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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Gender & Sexualität Law & Order

Demonstration „Frauen gegen Rassismus und Ungerechtigkeit“

Anlässlich des Inter­na­tionalen Frauen­t­ages demon­stri­erten am Sam­stag, den 10. März, rund 250 Men­schen durch die Cot­tbuser Innen­stadt. Das Net­zw­erk, welch­es zur Demon­stra­tion aufgerufen hat­te, machte in Rede­beiträ­gen und Sprechchören deut­lich, dass Ras­sis­mus in Cot­tbus und über­all ein Ende haben muss. Der bunte Protest wurde durch Über­griffe von Geg­n­ern der Demon­stra­tion über­schat­tet. In der Nacht von Son­ntag auf Mon­tag wurde der von der Organ­i­sa­tion Women in Exile genutzte Omin­bus auf dem Oberkirch­platz in Cot­tbus schw­er beschädigt.

Die Angriffe während und nach der Demon­stra­tion von Frauen und Geflüchteten zeigen erneut, wie hem­mungs­los in Cot­tbus gegen Ander­s­denk­ende vorge­gan­gen wird. Vor den Augen der Polizei und trotz erhöhter Polizei-Präsenz in Cot­tbus wurde die Demon­stra­tion von zahlre­ichen Vor­fällen über­schat­tet. „Für uns ist klar, dass die Zer­störung des Busses ein geziel­ter Angriff war. Genau die ras­sis­tis­chen und frauen­feindlichen Zustände in Cot­tbus, die von uns kri­tisiert wur­den, haben sich hier wieder ein­mal bestätigt. Wir lassen uns davon aber nicht ein­schüchtern und fordern die Politiker*innen der Stadt auf, endlich Posi­tion zu beziehen und einzu­greifen.“, so Eliz­a­beth Ngari von Women in Exile and Friends. Sie fährt fort: „Die anti­ras­sis­tis­che Arbeit im all­ge­meinen und ins­beson­dere für Frauen ist und bleibt notwendig!“

Die Demon­stra­tion führte von Sandow in die Cot­tbuser Innen­stadt. Am Blechen Car­ree fand eine Zwis­chenkundge­bung statt, bei der eine Demon­stran­tin noch ein­mal expliz­it über die Ras­sis­muser­fahrun­gen berichtete, die sie täglich in Cot­tbus machen muss: „Nicht einen Tag kann ich in Cot­tbus ungestört auf die Straße gehen. Wenn ich mich in der Straßen­bahn in mein­er Mut­ter­sprache unter­halte, fordern mich fremde Men­schen dazu auf, Deutsch zu sprechen. Das erlebe nicht nur ich so. Vie­len anderen Frauen in Cot­tbus erge­ht es ähnlich.“

Auf der Route zum Ort der Abschlusskundge­bung wurde die Demon­stra­tion in der Berlin­er Straße von einem Mann mit Blu­men­töpfen attack­iert. Nie­mand wurde getrof­fen. Der Vor­fall wurde der Polizei gemeldet und der Angreifer von Beamten gesichtet. Den­noch schrieb die Polizei im Nach­gang, dass es während der Ver­anstal­tung keine Vorkomm­nise gab. Nur wenige Stun­den später wurde der Begeg­nungs­bus, der dem Jugend­fördervere­in Chance e.V. gehört und mit dem einige Demon­stri­erende nach Cot­tbus gekom­men waren, beschädigt.

Der Bus kon­nte wegen eines tech­nis­chen Defek­ts zunächst nicht weit­er fahren und wurde an der Oberkirche abgestellt. Laut Aus­sagen eines Anwohn­ers wurde der Aus­puff des Busses bere­its am Abend nach der Demon­stra­tion mit Bauschaum verklebt. In der Nacht von Son­ntag auf Mon­tag wur­den dann die Scheiben eingeschla­gen – ver­mut­lich durch min­destens zwei Personen.

Auch Christoph Berndt, Vere­insvor­sitzen­der von Zukun­ft Heimat, zeigte sich pro­voka­tiv bei­der Abschlusskundge­bung auf dem Oberkirch­platz. Nach­dem die Protestieren­den laut­stark gefordert hat­ten, dass Berndt die Demon­stra­tion ver­lassen solle, wurde er von der Polizei des Ortes ver­wiesen. Er beobachtete diese von einem ent­fer­n­teren Punkt aus weiter.

Es zeigt sich, dass der Hass, der durch Zukun­ft Heimat und andere in die Stadt getra­gen wird, auch zu Gewalt wird. Was haben Men­schen gegen Frauen, die vor Gewalt hierher
geflo­hen sind? Warum sollen ger­ade sie wieder zu Opfern wer­den – im All­t­ag oder am Rande von Demon­stra­tio­nen? Wir wer­den diese Frauen weit­er unter­stützen, um sich zur Wehr zu set­zen gegen Gewalt und Unter­drück­ung – hier und über­all!“ so Luise Mey­er von Cot­tbus Nazfrei.

Der bis­lang geschätzte Schaden am Bus beläuft sich auf mehrere Tausend Euro. Um finanzielle Unter­stützung wird gebeten.

Spenden kön­nen auf fol­gen­des Kon­to über­wiesen werden:

Opfer­per­spek­tive e.V.

Bank für Sozialwirtschaft

IBAN: DE34100205000003813100

BIC: BFSWDE33BE

Betr­e­ff: Bus-Schaden Cot­tbus (bitte unbe­d­ingt angeben)

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration Gender & Sexualität Law & Order

Cottbus: Bus einer Initiative geflüchteter Frauen zerstört

INFORIOT – Anlässlich des inter­na­tionalen Frauen*kampftages fand am ver­gan­genen Sonnabend, den 10. März, eine anti­ras­sis­tis­che Frauen*demonstration in Cot­tbus mit etwa 250 Teil­nehmenden statt. Über­schat­tet wurde die Ver­anstal­tung durch einen mut­maßlich von Neon­azis verübten Anschlag auf den Bus von “Women in Exile”, eines Vere­ins geflüchteter Frauen, die zur Demon­stra­tion aufgerufen hatten.
Foto: Inforiot
Frauen* demon­stri­eren gegen Ras­sis­mus und Ungerechtigkeit
Neben Women in Exile wurde die Demon­stra­tion unter­stützt durch Cot­tbus Naz­ifrei! und der Opfer­per­spek­tive e.V. und richtete sich gegen den durch den neu-recht­en Vere­in „Zukun­ft Heimat“ geschürten Ras­sis­mus in der Stadt. Bei „Zukun­ft Heimat“ han­delt es sich um eine nach außen als heimatver­bun­den darstel­lende Ini­tia­tive, die jedoch mit Unter­stützung des Crowd­found­ing­pro­jek­ts „Ein Prozent“ eine völkisch-nation­al­is­tis­che und ras­sis­tis­che Kam­pagne in Cot­tbus aus­trägt. Teil dieser Kam­pagne sind Demon­stra­tio­nen, an denen in jüng­ster Ver­gan­gen­heit bis zu mehreren Tausend Men­schen aus dem ver­schieden­sten ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Spek­tren aus der Region, aber auch über­re­gion­al teilnahmen.
Foto: Inforiot
Cot­tbusser Drohkulisse
Die Demon­stra­tion startete am Muskow­er Platz in Sandow, einem Ort­steil am Rande von Cot­tbus. In mit­ten ein­er Plat­ten­baukulisse trafen die Demonstrant*innen auf die Cot­tbuser Real­ität, denn im gesamten Ort­steil rangen asylfeindliche Parolen an den Wän­den und Stromkästen, die dort mut­maßlich nicht erst zur Demon­stra­tion ange­bracht wurden.
Foto: Ney Sommerfeld
Nach ein­er kurzen Auf­tak­trede bewegte sich die Demon­stra­tion in Rich­tung des Einkauf­szen­trums Blechen-Car­ré, eines der Haup­taus­tra­gung­sorte gewalt­tätiger Auseinan­der­set­zung in der Cot­tbusser Innen­stadt zwis­chen deutschen Jugendlichen und Geflüchteten. Dort wurde eine Zwis­chenkundge­bung abge­hal­ten. Am Rande der Kundge­bung echauffierten sich einige Anwohner*innen über das Demon­stra­tions­geschehen, schließlich sei das Aus­bleiben der Kund­schaft an den Demon­stra­tionsta­gen ein Ver­lust­geschäft für den Einzel­han­del. Andere Neon­azis, augen­schein­lich aus der Secu­ri­tygewerbe und dem Hooli­gan-Milieu schaut­en sich das Geschehen am Rande der Demon­stra­tion an, darunter auch der IB-Aktivist Mar­cus W. Laut Augen­zeu­gen­bericht­en flo­gen im späteren Ver­lauf der Demon­stra­tion Blu­men­töpfe auf den Aufzug.
Screenshot: Twitter
Vom Blechen-Car­ré aus ging es dann in die Innen­stadt zum Oberkirch­platz, wo die Demon­stra­tion mit ein­er Abschlusskundge­bung mit Rede­beiträ­gen, Live-Musik und Essen been­det wurde. Auch der Vor­sitzende von „Zukun­ft Heimat“, Christoph Berndt, ver­suchte in Mit­ten der Abschlusskundge­bung auf den Oberkirch­platz zu stören. Friedlich, aber bes­tim­mend wurde er von den Organisator*innen und den Demonstrant*innen von der Kundge­bung verwiesen.
Foto: Ney Sommerfeld
Bus von Aktivist*innnen zerstört
Wie im Nach­gang der Demon­stra­tion bekan­nt gewor­den ist, verübten mut­maßlich Neon­azis einen Angriff auf den Bus von Women in Exile. Wie die Lausitzer Rund­schau berichtet, blieb der Bus wegen eines Schadens an der Elek­trik zunächst am Sam­sta­gnach­mit­tag am Oberkirch­platz liegen. Abends soll dann Bauschaum in den Aus­puff geschüt­tet, später dann Scheiben eingeschla­gen wor­den sein. Das Fahrzeug ist kom­plett fahrun­tüchtig und musste am heuti­gen Mon­tag vom Oberkirch­platz abgeschleppt werden.
Foto: privat
Am kom­menden Sonnabend will „Zukun­ft Heimat“ erneut durch Cot­tbus demon­stri­eren. Von Gegen­protesten ist derzeit­ig nichts bekannt.
Weit­ere Bilder zur Demon­straion: hier.

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Antifaschismus Law & Order

Neonaziaufmarsch in Potsdam – No Way!

Am 18.03.2018 wird im preußis­chen Dis­ney­land Pots­dam eine Kundge­bung von Neon­azis stat­tfind­en. Wen über­rascht es? – Der Bau der Gar­nionkirche hat ja auch begonnen. Neon­azis aus Bran­den­burg haben angekündigt den Tag der poli­tis­chen Gefan­genen feiern zu wollen, um an ihre ras­sis­tis­chen Kamerad*innen – ein­schließlich Holocaustleugner*innen und Antisemiten*innen – zu erin­nern. Das wer­den wir nicht zulassen!
Ihre Kundge­bung soll gegen 14 Uhr vor dem Jus­tizzen­trum in der Jäger­allee stattfinden.
In Zeit­en, in denen nation­al­is­tis­che und recht­skon­ser­v­a­tive Ansicht­en der Groß­parteien immer mehr Zus­pruch find­en und die AfD im Bun­destag ohne Wider­spruch offen gegen „Nicht-Deutsche“ het­zt, ist es um so wichtiger sich Neon­azis entgegenzustellen.
Doch wer steckt dahinter?
Derzeit geschieht die Haup­tor­gan­i­sa­tion über die Face­book­seite „Tag des poli­tis­chen Gefan­genen“. Bis jet­zt haben sie bere­its mehrere Bilder und Videos gepostet. Darunter sind Forderun­gen wie die Frei­heit für die Holocaustleugner*in Ursu­la Haver­beck oder auch die Abschaf­fung des Volksver­het­zungspara­graphen §130. Aus Face­book lässt sich außer­dem schließen, dass die Kundge­bung sowohl von den soge­nan­nten „Freien Kräften“ aus dem west­lichen Bran­den­burg, als auch von anderen nation­al­is­tis­chen Seite bewor­ben wird. Erstere wer­den ver­mut­lich organ­isatorische Auf­gaben übernehmen.Doch auch die Pots­damer Neon­azis um „Freies Pots­dam“ herum bewer­ben diese Ver­anstal­tung. Das heißt, dass sich bei der Kundge­bung Neon­azis aus ganz Bran­den­burg & Berlin sam­meln wer­den und ihre Scheiße von sich lassen wollen.
Nazis in unser­er Stadt? Bildet Ban­den macht sie platt!
Es wird am 18.03.2018 mehrere Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen gegen das Neon­azi­aufge­bot geben. Wir kön­nen uns nicht darauf ver­lassen, dass schon irgendw­er die Kundge­bung ver­hin­dern wird. Dafür sind wir alle gemein­sam ver­ant­wortlich! Also geht auf die Straße! Seid mobil unter­wegs! Wir wer­den diese Kundge­bung zu ver­hin­dern wissen!
Achtet auf den Tick­er Pots­dam (#Tick­er­Pots­dam) und weit­ere Ankündigungen!
Kein Neon­azi­auf­marsch in dieser Stadt!
Aler­ta Antifaschista!

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Sie nannten mich Benjamin – Erhard Stenzel“

Die Pots­damer Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes – Bund der
Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten (VVN-BdA) zeigt im Rah­men der
jährlich im April stat­tfind­en­den Gedenkver­anstal­tun­gen zur Befreiung der
nation­al­sozial­is­tis­chen Konzen­tra­tionslager in Bran­den­burg am 13.04.2018
im Pots­damer Buch­laden Sput­nik den Doku­men­tarfilm „Sie nan­nten mich
Ben­jamin – Erhard Sten­zel“. Der Film berichtet aus dem Leben von Erhard
Sten­zel, dem let­zten noch leben­den deutschen Résis­tance-Kämpfer und
Wehrma­cht­de­ser­teur. Als 17jähriger wurde Erhard Sten­zel zur Wehrmacht
einge­zo­gen. Als seine Ein­heit nach Frankre­ich ver­legt wurde, desertierte
er und lief zum Wider­stand über.
Generell ste­ht bei der Ver­anstal­tung the­ma­tisch der Wider­stand­skampf der
Résis­tance im Vorder­grund. Etwa 1000 Men­schen unterschiedlichster
Herkun­ft kämpften seit 1940 an der Seite der franzö­sis­chen Résistance.
Zu ihnen zählten neben Erhard Sten­zel auch die Eltern unseres Gastes
Charles Melis.
Dr. sc. Charles Melis, 1944 in Süd­frankre­ich geboren, ist der Sohn der
Résis­tancekämpfer Ernst Melis und der Nieder­län­derin Reina
Wes­sels-Melis. Seine Eltern waren von Anbe­ginn des deutschen
Nation­al­sozial­is­mus aktive Wider­stand­skämpfer an unter­schiedlichen Orten
in Europa. Ernst Melis über­nahm 1943 die Leitung der deutschsprachigen
Zeitung „Sol­dat am Mit­telmeer“, mit der Aufk­lärungsar­beit unter den
Wehrma­cht­sol­dat­en geleis­tet wurde. Er war zudem Mit­glied des Komitees
„Freies Deutsch­land“ für den West­en. Reina Melis hat­te Kon­tak­te zu einer
MOI-Par­ti­sa­nen­gruppe, arbeit­ete als Kranken­schwest­er in Car­cas­sonne und
hat­te Verbindun­gen zum Wehrma­cht-Verbindungsstab 682 in Carcassonne.
Ihre Infor­ma­tio­nen lieferte sie der Résis­tance. 1947 kehrten bei­de nach
Deutsch­land zurück und lebten und arbeit­eten in Berlin.
Der Ein­tritt ist frei.
Wann: Fre­itag, der 13.04.2018, 19 Uhr
Wo: Buch­laden Sput­nik, Char­lot­ten­str. 28, 14467 Potsdam

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Frauen gemeinsam gegen Rassismus und Ungerechtigkeit”

Anlässlich des Inter­na­tionalen Frauen­tags am 08. März ver­anstal­tet ein
Net­zw­erk von bran­den­bur­gis­chen Organ­i­sa­tio­nen die erste Demonstration
zum Frauenkampf­tag seit Jahren in Cot­tbus. Am Sam­stag, dem 10. März
2018, startet die Demon­stra­tion mit ein­er Kundge­bung ab 11.30 Uhr in
Sandow am Muskauer Platz. Unter dem Mot­to “Frauen gemein­sam gegen
Ras­sis­mus und Ungerechtigkeit”, wer­den ver­schiedene Vere­ine und
Ini­tia­tiv­en auf die ras­sis­tis­chen Zustände in Cot­tbus hinweisen.
Die Demon­stra­tion bewegt sich am Blechen Car­ree, an der Stadthalle und
am Alt­markt vor­bei, bis zum Oberkirch­platz, wo die Abschlusskundgebung
statt find­en wird.
„Wir nehmen die Lage in Cot­tbus sehr ernst. Seit Anfang des Jahres führt
die mas­sive rechte Het­ze von Zukun­ft Heimat zu weitre­ichen­den Folgen.
Geflüchtete und beson­ders geflüchtete Frauen fühlen sich in der Stadt
unwohl und bedro­ht. Der Frauenkampf­tag bietet die Möglichkeit, um auf
diese Zustände aufmerk­sam zu machen!”, so Eliz­a­beth Ngari von Women in
Exile. Frauen fliehen in vie­len Fällen vor patri­ar­chaler Gewalt und vor
der Bedro­hung durch Män­ner. Nach­dem viele gefährlich­ste Routen nach
Europa über­lebt haben sind sie in Deutsch­land wieder patriarchaler
Gewalt sowie ras­sis­tis­chen Dro­hun­gen aus­ge­set­zt. Frauen sind weltweit
betrof­fen und das einzige Mit­tel kann sein, sich gegen diese Zustände
zusammenzuschließen!
Cot­tbus ist als ras­sis­tis­che Hochburg bekan­nt und die Neurecht­en wissen
das strate­gisch zu nutzen. Obwohl Gewalt gegen Frauen keines­falls ein
neues oder “importiertes” Prob­lem ist, sorgt nun die Herkun­ft in
bes­timmten Fällen für Aufmerk­samkeit, wo son­st kein Inter­esse an der
The­matik bestand. Die Rassist*innen von „Zukun­ft Heimat“ gebrauchen
immer wieder das Bild von der „bedro­ht­en deutschen Frau“, um ihre
ras­sis­tis­che Pro­pa­gan­da zu legit­imieren. Davon lässt sich auch die
Stadt­poli­tik leit­en und reagiert mit der Umset­zung der
flüchtlings­feindlichen Forderun­gen, indem sie zum Beispiel einen
Auf­nahmestopp für Geflüchtete verhängte.
„Wir müssen uns mit den Men­schen und Organ­i­sa­tio­nen verbinden, die der
recht­en Bewe­gung etwas ent­ge­gen set­zen wollen. Zusam­men­halt schafft
Stärke — darauf wollen wir uns besin­nen”, so Luise Mey­er von Cottbus
Nazifrei.
Zur Demon­stra­tion rufen Women in Exile, Flucht und Migra­tion Cottbus,
Cot­tbus Naz­ifrei, das Geflüchteten Net­zw­erk Cot­tbus, die Feministische
Antifa Bran­den­burg und der Vere­in Opfer­per­spek­tive Bran­den­burg e.V.
auf.
Die Organ­i­sa­tio­nen im Net­zw­erk demon­stri­eren am Sam­stag zusam­men für die
uneingeschränk­te Sol­i­dar­ität von Frauen, Lesben*,Transsexuellen* und
Inter­sex­uellen* und eine Stadt, in der sich alle Men­schen ohne Angst
bewe­gen können.

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Antifaschismus

Frost verkürzte Kundgebung des extrem rechten Bürgerbündnisses

Das extrem rechte Bürg­er­bünd­nis Havel­land set­zte am Dien­stagabend seine Kundge­bungsserie auf dem Märkischen Platz in Rathenow fort. Es erschienen fünf bekan­nte Vere­ins­mit­glieder aus Rathenow und Prem­nitz sowie zehn weit­ere Sym­pa­thisierende der Vere­ini­gung aus Rathenow, Bran­den­burg an der Hav­el und Berlin.
Als Ver­samm­lungsleit­er gab sich Ralf Maasch zu erken­nen. Er und zwei weit­ere bekan­nte Vere­ins­mit­glieder, darunter auch der, gemäß aktuellem Vere­in­sreg­is­ter­auszug, amtierende Vere­insvor­sitzende, hiel­ten Rede­beiträge. Eine weit­ere (geplante) Red­ner­in aus dem extrem recht­en Berlin­er BÄRGI­DA-Umfeld hat ange­blich wit­terungs­be­d­ingt abgesagt.
Der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser kom­men­tierte, in ein­er für ihn typ­is­chen Art und Weise, den Bürg­er­meis­ter­wahlkampf in Rathenow. Er bedank­te sich bei den Wäh­len­den, die für ihn stimmten, und rief dazu auf bei der kom­menden Stich­wahl den amtieren­den Bürg­er­meis­ter zu wählen: „Liebe Leute geht ein­fach hin und wählt lieber Ronald Seeger anstatt diese rote Brut. Das ist das Aller­let­zte. Lasst uns Golze ver­hin­dern mit aller Macht“, so Kaiser. Der Vor­sitzende des Bürg­er­bünd­niss­es war, neben Ronald Seeger (CDU) und Daniel Golze (LINKE), ein­er von fünf Kan­di­dat­en für das höch­ste Amt in der Stadt. Bei der Wahl am 25. Feb­ru­ar 2018 stimmten jedoch nur 813 Wäh­lende für Kaiser, 8.829 hiel­ten andere Kan­di­dat­en für geeigneter. Die Wahlbeteili­gung lag bei 46,7 %.
Trotz des deut­lich niedri­gen Wahlergeb­niss­es für Kaiser bekräftigte dieser auch am Dien­stagabend seine Absicht­en auch kün­ftig in der Kom­mu­nalpoli­tik mit­mis­chen zu wollen. Zwar wolle er sich beim Bürg­er­bünd­nis vor­erst von der Bühne zurückziehen, sich jedoch poli­tisch weit­er schulen. Dabei deutete Kaiser auch eine mögliche Kan­di­datur zu den Wahlen zur Rathenow­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung an.
Nach zwei weit­eren kurzen Rede­beiträ­gen von Vere­ins­mit­gliedern aus Rathenow endete die Ver­samm­lung des Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land wit­terungs­be­d­ingt vorzeit­ig nach 40 Minuten. Den Dauerdemon­stri­eren­den war es offen­sichtlich zu kalt.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Wer Volksverräter ruft, will keinen Dialog!

Unter dem Mot­to „Cot­tbus uner­hört!“ lädt der Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (rbb) am 01. März 2018 zu ein­er zweifel­haften „Diskus­sion­splat­tform“, um über die Prob­leme in Cot­tbus zu debat­tieren, die laut Ankündi­gung­s­text seit Beginn des Jahres beste­hen. Zur Ver­anstal­tung sind auch der neurechte Vere­in Zukun­ft Heimat und eine lokale AfD-Vertreterin geladen. Wer aber poli­tisch Ander­s­denk­ende als “Volksver­räter” beze­ich­net, kann kein Dialog­part­ner sein.
Auf den Demon­stra­tio­nen von Zukun­ft Heimat gehören Rufe wie “Volksver­räter” und “Lügen­presse” zum Stan­dard­ritu­al -­ beina­he wie das Amen in der Kirche. Auch am 24. Feb­ru­ar riefen hun­derte Demon­stra­tionsteil­nehmende “Volksver­räter” während ein­er Rede des Geschäfts­führers der AfD-Bun­destags­frak­tion Han­sjörg Müller gegen alle anderen Parteien im Bun­destag. Götz Kubitschek hat­te zuvor Poli­tik und Zivilge­sellschaft zum Feind der Demon­stri­eren­den erk­lärt — eben­falls unter Volksverräter-Rufen.
Dazu erk­lärt Luise Mey­er: “Wer Volksver­räter ruft, will keinen Dia­log. Er entzieht einem poten­tiellen Dia­log die Grund­lage, indem er poli­tisch Ander­s­denk­ende, Medi­en­vertreterIn­nen und Poli­tik­erIn­nen zu Volks­fein­den erk­lärt. In bieder­er Maske wollen AfD und Anhänger ger­ade keinen poli­tis­chen Mei­n­ungsaus­tausch, son­dern sie bere­it­en bere­its die näch­sten Demon­stra­tio­nen vor, auf denen gegen poli­tisch Ander­s­denk­ende und Flüchtlinge gehet­zt wird — und Volksver­räter-Rufe gehören zu jed­er ihrer Demonstrationen.”
Während und nach den Demon­stra­tio­nen von Zukun­ft Heimat kam es in der Ver­gan­gen­heit zu mehreren gewalt­täti­gen Über­grif­f­en. “Men­schen haben Angst in die Innen­stadt zu gehen, wenn Zukun­ft Heimat dort demon­stri­ert. Nach­weis­lich befind­en sich jedes Mal gewalt­tätige Neon­azis unter den Teil­nehmenden. Und diese rufen nicht nur Volksver­räter, son­dern wer­den hand­grei­flich.” fährt Luise Mey­er fort. “Das poli­tis­che Spiel ist doch ganz ein­fach: die AfD und ihre Vor­fel­dor­gan­i­sa­tion Zukun­ft Heimat schüren Äng­ste in der Bevölkerung, um sich dann selb­st als Lösung anzu­bi­eten. Da spie­len wir nicht mit.”
Darüber hin­aus kri­tisiert Cot­tbus Naz­ifrei die zeitlich verkürzte Betra­ch­tung von Vor­fällen erst ab Jan­u­ar 2018. So wurde beispiel­sweise am 28.06.2017 eine junge Afghanin auf dem Weg nach Hause mit ihren bei­den Kindern von ein­er Frau ange­grif­f­en und mit einem Mess­er bedro­ht. Die Frau flüchtete in ihre Woh­nung, die gerufene Polizei kon­nte das Mess­er kurze Zeit später sich­er­stellen. Am 23.06.2017 grif­f­en in Guben mehrere Per­so­n­en einen aus Afghanistan stam­menden Vater und seinen 13-jähri­gen Sohn an, prügel­ten den Vater bewusst­los und ver­let­zten seinen Sohn mit einem Mess­er. Weit­ere Über­griffe auf Geflüchtete und Flüchtling­shelferIn­nen sind auf der Inter­net­seite des Vere­ins „Opfer­per­spek­tive e.V.“ doku­men­tiert. Cot­tbus bildete in ganz Bran­den­burg 2016 die ein­same Spitze bei Anzahl und Anstieg ras­sis­tis­ch­er und rechter Angriffe.
Der Vere­in Zukun­ft Heimat, der eng mit der AfD zusam­me­nar­beit­et, bere­it­ete sich schon min­destens seit Mai 2017 auf seine Angstkam­pagne vor, die seit Sep­tem­ber im Vor­feld des Stadt­festes angekündigt wurde. Auch die Ver­anstal­tung des rbb am 1. März ist also Ergeb­nis ein­er frem­den­feindlich motivierten und teil­weise ras­sis­tis­chen Kam­pagne, die Angst in der Bevölkerung schüren und einen Keil zwis­chen Cot­tbuserIn­nen und Geflüchteten treiben soll.

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Antifaschismus Law & Order

NSU: Schutz für V‑Mann “Piatto” von ganz oben

Der Zschäpe-Prozess in München wird in den kom­menden Wochen voraus­sichtlich tat­säch­lich zu Ende gehen — der Skan­dal namens “NSU” aber bleibt. Dazu zählt die tiefe Ver­strick­ung des Ver­fas­sungss­chutzes (VS) in die Mord­serie. Er hat­te in den recht­sex­tremen Szenen eine Rei­he von V‑Leuten im Ein­satz, lange bevor das Trio Böhn­hardt, Mund­los, Zschäpe vor der Polizei floh.
Die VS-Geschichte lief bere­its, als die NSU-Geschichte begann. Eine wichtige Fig­ur dabei ist Carsten Szczepan­s­ki aus Berlin, Neon­azi und Infor­mant des Geheim­di­en­stes namens “Piat­to”. Der Unter­suchungsauss­chuss von Bran­den­burg bemüht sich, seine Rolle zu rekon­stru­ieren — und stößt auf bemerkenswerte Funde. Auf einen Ver­fas­sungss­chutz, dem es offen­sichtlich gelingt, rechtsstaatliche Ver­fahren zu manip­ulieren. Auf einen V‑Mann, der allem Anschein nach auch aus dem Jus­tizmin­is­teri­um her­aus gedeckt wird. Ein Lehrstück.
“Piat­tos” Geschichte kurz von hin­ten her erzählt: Schon ab 1998 hat­te er in Chem­nitz Kon­takt zum Umfeld des unter­ge­taucht­en Trios. Spätestens im August 1998 wusste er, dass die drei sich bewaffnen und Raubüber­fälle pla­nen. Das meldete er auch dem Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz (LfV) von Bran­den­burg. 1994 hat­te er sich im Knast zur Zusam­me­nar­beit mit dem Dienst bere­it­erk­lärt. Inhaftiert war er, weil er 1992 ver­sucht hat­te, einen nige­ri­an­is­chen Flüchtling zu ermor­den. Doch weil Carsten Szczepan­s­ki auch zu jen­em Zeit­punkt höchst wahrschein­lich bere­its mit ein­er Geheim­di­en­st­stelle in Verbindung stand, was offiziell aber mit Schweigen belegt wird, muss seine Geschichte an der Stelle auch von vorne erzählt werden.
Szczepan­s­ki, Jahrgang 1970, baute nach der Wende in der DDR im Umland von Berlin eine neon­azis­tis­che Ku-Klux-Klan-Grup­pierung auf. Bei einem Tre­f­fen im Herb­st 1991 war auch der KKK-Chef aus den USA, Den­nis Mahon, dabei. Im Dezem­ber 1991 durch­suchte die Polizei seine Woh­nung und fand Uten­silien zum Bomben­bau. Sz. tauchte unter, die Bun­de­san­waltschaft (BAW) leit­ete am 13. Feb­ru­ar 1992 ein Ver­fahren gegen ihn und den Ku-Klux-Klan Berlin-Bran­den­burg wegen Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung ein. Am 22. Feb­ru­ar 1992 wurde Sz. in Bran­den­burg festgenom­men. Möglicher­weise gab den Tipp ein Spitzel. Nur: von welch­er Behörde? Der Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz kann es nicht gewe­sen sein, denn er durfte erst ab 1993 men­schliche Quellen führen. Bemerkenswert dann: Sz. wurde am 23. Feb­ru­ar direkt wieder freige­lassen. Warum? Vom 24. bis 26. Feb­ru­ar stellte er sich ein­er dre­itägi­gen Vernehmung durch das Bun­deskrim­i­nalamt (BKA).
Recht­san­walt Christoph Kliesing, der das nige­ri­an­is­che Opfer von 1992 ver­tritt und im Jan­u­ar 2018 im Unter­suchungsauss­chuss (UA) gehört wurde, ist der Mei­n­ung, dass Sz. in jenen Feb­ru­arta­gen “überre­det” wurde zu reden. Sprich: Er nimmt an, dass Sz. am 23. Feb­ru­ar 1992 von ein­er Behörde als Infor­mant “ange­wor­ben” wurde. Möglicher­weise vom Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz (BfV). Ent­ge­gen anderen Fällen weigert sich das Amt bish­er gegenüber dem UA zu verneinen, dass Sz. seine Quelle war.
Der Ver­dacht, dass Sz. schon vor sein­er Koop­er­a­tion mit dem VS von Bran­den­burg mit einem anderen Amt zusam­mengear­beit­et hat, wird erhärtet durch zwei Briefe des früheren VS-Chefs von Bran­den­burg, Wolf­gang Pfaff, die im Auss­chuss zitiert wur­den. Im Okto­ber 1995 schrieb Pfaff im Plur­al ein­mal von “Kon­tak­ten Szczepan­skis zu Ver­fas­sungss­chutzbe­hör­den”, ein ander­mal “zu Sicher­heits­be­hör­den”. Pfaff war ein­mal Bun­de­san­walt und lange Jahre Verbindungs­beamter der Bun­de­san­waltschaft beim BfV. Ein Wes­t­im­port der Exeku­tive in den neuen Län­dern sozusagen. Nicht der einzige, wie sich zeigen wird.
Inter­es­san­ter­weise hat Carsten Szczepan­s­ki sel­ber als Zeuge im NSU-Prozess vor dem OLG in München erk­lärt, bere­it 1991 Infor­mant für eine Behörde gewe­sen zu sein. Der Feb­ru­ar 1992 läge da datumsmäßig nicht so weit ent­fer­nt. Von Bedeu­tung ist das auch, weil Sz. den Mord­ver­such an dem Nige­ri­an­er Steve E. dann als Mitar­beit­er ein­er Sicher­heits­be­hörde began­gen hätte. Am 9. Mai 1992 war der Asyl­suchende in Wendisch-Rietz von mehreren Neon­azis lebens­ge­fährlich attack­iert wor­den. Sz. soll dabei unter anderem “KKK!” gerufen haben. Das Gericht sah einen “direk­ten Tötungsvor­satz” als belegt an.
Nach sein­er aus­führlichen Aus­sage beim BKA im Feb­ru­ar 1992 liefen ver­schiedene Ver­fahren im Inter­esse Szczepan­skis. Sie wur­den liegen gelassen, bis sie ver­jährt waren, oder wur­den eingestellt. Das Ter­ror­is­musver­fahren der BAW wurde im Sep­tem­ber 1992 eingestellt.
Man ken­nt diesen Umgang bei anderen V‑Leuten wie etwa Tino Brandt. Für Recht­san­walt Kliesing muss jemand Szczepan­s­ki “geschützt” haben.
Als der Prozess Ende 1992 begann, war Sz. noch nicht ein­mal Beschuldigter in dem Ver­fahren. Das geschah erst im Dezem­ber 1992, der Vor­wurf lautete zunächst lediglich auf “gefährliche Kör­per­ver­let­zung”. Erst 1994 wurde die Anklage auf “ver­sucht­en Mord” umgeän­dert und Sz. daraufhin im Mai 1994 in Haft genom­men — zwei Jahre nach der Tat. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder im Feb­ru­ar 1995 lautete schließlich auf acht Jahre Haft wegen ver­sucht­en Mordes.
1994 kam es in der U‑Haft zur offiziell bestätigten Verpflich­tung Carsten Szczepan­skis als V‑Mann des Ver­fas­sungss­chutzes von Bran­den­burg mit dem Deck­na­men “Piat­to”. Wenn er schon 1992 ein V‑Mann war, dann war er nach Ein­schätzung von Recht­san­walt Kliesing durch den Mord­ver­such an seinem Man­dan­ten danach für den entsprechen­den Dienst eine “tick­ende Zeit­bombe” gewor­den. Deshalb sei er von einem Dienst bei einem anderen “entsorgt” worden.
Jeden­falls bes­timmte nun der Ver­fas­sungss­chutz von Bran­den­burg die Knas­tregeln für seinen Schüt­zling. Und zwar mit Wis­sen des Justizministeriums.

Regelmäßig besucht­en zwei VS-Beamte den Strafge­fan­genen. Der eine war Gor­dian Mey­er-Plath, heute VS-Präsi­dent in Sach­sen. Der andere hieß Her­mann-Dieter B. und wurde inner­halb des Gefäng­niss­es als “Sozialar­beit­er” “verkauft”. Das bestätigt der zuständi­ge Abteilungsleit­er, zeitweise auch kom­mis­sarisch­er JVA-Chef, Kurt E., gegenüber den Abge­ord­neten im Unter­suchungsauss­chuss. In der Sitzung im Jan­u­ar hat­ten E. sowie der langjährige JVA-Leit­er Wolf­gang H. noch abgestrit­ten, auch nur irgen­det­was von den VS-Aktiv­itäten im Haus mit­bekom­men zu haben. H. hat­te sich zur Feb­ru­ar­sitzung jet­zt krankgemeldet (Dauer­sumpf NSU, siehe Kapi­tel: Schau­platz Unter­suchungsauss­chuss Bran­den­burg: V‑Mann “Piat­to”).
Die Insassen sollen aber nichts von Szczepan­skis VS-Kon­tak­ten gewusst haben. Dass die Frage, ob ein Häftling als Infor­mant für einen Nachrich­t­en­di­enst arbeit­en soll, inten­siv erörtert wor­den sein musste, ergab sich aus den Aus­führun­gen eines anderen zeitweili­gen JVA-Leit­ers, Bernd R., der die let­zte UA-Sitzung geschwänzt hat­te. Die Anstalt­sleitung habe Bedenken geäußert auf­grund der Stasi-Überwachun­gen zu DDR-Zeit­en. Wenn Insassen, die in der DDR groß gewor­den waren, mit­bekä­men, dass es wieder Ausspähun­gen im Knast gebe, dass, so R. wörtlich, “wir im neuen Sys­tem ähn­lich arbeit­en”, sei das für die Ziele des Strafvol­lzuges “kli­matödlich”. Außer­dem hät­ten sie Sorge gehabt, dass die Sicher­heit des V‑Mannes Sz. gefährdet ist.
Let­ztlich trug die JVA-Leitung aber die Anwe­sen­heit der Ver­fas­sungss­chützer mit und half bei der Kon­spir­a­tion. Im Jahr 1995 war der LfV-Beamte Mey­er-Plath 24-mal da, haben die Abge­ord­neten gezählt, von März 1996 bis Jan­u­ar 1997 der “Sozialar­beit­er” B. in Dien­sten des VS 17-mal.
Doch auch aus der recht­sex­tremen Szene erhielt V‑Mann “Piat­to” immer wieder Besuch, unter anderem aus Chem­nitz von Michael und Antje Prob­st, in deren Szeneladen er später jobbte, sowie von Thomas Starke, der im Jan­u­ar 1998 der erste Anlauf­punkt des flüch­t­en­den Trios Böhn­hardt, Mund­los, Zschäpe aus Jena wurde. Prob­sts und Starke kön­nen zum unmit­tel­baren NSU-Umfeld gerech­net wer­den. Gegen Starke ist zur Zeit noch eines von neun Ermit­tlungsver­fahren der Bun­de­san­waltschaft gegen neun Beschuldigte anhängig.
Als nach dem Fund von recht­sex­trem­istis­chen Schriften bei Szczepan­s­ki vorüberge­hend dessen Post kon­trol­liert wurde, sorgte die Gefäng­nisleitung dafür, dass das nur durch einen Wacht­meis­ter geschah, der eingewei­ht war. Er wusste von dem Kon­takt zum Lan­desver­fas­sungss­chutzamt (LfV) und sorgte dafür, dass der Brief- und Päckchen-Verkehr mit dem Häftling ungestört weit­er­laufen kon­nte. Keine Postkon­trolle durchzuführen, wie es das Amt wollte, wäre auf­fäl­lig gewe­sen, deshalb, so der dama­lige JVA-Chef R., habe man es auf diese Weise geregelt. “Postkon­trolle fand also nicht statt”, kom­men­tiert ein Auss­chuss­mit­glied, “es war eine leg­endierte Postkontrolle.”
Bernd P., der die JVA Bran­den­burg von 1992 bis Juli 1995 leit­ete, war, wie der LfV-Chef Pfaff, eben­falls ein Wes­t­im­port. Er wech­selte 1995 ins Jus­tizmin­is­teri­um des Lan­des, wo er den Rang eines Min­is­te­ri­al­rates bek­lei­dete. Er hat­te in der Folge wieder­holt mit der JVA und dem V‑Mann-Häftling Sz. zu tun. Ein­mal nahm er per­sön­lich an einem Gespräch mit dem V‑Mann-Führer Mey­er-Plath teil, bei dem es um die Frage ein­er Haftverkürzung Szczepan­skis ging, die der Dienst begrüßte.
Das Jus­tizmin­is­teri­um war also in die Causa Szczepan­s­ki involviert und deck­te die Pläne des LfV mit sein­er Quelle “Piat­to” ab. Jus­tizmin­is­ter war in jenen Jahren der Wes­t­im­port Hans-Otto Bräutigam, bekan­nt als ehe­ma­liger Leit­er der Ständi­gen BRD-Vertre­tung in der DDR.
Aus den Akten, die die Abge­ord­neten vor­liegen haben, ergeben sich Hin­weise, dass in der JVA min­destens drei rechte Szeneblät­ter hergestellt und nach draußen geschmuggelt wur­den. Ein Häftling hat­te deshalb sog­ar Strafanzeige erstat­tet. Sz. sel­ber soll das Fanzine “Unit­ed Skins” pro­duziert haben. Offiziell wird das bestrit­ten. Min­is­te­ri­al­rat Bernd R. war im Jus­tizmin­is­teri­um mit der Sache befasst — und beschied dien­stlich, es sei auszuschließen, dass ganze Hefte in der JVA hergestellt wor­den seien. Möglich sei lediglich, dass einzelne Beiträge den Weg nach draußen gefun­den haben kön­nten. Aber auch dafür gebe es keine Hinweise.
Im NSU-Auss­chuss von Bran­den­burg bleibt R. bei sein­er Bew­er­tung und begrün­det sie mit keinem gerin­geren als dem Amt sel­ber: “Wenn etwas vorgele­gen hätte, hätte sich der Ver­fas­sungss­chutz gemeldet oder das Innen­min­is­teri­um.” Dann zitiert der Min­is­te­ri­al­rat a.D. noch einen EDV-Mann aus der JVA, der es “tech­nisch aus­geschlossen” habe, dass ganze Hefte in der Anstalts­druck­erei hät­ten hergestellt wer­den können.
Die Abge­ord­nete der Grü­nen und ihr Mitar­beit­er suchen daraufhin die Aus­sage jenes EDV-Mannes und find­en fol­gen­den Satz von ihm: “Das Absuchen der Fest­plat­ten würde Tage dauern”, um das festzustellen. Offen­sichtlich wurde der Vor­gang nicht über­prüft, er kann also nicht aus­geschlossen werden.
Ille­gales Han­deln eines Geheim­di­en­stes und sein­er Quelle, abgedeckt durch ein Min­is­teri­um? Offen­sichtlich musste die Quelle “Piat­to” von beson­derem “Wert” sein. Das hat­te schon vor fünf Jahren der ehe­ma­lige V‑Mann-Führer und heutige LfV-Chef in Sach­sen, Gor­dian Mey­er-Plath, vor dem NSU-Unter­suchungsauss­chuss­es im Bun­destag erk­lärt. Carsten Sz. alias “Piat­to” sei für den Infor­ma­tions­be­darf des LfV ein Meilen­stein gewe­sen. Selb­st durch die kri­tis­che Nach­frage, ob Sz. für das Amt “noch wertvoller” gewe­sen wäre, wenn er “den Mord im Mai 1992 vol­len­det” hätte, ließ sich der Kar­ri­ere­beamte nicht provozieren und antwortete kühl: “Das ist reine Speku­la­tion.” Her­auskam noch: Der V‑Mann und sein Führer — sie duzten sich.

In der JVA Bran­den­burg an der Hav­el ging die Son­der­be­hand­lung des Gefan­genen Szczepan­s­ki weit­er. 1998 kam er in den offe­nen Vol­lzug. Er kon­nte ein soge­nan­ntes Prak­tikum machen — und zwar im über 200 Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Chem­nitz in dem recht­en Szeneladen “Son­nen­tanz” der Prob­sts. Hin- und zurück­ge­bracht wurde er von seinen Beamten des LfV Bran­den­burg. V‑Mann-Führer als V‑Mann-Fahrer sozusagen.
Die für die Organ­sierung von Prak­ti­ka zuständi­ge Sozialar­bei­t­erin gibt sich im Auss­chuss von Pots­dam über­rascht. Eine Prak­tikumsstelle, die der­art weit weg ist, könne sie sich nicht vorstellen. Dem hätte sie nie zuges­timmt. Wenn, dann wäre der Häftling in die nahe gele­gen­ste Haf­tanstalt ver­legt worden.
Auch die konkrete Prak­tikumsstelle, jen­er Neon­aziladen in Lim­bach-Ober­frohna bei Chem­nitz, war der JVA-Angestell­ten nicht bekan­nt. Sie sei die Per­son gewe­sen, die die Prak­tikaplätze vor­bere­it­ete und auch im Vor­feld angeschaut habe, aber: “Ich bin nicht nach Lim­bach gefahren, 100-prozentig.”
Wur­den Prak­tikumsstelle plus Arbeitsver­trag also an der dafür Ver­ant­wortlichen vor­bei organ­isiert, hin­ter ihrem Rück­en? Die Beteiligten jeden­falls müssen gewe­sen sein: der Gefan­gene Szczepan­s­ki und seine VS-Män­ner, die Prak­tikums­ge­ber Prob­st sowie der JVA-Abteilungsleit­er für den offe­nen Vol­lzug, Ger­hard K. Er hat­te bei der let­zten UA-Sitzung im Jan­u­ar 2018 bestrit­ten, gewusst zu haben, dass Sz. regelmäßig Besuch vom Ver­fas­sungss­chutz bekam. K. wurde nach sein­er Aus­sage vereidigt.
K. war dann auch beim näch­sten Schritt der “Befreiung” von Carsten Szczepan­s­ki beteiligt: Der Anhörung vor der Strafvoll­streck­ungskam­mer des Landgericht­es Pots­dam im Novem­ber 1999. Sz. hat­te beantragt, nach Ver­büßung von zwei Drit­teln der Strafe vorzeit­ig ent­lassen zu wer­den. Im Dezem­ber 1999 erg­ing tat­säch­lich das entsprechende Urteil. Dafür spielte eine wesentliche Rolle, dass Sz. den Prak­tikum­splatz hat­te sowie die große Ent­fer­nung dahin. Zusät­zlich lag ein knappes psy­chol­o­gis­ches Gutacht­en vor, das aber für die Sozial­prog­nose des Straftäters Sz. ziem­lich wert­los war.
Die Rich­terin, die damals das Urteil fällte, reagiert verun­sichert, als ihr die Abge­ord­neten nach und nach die heute bekan­nten Wider­sprüch­lichkeit­en im Falle Szczepan­s­ki präsen­tieren. Um was für eine Prak­tikumsstelle es sich konkret gehan­delt hat, wusste sie nicht. Erst Recht nicht, dass das nicht ein­mal die zuständi­ge Sozialar­bei­t­erin in der JVA wusste. Sie habe sich auf die Stel­lung­nah­men der JVA ver­lassen, habe keinen Grund gehabt, das zu hin­ter­fra­gen, so die Juristin, die heute beim Bun­desver­fas­sungs­gericht tätig ist. Dass jemand ver­sucht habe, sie zu bee­in­flussen oder unter Druck zu set­zen, verneint sie entschieden.
Ein Abge­ord­neter der Linken hakt nach: “Um Sie zu bee­in­flussen, hätte man also den Weg über die zwei wesentlichen Quellen nehmen müssen: a) die Stel­lung­nahme der JVA und b) das psy­chol­o­gis­che Gutacht­en?” Antwort: “Ja, richtig.” Der Anwalt von Steve E., dem Opfer eines mut­maßlichen V‑Mannes, sagt, Teile der Biografie von Carsten Szczepan­s­ki liegen nach wie vor im Dunkeln. Mit­tler­weile weiß man, dass es staatliche Stellen gibt, die sie kennen.

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Infoabend: Afrin, Rojava und der Krieg der Türkei gegen die demokratische Autonomie

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Wann: Dien­stag, 20. Feb­ru­ar 2018,
Beginn: 20.00 Uhr Ende 21.30 Uhr
Wo: Buch­laden Sput­nik, Char­lot­ten­strasze 28, Potsdam
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Seit einem Monat greift das türkische Mil­itär, unter­stützt mit deutschen Panz­ern, den Nor­den Syriens an. Der Krieg gegen Afrin gilt vor allem auch dem fortschrit­tlich­sten Pro­jekt der Region: Roja­va. Die Autonomie der Völk­er in Nordsyrien, der Auf­bau eines Demokratis­chen Kon­föder­al­is­mus, kurzum die Rev­o­lu­tion in Kur­dis­tan ist dem türkischen Staat und vor allem Erdo­gan ein Dorn im Auge. Zir­ka 4,5 Mil­lio­nen Kurd*innen, Araber*innen, Turkmen*innen und Assyrer*innen leben hier in ein­er selb­stver­wal­teten Gesellschaft, deren Prinzip­i­en Gle­ich­berech­ti­gung und Emanzi­pa­tion der Frauen, Reli­gions­frei­heit und Demokratie ist. Eine enorme Errun­gen­schaft in ein­er Region, die anson­sten vom IS oder anderen dschi­hadis­tis­chen Ban­den kon­trol­liert wird.
 
Wir haben eine Ref­er­entin ein­ge­laden, die seit vie­len Jahren in Roja­va lebt, um uns über die aktuelle poli­tis­che Lage und den Wider­stand in Afrin zu bericht­en. Außer­dem wird sie uns einen anderen Ein­druck der Men­schen, der Geografie der Region und der Kriegs­geschehnisse mith­il­fe kur­dis­ch­er Medi­en geben.
 
Wir gehen den Fra­gen nach: Warum basiert die Rev­o­lu­tion von Roja­va auf ein­er Frauen­be­we­gung und wie baut sich die mit­tler­weile über sechs Kan­tone erschlossene Selb­stver­wal­tung auf? Welche Rolle spie­len die Volksvertei­di­gung­sein­heit­en zur Über­win­dung des patri­ar­chalen Systems?
Der Infoabend wird inkl. Fra­gen von euch ca. 90 Minuten dauern. Ab 21.30 Uhr gibt es dann die Möglichkeit, den Abend in gemütlich­er Runde ausklin­gen zu lassen und sich über Ideen und Hand­lungsmöglichkeit­en auszu­tauschen. Organ­isiert von: ISO — Inter­na­tionale Sozial­is­tis­che Organ­i­sa­tion, OG Pots­dam und Lydia G.
 
Kon­takt: potsdam@intersoz.org
facebook.com/intersoz.org twitter.com/InterSozOrg
Link zur Ver­anstal­tung: http://intersoz.org/termine/infoabend-afrin-rojava-und-der-krieg-der-tuerkei-gegen-die-demokratische-autonomie/

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Antifaschismus

Gedenken anlässlich des 22. Todestags von Sven Beuter

Anlässlich des 22. Todestages des alter­na­tiv­en Jugendlichen Sven Beuter find­et am 20. Feb­ru­ar 2018 um 19 Uhr eine Kundge­bung an der Gedenkplat­te in der Havel­straße statt. Die aktuellen Ereignisse in Cot­tbus und Wurzen zeigen deut­lich, dass sich am ras­sis­tis­chen Nor­malzu­s­tand nichts geän­dert hat, dass Migrant_innen, Antifaschist_innen und Ander­s­denk­ende tagtäglich den Gefahren ras­sis­tis­ch­er und nation­al­is­tis­ch­er motiviert­er Über­griffe aus­ge­set­zt sind.
Trotz­dem es in Bran­den­burg an der Hav­el zur Zeit ruhig ist, hat der Auftritt von Angela Merkel im Vor­feld der Bun­destagswahl im Jahr 2017 jedoch deut­lich gezeigt, dass es in der Havel­stadt ein nicht zu ver­nach­läs­si­gen­des Poten­tial von Rassist_innen und Neon­azis gibt. Ein weit­er­er Beleg hier­für sind die regelmäßig und in größer­er Zahl auftre­tenden Aufk­le­ber der AfD, des III. Weges, der NPD und weit­er­er rechter und neon­azis­tis­ch­er Grup­pierun­gen. Der Totschläger von Sven Beuter, Sascha L., wohnt weit­er­hin in der Havel­stadt. Gemein­sam mit sein­er Fre­undin Julia Sch. und ihren zahlre­ichen Kindern leben sie derzeit  in ein­er Miet­woh­nung in der Bran­den­burg­er Alt­stadt. Sascha L. ist in der Neon­aziszene der Stadt weit­er­hin eine Verbindungs­fig­ur zwis­chen jun­gen und alten Neon­azis und nimmt ger­ade die jun­gen Neon­azis zu Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen in ganz Deutsch­land mit.
Aus den genan­nten Grün­den ist ein Gedenken an Sven Beuter und die Hin­ter­gründe sein­er Ermor­dung weit­er­hin wichtig. Es darf nicht vergessen wer­den, warum Sven Beuter ster­ben musste – weil er nicht in das Welt­bild von Men­schen wie Sascha L. passte, weil er sich frei ent­fal­tete, seine Haare färbte, nur gele­gentliche arbeit­ete und Met­al- sowie Punkrock hörte. Genau dafür gilt es am 20. Feb­ru­ar um 19 Uhr zusam­men zu kom­men. Für eine Stadt, eine Welt, in der Men­schen sich frei ent­fal­ten kön­nen, in der sie keine Angst haben müssen, auf­grund ihrer Herkun­ft, ihres Ausse­hens oder ihrer sex­uellen Ori­en­tierung ange­grif­f­en und getötet zu werden.
 
Nie­mand ist vergessen!
Nichts ist vergeben!
20. Feb­ru­ar 19 Uhr – Gedenkplat­te Havelstraße!
 
Antifa Jugend BRB

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