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Opferberatungsstellen befürchten weitere rassistische und rechte Angriffe

Wir brauchen jet­zt endlich dauer­hafte gesellschaftliche und poli­tis­che Sol­i­dar­ität mit Opfern ras­sis­tis­ch­er, rechter und anti­semi­tis­ch­er Gewalt. Leug­nen, Ver­harm­losen und Kleinre­den stärkt hinge­gen die Täter*innen.“
Die unab­hängi­gen Beratungsstellen für Opfer rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt verze­ich­nen derzeit ein besorgnis­er­re­gen­des Aus­maß poli­tisch rechts, ras­sis­tisch und anti­semi­tisch motiviert­er Gewalt. Dies gilt nicht nur für Chem­nitz und Sach­sen, son­dern auch bun­desweit. „Seit Beginn der ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen durch Pro Chem­nitz, PEGIDA, AfD und organ­isierte Neon­azis, die den gewalt­samen Tod des 35-jähri­gen Daniel H. in Chem­nitz instru­men­tal­isieren, fühlen sich organ­isierte Rassist*innen und Neon­azis über­all in Deutsch­land ermutigt“, warnt Robert Kusche vom Vor­stand des Ver­bands der Opfer­ber­atungsstellen (VBRG). „Für die Ange­grif­f­e­nen – ins­beson­dere Migrant*innen, Geflüchtete, Schwarze Deutsche und Men­schen, die sich gegen Neon­azis­mus und für Geflüchtete engagieren – ist es ein weit­er­er Schlag ins Gesicht, wenn rechte Gewalt und ras­sis­tis­che Het­z­jag­den durch poli­tisch Ver­ant­wortliche geleugnet wer­den. „Damit wer­den die Täter*innen gestärkt und den Opfern wird sig­nal­isiert, dass ihre Erfahrun­gen, ihre Angst und ihre Ver­let­zun­gen nicht rel­e­vant sind,“ kri­tisiert Robert Kusche. „Wir brauchen drin­gend klare Sig­nale poli­tis­ch­er Sol­i­dar­ität für die Opfer rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt. Leug­nen, Ver­harm­losen und Kleinre­den stärkt hinge­gen die Täter und ihre Sympathisant*innen“, betont Robert Kusche.
Die RAA Opfer­ber­atung Sach­sen hat alleine seit dem 26. August 2018 ins­ge­samt 24 Kör­per­ver­let­zun­gen und 11 Fälle von Nötigung/Bedrohung in Chem­nitz reg­istri­ert, die sich gegen Migrant*innen, Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen richteten.[1] „Wir erfahren täglich von weit­eren recht­en Gewalt­tat­en in Chem­nitz. Bestürzt hat uns, dass ver­mummte Angreifer am Mon­tag, den 3.9. auch den Inhab­er des jüdis­chen Restau­rants „Shalom“ in Chem­nitz ver­let­zt und dabei „Juden­schwein, ver­schwinde aus Deutsch­land“ gerufen haben“, sagt Andrea Hübler von der RAA Sach­sen. „Wir befürcht­en, dass dem für den morgi­gen Fre­itag, den 7.9.2018 angekündigten Auf­marsch von Pro Chemnitz[2] weit­ere Angriffe fol­gen werden.“
Organ­isierte Rassist*innen und Neon­azis begreifen die Parole „holen wir uns unser Land zurück“, mit der am Son­ntag, den 26. August 2018 für die ras­sis­tis­che Het­z­jagd in Chem­nitz mobil­isiert wurde, die unzure­ichende Strafver­fol­gung und die nach­fol­gen­den Mobil­isierun­gen in Chem­nitz als Auf­forderung, in Sach­sen und bun­desweit zuzuschlagen.
Bun­desweite Nachahmungstaten
Beispiel­haft zeigt sich dies anhand der nach­fol­gen­den Fälle: In München (BY) ver­sam­melte sich spätabends am 25./26. August 2018 im Stadt­bezirk Bogen­hausen eine 30-köp­fige Gruppe bun­desweit aktiv­er IB-Kad­er, um „Heil Hitler“ und andere NS-Parolen brül­lend Pas­san­ten anzupö­beln und an Tre­ff­punk­ten poli­tis­ch­er Geg­n­er NS-Parolen zu hinterlassen.[3] Schon am 23. August 2018 hat­ten in Berg am Laim zwei Män­ner an ein­er roten Ampel unver­mit­telt die Tür eines Autos mit drei jun­gen Migranten aufgeris­sen, den Fahrer getreten und geschla­gen und dabei ras­sis­tis­che Parolen gerufen.[4] In Alte­na (NRW) wurde am 29. August 2018 ein 17-jähriger Syr­er kurz vor Mit­ter­nacht auf der Straße ras­sis­tisch belei­digt und von drei Män­nern ange­grif­f­en, die ihn u.a. im Gesicht verletzten.[5] In Wis­mar (MV) wurde am späten Abend des 29. August ein 20-jähriger Flüchtling aus Syrien durch drei extrem rechte Angreifer in einem Park gezielt mit Schla­grin­gen ins Gesicht und auf den Oberkör­p­er geschla­gen und ras­sis­tisch beschimpft.[6] In Son­der­shausen (TH) wurde am 29. August 2018 ein 33-jähriger Eritreer von vier Män­nern, die der recht­en Szene ange­hören, schw­er verletzt.[7] Am Abend des 30. August 2018 hat­te ein Asyl­suchen­der aus Eritrea drei Ein­schus­s­löch­er in den Fen­stern sein­er Woh­nung in ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Dres­den-Gor­b­itz festgestellt.[8] Am Abend des 1. Sep­tem­ber wurde in Essen-Bor­beck (NRW) ein Mit­glied des Essen­er Inte­gra­tions­beirats vor ein­er Pizze­ria ange­grif­f­en, auch ein afghanis­ch­er Flüchtling, der dem Betrof­fe­nen zu Hil­fe, wurde von den Angreifern geschlagen.[9] In Brandenburg/Havel (BB) belei­digte am 29. August ein 36-Jähriger seinen 19-jähri­gen Nach­barn eritreis­ch­er Herkun­ft mit den Worten „Du bist ein Aus­län­der, du hast hier nichts zu suchen“, bedro­hte ihn mit einem Mess­er und ver­fol­gte ihn anschließend auf offen­er Straße.[10] Am Abend des 2. Sep­tem­ber 2018 ver­sucht­en sich in ein­er Kle­in­stadt bei Leipzig zwei mask­ierte Män­ner ras­sis­tis­che Parolen grölend gewalt­sam Zutritt zu der Woh­nung eines pak­istanis­chen Men­schen­recht­sak­tivis­ten zu ver­schaf­fen. Weil sie damit scheit­erten, zogen die Angreifer zum Klein­garten der pak­istanis­chen Fam­i­lie weit­er und schlu­gen dort auf deren Pkw ein. Im Juli 2018 hat­ten Neon­azis dem Men­schen­recht­sak­tivis­ten bei einem ras­sis­tis­chen Angriff bei­de Hände gebrochen.[11] Am Abend des 3. Sep­tem­ber griff an der S‑Bahnstation in Ros­tock-Mariene­he (MV) ein ca. 45-jähriger Mann drei Studierende aus Aser­baid­schan mit einem Knüp­pel an, brüllte ras­sis­tis­che Parolen und ver­let­zte einen der Studenten.[12]
In Wis­mar hat­te Bürg­er­meis­ter Thomas Bey­er (SPD) den Angriff auf den 20-jähri­gen Syr­er als Aus­druck ein­er „Pogrom­stim­mung“ beze­ich­net und eine zivilge­sellschaftliche Mah­nwache für friedlich­es Zusam­men­leben aus­drück­lich begrüßt. „Die klaren Worte von Angela Merkel und Regierungssprech­er Stef­fen Seib­ert und das Beispiel von Wis­mar zeigen, dass poli­tisch Ver­ant­wortliche Hand­lungsspiel­räume haben: Sie kön­nen sich auf die Seite der Ange­grif­f­en stellen und rechte Gewalt verurteilen und damit wichtige Sig­nale set­zen“, sagt Robert Kusche. „Deshalb begrüßen wir auch aus­drück­lich, dass sich Bun­des­fam­i­lien­min­is­terin Franziska Gif­fey für ein Demokratieförderungs­ge­setz auf Bun­de­sebene ein­set­zt“. Der Ver­band hoffe, dass dann auch die Angriffe auf wichtige Träger von Opfer­ber­atungsstellen wie beispiel­sweise in Sach­sen-Anhalt durch die dor­tige AfD-Land­tags­frak­tion und Teile der CDU ins Leere laufen.
 
 
1 Details zu den Angrif­f­en in: Pressemit­teilung der RAA Sach­sen vom 3.9.2018 Chem­nitz eine erste Bilanz: Mehr als 30 Angriffe in ein­er Woche im Zuge rechter Demon­stra­tio­nen, www.raa-sachsen.de/newsbeitrag/hemnitz-eine-erste-bilanz.html
2 https://www.facebook.com/144635458901463/posts/2031998376831819/
3 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/25–26-august-2018-ib-ns-parolen-und-neonazistische-poebeleien/
4 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/23-august-2018-rassistischer-angriff/
5 www.presseportal.de/blaulicht/pm/30835/4048938
6 Fes­t­nahme nach Angriff auf Syr­er, www.taz.de/!5532435/ 7 www.presseportal.de/blaulicht/pm/126723/4049280
8 www.dnn.de/Dresden/Polizeiticker/Einschussloecher-in-Fenstern-einer-Fluechtlingsunterkunft-Staatsschutz-ermittelt
9 www.focus.de/regional/essen/essen-aufgelauert-ueberfall-auf-essener-linken-politiker-staatsschutz-ermittelt-war-das-motiv-rassismus_id_9538126.html
10 https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/bedrohung-mit-messer/1149971
11 vgl. amnesty inter­na­tion­al: Erneut ras­sis­tisch motiviert­er Angriff auf Men­schen­rechtler bei Leipzig, www.amnesty.de/informieren/aktuell/erneut-rassistisch-motivierter-angriff-auf-menschenrechtler-bei-leipzig
12 vgl. Mann ver­prügelt aus­ländis­chen Stu­den­ten, www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Mann-schlaegt-auslaendischen-Studenten-mit-Knueppel

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Gauland im „Kunsthaus Premnitz“ – über Konservatismus und die Flüchtlingsdebatte

PREMNITZ — Das „Kun­sthaus Prem­nitz“ will die kul­turelle Land­schaft im west­lichen Havel­land bere­ich­ern. Regelmäßig find­en dort Ver­anstal­tun­gen mit klas­sis­ch­er Musik, Ausstel­lun­gen und Lesun­gen statt. Darüber hin­aus suchen die Kun­stschaf­fend­en, allen voran Ste­fan Behrens, aber auch das Gespräch und bieten Son­derver­anstal­tun­gen mit Gästen aus der hohen Politik.
Ex-Bun­des­fi­nanzmin­is­ter Peer Stein­brück (SPD) war im Mai da. Ex-Bun­de­saußen­min­is­ter Josch­ka Fis­ch­er (GRÜNE) wird Mitte Okto­ber erwartet.
Gestern hieß der Gast Alexan­der Gauland, seines Zeichens Bun­desvor­sitzen­der der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD). Ein nicht unum­strit­ten­er Gast, der wegen sein­er rel­a­tivieren­den Äußerun­gen zur NS-Zeit kaum noch zu TV-Talk­shows ein­ge­laden wird und dessen Partei immer offen­er zu Sym­pa­thien für die extreme Rechte, wie zulet­zt in Chem­nitz, zur Schau trägt. Die grundle­gende Frage lautete deshalb vor­ab: Darf diesem Men­schen den­noch ein öffentlich­es Podi­um geboten werden?
Boykott oder Gespräch?

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (1)
Protes­tak­tion im Vorfeld

Unbekan­nte gaben darauf offen­bar bere­its am Mor­gen ihre Antwort. Im Ein­gangs­bere­ich zum Grund­stück des Kun­sthaus­es lagen, so zeigen es Fotos eines Anwohnen­den, dutzende bunte Zettel, die mit anti­ras­sis­tis­chen Losun­gen bedruckt waren. Ein Stromkas­ten am „Kun­sthaus“ war zudem mit einem „Fuck AfD“-Graffiti verziert worden.
Doch so ein­fach wollte es sich Ste­fan Behrens anscheinend nicht machen. Er wollte dem „Phänomen Gauland“ auf den Grund gehen, ihm zuhören, seine Grund­hal­tung erforschen und schließlich die Kon­se­quen­zen daraus in Bezug auf seine gesellschafts- und staat­spoli­tis­che Debat­ten­führung analysieren. Hat der AfD-Chef „mit­tler­weile die Posi­tion eines Kon­ser­v­a­tiv­en ver­lassen“? Und nähert er sich „reak­tionären, frem­den­feindlich, men­schen­ver­ach­t­en­den, nation­al­sozial­is­tis­chen Posi­tio­nen“ an? Das schienen die entschei­den­den Grund­fra­gen, welche den Gast­ge­ber bewegten, dass „Phänomen Gauland“ in sein Haus zu lassen.
Der Ein­stieg

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (10)
Ste­fan Behrens ist Chef des Kun­sthaus­es. Er lud zum Gespräch ein.

Das Kun­sthaus am Prem­nitzer See ist ein recht ansehn­lich­es Anwe­sen, eine in den Jahren 1917/18 errichtete Direk­torenvil­la mit großen Grund­stück und viel Platz für Werke der mod­er­nen Kun­st. Etwas rustikal und aris­tokratisch wirkt hinge­gen der Ort, in dem sich Behrens mit Gauland trifft. Es ist das holzvertäfelte Kam­inz­im­mer, welch­es mit seinen vie­len Gemälden, auch wenn diese ein­deutig der Mod­erne zuzuord­nen sind, den Charak­ter eines kon­ser­v­a­tiv­en Fürsten­sitzes ver­mit­telt und somit dur­chaus geeignet scheint, um den AfD Chef auf „Augen­höhe“ zu begegnen.
Die eine Hälfte des Saales applaudiert dem Gast aus Pots­dam, als dieser das Kam­inz­im­mer betritt. Zwei bekan­nte Funk­tionäre der AfD, darunter auch der Prem­nitzer Stadtverord­nete der Partei, sitzen im Raum, eben­so wie vier Aktive der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ und offen­bar weit­ere Sym­pa­thisierende Gaulands. Die andere Hälfte des Saales, darunter der Bürg­er­meis­ter von Prem­nitz, Ralf Tebling (SPD), weit­ere Stadtverord­nete, u.a. von den Linken, sowie zivilge­sellschaftlich Engagierte wirken eher pas­siv, abwartend.
Dann eröffnet Ste­fan Behrens, nach ein­er kurzen Begrüßung, das Gespräch, begin­nt mit der Betra­ch­tung der Biografie von Alexan­der Gauland.
Der junge Gauland – Studi­um statt Tagebau

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (13)
Alexan­der Gauland (AfD) im Gespräch

Der heutige AfD Chef wurde 1941, mit­ten im Zweit­en Weltkrieg, in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus, den er später einen „Vogelschiss“ in der lan­gen Geschichte Deutsch­lands nen­nen wird, geboren. Der Vater von Alexan­der Gauland war säch­sis­ch­er Offizier, soll seinen Sohn nach einem rus­sis­chen Zaren benan­nt haben. Das Wohnum­feld ist großbürg­er­lich. Seine Schule im nun­mehr in „Karl-Marx-Stadt“ umbe­nan­nten Chem­nitz trägt den Namen „Friedrich Engels“. Trotz aller späteren Dif­feren­zen zur DDR lobte Gauland gestern deren Erziehungssys­tem. Er durfte dort sog­ar 1959 Abitur machen – ein außergewöhn­lich­es Priv­i­leg in diesem Land. Ein Studi­um zu begin­nen, soll ihm aber ver­sagt gewe­sen sein. Dies war aber anscheinend nicht der allein auss­chlaggebende Grund für seine nun fol­gende Flucht in die Bun­desre­pub­lik, so Gauland gestern in Prem­nitz. Vielmehr sollte sich der heutige Vor­sitzende der selb­ster­nan­nten „neuen Arbeit­er­partei“ AfD in der Pro­duk­tion bewähren und in einem Tage­bau in Lauch­ham­mer arbeit­en. Davon hielt Gauland jedoch aber nichts und floh daraufhin nach West-Berlin, wo er in der Notauf­nah­meein­rich­tung Marien­felde aufgenom­men wurde. Einen poli­tis­chen Hin­ter­grund für seine Flucht demen­tierte der AfD Chef gestern noch ein­mal deut­lich. Später siedelte er in die Bun­desre­pub­lik über und kon­nte dort in Mar­burg und Gießen Jura studieren
Der kon­ser­v­a­tive Gauland
In den 1970er Jahren machte Gauland schnell Kar­riere in der CDU, war u.a. in deren Bun­destags­frak­tion in Bonn tätig und traf dort auf promi­nente Vertreter des „nation­alkon­ser­v­a­tiv­en Flügels“ der CDU. Ins­beson­dere Alfred Dreg­ger deutete er gestern als per­sön­lich­es Vor­bild an.
Tat­säch­lich blieb der Kon­ser­vatismus ein Leben­s­the­ma für Gauland. Auch gestern war sein Buch: „Anleitung zum Kon­ser­v­a­tiv­sein“ eine Stunde lang Haupt­ge­sprächsstoff zwis­chen ihm und Mod­er­a­tor Ste­fan Behrens. Aus­führlich wurde über die darin haupt­säch­lich vork­om­menden his­torische Fig­uren, Edmund Burke und Friedrich der Große, sowie über ihre staat­spoli­tis­chen Ansicht­en debat­tiert. Nicht allerd­ings zur Freude des Pub­likums, welch­es augen­schein­lich dem Zwiege­spräch zwis­chen Behrens und Gauland nicht immer fol­gen konnte.
Erst als die Aus­sagen des AfD-Chefs kerniger wur­den, seine Abnei­gung gegenüber den 68ern – die er qua­si als „Urkatas­tro­phe“ der heutige Ver­hält­nisse bzw. als Haupt­geg­n­er des Kon­ser­vatismus sieht – deut­lich zur Sprache kamen und hin­sichtlich der Flüchtlingssi­t­u­a­tion die Töne nation­al­is­tis­ch­er wur­den, wurde der Saal wieder munter­er. Die Diskus­sion hat­te nun Gaulands Lieblings­the­ma erreicht.
Ohne Alter­na­tiv­en für Deutschland

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (9)
Diskus­sion im Kaminzimmer

Aus­giebig äußerte sich der AfD Chef nun über ver­meintliche Äng­ste in der Bevölkerung und zu Über­grif­f­en von Geflüchteten. Zu anderen The­men, wie Jugend oder Rente, wollte er sich hinge­gen nur sehr kurz positionieren.
Eine jün­gere Frau, die fragte ob die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ auch für Jugendliche aktiv ist, erhielt die knappe Antwort: Ja, wir haben einen Jugendverband.
Eine ältere Frau, die nach­fragte was zur Rente im Bun­de­spro­gramm der AfD ste­ht, wurde sin­ngemäß mit den Worten abge­fer­tigt: Geben sie mir ihre Emailadresse, dann schicke ich es ihnen.
Selb­st auf die Frus­tra­tion manch­er „besorgter Bürg­er“ hat­te Gauland, zumin­d­est wenn es um prekäre Beschäf­ti­gungsver­hält­nisse, Alter­sar­mut oder Mit­tel­losigkeit ging, keine tragfähige Lösun­gen oder auch nur den Ansatz eines Konzeptes parat.
Resümee
Die AfD bedi­ene sich lediglich Pro­jek­tio­nen, um Poli­tik zu machen, so eine ehe­ma­lige Psy­cholo­gin am Ende des Prem­nitzer Gesprächs in einem State­ment an Gauland. Es wer­den keine poli­tis­chen Lösun­gen gesucht, son­dern der Frust auf die Schwäch­sten in der Gesellschaft abgewälzt und so vor allem in Geflüchteten „Schuldige“ an der ver­meintlichen „Mis­ere“ im Land gefunden.
Doch, und das wurde gestern in Prem­nitz eben­falls klar, es geht der AfD eben nicht nur, um die Auss­chaf­fung von Geflüchteten, egal ob straf­fäl­lig oder nicht.
Gauland will die ide­ol­o­gis­che Wende, die Revi­sion der bun­desre­pub­likanis­chen Werte seit Ende der 1960er Jahre. Seine „Alter­na­tive für Deutsch­land“ ste­ht für einen neuen Kon­ser­vatismus, der nicht nur die demokratis­chen Errun­gen­schaften der let­zten Jahrzehnte über­winden will, son­dern auf dem besten Wege ist, den his­torischen Fehler der „alten“ Kon­ser­v­a­tiv­en zu wieder­holen: mit den Völkischen gemein­sam „Staat­spoli­tik“ betreiben zu wollen.

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Antifaschismus

25 Jahre sind wir schon am Start und die wollen wir feiern!

Dieses Wir ist natür­lich in all den Jahren stets in Verän­derung. Immer wieder kom­men und kamen neue Men­schen, neue Ideen, neue Ein­drücke. Einge­sessene Men­schen bleiben, ziehen weit­er, lassen Spuren bei uns, kom­men manch­mal zurück.
Was uns aber immer verbindet, ist eine Idee von ein­er linken und gerecht­en Welt, die wir in unseren ver­gan­genen Häusern und nun im gegen­wär­ti­gen Haus täglich ver­suchen im Kleinen zu ver­wirk­lichen. Nun ist es 25 Jahre her, als die Idee von einem selb­stver­wal­teten, linken Haus­pro­jekt in Neu­rup­pin in den Köpfen und Herzen einiger Jugendlich­er begann und durch eine Haus­be­set­zung 1993 umge­set­zt wurde. Den Anfang und die gesamte Zeit, die bis heute mit unter­schiedlichen the­o­retis­chen, poli­tis­chen, kreativ­en und liebevollen Inhal­ten und Aktiv­itäten gefüllt wurde, wollen wir feiern!
Dafür laden wir euch zu unser Jahres­feier am 24.08 und 25.08 in der Bahn­hof­s­trasse 10a in Neu­rup­pin ein. Das Woch­enende wird aus Konz­erten, Work-Shops, Lesun­gen, Nach­mit­tagsange­boten für Kinder, Kick­er- und Flunky­ball­turnieren, Küfa und Sport bestehen.
Die Uhrzeit­en und Inhalte der einzel­nen Events, das Line­Up, weit­eres Pro­gramm, usw. wer­den in kom­mender Zeit noch veröf­fentlicht. Hal­tet euch also das Woch­enende frei und bringt Freund*innen und gute Laune mit! Wir freuen uns auf euch.
Eure MittenDrin-Crew

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Antifaschismus

Höchste Zeit ein kleines Resümee zu ziehen.

Wir möcht­en uns bedanken bei allen, die das Camp so wun­der­voll gemacht haben. In erster Lin­ie wollen wir ganz großes Lob an bei den Teil­nehmenden aussprechen. Eure Mitwirkung, der respek­tvolle Umgang miteinan­der, auf einan­der auf­passen – es hat ein­fach alles gepasst. Über euer pos­i­tives Feed­back haben wir uns beson­ders gefreut und eure Anre­gun­gen nehmen wir uns sehr zu Herzen. Dann möcht­en wir uns natür­lich für die vie­len Helfer*innen vor Ort und im Vor­feld bedanken, die bei der Pla­nung und der Durch­führung des Camps uner­müdlichen Ein­satz gezeigt haben. Ein weit­er Dank geht an die großar­tige KüFa und die tolle Zusam­me­nar­beit mit dem Koch-Team. Außer­dem wollen wir uns bei bei allen Referent*innen für die inter­es­san­ten Inputs und anre­gen­den Diskus­sio­nen bedanken. Ein weit­er­er Dank geht an die Opfer­pe­spek­tive. Nicht nur die Ausstel­lung, die an Opfer rechter Gewalt in Bran­den­burg nach 1990 erin­nert, son­dern auch die Exkur­sion nach Witt­stock, bei der in ein­er kleinen Aktion an Kajrat Batesov gedacht wurde, führte uns die Dimen­sion rechter Gewalt vor Augen. Ein weit­er­er Dank geht an Grandioso-Ver­sand & Tex­til­druck und das PCB – Kollek­tiv für die Unter­stützung, und an Entartist, PC TOYS, Lady Lazy, Jamer­ic, Unit­ed And Strong, Kaput Krauts, FemHoolz, Schnöselpö­bel und Rüpel­haft statt Einzel­haft, die uns die Abende und die Nächte ver­süßt haben. Und schließlich ein ganz spezieller Dank an die Locals für die tolle Zusam­me­nar­beit und die Bere­it­stel­lung des schö­nen Geländes.
Natür­lich ist nicht alles per­fekt gelaufen. Im Großen und Ganzen wur­den unsere Erwartun­gen fast schon übertrof­fen. Wir sind mehr als zufrieden und sehr motiviert das JWD Camp weit­er zu führen!
Wir sind sehr ges­pan­nt wir ihr das Camp fan­det. Falls ihr Lob, Kri­tik oder Anre­gun­gen habt, oder gerne mit­machen wollt, kön­nt ihr uns gerne über unsere Kon­tak­tadresse kon­takt [ät] jwd-camp.org erreichen.
So weit von uns.
Danke noch mal und vielle­icht bis zum näch­sten Jahr! <3

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Sonstiges

Das Frierock-Festival wird 20 Jahre alt

Die Besuch­er des alter­na­tiv­en Rock-Fes­ti­vals gehen in diesem Jahr auf eine Zeitreise:

Bands aus zwei Jahrzehn­ten brin­gen die Freilicht­bühne in Frie­sack zum Beben. Aus den ver­schieden­sten Orten Deutsch­lands und der Welt reisen die Kün­stler zum Fes­ti­val an und präsen­tieren eine Mis­chung aus Punk, Ska, Rock und Hard­core. Das Pub­likum darf sich erneut auf die Glam-Punk Kom­bo “Eat Lip­stick” aus Berlin freuen, die mit ihrem schillern­den Out­fit und aus­drucksstarken Büh­nen­show beein­druck­en. Aus­ge­lassene Stim­mung bei der After­show Par­ty am Fre­itag ist garantiert, denn “Ani­ta Drink und The Shred­der” wer­den auch in diesem Jahr an den Turnta­bles rotieren.

Straßenmusik­er und Singer­song­writer “Kay” aus Pots­dam wird das Frie­rock-Fes­ti­val mit melodis­chen Klän­gen auf der Gitarre eröff­nen. Die Punkband mit Cel­lo “Guts Pie Earshot” überzeugt mit ihrer exper­i­mentellen Mis­chung aus tanzbarem Tech­no, Break­beat, Punk, Jazz und World Music. Extra für das Frie­rock-Jubiläum hat sich die Hard­core-Band “Entro­phy” aus OPR wiedervere­int. Auch zwei Bands aus Ros­tock sind vertreten. Die “Crush­ing Cas­pars” brin­gen Baltic Sea Hard­core nach Frie­sack: ein Mix aus Old­school Hard­core, Punk Rock und brül­len­dem Rock’n’Roll. Die Ros­tock­er Spaßkapelle “Anti­spielis­mus”, beste­hend aus neun ver­rück­ten, sym­pa­this­chen Musik­ern, reist mit diversen Zupf‑, Schlag- und Blasin­stru­menten an und lädt mit Ska zum Tanzen ein. Mit “ABM” aus Rathenow, “Scrap” aus Bran­den­burg Hav­el und der Haus­band “Punch up Pogos” aus Elstal gibt es Met­al und Punkrock aus der Region auf die Ohren. Wer “Rage Against the Machine” mag, sollte auf keinen Fall “Mag­gies Farm” aus Pots­dam ver­passen. Die weiteste Anreise haben die Jungs von “Ofer­ta Espe­cial”, die fein­sten rock­i­gen Ska Punk aus Madrid im Gepäck haben. “Alle guten Dinge sind drei”, denken sich “A Pony Named Olga”, die aus Berlin ein­gerit­ten kom­men. Mit akro­batis­chen Ein­la­gen auf dem Kon­tra­bass und Polk­a­bil­ly haben sie die Frie­rock-Crowd längst in ihren Bann gezo­gen. Mit Posaunen, Akko­rdeon und Trompe­ten set­zt das “SkaZ­ka Orches­tra” aus Berlin die Segel, um am Rhinkanal den Anker zu wer­fen. Den Ausklang geben mit “Mad Dub” Fre­unde des Fes­ti­vals mit jazz­igem Elek­tro-Dub aus Berlin.

Kuli­nar­isch kom­men die Besuch­er an diversen Essensstän­den mit fleis­chhalti­gen, veg­e­tarischen und veg­a­nen Speisen auf ihre Kosten. So etwa am Mex­i­can-Food Truck aus Pots­dam. Eben­falls fährt ein Bier­wa­gen vor und am Cock­tail­stand “Gold­staub” bekom­men die Besuch­er den richti­gen Mix. Auch das tra­di­tionelle Fußball­turnier um den Frie-ROCK am Sam­stag gehört wie jedes Jahr dazu. Unter dem Mot­to ” Das Pub­likum macht mit” füllt der neuge­grün­dete Frie­sack­er “Land in Sicht e.V.” mit ein­er inter­ak­tiv­en Per­for­mance einen neuen Pro­gramm­punkt. Mit der Fort­führung der Frie­rock-Rack­er-Zone bleibt das Rock­fes­ti­val bewusst fam­i­lien­fre­undlich. Als visuelles High­light sorgt in diesem Jahr eine Feuer­show und anlässlich des großen Jubiläums erwartet alle eine ganz beson­dere Überraschung!

Tick­ets für das gesamte Woch­enende, inklu­sive Camp­ing, kosten 20 Euro. Sie sind auss­chließlich an der Abend­kasse erhältlich. Ein­lass ist am Fre­itag, den 10. August, ab 16 Uhr.

Wir wür­den uns freuen, wenn Sie unser kleines, feines Fes­ti­val in Ihren Medi­en ankündi­gen und sind froh über jegliche Berichterstattung.

Hier noch der Link zur Home­page, ein Link zu einem tollen rbb-Heimatjour­nal-Beitrag und ein Link zum Video-Zusam­men­schnitt aus dem Jahr 2017.

http://www.frierock-festival.de

https://www.rbb-online.de/heimatjournal/archiv/carla-kniestedt-laesst-sich-im-havellaendischen-friesack-ueberra.html

https://www.youtube.com/watch?v=7Mo8tyRvSkw

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order Sonstiges

Viel heiße Luft bei warmen Temperaturen

Es sollte die große Abrech­nung mit Bran­den­burgs Sozialmin­is­terin Diana Golze (Linke) wer­den. Offen wurde bere­its in der Ver­anstal­tungsankündi­gung im Inter­net ihr Rück­tritt vom Min­is­ter­amt gefordert. Doch in den Rede­beiträ­gen von Chris­t­ian Kaiser und Elke Met­zn­er, die heute die Haup­tre­den­den bei der Kundge­bung des extrem recht­en Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land waren, blieben die Anfein­dun­gen gegen Golze und andere Poli­tik­er – im Ver­gle­ich zum üblichen Niveau der Ver­anstal­tungsrei­he – eher unspek­takulär und mar­gin­al. Stattdessen strotzten die Reden vor allem wieder von Anfein­dun­gen u.a. gegen Geflüchtete, „Arbeit­sun­willige“ und ins­beson­dere gegen den „linksver­sifften Mul­ti­kul­tistaat­sap­pa­rat der BRD“, der aus Sicht von Ver­anstal­tung­steil­nehmenden keine Poli­tik in ihrem Sinne mache. Entsprechend läge der Fehler schon längst nicht mehr im Sys­tem – das „Sys­tem“ sei „der Fehler“, so Kaiser in seinem Redebeitrag.
Für fehler­haft hielt der Vor­sitzende des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ e.V. offen­bar auch den Straftatbe­stand der „Volksver­het­zung“ und sol­i­darisierte sich erneut mit der verurteil­ten Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Zudem begrüßte er die „Schutzzonen“-Propaganda der NPD und äußerte sich pos­i­tiv gegenüber so genan­nten „Bürg­er­be­wehren“.
Ein ander­er Ver­anstal­tung­steil­nehmer sah hinge­gen vor allem anwe­sende Presse als Feind­bild und ver­suchte auf einen Fotografen loszuge­hen. Ein Secu­ri­ty-Mann ver­hin­derte schließlich Tätlichkeiten.
Trotz geringer Teil­nehmenden­zahl und poli­tis­ch­er Bedeu­tungslosigkeit geht von eini­gen Ver­anstal­tungs­gästen also nach wie vor eine hohe Aggres­siv­ität aus, die möglicher­weise aus ein­er Mix­tur aus einem falschen Rechtev­er­ständ­nis und Rechthaberei her­aus resultiert.
Zu dem scheinen die Ver­anstal­tenden auch nur bed­ingt Inter­esse zu haben, ihre Gäste im Zaum zu hal­ten. Red­ner, wie Wolf­gang Hoppe, scheinen jeden­falls an kein­er Deeskala­tion inter­essiert zu sein. Er dro­hte ein­mal mehr vom Podi­um aus, gegen einen namentlich genan­nten Pres­sev­ertreter vorzugehen.
Beina­he harm­los wirk­te dage­gen der let­zte Red­ner Ralf Maasch, der angesichts hoher Tem­per­a­turen kurz und knapp alle Zuhören­den auf­forderte für „arme Tiere“ ein biss­chen Wass­er her­auszustellen. Für Geflüchtete hat er allerd­ings kein Mit­ge­fühl, wenn die Botschaft auf seinem T‑Shirt richtig gedeutet wird. Darauf wer­den sie indi­rekt als krim­inelle Sub­jek­te ent­men­schlicht, für die „Poli­tik­er“ haften würden.
Ins­ge­samt nah­men 20 Per­so­n­en an der abendlichen Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es“ teil.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Der eigentliche BAMF-Skandal in Brandenburg und anderswo

Auch die Außen­stelle des BAMF in Eisen­hüt­ten­stadt gehört zu den zehn Stan­dorten, die auf­grund der vom Stan­dard abwe­ichen­den Entschei­dun­gen über­prüft wer­den soll. Zurecht, denn in Bran­den­burg liegt die Anerken­nungsquote bei Asy­lentschei­dun­gen weit unter dem Bun­des­durch­schnitt, hiesige Quoten weichen zum Teil bis zu vierzig Prozent von diesem ab.
Bran­den­burgs ver­heerende Asyllotterie 
Eine Verteilung nach Bran­den­burg bedeutet für viele Geflüchtete eine weit gerin­gere Chance auf Schutz und Anerken­nung ihrer Flucht­gründe. Das zeigen die Anerken­nungszahlen des let­zten Jahres im Ver­gle­ich zum Durch­schnitt der Bundesländer:
Afghanistan: 31,7% in Bran­den­burg, 47,3% Bundesdurchschnitt
Iran: 16% in Bran­den­burg, 58,4% Bundesdurchschnitt
Irak: 51,8% in Bran­den­burg, 64,4% Bundesdurchschnitt
Soma­lia: 75,7% in Bran­den­burg, 83,1% Bundesdurchschnitt
Türkei: 6,8% in Bran­den­burg, 29,9% Bundesdurchschnitt
Das Recht auf ein faires Asylver­fahren wird außer­dem mas­siv eingeschränkt durch die fehlende Asylver­fahrens­ber­atung in der Erstauf­nah­meein­rich­tung in Bran­den­burg. Fehlende Beratung bedeutet für Schutz­suchende, dass sie Flucht­gründe im Rah­men des Asylver­fahrens nicht in vollem Umfang gel­tend machen kön­nen sowie einen erschw­erten Rechtsweg.
Tem­po statt Sorgfalt bei Asylverfahren 
Von der Poli­tik angetrieben wurde nach 2015 alles unter­nom­men, um mit schnell ange­wor­be­nen und schlecht geschul­ten Entscheider_innen bis zur Bun­destagswahl ein Höch­st­maß an Asy­lentschei­dun­gen zu tre­f­fen. Deren Qual­ität war bis Herb­st 2017 kein The­ma. Gut bezahlte Unternehmens­ber­atungs­fir­men wur­den engagiert, um die Abläufe zu opti­mieren. Im Vorder­grund stand das Tem­po. Genauigkeit und Sorgfalt der Entschei­dun­gen, wie es für die Prü­fung ein­er möglichen Grun­drechts­gewährung angemessen ist, trat bun­desweit in den Hin­ter­grund. Dies hat­te hun­dert­tausende man­gel­hafte Asy­lentschei­dun­gen zur Folge, was der eigentliche Skan­dal ist, über den kaum gesprochen wird.
Ver­wal­tungs­gerichte als Kor­rek­tiv für BAMF-Schlamperei 
Auch bun­desweit sind die Schutzquoten 2017 im Ver­gle­ich zu 2016 drastisch gesunken, obwohl sich die Sit­u­a­tion in den Hauptherkun­ft­slän­dern der Flüchtlinge seit 2015 – wie etwa in Afghanistan – in den let­zten Jahren drama­tisch ver­schlechtert hat.
Dies ist zurück­zuführen auf neue Vor­gaben und Leit­sätze der BAMF-Führung und let­ztlich des Bun­desin­nen­min­is­teri­ums. Die poli­tisch motivierte, sys­tem­a­tis­che Absenkung der Zahl pos­i­tiv­er Entschei­dun­gen durch eine Änderung der Anerken­nungskri­te­rien und die inakzept­able Fehlerquote bei neg­a­tiv­en Entschei­dun­gen wer­den in der ein­seit­i­gen öffentlichen Debat­te nicht the­ma­tisiert. Die hohe Erfol­gsquote der Kla­gen vor den Ver­wal­tungs­gericht­en zeigt die struk­turellen Män­gel bei den BAMF Entschei­dun­gen. Dabei fol­gte das BAMF offen­sichtlich der Devise: Unser Kor­rek­tiv sind die Ver­wal­tungs­gerichte – anstelle ein­er wirk­lichen Qual­ität­skon­trolle im Hause selbst.
Ende 2017 waren über 370.000 Ver­fahren vor den Ver­wal­tungs­gericht­en anhängig. 2017 hat­ten 40,8 Prozent der Kläger_innen Erfolg (bere­inigte Schutzquote). Fast die Hälfte der über­prüften Asylbeschei­de wurde also durch die Ver­wal­tungs­gerichte kor­rigiert – bei syrischen und afghanis­chen Asyl­suchen­den waren es sog­ar über 60 Prozent. Etwa 32.500 Fehlentschei­dun­gen des BAMF mussten im Jahr 2017 von den Gericht­en zu Gun­sten von Geflüchteten kor­rigiert wer­den. Hinzu kom­men etwa 4.500 Fälle, in denen das BAMF die eigene Entschei­dung im Sinne der Betrof­fe­nen kor­rigiert hat.
Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert eine umfassende Qual­ität­skon­trolle im Bun­de­samt, wie PRO ASYL und viele weit­ere Ver­bände und Organ­i­sa­tio­nen dies schon seit Jahren fordern.
 
Verweise
1http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/003/1900385.pdf <https://deref-gmx.net/mail/client/-icjb_Svlio/dereferrer/?redirectUrl=http%3A%2F%2Fdip21.bundestag.de%2Fdip21%2Fbtd%2F19%2F003%2F1900385.pdf>_
2https://www.proasyl.de/news/breite-kritik-an-maengeln-in-asylverfahren-und-abschiebungen-ins-unsichere-afghanistan/
3https://www.proasyl.de/news/memorandum-zu-asylverfahren-zeigt-qualitaetsmaengel-beim-bamf/
4http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/013/1901371.pdf_

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Antifaschismus

Frost verkürzte Kundgebung des extrem rechten Bürgerbündnisses

Das extrem rechte Bürg­er­bünd­nis Havel­land set­zte am Dien­stagabend seine Kundge­bungsserie auf dem Märkischen Platz in Rathenow fort. Es erschienen fünf bekan­nte Vere­ins­mit­glieder aus Rathenow und Prem­nitz sowie zehn weit­ere Sym­pa­thisierende der Vere­ini­gung aus Rathenow, Bran­den­burg an der Hav­el und Berlin.
Als Ver­samm­lungsleit­er gab sich Ralf Maasch zu erken­nen. Er und zwei weit­ere bekan­nte Vere­ins­mit­glieder, darunter auch der, gemäß aktuellem Vere­in­sreg­is­ter­auszug, amtierende Vere­insvor­sitzende, hiel­ten Rede­beiträge. Eine weit­ere (geplante) Red­ner­in aus dem extrem recht­en Berlin­er BÄRGI­DA-Umfeld hat ange­blich wit­terungs­be­d­ingt abgesagt.
Der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser kom­men­tierte, in ein­er für ihn typ­is­chen Art und Weise, den Bürg­er­meis­ter­wahlkampf in Rathenow. Er bedank­te sich bei den Wäh­len­den, die für ihn stimmten, und rief dazu auf bei der kom­menden Stich­wahl den amtieren­den Bürg­er­meis­ter zu wählen: „Liebe Leute geht ein­fach hin und wählt lieber Ronald Seeger anstatt diese rote Brut. Das ist das Aller­let­zte. Lasst uns Golze ver­hin­dern mit aller Macht“, so Kaiser. Der Vor­sitzende des Bürg­er­bünd­niss­es war, neben Ronald Seeger (CDU) und Daniel Golze (LINKE), ein­er von fünf Kan­di­dat­en für das höch­ste Amt in der Stadt. Bei der Wahl am 25. Feb­ru­ar 2018 stimmten jedoch nur 813 Wäh­lende für Kaiser, 8.829 hiel­ten andere Kan­di­dat­en für geeigneter. Die Wahlbeteili­gung lag bei 46,7 %.
Trotz des deut­lich niedri­gen Wahlergeb­niss­es für Kaiser bekräftigte dieser auch am Dien­stagabend seine Absicht­en auch kün­ftig in der Kom­mu­nalpoli­tik mit­mis­chen zu wollen. Zwar wolle er sich beim Bürg­er­bünd­nis vor­erst von der Bühne zurückziehen, sich jedoch poli­tisch weit­er schulen. Dabei deutete Kaiser auch eine mögliche Kan­di­datur zu den Wahlen zur Rathenow­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung an.
Nach zwei weit­eren kurzen Rede­beiträ­gen von Vere­ins­mit­gliedern aus Rathenow endete die Ver­samm­lung des Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land wit­terungs­be­d­ingt vorzeit­ig nach 40 Minuten. Den Dauerdemon­stri­eren­den war es offen­sichtlich zu kalt.

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Arbeit & Soziales Flucht & Migration

Sprachmittlung muss angemessen vergütet werden

Der Land­kreis Barn­im hat die Entwick­lung eines Konzepts für Sprach­mit­tlung in Auf­trag gegeben und will dem­nächst darüber berat­en und entschei­den, ob und wie es umge­set­zt wird. Dabei geht es darum, für Behör­den­ter­mine, Arztbe­suche, Beratun­gen u.ä. ein­fach­er als bish­er Sprachmittler_innen hinzuziehen zu können.
Das Fehlen von Sprachmittler_innen ist häu­fig ein Prob­lem, für die Betrof­fe­nen, die (noch) nicht gut Deutsch sprechen eben­so wie für Ärzt_innen, Ämter und andere. Ärzt_innen kön­nen Men­schen nicht sin­nvoll berat­en, wenn die Ver­ständi­gung nicht funk­tion­iert. Beim Grund­sicherungsamt, Job­cen­ter und anderen Stellen haben die Angestell­ten häu­fig mehr Arbeit, wenn sie nicht richtig ver­standen wer­den. Betrof­fene wiederum haben Rechte gegenüber den Ämtern und müssen ihre Rechte ken­nen, ver­ste­hen und dafür ein­ste­hen kön­nen. Wenn schon hier Aufgewach­sene oft nur schw­er bürokratis­che Begriffe und Vorgänge ver­ste­hen kön­nen, wie soll es dann jemand kön­nen, der noch nicht lange genug hier lebt, um die Sprache so gut zu beherrschen?
Diesen Prob­le­men soll ein Sprach­mit­tlungs-Konzept ent­ge­gen­wirken. Die Ini­tia­tive „Barn­im für alle“ begrüßt es sehr, dass der Land­kreis das The­ma ange­ht. Bish­er gibt es lediglich den Vere­in „Kon­takt e.V.“ als unab­hängige Stelle, die Sprachmittler_innen in begren­ztem Umfang ver­mit­teln kann und der für einzelne Über­set­zungsleis­tun­gen vom Grund­sicherungsamt eine Erstat­tung bekommt. Ein Sprach­mit­tler_in­nen-Pool, über den Betrof­fene als auch Ämter, Ärzt_innen usw. unkom­pliziert Sprachmittler_innen für Ter­mine buchen kön­nen, würde dem Abhil­fe ver­schaf­fen. Der Land­kreis hofft, einen solchen Sprach­mit­tler_in­nen-Pool rein aus Ehre­namtlichen auf­bauen zu kön­nen. In diesem Ansatz sieht die Ini­tia­tive „Barn­im für alle“ mehrere Probleme:
‑Nur eine angemessene Vergü­tung kann Pro­fes­sion­al­ität und kon­tinuier­liche Qual­ität sich­ern, denn ehre­namtliche Sprachmittler_innen sind davon schnell über­fordert, wenn sie keine oder keine aus­re­ichende Aus- und Fort­bil­dung und Beruf­sprax­is haben.
‑Bezahlte Sprachmittler_innen kön­nen ihre Ken­nt­nisse ver­tiefen, wenn sie regelmäßig dol­metschen und nicht ein­er anderen Vol­lzeit-Erwerb­sar­beit nachge­hen müssen.
‑Eine klare Rol­len­tren­nung zwis­chen Dol­metschen und ehre­namtlichem Unter­stützen ist notwendig, um die Neu­tral­ität der Sprachmittlerin/ des Sprach­mit­tlers zu sichern.
In vie­len Städten und Land­kreisen gibt es staatlich finanzierte Sprach­mit­tlungs-Konzepte, die die Sprachmittler_innen angemessen bezahlen. In Städten wie Osnabrück und Han­nover wer­den mind. 20,00 Euro/ Stunde bezahlt. In Hen­nigs­dorf im Land­kreis Ober­hav­el bekom­men Sprachmittler_innen immer­hin Aufwand­sentschädi­gun­gen, wenn auch (noch) keine Honorare.
Die Ini­ti­ta­tive „Barn­im für alle“ fordert den Land­kreis auf, ein Sprach­mit­tlungs-Konzept zu beschließen, das eine angemessene Vergü­tung vor­sieht, um die nötige Qual­ität zu gewährleis­ten. Dazu müsste ein Finanzierungskonzept entwick­elt wer­den, das beachtet, wie viel Arbeit­szeit und damit Kosten den jew­eils beteiligten staatlichen Stellen (Ämter, Schulen,…) zusät­zlich entste­hen, wenn es keine funk­tion­ierende Sprach­mit­tlung gibt. Jede dieser staatlichen Stellen kön­nte sich an der Über­nahme der Kosten beteiligen.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Wer Volksverräter ruft, will keinen Dialog!

Unter dem Mot­to „Cot­tbus uner­hört!“ lädt der Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (rbb) am 01. März 2018 zu ein­er zweifel­haften „Diskus­sion­splat­tform“, um über die Prob­leme in Cot­tbus zu debat­tieren, die laut Ankündi­gung­s­text seit Beginn des Jahres beste­hen. Zur Ver­anstal­tung sind auch der neurechte Vere­in Zukun­ft Heimat und eine lokale AfD-Vertreterin geladen. Wer aber poli­tisch Ander­s­denk­ende als “Volksver­räter” beze­ich­net, kann kein Dialog­part­ner sein.
Auf den Demon­stra­tio­nen von Zukun­ft Heimat gehören Rufe wie “Volksver­räter” und “Lügen­presse” zum Stan­dard­ritu­al -­ beina­he wie das Amen in der Kirche. Auch am 24. Feb­ru­ar riefen hun­derte Demon­stra­tionsteil­nehmende “Volksver­räter” während ein­er Rede des Geschäfts­führers der AfD-Bun­destags­frak­tion Han­sjörg Müller gegen alle anderen Parteien im Bun­destag. Götz Kubitschek hat­te zuvor Poli­tik und Zivilge­sellschaft zum Feind der Demon­stri­eren­den erk­lärt — eben­falls unter Volksverräter-Rufen.
Dazu erk­lärt Luise Mey­er: “Wer Volksver­räter ruft, will keinen Dia­log. Er entzieht einem poten­tiellen Dia­log die Grund­lage, indem er poli­tisch Ander­s­denk­ende, Medi­en­vertreterIn­nen und Poli­tik­erIn­nen zu Volks­fein­den erk­lärt. In bieder­er Maske wollen AfD und Anhänger ger­ade keinen poli­tis­chen Mei­n­ungsaus­tausch, son­dern sie bere­it­en bere­its die näch­sten Demon­stra­tio­nen vor, auf denen gegen poli­tisch Ander­s­denk­ende und Flüchtlinge gehet­zt wird — und Volksver­räter-Rufe gehören zu jed­er ihrer Demonstrationen.”
Während und nach den Demon­stra­tio­nen von Zukun­ft Heimat kam es in der Ver­gan­gen­heit zu mehreren gewalt­täti­gen Über­grif­f­en. “Men­schen haben Angst in die Innen­stadt zu gehen, wenn Zukun­ft Heimat dort demon­stri­ert. Nach­weis­lich befind­en sich jedes Mal gewalt­tätige Neon­azis unter den Teil­nehmenden. Und diese rufen nicht nur Volksver­räter, son­dern wer­den hand­grei­flich.” fährt Luise Mey­er fort. “Das poli­tis­che Spiel ist doch ganz ein­fach: die AfD und ihre Vor­fel­dor­gan­i­sa­tion Zukun­ft Heimat schüren Äng­ste in der Bevölkerung, um sich dann selb­st als Lösung anzu­bi­eten. Da spie­len wir nicht mit.”
Darüber hin­aus kri­tisiert Cot­tbus Naz­ifrei die zeitlich verkürzte Betra­ch­tung von Vor­fällen erst ab Jan­u­ar 2018. So wurde beispiel­sweise am 28.06.2017 eine junge Afghanin auf dem Weg nach Hause mit ihren bei­den Kindern von ein­er Frau ange­grif­f­en und mit einem Mess­er bedro­ht. Die Frau flüchtete in ihre Woh­nung, die gerufene Polizei kon­nte das Mess­er kurze Zeit später sich­er­stellen. Am 23.06.2017 grif­f­en in Guben mehrere Per­so­n­en einen aus Afghanistan stam­menden Vater und seinen 13-jähri­gen Sohn an, prügel­ten den Vater bewusst­los und ver­let­zten seinen Sohn mit einem Mess­er. Weit­ere Über­griffe auf Geflüchtete und Flüchtling­shelferIn­nen sind auf der Inter­net­seite des Vere­ins „Opfer­per­spek­tive e.V.“ doku­men­tiert. Cot­tbus bildete in ganz Bran­den­burg 2016 die ein­same Spitze bei Anzahl und Anstieg ras­sis­tis­ch­er und rechter Angriffe.
Der Vere­in Zukun­ft Heimat, der eng mit der AfD zusam­me­nar­beit­et, bere­it­ete sich schon min­destens seit Mai 2017 auf seine Angstkam­pagne vor, die seit Sep­tem­ber im Vor­feld des Stadt­festes angekündigt wurde. Auch die Ver­anstal­tung des rbb am 1. März ist also Ergeb­nis ein­er frem­den­feindlich motivierten und teil­weise ras­sis­tis­chen Kam­pagne, die Angst in der Bevölkerung schüren und einen Keil zwis­chen Cot­tbuserIn­nen und Geflüchteten treiben soll.

Inforiot