eine Spontandemonstration mit ca. 60 Leuten durch den Stadtteil Babelsberg als
Reaktion auf die Räumung der Liebigstr. 14 drei Tage zuvor statt. Außerdem wurden an
mehreren Stellen Parolen zum Thema Liebigstr. gesprüht und einige Fassaden sanierter
Häuser mit Farbbomben verschönert.
Wir fordern bezahlbaren Wohnraum für alle statt Luxussanierung und Verdrängung!
Wir fordern eine endgültige und langfristige Lösung für alle bedrohten Wohn- und
Kulturprojekte!
Wir bleiben Alle!
AG Fünf(zig) vor 12
Musik ist für eine neonazistische Bewegung außerordentlich wichtig – als Zugang zu rechten Cliquen, als ökonomisches Standbein oder Ideologievermittler innerhalb der Szene. Sie wird, wie beispielsweise in Form der sogenannten Schulhof-CDs der „Freie Kräfte“ und der NPD, gezielt eingesetzt um Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen. Auch im subkulturell geprägten Bereich der Szene wird neonazistische Musik verbreitet und kann somit ihre Wirkmächtigkeit auf die Hörenden ausüben.
Gerade bei der Suche nach Bestätigung in der Musik spielen die eigenen Erfahrungen der Rezipient_innen eine Rolle, da sich beim Hören von RechtsRock auf subjektive Art und Weise mit neonazistischen Inhalten identifiziert werden kann. Besonders aber für rechte Cliquen/Freund_innenkreise und Neonazikameradschaften ist und bleibt Musik ein wichtiger Faktor um sich einerseits zusammen zu finden und andererseits den gewonnenen Zusammenhalt zu zementieren. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass mittels klarer Feindbilder (wie z.B. „den Demokraten“, „den Juden“ oder „den Ausländern“) ein „Innen“ und ein „Außen“ konstruiert werden, wodurch wiederum die eigene Gruppe, also das „Innen“, an Kontur gewinnt. Diese Kontur zwischen dem „wir“ und „den Anderen“ wird nun durch „Ideologische Bestätigung“ – wie es in einer aktuellen Studie des Deutschen Jugendinstituts heißt [1] – geschärft, indem sie durch die Inhalte der Texte (immer wieder) eingeholt wird. Somit spielt die Musik nicht ausschließlich als Ideologievermittlerin sondern auch als festigendes Instrument eine bedeutende Rolle. Besonders für Potsdam ist dies ein wichtiger Punkt, da hier bereits eine organisierte Neonaziszene vorzufinden ist, welche sich nicht erst zusammen finden sondern lediglich konstituieren muss.
Deshalb kommt den örtlichen Neonazibands eine nicht unwichtige Bedeutung in der regionalen Neonaziszene zu. In den vergangenen Jahren hat sich relativ unbemerkt eine Vielzahl kleinerer und größerer Bandprojekte gegründet und ist seit dem aktiv. Die einen mehr die anderen weniger. Das heißt, dass die einen ‚lediglich‘ Musik machen und CDs aufnehmen und verkaufen. Wohingegen die anderen eifrig dabei sind auf Nazikonzerte zu fahren um dort aufzutreten. Vor Ort verkaufen sie dann ihren Merchandisekram sowie ihre CDs und knüpfen letztendlich auch Kontakte um eventuell noch das ein oder andere Mal auf einem RechtsRock-Sampler mitspielen zu können. Doch wie sieht es konkret in Potsdam aus? Was gibt es hier für Bands und wie geschäftig sind diese?
Es gibt derzeit mindestens fünf aktive Musikprojekte in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Am Beispiel der Neonaziband „Preussenstolz“ soll die Bedeutsamkeit und Verbindung solcher Bands für eine organisierte Neonaziszene erläutert werden. Weiterhin werden aber auch andere Gruppen etwas näher beleuchtet.
„Preussenstolz – R.A.C. aus Potsdam“
Die Band „Preussenstolz“ gründete sich, ihren eigenen Angaben zufolge, im Sommer 2007. Im darauf folgenden Jahr spielten sie ihre ersten Konzerte und nahmen gegen Ende 2008 auch ihre erste Demo CD auf. Im Frühjahr 2009 veröffentlichte sie dann ihre Demo CD beim Neonazilabel „Odinseye“, dass im sachsen-anhaltischen Bernburg ansässig ist. Danach spielten sie auf dem Sampler „Die Söhne Potsdams III“ mit, der Ende 2009 beim Chemnitzer Nazilabel „PC-Records“ [2] veröffentlicht wurde. Im Jahr 2009 spielten sie dann auch auf zahlreichen Konzerten, welche zum größten Teil in Sachsen stattfanden. Der Verfassungsschutz zählte für das Jahr 2009 rund 15 Auftritte der Band.
„Preussenstolz“ knüpft, sowohl durch ihre Selbstinszenierung als auch durch ihre Inhalte, an die Tradition und die Ästhetik des „RAC“ [3] an. Rassistische und den Nationalsozialismus verherrlichende Texte kennzeichnen die Band ebenso wie ihre kämpferisch-martialische Selbstinszenierung über das Internet, ihre Merchandise Artikel und die Booklets ihrer CDs. Hierbei fällt auch auf, dass es einige Ähnlichkeiten mit der schon etwas älteren Potsdamer Neonaziband „Proissenheads“ gibt. Neben der offensichtlichen Namensähnlichkeit der beiden Bands existieren auch Bilder (Bild 1) auf denen „Preussenstolz“, ähnlich wie zuvor „Proissenheads“, vermummt als Gruppe posierend in einem Wald stehen. Weiterhin können neben Ähnlichkeiten im Musikstil noch viele inhaltliche Parallelen zwischen den Texten der beiden Bands ausgemacht werden. Hier spielen die gängigen inhaltlichen Motive des RechtsRock wie Rassismus, Antisemitismus, Verherrlichung des NS, Gewaltphantasien sowie Überlegenheitsdenken und Feindbildprojektionen eine Rolle. Aber auch ihre Selbstdarstellung funktioniert über die gleiche Selbstinszenierung. Der kämpferische Skinhead, wie er zum Beispiel im Songtitel „Potsdamer Skinheads aus dem Preußenland – Mitteldeutscher Widerstand!“ besungen wird, ist auf der einen Seite gängiges Motiv des „RAC“ und auf der anderen Seite ein Thema, auf das sich viele Potsdamer Neonazibands beziehen/bezogen. Der eben benannte Titel stammt ursprünglich von den „Unbending Bootboys“, einer schon etwas älteren Neonaziband der späten 90er Jahre aus Potsdam und wurde im Jahr 2006 von der Potsdamer Band „Redrum“ und 2008 dann von „Preussenstolz“ gecovert.
Zuletzt spielten „Preussenstolz“ am 02.10.2010 beim „Preußentag“ in Finowfurt (Bild 2) wobei sie mit dem Cover des Titels „Stiefel auf Asphalt“ ein Mal mehr zeigten, wie wichtig ihnen das Motiv des kämpferischen Skinheads ist. So sang Patrick Danz, der aktuelle Sänger der Band: „Der Klang von Stiefeln auf Asphalt geht unter die Haut, denn Skinheads marschieren wo sich keiner mehr traut.“. Das Publikum der NPD Veranstaltung dankte ihnen daraufhin mit Rufen nach einer Zugabe. Doch dazu wäre es ohne Uwe Menzel wahrscheinlich niemals gekommen.
„Proissenheads“ als Vorbilder für „Preussenstolz“
Die Band „Proissenheads“, welche sich Mitte der 1990er Jahre in Potsdam etablierte und deren Protagonist Uwe Menzel (Bild 3) bis heute aktiv ist, zählte zu einer der bekanntesten RechtsRock Bands in der Bundesrepublik der späten 90er Jahre. Aber auch international sind „Proissenheads“, durch ihre Kontakte zum „Blood & Honour“ Netzwerk, bekannt geworden. Die Band als Projekt „Proissenheads“ existiert zwar seit 2001 nicht mehr, jedoch spielen einzelne Bandmitglieder derzeitig immer noch in verschiedenen Neonazibands. Uwe Menzel zum Beispiel singt aktuell für die beiden Bands „Burn Down“ und „Bloodshed“.
Aber auch solo ist Uwe Menzel unterwegs. Unter seinem Szenespitznamen „Uwocaust“, der von ihm mit einem ziemlich schlechtem „Augenzwinkern“ in Anlehnung an die Shoa gewählt wurde, spielte er zuletzt auf einem Hammerskin-Konzert am 03.07.2010 im Elsass und am 20.11.2010 im „Ting-Haus“ in Grevesmühlen (Mecklenburg Vorpommern).
Die Tatsache, dass die Band „Preussenstolz“ aus Potsdam kommt, spielt deshalb eine wichtige Rolle, da sie dadurch auf eine schon bestehende neonazistische Struktur zurückgreifen kann. Gute Kontakte zu anderen Potsdamer Neonazibands und Szenegrößen erleichterten ihnen den Einstieg in die neonazistische Musikszene und das Aufsteigen in der selbigen. Dies hat mittlerweile selbst der Verfassungsschutz bemerkt und schreibt dazu in seinem Bericht für das Jahr 2009: „Nachwuchsbands werden von den etablierten Szene-Musikern gefördert. Zu diesen „Förderern“ gehören: „Bloodshed”, „Burn Down”, […] sowie deren Hauptakteure Uwe Menzel („Uwocaust“) aus Potsdam und Rico Hafemann aus Senftenberg (OSL). Bands wie […] „Cynic”, „Preussenstolz” […] profitierten 2009 davon.“ [4]
Für diese Unterstützung wird sich dann natürlich auch bedankt. Im Booklet der Demo CD von „Preussenstolz“ schreibt Daniel Hintze, der Schlagzeuger der Band, der hier unter dem Pseudonym „N. the Frog“ auftritt: „Uwocaust (Danke für die viele Unterstützung)“. Auch weitere seiner Bandkollegen schlossen sich diesem Dank an. Diese Unterstützung hätten sich die Preussenköpfe zu ihrer Zeit wohl auch gewünscht. Nur wäre diese aus dem neonazistischen Lager gar nicht zwingend notwendig gewesen. Die Bärenarbeit hierbei leistete ja bereits die Stadt Potsdam, indem sie der Band die entsprechende Infrastruktur zum musizieren anbot. Somit wurde Potsdam besonders in den 1990er Jahren für Neonazibands sehr attraktiv. Es wurden Proberäume im „Club 18“ am Stern bereitgestellt und die Tatsache, dass es sich hierbei um eine nicht unproblematische Gruppe handelte die hier neonazistische Propaganda verbreitete, wurde gänzlich ausgeblendet. Dies machte es auch erst möglich, dass sich eine Band wie die „Proissenheads“ über mehrere Jahre hinweg etablieren konnte.
Erst eine Aufklärungskampagne Potsdamer Antifaschist_innen im Jahr 1998 führte zu öffentlichem Druck und zum Rauswurf der Band aus dem Jugendclub. Dennoch kam den „Proissenheads“ auch noch in den kommenden Jahren eine wichtige Bedeutung in der Potsdamer Neonaziszene zu.
Der Status quo der Potsdamer Neonaziszene kann als ein enges Geflecht aus NPD, JN, „Freien Kameradschaften“ und eben der subkulturellen Musikszene beschrieben werden.
Deutliche Grenzen zwischen den verschiedenen Flügeln der Szene, wie sie vergleichsweise noch in den späten 90er Jahren vor zu finden waren, können heute nicht mehr ausgemacht werden. Wie diese verschiedenen Gruppen zusammen wirken lässt sich gut an einem Beispiel zeigen.
Am 07.06.2008 fand in Genthin eine Neonazidemonstration der „JN Sachsen-Anhalt“ statt. Hierbei forderten die ca. 250 anwesenden Neonazis ein „nationales Jugendzentrum“. Der Anlass hierfür war die Kündigung des Mietvertrages, für den als „Baracke Genthin“ bekannt gewordenen Neonazitreffpunkt, durch den Vermieter des Gebäudes. Seit dem Frühjahr 2008 betrieb die örtliche Neonaziszene den „nationalen Jugendclub“ und versuchte dort Neonazikonzerte zu veranstalten. Nachdem dadurch dieser Veranstaltungsort wegfiel, organisierte die regionale Neonaziszene in Zusammenarbeit mit den „JN Sachsen-Anhalt“ am 07.06.2008 die Demonstration durch Genthin. An dieser beteiligten sich auch zahlreiche Neonazis aus Potsdam. Jene Neonazis stammten zum Großteil aus dem Umfeld der Band „Preussenstolz“ beziehungsweise der „Freie Kameradschaften“.
In der Folgezeit wichen die Neonazis auf die in der Nähe gelegene Tanzbar „Neue Welt“ aus. Hier spielten auch „Preussenstolz“ am 31.10.2008 ein Konzert welches von ca. 100 Neonazis besucht wurde. Mit dabei waren auch die Neonaziband „Cynic“ aus Potsdam sowie zwei weitere Bands. Ein weiteres Konzert, welches mit ca. 250 Besucher_innen am gleichen Ort stattfand, gab es dann am 24.01.2009. Auch hier waren wieder „Preussenstolz“ zugegen.
Dieses Beispiel zeigt, dass RechtsRock zu einer überregionalen Vernetzung und Mobilisierung von Neonazis führen kann. Denn hier können die Neonazigruppierungen – egal ob NPD/JN, DVU oder „Freie Kameradschaften“ – auf ein bereits bestehendes und überregional gut organisiertes Netzwerk zwischen Bands und Konzertveranstalter_innen zurückgreifen.
„Preussenstolz“ und die NPD
Die identitätsstiftende und szenestabilisierende Wirkung des RechtsRock und somit die Wichtigkeit der subkulturellen Musikszene für die „nationale Bewegung“ ist auch am NPD Stadtverordneten aus Potsdam nicht vorbeigegangen. Marcel Guse [5] gründete im Frühjahr 2010 zusammen mit weiteren Potsdamer Neonazis, unter denen sich auch Daniel Hintze befand, den NPD-Stadtverband Potsdam. Dieser ist seit dem mit der „Zusammenführung der vielen zerstreuten nationalen Kräfte“ [6] in Potsdam beschäftigt, was bis dato auch relativ gut gelingt. Durch den NPD-Stammtisch, der mittlerweile zum 11. Mal stattgefunden hat, hat die Neonaziszene nun eine relativ regelmäßig stattfindende Veranstaltung bei der ein Austausch, eine Vernetzung und eine Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppierungen der rechtsradikalen Szene Potsdams möglich ist. So können dann auch die Kontakte, die es braucht um beim „Preußentag“ zu spielen, schnell geknüpft werden.
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Fußnoten und Bilder:
[1] Elverich, Gabi / Glaser, Michaela / Schlimbach, Tabea (Hg.): Rechtsextreme Musik, Ihre Funktionen für jugendliche Hörer/innen und Antworten der pädagogischen Praxis, Halle, 2009. http://www.dji.de/bibs/96_11763_Rechtse … worten.pdf
[2] Hier erschienen bereits die beiden ersten Sampler der „Die Söhne Potsdams“ Reihe. Mit dabei waren die Potsdamer Neonazibands „Redrum“, „Bloodshed“, „Burn Down“, „Lost Souls“ und „Cynic“.
[3] „Rock Against Communism“
In den späten 1970er Jahren wurde in England eine rechte Gruppierung mit dem Namen „Rock Against Communism“ gegründet. Diese wurde 1982 von Ian Stuart Donaldson, dem Sänger und Gründer der Neonaziband „Skrewdriver“, und Joseph Pearce reanimiert. „>Rock Against Communism<, unter dessen Banner Skrewdriver in den folgenden Jahren mehrere Konzerte gab“, entwickelte sich zu einem festen Begriff in der neonazistischen Szene. Damals eher als Name für eine Kampagne, steht er heute oft auch für einen Musikstil, der sich in der Tradition des RechtsRock der 1980er Jahre sieht. RAC als eine der Ursprungsformen des RechtsRock findet auch heute noch großen Anklang in der Neonaziszene, da er trotz „Modernisierung“ der Neonaziszene hinsichtlich der Differenzierung rechtsextremer Jugendkultur(en) und der dazugehörenden Lebenswelt für Beständigkeit und Tradition zu stehen scheint und somit immer wieder die „guten alten Zeiten“ herbei konstruieren kann. Auch „Preussenstolz“, bezeichnet die von ihr gemachte Musik, sowohl auf ihrer Myspaceseite als auch in einem Interview mit dem neonazistischen Radioprojekt „OPF Radio“, als „klassische[n] R.A.C.“
[4] Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (Hg.): Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2008, Potsdam, 2009.
[5] https://inforiot.de/artikel/marcel-guse- … erordneten
[6] hxxp://www.npd-havel-nuthe.de/?p=1498
Rassismus zeigt sich in Deutschland auch aktuell in verschiedenen Facetten. So sitzen in Grünau Menschen in Haft ohne eine Straftat begangen zu haben – es sei denn, es ist eine Straftat vor Mord, Terror, Armut und Hunger zu fliehen. In Hennigsdorf sitzen Menschen im Asylbewerberheim, welche durch Residenzpflicht und Wertgutscheine in ihren Freiheiten eingeschränkt und zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden. Überall werden mehrmals täglich Menschen aus neonazistischen und rassistischen Motiven beleidigt und angegriffen.
Am 19. März 2011 wollen wir gegen diese Zustände auf die Straße gehen. In Oranienburg findet seit 1997 um den internationalen Antirassismustag herum eine Demonstration statt, welche immer einen Bezug zur Geschichte Oranienburgs, dem staatlichen Rassismus und den lokalen Neonazis hat.
Staatlicher Rassismus – die legale Ausgrenzung
Der 21.März ist ein Tag, an dem weltweit gegen rassistische Unterdrückung auf die Straße gegangen wird. Viele Deutsche meinen, dass es hier keine solchen Unterdrückungen gibt. In Deutschland sind es besonders Asylsuchende, die unter Ausgrenzung und Unterdrückung leiden, denn der deutsche Staat will ihnen nicht helfen, sondern sie so schnell wie möglich loswerden. Die Menschen fliehen dabei immer aus demselben Grund – Angst um das Überleben. Überleben definiert sich für uns nicht, wie im Grundgesetz, als die Flucht vor Kriegen, Unterdrückungen oder Terror, sondern auch als Flucht vor wirtschaftlichen Missständen, wie Hunger oder Armut. Die Menschen wollen nicht im Elend der so genannten „Dritten Welt“ leben und fliehen deshalb auf gefährlichen Pfaden, um ein wenig von ihrem nach Europa exportiertem Reichtum abzubekommen – doch diese Flucht nach Europa gilt immer noch als illegal und Flüchtlinge werden kriminalisiert. Auch der Landkreis Oberhavel zeigt Beratungsresistenz wenn es um Asylbewerber geht. Obwohl die Mehrheit der brandenburgischen Landkreise das so genannte Wertgutschein-?System bereits abgeschafft hat, können Asylbewerber im Landkreis Oberhavel nicht frei über Geld verfügen. Sie müssen diskriminiert und überwacht mit einem A6-?Zettel in der Hand einkaufen. Der Landkreis hält an diesem rassistischen System fest. Initiativen, die dies kritisieren, werden mit Anzeigen belohnt, wie im Sommer 2010, als antirassistische Gruppen Gutscheine für Bratwürste auf der Oranienburger Demokratiemeile verteilten, die den Originalen ähnlich waren. Statt Belohnung für das antirassistische Engagement einiger weniger, gab es hier Repression und strukturelle Unterstützung für rassistisch eingestellte Menschen.
Staatliche Anti-?Antifaarbeit oder der Extremismus der Mitte
Doch die Repression gegen antifaschistisches oder antirassistisches Engagement beginnt viel weiter oben in der parlamentarischen Demokratie Deutschlands. Mit Kristina Schröder schaffte es eine Rechtspopulistin nicht nur in ein Ministerium, sie wurde sogar die Verteilerin über die Gelder von vielen wichtigen Projekten gegen Neonazis oder für Opfer rechter Gewalt. Seit sie ins Amt kam, versucht sie sich als Rächerin der „unterdrückten“ Deutschen, wobei sie ihre rechten Wurzeln schnell verdecken wollte. So fanden sich auf ihrer Webseite vor ihrer Machtergreifung mehrere rechte Verlinkungen, wie zur rechten Wochenzeitung Junge Freiheit. Inzwischen hetzt sie gegen arabische Migranten, sie wären „Deutschenfeindlich“ und äfft die von Neonazis seit Jahren beschworenen „deutschenfreien Zonen“ nach. Während es bei Thilo Sarrazin einen Aufschrei gab, darf sie weiter agieren. Beide hetzten in Verbindung mit dem durch Sicherheitsbehörden und einigen Medien verbreiteten generellen Terrorverdacht, was bundesweit unter anderem zu rassistischen Übergriffen gegen arabische und muslimische Jugendliche führte.
Neonazistrukturen aufdecken – Kein Rückzugsraum für Neonazis
Im gesamten Jahr kam es im südlichen Oberhavel zu neun Gewalttaten seitens Neonazis. In Berlin gab es Brandanschläge und Sachbeschädigungen gegen linke Einrichtungen und Moscheen. Die Liste ließe sich mit anderen Orten wie Dortmund, Leipzig, Dresden, etc. erweitern. Die Neonazis scheinen wieder stärker zu werden, was auch daran liegt, dass gerade in Gegenden ohne linke Subkultur Gelder gegen rechte Arbeit gekürzt werden. Was dann passiert kann in Mecklenburg Vorpommern beobachtet werden – Neonazis entdecken Nischen und setzten sich fest. In Oberhavel und Oranienburg sitzen viele Neonazis und genießen ihre Ruhe, da sie ungestört agieren können. Ob Bundesvorstandsmitglieder der JN, Führungskader der verbotenen HDJ oder Nazimusiker, die bereits wegen ihrer Aktivitäten im Gefängnis saßen. Diese Strukturen aus Kneipen, Läden, Parteien oder Gruppen müssen von zivilgesellschaftlicher und antifaschistischer Seite offen benannt und bekämpft werden – ohne lange Diskussion.
Progressive Jugendsozialarbeit statt kuscheln mit Neonazis
Lange Zeit verkannte mensch in Oberhavel das Problem der jugendlichen Neonazis, welche ohne Partei und Kameradschaft auskommen. Inzwischen sitzen sie in Jugendklubs und bestimmen das Bild, sodass viele eher links geprägte Jugendliche lieber nach Berlin fahren, als im eigenen Ort zu feiern. Ein Großteil der Sozialpädagogen verschließen die Augen davor, zeigen zu wenig Interesse an den Jugendlichen oder teilen selber Positionen von Neonazis, spielen mit ihren Bands in Neonaziläden und bagatellisieren das Tragen von neonazistischen Marken wie „Thor Steinar“. Ein Rückzugsort für Neonazis, besonders in Jugendfreizeiteinrichtungen, darf und wird von uns nicht geduldet werden.
Wir fordern daher:
- Aufhebung aller rassistischen Sondergesetze und Bleiberecht für alle Menschen!
- Kein weiteres Kürzen von Geldern antirassistischer / antifaschistischer Initiativen!
- Neonazistrukturen aufdecken, angreifen, dichtmachen, entzaubern!
- Mehr politische Bildung in Verwaltungen und im Jugendsozialbereich!
Rassismus bekämpfen! Überall, auf allen Ebenen!
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SA 19.03.2011 | 14:00 | Bahnhof Oranienburg
alle Infos: http://antiratage2011.blogsport.de
FrauenLesbenTrans* Demo
Solidarische Männer sind außerhalb des FLT*-Blocks willkommen
Auftakt 16.30 Uhr
Breitscheidt Str./Karl Liebknecht Str., Potsdam, S‑Bhf. Babelsberg
Der 8. März wird seit 1911 international als Kampftag für die Interessen der Frauen gegen Unterdrückung, sexuelle Gewalt und Krieg, für das Frauenwahlrecht, für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für Gleichberechtigung und gegen Kapitalismus und Rassismus verstanden.
Wir wollen in diesem Jahr mit einer Demonstration in Potsdam die Lebensbedingungen von Flüchtlingsfrauen in Brandenburg anprangern und auf Veränderung drängen.
An vielen Orten in ganz Deutschland wehren sich Flüchtlinge mit Streiks und Protesten gegen unerträgliche Lebensbedingungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz schreibt fest, dass Flüchtlinge in Deutschland unter schlechten Bedingungen in Flüchtlingslagern leben müssen, nicht arbeiten dürfen und so von Sachleistungen der Behörden abhängig gemacht werden, keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung haben und gezwungen sind, mit weniger Geld als dem ALG-2-Satz (Hartz IV) auszukommen. Gleichzeitig wird Flüchtlingen das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit durch die so genannte „Residenzpflicht“ aberkannt. Dieses und weitere rassistische Sondergesetze sind der juristische Rahmen für Unterdrückung, Isolation und sozialen Ausschluss.
In Brandenburg leben Flüchtlingsfrauen und ihre Kinder über Jahre hinweg in „Sammelunterkünften“ in der Regel auf engstem Raum zusammengepfercht (die Mindeststandards der Landesregierung sehen sechs Quadratmeter pro Person vor), ohne Privatsphäre oder die Möglichkeit, ihre Lebensgestaltung selbst in die Hand zu nehmen. Die lagerähnlichen Unterkünfte liegen oft außerhalb der Ortschaften. In der gesellschaftlichen Isolation werden die Frauen schutzlos und häufig Opfer von sexuellen Belästigungen oder Vergewaltigungen; sie leiden unter den schlechten hygienischen Bedingungen und der Perspektivlosigkeit ihrer Kinder.
Wir fordern:
‑Keine Lager für Frauen! Lager abschaffen! Wohnungen für alle!
Gegen jede Form der Unterdrückung, sei es aufgrund von Geschlecht, Aussehen, Herkunft, Alter, sexueller Orientierung oder Mobilitätseinschränkungen.
Women in Exile (WIE) and friends
„WIE“ ist eine Gruppe von Flüchtlingsfrauen, die sich mit den Problemen von Flüchtlingen aus der Sicht von Frauen befassen und Gesetze bekämpfen, die gegen die Emanzipation von Frauen und Kindern gerichtet sind.