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Hausbesetzung in Potsdam

Wir haben heute ein Haus in der Stift­straße 5 in Pots­dam beset­zt, um auf ein Grund­prob­lem in dieser, aber auch in vie­len anderen Städten aufmerk­sam zu machen und weil wir einen gemein­schaftlichen Wohn­raum suchen.

Neuigkeit­en bekommt ihr bei Twit­ter “die_heimkinder” gezwitschert: https://twitter.com/die_heimkinder (Gezwitschert wird seit 27. Dezem­ber hier: https://twitter.com/#!/DieHeimkinder)

In Pots­dam steigen die Mieten seit Jahren kon­tinuier­lich an. Die Innen­stadt und die durch­sanierten Stadtvier­tel wie Pots­dam-West, Babels­berg oder die Nauen­er Vorstadt sind für Ger­ingver­di­enende, Studierende, Rent­ner­In­nen oder Men­schen die mit Hartz IV leben müssen fast unbezahlbar gewor­den. Ein Großteil der alteinge­sesse­nen Bevölkerung hat in den let­zten Jahren diese Vier­tel bere­its ver­lassen müssen und für die Verbliebe­nen wird der Druck immer größer. 
Gle­ichzeit­ig ziehen viele besserver­di­enende Men­schen ins „schöne grüne“ Pots­dam und tra­gen damit zu den über­höht­en Mieten bei. Dass diese Stadt für einige immer „attrak­tiv­er“ wird, wird so für viele andere Men­schen zum Problem.

Die ein­seit­ig betriebene Stad­tum­struk­turierung hat dazu geführt, dass Pots­dam zu ein­er pres­tigeträchti­gen Vorzeige-Stadt für Touris­ten und Besserver­di­enende gewor­den ist. Men­schen, die nicht mehr in dieses Stadt­bild passen, wer­den in die Randge­bi­ete und Plat­ten­bausied­lun­gen abge­drängt. Doch sog­ar dort steigen die Mieten immer weit­er an, so dass Pots­dam in den let­zten Jahren zu ein­er der Städte mit dem teuer­sten Wohn­raum in Ost­deutsch­land gewor­den ist. Die zynis­chen Vorschläge, doch in eine andere Stadt zu ziehen wenn man sich die Miete hier nicht mehr leis­ten könne, kommt meist von den­jeni­gen, die von solchen exis­ten­tiellen Prob­le­men nicht betrof­fen sind.

Was sind die Fol­gen?
In Pots­dam führten Mietschulden im ver­gan­genem Jahr zu rund 500 Woh­nungskündi­gun­gen und 150 Zwang­sumzü­gen. Ten­denz steigend. Was der Ver­lust der Woh­nung und der damit ver­bun­dene Ver­lust eines Schutz- und Rück­zugsraums bedeutet, sollte jedem klar sein.
Aus­re­ichen­der Wohn­raum für eine indi­vidu­elle Woh­nungswahl in der Stadt ist knapp und führt zu einem sehr anges­pan­nten Woh­nungs­markt- lediglich etwa  2% der Woh­nun­gen ste­hen leer (neben der nicht uner­he­blichen Anzahl leer­ste­hen­der Häuser außer­halb des Woh­nungs­mark­tes, die größ­ten­teils Speku­la­tion­szweck­en dienen).
Am Schlimm­sten ist die Lage auf dem sozialen Woh­nungs­markt, wo sich 2010 die Zahl der Woh­nun­gen mit Miet­preis- und Bele­gungs­bindun­gen hal­bierte. In Zahlen heißt das: für 157.000 Ein­wohn­er existieren nur etwa 1300 Woh­nun­gen mit „sozialen“ Miet­preisen. Das sind 1,5% von ins­ge­samt etwa 84.000 Woh­nun­gen. Ten­denz fallend.

Es gibt unzäh­lige geplante oder bere­its real­isierte Woh­nungsneubaut­en, welche jedoch wenig bis gar nicht sozial ori­en­tiert und an die Bedürfnisse der Bewohner­In­nen dieser Stadt angepasst sind. Wir reden hier von zen­tral gele­ge­nen Woh­nun­gen und Eigen­tumswoh­nun­gen wie im Sem­mel­hack-City-Quarti­er am Bahn­hof, in der Spe­ich­er­stadt oder von Bebau­ungsplä­nen auf dem Brauhaus­berg, deren Mieten oder Kauf­preise sich nur Besserver­di­enende leis­ten können.

Das alles ist bit­tere Real­ität in Pots­dam. Die Betrof­fen­heit von Poli­tik und High Soci­ety ist gespielt und unglaub­würdig, da diese Entwick­lun­gen seit Jahren begün­stigt werden.

Wir leben gerne in dieser Stadt, doch egal wie viel wir schuften: Die Schmerz­gren­ze ist erre­icht! Wir müssen einen Großteil unseres Einkom­mens für Miete berap­pen. Aus eige­nen Erfahrun­gen wis­sen wir, wie es ist, trotz Arbeit die Miete nach ein­er Sanierung nicht mehr zahlen zu kön­nen.
Das Gefühl der zer­mür­ben­den Ungewis­sheit ist ein ständi­ger Begleit­er gewor­den.  Das immer wiederkehrende Kom­men­tar „Wer es sich nicht leis­ten kann, muss halt wegziehen“ ist für uns defin­i­tiv keine Alter­na­tive, da wir uns nicht auf Kosten von Pres­tige und Kap­i­tal aus unserem sozialen Umfeld vertreiben lassen.

Und was kön­nen wir tun?
Uns den Wohn­raum ein­fach nehmen, indem wir ein seit eini­gen Jahren leer­ste­hen­des und ungenutztes Haus beset­zen und damit zeigen, dass es so nicht weit­erge­ht. Das Haus in der Stift­straße gehört der Diakonie und wurde zulet­zt als Altenheim genutzt. Nun ste­ht es leer, obwohl es in bestem Zus­tand ist und sofort genutzt wer­den kön­nte. Die Logik, die in Pots­dam nor­mal ist, näm­lich Häuser trotz des anges­pan­nten Woh­nungs­mark­tes leer ste­hen zu lassen, um sie später ohne Prob­leme (also ohne Mieter) weit­er­nutzen zu kön­nen, macht auch vor der kirch­lichen Ein­rich­tung Diakonie nicht halt. Während andere die Stadt ver­lassen, weil sie sich Pots­dam nicht mehr leis­ten kön­nen, spie­len Immo­bilienbe­sitzer alle das gle­iche Spiel. Was wäre also ein besser­er Ter­min als Wei­h­nacht­en, um die Diakonie an ihre soziale Ver­ant­wor­tung zu erin­nern. Nicht, dass uns dieses Fest beson­ders viel bedeuten würde, wir sind aber der Mei­n­ung, dass an manchen Stellen die Lüge zwis­chen Schein und Wirk­lichkeit der kirch­lichen Moral beson­ders offen­sichtlich wird und deswe­gen beset­zen wir dieses Haus genau zu Wei­h­nacht­en. Über­haupt ist es ein guter Ter­min, um den „moralis­chen“ Druck auf diejeni­gen zu erhöhen, die mit Argu­menten poten­tiell erre­ich­bar sind, die Stadt zum Beispiel, oder eben die Diakonie. Immo­bilien­an­bi­eter wie Sem­mel­hack, Kirsch und Drech­sler oder Wit­tfoth funk­tion­ieren nach rein kap­i­tal­is­tis­ch­er Logik, denn sie kaufen bil­lig und verkaufen teuer, ihnen kann man höch­stens härtere Regeln, was Mieto­ber­gren­zen ange­ht, aufzwin­gen. Wer von den poli­tisch Ver­ant­wortlichen würde das aber wirk­lich wollen? Wenn wir uns anschauen, wer hier ger­adezu paradiesis­che Ver­hält­nisse für „Immo­bilien­haie“ geschaf­fen hat, wer seit Jahren gute Geschäfte mit wem macht und wer bei Empfän­gen und Par­tys der Stadt Pots­dam mit wem Sekt trinkt, so wird sich auf poli­tis­ch­er Ebene in naher Zukun­ft wohl eher nichts ändern.

Weltweit erheben sich immer mehr Men­schen, um gegen die erdrück­enden Zustände zu kämpfen. Sie erken­nen, dass die Selb­ster­mäch­ti­gung der Schlüs­sel zu Verän­derun­gen ist. Darauf zu warten,dass „die da oben“ was an den Zustän­den ändern wer­den, ist naiv. Warum soll­ten diejeni­gen das Sys­tem ändern wollen, die davon am meis­ten profitieren?

Wir haben dieses Haus bezo­gen, um hier unsere Vorstel­lun­gen des Zusam­men­wohnens zu ver­wirk­lichen. Wir wer­den unser neues Zuhause in Anlehnung an die vorherige Nutzung „Das Heim“ nen­nen und wie sollte es anders sein, sind wir dann fol­gerichtig alle Heimkinder.
Wir sind gekom­men, um zu bleiben!

Wir fordern die Rück­nahme der Pachtzin­ser­höhung für die betrof­fe­nen
Wohn­pro­jek­te in Potsdam!

Wir fordern den bedin­gungslosen Erhalt ALLER beste­hen­den Pro­jek­te, wie die Wagen­burg Her­mannswerder und La Datscha!

Wir fordern eine Stadt in der wir alle leben können!

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Sonstiges

Das Märchen von einer sozialen Stadt für alle …

Seit nun­mehr drei Jahren ist die LaDatscha in Pots­dam beset­zt. Seit drei Jahren gestal­ten wir das Haus und somit unsere Stadt selb­st­bes­timmt mit. Nun ist es wieder ein­mal zu ein­er indi­rek­ten Auseinan­der­set­zung mit der bösen Real­ität gekom­men. Und zwar in Form von Rech­nun­gen und selt­samen Forderun­gen seit­ens der Stiftung Preussis­che Schlöss­er und Gärten bzw. des Kom­mu­nalen Immo­bilien Ser­vice. Ein offen­er Brief der Datscha.

Alle Jahre wieder, so scheint es, erhält die datscha ungeliebte Post vom Kom­mu­nalen Immo­bilienser­vice (KIS). Wie schon im Jahr 2010, ist es auch dieses mal wieder eine Rech­nung. Im Gegen­satz zum ver­gan­genen Jahr aber  beste­hen an der inhaltlichen und for­malen Seriosität des neusten Schreibens erhe­bliche Zweifel. In den let­zten drei Jahren sollen wir Wass­er im Wert von ca. 3000 Euro ver­braucht haben. Zusät­zlich wurde uns die Grund­s­teuer und  Gebäude­ver­sicherung in Höhe von 338,72 Euro in Rech­nung gestellt. Ein­mal abge­se­hen davon, dass wir uns bere­its im let­zten Jahr aus­führlich zur Sache geäußert haben1 und wir unsere Forderun­gen eigentlich nur wieder­holen kön­nen, gibt es dann doch noch einiges zur all­ge­meinen Sit­u­a­tion, was uns und andere linke Pro­jek­te in Pots­dam ange­ht, zu sagen.

Die aktuelle Rech­nung sowie die 1. Mah­nung, die wir am 12.12.2011 erhal­ten haben, hat ihren Ursprung bei der Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten (SPSG), da die datscha ihr Wass­er über einen Anschluss auf einem Grund­stück der Stiftung bezieht. Die SPSG reicht die Kosten an den KIS weit­er, wahrschein­lich in der Annahme, dass wir nicht bezahlen wür­den. Der KIS bezahlt erst ein­mal ohne die Angaben auf der Rech­nung zu hin­ter­fra­gen und richtet sich dann mit seinen Forderun­gen an uns.

So weit so gut. Was uns aber aufge­fall­en ist, hätte wohl auch den „Profis“ des städtis­chen Unternehmens und Eigen­tümer der ehe­ma­li­gen „Vil­la Wild­wuchs“ nicht ver­bor­gen bleiben dür­fen. Auf der Rech­nung der Stiftung fehlen jegliche Angaben zu Zäh­ler­num­mern und Zäh­ler­stän­den. Wir haben daraufhin die Zäh­ler­stände kon­trol­liert und sind auf einen Ver­brauch von ca. 30 Kubik­me­ter in den let­zten drei Jahren gekom­men. Zum Ver­gle­ich: die Stiftung berech­net uns ca. 500 Kubikmeter.

Außer­dem wer­den, wie selb­stver­ständlich, Kosten für die Abwasser­entsorgung berech­net, obwohl allen Beteiligten bekan­nt sein müsste, dass die datscha keinen Abwasser­an­schluss besitzt, son­dern das Abwass­er in regelmäßi­gen Abstän­den durch Sub­un­ternehmen der Stadt Pots­dam abholen und entsor­gen lässt.

Gle­ichzeit­ig wurde der Stadtverord­nete Lutz Boede zu einem Tre­f­fen ein­ge­laden, wo er mit einem Vertreter des Jugen­damtes, der Sozialdez­er­nentIn und zwei Vertretern der Stiftung, wohl gemerkt aber ohne uns, über die Zukun­ft unseres Beachvol­ley­ballplatzes neben der datscha reden sollte. Die Vertreter der Stiftung monierten das äußere Erschei­n­ungs­bild unseres Pro­jek­tes und die Ille­gale Nutzung ihres Grund­stück­es durch unseren Vol­ley­ballplatz. Zur Info: das Grund­stück der datscha ist im Besitz der Stadt bzw. des KIS, das daneben liegende, worauf sich das Vol­ley­ballfeld befind­et, gehört der Stiftung.

Wir sind bere­it Strom und Wass­er zu bezahlen (die Abwasser­entsorgung haben wir seit Beset­zung über­nom­men) unter der Bedin­gung, dass unser Pro­jekt öffentlich einen Dul­dungssta­tus erhält. Wir wollen keinen Mietver­trag und wir wer­den wed­er Grund­s­teuer, noch eine Gebäude­ver­sicherung bezahlen. Dies haben wir bere­its ver­gan­ge­nes Jahr gegenüber der Stadt deut­lich gemacht. Seit­dem hat sich nie­mand der Ver­ant­wortlichen mit uns über Lutz Boede oder unsere Recht­san­wältIn in Verbindung geset­zt. Die neueste Rech­nung kann nicht ein­fach nur ein Verse­hen sein. Wir ord­nen sie in die all­ge­meine Entwick­lung, wie in Pots­dam mit Haus­pro­jek­ten und anderen eigen­ver­ant­wortlichen Ini­tia­tiv­en von Bürg­erIn­nen umge­gan­gen wird, ein.

In Pots­dam wird viel von Bürg­er­beteili­gung gesprochen. Aber wird sie auch tat­säch­lich zuge­lassen und umge­set­zt? Bürg­er­haushalte mit Abstim­mungen wer­den abge­hal­ten und dann doch ignori­ert. Es gibt Stad­trats­beschlüsse, an die sich manche/r Dez­er­nentIn pen­e­trant nicht gebun­den fühlt. Bürg­erini­tia­tiv­en wird nach Lust und Laune ihre Seriosität aberkan­nt und gle­ichzeit­ig wird einem Preußenkult gefrönt, der SozialdemokratIn­nen eigentlich schlecht zu Gesicht ste­hen sollte.

Vor diesem Hin­ter­grund ist es nicht ungewöhn­lich, dass eine Stiftung, die eigentlich nur his­torische Parks und deren Gebäud­e­struk­tur erhal­ten und pfle­gen sollte, sich so auf­spielt, als habe sie in manchen Fra­gen der Stadt­poli­tik das let­zte Wort. Wenn wir gle­ichzeit­ig eine so unver­schämte Rech­nung erhal­ten und oben­drein unser Vol­ley­ballplatz in Frage gestellt wird, hat das einzig und allein mit dem Druck der Schlösser­s­tiftung zu tun. Die Sport­plätze die nach einem Votum durch den Bürg­er­haushalt und nach ein­er Abstim­mung im Stad­trat auf der Fläche hin­ter der datscha gebaut wer­den soll­ten, ste­hen nun wieder in Frage, da auch hier die Stiftung und nun zusät­zlich das Umwelt- und Denkmalschutzamt Bedenken äußern.

Das, was wir machen, ist Bürg­er­beteili­gung! Ein wenig ungewöhn­lich vielle­icht und nicht ganz legal, aber sehr erfol­gre­ich. Auch das haben wir im let­zten Jahr schon geschrieben. Eine Umgestal­tung der Grün­fläche hin­ter der datscha nach den Bedürfnis­sen und Vorstel­lun­gen der Anwohner­In­nen und zukün­fti­gen NutzerIn­nen würde dieses Bürg­eren­gage­ment ver­tiefen. In unseren Augen kön­nte sich die betr­e­f­fende Wiese zu einem lebendi­gen Lab­o­ra­to­ri­um für einen selb­st gestal­teten Stadt­garten sowie Spiel- und Sport­platz entwickeln.

Wie sus­pekt Vertretern der Stadt solche Ini­tia­tiv­en sind, zeigt das arro­gante Ver­hal­ten des Baudez­er­nen­ten Klipp gegenüber alter­na­tiv­en Wohn­pro­jek­ten und kri­tis­chen Grup­pen (die Wagen­Haus­Burg auf Her­rmannswerder z.B.) Auch hat keine ver­ant­wortliche Stelle der Stadt bis heute klar Posi­tion gegenüber dem Pro­jekt la datscha bezo­gen. Es gibt bish­er nur offizielle Ver­laut­barun­gen aus der ersten Woche nach der Beset­zung. Seit­dem herrscht Schweigen seit­ens der Stadt. Damit lässt sich gut leben. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch deut­lich, was nicht gewollt ist: selb­st organ­isiertes Engage­ment und Bürg­er­beteili­gung an Stad­ten­twick­lung­spro­jek­ten. Wed­er sollen „wir“ Bürg­erIn­nen uns zum Stadtschloss äußern, auch inter­essiert es nicht, was „wir“ z. B. zum Brauhaus­berg zu sagen haben. Und wer die Mieten in Pots­dam zu teuer find­et, kann schließlich auch nach Berlin gehen.

Das angekündigte Ref­er­en­dum zur Schwimmhalle wird wahrschein­lich durch irgen­deinen Trick genau­so zur Farce wer­den, wie das vor eini­gen Jahren zum The­ma Stadtschloss abge­hal­tene Votum. Super Grund­lage für demokratis­che Beteili­gung! Mit diesen Ver­hält­nis­sen hät­ten wir auf legalem, demokratis­chen Wege niemals eine datscha eröff­nen kön­nen und die meis­ten von uns wären schon lange da, wo Klipp und Kon­sorten uns wahrschein­lich hin wünschen…in Berlin oder son­st wo.

Wir sind aber hier und wer­den uns wohl auch weit­er­hin die Räume nehmen, die wir brauchen. Und wenn der Stiftung unser Vol­ley­ballplatz nicht passt, soll sie das Grund­stück an die Stadt zurück­geben und den Weg frei machen für weit­ere, sin­nvolle Pro­jek­te. Wenn es denkmalschützerische Bedenken gibt, muß die All­ge­mein­heit ein für alle mal abwä­gen zwis­chen dem öffentlichen Inter­esse an Bürg­erIn­nen­parks und Sport­plätzen und dem Stel­len­wert eines preußis­chen Open Air Museums.

Hier geht es nicht mehr nur um uns. Wir sind der kleine Pick­el der nervt, wie noch einige andere Pick­el in der Stadt. Wenn man sich die Zahl der ent­stande­nen Bürg­erini­tia­tiv­en ansieht (z.B. gegen den Bau des Stadtschloßes, gegen die Gar­ni­sion­skirche, gegen Ein­tritts­gelder für Parkan­la­gen u.a.), scheint die Akzep­tanz für Pres­tige­pro­jek­te, die die herrschende Stadt­poli­tik in Pots­dam repräsen­tieren nicht son­der­lich groß zu sein. Die Arro­ganz der­er, die diese Pro­jek­te ver­wirk­lichen (wollen), umso mehr.

Vor dem Hin­ter­grund der mafiösen Struk­turen in der „High­so­ci­ety“ dieser Stadt; vor dem Hin­ter­grund, dass Mil­lio­nen För­der­mit­tel für frag­würdi­ge Pro­jek­te an frag­würdi­ge InvestorIn­nen ver­schenkt wur­den; vor dem Hin­ter­grund, dass man sich fragt, wer hier eigentlich nicht „Dreck am Steck­en hat“, fra­gen wir uns, wie wir die poli­tisch Ver­ant­wortlichen ernst und beim Wort nehmen sollen. Es ist nicht nur ein Angriff, son­dern auch eine Frech­heit, wenn Baudez­er­nent Klipp aus­gedachte Gel­dar­gu­mente gegen die Wagen­burg her­vorza­ubert und dabei offen­sichtlich sein Man­dat ver­let­zt. Und es ist ein Angriff und nicht nur eine finanzielle Mehrbe­las­tung, wenn selb­stver­wal­tete und legal­isierte Haus­pro­jek­te plöt­zlich 16 Prozent mehr Pacht bezahlen sollen.

Es ist das immer gle­iche Dilem­ma, ob hier in Pots­dam, in Ham­burg oder Berlin. Es wird weit­er fleißig pri­vatisiert, höchst mögliche Ren­dite aus jedem Stückchen Stadt­grund gepresst und beste­hende, kom­mu­nale Reg­u­lar­ien in Sachen Miet­spiegel und sozialer Woh­nungs­bau wer­den abgeschafft. In Ham­burg ist das „Recht auf Stadt“-Bündnis ent­standen, das jet­zt seit gut zwei Jahren durch Demos, Beset­zun­gen und öffentliche Debat­ten für Wirbel sorgt. Das The­ma Miete ste­ht inzwis­chen seit eini­gen Monat­en ganz oben auf der poli­tis­chen Agen­da und es wird darüber disku­tiert, den kom­mu­nalen Woh­nungs­bau wieder an zuschieben. In Berlin hat die Ini­tia­tive „Medi­aspree versenken“ den Städteplan­ern in den let­zten Jahren gehörig in ihre größen­wahnsin­nige Suppe gespuckt. Auch zeigt die große Beteili­gung an den Demos und Aktio­nen des bre­it angelegten Mieten­stop-Bünd­nis Berlin die zuge­spitzte Lage am Woh­nungs­markt und den Willen der betrof­fe­nen Men­schen diese Sit­u­a­tion nicht hinzunehmen.

Wenn wir, die Aus­ge­gren­zten, die Stören­friede, in Sachen Städtepla­nung Gehör erlan­gen wollen, dann wer­den wir uns ähn­lich organ­isieren müssen wie in Ham­burg und Berlin. Und statt weit­er der Entwick­lung hin­ter­her zu laufen, soll­ten wir ein für alle Mal klarstellen, was unsere Inter­essen sind und anfan­gen diese ern­sthaft in die Real­ität umzusetzen.

Und falls die Stiftung auch gegen die datscha denkmalschützerische Bedenken haben sollte und den Druck gegen uns erhöhen wird, sagen wir: bitte schön! Aber ver­bren­nt euch nicht die Fin­ger, denn wir wer­den dafür sor­gen, dass man uns nicht so schnell ver­gisst. Wir haben die Ruhe der let­zten drei Jahre genossen, wir sind aber dur­chaus bere­it, für unsere Freiräume, ob datscha, Vol­ley­ballplatz, Havel­strand o.a. zu kämpfen.

Wagen­burg bleibt! datscha bleibt! Weg mit den Pachter­höhun­gen für die Zep­pelin­straße 25 und 26 und alle
anderen Pro­jek­te!

Wir bleiben alle!

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Antifaschismus

Erfolgreiches Solidaritätskonzert in Brandenburg an der Havel

Am ver­gan­genen Fre­itag hat­te das Antifaschis­tis­che Net­zw­erk [AFN] zu einem Sol­i­dar­ität­skonz­ert nach Bran­den­burg an der Hav­el geladen, um mit Freund_innen und Genoss_innen das Jahr abzuschließen und gle­ichzeit­ig Gelder für anste­hende Prozesse gegen Antifaschist_innen zu sam­meln. Hin­ter­grund hier­für sind Ermit­tlun­gen von Polizei und Staat­san­waltschaft gegen mehr als 300 Men­schen, die am 24. Sep­tem­ber 2011 in Neu­rup­pin zeitweise eine (Neo)naziaufmarsch blockierten.

Für die musikalis­che Unter­malung des Abends waren Bands mit unter­schiedlichen Stilen geladen, die den Wün­schen eines bunt­gemis­cht­en Pub­likums entsprachen. „Pion“ überzeugten so beispiel­weise mit ihrem emo­tionalen Crossover-Stil und „Drunk­en Skunks“ wiederum mit ihrem leicht­en Ska Rhyth­men. Tone Down bedi­en­ten dage­gen mit ihrem kraftvollen Beat die Hard­core-Frak­tion bevor die bei­den Hip Hop Acts „Tapete“ und „VMR“ den Saal endgültig zur Wal­lung brachten.

Unge­fähr 170 Men­schen führte das Konz­ert zusam­men und hin­ter­ließ über­wiegend pos­i­tive Ein­drücke. Auch die Blockierer_innen von Neu­rup­pin kön­nen sich freuen, ihnen wird eine dreis­tel­lige Summe als Unter­stützung zur Bewäl­ti­gung der Prozesskosten zu Gute kommen.

Inter­essiert zeigten sich auch viele Konzertbesucher_innen an der Arbeit von AFN. Der vielfach zu hörende Zus­pruch zu den durchge­führten Aktio­nen und Ver­anstal­tun­gen sowie zum Erscheinen der Recherche­broschüre war nicht über­hör­bar. Er ver­lieh Kraft für die Her­aus­forderun­gen im kom­menden Jahr.

Bedanken möcht­en wir uns an dieser Stelle bei der Juk­u­fa e.V., den All­ge­meinen Studieren­den Auss­chüssen, dem SOLID Lan­desver­band, den Gew­erkschaften VER.DI und GEW, dem DGB sowie allen anderen Unterstützer_innen, die das Konz­ert ermöglicht hatten

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Antifaschismus

150 Menschen blockieren Nazigelände

Am 17.12. hat­te die NPD zu ein­er Son­nen­wend­feier auf das Biesen­thaler Nazigelände im Erich-Müh­sam-Weg geladen. Doch Biesen­thal bleibt für die Nazis ein schwieriges Pflaster. 150 AntifaschistIn­nen aus Biesen­thal und Umge­bung mit Unter­stützung aus Berlin, Straus­berg und Frankfurt/Oder fan­den sich zu ein­er Kundge­bung auf dem Zufahrtsweg zum Nazigelände ein. Unter den Demon­stran­tInnen waren auch der Bürg­er­meis­ter, mehrere Stadtverord­nete, Land­tags- und Bun­destagsab­ge­ord­nete. Durch die Kundge­bung war die Zufahrt zum Nazigelände block­iert. Biesen­thal hat damit noch ein­mal ein deut­lich­es Zeichen geset­zt: Nazis sind hier nicht erwün­scht!
Einige Nazis sind wohl auf das Pri­vat­gelände des NPD-Funk­tionärs Klaus Mann in Finow­furt aus­gewichen. Vielle­icht gelingt es ja beim näch­sten mal auch dort den Ver­anstal­tung­sort mit ein­er Kundge­bung zu verhindern.

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Hakenkreuz-Dennis von der NPD

Dennis Franke Den­nis Franke bei ein­er Neon­azidemon­stra­tion im Sep­tem­ber 2011 in Neuruppin

INFORIOT Ende August grün­dete die NPD einen Stadtver­band in Neu­rup­pin. Wenige Tage später rück­ten sieben Rechte zu ein­er Müll­sam­me­lak­tion aus. “Zwölf Säcke Unrat” wollen sie nach eigen­er Aus­sage auf dem Neu­rup­pin­er Stadt­wall aufge­le­sen haben. Damit sollte kom­mu­niziert wer­den: Wir sind für den Schutz der Umwelt, wir küm­mern uns um ganz prak­tis­che Prob­leme, wir sind eine poli­tis­che Kraft, auf die man bauen kann.

Die Ambi­tion, ein bürg­er­fre­undlich­es Image zu pfle­gen gehört schließlich zu den strate­gis­chen Grundpfeil­ern der Partei. “Ser­iös­er Radikalis­mus” ist der offizielle Parteis­prech dafür, seit­dem im Novem­ber Hol­ger Apfel beim Parteitag in Neu­rup­pin zum Bun­de­schef gewählt wurde.

Dennis Franke Franke am Rande des NPD-Bun­desparteitags im Novem­ber in Neuruppin 

Tat­säch­lich ist die NPD jedoch eine neon­azis­tis­che Organ­i­sa­tion, die alles andere als ziv­il agiert. Belege dafür anhand von Per­son­alien zu find­en ist eine leichte Auf­gabe — auch in Neu­rup­pin. Der Chef des lokalen Stadtver­ban­des ist der zuge­zo­gene Handw­erk­er Den­nis Franke. Eine kurze Betra­ch­tung sein­er Per­son reicht aus, um die Absur­dität der NPD-Imagepflege zu erken­nen. Bish­er ist der 27-Jährige näm­lich weniger als mildtätiger Lokalpoli­tik­er aufge­fall­en. Seine Präsenz scheint bis in die jüng­ste Ver­gan­gen­heit viel mehr ein Garant gewe­sen zu sein für plumpen Neon­azis­mus, Krawall und Gewalt.

Den­nis Franke war 2007 an einem Angriff ein­er Groß­gruppe Neon­azis am Bahn­hof Pöl­chow (Meck­len­burg-Vor­pom­mern) beteiligt, bei dem bru­tal auf linksalter­na­tive Jugendliche eingeprügelt wurde. Franke wurde dafür erstin­stan­zlich zu ein­er ein­jähri­gen Gefäng­nis­strafe auf Bewährung verurteilt. (Ergänzung: Dieses Urteil ist noch nicht recht­skräftig, Frankes Tat­beteili­gung ist jedoch unum­strit­ten. Franke ist übri­gens auch verurteilt wegen Kör­per­ver­let­zung, dem Ver­wen­den von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen und wegen gefährlich­er Körperverletzung.)

 

Auch agierte Franke jahre­lang in der Neon­aziszene von Wis­mar (Meck­len­burg-Vor­pom­mern). In diese Zeit fällt ein bes­tialis­ch­er Mord inner­halb der recht­en Szene. In der Neu­jahrsnacht 2007 wurde ein 30-jähriger Neon­azi von seinen “Kam­er­aden” bru­tal mal­trätiert und schließlich tot­geschla­gen.

Der nieder­ländis­che Fotograf Pieter Wisse hat­te kurze Zeit vorher eine Foto­serie über das Wis­mar­er Milieu erstellt. Diese Bilder sind 2009 in einem Foto­band unter dem Titel “I believe in 88” veröf­fentlicht wor­den. Franke ist nicht nur auf dem Buch­cov­er abge­bildet. Er posiert unter anderem im “Waffen-SS”-T-Shirt in ein­er Woh­nung, die mit Hitler­porträt und Hak­enkreuz­fahne ausstaffiert ist. Und er ist zu sehen, wie er einem jun­gen Neon­azi ein Hak­enkreuz auf den Ober­arm tätowiert.

Ser­iösen Radikalis­mus” und die Sorge um ver­schmutze Wal­lan­la­gen mag man angesichts dieser Details dem Müll­samm­ler Den­nis Franke kaum abkaufen.

(Ergänzung: In diesem Artikel waren Fak­sim­i­les aus dem Foto­band von Pieter Wisse abge­bildet. Der Fotograf bat uns, diese Illus­tra­tio­nen zu ent­fer­nen. Wir kom­men dieser Bitte nach.

Die Fotos sind auf anderen Web­seit­en — hier und hier — eben­falls ver­füg­bar — und auch auf der Home­page von Wisse selb­st. Auf sein­er Home­page berichtet Wisse, dass er bei der Arbeit am fraglichen Foto­band in Wis­mar in Kon­takt mit den späteren Totschlägern aus der Sil­vester­nacht stand.

Franke ist nach ein­er Mel­dung des “Rup­pin­er Anzeigers” vom 21. Dezem­ber von seinem Posten als NPD-Stadtchef zurückgetreten.)

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Antifaschismus

Ein Blick zurück

Pots­dam — Am 15. Dezem­ber 2001 zogen rund 150 Demonstrant_innen die Karl-Liebknecht-Straße ent­lang, in der sich der Neon­aziladen “Union Jack” befand.

Unter dem Mot­to “Smash the Union Jack — Ras­sis­tis­che und neo­faschis­tis­che Struk­turen aufdeck­en und angreifen!” ver­anstal­teten die AAPO (Antifaschis­tis­che Aktion Pots­dam) und die AJAP (Antifa Jugend Aktion Pots­dam) eine Demo um auf das Geschäft und Pots­damer Nazistruk­turen aufmerk­sam zumachen. Unter­stützt von weit­eren Berlin­er und Bran­den­burg­er Grup­pen wurde in Pressemit­teilun­gen, Fly­ern und Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen über die Hin­ter­gründe des “Union Jack” informiert und aufgeklärt.

Betreiber des Geschäfts war Dan­ny Prange, der der mil­i­tan­ten Neon­aziszene zuzurech­nen ist. Er war tätig in der neon­azis­tis­chen Organ­i­sa­tion “Nation­al­is­tis­che Front” (NF) und fungierte in deren Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tion “Direk­te Aktion Mitteldeutschland/JF” als Stützpunk­tleit­er für den Bere­ich Beelitz/Michendorf. Dabei hat­te er nicht nur “poli­tis­ches Engage­ment” im Sinn son­dern beteiligte sich auch selb­st an mil­i­tan­ten Aktio­nen gegen seine poli­tis­chen Gegner_innen. So war er beispiel­sweise an einem Über­fall auf das – damals noch beset­zte — Haus- und Kul­tur­pro­jekt “Archiv” in der Leipziger Straße beteiligt. Die Angreifer_innen benutzten dabei ver­schiedene Schlag­w­erkzeuge und Luft­druck­pis­tolen. Bis zum Ver­bot der “NF” gab es nur wenige eben­so bedeut­same Vere­ini­gun­gen der mil­i­tan­ten neon­azis­tis­chen Szene in Deutsch­land. Regelmäßig wur­den mil­itärische Übun­gen durchge­führt. “Wehrsport” sollte dem Auf­bau ein­er Ter­ror­gruppe, dem “Nationalen Ein­satzkom­man­do” (NEK), dienen.

Dan­ny Prange kon­nte weit­ge­hend unbe­hel­ligt sein Geschäft führen. Dass dabei ein offen­sichtlich gewaltaffin­er und organ­isiert­er Neon­azi, der ter­ror­is­tis­chen Aktiv­itäten á la “Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund” (NSU) offen­bar sym­pa­thisierend gegenüber­stand, die hiesige rechte Szene mit Infra­struk­tur, Musik und Klei­dung ver­sorgte und dabei seinen eige­nen Leben­sun­ter­halt ver­di­ente störte nur wenige. Das Geschäft “Union Jack”, das später in “Jacks Fash­ion & Army Store” umbe­nan­nt wurde, war ein fes­ter Anlauf­punkt für die organ­isierte und unor­gan­isierte Naziszene aus Pots­dam und der näheren Umge­bung. Verkauft wur­den legale und ille­gale Nazide­vo­tion­alien, wie „Thor Steinar“ oder aber auch indizierte CDs der Band “Landser” und “Blue Eyed Devils”.

Eine Kam­pagne gegen den Laden wie in anderen Städten gab es in Pots­dam jedoch nicht. Die Demon­stra­tion bildete den Abschluss öffentlichkeitswirk­samer Aktio­nen gegen das Treiben in Babels­berg. Lediglich nach­fol­gende kleinere direk­te Aktio­nen störten das unbeschw­erte Geschäft­sleben Pranges. Erst Mitte 2010 musste der Laden schließen. Das Ende wurde jedoch nicht wegen antifaschis­tis­ch­er Inter­ven­tio­nen ein­geläutet son­dern wohl wegen finanzieller Eng­pässe seit­ens des Besitzers. So been­dete ein finaler Ausverkauf das let­zte Kapi­tel des “Union Jack” in Babels­berg. Sowohl die Stadt Pots­dam, als auch die hiesige Zivilge­sellschaft oder Antifaszene haben es nicht geschafft dauer­haft Kri­tik an dem Laden zu üben und ihn somit — wie in anderen Städten erre­icht — zur Schließung zu bewegen.

Aufruf: https://inforiot.de/artikel/demo-gegen-naziladen-potsdam
Bericht iNFORi­OT: https://inforiot.de/artikel/kurzbericht-zur-demo-smash-union-jack
Bericht Pots­damer Neuste Nachricht­en: https://inforiot.de/artikel/gegen-nazi-laden-demonstriert

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Milde Strafen für zwei rassistische Schläger

Angriff im April in Frank­furt (Oder) wurde vom Handy des Opfers in Polizeinotrufzen­trale über­tra­gen / Angeklagte ges­tanden die Tat, leugneten aber ras­sis­tis­che Moti­va­tion / Iden­tität eines drit­ten Angreifers weit­er unbekan­nt / Zeu­gen zeigten Zivilcourage

Zwei Frank­furter wur­den am 14.12.2011 vom Amts­gericht Frank­furt (Oder) wegen ein­er ras­sis­tis­chen Attacke zu Haft­strafen auf Bewährung verurteilt. Der 30-jährige Arbeit­slose Toni S. und der 29-jährige Altenpfleger Meik S. hat­ten am Abend des 30. April 2011 in der Nähe des Kau­fland (West) einen 46-jähri­gen Asyl­be­wer­ber bru­tal 
zusam­mengeschla­gen
. Wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung  erhiel­ten sie Strafen von je 8 Monat­en auf Bewährung und mussten ins­ge­samt 500 Euro Schmerzens­geld an ihr Opfer zahlen.

Am Tattag hat­ten die bei­den Angeklagten den Betrof­fe­nen aus ein­er größeren Gruppe Feiern­der ras­sis­tisch belei­digt und dann tätlich ange­grif­f­en. Das Opfer hat­te ger­ade eingekauft und wollte mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Als drei Per­so­n­en, darunter die Angeklagten, auf ihn aggres­siv zu stürmten, ver­suchte er per Handy die Polizei zu rufen. Ihm wurde das Tele­fon abgenom­men und dann wurde er niedergeschla­gen. Auf den am Boden Liegen­den wurde über einen län­geren Zeitraum weit­er eingeschla­gen und einge­treten. Er erlitt vielfache Ver­let­zun­gen und musste im Kranken­haus behan­delt wer­den. Der Kameruner war als Neben­kläger vor Gericht vertreten – bis heute hat er unter den Fol­gen des Angriffs zu leiden.

Durch das weit­er angestellte Handy des Opfers wurde die Tat in der Notrufzen­trale der Polizei über­tra­gen und mit­geschnit­ten und stand somit als Beweis­mit­tel zur Ver­fü­gung. So sind auch die ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen („Kanacke!“, „Bim­bo!“, „Neger!“) doku­men­tiert. Die Angreifer ließen sich auch von zwei Zeug­In­nen nicht von ihrer Gewalt abbrin­gen. Ein Pärchen hat­te die Tat aus dem Auto her­aus beobachtet, und wollte das Geschehen stop­pen. Sie fuhren in Rich­tung der Angriff­sszene und macht­en über Hupen auf sich aufmerk­sam – lei­der erfolglos.

Vor Gericht zeigten sich die Angeklagten geständig und entschuldigten sich für ihr Han­deln. Diese Reue erscheint jedoch nicht glaub­würdig, son­dern als prozesstak­tisch begrün­det. Sie erhofften sich offen­bar, über die Entschuldigung eine mildere Strafe zu erre­ichen. Den drit­ten Haup­tan­greifer woll­ten sie nicht benen­nen und bestrit­ten, trotz aller gegen­teiliger Beweise, aus ras­sis­tis­ch­er Moti­va­tion gehan­delt zu haben.

Rich­terin Uta Weigert wertete in ihrer Urteils­be­grün­dung die Tat ein­deutig als ras­sis­tisch. Auch die Reue­bekun­dun­gen erschienen dem Gericht nicht als voll glaubhaft.

Janek Las­sau von der „Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt“ (BOrG) in Frank­furt (Oder) kom­men­tiert das Urteil: „Lei­der ist der heute ver­han­delte Angriff kein Einzelfall. Erst am 1. und am 5. Dezem­ber hat es in Frankurt (Oder) erneut ras­sis­tisch motivierte Angriffe auf einen Asyl­suchen­den gegeben. Pos­i­tiv her­vorzuheben ist, dass das Gericht den ras­sis­tis­chen Hin­ter­grund der Tat klar benan­nt hat. Auch die Zivil­courage der bei­den Zeu­gen ist zu loben – lei­der ist solch ein Ver­hal­ten keine Selb­stver­ständlichkeit.“ Die BOrg begleit­ete den Geschädigten über die Dauer des Verfahrens.

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Antifaschismus

Dokumentation zu (Neo)naziaktivitäten in Brandenburg an der Havel erschienen

 

Ein antifaschis­tis­ches Autor_innenkollektiv hat in den ver­gan­genen Monat­en (neo)nazistische Ten­den­zen in Bran­den­burg an der Hav­el analysiert sowie zur Entwick­lung des lokalen (Neo)nazimilieus seit Beginn der 1990er Jahre geforscht und daraus eine Broschüre erstellt, die ab sofort vorliegt.

In der Doku­men­ta­tion wird aufgezeigt, dass seit unge­fähr 20 Jahren ein (neo)nazistisches Milieu kon­tinuier­lich in der Havel­stadt aktiv ist, dass dieser Per­so­n­enkreis Gewalt als legit­imes Mit­tel ansieht und dabei sog­ar über Leichen geht.
Beschrieben wer­den aber auch aktuelle Ver­suche der NPD sowie so genan­nter „freier“ Kräfte in Bran­den­burg an der Hav­el ver­stärkt Lokalsek­tio­nen aufzubauen und somit in deren stadtüber­greifende Erwä­gun­gen mit einzubeziehen bzw. deren über­re­gionale poli­tis­che Strate­gie zu integrieren.

Dem ent­ge­gen wer­den Beispiele genan­nt, wie dem (neo)nazistischen Milieu in jüng­ster Ver­gan­gen­heit kreativ ent­ge­gengewirkt wurde, wie beispiel­sweise ein NPD Info­s­tand in Bran­den­burg an der Hav­el durch einen Kuchen­stand vere­it­elt oder ein (Neo)naziaufmarsch in Neu­rup­pin erfol­gre­ich block­iert wurde.

Kri­tisiert wird hinge­gen das Schweigen der Stadt­führung zu den anhal­tenden (Neo)naziaktivitäten. Es ist unver­ständlich das die drittgrößte Stadt im „tol­er­an­ten“ Land Bran­den­burg, die gle­ichzeit­ig auch die Namensge­berin der Mark und Mitaus­rich­terin der BUGA 2015 ist, es sich offen­bar leis­ten kann ein­fach wegzuschauen. Haben die Ver­ant­wortlichen etwa nichts aus dem Tod des im Jahr 1996 von einem (Neo)nazi in Bran­den­burg an der Hav­el getöteten Sven Beuter gelernt?

Doku­men­ta­tion als PDF (3,04 MB)

Neon­azis­tis­che Straftat­en (seit 1996, Auswahl)

Pressemit­teilung als PDF

Doku-Video zur Broschüre

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Kein Abschiebegewahrsam am Flughafen Schönefeld!

 

Weit­ere Informationen:

 

 

Infor­ma­tio­nen vom Bünd­nis gegen Lager Berlin/Brandenburg

Infori­ot (5.12.2011): “Rot-Rote Abschiebun­gen”

Berlin­er Zeitung (5.11.2011): “Gross­flughafen: Abschiebege­fäng­nis sorgt für Streit”

taz (14.10.2011): “Asylk­nast in Schöne­feld — Her­zlich Willkommen”

Flüchtlingsrat Bran­den­burg (14.10.2011): “Kein Asyl­ge­fäng­nis auf dem Willy-Brandt-Flughafen in Schönefeld!”

Pro-Asyl/Flüchtlingsrat Wies­baden (April 2009): “Hastig, Unfair, Man­gel­haft” (pdf-Link, aus­führliche Studie)

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Antifaschismus

Pressemitteilung zum Waldstadtspaziergang und dem Antifa_Outing

Anlass hier­für war ein Auf­marsch von etwa 30 Neon­azis im sel­ben Bezirk am 9. Novem­ber 2011. Seit ger­aumer Zeit gibt es in Wald­stadt mas­sive Prob­leme durch Ein­schüchterungsver­suche und Über­griffe auf Linke und solche die dafür gehal­ten wer­den. Auf diese Sit­u­a­tion machte bere­its im Spät­som­mer let­zten Jahres eine antifaschis­tis­che Demon­stra­tion unter dem Mot­to „wake up“ aufmerk­sam. Schon damals organ­isierten sich die Neon­azis zunehmend bess­er, gin­gen ver­stärkt in die Öffentlichkeit und nutzten ihr neuge­wonnenes Selb­st­be­wusst­sein, um poli­tis­chen Gegner_innen das Wohnen in Wald­stadt fak­tisch unmöglich zu machen. Wald­stadt entwick­elt sich immer mehr zu ein­er soge­nan­nten „No-Go-Area“, in welch­er sich Men­schen, die nicht in das neon­azis­tis­che Welt­bild passen, nicht sich­er fühlen können.

Auch wenn das Engage­ment des Bünd­niss­es PbF begrüßenswert ist, müssen wir fest­stellen, dass es damit nicht getan sein kann. Es ist nicht das erste Mal, dass bürg­er­liche „Zivil­courage“ zwar gut gemeint, jedoch viel zu spät und verkürzt ankommt. Es ver­wun­dert daher nicht, dass die Reak­tion der Neon­azis auf den Wald­stadtspazier­gang in einem „Out­ing“ von (ver­meintlich) linken Jugendlichen mün­det, denn diese werde als die eigentliche Bedro­hung ange­se­hen. Seit min­destens 2002 treten Neon­azis hier in Pots­dam auch öffentlich, durch Aufmärsche oder Kundge­bun­gen, in Erschei­n­ung. Schon damals war die Tak­tik der Bürg­er_in­nen-Ini­tia­tiv­en grundle­gend dieselbe wie heute. Es sollen Zeichen „gegen Rechts“ geset­zt wer­den, die wed­er effek­tiv noch zeit­nah sind. Mal finden„Toleranzfeste“ weit ab vom Schuss statt oder wie im aktuellen Fall über ein Jahr nach­dem das Prob­lem öffentlich gemacht wurde. Erst wenn ein Gesichtsver­lust dro­ht und Antifaschist_innen sich des Naziprob­lems längst angenom­men haben, treten die Ini­tia­tiv­en in Aktion. Diese Strate­gie genügt nicht um die Pots­damer Neon­azistruk­turen zu schwächen oder sie an der Wurzel zu pack­en. Solange alltäglich­er Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus nicht offen kri­tisiert und gegen ver­fälschte Geschichts­bilder aus der soge­nan­nten „Mitte“ der Gesellschaft vorge­gan­gen wird, muss sich nie­mand wun­dern, wenn „plöt­zlich aus dem Nichts“ neon­azis­tis­che Gewalttäter_innen mar­o­dierend durch die Städte ziehen.

Die Press­esprecherin des ak_antifa_potsdam sagt dazu: “Deftige Erb­sen­suppe aus der Gulaschkanone, Tee und Glüh­wein sind ein­fach keine pro­bat­en Mit­tel im Kampf gegen neon­azis­tis­che Struk­turen, wed­er in Pots­dam, noch in Halbe oder Jena.“

Inforiot