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Tag der politischen Gefangenen in Potsdam

Für den heuti­gen Son­ntag hat­ten Neon­azis aus dem Bran­den­burg­er Nord­west­en eine Kundge­bung vor dem Jus­tizzen­trum angemeldet. Ihr Plan war es, sich einen linken Kampf- und Gedenk­tag anzueignen. In dieser Form ein Novum. Rund 40 Neon­azis forderten hier unter anderem Frei­heit für die Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Weit­ere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkver­het­zungspara­graphen) und dem Neon­azi Horst Mahler.
Bei dem Anmelder han­delt es sich offen­bar um Nick Zschirnt von den ‚Freie Kräfte Neu­rup­pin‘, der auch schon bei Pogi­da in Pots­dam mit­ge­laufen ist. Auf der Kundge­bung gesprochen haben der Anwalt der recht­ster­ror­is­tis­chen ‚Gruppe Fre­ital‘ Mar­tin Kohlmann sowie Zschirnt selb­st. Zur musikalis­chen Unter­malung wur­den Lieder von der Recht­srock­band Die Lunikoff Ver­schwörung gespielt. Der ein­schlägig bekan­nte Neon­azi und rechte Gewaltäter Dave Trick erk­lärte nach ein­er knap­pen Stunde die Ver­samm­lung für beendet.
Für uns ein Tag zum Kämpfen und Erin­nern, für die Nazis ein Tag mit einem lächer­lichen Ver­such in Pots­dam ein Zeichen zu set­zen. So demon­stri­erten auf ein­er linken Ver­anstal­tung rund 700 Per­so­n­en gegen Nazis und Knäste. Bei ein­er Ver­anstal­tung von Pots­dam beken­nt Farbe waren weit­ere 150 Nazigegner*innen. Einige Kandidat*innen für die Oberbürgermeister*innenwahl im Herb­st nutzten die Gele­gen­heit, um sich in Szene zu set­zen. Am Rande der Ver­anstal­tun­gen kam es zu über­flüs­si­gen Ver­haf­tun­gen von 6 linken Aktivist*innen.
Die Abreise der Nazis war eine Farce. So mussten 37 von ihnen mit Polizeigeleit durch den Park Sanssouci zum Bahn­hof Sanssouci gebracht wer­den. Hier­bei kam es zu bru­tal­en Über­grif­f­en seit­ens der Polizei. Da wur­den auch schon mal Fahrradfahrer_innen zu Boden geris­sen. Hier stellt sich uns die große Frage, wie es sein kann, dass die Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten Berlin-Bran­den­burg es nicht für nötig gehal­ten hat, einzu­greifen und von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen. Hier muss eine Aufk­lärung der Stiftung fol­gen, warum sie Neon­azis auf dem Gelände dulden!
Für die Zukun­ft merken wir uns: wenn wir früher auf­ste­hen, kann auch eine Anreise zur Farce wer­den. Ein riesiges Polizeiaufge­bot von 450 Beamt_innen, einem Hub­schrauber, 2 Wasser­w­er­fern (bei minus 3 °C) und eine Hun­destaffel wur­den für nötig erachtet. Nur so kon­nte offen­bar ein Spazier­gang der Faschos durch den Park gewährleis­tet werden.
Der Tag der poli­tis­chen Gefan­genen* bleibt unser! Nieder mit den Knästen! Für eine befre­ite Gesellschaft!
#pots­dambleibt­sta­bil #antifa­heißt­frühauf­ste­hen #dankean­tifa

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Neonaziaufmarsch zum 18. März

01_2018.03.13_14 Wustermark OT Elstal Loewen Adler Kaserne _ Kulisse fuer Neonazimobi PDM1803 (5)

Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neon­azi-Funk­tionäre geplant / Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobil­isierungsvideos / Freie Kräfte spie­len Haup­trol­le / Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthe­ma / Ver­such der Beset­zung von linken und  anti­ras­sis­tis­chen Aktion­sta­gen /  Gegen­proteste angekündigt

Am kom­menden Son­ntag beab­sichti­gen Neon­azis in Pots­dam eine Kundge­bung abzuhal­ten. Für diese geplante Ver­anstal­tung wird derzeit in den sozialen Medi­en u.a. mit Video­clips und Aktions­fo­tos gewor­ben. Tat­säch­lich liegt, laut Infor­ma­tio­nen von PNN und MAZ, eine Ver­samm­lungsan­mel­dung bei der Polizei vor. Dem­nach beab­sichtigt eine nicht näher genan­nte Pri­vat­per­son eine Kundge­bung vor dem Jus­tizzen­trum in der Jäger­allee durchzuführen. Hin­ter­grund der Ver­samm­lung soll der „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ sein. Gegen die Kundge­bung wur­den bere­its zwei Protestver­anstal­tun­gen angemeldet.

Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neonazi-Funktionäre

02_2012.08.04 Bad Nenndorf Ursula Haverbeck spricht auf Neonaziaufmarsch
Kult­fig­ur des neon­azis­tis­chen Milieus: Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Hier während eines Neon­azi­auf­marsches am 4. August 2012 in Bad Nen­ndorf (Nieder­sach­sen)

Wer sich hin­ter den Organ­isieren­den der Neon­azi-Kundge­bung am kom­menden Son­ntag ver­birgt ist jedoch derzeit noch nicht abschließend gek­lärt. Die Ver­anstal­tenden sel­ber hal­ten sich auf ihren Mobil­isierungs­seit­en jeden­falls eher bedeckt. Sie fordern dort u.a. allerd­ings die Freilas­sung von verurteil­ten Führungs­fig­uren aus dem neon­azis­tis­chen Milieu, darunter der Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck und des Anti­semiten Sascha Krolzig (DIE RECHTE). Bei­de wur­den unlängst wieder wegen Volksver­het­zung verurteilt. Haver­beck hat­te am 30. Jan­u­ar 2016 in ein­er Berlin­er Gast­stätte wieder­holt den Holo­caust geleugnet, Krolzig den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Herford/Detmold in einem Online Bericht 2016 als „frechen Juden­funk­tionär“ bezeichnet.

02_2017.03.18 Leipzig Sascha Krolzig sprucht bei Aufmarsch Die Rechte
Anti­semit Sascha Krolzig (DIE RECHTE) beze­ich­nete den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Her­ford / Det­mold als „frechen Juden­funk­tionär“. Das Foto zeigt Krolzig während eines Neon­azi­auf­marsches am 18. März 2017 in Leipzig (Sach­sen).

Bei­de besitzen auch über neon­azis­tis­che Partei­gren­zen hin­aus eine gewisse Pop­u­lar­ität im Milieu, so dass beispiel­sweise der kür­zliche Rück­tritt des gesamten Bran­den­burg­er Lan­desvor­standes von DIE RECHTE sowie dessen Empfehlung an alle 36 Mit­glieder des Lan­desver­ban­des bis Ende Jan­u­ar 2018 die Partei zu ver­lassen nicht unbe­d­ingt eine Rolle spielt.

Andere Bran­den­burg­er Neon­azistruk­turen küm­mern sich offen­bar um die Bewer­bung der geplanten Ver­anstal­tung in Potsdam.

Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobilisierungsvideos 

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Die Löwen-Adler-Kaser­nen in Elstal nutzten Neon­azis als Kulisse für Mobilisierungsaufnahmen.

Als Aus­drucksmit­tel dienen offen­bar in der Region gefer­tigte Aktions­fo­tos und Video­clips. Ein Großteil der auf der entsprechen­den Social­me­dia-Seite zum „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ veröf­fentlicht­en Auf­nah­men ent­standen beispiel­sweise in den leer ste­hen­den Löwen-Adler-Kaser­nen in Wuster­mark OT Elstal (Land­kreis Havelland).

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Auch dieses Gebäude auf dem Kaser­nen­gelände diente als Kulisse

Auf den Fotos und Videos sind mehrere ver­mummte Per­so­n­en erkennbar die wahlweise Parolen an Wände schreiben, Luft­bal­lons steigen lassen oder Fah­nen und Ban­ner zeigen. Auf einem Spruch­band wurde u.a. ein­mal mehr die Freilas­sung von Ursu­la Haver­beck gefordert. Weit­er­hin sind auf den Auf­nah­men die Bran­den­bur­gis­che Lan­des­flagge, eine schwarz-weiß-rote Reichs­fahne sowie eine schwarze Fahne von „Freien Kräften“ deut­lich erkennbar.

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In einem Raum ein­er mehrstöck­i­gen Kaserne hin­ter­ließen die Neon­azis einen Aufruf für den 18. März

Die ehe­ma­li­gen Mil­itärein­rich­tun­gen in Elstal wur­den in den 1930er Jahren ursprünglich für das Heer des NS Staates errichtet. Unter anderem waren dort Infan­terie­ver­bände der Wehrma­cht sta­tion­iert. Nach dem Zweit­en Weltkrieg wur­den dort zunächst Geflüchtete unterge­bracht. 1947 bis 1992 war das Gelände Teil ein­er großen Gar­ni­son der sow­jetis­chen Armee.

Seit dem Abzug des Mil­itärs ste­hen die Kaser­nen leer. Sie sind heute in einem ver­wahrlosten Zus­tand und rel­a­tiv leicht begehbar.

Freie Kräfte spie­len Hauptrolle

2016.03.22 Potsdam POGIDA Marsch Aktionsgemeinschaft Asylhuette
Pots­damer Neon­azis und Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ liefen im Früh­jahr 2016 als Aktion­s­ge­mein­schaft „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste Knick­en!“ bei POGI­DA-Aufmärschen in Pots­dam mit.

An Hand der bish­er veröf­fentlicht­en Mobil­isierungsaufrufe zum geplanten „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ , ins­beson­dere dem Video­ma­te­r­i­al aus Elstal, scheinen vor allem so genan­nte „Freie Kräfte“ aus West­bran­den­burg  eine fed­er­führende Rolle in der Organ­isierung der Ver­samm­lung zu spielen.

Ins­beson­dere die „Freien Kräfte Prig­nitz“ und die „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ (FKN) treten darüber hin­aus bei der Bewer­bung der Kundge­bung auf ihren Social­me­dia-Seit­en in den Vorder­grund. Einzelne bekan­nte Akteure dieser Grup­pierun­gen sind zu dem, trotz Ver­schleierung der Gesichter, auf Mobil­isierungsauf­nah­men, die auf der Social­me­dia-Seite „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ erstveröf­fentlicht wur­den, erkennbar.

Aktivis­ten der FKN trat­en in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit auch gemein­sam mit Pots­damer Neon­azis unter dem Label „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste knick­en!“ in Erschei­n­ung. Mehrfach wur­den Ban­ner dieser Aktion­s­ge­mein­schaft beispiel­sweise bei Aufzü­gen des Pots­damer PEGI­DA-Ablegers POGIDA im Früh­jahr 2016 gezeigt.

Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthema

04_2015.10.24 Neuruppin Kundgebung von NPD und Freien Kraeften
Braune Gefan­genen­hil­fe: Neon­azikundge­bung am 24. Okto­ber 2015 vor dem Amts­gericht in Neuruppin.

Es ist übri­gens auch nicht das erste mal das Neon­azis aus West­bran­den­burg Sol­i­dar­ität­skundge­bun­gen für verurteilte und/oder inhaftierte Gesin­nungsgenossen organisieren.

Am 5. Juli 2014 ver­anstal­tete eine „Alter­na­tive Jugend Havel­land“ eine Kundge­bung mit 25 Teil­nehmenden, der Großteil bekan­nte Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“, in Bran­den­burg an der Hav­el. Dabei wurde sich u.a. mit dem in ein­er örtlichen JVA inhaftierten Holo­caustleugn­er Horst Mahler solidarisiert.

Am 25. Okto­ber 2014 ver­anstal­tete die neon­azis­tis­che „Gefan­genen­hil­fe“ unter dem Mot­to: „Sol­i­dar­ität gegen staatliche Repres­sio­nen – Gemein­sam gegen Iso­la­tion“ eine Ver­samm­lung in Bran­den­burg an der Hav­el. Unter den 80 Teil­nehmenden waren vor allem Partei­funk­tionäre von NPD und JN, vom III. Weg sowie bekan­nte Akteure „Freier Kräfte“ aus Westbrandenburg.

Am 24. Okto­ber 2015 ver­sam­melten sich 80 Neon­azis unter dem Mot­to: „Die Gedanken sind frei…“ zu ein­er Kundge­bung vor dem Amts­gericht in Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin). In einem Rede­beitrag erin­nerte u.a. ein führen­der Kopf der „Freien Kräfte Neu­rup­pin-Osthavel­land“ an die Inhaftierten Holo­caustleug­nen­den Ursu­la Haver­beck, Horst Mahler und Ernst Zündel.

Ver­such der Beset­zung von linken und anti­ras­sis­tis­chen Aktionstagen

Bemerkenswert ist jedoch, dass Neon­azis ihre Gefan­genen­hil­fe erst­mals am 18. März zu propagieren und damit offen­bar ein­mal mehr ver­suchen einen Aktion­stag der radikalen Linken für die Ver­bre­itung  neon­azis­tis­ch­er Ide­olo­gie zu besetzen.

Der 18. März wurde näm­lich ursprünglich 1923 unter dem Mot­to: „Inter­na­tionaler Tag der Hil­fe für die poli­tis­chen Gefan­genen“ von der „Inter­na­tionalen Roten Hil­fe“ ins Leben gerufen und 1996 als „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ von der Roten Hil­fe eV wiederbelebt.

Das Datum soll an den Auf­s­tand der Paris­er Kom­mune im Jahr 1871, deren Zer­schla­gung sowie an die anschließende Verurteilung von mehreren tausend Kom­mu­nar­den zu meist lebenslanger Haft erinnern.

Des Weit­eren find­en im Zeitraum vom 12. zum 25. März 2018 die „inter­na­tionalen Wochen gegen Ras­sis­mus“ statt. In Pots­dam wird es in diesem Rah­men u.a. Work­shopange­bote und Lesun­gen geben. Hin­ter­grund dieser Ver­anstal­tun­gen ist der „Inter­na­tionale Tag für die Besei­t­i­gung ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung“ (21. März).

Gegen­proteste angekündigt 

Indes rief das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ im Social­me­dia zu Protesten gegen die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung auf. „Wenn neona­tion­al­sozial­is­tis­che Kräfte in unser­er Stadt Geschicht­sre­vi­sion­is­mus betreiben, müssen sie selb­stver­ständlich mit entsch­ieden­em Wider­spruch rech­nen“, so das Bünd­nis im Socialmedia.

Ab 14:00 Uhr ist beispiel­sweise eine Kundge­bung unter dem Mot­to: „Für eine men­schen­fre­undliche Gesellschaft ohne Hass“ in der südlichen Jäger­allee, in der Nähe der Neon­aziver­samm­lung, geplant.

Eine weit­ere Demon­stra­tion gegen die Neon­azis wurde von ein­er Poli­tik­erin der Partei DIE.LINKE angemeldet und soll außer­dem ab 13.00 Uhr am Platz der Ein­heit starten. End­punkt dieser Ver­samm­lung wird das nördliche Ende der Jäger­allee, eben­falls in Nähe zur Neon­aziver­samm­lung, sein.

Foto­ma­te­r­i­al auf Flickr: HIER

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200 Menschen gedenken Opfer des Holocaust

Etwa 200 Men­schen ver­sam­melten sich am 27. Jan­u­ar 2018 um 18.00 Uhr am
Platz der Ein­heit beim Denkmal für die Opfer des Faschis­mus und später
am Ehren­fried­hof der Sowjetsoldat_innen am Bass­in­platz, um an die
Befreiung des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz durch die Rote Armee zu
erinnern.
Die Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes/ Bund der
Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten (VVN-BdA), das Fat Cats Roller
Der­by Team aus Pots­dam und die Emanzi­pa­torische Antifa Pots­dam (EAP)
ver­lasen Rede­be­träge in denen an die Geschehnisse vor 73 Jahren gedacht
wurde. Zudem wurde die Gedenkpoli­tik der Stadt Pots­dam in der
Lin­den­straße kri­tisiert, per­sön­liche Schick­sale der Betrof­fe­nen verlesen
und dazu aufgerufen auch heute weit­er­hin wach­sam zu sein und Neonazis,
Rassist_innen und völkischen Recht­en keinen Raum für Übergriffe,
Belei­di­gun­gen und Nazi­ide­olo­gie zu geben.
Anne Schmidt von der EAP zeigte sich sehr erfreut über die große
Teilnahme:
“Das Gedenken am 27. Jan­u­ar, das nun schon seit über 10 Jahren
stat­tfind­et, ist mit­tler­weile das größte selbstorganisierte,
antifaschis­tis­che Gedenken in der Stadt. Nur wenn es uns gelingt
Gedenken nicht zu einem toten Rit­u­al verkom­men zu lassen, son­dern uns
die Erin­nerung an die Ver­brechen von damals zum Han­deln und zu
entschlossen­em Kampf gegen Neon­azis auf der Straße und gegen die AfD in
den Par­la­menten bringt, wird sich die deutsche Geschichte und der
Massen­mord nicht wieder­holen. Trotz Recht­sruck in der Gesellschaft
wer­den wir auch 2018 zu einem Jahr des entschlosse­nen antifaschistischen
Wider­stands machen.”
Die Ver­anstal­tung wurde mit den fol­gen­den Worten eröffnet:
Der 27. Jan­u­ar 1945 war ein wichtiger Tag in der Geschichte, doch wie
wollen wir damit umge­hen? Alljährlich zum Gedenken kom­men und das
restliche Jahr wird zu anderen The­men Poli­tik gemacht?
Gedenken ist notwendig und in vielfältiger Weise ein wichtiger Teil der
poli­tis­chen Arbeit. Es hil­ft uns das Ver­gan­gene nicht zu vergessen. Sei
es, so wie heute, um die Befreiung des Vernichtungslager
Auschwitz-Birke­nau in Erin­nerung zu hal­ten, eben­so wie es wichtig ist
der Ermor­dung von Rosa Lux­em­burg und Karl Liebknecht zu gedenken oder
den unzäh­li­gen Todes­opfern heute agieren­der Rassist_innen wie z. B.
Enver Sim­sek, Mehmet Turgut, Halit Yoz­gat, die von ein­er rassistischen
Ter­rorzelle ermordet wur­den. Gemein­sames und öffentlich­es Gedenken dient
dazu die Ver­gan­gen­heit nicht ein­fach verge­hen zu lassen, son­dern ihr ein
Platz in unserem Leben und All­t­ag einzuräumen.
Wir, die wir heute hier ste­hen, sind wahrschein­lich die letzte
Gen­er­a­tion, welche noch aktiv mit Zeitzeugen*innen der NS-Zeit in
Kon­takt treten, sie ken­nen­ler­nen und mit ihnen reden kon­nten. Willi
Fro­hwein zum Beispiel war ein Men­sch, der die Zeit in Auschwitz
über­lebte und er sagte einst: “Die Kinder erstaunen mich. Sie haben ein
großes Inter­esse an der Ver­gan­gen­heit! Ich glaube, sie wer­den ihren
Enkeln noch von ihrer Begeg­nung mit mir erzählen“.
Es liegt an uns, unser Wis­sen über die Ver­gan­gen­heit weit­erzugeben. Wir
sind die Men­schen, die die jün­geren Gen­er­a­tio­nen aufk­lären kön­nen und
müssen. Wir kön­nen ihnen bewusst machen, was z. B. das heutige Datum in
allen Facetten bedeutet.
Unser Gedenken ist der erste Schritt für den entschlossenen
antifaschis­tis­chen Widerstand!
Es gilt also:
Erin­nern! Gedenken! Handeln!
Oder wie wir heutzu­tage sagen: “Talk­ing ist over, action is on!”

Emanzi­pa­torische Antifa Potsdam
https://www.e‑a-p.org

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Gedenken an Befreiung Auschwitz-Birkenaus in Potsdam

Am 27.01.1945 wurde das Massen­ver­nich­tungslager Auschwitz-Birke­nau von der Roten Armee befre­it. Auch 72 Jahre danach wollen wir uns gemein­sam an die Geschehnisse erin­nern und den Toten gedenken. Die aktuelle Ver­harm­lo­sung und Rel­a­tivierung der Naziver­brechen darf nicht unwider­sprochen hin­genom­men wer­den. Die Feind­seligkeit gegenüber Jüd*innen und dem jüdis­chen Staat nimmt öffentlich zu und der Anti­semitismus ist auf dem Vor­marsch. Kommt am 27.01.2018 um 18.00 Uhr zum Denkmal für die Opfer des Faschis­mus auf dem Platz der Ein­heit in Potsdam.
Erin­nern – Gedenken – Handeln!
Emanzi­pa­torische Antifa Potsdam

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

AfD-Ortsverbände im Barnim relativieren Verbrechen der Wehrmacht

Infori­ot Am heuti­gen Son­ntag wird bun­desweit der Toten und Opfer von Krieg und Gewaltver­brechen gedacht. Der Volk­strauertag wird dabei auch immer wieder von extrem recht­en Grup­pen und Parteien miss­braucht, um an die gefal­l­enen Sol­dat­en des Drit­ten Reich­es zu erin­nern. Waren dies in der Ver­gan­gen­heit vor allem die NPD und „Der III. Weg“, die mit Trauerkundge­bun­gen und Grabpflege von Wehrma­chts- und SS-Fried­höfen aufge­fall­en sind, wollen dieses Jahr zumin­d­est auch die AfD-Ortsver­bände Pan­ke­tal und Bernau diesen Gedenken. Dabei ste­hen sie inner­halb ihrer Partei aber nicht alleine da.
AfD Barnim Volkstrauertag
Während die SS bere­its 1945 zu ein­er ver­brecherischen Organ­i­sa­tion erk­lärt wurde, galt die Wehrma­cht lange Zeit als „sauber“ kämpfende Armee. Dass dieser Mythos mehrfach wider­legt ist, haben Ausstel­lun­gen über die Ver­brechen der Wehrma­cht und zahlre­iche Unter­suchun­gen gezeigt. So waren Ver­bände der Wehrma­cht an Erschießun­gen von Juden im Osten Europas beteiligt oder haben diese auf den Weg zu den Erschießun­gen esko­rtiert. An diese Fak­ten scheinen nach wie vor nicht alle zu glauben oder ignori­eren sie gewissentlich, wie zwei AfD-Ver­bände im Barn­im. Die Ver­bände in Bernau und im Pan­ke­tal rufen dazu auf, sich am 19. Novem­ber um 9:00 Uhr am Gedenkstein an der Dor­fkirche in Schwanebeck zu tre­f­fen. In ihrem Fly­er, der mit zwei Bildern geschmückt ist die aus NS-Pub­lika­tio­nen stam­men, machen sie unmissver­ständlich klar, dass sie weit­er­hin an eine „sauber“ kämpfende Wehrma­cht glauben, deren Andenken von anderen in den Schmutz gezo­gen würde. So heißt es: „Schein­bar ist es bei vie­len unseres Volkes, um den Charak­ter schlecht bestellt, ger­ade auch bei vie­len in der Poli­tik, welche unsere Großväter und Väter pauschal als Ver­brech­er entstellen.“
Für die AfD bleiben es weit­er­hin tapfere Sol­dat­en, „die im besten Glauben für ihr Vater­land kämpften.“ Kri­tis­che Worte zum Kriegs­grund oder zum Nation­al­sozial­is­mus sucht man verge­blich im Aufruf der AfD.
Ganz allein ste­hen die bei­den Ortsver­bände in Bran­den­burg damit nicht. Der ehe­ma­lige AfD-Frak­tions­führer im Bran­den­burg­er Land­tag und jet­ziger Frak­tionsvor­sitzen­der der Bun­destags­frak­tion, Alexan­der Gauland, sagte bere­its im Sep­tem­ber beim extrem recht­en Kyffhäuser-Tre­f­fen der AfD, man müsse unter die NS-Ver­gan­gen­heit endlich einen Schlussstrich set­zen. Weit­er betonte er: die Deutschen “haben das Recht, stolz zu sein auf Leis­tun­gen deutsch­er Sol­dat­en in zwei Weltkriegen.”
Bere­its im Mai diesen Jahres hat Wilko Möller, Vor­sitzen­der der AfD in Frank­furt (Oder) mit einem Face­book-Post für Furore gesorgt. Dort hat­te er ein Foto von sich selb­st während sein­er Aus­bil­dung beim BGS (heute Bun­de­spolizei) in den frühen 1990er Jahren gepostet, dass mit dem Spruch: „Klagt nicht, Kämpft!“ verse­hen wurde. Dieser Spruch stammt von der Wehrma­cht und wird heute vor allem von Neon­azis gern benutzt.

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Synagogen in Brandenburg. Eine Spurensuche

Die Evan­ge­lis­che Gesamtkirchenge­meinde Rup­pin und das Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt laden zur Ausstel­lung “Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Eine Spuren­suche” ein.
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/wp-content/uploads/2017/10/Ausstellung.png
In den heuti­gen Gren­zen Bran­den­burgs (inklu­sive den Gren­zstädten Frankfurt/S?ubice, Küstrin/Kostrzyn und Guben/Gubin) gab es bis in die 1930er Jahre in zahlre­ichen Städten und Gemein­den Syn­a­gogen, die vom ein­sti­gen religiösen jüdis­chen Leben zeu­gen. Fand der Gottes­di­enst seit dem Mit­te­lal­ter meist in pri­vat­en Bet­stuben statt, doku­men­tieren seit Mitte des 19. Jahrhun­derts stat­tliche Syn­a­gogen­baut­en die zunehmende Akzep­tanz der jüdis­chen Minorität in der christlichen Mehrheits­ge­sellschaft. Dies wurde auch topografisch sicht­bar, denn die Syn­a­gogen­stan­dorte rück­ten seit dem Mit­te­lal­ter immer näher in die Ortsmitte und damit in Sichtweite der christlichen Kirchen.
Ein Großteil der jüdis­chen Gotteshäuser wurde während des Novem­ber­pogroms 1938 in Brand gesteckt oder, sofern sie unmit­tel­bar an Nach­barhäuser gren­zten, der­art zer­stört, dass sie ihrer Funk­tion als Versammlungs‑, Lern- und Gebetsstätte beraubt waren. Dies war seit 1933 ein weit­er­er Schritt zur sys­tem­a­tis­chen Ver­fe­mu­ng und Vertrei­bung der Juden und der Zer­störung von Zeug­nis­sen jüdis­ch­er Kul­tur und Reli­gion – nicht allein in Brandenburg.
Nach der Teilung Deutsch­lands tat die poli­tis­che Führung der DDR ein Übriges, die ehe­ma­li­gen Stät­ten jüdis­chen Gemein­delebens der Vergessen­heit anheim zu geben und damit ein­er kollek­tiv­en Erin­nerung zu entziehen. Nur langsam und längst nicht an allen Orten wurde des ein­sti­gen jüdis­chen Lebens erin­nert. Bis heute sind in manchen Orten jene Spuren fast voll­ständig ver­wis­cht, an anderen hinge­gen wieder – dank engagiert­er Bürg­er – sicht­bar gemacht. In der Ausstel­lung Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Spuren­suche wer­den 46 Orte mit ehe­ma­li­gen und heuti­gen Syn­a­gogen vorgestellt. (Text: MMZ)
Am 9. Novem­ber 1938 wur­den in der Reich­sprogrom­nacht zahlre­iche Syn­a­gogen und andere jüdis­che Ein­rich­tun­gen zer­stört. Die Erin­nerung daran soll nicht in Vergessen­heit ger­at­en. In der Neu­rup­pin­er Klosterkirche zeigt eine Ausstel­lung die ehe­ma­li­gen Stan­dorte aller Syn­a­gogen in Bran­den­burg, darunter auch 5 aus dem heuti­gen Kreis OPR: Kyritz, Lin­dow, Neu­rup­pin, Witt­stock und Wusterhausen.
 
Wir danken dem Moses Mendelssohn Zen­trum und der evan­ge­lis­chen Gesamtkirchenge­meinde Rup­pin für die Hil­fe bei der Real­isierung der Ausstellung.
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/synagogen-in-brandenburg-eine-spurensuche/
http://www.mmz-potsdam.de/willkommen.html http://www.kirchenkreis-wittstock-ruppin.de/ruppin.html
Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Eine Spuren­suche Ausstel­lung in der Klosterkirche in Neu­rup­pin, 9. Novem­ber bis 1. Dezem­ber 2017
Ausstel­lungseröff­nung: Don­ner­stag, 9. Novem­ber 2017, 18:30 Uhr. Zur Eröff­nung spricht die Kura­torin der Ausstel­lung, Frau Dr. Elke-Vera Kotows­ki (Moses Mendelssohn Zen­trum) Anschließend ab 20 Uhr präsen­tiert die Evan­ge­lis­che Kirchenge­meinde unter der Leitung von Matthias Noack mit dem „Ensem­ble 5Klang“ ein Pro­gramm mit jid­dis­ch­er Musik und Geschicht­en aus der ver­schwun­de­nen Welt der Shtetl Gal­iziens: “Amol is geven a shtetl…”
Öff­nungszeit­en der Klosterkirche: Fre­itag, Sam­stag, Son­ntag jew­eils 12 bis 16 Uhr

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Gedenken an Reichspogromnacht


Auch in diesem Jahr wollen wir am 9.11. an die Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 erin­nern und den Opfern der Reich­s­pogrom­nacht 1938 gedenken. Ger­ade in Zeit­en, in denen Neon­azis wieder in den Bun­destag einziehen und mas­sive faschis­tis­che Gewalt weit­er­hin Men­schen bedro­ht, dür­fen wir nicht vergessen. Wir tra­gen Ver­ant­wor­tung für das, was hier und jet­zt passiert! Kommt mit uns am 9. Novem­ber 2017 um 19:00 Uhr zum Platz der Ein­heit an das Mah­n­mal für die Opfer des Faschismus!
Erin­nern heißt kämpfen!

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Transpi im Park Sanssouci

Am heuti­gen Mor­gen, dem 26.05.2017, haben Kletteraktivist_innen ein Trans­par­ent in einem Baum im Park Sanssouci gegenüber der soge­nan­nten Frieden­skirche ange­bracht. Auf dem roten Trans­par­ent, das in etwa acht Meter Höhe in einem Baum befes­tigt ist, ste­ht geschrieben “Mar­tin Luther — Sex­ist, Anti­semit, Tyrannfreund!”.
Die Aktion richtet sich gegen das Mot­to des diesjähri­gen evan­ge­lis­chen Kirchen­tags in Berlin, Pots­dam und Wit­ten­berg ‘500 Jahre Ref­or­ma­tion und Luther’ und gegen das aus­gerufene Luther Jahr 2017 all­ge­mein. Denn 500 Jahre sind zu viel!
Mar­tin Luther ist kein Held, son­dern ein frauen­feindlich­er, anti­semitsch­er Het­zer. Ihn dieses Jahr (und die let­zten Zehn im Sinne der Lutherdekade) so unkri­tisch zu feiern ist gefährlich und unangemessen. Das wollen wir nicht unkom­men­tiert lassen und wer­den daher mit ver­schiede­nen bun­ten, kreativ­en Aktio­nen ver­suchen das wahre Gesicht Luthers sicht­bar zu machen.
Wir haben die soge­nan­nte Frieden­skirche im Park Sanssouci als Ort für unsere Klet­ter­ak­tion aus­gewählt, da die Kirche ein­er der zen­tralen Ver­anstal­tung­sorte des evan­ge­lis­chen Kirchen­t­ages in Pots­dam ist. Zudem fand dort am Vortag, dem 25. Mai, eine “Luther­messe” statt, am heuti­gen Abend find­et ein “Der Klang der Ref­or­ma­tion” Konz­ert statt. Wir fordern von der evan­ge­lis­chen Kirche eine kri­tis­che und ehrliche Auseinan­der­set­zung mit Mar­tin Luther und der Ref­or­ma­tion, anstatt von stumpfen Abfeiern und Ignori­eren oder Kleinre­den jeglich­er Kritik.
500 Jahre Ref­or­ma­tion und Luther sind zu viel!
In diesem Jahr endet die 2008 begonnene Lutherdekade der evan­ge­lis­chen Kirche mit dem 500-jähri­gen Jubiläum des The­se­nan­schlags Mar­tin Luthers an die Tür der Schlosskirche in Wit­ten­berg. In der öffentlichen Debat­te und in den Schulen wird meist betont, dass Luther „der mutige Kämpfer gegen die katholis­che Über­ma­cht“ gewe­sen sei, „die arme Gläu­bige mit Ablass­briefen ausbeutete“.
Ihr feiert einen Weg­bere­it­er der protes­tantis­chen Erwerbsethik
500 Jahre Ref­or­ma­tion beflügel­ten Kap­i­tal­is­mus und Lohnar­beit in enormer Dimen­sion und kreierte das unange­focht­ene Mantra der Gegen­wart: Ich arbeite, also bin ich. Der Arbeits­fa­natik­er Luther („Der Men­sch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen“) meinte, dass diverse Auser­wählte bere­its mit ihrer Geburt für das Paradies prädes­tiniert wären und deswe­gen allein irdis­che Erfolge, Fleiß und harte Arbeit Indika­toren für die bevorste­hende Erlö­sung seien. Seine Gedanken hat­ten schw­er­wiegende Fol­gen. Die damals selb­stver­ständlich beste­hende All­mende wurde der All­ge­mein­heit, oft­mals in bluti­gen Szenen, aus den Hän­den geris­sen und erschuf Lohnarbeiter*innen en masse. Diese mussten ihr Über­leben sich­ern, indem sie das einzige Eigen­tum, was ihnen geblieben war auf dem Markt anboten: ihre eigene Arbeit­skraft. Im weit­eren Ver­lauf ent­stand ein neuar­tiger Begriff der Arbeit: Sie wurde vom notwendi­gen Übel zur fik­tiv­en heil­brin­gen­den Beru­fung. Infolgedessen etablierte sich der, bis in die Gegen­wart uner­schüt­ter­liche, Irrglaube, dass nur (lohn-)arbeitende Men­schen in ein­er Gesellschaft nüt­zlich seien und alle Erwerb­slosen eine Belas­tung für die sel­bige darstell­ten. Oben­drein bringt Lohnar­beit gesellschaftlichen Bestä­ti­gung her­vor, wohinge­gen unbezahlte Hausar­beit chro­nisch als Tri­v­il­ität ange­se­hen und an den Rand der Gesellschaft geschoben wird. Das führt uns zu einem weit­eren Wesen­szug Luthers:
Ihr feiert einen dog­ma­tis­chen Sexisten
Luther schuf die wesentliche Prämisse für die Mar­gin­al­isierung der Frau in der protes­tantis­chen Welt, indem er ihnen die Auf­gaben „Hausar­beit und Män­ner gebären“ als gottgegebene Bes­tim­mung aufs Auge drück­te. Neben der Mon­tage des Bildes ein­er bürg­er­lichen Frau, unter­stützte Luther einen grausamen Diszi­plin­ierung­sprozess, durch den Frauen als „Sündi­ge“, „Verder­bende“ und vor allem „Wis­sende“ stig­ma­tisiert und umge­bracht wur­den („Die Zauberin­nen sollst du nicht leben lassen… Es ist ein gerecht­es Gesetz, dass sie getötet wer­den, sie richt­en viel Schaden an.“, 1526).
Ihr feiert einen fanatis­chen Antisemiten
Primär muss zwin­gend bedacht wer­den, dass Mar­tin Luther ein rel­e­van­ter Teil ein­er lan­gen Geschichte des christlichen Anti­ju­dais­mus und christlich­er Gewalt gegen Jüd*innen war. Seine Werke (bspw.: „Von den Juden und ihren Lügen“, 1543) und deren Rezep­tion, waren ein Beweg­grund für die Entste­hung und Ver­wirk­lichung ein­er nation­al­sozial­is­tis­che Ide­olo­gie. Luther stellte die Frage:
„Was sollen wir Chris­ten nun tun mit diesem ver­dammten, ver­wor­fe­nen Volk der Juden?“
Seine Antwort waren sieben Schritte, die er zynisch als „scharfe Barmherzigkeit“ betitelte: Men­sch solle „Syn­a­gogen ver­bren­nen, Häuser zer­stören, deren Bewohner*innen in Ställen unter­brin­gen, Gebet- und Tal­mud­büch­er weg­nehmen, Rabbiner*innen das Lehren unter Andro­hung der Todesstrafe ver­bi­eten, Händler*innen ihr Wegerecht entziehen, weit­er­hin ihnen das Geldgeschäft ver­bi­eten und all ihr Bargeld und ihren Schmuck enteignen“. Abschließend soll­ten, Luthers Ansicht nach, alle „jun­gen Jüd*innen ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts mit har­ter Arbeit ver­di­enen“. Luthers Schriften sprach Jüd*innen die Men­schen­würde vol­lkom­men ab und for­mulierte wesentlich das Muster der Schoah im Nation­al­sozial­is­mus. Kann es eine protes­tantis­che The­olo­gie nach Auschwitz über­haupt geben, die behar­rlich jenen Autor glo­ri­fiziert, der von Nationalsozialist*innen in den Nürn­berg­er Prozessen als Legit­i­ma­tion­s­grund­lage für ihr bar­barisches Han­deln genutzt wurde?
Danke für Nichts!
Mar­tin Luther wird als Frei­heit­skämpfer, Human­ist und Ret­ter des Chris­ten­tums betra­chtet. Das diese Rezep­tion eine Illu­sion son­der­gle­ichen ist, hat dieser Text hof­fentlich aufzeigen kön­nen. Seine Unterstützer*innen und die protes­tantis­che Kirche vertei­di­gen ihn als „Kind sein­er Zeit“ und deuten seine bar­barischen Offen­barun­gen mit aller­lei Inter­pre­ta­tion­s­geschick um, damit sie dem Mythos eines „deutschen Helden“ gerecht wer­den. Der Refor­ma­tor, der die christliche Reli­gion aus ein­er Krise befördert haben soll, wird durch einen kri­tis­chen Blick, der­jenige, der eine neue Krise an das Ende der alten Mis­ere geset­zt hat, der wir bis heute nicht gän­zlich ent­fliehen kon­nten. Es wird Zeit für eine deut­liche Kri­tik, die das öffentliche Mythos eines „barmherzi­gen Refor­ma­tors“ zer­stört und eine zeit­gemäße Debat­te, jen­seits des arti­fiziellen Helden­tums, fördert.
500 Jahre Ref­or­ma­tion – Kein Grund zum Feiern, Zeit für einen endgülti­gen Schlussstrich!
Mehr Infor­ma­tio­nen und weit­e­führende Links und Lit­er­atur zu Luther und Ref­or­ma­tion gibt es hier:
gegendiehelden.blogsport.eu
Zur lokalen Ini­tia­tive gegen den evan­ge­lis­chen Kirchen­tag in Pots­dam, schaut mal hier drauf:
gegendiehelden.blogsport.eu/potsdam/

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Update: Rechtsoffenes Querfrontfestival “Pax Terra Musica” in Brandenburg

Nach­dem ver­mehrt über den tat­säch­lichen Charak­ter des ange­blichen “Friedens­fes­ti­vals” Pax Ter­ra Musi­ca berichtet wird (u.a. hier) sprin­gen erste Bands und Aussteller ab, die offen­sichtlich getäuscht wur­den und nichts mit Ver­schwörungs­the­o­retik­ern und Anti­semiten zu tun haben wollen. Danke dafür.
Auch für die am 3. Juni geplante “Pax-Terra-Musica”-Soli-Veranstaltung in Berlin-Friedrichshain gibt es Neuigkeit­en. Die wochen­lang von der Quer­front bewor­bene Loca­tion stellte sich als Lüge her­aus. Der Club OI-Zosch wusste nichts von der Ver­anstal­tung und sagt, er habe den “Pax Ter­ra Musica”-Machern niemals eine Zusage gegeben. [Diese stellen das anders dar und behaupten weit­er­hin, es habe sehr wohl eine Zusage gegeben. Allerd­ings sind diese Leute schon in der Ver­gan­gen­heit mehrfach der Lüge über­führt worden.]
Nun haben die Aluhüte einen neuen Ort für den 3.6. gefun­den: das soge­nan­nte “Jugend­wider­standsmu­se­um” in der Rigaer Straße in Fhain. Auch hier ist zu befürcht­en, dass die Betreiber nicht über die recht­sof­fe­nen Hin­ter­män­ner des “Pax Ter­ra Musi­ca” Bescheid wis­sen. Eigentlich ist das “Jugend­wider­standsmu­se­um” ein linkes Projekt.
Ver­anstal­ter des Soli-Konz­erts ist Frank Georg, ein enger Unter­stützer des “Pax Ter­ra Musica”-Festivals. Auf sein­er öffentlich ein­se­hbaren Face­book-Seite sym­pa­thisiert er mit der recht­sex­tremen Iden­titären-Bewe­gung und dem Com­pact-Mag­a­zin. Dazu benutzt er Reichs­bürg­er-Codes und veröf­fentlicht Bilder, in denen Deutsch­land als von den USA und Israel ges­teuerte GmbH beze­ich­net wird. Auch das stört den “Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf nicht.
Für das “Pax Ter­ra Musi­ca” in Bran­den­burg sind Aussteller wie “NuoViso.TV” angekündigt, die mit Pegi­da und Com­pact zusam­me­nar­beit­en bzw. fre­undlich über sie bericht­en. Auch die “Deutsche Mitte” ist dabei. Deren Chef Christoph Hörs­tel behauptet, unter den 2015 nach Deutsch­land gekomme­nen Geflüchteten befän­den sich „30000 Ter­ror­is­ten, Häuserkämpfer und Mörder“. Dahin­ter stecke Angela Merkel, die in Deutsch­land einen Bürg­erkrieg aus­lösen müsse, um das Land kaputt zu machen. Das sei näm­lich die Bedin­gung, damit sie später UNO-Gen­er­alsekretärin wer­den könne. (Quellen dazu <a href=“https://www.youtube.com/watch?v=aLEuFuRz82Q&t=3095s“hier und hier)
“Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf erk­lärt dazu, man könne ihm keinen Vor­wurf machen, es gebe keine “Kon­tak­tschuld”.

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Querfront-Kundgebung am 1. Mai in Frankfurt (Oder) ohne Gegenprotest

Infori­ot — Am diesjähri­gen 1. Mai fan­den bun­desweit erneut zahlre­iche neon­azis­tis­che Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen statt. Beson­ders an den Aufmärschen in Halle/Saale und Gera beteiligten sich Neon­azis aus Bran­den­burg. In der Region gab es nur eine extrem rechte Ver­samm­lung: In Frank­furt (Oder) ver­anstal­teten örtliche extrem Rechte eine Kundge­bung, die von ihrer inhaltlichen Aus­rich­tung wahrschein­lich nicht jeden Neon­azi gefall­en hätte.
Mit Thäl­mann und Karl Marx für ein „Soziales Deutschland“ 

Björn Brusak (rechts) redet von Klassenkampf und zitiert Karl Marx .... vor Neonazis (Foto: pressedienst ffo)
Björn Brusak (rechts) redet von Klassenkampf und zitiert Karl Marx .… vor Neon­azis (Foto: presse­di­enst ffo)

Der stadt­bekan­nte Neon­azi Björn Brusak, häu­figer Red­ner auf recht­en Demon­stra­tio­nen und Anhänger der Europäis­chen Aktion, meldete zum 1. Mai vor dem Rathaus im Stadtzen­trum eine Kundge­bung unter dem Mot­to „Für ein soziales Deutsch­land“ an. Anders als in der Ver­gan­gen­heit blieb eine Mobil­isierung durch die Grup­pierung „Frank­furt (Oder) wehrt sich“, zu deren Umkreis Brusak zu zählen ist, aus. Die aktion­sori­en­tierten AktivistIn­nen um den Neon­azi Peer Koss zog es eher nach Gera zur Demon­stra­tion des „III. Weg“, an dem sie bere­its im ver­gan­genen Jahr teilgenom­men hatten.
Die Kundge­bung sollte ab 10 Uhr vor dem Rathaus stat­tfind­en. Mit ein­er halbe Stunde Ver­spä­tung trafen die ersten Neon­azis, sowie der Anmelder Brusak am Ver­samm­lung­sort ein. Durch die fehlende Mobil­isierung kamen ins­ge­samt nur etwa 20 Per­so­n­en zusam­men. Neben eher weniger bekan­nten Gesichtern der Frank­furter Neon­aziszene beteiligte sich auch Michael Koth aus Berlin, Vor­sitzen­der der Anti­im­pe­ri­al­is­tis­chen Plat­tform (AiP) zusam­men mit weit­eren Anhän­gerIn­nen an Brusaks Versammlung.
Michael Koth mit erhobener rechten Faust. (Foto: pressedienst ffo)
Michael Koth mit erhoben­er recht­en Faust. (Foto: presse­di­enst ffo)

Koth gilt nicht unbe­d­ingt als Teil­nehmer von typ­is­chen Neon­azikundge­bun­gen. Er ist eher bekan­nt als ein­er der dien­stäl­testen Quer­front­lerIn­nen in Deutsch­land, der immer wieder ver­sucht linke und rechte Posi­tio­nen zu vere­inen. Seine Plat­tform unter­stützt das nord­ko­re­anis­che und syrische Regime und hängt ein­er kru­den Ide­olo­gie, irgend­wo zwis­chen Strass­er-Brüdern und DDR-Nos­tal­gie, nach. Vorgänger der AiP war u.a. der „Kampf­bund deutsch­er Sozial­is­ten“ (KdS), aber auch maois­tis­che bis stal­in­is­tis­che Splittergruppen.
Damit teilt Michael Koth ähn­liche Ansicht­en, wie der Ver­schwörungside­ologe Björn Brusak, der u.a. auf seinem Youtube-Kanal eben­falls seine Sym­pa­thie für Nord­ko­rea äußerte und in der Ver­gan­gen­heit mehrmals ver­suchte in Reden linke und rechte Posi­tio­nen zusam­men zu führen. Ken­nen­gel­ernt haben sich die Quer­frontler ver­mut­lich auf den sog. Mon­tags­mah­nwachen von Lars Mährholz 2014 in Berlin, an denen bei­de teilnahmen.
"Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" - kein klassischer Neonazispruch. (Foto: pressedienst ffo)
“Alle Räder ste­hen still, wenn dein stark­er Arm es will” — kein klas­sis­ch­er Neon­azis­pruch. (Foto: presse­di­enst ffo)

Für die anderen Neon­azis, die son­st eher flüchtlings­feindliche Demon­stra­tio­nen besuchen, wirk­ten die Karl Marx-Zitate und die klassenkämpferische Rede von Björn Brusak, der auch schon auf Demon­stra­tio­nen der Neon­azi-Kle­in­st­partei “Der III. Weg” sprach, eher befremdlich bis pein­lich. Trotz­dem hiel­ten alle brav die von der AiP mit­ge­bracht­en Trans­par­ente und Schilder, die jedoch nicht weniger anti­semi­tis­che und reak­tionäre Inhalte trans­portierten. Zum Teil verir­rten sich kurzzeit­ig auch unbeteiligte Passant_innen zur Kundge­bung, da sie annah­men, dies sei die tra­di­tionelle 1. Mai-Kundge­bung von der Linkspartei.
Neon­azis unter sich – Kein Gegenprotest 
Die Polizei war mit einem rel­a­tiv großen Aufge­bot vor Ort. In der Ver­gan­gen­heit gab es bei jedem Neon­azi­auf­marsch zu laut­starken Protesten von Antifaschist_innen. Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ kon­nte jew­eils mehrere hun­dert Gegendemonstrant_innen mobil­isieren. Am 1. Mai 2014 kam es auf­grund von Ver­säum­nis­sen seit­ens der Polizei sog­ar zu gewalt­täti­gen Über­grif­f­en von Neon­azis auf Antifaschist_innen nach ein­er Kundge­bung der NPD. Dies sollte dies­mal möglichst ver­hin­dert werden.
Insgesamt 20 TeilnehmerInnen konnte Björn Brusak intern mobilisieren. Die Versammlung wirkt etwas leer auf dem Rathausvorplatz (Foto: pressedienst ffo)
Ins­ge­samt 20 Teil­nehmerIn­nen kon­nte Björn Brusak intern mobil­isieren. Die Ver­samm­lung wirkt etwas leer auf dem Rathausvor­platz (Foto: presse­di­enst ffo)

Die enorme Polizeipräsenz war jedoch unnötig. Bis auf ein paar zufäl­lig vor­beik­om­menden Passant_innen, die ihren Unmut über die Quer­front­lerIn­nen zum Aus­druck bracht­en fan­den sich keine Gegendemonstrant_innen ein. Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ mobil­isierte jeden­falls zu kein­er eige­nen Kundge­bung. Auch die Stadt­spitze, die von der recht­en Ansamm­lung wis­sen musste, war nicht in der Lage zumin­d­est in Form von Trans­par­enten sich gegen die Neon­azis zu posi­tion­ieren. Die Linkspartei dage­gen hängte zwei große Plakate gegen Rechts auf, jedoch einige hun­dert Meter ent­fer­nt bei ihrem tra­di­tionellen Brück­en­fest, welch­es jedes Jahr am 1. Mai an der Oder stat­tfind­et. Etwas kurios und äußerst selt­sam, warum die Partei nicht fähig dazu war direkt am Rathaus gegen die dort anwe­senden recht­en Quer­frontler zu demon­stri­eren. Auch wur­den Besucher_innen des Festes nicht ein­mal auf die Anwe­sen­heit der­er hingewiesen. Möglich, dass inhaltliche Gründe dafür eine Rolle spiel­ten. Die Rede Björn Brusaks hätte näm­lich auch von der Bühne der Linkspatei kom­men kön­nen. Die Linke tut sich generell schw­er im Umgang mit Quer­front-Posi­tio­nen. Mitunter tre­f­fen Quer­front-Ideen auf Sym­pa­thie auch in den eige­nen Reihen.
Weit­ere Fotos find­en sich hier.
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