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Antifaschismus

Nazidemo in Wittenberge angekündigt

INFORIOT Neon­azis pla­nen, am Sam­stag, dem 5. April in Wit­ten­berge (Land­kreis Prig­nitz) zu demon­stri­eren. Unter dem Mot­to “Sieh nicht zu, wenn deine Stadt stirbt – werde aktiv!” soll der Auf­marsch ab Mit­tag stat­tfind­en. Die Neon­azis wollen gegen “nicht erträgliche Zustände” protestieren, die für sie als “Stre­it­er für die nationale Weltan­schau­ung” nicht hin­nehm­bar seien. Auf ein­er bere­its jet­zt ein­gerichteten Mobil­isierungs­seite der Neon­azis ist bis­lang ein Kurza­ufruf und ein intern­er Aufla­genkat­a­log veröf­fentlicht. Die Demon­stra­tion wurde in ein­er Mit­teilung der Kam­er­ad­schaft  “Freie Kräfte Neu­rup­pin / Osthavel­land” am Mon­tag publik.

Seit Monat­en dauert in Wit­ten­berge eine Serie von neon­azis­tis­chen Schmiereien und Sachbeschädi­gun­gen an. Einige Beispiele: Ende Novem­ber wur­den über eine Länge von 300 Metern an ein­er Mauer rechte Parolen geschmiert. An ein­er Haustür wurde Ende Okto­ber ein Hak­enkrez ger­itzt. Im Sep­tem­ber wurde eine Ernst-Thäl­mann-Gedenk­tafel beschädigt. Ende August wur­den am Bus­bahn­hof rechte Parolen und Sym­bole hin­ter­lassen. Die nun geplante Demon­stra­tion soll ver­mut­lich dazu dienen, die rechte Präsenz in Wit­ten­berge zu ver­stärken und auf ein neues Lev­el zu heben.

Zulet­zt hat es im Feb­ru­ar 2013 eine Neon­azi-Demon­stra­tion in Wit­ten­berge gegeben. Damals war in den Abend­stun­den eine kleinere Gruppe Rechter dunkel gek­lei­det und unangemeldet am Stern mit Fack­eln und Trans­par­enten aufmarschiert.

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Antifaschismus

Proteste gegen „Rechte“-Hetze in Märkisch-Oderland

INFORIOT — Unter dem Mot­to „Asy­lanten­heim  — Wir sagen nein!“ führte der Lan­desver­band der Partei „Die Rechte“ gestern eine Kundge­bung auf dem Markt in Bad Freien­walde (Land­kreis Märkisch-Oder­land) durch. Angemeldet wurde die Ver­anstal­tung von „Die Rechte“-Landeschef Klaus Mann aus dem 30 Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Finow­furt (Land­kreis Barn­im). Er ver­sam­melte unge­fähr 50 Neon­azis, darunter auch Ex-Funk­tionäre des ver­bote­nen „Front­bann 24“ aus Berlin, Mit­glieder der schein­aufgelösten „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder-Barn­im“ (KMOB) und “Freien Nation­al­is­ten Uck­er­mark” sowie einzel­nen NPD und JN Aktivist_innen. Ex-DVU Funk­tionär Mann stand am Mikro, musste allerd­ings – man­gels Tal­ent und Sehstärke — mit Hil­fe ein­er Lese­brille seine Het­zrede able­sen. Eine nen­nenswerte Wirkung erzielte der Rede­beitrag, eben­so wie der des Berlin­er „Die Rechte“-Landesvorsitzenden Uwe Dreisch, jedoch nicht. Die Laut­sprechertech­nik war man­gel­haft und das noch ein wenig ver­ständliche restliche Gebrabbel wurde durch Pfiffe und Tröten der Gegendemonstrant_innen übertönt.

Protest gegen Nazikundgebung

Unge­fähr 50 bis 60 Men­schen hat­ten sich näm­lich um die „Die Rechte“-Kundgebung herum ver­sam­melt, um ihrem Protest gegen die die asylfeindliche Ver­anstal­tung zum Aus­druck zugeben. Eine Gruppe Bürger_innen zeigte ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Flüchtlinge bleiben – rechte Gedanken vertreiben“. Auch einige Antifas zeigten ihren Protest am Rande und erin­nerten, dass Nazis eben nicht nur bloße Dumpf­back­en sind, son­dern „Ras­sis­mus“ auch „tötet“. Zu nen­nenswerten Störun­gen kam es jedoch nicht. Einzelne Pro­voka­tio­nen von Kundge­bung­steil­nehmenden der Partei „Die Rechte“ wur­den sofort durch die Polizei unterbunden.

Keine Unter­bringung in Bad Freien­walde geplant

Im Land Bran­den­burg, eben­so wie im gesamten Bun­des­ge­bi­et, wer­den in den näch­sten Monat­en mehr Geflüchtete aufgenom­men, als in den Vor­jahren. Deshalb wer­den in nahezu allen Land­kreisen Unterkün­fte aus- bzw. neuge­baut. Im Land­kreis Märkisch-Oder­land soll, eben dem beste­hen­den Heim in Garzau bei Straus­berg, noch ein zweites in Neuhard­en­berg entste­hen. Laut ein­er Über­sicht des RBB zur The­matik ist in Bad Freien­walde (Oder) bish­er, ent­ge­gen der Het­ze der Partei „Die Rechte“, kein Asyl­be­wer­ber­heim geplant. Allerd­ings ver­anstal­teten die „Recht­en“ bere­its am 16. Novem­ber 2013 eine Het­zkundge­bung gegen die Unter­bringung von Geflüchteten in Woh­nun­terkün­ften im benach­barten Oder­berg (Land­kreis Barnim).

Fotos:

Press­eser­vice Rathenow

Chris­t­ian Jäger 

Dan­ny Frank

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Soliaktion für Lampedusa-Flüchtlinge und Rote Flora auf Potsdamer Weihnachtsmarkt

 

Am Don­ner­stag, den 19.12., fand auf dem Pots­damer Wei­h­nachts­markt in der Bran­den­burg­er Straße eine Soli­ak­tion für die Ham­burg­er Rote Flo­ra und die aus Lampe­dusa Geflüchteten sowie die Esso­häuser statt. Eine Gruppe von 30–40 Leuten zog mit „Refugees Wel­come“-, „Flo­ra bleibt!“- und anderen Schildern und Fly­ern aus­gerüstet über den Wei­h­nachts­markt, um in der behaglichen und vor­wei­h­nachtlichen Stim­mung eigene Akzente zu set­zen. Doch warum das Ganze?

In Ham­burg ver­sucht eine Gruppe — bekan­nt gewor­den unter dem Namen Lampe­dusa in Ham­burg — gemein­sam mit Unterstützer_innen die lebens­ge­fährliche Sit­u­a­tion von Flüchtlin­gen auf dem Mit­telmeer und in Lampe­dusa, ein­er kleinen Insel vor dem europäis­chen Fes­t­land, wo Jahr für Jahr tausende Flüchtlinge ver­suchen Schutz und ein besseres Leben zu find­en, zu thematisieren.

Regelmäßig erre­ichen uns erschreck­ende Nachricht­en über Tragö­di­en im Mit­telmeer, kleine völ­lig über­füllte Fis­cher­boote ken­tern im Mit­telmeer. Hil­fe vergebens. Soll­ten sie es nach Europa schaf­fen, wer­den sie ver­fol­gt, krim­i­nal­isiert und wegges­per­rt. In Ham­burg hat eine Gruppe von Flüchtlin­gen eine Notun­terkun­ft in der St.- Pauli- Kirche erhal­ten. Lange nicht Alle. Die kon­se­quente Forderung für ein Grup­pe­naufen­thalt­srecht passt der Poli­tik und Polizei nicht ins Konzept. Sie fordern die Reg­istrierung der Flüchtlinge, was sie in die zähen Mühlen der ras­sis­tis­chen Bürokratie presst.

Aber nicht nur die Lampe­dusa- Gruppe war Grund für die Demo.

Das seit 20 Jahren beset­zte Zen­trum Rote Flo­ra ste­ht vor der Räu­mung durch die pri­vat­en Inve­storen Gert Baer und Klaus­martin Kretschmer. Sie inter­essieren sich für prof­itable Investi­tion­spläne mit einem Ver­anstal­tungsraum, Kita und anderen Pro­jek­ten. Selb­stver­wal­tete und unkom­merzielle Zen­tren passen ihnen nicht ins Geschäftsmodell.

Der lange Kampf für selb­stver­wal­tete Pro­jek­te ist lei­der immer wieder und über­all The­ma. Vor dem Prob­lem der Stad­tum­struk­turierung ste­hen auch die Esso­häuser. 2009 an die Bayrische Haus­bau GmbH verkauft, will diese sie abreißen lassen und Platz für zahlungskräftiges Pub­likum im Wohn- und Gewer­be­bere­ich machen. Vor kurzen mussten die Häuser auf­grund von Ein­sturzge­fahr geräumt wer­den, und die Bewohner_innen ste­hen teil­weise ohne Hil­fe da . Damit geht der Bayrischen Haus­bau GmbH ihr Prof­it­streben vor den Schutz der Bewohner_innen.

Grund genug für uns, die Sit­u­a­tion der Pro­jek­te zu the­ma­tisieren und uns mit ihnen zu sol­i­darisieren. Nach kurzem Warm­sin­gen und dem Verteilen von Fly­ern und Schildern starteten wir an der Peter- und Pauls- Kirche und zogen gemein­sam über die Bran­den­burg­er Straße zum Luisenplatz.

Fra­gende Blicke wur­den mit Plakat­en, Fly­ern und Gesprächen beantwortet. 

Die zahlre­ichen Fress­bu­den erhiel­ten eine Räu­mungsauf­forderung bis zum 20.12.13. Unterze­ich­net von G. Baer und K. Kretschmer. An ver­schiede­nen Kreuzun­gen und Flächen die noch nicht vom Verkaufs- und Fress­bu­den belegt waren bre­it­eten wir uns zum Wei­h­nachtssin­gen aus. Es wurde ein Konz­ert, „ein Fest der Sinne“, angekündigt und umgedichtete Wei­h­nacht­slieder zum Besten gegeben. Das wei­h­nachtlich ges­timmte Pub­likum gab eine meist pos­i­tive Res­o­nanz, zeigte Inter­esse und nahm Fly­er ent­ge­gen, die zur Demo in Ham­burg am 21.12. aufriefen und über Res­i­den­zpflicht und die Räu­mungsan­dro­hung gegen die Flo­ra informierten. Am Luisen­platz angekom­men, fol­gte das große Abschlusskonz­ert vor der Märchenbühne.

Zur Feier des Tages wurde die Musik abge­dreht und die Sänger_innen kon­nten nochmal ihr Bestes geben. Die nötige Aufmerk­samkeit haben wir auf jeden Fall erhal­ten. Erfol­gre­ich und ohne Repres­salien durch eine über­mo­tivierte und nach preußis­ch­er Ord­nung strebende Polizei kon­nten wir die Spon­tande­mo ohne Ver­haf­tun­gen beenden.

Für mehr selb­stver­wal­tetes Wohnen und Leben! Autonome Zen­tren auf­bauen und verteidigen!

Für bun­ten, vielfälti­gen und entschlosse­nen Wider­stand gegen neolib­erale Stad­ten­twick­lung und Ras­sis­mus in Ham­burg Pots­dam und überall!

 

Des Inter­ess­es wegen hier die Texte der „Wei­h­nacht­slieder“:

 

(Melodie Fröh­liche Weihnacht)

Fröh­liche Wei­h­nacht überall,

auch in der Flo­ra, selb­st wenn’s knallt.

 

Räu­mungs­bescheid vom Privatinvestor, 

der nahm sich ja ganz schön was vor.

 

Fröh­liche Wei­h­nacht überall,

auch in der Flo­ra, selb­st wenn’s knallt.

 

Darum alle laufet mit in der Demonstration,

denn räu­men lassen wir uns nicht; nicht ohne Konfrontation.

 

Fröh­liche Wei­h­nacht überall,

auch in der Flo­ra, selb­st wenn’s knallt.

 

(Melodie Oh Tannenbaum)

 

Oh Europa, Oh Europa,

wie hoch sind deine Mauern.

 

Du schieb­st nicht nur, du drängst auch ab,

zurück ins Meer, ins Massengrab. 

 

Oh Fro(ho)ntex, Oh Fro(ho)ntex,

wie sehr sind wir dir dankbar.

 

Alle Jahren wieder

Mieter­höhun­gen

pras­seln auf uns nieder

in den Wohnungen.

 

Beset­zt mit unsren Sägen,

geht rein in jedes Haus,

ihr kön­ntet Frei­heit leben;

Spekulant_innen raus!

 

Einige Gedanken über die Proteste und Gewalt bei der inter­na­tionalen Demo für die Rote Flo­ra, die Esso­häuser und die Forderun­gen der Lampe­dusa Ham­burg Gruppe für das Bleiberecht für Refugees.

Wir haben uns mit ein­er Gruppe in den Mor­gen­stun­den auf den Weg nach Ham­burg gemacht, um unseren Protest gegen die herrschen­den Zustände und in Sol­i­dar­ität mit den Protesten in Ham­burg auf die Straße zu tra­gen. Schon im Voraus bestand die Befürch­tung, dass wir durch Polizeikon­trollen an der Teil­nahme gehin­dert wer­den. Nach Ham­burg und bis zur Roten Flo­ra kamen wir unge­hin­dert. Vorkon­trollen gab es nicht, eben­falls kaum Polizis­ten auf dem Weg zur Demo. Auch gut, allzu oft wer­den All­t­ags­ge­gen­stände von der Polizei zu gefährlichen Waf­fen uminter­pretiert. An der Flo­ra angekom­men war die Gruppe schon so groß, dass sie nur schw­er zu über­schauen war. In let­zten Absprachen klärten wir unsere Ziele und Bezugs­grup­pen, zum Großteil auf eine laute kraftvolle Demo ges­pan­nt, ohne dabei die Kon­fronta­tion zu suchen.

Wir ver­sucht­en noch ein wenig nach vorn zu gelan­gen, als sich der Demozug in Bewe­gung set­zte – laut, kraftvoll und unter Ein­satz von Pyrotech­nik. Zu dem Zeit­punkt sahen wir noch keine Eskala­tion oder Angriffe auf die Polizei, doch das erste, was wir dann sahen, waren die Wasser­w­er­fer, die anscheinend ohne Vor­war­nung mas­siv in die Demo ziel­ten. Recht schnell wurde darauf geant­wortet. Die Demo blieb trotz Wasser­w­er­fer und Polizeiüber­griffe zum Großteil ste­hen. Es fol­gten erste Reak­tio­nen aus der Demo: Pyro, Böller, Flaschen.

Die Polizei schien das zu tun, was sie her­auf­beschwören wollte. Sie blieb, griff die Demo an, schoss weit­er mit Wasser­w­er­fern, deren Wass­er wohl auch mit Reizstof­fen ver­set­zt wurde und ran­nte immer wieder bis tief in die Demo hinein und ver­prügelte Men­schen. Die Antwort war deut­lich und kon­se­quent. Die Polizei wurde nicht sel­ten mas­siv ange­grif­f­en und teil­weise zurückge­drängt. An eine kraftvolle Demo war dann schon nicht mehr zu denken. Die Kon­fronta­tion ver­lagerte sich langsam auf die Kreuzung Schulterblatt/Juliusstraße. Dort griff die Polizei weit­er die Leute an und ver­let­zte viele mit Pfef­fer­spray und Schlag­stock. Eine Per­son brach hin­ter den Polizeikräften zusam­men. Über­raschen­der Weise wur­den wir als Ersthelfer_innen durchge­lassen und kon­nten die Per­son in Sicher­heit brin­gen. Als sich die Lage halb­wegs beruhigte, die Polizei aber noch mit­ten auf der Kreuzung stand und die Masse der Demon­stri­eren­den auf­s­pal­tete, gab es Zeit um sich neu zu organ­isieren und wiederfind­en. Das „Recht auf Stadt“-Bündnis hat­te sich zu dem Zeit­punkt schon um eine neue Demo bemüht, die in Rich­tung Esso­häuser ziehen sollte. Nach 500 Metern schienen die Polizist_innen wieder die Eskala­tion zu suchen. Sie versper­rten den Weg und sagten, wir kön­nten wieder demon­stri­eren, aber dann nur zurück zur Flo­ra, woher wir kamen. Die Leute zogen schließlich in größeren Grup­pen durch die Stadt, um zu den Esso­häusern zu gelan­gen. Auf der Reeper­bahn ange­langt waren wieder viele Leute zu sehen, vor der Davidwache auch wieder Wasser­w­er­fer. Es fol­gten wieder Auseinan­der­set­zun­gen. Die Cops bedrängten Leute, die auf dem Wei­h­nachts­markt standen. Wieder eine her­vor­ra­gende Sit­u­a­tion, um eine Massen­panik zu schaf­fen. Als wir bei der Ver­sorgung eines Ver­let­zten helfen woll­ten, kamen kurz darauf die Cops und woll­ten uns zurück­drän­gen. Schein­bar stell­ten ein Dutzend Men­schen für die 22. oder 23. Hun­der­schaft der Nieder­säch­sis­chen Polizei eine gefährliche Masse dar. Es kam wieder zu groben Schub­sereien und Ersthelfer_innen wurde von Polizist_innen ins Gesicht geschla­gen – mit dem Hin­weis, dass es ihnen egal sei, ob sie helfen. Wir hof­fen, dass zumin­d­est der später eingetrof­fene Kranken­wa­gen durchge­lassen wurde.

Mit­tler­weile war lange klar, dass die Cops die Sit­u­a­tion gän­zlich eskalieren lassen woll­ten oder mit ihrer Zer­spren­gungstak­tik nicht zurecht kamen und es ihnen zu viele Leute waren.

Für uns stellte sich nun die Frage, ob und wie wir vor Ort bleiben wollten.

Im Rück­blick betra­chtet scheint es uns sehr deut­lich, dass die Eskala­tion­stak­tik der Cops den ganzen Tag durchge­zo­gen wurde. Irgend­wie mussten Gefahren­prog­nose und Gefahrenge­bi­ete der Cops legit­imiert wer­den, da die Medi­en erst sehr spät auf den Zug der Drama­tisierung aufge­sprun­gen waren.

Das Stop­pen und Angreifen des Demozuges wurde auf­grund von faden­scheini­gen Argu­menten wie zu früher Start der Demo und Angriffe auf die Cops durchge­zo­gen – auch wenn die Argu­mente durch Berichte von Zeug_innen und Videos wider­legt wur­den. Auch Pyro auf Demos oder in Men­schen­massen darf umstrit­ten sein, kann und darf aber noch keinen Angriff durch die Polizei auf Demon­stri­erende legitimieren.

Die Demo war aus unser­er Sicht laut­stark, entschlossen und kraftvoll. Mit einem der­ar­ti­gen Angriff gle­ich zu Beginn kon­nte es keine andere Entwick­lung geben.

Hät­ten sich die Cops zurück­ge­hal­ten und „kleinere Rechts­brüche“ hin­genom­men, hät­ten sie bei weit­em nicht die Auss­chre­itun­gen erre­icht, wie sie sie selb­st her­vorgerufen haben. Das schien aber nicht poli­tis­ch­er oder polizeilich­er Wille gewe­sen zu sein.

Wenn der gute Mirko Streiber (Polizeis­prech­er) meint, dass es die schw­er­sten Krawalle seit Jahren waren und entschlossenes Ein­greifen nötig war, bleibt fraglich, warum bei massen­haft anwe­senden BFE- Ein­heit­en, die ja zum geziel­ten Fes­t­nehmen da waren, lediglich ca. 20 Fes­t­nah­men ver­bucht wur­den – vielle­icht, weil der Rest mit dem Ver­prügeln von Men­schen beschäftigt war. Neben­bei wurde noch eine ganze Ver­samm­lung in Gewahrsam genom­men, um gewün­schte Zahlen präsen­tieren zu kön­nen. Auch die ver­meintlichen Angriffe auf die Polizei bleiben fraglich, wo doch anfangs keine Polizei direkt vor der Demo stand. Die Polizist_innen mussten ja erst auf die Demo zulaufen, um sie zu stop­pen. Selb­st dabei blieb es ver­hält­nis­mäßig ruhig, aber schon nach weni­gen Minuten wur­den die bere­it ste­hen­den Wasser­w­er­fer einge­set­zt und die Stim­mung so nach­haltig aufgeheizt.

Wo Auss­chre­itun­gen sind, ist auch die Gew­erkschaft der Polizei nicht weit. Herr Lenders forderte gle­ich das Ver­bot von Demos, die auf­grund polizeilich­er Ein­schätzung als gewalt­tätig eingestuft werden.

Da müssen auch Ver­wal­tungs­gerichte der­ar­tige Gefahren­prog­nosen der Polizei respek­tieren, aktzep­tieren und dann auch mal eine Demon­stra­tion […] zu ver­bi­eten“ Gewal­tenteilung? Anscheinend nicht mit der GdP.

Für uns ist klar, dass es gewollte und bewusst provozierte Bilder waren, die die Polizeiführung haben wollte. Das unnötige Aufhal­ten der Demo und der Ein­satz von Wasser­w­er­fern von Beginn an war Mit­tel zum Zweck, um Auss­chre­itun­gen her­vorzu­rufen. Bleibt abzuwarten, welche Erken­nt­nisse Polizei und Poli­tik daraus ziehen. Ist das ein Vorgeschmack auf eine mögliche Räu­mung? Kann und will die Stadt noch für die Flo­ra ein­ste­hen? Vor allem wie gestal­tet sich der Protest und Wider­stand gegen Räu­mungen bei mil­itärisch aufgerüsteten Polizeiein­heit­en und anscheinend hem­mungs­los prügel­nden Polizeiein­heit­en, der durch ihre mar­tialis­che Aus­rüs­tung kaum etwas ent­ge­genge­set­zt wer­den kann?

Es bleiben viele offene Fra­gen, die es zu klären gilt. Wir sind ges­pan­nt, was die Zukun­ft bringt.

 

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Antifaschismus

Lichter erloschen

INFORIOT – Am Sonnabend, den 21. Dezem­ber 2013, marschierten ca. 100 Neon­azis unter dem Mot­to „Das Licht der Hoff­nung ist nicht erloschen, Asyl­wahnsinn stop­pen“ durch die Kle­in­stadt Bestensee bei Königs Wuster­hausen (LDS). Im Bestenseeer Ort­steil Pätz sollen im Früh­jahr 2014 etwa 150 Geflüchtete in ein­er Über­gang­sun­terkun­ft wohnen. Bere­its in der Ver­gan­gen­heit hiel­ten Neon­azis eine Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen gegen das Vorhaben ab.

Wartungsar­beit­en lassen die Nazis im Dunkeln tapsen

Gegen 16 Uhr begann der Aufzug am Bahn­hof Bestensee, wo Anmelder und Demon­stra­tionsleit­er Ben­jamin Weise die Aufla­gen ver­las. Dann zogen die Neon­azis, vor­wiegend aus der Region um den Land­kreis, in die Haupt­straße. Durch Wartungsar­beit­en wur­den die Ampeln in der Haupt­straße zweitweise aus­geschal­tet. So zog die Demon­stra­tion durch dun­kle, men­schen­leere Straßen bis sie in der Plat­ten­bausied­lung in der Frieden­straße ankam. Aus den Häusern wurde Zus­pruch für den Auf­marsch der Neon­azis geäußert, einige Anwohner*innen schlossen sich sog­ar der Zwis­chenkundge­bung an. Anschließend ging es wieder zurück zum Bahn­hof. Anders als bei einem Auf­marsch im Okto­ber liefen die Neon­azis nicht an der Unterkun­ft für die Geflüchteten vorbei.

 

Keine NPD-Veranstaltung?

Auf der Inter­net­seite „Nein zum Heim in Pätz“ wurde die Demon­stra­tion als parteiun­ab­hängig bewor­ben. Die Autor*innen haben zu dem angekündigt, rechtlich gegen jede*n vorzuge­hen, der*die behaupten würde, dass es sich bei der Demon­stra­tion um eine NPD Ver­anstal­tung han­deln würde. Irrwitziger Weise wurde die Demon­stra­tion von den NPD-nahen Freien Kräften Königs Wuster­hausen angemeldet und durchge­führt, führende Bran­den­burg­er NPD und JN Kad­er schwan­gen Reden, etliche bekan­nte NPD Gesichter und Funk­tionäre waren vor Ort. Der Mul­ti­funk­tionär Ron­ny Zasowk, die Bran­den­burg­er NPD-Schatzmeis­terin Manuela Kokott und der JN-Bun­desvor­stand Pierre Dorn­brach referierten während des Auf­marsches. Auch der Demon­stra­tionsan­melder Ben­jamin Weise trat zur Kom­mu­nal­wahl 2008 für die NPD im Land­kreis Dahme-Spree an.

 

Aggres­sive Stimmung

Laut PNN-Infor­ma­tio­nen wur­den im Vor­feld der Demon­stra­tion weiße Masken und Fack­eln ver­boten. Als Aus­gle­ich dazu wur­den Kerzen und Lampin­ions gezün­det. Dies täuschte aber nicht über die aggres­sive Grund­stim­mung der Demon­stra­tion hin­weg. Aus „Deutsch­land den Deutschen – Wir sind das Volk“ wurde schnell die all­seits bekan­nte Parole „Deutsch­land den Deutschen –Aus­län­der Raus“. Neben der Demon­stra­tion wur­den Pressevertreter*innen mehrfach bedro­ht und geschubst.

 

Kein Gegenwind

Eine Gegen­ver­anstal­tung von zivilge­sellschaftlichen und parteilichen Akteure der Stadt gab es dieses Mal nicht. Das ist jedoch nicht ver­wun­der­lich, so war bere­its beim Auf­marsch im Okto­ber die Straßen­beleuch­tung aus­geschal­ten wor­den, um den Neon­azis, so hofften die Initiator_innen der Stadt, weniger Aufmerk­samkeit zu schenken und ihre Het­ze ins Leere laufen zu lassen. Doch es gibt auch Pos­i­tives: Am sel­ben Tag wurde Kinderklei­dung und Kinder­spielzeug für die Kinder des kün­fti­gen Über­gang­sheims durch das Tech­nolo­gie- und Berufs­bil­dungszen­trum gesammelt.

 

Bilder gibt es hier.

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Antifaschismus Sonstiges

Nur Respekt und Menschenverstand!

Potsdam/Leipzig — Am 8. Dezem­ber sollte im Bruno-Plache-Sta­dion das let­zte Spiel des SV Babels­berg 03 gegen den 1. FC Lok Leipzig vor der Win­ter­pause stat­tfind­en. Es sollte ein schön­er Son­ntag wer­den, ein Tag der Freude und des Zeichens für Respekt und Men­schen­ver­stand. Jedoch aus Angst vor Über­grif­f­en durch Nazis wurde für Prob­s­thei­da von den Sicher­heit­skräften der Aus­nah­mezu­s­tand aus­gerufen und vom gast­geben­den Vere­in in Zusam­me­nar­beit mit dem Nor­dost­deutschen Fußball-Ver­band (NOFV) jede Äußerung gegen Diskri­m­inierung in und rund um das Sta­dion ver­hin­dert. Die Spielab­sage vom Fre­itag ändert nichts am skan­dalösen Ver­hal­ten der Behör­den, des Ver­ban­des und der Vere­ine. Im fol­gen­den wollen wir, die Nord­kurve Babels­berg, uns zu den Beschränkun­gen und den daraus resul­tieren­den Kon­se­quen­zen äußern.

Die Null­drei-Fans, die ihr Team am 8.12. in Leipzig unter­stützen woll­ten, soll­ten ihre Tick­ets bere­its im voraus kaufen. Ohne Rück­sicht auf all jene, die außer­halb von Babels­berg und zum Teil weit­er weg wohnen, waren die Tick­ets lediglich im Karl-Liebknecht-Sta­dion erhältlich. Gle­ichzeit­ig wurde die Gästeka­paz­ität begren­zt, was bedeutet, dass lächer­liche 300 Karten für den Gästean­hang zur Ver­fü­gung gestellt wur­den. Bei ein­er Gesamtka­paz­ität des Gäste­blocks von ohne­hin nur 500 Plätzen, eine ger­adezu absurde Hand­lung. Am Son­ntag sollte es eine Ban­n­meile um das Bruno-Plache-Sta­dion geben. Nur Men­schen mit Tick­ets hät­ten diese „ver­botene Zone“ betreten dür­fen. Eine weit­ere Aus­nahme wären Teilnehmer*innen der Demon­stra­tion „Blauweißbunt – Kein Fußball den Faschis­ten“ gewe­sen, die sich bis auf 800 Meter dem Sta­dion hät­ten näh­ern dür­fen. Im Sta­dion selb­st waren lediglich Fah­nen, Ban­ner, Schals und T‑Shirts erlaubt, welche die Vere­ins­far­ben und Logos tra­gen. Anti­ras­sis­tis­che Posi­tion­ierun­gen wur­den als ver­meintlich poli­tis­che Äußerun­gen unter­sagt und soll­ten unter­bun­den wer­den. Diese Beschränkun­gen haben einzig und allein das Ziel, Zivil­courage und Engage­ment gegen Diskri­m­inierung mit der ver­ab­scheuungswürdi­gen Ver­her­rlichung recht­sradikaler Ide­olo­gie gle­ichzuset­zen und offen­siv zu verhindern.

Somit soll­ten wir, die engagierten Fans des SV Babels­berg 03, für das Ver­hal­ten ein­er nicht unbe­trächtlichen Zahl von Lok Fans beim Hin­spiel im Karl-Liebknecht-Sta­dion bestraft wer­den. Denn es waren die Gäste aus Leipzig, welche die Kassen stürmten, die Mörder vom Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund (NSU) in Gesän­gen huldigten, die Nord­kurve angrif­f­en, die den Platz stürmten und für eine Spielun­ter­brechung sorgten sowie unsägliche Gesänge wie „Wir sind Lok­isten – Mörder und Faschis­ten“ skandierten.

Hinzu kommt, dass wir in unserem Engage­ment für Respekt und Men­schen­ver­stand allein gelassen wer­den. Der Vere­in SV Babels­berg 03 wurde vom NOFV unter Druck geset­zt und jede Äußerung zum anti­ras­sis­tis­chen Selb­stver­ständ­nis des Vere­ins mit dem Ver­weis auf empfind­liche Sank­tio­nen ver­hin­dert. Der Ver­band möchte so jedes Engage­ment gegen Diskri­m­inierung unter dem Dog­ma der ver­meintlichen Neu­tral­ität des Sports aus dem Sta­dion ver­ban­nen. Außer­halb des Sta­dions beschränken die Sicher­heit­skräfte als ver­meintliche Präven­tion gegen zu erwartende Über­griffe durch Nazis das Demon­stra­tionsrecht statt eine engagierte Zivilge­sellschaft zu unter­stützen. Lok Leipzig, der NOFV und die Sicher­heits­be­hör­den möcht­en durch diese repres­siv­en Maß­nah­men gewährleis­ten, dass das Sta­dion zum ver­meintlich vor­poli­tis­chen Raum wird.

Die Leg­ende vom ver­meintlich unpoli­tis­chen Fußball ein­er­seits und ein­er davon abge­tren­nten poli­tis­chen Zivilge­sellschaft auf der anderen Seite wird somit mit Regle­men­tierung, Exk­lu­sion, Repres­sion und Kon­trolle erst erschaf­fen. Das Ver­hal­ten der Vere­ine, des Ver­ban­des und der Sicher­heits­be­hör­den bedeutet nichts anderes als das jedes Engage­ment gegen Diskri­m­inierung aus dem Sta­dion ver­ban­nt wer­den soll. Vor allem bedeutet es aber, dass die Ver­ant­wortlichen vor den Nazis einknick­en. Statt in und um das Sta­dion unmissver­ständlich Ras­sis­mus und Diskri­m­inierung die Rote Karte zu zeigen, wer­den diejeni­gen aus­geschlossen, die sich genau dafür ein­set­zen. Statt Nazis ein weltof­fenes, tol­er­antes und respek­tvolles Miteinan­der ent­ge­gen­zuset­zen, sollte aus Angst vor ihnen der Aus­nah­mezu­s­tand aus­gerufen und eine Ban­n­meile errichtet wer­den. Die geplanten Maß­nah­men rund um das Spiel zwis­chen dem 1. FC Lok Leipzig und dem SV Babels­berg 03 im Bruno-Plache-Sta­dion waren und bleiben ein Armut­szeug­nis für die Zivilge­sellschaft und einen Fußball ohne Diskriminierungen.

Wir sind engagierte Fußball­fans! Wir wollen laut, kreativ und bunt unser Team unter­stützen. Wir zeigen immer und über­all, dass Respekt und Men­schen­ver­stand auch ins Sta­dion gehören. 

Wir wer­den laut und kreativ als Fußball­fans und als engagierte Men­schen gegen Diskri­m­inierung und die Ver­her­rlichung recht­en Gedankenguts auch im Sta­dion Stel­lung beziehen. Wir ver­weigern uns der Sim­u­la­tion eines neu­tralen Sports. Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Antizigan­is­mus, Homo- und Trans*phobie sowie Sex­is­mus dür­fen keine Chance haben – wed­er in unseren Kur­ven, noch außer­halb des Stadions!

Für eine bunte Kurve – Kein Fußball den Faschisten! 

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Das wahre Ausmaß anerkennen und den Opfern ein Gesicht geben

Zum 23. Todestag Amadeu Anto­nios veröf­fentlicht der Vere­in Opfer­per­spek­tive die Web­seite www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de, um eine Auseinan­der­set­zung über rechte Gewalt anzure­gen, die die Opfer in den Mit­telpunkt stellt und zur Neube­w­er­tung bish­er nicht offiziell anerkan­nter poli­tis­ch­er Tat­mo­tive beizutragen.

 

Amadeu Anto­nio wurde am 6. Dezem­ber 1990 in Eber­swalde von Skin­heads erschla­gen. Er war das zweite von min­destens 28 Todes­opfern rechter Gewalt im Bun­des­land Bran­den­burg. Die neue Web­seite ist ein Beitrag zur Aufar­beitung der recht­en Gewalt im Nach­wende-Deutsch­land. Alle öffentlich ver­füg­baren Infor­ma­tio­nen über die 28 bish­er bekan­nten Todes­opfer in Bran­den­burg wer­den gebün­delt dargestellt. 19 von ihnen wur­den bish­er offiziell nicht als Opfer rechter Gewalt anerkan­nt. Auf der Web­seite wer­den Gründe für Ermit­tlungs­fehler und juris­tis­che Fehlein­schätzun­gen benan­nt und die Debat­te um die Anerken­nung poli­tis­ch­er Tat­mo­tive dargestellt. Außer­dem wird auf lokale Gedenk­ini­tia­tiv­en und pos­i­tive Beispiele aus anderen Bun­deslän­dern hingewiesen.

 

Wir sind davon überzeugt, dass die Anerken­nung des Aus­maßes der recht­en Gewalt und das Gedenken an die Opfer, die nicht nur eine Zahl in ein­er Sta­tis­tik, son­dern konkrete Men­schen mit Biografien, Ange­höri­gen und Fre­un­den waren, wesentlich dafür sind, neon­azis­tis­chem Gedankengut ent­ge­gen­zuwirken,” so Judith Porath, Bera­terin für Opfer rechter Gewalt, “der größte Teil der Opfer sind Men­schen, die gesellschaftlich an den Rand gedrängt wur­den. Diese Aus­gren­zung ist ein Nährbo­den für rechte Gewalt. Dage­gen set­zt das würdi­ge, öffentliche und indi­vidu­elle Gedenken ein deut­lich­es Signal.”

 

Seit 1990 kamen in der Bun­desre­pub­lik min­destens 152 Men­schen durch rechte Gewalt zu Tode. Sie wur­den aus ras­sis­tis­chen Motiv­en erschossen, erschla­gen, ihre Häuser angezün­det, Woh­nungslose wur­den als “leben­sun­wert” erachtet und zu Tode qequält, Punks und antifaschis­tis­che Jugendliche als poli­tis­che Geg­ner­In­nen ins Koma getreten. Die tat­säch­liche Anzahl rechter und ras­sis­tis­ch­er Tötun­gen ist nicht bekan­nt. Wie inzwis­chen auch von Bun­des­be­hör­den bestätigt, muss von einem großen Dunkelfeld aus­ge­gan­gen wer­den. Bran­den­burg war lange Zeit das Bun­des­land, in dem die meis­ten recht­en Gewalt­tat­en gezählt wur­den. Es ist auch das Bun­des­land, in dem die meis­ten Todes­opfer rechter Gewalt zu bekla­gen sind.

 

Die Web­seite wird in Zukun­ft fort­laufend aktu­al­isiert und ergänzt durch neue Erken­nt­nisse und Inter­views mit Ange­höri­gen und Fre­undIn­nen der Opfer.

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Antifaschismus Law & Order

Die Lichter bleiben aus

Berlin – Am 20. Novem­ber wurde vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Bran­den­burg (OVG) die Klage der soge­nan­nten „Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg“, bess­er bekan­nt als „Spreelichter“ gegen das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um ver­han­delt. Eine Woche später fiel das Urteil: Die Klage wird abgewiesen, die „Spreelichter“ bleiben verboten. 

Die neon­azis­tis­che Grup­pierung, die seit min­destens 2009 immer wieder durch spek­takuläre, größ­ten­teils kon­spir­a­tiv vor­bere­i­t­ende Aktio­nen in Süd­bran­den­burg und dem nahen Sach­sen in Erschei­n­ung trat, wurde im Juni 2012 durch den dama­li­gen bran­den­bur­gis­chen Innen­min­is­ter Diet­mar Woid­ke ver­boten. Dage­gen zogen die einzel­nen Mit­glieder vor Gericht. Sie sehen das Ver­bot als ungerecht­fer­tigt und forderten dessen Annullierung. 

Als rechtlich­er Vertreter der Kläger trat Wol­fram Nahrath in Erschei­n­ung. Der ehe­ma­lige Aktivist der Wik­ing Jugend (WJ) und der Heimat­treuen Deutschen Jugend (HDJ) ist kein Unbekan­nter. Immer wieder tritt dieser als Rechts­bei­s­tand gewalt­tätiger Neon­azis vor Gericht auf und beteiligt sich nach wie vor an neon­azis­tis­chen Aufmärschen, wie zulet­zt in Berlin-Schönewei­de am 23. Novem­ber. Das Innen­min­is­teri­um als Angeklagter war gle­ich mit sechs Per­so­n­en vertreten, darunter drei LKA-Beamte sowie zwei vom Verfassungsschutz. 

Der mut­maßliche Kopf der „Spreelichter“ Mar­cel Forstmeier zeigte sich erst zur Unrteilsverkün­dung. Zu Prozess­be­ginn waren dage­gen aber etwa 15 Neon­azis und Sympathisant_innen, die in dem viel zu kleinen Ver­samm­lungsraum nahezu alle Plätze belegten. Da jedoch das Medi­en­in­ter­esse groß war, musste kurz­er­hand der Prozess in einen größeren Raum ver­legt wer­den. Die Strate­gie der Neon­azis, die Plätze zu beset­zen, um keine kri­tis­che Presse zuzu­lassen ging damit nicht auf.

Kein Vere­in ist doch ein Verein

Das Ver­fahren wurde ins­ge­samt in vier Blöcke unterteilt: Gek­lärt wurde die Zuständigkeit des bran­den­bur­gis­chen Innen­min­is­teri­ums, die Quellen, die für die gesam­melten Dat­en genutzt wur­den, die Vere­in­seigen­schaft sowie die Recht­mäßigkeit der Ver­bots­gründe. Wol­fram Nahrath ver­suchte dabei dem Gericht deut­lich zu machen, dass alle vier Blöcke nicht zuträfen bzw. ver­fas­sungswidrig seien. Dabei bezweifelte er den Organ­isierungss­chw­er­punkt in Süd­bran­den­burg und behauptete die JN Sach­sen sei in Wirk­lichkeit für die nächtlichen Fack­e­laufzüge ver­ant­wortlich. Ins­beson­dere die umstrit­tene G10-Maß­nahme (Beschränkung des Telekom­mu­nika­tion­s­ge­heimniss­es) sowie die Rechts­form der „Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg“ als Vere­in wur­den durch den Neon­azi-Anwalt zurück­gewiesen. Die Neon­azi­grup­pierung sei niemals als Vere­in aufge­treten, son­dern sei eine reine Inter­es­sen­ge­mein­schaft. Als ein Argu­ment dafür gab er an, es habe keine Vere­in­skasse gegeben.

Die Vertreter_innen des Innen­min­is­teri­ums stärk­ten erneut ihre Ver­bots­gründe. So seien sehr wohl alle Aktiv­itäten der „Spreelichter“ in Bran­den­burg geplant gewe­sen. Außer­dem habe es Vere­insstruk­turen, wenn auch nicht im klas­sis­chen Sinn gegeben. Belege dafür waren Aufrufe zu Spenden und Beteili­gung der immer gle­ichen Per­so­n­en an Ver­anstal­tun­gen, die der Neon­azi­grup­pierung zugerech­net wur­den. Des Weit­eren habe sich die Gruppe durch die Kam­pag­nen „Volk­stod“ und „Die Unsterblichen“ der Wieder­betä­ti­gung des Nation­al­sozial­is­mus straf­bar gemacht. Durch ihr kämpferisches Auftreten woll­ten diese, so die Aus­führun­gen der Behördenvertreter_innen, auch mit Gewalt durchsetzen. 

Als Beweis­mit­tel wur­den während der Ver­hand­lung Videos von Aktio­nen vorge­führt, die teil­weise noch immer im Inter­net abruf­bar sind. Dabei freuten sich die anwe­senden Neon­azis sichtlich über die gezeigten Auf­nah­men und bestrit­ten im Fol­gen­den, trotz Ermah­nung durch den Vor­sitzen­den Richter, dass die Videos noch auf den Seit­en der Grup­pierung zu find­en seien.

Auf­grund der Länge der Ver­hand­lung wurde ein Urteil an diesem Tag noch nicht verkün­det und das Gericht ver­schob dieses um eine Woche. 

Pos­i­tives Unentsch­ieden“ und kein Rück­gang rechter Aktivitäten

Am 27. Novem­ber bestätigte das Gericht nun­mehr, dass die Klage der „Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg“ gegen das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um abgewiesen wird und gab dem Innen­min­is­teri­um Recht. Dabei wies das OVG jedoch darauf hin, dass bere­its die Aus­rich­tung gegen die ver­fas­sungsmäßige Ord­nung als Ver­bots­grund aus­re­icht. Eine Aus­rich­tung gegen den Gedanken der Völk­erver­ständi­gung, wie es das Innen­min­is­teri­um in der Ver­botsver­fü­gung gegen die “Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg” for­mulierte, sahen sie nicht als erwiesen. Auch die eben­falls vom Vor­sitzen­den Richter Wol­nic­ki in Frage gestellte G10-Maß­nahme spielte keine Rolle für das Ver­bot, da bere­its die Inhalte auf den öffentlich zugänglichen Quellen sich gegen die ver­fas­sungsmäßige Ord­nung richt­en. Eine Revi­sion ließ das Gericht in der Urteilssprechung nicht zu. Die Kosten der Ver­hand­lung, sowie den Stre­itwert in Höhe von 15.000 € müssen die Neon­azis zahlen.

Den­noch sprach Wol­fram Nahrath im Anschluss von einem „pos­i­tiv­en Unentsch­ieden“, da in seinem Augen nicht alle Ver­bots­gründe durch das OVG zuge­lassen wur­den. Er schloss aber eine Klage gegen eine Nichtzu­las­sung zur Revi­sion nicht aus. 

Das bestätigte Ver­bot wird aber auch in Zukun­ft nichts an den starken neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten in Süd­bran­den­burg ändern. Ger­ade in den let­zten Monat­en nah­men diese wieder zu. So haben Neon­azis vor ein­er Schule in Sen­ften­berg Fly­er verteilt und ein sym­bol­is­ches Grab aufge­hoben auf denen stand: „Demokrat­en brin­gen uns den Volk­stod“. Kurze Zeit später wurde das Schild „Schule ohne Ras­sis­mus“ von der gle­ichen Schule ent­fer­nt und in einem Video von jeman­den im Krümel­monsterkostüm in einem See versenkt. Weit­ere ähn­liche Aktio­nen in der Region wur­den bekan­nt. Den Stil und das Vorge­hen ähneln den Aktio­nen der ver­bote­nen „Spreelichter“. Es ist davon auszuge­hen, dass die gle­ichen Neon­azis weit­er­hin hier aktiv sind, nun aber ohne ver­bot­fähiges Label.

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Antifaschismus

Erneuten Diffamierungsversuchen gegen Nobert Müller aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Roten Hilfe (RH)

Erk­lärung der Orts­gruppe Pots­dam der Roten Hil­fe e.V. zu erneuten Dif­famierungsver­suchen gegen den Linksparteipoli­tik­er Nobert Müller auf­grund sein­er Mit­glied­schaft in der Roten Hil­fe (RH) Wieder ein­mal ver­suchen die Pots­damer Neuesten Nachricht­en (PNN), ein kon­ser­v­a­tives Lokalblatt in der Stadt Pots­dam, den Linksparteipoli­tik­er Nor­bert Müller auf­grund sein­er Mit­glied­schaft in der Roten Hil­fe e.V. öffentlich zu dif­famieren. Anlässlich ein­er Anfrage der CDU im Land­tag wird wieder ein­mal die schon lange bekan­nte Tat­sache, dass Müller in der tra­di­tion­sre­ichen linken Sol­i­dar­ität­sor­gan­i­sa­tion Mit­glied ist, skan­dal­isiert. Vor den Kar­ren des kon­ser­v­a­tiv­en Kam­pag­nen­jour­nal­is­mus lässt sich gerne Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Ralf Holzschuher (SPD) span­nen. Er erk­lärte laut PNN: „Das Gefahren­poten­zial der ‚Roten Hil­fe e. V.’ beste­ht darin, dass die sys­tem­a­tis­che Ver­ach­tung der frei­heitlichen demokratis­chen Grun­dord­nung auf frucht­baren Boden fall­en kön­nte.“ Sie „pflegt mas­siv das Feind­bild ‚Staat’ und zielt mit ihrer Strate­gie darauf ab, den Staat und seine Insti­tu­tio­nen als ‚Repres­sion­sap­pa­rat’ zu verunglimpfen“ und sug­geriere, „dass der Staat die poli­tis­che Linke diskri­m­iniert. Sie erweckt bei ihren Mit­gliedern ein Gefühl ständi­ger Überwachung und Repres­sion.“ Dazu erk­lären wir: die sys­tem­a­tis­che Ver­ach­tung von Frei­heit und Demokratie find­en wir bei den Poli­tik­ern und staatlichen Insti­tu­tio­nen, die beständig gegen jede Form von Oppo­si­tion aufrüsten, die mit­tler­weile sog­ar Punk-Bands, BesucherIn­nen alter­na­tiv­er Kul­turein­rich­tun­gen und Fluglär­mgeg­ner­In­nen mit geheim­di­en­stlichen Mit­teln ausspähen, so wie es in Bran­den­burg Polizei und Ver­fas­sungss­chutz tun. Wir haben es gar nicht nötig irgen­det­was zu sug­gerieren, Ein Gefühl ständi­ger Überwachung und Repres­sion stellt sich bei vie­len Men­schen angesichts der Prax­is von VS und Polizei ganz von allein ein. Wir ste­hen im Gegen­teil allen, die sich dage­gen wehren wollen sol­i­darisch bei! Gegen Repres­sion und Überwachung hil­ft nur Sol­i­dar­ität! Darum rufen wir alle linken und fortschrit­tlich gesin­nten Men­schen auf: werdet Mit­glied in der Roten Hilfe! 

Wer ist die Rote Hilfe?

Die Rote Hil­fe ist eine parteiun­ab­hängige, strö­mungsüber­greifende linke Schutz- und Sol­i­dar­ität­sor­gan­i­sa­tion. Die Rote Hil­fe organ­isiert nach ihren Möglichkeit­en die Sol­i­dar­ität für alle, unab­hängig von Parteizuge­hörigkeit oder Weltan­schau­ung, die in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land auf­grund ihrer poli­tis­chen Betä­ti­gung ver­fol­gt wer­den. Poli­tis­che Betä­ti­gung in diesem Sinne ist z.B. das Ein­treten für die Ziele der Arbeiter_innenbewegung, die Inter­na­tionale Sol­i­dar­ität, der antifaschis­tis­che, anti­sex­is­tis­che, anti­ras­sis­tis­che, demokratis­che und gew­erkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Anti­semitismus, Mil­i­taris­mus und Krieg. Unsere Unter­stützung gilt den­jeni­gen, die deswe­gen ihren Arbeit­splatz ver­lieren, Berufsver­bot erhal­ten, vor Gericht gestellt und zu Geld- oder Gefäng­nis­strafen verurteilt wer­den oder son­stige Nachteile erlei­den. Darüber hin­aus gilt die Sol­i­dar­ität der Roten Hil­fe den von der Reak­tion poli­tisch Ver­fol­gten in allen Län­dern der Erde.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Jetzt erst recht, Vati!”

Wolf­gang Knabe starb vor 70 Jahren – im Jahr 1943. Er kon­nte das Ende des Nation­al­sozial­is­mus, den er so vehe­ment bekämpft hat­te, nicht mehr erleben. Er starb im Unter­suchungs­ge­fäng­nis Moabit. Zuvor war er zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wor­den, denn er unter­stützt den Wider­stand gegen das NS-Regime. Knabe zeigte Zivil­courage in dieser grausam­sten Zeit deutsch­er Geschichte. Am heuti­gen Sam­stag erin­nerten 65 Men­schen am Ehren­mal für die Antifaschist_innen in Schönow.

Wie wichtig Zivil­courage und antifaschis­tis­ches Engage­ment auch weit­er­hin ist, zeigte sich schon vor Beginn der eigentlichen Gedenkver­anstal­tung: In der Nacht zuvor hat­ten Neon­azis das Ehren­mal mit brauner Farbe kom­plett über­zo­gen, die Tafel auf der Rück­seite entwen­det und durch eine eigene braune Tafel aus­ge­tauscht. Unter diesen Umstän­den wur­den die mit­ge­bracht­en Blu­men und Kränze auf die Wiese vor dem Ehren­mal platziert. Erschüt­tert von dieser wider­lichen Tat, bestärk­ten sich die Anwe­senden den Kampf gegen Nazis weit­erzuführen. Edith Pfeif­fer, Tochter von Wolf­gang Knabe, legte ihre Blu­men mit den Worten “Jet­zt erst recht, Vati!” nieder.

In der Kirche unmit­tel­bar neben dem Ehren­mal kamen die Anwe­senden zusam­men, um durch Rede­beitrag mehr über das Leben von Wolf­gang Knabe und sein Engage­ment in der SAP zu erfahren. Die aktuellen Bedro­hun­gen durch Neon­azis, aber auch der Gesellschaft stark ver­bre­it­et Ras­sis­mus, wie er derzeit in Form von Anti-Asyl-Protesten zum Aus­druck kommt, waren The­ma eines Rede­beitrages der Antifaschis­tis­chen Aktion Bernau. Am Mittwoch dieser Woche fan­den sich wieder Ras­sistIn­nen und organ­isierte Neon­azis zusam­men um gegen die entste­hende Flüchtling­sun­terkun­ft in Zeper­nick zu demon­stri­eren. Anders als in der Woche zuvor, meldete dieses Mal nicht die NPD, son­dern ein “besorgter” Bürg­er die Kundge­bung an. Ein gefun­denes Fressen für die NPD.

Wolf­gang Knabe war ein mutiger Antifaschist. Ihm und den vie­len anderen Widerstandskämpfer_innen gilt unsere Anerkennung.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Opferperspektive zur Antirassismus-Novelle der Brandenburger Landesverfassung

Heute ver­ab­schiedet der Bran­den­burg­er Land­tag in drit­ter Lesung zwei Ver­fas­sungsän­derun­gen. Mit der neuen Anti­ras­sis­musklausel wird der Schutz vor ras­sis­tis­ch­er Stim­mungs­mache zum Staat­sziel erk­lärt. Außer­dem wird durch eine Ergänzung der Schutz vor ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung zum Ver­fas­sungsgut erhoben.

Damit das Beken­nt­nis zum Schutz vor Ras­sis­mus und ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung nicht bloße Absicht­serk­lärung bleibt, fordern wir die Lan­desregierung auf, auch in der Prax­is eine wirk­same Antidiskri­m­inierungspoli­tik zu betreiben, die sowohl präven­tiv wirkt, als auch die Betrof­fe­nen unterstützt.

Davon kann zur Zeit keine Rede sein! Aktuell gibt es bei der Lan­desregierung keine aus­gewiesene Stelle gegen ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung und auf der Ebene der freien Träger gibt es für ganz Bran­den­burg nur die Antidiskri­m­inierungs­ber­atung der Opfer­per­spek­tive, die für den großen Bedarf und die steigende Nach­frage viel zu ger­ing aus­ges­tat­tet und deren Finanzierung nur tem­porär gesichert ist.

Mit der Ver­fas­sungsnov­el­lierung wird anerkan­nt, dass Ras­sis­mus und ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung ern­sthafte Prob­lem sind, die in Bran­den­burg Demokratie und Gesellschaft bedro­hen. Aus unser­er langjähri­gen Arbeit kön­nen wir bei­des bestäti­gen. Betrof­fene bericht­en uns von Diskri­m­inierungser­fahrun­gen in allen Lebens­bere­ichen. Ein­friedlich­es Zusam­men­leben erscheint Flüchtlin­gen, Saisonarbeiter_innen, Migrant_innen und Men­schen mit Migra­tionsh­in­ter­grund oft verwehrt.

Ein Posi­tion­spa­pi­er zur Anti­ras­sis­mus-Nov­el­le find­en Sie auf unser­er Web­seite: http://www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de/kategorie/materialien

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