Am Montag, den 10.10.2011 wurde wieder einmal ein NPD-Mitglied aus Oberhavel vom Amtsgericht Oranienburg zu einer Geldstrafe verurteilt. Das perfide dabei ist, dass die NPD in Oberhavel sich eher als „bürgerlich“ und „gemäßigt“ präsentieren will. Auch scheinen widerliche Praxen eine Spezialität der NPD zu sein. Beim aktuellen Fall kamen eine Menge Geschichten zum Vorschein, bei denen zwar scheinbar ein Zusammenhang mit der NPD nicht nachweisbar sei, aber selbst der vorsitzende Richter meinte, dass „der Gedankengang nachvollziehbar sei“.
Vor Gericht saß der NPD-Abgeordnete von Oranienburg, Reimar Leibner. Der Vorwurf war eine Beleidigung gegenüber einer Anwohnerin von Oranienburg-Süd mit den Worten „Euch rote Brut kriegen wir noch, ihr Arschlöcher“. Das Gericht sah es nach Darstellung der Anzeigenden als erwiesen, dass er diese Aussage getätigt hatte, und verurteilte ihn zu 20 Tagessätzen a 10 Euro, für die Wortwahl „ihr Arschlöcher“. In keinem Moment war die Mitgliedschaft, beziehungsweise der politische Arbeitsplatz von Leibner ein Thema. Wenn es konkret genommen wird und im Kontext seines politischen Hintergrunds betrachtet wird, dann sollte mensch annehmen, dass bereits das „rote Brut“ eine Beleidigung darstellt. Auch stecken, im historischen Kontext, bereits eine klare Volksverhetzung und eine Mordfantasie in dieser Aussage. Der Anwalt von Leibner, Volker Hellriegel, verglich in seinem Abschlussplädoyer die Aussage „rote Brut“, auch noch mit den Ausdrücken „Scheiß Nazis“ und „Bullen“. Volker Hellriegel vertrat in der Vergangenheit die NPD in Oberhavel und Anfang 2011 den notorischen Rechtsbrecher Andreas Rokohl.
Interessanter als die tatsächliche Tat und die Verurteilung war die Geschichte drum herum, die von der Betroffenen geschildert wurde. Wir geben dies hier in der Form wieder, wie sie es vor Gericht tat und folgen dabei der Logik des Amtsrichters, dass eine Tat nicht nachweisbar ist, aber der Vorwurf nachvollziehbar sei.
Ihr Martyrium begann mit dem 26.09.2009, dem Vorabend der Bundestags- und Landtagswahl in Oranienburg. Eine Familie erwartete Besuch aus Polen und entschieden sich daher, ein NPD-Plakat mit der Aufschrift „Gute Heimreise“ von der Laterne vor ihren Haus zu nehmen und am Boden umgedreht abzustellen. Dabei wurden sie von Reimar Leibner „erwischt“ und direkt körperlich angegangen. Die NPD stellte dann eine Anzeige, da aber nur die beiden Kabelbinder zerstört wurden, wurde das Verfahren eingestellt. Vermutlich enttäuscht von der nicht einsetzenden staatlichen Hilfe hat jemand, vielleicht Reimar Leibner, angefangen die Familie dafür zu terrorisieren. In den vergangenen zwei Jahren wurden mehrere Tierkadaver in den Hof des Hauses und der Einfahrt abgelegt. Darunter ein von Maden zerfressender Igel, Schweinsköpfe, Schlachtabfälle, Ratten, etc. Zeitlich nah fanden sich NPD-Flyer im Briefkasten bzw. wurde der Briefkasten mit einem NPD-Aufkleber beklebt. Den Höhepunkt erreichte ein umgebauter Böller, der vermutlich mit einem Eisenmantel bedacht wurde. Der Schaden hierbei ist gering, da Metallsplitter sich in die Tür bohrten und der Fußabtretter etwas angesengt war, doch niemand wurde verletzt.
In den letzten Jahren kam es gehäuft zu Verurteilungen von Oranienburger NPD Mitgliedern. Hier eine kleine Auflistung der letzten zwei Jahre in Bezug auf NPD-Mitglieder:
- März 2009, das Verfahren von Andreas Rokohl wegen Körperverletzung und des Zeigens des “deutschen Grußes” wird eingestellt, da ein Zeuge seine Aussage zurücknahm. Dennoch musste Rokohl einen geringen Beitrag an die Gedenkstätte Sachsenhausen überweisen.
- Juli 2010 Rokohl wird verurteilt, da er mit zwei weiteren Kameraden Polizisten angriff und als „Drecksjuden“ bezeichnete. Der zuständige Richter verurteilte ihn zu 1000 Euro.
— Januar 2011 Rokohl wird erneut verurteilt, da er ein Mitglied der Courage-Elser-Initiative mit den Worten „dich haben sie damals vergessen“ bedachte. Dafür gab es eine Strafe im Geldwert von 1750 Euro.
- April 2011, Detlef Appel wird zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt für eine volksverhetzende Aussage in der Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg. So müsse in Oranienburg-Mittelstadt erst einmal „die Hauptgrundursache beseitigen […], nämlich die Migranten“ bevor man dort an anderer Stelle Geld in den Kiez buttert, so die Aussage Appels. Die Anzeige kam direkt vom Bürgermeister persönlich. In diesen Prozess vertrat ihn der bekannte Neonazianwalt Carsten Schrank, der die NPD bundesweit bei Prozessen verteidigt. Aktuell läuft noch ein anderer Prozess, allerdings ist Appel hierbei der Kläger.
- 24.10.2009 veranstaltete Reimar Leibner auf seinem Grundstück in Buberow ein Rechtsrockkonzert. Als Polizeikräfte erschienen waren, um die Veranstaltung aufzulösen, soll Leibner Widerstandshandlungen begangen haben. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt in unbekannter Höhe, die er laut Staatsanwaltschaft aber noch nicht vollständig abgezahlt hätte.
Die Anwälte Schrank und Hellriegel haben in den letzten zwei Jahren allerlei zu tun gehabt mit den wenigen aktiven Mitgliedern. Ob dies aber dem Saubermann-Image der NPD in Oberhavel hilft darf bezweifelt werden.
Bild 1:Reimar Leibner (rechts) neben dem Kreisvorsitzenden der NPD ‑Oberhavel, Thomas Salomon, auf einer Sitzung des Bund der Vertriebenen Oberhavels (Bildquelle unbekannt)Bild 2: Andreas Rokohl beim Aufmarschversuch am 01.05.2010 in Berlin (Bildrechte Apabiz e.V.)Bild 3: Detlef Appel (links) neben NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt, bei einem Wahlkampfinfostand in Berlin am 17.09.2011 (Facebook-Fotoalbum von Florian Stein)
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