Am 23. September 201 ruft der AfD-Landesverband Brandenburg zu 8 Uhr morgens zu einer Kundgebung vor dem Fortuna-Portal (Alter Markt) gegen die “verfehlte Asylpolitik” auf. Neben Forderungen nach “zentralen Auffangzentren” und “Rückführungszentren” geht es der AfD um eine abstrakte Beendigung des “Asylchaos” und die Wiederherstellung des “Rechtsstaates”. Dass dahinter rechtspopulistische Stimmungsmache und ein zum Teil rassistisches Weltbild steckt ist offensichtlich. Von der AfD geforderte “Zentrale Auffangzentren” im Ausland sollen mögliche Geflüchtete schon weit vor den deutschen Grenzen von der weiteren Flucht in sicherere Gefilde abhalten, “Rückführungszentren”, insbesondere für Asylanstragsteller_innen vom Balkan, werden vor allem seit je her rassistisch verfolgte Sinti und Roma treffen. Das alles werden wir nicht unwidersprochen lassen!
Dabei können wir aber eine Forderung der AfD, wenn auch natürlich nicht in der Intention, teilen: “Asylchaos” beenden. Das sogenannte Asylchaos ist aber kein Chaos, weil Geflüchtete nach Deutschland kommen, sondern weil weite Teile der Gesellschaft und staatliche Strukturen aus rassistischen Motiven und aus Angst vor ökonomischem Abstieg einem menschlichen Umgang mit Refugees entgegenwirken. Dass die AfD diese Situation versucht anzuheizen, ist nicht erstaunlich. Gerade deswegen ist jedoch antirassistische Intervention gegen die Kundgebung der AfD und im Alltag notwendig.
In der letzten Woche zeigte sich auch in Potsdam, dass der deutsche Staat nicht willens und nicht fähig ist, kurzfristig eine menschenwürdige Unterkunft für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Die erlebte Situation in der Notunterkunft in der Heinrich-Mann-Allee, die vor allem durch die vielen freiwilligen Helfer_innen in geordnete Bahnen gelenkt werden konnte, war vorhersehbar und hätte keine Verwaltung und kein Ministerium überraschen dürfen. Dass es doch so war, ist ein offensichtliches Versagen staatlicher Strukturen.
Wir fordern eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung aller Geflüchteten in Potsdam, Brandenburg und Deutschland.
Kommt am Mittwoch, 23. September 2015 um 7.30 Uhr auf den Alten Markt! Gemeinsam gegen Rassismus und AfD!
Aufruf der Linksjugend [’solid] Brandenburg: hier.
Jahr: 2015
Gegen eine so genannte „Wandermahnwache“ der NPD im Landkreis Havelland protestierten heute dutzende Menschen in Schönwalde-Glien, Brieselang, Wustermark und Nauen. Die neonazistische Partei hatte ihre Versammlungen kurzfristig angemeldet. Jedoch kamen alleine schon in Brieselang ungefähr 200 Menschen zusammen, um die NPD Kundgebung mit einem lauten Pfeifkonzert zu stören. In Wustermark störte eine Einzelperson mit einem mit Boxen beladenen LKW die in der Nähe befindliche Mahnwache der Neonazis derart, dass diese ihren Kundgebungsort aufgaben und sich 200m weiter zurückzogen. An diesem Punkt wurde allerdings gerade für das örtliche Brunnenfest aufgebaut und bei Ankunft der NPDler ebenfalls die Musik aufgedreht. Das gleiche Schicksal ereilte die Partei dann auch in Nauen, als sich der LKW aus Wustermark erneut aufbaute. Bei den Neonazis machte sich zunehmend Frustration breit. Ein Stadtverordneter der Partei aus Halle/Saale griff dabei auch eine Gegendemonstrantin an. Weiterhin gab es aber auch Zwischenfälle einzelner überforderter Polizeibeamte gegen Pressefotografen.
Schönwalde-Glien: Auftakt am Rathaus
Begonnen hatte die Wandermahnwache der NPD übrigens gegen 9.00 Uhr morgens vor dem Rathaus der Gemeinde Schönwalde-Glien. Der Gemeindevertreter Burkhardt Sahner (NPD) war dort mit einem LKW, der mit Parteipropaganda behangen war, vorgefahren und hatte den genauen Kundgebungsort gewählt. Kurze Zeit später stießen dann weitere NPD Anhänger_innen aus dem Havelland, Potsdam-Mittelmark und Oberhavel hinzu, entrollten zwei Banner sowie eine Fahne und lauschten dem Redebeitrag des Kreistagsabgeordneten Michel Müller (NPD). Er hatte allerdings wenig Neues zu berichten. Die NPD steht, so das Resümee seines Redebeitrages, auch nach dem Brandanschlag auf die als Notunterkunft für Flüchtlinge geplante Sporthalle in Nauen, für eine konstante Hetze gegen Asylsuchende. Allerdings blieb die auch in Schönwalde-Glien nicht unbeantwortet. Den 14 Neonazis stellten sich so ungefähr 14 Bürger_innen, darunter Sympathisant_innen der Partei Bündnis 90 / Die Grünen und ein regionales Aktionsbündnis gegen rechts entgegen, zeigten Flagge und pfiffen den Redner aus. Auch ein SPD Sympathisant dem die NPD heuchlerisch ihr Mikrophon angeboten hatte, fand klare Worte gegen Fremdenfeindlichkeit und für die Aufnahme von Flüchtlingen.
Brieselang: Massive Proteste am Bahnhof
Noch deutlicher wurde die Abneigung gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sowie die zentrale Organisation, die derartige Hassideologie transportiert, in Brieselang. Dort erwartete die vierzehnköpfige aus Schönwalde-Glien anreisende NPD Gesandtschaft bereits eine Gegendemonstration mit ungefähr 200 Teilnehmer_innen. Brieselang war der einzige Ort der gesamten Wandermahnwache, den die NPD kurz zuvor, offenbar in Hoffnung auf einen Zustrom von „besorgten“ Bürger_innen, bekannt gegeben hatte. Während einer öffentlichen Gemeindevertreter_innensitzung am vergangenen Mittwoch hatte sich nämlich ein Großteil des Publikums gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in einer größeren Notunterkunft ausgesprochen. Der Zustrom zur NPD Kundgebung blieb dennoch aus. Im Gegenteil, die NPD Anhänger_innen blieben unter sich und ihre beiden Redner Michel Müller und Frank Kittler, letzt genannter ist u.a. Gemeindevertreter der NPD in Brieselang, wurden ausgepfiffen. So blieb den Neonazis nur die Abfahrt zu ihrem nächsten Ziel.
Wustermark: Schlümpfelied vertreibt Neonazis
In Wustermark schien die Partei dann zunächst Ruhe von jeglichen Störer_innen zu haben. In Ruhe wurden drei Neuankömmlinge, ein mit der NPD sympathisierendes Ehepaar aus Potsdam-Mittelmark sowie ein Parteiabgeordneter aus Halle/Saale (Sachsen-Anhalt), begrüßt, mit der Aufstellung zur Mahnwache begonnen und ein Redebeitrag gehalten. Bei dem Redner handelte es sich übrigens abermals um Michel Müller. Ausreden konnte er jedoch nicht. Eine Einzelperson hatte in unmittelbarer Nähe einen Lkw aufgebaut und diesen mit einer sehr lauten Musikanlage versehen. Dann erklärte die Einzelperson, dass sie im Namen der Initiative “Nauen für Menschlichkeit” eine Eilversammlung angemeldet habe und mit der Musik gegen die NPD protestieren wolle. Noch während Müller redete, erklang nun plötzlich das „Lied der Schlümpfe“. Der NPD Redner war anschließend nicht mehr zu verstehen. Entnervt entschloss sich die NPD dann den momentanen Kundgebungsort aufzugeben und ungefähr 200m weiter zu ziehen. Dort ergang es ihr jedoch nicht viel besser. Da sich die NPD in der Nähe des im Aufbau befindlichen „Brunnenfestes“ versammelte und sich dort ebenfalls eine Musikanlage befand, wurde diese offenbar kurzer Hand aktiviert. Müllers eintöniger Redebeitrag kam nun abermals nicht zur Geltung. Nach einem kurzen Zwischenfall mit der Polizei gaben sich die Neonazis dann auch in Wustermark geschlagen und zogen Richtung Nauen von dannen.
Nauen: Angriff auf Gegendemonstrantin
Doch auch in der havelländischen Kleinstadt erwartete die Partei der Protest der regionalen Zivilgesellschaft. Dazu stieß noch der Lkw mit den Musikboxen aus Wustermark. Abermals wurde die Musik aufgedreht. Dies hatte offenbar dann den als cholerisch geltenden Hallenser NPD Abgeordneten Gerhard Pitsch dazu bewogen, den Lautsprecherwagen der Gegendemonstration näher „zu inspizieren“. Mögliche Sabotageakte an dem Fahrzeug wurden jedoch durch umstehende Personen vereitelt. Pitsch wurde dann von zwei NPD Anhänger_innen abgeholt. Dann begaben sich diese in den Rücken der Gegendemonstration. Als die drei nun die Gegendemonstrant_innen passieren wollten, verlor Pitsch die Beherrschung und attackierte eine Frau, die ein Schild mit der Aufschrift „tolerantes Brandenburg“ in der Hand hielt. Erst nach dem ihm seine beiden Mitstreiter und die Polizei weggezogen hatten beruhigt sich die Lage.
Die NPD hatte sich inzwischen in der Berliner Straße Ecke Gartenstraße versammelt und die Spreenhagener NPD Gemeindevertreterin Manuela Kokott, die inzwischen mit mindestens zwei weiteren Gesinnungsgenossen aus dem Landkreis Oder-Spree eingetroffen war, hielt einen Redebeitrag. Ihr folgte abermals Michel Müller. Beide waren allerdings kaum zu verstehen.
Anschließend beendete die NPD ihre Kundgebung und zog, vorbei an der gegen sie protestierenden Zivilgesellschaft, entnervt von dannen.
Überforderte Polizeibeamte begleiteten NPD Kundgebungen
Die Polizei hatte sich übrigens im Vorfeld gegen Protestveranstaltungen zu den Neonaziversammlungen ausgesprochen. Die Bürgermeister der betroffenen Städte und Gemeinden sollen demnach aufgefordert worden sein, nichts gegen die NPD Kundgebungen zu unternehmen. Etwaige Proteste seien lieber zu unterlassen, um den Neonazis dadurch die Aufmerksamkeit zu entziehen. Viele Bürger_innen wollten sich auf diese Logik jedoch nicht einlassen und, im Hinblick auf den jüngsten Brandanschlag in Nauen, heute trotzdem protestierten. Viel zulange seien neonazistische Aktivitäten zuvor schon missachtet worden.
Insofern erwartete die Polizist_innen ein möglicherweise heikler Einsatz. Trotz angespannter Situation war die überwiegende Mehrheit der eingesetzten Beamt_innen den Anforderungen des heutigen, brisanten Dienstes jedoch gewachsen. Es gab allerdings auch einige unrühmliche Zwischenfälle einzelner Polizisten.
In Wustermark näherte sich ein äußerst aggressiver NPD Sympathisant plötzlich einem Fotografen und behauptete in streitsüchtiger Art und Weise dreist, dass dieser seine Kinder fotografiert haben soll. Ein Kollege des Reporters kam hinzu und versuchte deeskalierend zu wirken. Es näherten sich nun weitere NPD Funktionäre und auch die Polizei. Aufgrund einer falschen Bezichtigung eines NPD Abgeordneten aus Rathenow drangsalierten die Beamt_innen nun den Reporter der die Situation ursprünglich deeskalieren wollte. Die Polizisten forderten außerdem einen Einblick in die zuvor angefertigten Fotos. Dabei kam es zu Gewaltandrohungen seitens der Beamten gegenüber dem Fotografen, der sich über die Maßnahmen empörte. Außerdem wurde seine Personalien aufgenommen. Als der Reporter zur allgemeinen Deeskalation den Polizisten schließlich seine zuvor angefertigten Fotos zeigte, waren dort selbstverständlich keine Fotos von irgendwelchen Kindern enthalten. Das Gleiche galt übrigens auch für die Kamera und den Speicherchip des ursprünglich beschuldigten, anderen Reporters. Als die übereifrigen Beamten nun allmählich merkten, dass sie einer dreisten Lüge der NPD Anhänger auf dem Leim gegangen waren, entspannte sich die Situation wieder. Die Neonazis, welche die falschen Behauptungen getätigt hatten, waren da allerdings schon weg, ohne dass deren Personalien festgestellt wurden. Und eine angemessene Entschuldigung für ihr unverschämtes Verhalten gab es seitens der fehlerhaft agierenden Beamten gegenüber den Fotografen natürlich auch nicht.
In Nauen kam es anschließend zu weiteren Zwischenfällen. Ein Beamter schätzte einen Reporter als „Links“ ein und verlangte dessen Verbleib bei der Gegendemonstration. Auch das Vorzeigen eines polizeilich anerkannten Presseausweises beeindruckte ihn nicht. Erst der Einsatzleiter konnte seinem übereifrigen Schützling klarmachen, dass ein sich ordnungsgemäß ausweisender Reporter das Recht hat über alle öffentlichen Versammlungen zu berichten. Der Fotograf durfte dann passieren.
Interessanter Weise waren dann andere Beamt_innen bei Fotografen von NPD Sympathisanten zunächst deutlich kulanter. Eine Bürgerin hatte sich nämlich bei drei Polizist_innen über das Abfilmen von Gegendemonstrant_innen durch Mitglieder des neonazistischen Milieus beschwert. Ihr wurde jedoch entgegnet, dass die Beamt_innen nichts dagegen machen könnten und hier nur die Verhältnismäßigkeit mit Hinblick auf die vermeintlich „linken“ Reporter gewahrt würde. Auch der Hinweis eines daneben stehenden Fotografen, dass die Polizist_innen sich doch wenigstens die Presseausweise der Personen, von denen eine eindeutig als Sympathisant des neonazistischen Milieus zu erkennen war, vorzeigen lassen könnten, wurde zunächst nur entgegnet, dass ein derartiges Dokument für fotografische Zwecke nicht unbedingt notwendig sei. Ein sehr interessanter Aspekt, im Hinblick auf die eingangs erwähnte Situation. Dennoch schienen die Beamt_innen diesmal dem Anfangsverdacht eines unrechtmäßigen Verhaltens nachzugehen und unterbanden die Filmereien der NPD Sympathisant_innen.
Fotos: hier
Am 23. September 2015, möchte der Kreisverband Märkisch Oderland der „Alternative für Deutschland“ um 17:00 Uhr im Bürgerhaus Neuenhagen im Rahmen der „Herbstoffensive 2015“ eine Bürgerveranstaltung mit der Parteivorsitzenden Frauke Petry und Christina Schade (MdL) abhalten. Dies gilt es zu stören!
Was man von der Rednerinnen zu hören bekommen wird, ist klar: Nationalismus und Rassismus. Denn mit der neuen Parteivorsitzenden hat sich die Alternative für Deutschland noch klarer am rechten Rand positioniert. Frauke Petry ist Gründungsmitglied, Sachsenvorsitzende und vertrat jeher den rechten Flügel der Partei. Mitte diesen Jahres löste sie den eher neoliberal geprägten Bernd Lucke ab. Gerade in Sachsen fiel die AfD auf, da die Parteijugend Equipment für rechtsradikale Versammlungen stellte oder sich die Partei mit rassistischen Parolen in den Diskurs um die Aufnahme von Flüchtlingen einbrachte.
Wo früher noch nach rassistischen Entgleisungen von Mitgliedern und Funktionär*Innen umso schneller zurückgerudert wurde, wird sich jetzt offen zu Pegida und den als „asylkritisch“ beschönigten und damit legitimierten rassistischen Ausschreitungen allerorts in Deutschland bekannt. Nicht nur der AfD-Bundesvize Alexander Gauland (MdL Brandenburg) zeigt immer wieder Verständnis für die offen rassistischen Demonstrationen und gewalttätigen Eskalationen. Das Rechtfertigen von Brandstiftung und körperlicher Gewalt gegen Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen ist mittlerweile in der AfD zur Parteiraison geworden. Im Juli sind die neoliberalen Biedermänner um Bernd Lucke von Bord gegangen, übrig geblieben sind die (verbalen) BrandstifterInnen um Frauke Petry, Alexander Gauland, André Poggenburg und Beatrix von Storch.
„Wären die Bürger einbezogen worden und hätten sie das Gefühl, dass nicht nur sie und die Kommunen gefordert werden, sondern auch die Politik auf Bundes- und Landesebene alles tut, um der Situation Herr zu werden, ließen sich Reaktionen wie jetzt in Nauen sicherlich verhindern“ – Alexander Gauland nach dem Brandanschlag auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Nauen
All dies zeigt, dass die „Alternative für Deutschland“ keine Partei ist, die man nur als Wahlalternative für enttäuschte FDP oder CDU Wähler*innen sehen kann. Das Parteiprogramm ist klassistisch, nationalistisch und rassistisch. Es handelt sich um eine Partei der Neuen Rechten, in der eine große Bandbreite von Rechtskonservativen, Mitgliedern der Identitären Beweugung bis hin zu Verschwörungstheoretiker*innen und Rassist*innen aktiv sind.
Wir rufen dazu auf, sich am 23.September 2015 in Neuenhagen gemeinsam gegen die rechtspopulistische und rassistische Hetze der AfD zu stellen. In Zeiten brennender Geflüchtetenwohnheime und der gewalttätigen Übergriffe durch Neonazis und RassistInnen auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, muss der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ klar signalisiert werden, dass sie in der Gesellschaft keinen Rückhalt hat!
Refugees Welcome
23.09.2015 / 17:00 Uhr / Bürgerhaus Neuenhagen / Hauptstr. 2 / 15366 Neuenhagen bei Berlin
INFORIOT Homosexualität gilt in Russland als Tabu-Thema. Per Gesetzt werden LBGTs diskriminiert und entrechtlicht. Mit Inkrafttreten des Gesetzes gegen sogenannte „Homo-Propaganda“ im Juli 2013 werden jegliche positive Äußerungen zu Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder in Medien sowie dem Internet unter Strafe gestellt. Zudem sind LBGT Aktivist_innen täglich gewalttätigen Angriffen ausgesetzt.
Alissa ist LBGT Aktivistin aus St. Petersburg und musste Russland verlassen aufgrund der unzumutbaren Zustände, die es ihr nicht erlaubt haben, sich frei zu entfalten. In der Bundesrepublik beantragt sie nun Asyl und wurde dazu im Frühjahr dieses Jahres der Stadt Brandenburg/Havel zugewiesen. Heute lebt sie in einer Wohnung in einer Nachbarstadt. INFORIOT hat ein Interview mit Alissa geführt.
Alissa, was hat dich dazu bewegt Russland zu verlassen und nach Deutschland zu flüchten?
Alissa: Die Entscheidung wurde gefällt, eine Stunde nachdem ich auf meine Freunde gewartet habe, welche mir geholfen haben meine Sachen zu packen und mich zu verstecken, bis zum Abflug aus St. Petersburg. Ich konnte nicht mehr in Russland bleiben. Meine Sicherheit und die Sicherheit meiner Familie und Freunde war nicht mehr gewährleistet. In meiner Heimatstadt waren überall Plakate mit meinen Foto drauf, auf denen behauptet wurde, ich sei pädophil. Die russischen Massenmedien propagandieren täglich Hass und unterstellen, dass alle Homosexuelle Vergewaltiger_innen und Pädophile seien. Mich haben sie auch dazu gerechnet und stellten mich in der ganzen Stadt bloß. Erst kurz zuvor wurde ich Opfer eines Übergriffes. Ich wurde brutal zusammengeschlagen. Mir wurde zu verstehen gegeben, dass ich umgebracht werde, wenn ich in Russland bleibe. Ich wusste, dass die Polizei mir nicht helfen wird. So habe ich mich zunächst versteckt und bin dann geflohen.
In Deutschland angekommen hast du bereits negative Erfahrungen mit den Behörden machen müssen. Welche Steine haben sie dir in den Weg gelegt?
Alissa: Es waren eher Schwierigkeiten, die mit der Übersetzung zusammenhingen. Die Übersetzerin, welche mir zugewiesen wurde, war mir gegenüber negativ eingestellt, nachdem sie erfahren hat, dass ich lesbisch bin. Sie übersetzte recht wählerisch und manchmal verweigerte sich ganz die Übersetzung. Außerdem erlaubte sie sich ausfallende Kommentare mir gegenüber hinzufügen. Ich weiß von Fällen, bei denen muslimische Übersetzer_innen sich weigern das Wort „gay“ zu übersetzen. Das ist ein großes Problem.
Doch auch in der Sammelunterkunft in Brandenburg/Havel hattest du Probleme mit anderen Asylsuchenden. Schildere uns doch bitte, was dort passiert ist.
Alissa: Ich bekam [in der Sammelunterkunft] Besuch von einer tschetschenischen Frau, da sie auch aus Russland kam und wir beide die selbe Sprache sprechen. Oft verstehen die Menschen nicht, die in den Heimen arbeiten, dass Russland ein multinationaler und multikonfessioneller Staat ist. Sie ist muslimisch, ich bin katholisch. Sie war sicherlich auch nicht davon begeistert über die Nachbarschaft mit dem Mädchen mit den „rasierten Schläfen”. Eines Morgens kamen in mein Zimmer aggressiv gestimmte Muslima und fingen an mich dafür zu beleidigen, dass ich eine Kurzhaarfrisur habe und dass ich keine Röcke und kein Kopftuch tragen würde. Und einige Tage später kam einer der Ehemänner von ihnen, stürzte sich auf mich mit Fäusten und sagte, dass man solche wie mich (Lesben) töten müsse. Nachdem habe ich nicht mehr im Heim gewohnt.
Relativ selten ist in den deutschen Medien etwas zur Situation von LBGT Aktivist*innen aus Russland zuhören, die hier Asyl beantragen. Mit den Organisationen von LBGT-Geflüchteten bist du sehr gut vernetzt. Wie sieht die Situation von russischen LBGT-Geflüchteten in Deutschland aus?
Alissa: Im August bekam eine homosexuelle Familie (Dima und Wanja Tschunusowi) politisches Asyl in Deutschland. Soweit es mir bekannt ist, ist das nämlich der erste Fall eines politischen Asyl. Es gibt einen Fall von sozialem Schutz [bzw. Duldung] auf bestimmte Zeit. Alle anderen Ankömmlinge befinden sich in der Wartezeit auf das Interview [Anm.d.Red: Jede Person, die Asyl beantragt, muss sich einem Interview durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellen, das entscheidend ist für den Fortgang des Asylverfahrens ist]. In der Regel dauert die Wartezeit zwischen einem und zwei Jahren. Mit jedem Jahr bitten immer mehr Familien mit Kindern um Asyl, weil in Russland ein Gesetz geprüft wird, welches erlauben soll, nicht-traditionellen Familien die Kinder wegzunehmen.
Was meinst du, welche konkreten Maßnahmen würden LBGT Menschen das Leben erleichtern, zum Beispiel in den Asylunterkünften?
Alissa: Das größte Problem von LBGT-Geflüchteten besteht darin, dass, auch wenn wir von Diskriminierung und Hass fliehen, uns dieser Hass in den Heimen wieder begegnet. Wir werden geschlagen und beschimpft. Weil alle LGBTs in verschiedene Bundesländer verteilt werden und es keine Möglichkeit gibt sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Ich bin überzeugt, dass LBGT-Geflüchtete zusammenleben sollten — in eigenständigen Heimen. Und ich meine nicht nur die russischsprachigen LBGT-Geflüchteten. Genauso gibt es ein Problem im Umgang mit den Sozialarbeiter_innen, oft wissen sie nicht über die Probleme von LBGTs in Russland und verstehen nicht die Fluchtgründe.
Was würdest du dir für deine eigene Situation und die Situation anderer LBGT-Geflüchteter wünschen?
Alissa: Oh! Hm…ich finde, dass ich sehr großes Glück hatte heute hier zu sein. Ich habe erstaunliche Menschen getroffen, welche mir sehr viel helfen und wofür ich sehr dankbar bin! In der letzten Zeit bin ich meine Angst losgeworden! Ich fühle mich glücklich und frei! Ich lerne Deutsch und plane eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ich wünsche mir, mich schnell einzufinden und ein geschätztes Mitglied der deutschen Gesellschaft zu werden. Ich möchte in Deutschland bleiben und den anderen Geflüchteten helfen, diese schwierige erste Etappe zu meistern. Dies wünsche ich auch den anderen Geflüchteten. Aus der Schale schlüpfen und ein erfülltes Leben anfangen. Und keine Angst haben! Nie wieder Angst haben!
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview wurde schriftlich in russischer Sprache geführt und ins Deutsche übersetzt.
Veranstaltungshinweis: Am 22. September findet um 19 Uhr im Bürgerhaus in der Altstadt (Bäckerstraße 14) in Brandenburg/Havel eine Informationsveranstaltung zum Thema LGBTI (Lesben, Schwule, Bi‑, Trans- und Intersexuelle) und speziell LGBTI-Geflüchteten statt. Mehr Infos: hier.

Während in der gestrigen Brieselanger Gemeindevertreter_innenversammlung Uneinigkeit hinsichtlich der Flüchtlingsunterbringung herrschte und „besorgte“ Anwohner_innen Stimmung gegen eine geplante Notunterkunft im Ort machten, nutzte die Nauener Zivilgesellschaft den „Kinosommer“ der Initiative „Schöner Leben ohne Nazis“ im 10km entfernten Leonardo Da Vinci Campus in Nauen, um sich im Rahmen einer Diskussion zu präsentieren und Anregungen sowie Mitstreiter_innen für eine Willkommenskultur in der Stadt zu gewinnen.
Willkommen in Nauen?
Da auch nach dem verheerenden Brandanschlag auf die als Notunterkunft gedachte Sporthalle in Nauen an einer Unterbringung von Flüchtlingen in der havelländischen Kleinstadt festgehalten wird, scheint ein zivilgesellschaftlicher Organisationskreis, der die vor Krieg und Verfolgung geflüchteten Menschen ehrenamtlich betreut, hilft Vorurteile abzubauen und so zu einer gelungenen Integration beiträgt, dringend notwendig zu sein.
In Nauen bietet bereits die Initiative „Nauen für Menschlichkeit“ Ansätze für eine eventuelle Willkommenskultur in der Stadt. Doch noch weitere Menschen sollen in die ehrenamtliche Arbeit miteinbezogen werden.
Eine gute Gelegenheit, um ins Gespräch zu kommen, bot deshalb gestern der Leonardo da Vinci Campus in Nauen. Die Privatschule veranstaltete gemeinsam mit der Initiative „Schöner Leben ohne Nazis“ eine Filmvorführung mit Diskussion. In dem präsentierten Film „Can´t be silent“ ging es um Flüchtlinge, die zunächst ohnmächtig und desillusioniert ihr Leben in deutschen Asylbewerber__innenheimen fristeten, später aber von einem Musiker entdeckt wurden und durch die Mitwirkung in dessen Band „Strom und Wasser feat. The Refugees“ zu neuem Lebensmut zurückfanden.
Ermutigen und nicht ausgrenzen könnte auch das Motto einer Willkommensinitiative im Ort sein, deren Gründung bzw. Erweiterung und letztendlich auch Dauerhaftigkeit Hintergrund einer der Filmvorführung voran gestellten Diskussion war. Vor ungefähr 100 Schüler_innen der beiden Nauener Gymnasien wurde in diesem Rahmen, zwischen Vertreter_innen der Zivilgesellschaft, dem Bürgermeister sowie einem Staatssekretär des Brandenburger Bildungsministeriums, locker debattiert. Fest mit in die Debatte eingeplant waren übrigens auch Flüchtlinge aus der geplanten Notunterkunft. Dies wurde jedoch durch den heimtückischen Brandanschlag vereitelt.
Der Anschlag war auch gleichzeitig der Einstieg in die Debatte. Bürgermeister Detlef Fleischmann verurteilte abermals den Anschlag als Verbrechen und bekräftigte, dass er auch weiterhin für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt eintrete. Dieser Entschluss wurde auch von Dr. Irene Petrovic-Wettstädt, Leiterin des Leonardo da Vinci Campus geteilt, die sich sofort bereit erklärte Flüchtlinge auf dem Gelände ihrer Schule unterzubringen. Tatsächlich sollen im Oktober oder November 2015 geflüchtete Menschen nach Nauen kommen. Sie sollen bis zur Fertigstellung einer geeigneten, festen Unterkunft allerdings in einer temporären Traglufthalle untergebracht werden.
Doch wie dann weiter? Auch darüber wurden sich gestern Gedanken gemacht. Staatssekretär Dr. Thomas Drescher bekräftigte beispielsweise, dass für Bildungszwecke durchaus genug Geld bereitstehe, alleine das Personal fehle. So wandte er sich auch perspektivisch an die Schüler und riet ihnen sich für ein Lehramtsstudium zu entscheiden, da hier ein Fachkräftemangel herrsche. Auch könnten ausreichend ausgebildete Flüchtlinge bei Interesse bereits jetzt zur Betreuung einzelner Schulkurse herangezogen werden, so Drescher.
Neben der schulischen Integration scheint jedoch auch eine Eingliederung der geflüchteten Menschen in das alltägliche Leben der Stadt Nauen unbedingt notwendig. Diesbezüglich wurde in der Diskussion auch das Problem des weit verbreiteten Alltagsrassismus angeschnitten. Hier gäbe es einen erheblichen Nachholebedarf, sich zu einer weltoffenen Stadt zu entwickeln. Aber die Ansätze zur Überwindung von Rassismus und Vorurteilen seien da und Konzepte ebenso. Aus Falkensee berichtete beispielsweise die Initiative „Jugend für Asyl“ von ihren Aktivitäten zur Unterstützung von Flüchtlingen. Darüber hinaus warb die „Humanistische Flüchtlingshilfe“ für Partnerschaften zwischen künftigen Neu-Nauenern und Alt-Nauern.
Allerdings hat Nauen anscheinend nach wie vor ein Problem mit seinem Ruf, der mitunter auch dazu beiträgt, das viele junge und weltoffene Menschen eher nach Berlin als vor Ort zu bleiben. Hier gilt es offenbar noch einiges zu investieren. Denn, wie ein Flüchtling aus dem Publikum richtig resümierte: „es ist an den Nauern, selbst ihr Bild zu ändern“.
Damit endete die Diskussion und ging in den lockeren Teil über. Dabei wurden zunächst drei Liegestühle der Initiative „Schöner leben ohne Nazis“ für insgesamt 330,00 € versteigert. Der Erlös soll der Flüchtlingshilfe zu Gute kommen. Anschließend folgte dann der Filmbeitrag und eine kurze Livedarbietung durch Hip Hop Acts.
Nicht willkommen in Brieselang?
Während in Nauen also erste Ansätze für eine offene Stadt und erste Projektvorstellungen für die Flüchtlingsarbeit konzipiert sind, scheint die Diskussion in Brieselang noch weit davon entfernt. Hier hatte die Gemeinde ebenfalls gestern zu einer öffentlichen Sitzung der Brieselanger Abgeordneten eingeladen. Dabei sollte über die Einrichtung einer Notunterkunft in einer Schulsporthalle debattiert werden. Auch die Einwohner_innen der Gemeinde waren eingeladen, sich in der Bürger_innenfragerunde zum Stand des Projektes zu erkundigen.
Doch schon in den ersten Minuten zeigte sich, dass Brieselang, doch nicht so offen ist, wie es gerne vorgibt zu sein. Als erstes ließ Bürgermeister Wilhelm Garn (CDU) die Pressefreiheit einschränken, in dem er das Anfertigen von Aufnahmen der explizit öffentlichen Sitzung untersagen ließ. Dies ist zwar nach § 36 (3), BbgKVerf zulässig, aber nur wenn dies durch die Geschäftsordnung der Gemeinde geregelt ist oder dazu alle Abgeordneten befragt wurden. Eine solche Abstimmung fand gestern jedoch nicht statt. Ebenso wenig findet sich in der aktuellen Geschäftsordnung der Gemeinde eine Untersagung von Bild- und Tonmitschnitten. Die Einschränkung der Pressefreiheit war somit willkürlich.
Doch dies war nur der kleine Auftakt einer für die Gemeinde blamablen Veranstaltung. Denn anstatt gleich über die notwendigen Schritte für die Organisierung des Lebens der künftigen Gemeindemitglieder zu beraten, bekriegten sich die Abgeordneten zunächst gegenseitig. Ralf Reimann von der „Initiative für Bürgerinteresse und Bürgerinbeteiligung“ (IBB) stellte nämlich in den ersten Minuten die gestrige Sitzung ansich in Frage, da die Dringlichkeit mit der diese begründet wurde, durch die Ablehnung der besagten Schulsporthalle als Notunterkunft, durch den Landkreis, nicht mit mehr gewährleistet war. Der Bürgermeister und mehrere anderen Fraktionen wollten jedoch weiterhin an der Sitzung festhalten, da bereits ein anderes Grundstück für eine temporäre Gemeinschaftsunterkunft in Frage käme und die Gemeinde auf jeden Fall Flüchtlinge aufnehme wolle. Der Abgeordnete Reimann wurde schließlich überstimmt. Allerdings gab dieser sich nicht so einfach geschlagen und unterstellte dem Bürgermeister, der an diesem Abend immer wieder seine Bereitschaft zur Flüchtlingsaufnahme signalisierte, nicht wirklich ein ernsthaftes Angebot zur Unterbringung der Flüchtlinge abgegeben zu haben. Die von der Gemeinde ins Spiel gebrachte Schulsporthalle sei, gemäß Reimann, dessen Fraktion übrigens nicht unbedingt für die Aufnahme von Flüchtlingen steht, bereits mit dem Wissen ihrer Uneignung angeboten worden. Das Angebot einer Notunterkunft also eine reine Propaganda-Aktion? Der Bürgermeister verwahrte sich zwar dagegen, konnte aber die Vorwürfe auch nicht wirklich entkräften. Seiner Ansicht nach, bezog sich die bekannte Uneignung lediglich auf den Sportfußboden, der durch geeignete Maßnahmen hätte allerdings geschützt werden können. Abgelehnt wurde die Halle vom Landkreis jedoch u.a. wegen einer mangelnden Lüftung und mangelnden Brandschutzes. Eine Blamage für Brieselang, wie ein Bürger dazu treffend bemerkte. Er war während der anschließenden Bürger_fragestunde übrigens auch der einzige Mensch aus dem Publikum, der sich ohne erkennbare Vorbehalte für die Aufnahme von Flüchtlingen aussprach. Die Willkommens-AG, die sich in Brieselang gebildet haben soll, war bis auf die sich dazu bekennenden Abgeordneten jedoch nicht vertreten oder meldete sich nicht zu Wort. Stattdessen herrschte eine überwiegende Ablehnung im Saal, zwar nicht gegen Flüchtlinge im Allgemeinen, wie gerne betont wurde, jedoch gegen deren etwaige „Massenunterbringung“. Der Landkreis Havelland plant nämlich zurzeit, mangels Möglichkeiten eines fertigen Gebäudes die Notunterbringung von 300 geflüchteten Menschen in einer temporären, 2.000m² großen Traglufthalle. So gut wie alle Bürger_innen, die in der Fragerunde zu Wort kamen sprachen sich gegen diese Lösung aus. Ein Jurist drohte sogar mit einer Anwohner_inneninitiative und Klagen dagegen. Ihm applaudierten Dreiviertel des Publikums. Vehement wurde zudem statt der „Massenunterbringung“ eine Belegung in kleineren Einheiten gefordert. Eine an sich vertretbare Lösung, wenn, wie Falkensee Zeit und entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Doch in Anbetracht der derzeitigen Situation, in der schnell entschieden und schnell gehandelt werden muss, absolut realitätsfern. Eine Unterbringung in einer Halle sei zudem immer noch besser, als eine Übernachtung auf dem freien Feld, so Michael Koch (CDU), gegenüber den besorgten Anwohner_innen. Deren Sorgen schienen sich aber tatsächlich weniger um die humanitäre Hilfe für Flüchtlinge zu drehen, als denn um ihr eigenes Wohl. Eine Frau brachte es schließlich wieder auf den Punkt. Sie habe Angst vor den Flüchtlingen, vor angeblich zu erwartenden Konflikten und todbringenden Krankheiten. Ein anderer sah seine Ruhe durch etwaige „Emissionsbelastung“ (Lärm) gefährdet. Und überhaupt wurde sich viel selbstbemitleidet. Auch in den Reihen der Abgeordneten, welche die Verantwortung für die Errichtung der Massenunterkunft dem Landkreis zuschoben. Doch auch hier protestierte die IBB. Diesmal ergriff die Abgeordnete Michaela Belter das Wort. Sie rief die Entscheidungsträger_innen dazu auf, beim Landkreis oder anderen übergeordneten Stellen grundsätzlich gegen die Unterbringung zu stimmen. Die meisten Flüchtlinge in der Bundesrepublik hätten, so die Meinung von Frau Belter, ohnehin kein Bleiberecht. Dem brauchte Frank Kittler, einziger NPD Abgeordneter in der Runde, nicht mehr viel hinzufügen. Er bekräftigte, dass er bereits die Entscheidung für die Einrichtung einer Notunterkunft in der Schulsporthalle für bedenklich hielt und erntete dafür Applaus. Kein gutes Omen für ein weltoffenes Brieselang.
Fotos: hier
Seit Sonntag war bekannt, dass mehrere hundert Geflüchtete in Potsdam in der Heinrich-Mann-Allee ankommen werden. Seitdem sind Freiwillige zusammen mit dem DRK dabei, alles Notwendige zu organisieren. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln, der Aufbau der Schlafstätten, sowie die Begrüßung der Geflüchteten und die Organisation der Spenden. Die Möglichkeit Menschen aufzunehmen und die Herstellung der Arbeitsfähigkeit der neuen Unterkunft war nur durch das ehrenamtliche Engagement möglich.
Damit übernehmen ehrenamtliche Helfer*innen klassische Katastrophenschutzaufgaben, es muss von Staatsversagen gesprochen werde.
Die hier innerhalb weniger Tage geschaffenen ehrenamtlichen Strukturen lernen schnell mit der Situation umzugehen. Aber der Zustand, dies im nahezu ausschließlich im Ehrenamt zu organisieren ist auf Dauer nicht haltbar. Es bedarf eines verstärkten Engagement Seitens des Landes und der Stadt Potsdam. Sinnvoll wäre, die geschaffenen Strukturen hauptamtlich zu unterstützen, um den Geflüchteten zumindest einen Hauch von Kontinuität und Alltag zu bieten zu
können.
Was tun die staatlichen Stellen in dieser Zeit? Sie planen, völlig an der Realität vorbei, die Zweig-Erst-Aufnahmestelle in Potsdam zu schließen. Die hier willkommen geheißenen Geflüchteten sollen nach Eisenhüttenstadt in die Erst-Aufnahmestelle verlegt werden. Das ist nicht nur auf kafkaesker Ebene absurd, sondern eine absolute Zumutung für die Menschen, die hier zum ersten Mal seit Tagen oder Wochen Ruhe finden können. Dem Ministerium geht es einzig und allein darum Dinge zu verwalten, ob es sich dabei um Gehälter, Etats oder Menschen geht, spielt dabei offenkundig keine Rolle.
Wir möchten den hier Zuflucht suchenden Menschen auch weiterhin eine größtmögliche Kontinuität bieten, wir möchten, dass sie in Deutschland ankommen und endlich einmal durchatmen können.
Dafür fordern wir, dass die Geflüchteten hier in Potsdam bleiben können, bevor sie auf die brandenburgischen Kommunen und Städte verteilt werden! Dazu sagt Lea Michalski die als Freiwillige vor Ort ist: “Wenn weder das BAMF noch das Bundesinnenministerium gewährleisten können und wollen, dass mit den Geflüchteten menschenwürdig umgegangen wird, werden wir dafür Sorge tragen, das die Menschen die hier Zuflucht gesucht haben hier zunächst bleiben können”
Pressemitteilung der Linken Struktur Potsdams
unterstützt u.a. durch: Spartacus Potsdam, antifaschistische linke Potsdam, ak_antifa_potsdam, Zusammenschluss der linken Wohnprojekte in Potsdam, Filmstadtinferno 99
Wie wir heute im Laufe des Tages erfahren haben, plant das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) zusammen mit dem brandenburgischen Innenministerium die in Potsdam angekommenen Geflüchteten in die Erstaufnahmestelle nach Eisenhüttenstadt zu verbringen. Die Menschen, die hier Zuflucht suchen und erstmalig seit Tagen, Wochen oder Monaten durchatmen können, sollen eine erneute Reise auf sich nehmen, um sich in Eisenhüttenstadt registrieren zu lassen und dort auf ihre spätere Verteilung auf Landkreise zu warten. Sie sollen dann mehrere Tage oder gar Wochen dort verbringen, um diese bürokratische Prozedur abzuschließen.
Zu diesem unnötigen technokratischen Verfahren sagen wir ganz klar “Nein!” Und wir werden diesem Nein auch Taten folgen lassen. Wir werden nicht zulassen, dass schwerst traumatisierte Menschen einmal mehr unnötig hin und her geschickt werden. Wir fordern das BAMF auf, die Registrierung in Potsdam umgehend zu ermöglichen und warnen den Brandenburger Innenminister Schröter: Wir werden uns allen staatlichen Maßnahmen entgegenstellen, die sich gegen unsere Forderung richten.
Zur Zeit übernehmen und tragen wir klar sozialstaatliche Aufgaben. Die Unterkunft in der Heinrich-Mann-Allee funktioniert und bietet aufgrund unseres Engagements eine Herberge für mehr als 250 Personen. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen, dass die von staatlicher Seite als notwendig erachtete Registrierung der Flüchtlinge in Potsdam erfolgt.
Unsere Strukturen sind zur Zeit bestens aufgestellt und schnell mobilisierbar. Wir warnen hiermit alle zuständigen Stellen uns herauszufordern!
Heute, am Montag den 14.September, werden mehrere hundert Gefluechtete zur Erstaufnahme in Potsdam ankommen und im ehemaligen Ministerium in der Heinrich-Mann-Allee/Ecke Horstweg untergebracht. Um die Gefluechteten in Empfang zu nehmen und ehrenamtlich Hilfe als Unterstuetzung staatlicher Strukturen zu organisieren, haben sich heute morgen ca. 150 Unterstuetzer*innen getroffen. Neben einem großen Plenum haben sich Arbeitsgruppen (u.a. Sprachunterstützung, Spendenkoordination, Kinderbetreuung) zusammengefunden, die auch hoffentlich für die nächste Zeit arbeitsfähig sind und werden.
Aktuelle Informationen:
WO? Heinrich-Mann-Allee 103; Zugang über Horstweg http://osm.org/go/0MY19uJIQ–?m=
WANN? AB JETZT (Montag, 14.09. 12 Uhr)
WAS? Tatkraeftige Hilfe bei der Herrichtung der Notunterkunft (Putzen, Betten aufbauen, etc.)
1. Direkte ehrenamtliche Hilfe vor Ort erfolgt in Zusammenarbeit mit dem DRK. Weitere interessierte Helfer*innen melden sich heute bitte vor Ort am alten Ministerium oder unter refugeesinpotsdam@freiland-potsdam.deFür direkte Helfer*innen: Bitte beachtet eine aktuelle Impfimmunisierung.
2. Sprachunterstuetzung: Es werden weiterhin Personen mit folgenden Sprachkenntnissen gesucht: Arabisch, Franzoesisch, Dari, Farsi
3. Geldspenden können über ein Spendenkonto des FreiLand getätigt werden. Die Informationen dazu findet ihr unten.
4. Der Bedarf an Sachspenden wird in Kooperation mit dem DRK organisert. Bitte nicht unaufgefordert spenden. Der Bedarf wird zeitnah auf refugeesinpdm.tumblr.com und per twitter @inpdm bekannt gegeben. Die Koordination von Sachspenden wird zeitnah bekannt gegeben.
5. Informiert euch! Wir versuchen Informationen so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Kommunikationsstrukturen entstehen zurzeit.
6. Wir sehen uns als praktische Helfer*innen. Uns genügt Symbolpolitik mit Luftballons am Bahnhof nicht. Wir möchten, dass die Menschen, die heute oder in den nächsten Tagen hier ankommen nicht verwaltet, sondern menschenwürdig aufgenommen werden.
Kontakt:
E‑Mail: refugeesinpdm@freiland-potsdam.de
Website: refugeesinpdm.tumblr.com
twitter: @inpdm
Mobil: 01573 66 77 936
Bitte überlegt ob eure Wort-/Schriftbeiträge konkret sachdienlich sind. Bitte seht von unkoordinierten Spenden ab. Unsere Kommunikationsstruktur ist gerade erst im entstehen, aber wir versuchen so schnell wie möglich auf Kontaktaufnahme zu reagieren.
Daten für das Spendenkonto:
Kontoinhaberin: CULTUS UG
Kontonummer: 1000 8649 83
Bankleitzahl: 160 500 00
IBAN: DE54160500001000864983
Überweisungszweck: Spende Refugees in Potsdam

Am gestrigen Abend kam es im Stadtgebiet von Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) zu mehreren Übergriffen auf Jugendliche sowie auf das linksalternative Jugendwohnprojekt Mittendrin. Wenig später konnte die Polizei mehrere Tatverdächtige stellen. Die mutmaßlichen Täter_innen sollen dem neonazistischen Milieu in Wittstock/Dosse angehören.
Angriff aufs Mittendrin
Gemäß eines Presseberichtes auf der Internetseite des Mittendrin sollen am gestrigen Abend „vier bis fünf Neonazis“ das JWP angegriffen haben. „Mehrere Fensterscheiben“ sollen dabei zerschlagen und „Anwohner_innen bedroht“ worden sein. Ein Vertreter des Mittendrin bestätigte den Vorfall gegenüber Presseservice Rathenow. Es seien Gegenstände auf das Gebäude geworfen und nach Einlass verlangt worden. Als dieser nicht gewährt wurde, haben die Täter_innen begonnen Fensterscheiben einzuschlagen. Direkt erkannt worden sei niemand. Die Täter_innen sollen aber teilweise schwarz gekleidet und vermummt gewesen sein. Einer soll ein Kleidungsstück der neonazistischen Szene getragen haben. Nach dem Einwurf der Fensterscheiben seien die Täter_innen mit einem PKW Nissan geflüchtet.
Polizei ermittelt Tatverdächtige
Die Polizei hat inzwischen ebenfalls den Angriff auf das Mittendrin bestätigt. Sie ermittelt zu dem in drei Fällen von Körperverletzungen gegen Jugendliche. Eine 15 Jährige, eine 16 Jährige und später noch ein 18 Jähriger sollen im Bereich des Ruppiner Einkaufszentrums (REIZ) ebenfalls von vier bis fünf Täter_innen angegriffen worden sein.
Wenig später stellte die Polizei einen PKW Nissan mit Wittstocker Kfz-Kennzeichen. Dabei soll das verdächtige Auto im Bereich des REIZ rückwärts gegen einen Streifenwagen gefahren sein. Die Insassen des Nissans seien daraufhin geflüchtet. Bei dem Streifenwagen entstand ein Sachschaden von 2.500,00 €. Der 34 jährige, betrunkene Fahrer wurde von den Beamt_innen festgehalten. Ein Atemalkoholtest soll einen Promillewert von 2,05 ergeben haben, zu dem war der Tatverdächtige ohne Führerschein unterwegs. Aufgrund der Personenbeschreibung steht er, laut Polizei, in Verdacht an allen Taten beteiligt gewesen zu sein.
Im Rahmen der polizeiliche Nahbereichsfahndung seien zu dem drei weitere Männer, 34, 27 und 20 Jahre alt, festgestellt und vorübergehend in Gewahrsam genommen worden.
Angriffe und Provokationen auch in anderen Städten
Am Samstag waren auch in anderen Städten Angriffe auf Treffpunkte von Linksalternativen und Flüchtlingen festgestellt worden. In Berlin sollen, laut Polizeiticker, am frühen Morgen 40 Neonazis durch die linksalternativ geprägte Rigaer Straße in Friedrichshain gezogen sein und Parolen skandiert haben. Anschließend sei es zu handfesten Auseinandersetzungen mit einer „anderen Gruppe“ gekommen. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruch.
Nach der Beendigung von Kundgebungen der NPD provozierten in Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark) mehrere Neonazis an einem örtlichen Treff von Flüchtlingen sowie der lokalen Zivilgesellschaft.
Ob die neonazistischen Aktionen in verschiedenen Städten mit dem Verbot des so genannten „Tag der deutschen Patrioten“ in Hamburg zusammenhängt, ist zurzeit noch unklar. Der für den gestrigen Samstag angekündigte Marsch von Neonazis durch die Hansestadt war kurzfristig durch das Bundesverfassungsgericht verboten worden. Als Hooligans und Neonazis trotzdem anreisten, kam es am Hamburger Hauptbahnhof zu einzelnen Auseinandersetzungen.
Fotos: hier
Am Samstag Abend, den 12.09.2015 gegen 21:45 Uhr, wurde unser linksalternatives Wohnprojekt MittenDrin e.V. von vier bis fünf Neonazis angegriffen. Hierbei wurden mehrere Fensterscheiben
zerschlagen und Anwohner*innen bedroht. Kurze Zeit später flüchteten diese zu ihrem 100 Meter entfernten Auto und fuhren mit einem silbernen, vermutlich Nissan Primera, weg. Es war ein gezielter Angriff, eventuell als Reaktion auf die verbotene und deutlich misslungende Neonazi Demo “Tag der Idiot..äh Patrioten” in Hamburg.
Kurze Zeit später wurden linke Jugendliche von einer weiteren Gruppe Neonazis am Einkaufszentrum Reiz beleidigt und zusammengeschlagen. Hierbei wurden mehrere Personen verletzt und eine Person musste ins Krankenhaus um dort ambulant behandelt zu werden.
Dies sind keine Einzelfälle. So zog heute Morgen eine Gruppe gewaltbereiter Neonazis in Berlin vom Frankfurter Tor durch die Rigaer Straße, wo diese auf eine Gruppe aus der linken Szene trafen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gingen die Beteiligten mit Flaschen und Holzlatten aufeinander los. Auch dort gab es Verletzte. Mehr Infos: hier.
Haltet die Augen offen und schützt euch und die Projekte!
Wir werden Angriffe solcher Art weder schweigend hinnehmen, noch lassen wir uns durch Neonazis einschüchtern! Eher bestärken Sie uns in dem Engagement gegen Neonazi-Aktivitäten!
f i g h t a l l f a s c i s t s !
+++Wir bitten um Wachsamkeit und Unterstützung aus der Bevölkerung, um weitere Angriffe zu verhindern. Wer Hinweise geben kann, meldet sich bitte unter info@jwp-mittendrin.de.+++