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(Anti-)Rassismus Law & Order

Die Binde trägt Justitia, wann sie will

Wie kon­nte es passieren, dass die Justi­tia mit der Augen­binde, Ende des 15. Jahrhun­derts einst als Verspot­tung der Blind­heit der Jus­tiz ent­standen, später zum Sym­bol ihrer Unparteilichkeit wurde? Die Binde trägt Justi­tia, wann sie will. In deutsch­er Tra­di­tion legt sie die Binde beson­ders gerne an, wenn es um Fehlver­hal­ten von Staats­be­di­en­steten geht.

So etwa aktuell beim Amts­gericht Pots­dam. Das verurteilte zwei Mit­glieder des Flüchtlingsrates Bran­den­burg wegen übler Nachrede zu Geld­strafen. Sie hat­ten den Neg­a­tivpreis „Denkzettel für struk­turellen und sys­temim­ma­nen­ten Ras­sis­mus“ an das Recht­samt der Stadt Bran­den­burg ver­liehen, aber auch die beson­dere Fehlleis­tung ein­er Mitar­bei­t­erin dieses Recht­samts mit Namen­snen­nung ken­ntlich gemacht.

Diese hat­te, offen­bar den struk­turellen Ras­sis­mus der Behörde inter­nal­isierend, einem afrikanis­chen Flüchtling in einem Rechtsgutacht­en unter­stellt, seine Gehör­losigkeit nur vorzutäuschen — obwohl ihr fachärztliche Bescheini­gun­gen vor­la­gen, die seine Gehör­losigkeit belegten.

Das Amts­gericht Pots­dam urteilte jedoch, die per­son­al­isierte Kri­tik des Flüchtlingsrates an der Mitar­bei­t­erin sei unberechtigt. Der Flüchtlingsrat habe den Wahrheits­be­weis für die Behaup­tung nicht führen kön­nen, die Mitar­bei­t­erin des Recht­samtes habe „absichtlich und bewusst vor­liegende Fak­ten ignori­ert, um Gründe für eine Ablehnung der Aufen­thalt­ser­laub­nis vor­brin­gen zu kön­nen“. Die Beamtin hat­te sich nach ihren Angaben darauf ver­lassen, dass sie sich auf Ein­schätzun­gen ander­er Kol­le­gen der Aus­län­der­be­hörde und der Bun­de­spolizei­di­rek­tion stützen kön­nte. Die Gesam­tak­te habe ihr ohne­hin nicht zur Ver­fü­gung gestanden.

So etwas genügt in Deutsch­land alle­mal: Teilzuständigkeit, blindes Ver­trauen auf andere, Akte nicht da – die gute alte organ­isierte Ver­ant­wor­tungslosigkeit, üblich­es Ver­wal­tung­shan­deln, dessen Auswirkun­gen im Ern­st­fall als Naturkatas­tro­phe darstellt wer­den. Und wenn eine Mitar­bei­t­erin des Recht­samtes auf die Idee kommt, ein Afrikan­er täusche Gehör­losigkeit nur vor – wie kommt man da bloß auf struk­turellen Rassismus?

Genau so funk­tion­iert struk­tureller Ras­sis­mus, sagt der Flüchtlingsrat Bran­den­burg: „Wenn Flüchtlin­gen in Behör­den mit einem grundle­gen­den Mis­strauen begeg­net und vor­ab unter­stellt wird, sie wür­den lügen. Wenn auf Basis dieser Vor­ein­genom­men­heit ver­meintliche Indizien für ver­mutete Falschbe­haup­tun­gen gesam­melt und – sobald sie Bestandteil der Akte sind – unhin­ter­fragt als Fak­ten kol­portiert wer­den, während andere Infor­ma­tio­nen und Belege, die die Angaben der Flüchtlinge bestäti­gen, ignori­ert wer­den. Wenn schließlich auf solchen Grund­la­gen Entschei­dun­gen getrof­fen wer­den, die für Flüchtlinge von exis­ten­zieller Bedeu­tung sind – wie hier die Ver­weigerung des Aufen­thalt­srecht­es und damit die Möglichkeit, ein nor­males Leben zu führen.“

Das Urteil des Amts­gerichts lautete auch, der Ras­sis­musvor­wurf sei „ehrab­schnei­dend“. Und der Behör­den­mi­tar­bei­t­erin liegt viel an ihrer Ehre und der des Staates. Laut Pots­damer neuester Nachricht­en vom 27.3.2012 mah­nte sie sog­ar an, der vom Flüchtlingsrat vergebene Denkzettel­preis müsse generell strafrechtlich über­prüft wer­den. Er sei ein Angriff auf die frei­heitlich demokratis­che Grun­dord­nung und Ver­wal­tungsmi­tar­beit­er kön­nten auf diese Weise bee­in­flusst werden.

Da kön­nte ja jemand auf die Idee kom­men, dass behördliche Monopol an intern­er Bee­in­flus­sung und Lenkung von Behör­den­han­deln öffentlich in Frage zu stellen. Genau das aber will der Flüchtlingsrat weit­er tun. Rechtsmit­tel gegen das Urteil sind bere­its eingelegt.

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Law & Order

Verfassungsschutzbericht 2011 bleibt tendenziös!

Zwar kon­nten wir im August 2011 vor Gericht erwirken, dass die Nen­nung unseres Vere­ins aus dem dama­li­gen “Ver­fas­sungss­chutzbericht” gestrichen wurde, nichts­destotrotz ver­sucht der Ver­fas­sungss­chutz weit­er­hin, unser Pro­jekt zu dif­famieren. Erin­nert sei an dieser Stelle nochmals an die ver­suchte und gescheit­erte Wer­bung eines Spitzels im Umfeld des Mit­ten­Drins im Okto­ber 2011 – zeitlich par­al­lel zum Bekan­ntwer­den der Ver­strick­ung des VS in die Mord­serie des “NSU”.

Im aktuellen “Ver­fas­sungss­chutzbericht” ste­ht auf Seite 149 – Zitat:

Drei mut­maßliche Ange­hörige der „recht­en Szene“ wur­den am 23.08.2011 in Neu­rup­pin (OPR) von etwa 20 Per­so­n­en aus dem Jugend­wohn­pro­jekt „Mit­ten­drin“ ver­fol­gt und mit Steinen beworfen.”

Die Aus­sage ist genau­so reißerisch wie sach­lich falsch!
Tat­sache ist: Am besagten Tag plakatierten 3 stadt­bekan­nte Neon­azis in Neu­rup­pin. Unter anderem tack­erten sie ein Flug­blatt mit nation­al­is­tis­chem Inhalt an die Ein­gangstür des JWP-Mit­ten­Drin in der Schinkel­straße, was von ein­er Bewohner_In bemerkt wurde, die sodann das zeit­gle­ich tagende Mit­ten­Drin-Plenum informierte. Daraufhin ver­ließ das Plenum geschlossen das Gebäude, um die flüch­t­en­den Nazis zur Rede zu stellen und der Polizei zu übergeben. Auf dem Neu­rup­pin­er Wall gelang dies schließlich. Die Polizei stellte die Per­son­alien der Beteiligten fest und sprach gegen die Nazis Platzver­weise aus.

Wir möcht­en beto­nen, dass kein­er der Nazis ange­fasst oder gar ver­let­zt wor­den ist, wie etwa der Ver­fas­sungss­chutzbericht sug­geriert. Vielmehr han­del­ten die MittenDrinler_Innen beson­nen und gewalt­frei und kon­nten so die weit­ere Ver­bre­itung von Nazipro­pa­gan­da in Neu­rup­pin unterbinden (in einem mit­ge­führten Ruck­sack der Nazis fand sich weit­eres Material).

Die Behaup­tung, mit “Steinen bewor­fen” wor­den zu sein, entspringt lediglich der Aus­sage der Nazis, die dann von der Polizei über­nom­men wurde. Bish­er gibt es dazu nach unserem Ken­nt­nis­stand kein laufend­es Ver­fahren gegen Mit­glieder des Vere­ins. Wir wehren uns gegen die unkri­tis­che Über­nahme der Aus­sage von Neon­azis, um damit zum wieder­holten Male links-alter­na­tive Pro­jek­te zu diskreditieren.

Wir fordern eine Richtig­stel­lung durch die Ver­ant­wortlichen im Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um.
Auch gegen diese Erwäh­nung wer­den wir wieder juris­tis­che Mit­tel prüfen und gegebe­nen­falls einlegen.

 

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Arbeit & Soziales Geschichte & Gedenken Klima & Umwelt Law & Order

Polittresen Potsdam: Termine im April und Mai 2012

01.04.2012: Von Wider­stand und Emanzipation…

Kolo­nialsierung bedeutet Unter­drück­ung, Aus­beu­tung und Ver­nich­tung. In ehe­ma­li­gen deutschen Kolonien wurde der 1. Völk­er­mord des 20. Jahrhun­derts began­gen. Die Nach­wirkun­gen sind bis heute spür­bar. Viele leis­teten Wider­stand. Doch in welch­er Form und wie erfol­gre­ich? Kolo­nial­isierung ist männlich kon­notiert: Erober­er, Siedler, Schutztrup­pler… Doch wie sieht es mit Frauen aus? Wie han­del­ten sie und wie wur­den sie behan­delt? All diese Fra­gen wollen wir gern mit euch im Rah­men der Ver­anstal­tung mit Bezug auf deutschen Kolo­nial­is­mus klären.

08.04.2012: Free Mumia – Now!

Seit drei Jahrzehn­ten ste­ht der Kampf für die Frei­heit des afroamerikanis­chen Jour­nal­is­ten Mumia Abu-Jamal stel­lvertre­tend für den Wider­stand gegen poli­tis­che Repres­sion, insti­tu­tionellen Ras­sis­mus und die bar­barische Prax­is der Todesstrafe in den USA. Das Free-Mumia-Bünd­nis wird über die aktuelle Lage von Mumia und der anste­hen­den Demo Free Mumia – Now! berichten.

15.04.2012: Das Geschäft mit dem Tod

Die bayrische Fir­ma Tuto­gen führt ein lukra­tives Geschäft mit dem Tod. Sie ver­w­ertet Leichen für den inter­na­tionalen Medi­z­in­markt, die sie für Schönheits-OP´s und medi­zinisch notwendi­ge Ein­griffe ver­wen­det. Die Ange­höri­gen, meißt aus Osteu­ropa, wer­den bewusst hin­ter­gan­gen und unter Druck geset­zt. Die Doku deckt krim­inelle und moralisch ver­w­er­fliche Prak­tiken der Phar­main­dus­trie auf.

22.04.2012 Die Geschichte des 1. Mai (im Archiv)

Ein Vor­trag über den Ursprung des “Tag der Arbeit”, seine Geschichte und Bedeu­tung heute.

29.04.2012 Kuba und die Ölkrise (im Sputnik)

Nach dem Zusam­men­bruch der Sow­je­tu­nion bekommt Kuba keine ver­bil­ligten Ölliefer­un­gen mehr und ste­ht kurz vor dem Zusam­men­bruch. Eine Spezialpe­ri­ode in Frieden­szeit­en wird aus­gerufen und nur mit viel Ent­behrun­gen durch­ste­ht die Insel­re­pub­lik die fol­gen­den Jahre. Im Jahr 2003 besucht ein Filmemach­er Kuba um zu doku­men­tieren wie die Men­schen das erzwun­gene Post-Öl Zeital­ter über­standen haben und welche Tech­niken ihnen dabei halfen. Was er ent­deckt fasziniert ihn und lässt erah­nen was der Men­schheit im Hin­blick auf schwindende Energiere­ser­ven in Zukun­ft blüht. Wir wollen mit euch die Doku­men­ta­tion schauen und im Anschluss Zeit und Raum geben das Gese­hene gemein­sam zu reflektieren.

06.05.2012 : Ein­führung in die Rev­o­lu­tion­s­the­o­rie der Sit­u­a­tion­is­tis­chen Inter­na­tionale (Vor­trag und Diskus­sion im Sput­nik 19:30 Uhr, organ­isiert vom Lesekreis Sputnik)

In seinem Hauptwerk Die Gesellschaft des Spek­takels analysiert und kri­tisiert Guy Debord den kap­i­tal­is­tisch geprägten All­t­ag, in welchem sich die Masse der Men­schen wiederfind­et. Dieser All­t­ag ist bes­timmt durch den Wech­sel von Arbeit und Kon­sum­freizeit, ständig wiederkehren­den Krisen und Kriegen, die Verblendung und ide­ol­o­gis­che Zurich­tung der Men­schen durch Staat und Unternehmen und let­z­tendlich die totale Erstick­ung von Spon­taneität. Die Sit­u­a­tion­is­tis­che Inter­na­tionale hat schon sehr früh den Zusam­men­hang von Kap­i­tal­is­mus und dessen Ide­olo­gie aufgezeigt. Es ging der Gruppe zu jedem Zeit­punkt um eine rev­o­lu­tionäre Umgestal­tung der men­schlichen Gesellschaft. So waren sie z.B. maßge­blich an den Protesten seit­ens der Student_innen und Arbeiter_innen im Jahr 1968 in Frankre­ich beteiligt. Sie haben stets rev­o­lu­tionäre Entwick­lun­gen unter­stützt, die sich nicht auf den Weg des Ter­ror­is­mus oder der parteilichen Vertre­tung bewegten, son­dern vielmehr in direk­ter Kom­mu­nika­tion und Inter­ak­tion mit den Kämpfend­en standen. Wir möcht­en mit euch über die rev­o­lu­tionären Ansätze der SI disku­tieren. Hier­für haben wir 2 Ref­er­enten ein­ge­laden, die eine Ein­führung in die The­o­rien der SI für den theorie.org Ver­lag ver­fasst haben. Wir denken, dass im Hin­blick auf die derzeit­ige kap­i­tal­is­tis­che Krise, und die sich dadurch aufzeigen­den Kämpfe, ein Ein­blick in die Konzepte der SI sehr span­nend ist.

13.05.2012: Erin­nern

Wir wollen einen Aus­flug machen! Es geht auf den Sozialist_innenfriedhof Friedrichs­felde. Hier nehmen wir um 14 Uhr an der geführten Besich­ti­gung “Frauen­schick­sale. Ein Rundgang zu Gräbern berühmter sowie vergessen­er Frauen” teil. Wir tre­f­fen uns 11:45 Uhr vor dem Black Fleck. siehe auch sozialistenfriedhof.de/aktuelles.html

20.5.2012: Film u.a. über die Zer­störung von Umwelt und Biodiversität

Heute wollen wir mit euch einen kri­tis­chen Film mit epis­chen Natur­bildern schauen, der sich mit der ökol­o­gis­chen Verän­derung der Welt in den let­zten 30 Jahren beschäftigt.

27.5.2012: Film über Gefahren (und Chan­cen?) von Gentechnik 

Wir wollen mit euch einen Film über die ökol­o­gis­chen, gesund­heitlichen und anderen Auswirkun­gen von Gen­tech­nik schauen und danach mit euch diskutieren.

http://politresen.blogsport.eu

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Sozialausschuss des Landtags zur Zukunft der Unterbringung von Flüchtlingen in Brandenburg

Am kom­menden Mittwoch, dem 14. März 2012, find­et im Sozialauss­chuss des Land­tags ein Fachge­spräch zum Bericht der Lan­desregierung “Empfehlun­gen zum Änderungs­be­darf der Min­dest­stan­drads für den Betrieb von Gemein­schaft­sun­terkün­ften und die soziale Betreu­ung und Beratung” Dabei wird die Zukun­ft der Unter­bringung von Flüchtlin­gen disku­tiert werden.

Wir kri­tisieren den Bericht der Lan­desregierung scharf, weil ihm zufolge let­z­tendlich alles beim Alten bleiben soll:

In Erwä­gung gezo­gen wird allen­falls die Auf­s­tock­ung der bish­eri­gen 6 Quadrat­meter pro Per­son auf 8 Quadrat­meter (voraus­ge­set­zt, es entste­hen daraus keine Kosten) und es wird fest­gestellt, dass die Gemein­schafts­duschen auf den Fluren abschließbar sein sollen.

In einem Offe­nen Brief an die Land­tagsab­gord­neten, den der Flüchtlingsrat zusam­men mit den Flüchtlings­ber­atungsstellen der Car­i­tas, des Diakonis­chen Werkes und der Aus­län­der­seel­sorge Pots­dam ver­fasst hat, haben wir sowohl unser Erstaunen über diesen Bericht, als auch unsere Kri­tik an seinem Zus­tandekom­men formuliert.

Die Auss­chuss­sitzung wurde auf­grund unser­er Kri­tik, sowie der von Abge­ord­neten der Grü­nen, der Linken und der FDP einberufen.

Wir hof­fen, dass die Auss­chuss­sitzung von viel kri­tis­ch­er Öffentlichkeit begleit­et wird.

Ein­ladung zur Sitzung mit Adresse zur Anmeldung

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Für Bewegungsfreiheit für alle

Die Teilnehmer_Innen bekun­de­ten damit ihren Unmut über den Bau eines Abschiebege­fäng­niss­es für Flüchtlinge auf dem Gelände des neuen Berlin-Bran­den­burg­er Großflughafens BBI. Zweck dieser Ein­rich­tung ist es, mit dem Flugzeug ein­reisende Flüchtlinge im Rah­men ein­er extrem kurzen „Prü­fung“ ihres Asyl­begehrens bin­nen weniger Tage nach ihrer Ein­reise wieder abschieben zu kön­nen. Diese, euphemistisch „Flughafen­schnel­lver­fahren“ genan­nte Prax­is wird an eini­gen Flughäfen Deutsch­lands bere­its ange­wandt und soll mit dem geplanten Neubau weit­er zemen­tiert werden. 

 

Die Demo begann am Pots­damer Haupt­bahn­hof und endete vor dem Land­tag. Ziel war es, die Abge­ord­neten am Brauhaus­berg in Emp­fang zu nehmen und ein­er­seits Abschiebege­fäng­nisse generell, aber im beson­deren die Schnel­lver­fahren zu skandalisieren. 

Vor dem Tor des Land­tags ange­langt, ver­suchte die Polizei unverzüglich, die Straße für die Abfahrt der Abge­ord­neten freizuräu­men. Sich links und rechts der Straße aufzustellen war allerd­ings auch ein Anliegen der Organisator_Innen, denn die Abfahrt sollte von einem Spalier der Protestieren­den begleit­et wer­den, damit jede_R Par­la­men­tari­erIn einen Fly­er ins Auto gere­icht bekom­men kon­nte. Tat­säch­lich zeigten einige Abge­ord­nete Sym­pa­thie für die Aktion. Die Abfahrt der Autos wurde von anti­ras­sis­tis­chen Sprüchen begleitet. 

 

Anfang Feb­ru­ar hat­ten die Berlin­er Grü­nen endlich eine Bun­desratsini­tia­tive angestrengt, die eine Ein­führung des „Flughafen­schnel­lver­fahrens“ ver­hin­dern soll. Wahrschein­lich wird sich auch die Bran­den­burg­er Regierung an dieser Ini­tia­tive beteili­gen. Vom anti­ras­sis­tis­chen “Bünd­nis gegen Lager” wurde in einem Rede­beitrag aber darauf hingewiesen, dass während­dessen der Bau des Knasts nicht eingestellt wird. Damit zeige sich, dass der „Weg des ger­ing­sten Wider­stands“ gegan­gen werde, um ein­er­seits den europaweit­en Richtlin­ien zu entsprechen, sich ander­er­seits der Kri­tik von Menschenrechtler_Innen und Jurist_Innen nicht stellen zu müssen. 

Mit der Demon­stra­tion sollte dementsprechend der Forderung Nach­druck ver­liehen wer­den, dass die Lan­desregierung Abschiebek­nast und „Flughafen­ver­fahren“ in Schöne­feld ver­hin­dert. Es soll ein Bau-Stopp ver­hängt wer­den, damit während der üblicher­weise lan­gen Laufzeit ein­er Bun­desratsini­tia­tive gar nicht erst Fak­ten geschaf­fen wer­den können. 

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Antifaschismus Law & Order

Razzia bei Antifa Gruppe Oranienburg

Heute früh kurz vor 7 Uhr fand in den Wohn­räu­men von Mit­glie­dern der An­ti­fa Grup­pe Ora­ni­en­burg eine Haus­durch­su­chung statt.
Als An­lass nah­men die Er­mitt­lungs­be­hör­den einen Ar­ti­kel in der Re­cher­che­bro­schü­re „Blick­punkt 2 Re­cher­che Ober­ha­vel Süd“, wel­cher sich mit einem An­walt, der meh­re­re Neo­na­zis und auch die NPD Ober­ha­vel in den ver­gan­ge­nen Jah­ren vor Ge­richt ver­trat, aus­ein­an­der­setzt. Die­ser wurde dort als Neo­na­zi­an­walt be­ti­telt, wes­halb nun ein Ver­fah­ren wegen übler Nach­re­de und Ver­leum­dung läuft. Auf­grund des­sen, dass ein Screen­shot der Home­page des An­walts eben­falls ab­ge­druckt wurde, er­mit­teln sie au­ßer­dem wegen einem Ver­stoß gegen das Kunst­ur­he­ber­ge­setz. Die Bro­schü­re wurde im März 2011 ge­druckt und on­line zum Down­load an­ge­bo­ten. Nach ein­er an­walt­li­chen Ver­fü­gung muss­te die Bro­schü­re be­reits im April 2011 vom Hos­ter blogsport.?de her­un­ter­ge­nom­men werden.

Wäh­rend der Haus­durch­su­chung wur­den meh­re­re Lap­tops, Han­dys, Spei­cher­me­di­en, und Print­aus­ga­ben der Bro­schü­re be­schlag­nahmt. Gleich­zei­tig mach­ten die Be­am­ten Fotos von Miet­ver­trä­gen, ver­schie­de­nen nicht-?An­ti­fa Fi­nanz­an­trä­gen, Aus­bil­dungs­nach­wei­se, ver­schie­de­nen Re­cher­che­ma­te­ria­li­en sowie einem „Keine Stim­me den Nazis“ Transparent.

Für uns als An­ti­fa Grup­pe Ora­ni­en­burg stellt dies die Spit­ze eines Eis­ber­ges dar. Die Tomek/ME­GA-?Kräf­te (PMS in Bran­den­burg) Ora­ni­en­burgs sind seit der Grün­dung dar­auf be­dacht die Ora­ni­en­bur­ger An­ti­fa den Neo­na­zis aus­zu­lie­fern. In der Ver­gan­gen­heit lie­ßen sie bei öf­fent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen und öf­fent­li­chen Sit­zun­gen des Forum gegen Ras­sis­mus und rech­te Ge­walt mehr­mals Neo­na­zis im Raum Platz neh­men – ob­wohl sie wuss­ten, dass diese wel­che sind und von an­de­ren nicht er­kannt wur­den. Auch ver­schick­ten sie an Mit­glie­der Zeu­gen­vor­la­dun­gen für Ein­trä­ge auf der Chro­nik­sei­te und prüf­ten z.B. auf dem Weg zu einem Bus, der zum Groß­auf­marsch nach Dres­den fuhr die Per­so­na­li­en von Mitgliedern.

Die ört­li­chen Mit­glie­der der Tomek/MEGA zeig­ten häu­fig in der Ver­gan­gen­heit, dass sie kein all um­fas­sen­des Bild der ört­li­chen rech­ten Szene haben. Wir sehen daher in der Haus­durch­su­chung auch die Hoff­nung an In­for­ma­tio­nen, Quel­len, etc. zu kom­men, die sie nun ver­wer­ten kön­nen. Die be­sag­te Bro­schü­re wurde in den Lo­kal­me­di­en z.T. ver­linkt und mit po­si­ti­ven Ar­ti­keln be­dacht. Auch aus der Zi­vil­ge­sell­schaft gab es viel po­si­ti­ven Zu­spruch – ein Ei­fer­suchts­ver­hal­ten durch eben die­sen Be­am­ten ist nicht von der Hand zu weisen.

In Zei­ten wo ge­ra­de Si­cher­heits­be­hör­den und ihrer Ar­beit in Frage ste­hen, da sie lie­ber in Dres­den ein gan­zes Stadt­vier­tel, oder Mit­glie­der des Bun­des­ta­ges über­wa­chen und bei der NSU die Augen fest zu­drück­ten, bzw. diese schein­bar un­ter­stüt­zen – sind wir zwar ein klei­nes Licht. Doch für die Re­cher­che­ar­beit in Ober­ha­vel ist das Zei­chen klar. Neo­na­zis ver­su­chen immer wie­der die Ar­beit be­hin­dern und die Be­am­ten hel­fen dabei gerne.

Eine sol­che Kri­mi­na­li­sie­rung und auch die Ent­wür­di­gung durch die Durch­su­chung des pri­va­ten Le­bens­raums wird von uns nicht ak­zep­tiert. Auch wer­den wir nun nicht mit un­se­rer Ar­beit auf­hö­ren, son­dern wei­ter re­cher­chie­ren und die Neo­na­zi­sze­ne Ober­ha­vels und ihre Un­ter­stüt­zer*innen aufdecken.

An­ti­fa­schis­mus ist nicht kri­mi­nell – son­dern not­wen­dig.
Sup­port your local Antifa

An­ti­fa Grup­pe Ora­ni­en­burg 01.?02.?2012

Aus ge­ge­be­nen Anlaß haben wir nun einen neuen PGP-?Schlüs­sel:
neuer PGP-?Schlüs­sel: http://?antifagruppeoranienburg.?blogsport.?de/?images/?0×3F365198.?asc
Fin­ger­print: EEC4 27F2 FB77 B0C9 1810 1095 3BE3 7958 3F36 5198

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Happy Birthday Fritz“ — eine Absage nach der Anderen

Hin­ter­grund war die zu erwartende und jet­zt einge­tretene Total­ität des Spek­takels um den Geburt­stag eines abso­lutis­tis­chen Monar­chen, deren Sinn darin beste­ht, den in der Mod­erne ori­en­tierungs­los umherir­ren­den Men­schen eine Iden­ti­fika­tions­fläche zu schaf­fen und TouristIn­nen nach Pots­dam zu locken.

Das Han­deln und Wirken des Fritz soll in einen emanzi­pa­torischen Kon­text gestellt wer­den. Dage­gen wollen wir mit unseren Ver­anstal­tun­gen und Aktio­nen die „preußis­chen Tugen­den“ als das ent­lar­ven was sie sind: autoritär­er Gesellschaft­skitt, der den Grund­stein für den deutschen Son­der­weg legte und bekan­nter­maßen im NS mün­dete. Weit­er­hin soll aufgezeigt wer­den, wie die jew­eilige Machtelite (seien es Nation­al­sozial­is­ten, die realex­istieren­den Sozial­is­ten in der DDR als auch aufrechte Demokrat­en im wiedervere­inigten Deutsch­land) ver­sucht, die Geschichte für ihre Zwecke umzuschreiben.

Los ging das Preußen-Tan­tam mit dem typ­is­chen Ver­anstal­tungs­marathon, welch­er am 24. Jan­u­ar 2012, dem 300. Geburt­stag des Königs Friedrich II., seinen Höhep­unkt erre­ichen soll. Hierzu wird es am Abend in der „his­torischen Innen­stadt“ einen Fes­takt nach dem anderen geben. Neben dem üblichen Preußenkitsch ver­sucht­en die Ver­anstal­terIn­nen dem soge­nan­nten „Tol­er­anzgedanken“ gerecht zu wer­den und einige mod­erne, alter­na­tive Kün­st­lerin­nen und Kün­stler einzuladen.

Nach dem ersten Schreck­en über das Pro­gramm mit u.a. Dota Kehr (Klein­geld­prinzessin) und Brezel Göring (Stereo Total) schrieb das sich in der Grün­dung befind­ende Bünd­nis einen Offe­nen Brief (im Anhang) an eben jene. Erle­ichtert nahm das Bünd­nis die Antworten und Web­site-State­ments auf: Dota Kehr: „… Als ich zusagte, hat mich nur ein Ver­anstal­ter gefragt, ob ich am 24. Jan­u­ar in Pots­dam spie­len würde. Als ich dann erfuhr, dass es um eine Ver­anstal­tung in Zusam­men­hang mit Friedrich geht, hab ich gle­ich wieder abge­sagt.” und “ICH SPIELE NICHT (!!!) IN POTSDAM. und auch son­st nicht für Despoten (…) und sowieso nicht zu Ehren von jemand, der mehrere Kriege an gefan­gen hat!“

Hal­lo, ich bin Brezel Göring. Ich bin am 24. sowieso nicht mit dabei. Grüße, Brezel”

Lara Wern­er vom Bünd­nis „Fuck off Fritz“ kom­men­tiert die Absagen fol­gen­der­maßen: „Ich bin froh, dass Dota und Brezel Rück­grat bewiesen haben und ihre Teil­nahme an der Ver­anstal­tung abge­sagt haben. Es tut gut zu wis­sen, dass wir mit unser­er Ablehnung des Preußen­quatsches nicht so allein sind, wie es hier in Pots­dam oft den Anschein hat.“

Zwei Punk­te sind bei dieser Geschichte beson­ders zu beto­nen. Zum einen das prov­inzielle The­ater um einen König, der heute wegen Ver­brechen an der Men­schlichkeit vor dem Haager Kriegsver­brecher­tri­bunal ste­hen würde. Fast alle rel­e­van­ten gesellschaftlichen Akteure stört dieser Umstand über­haupt nicht. Das Spek­takel muss weit­erge­hen. Glück­licher­weise wird außer­halb Pots­dams die preußis­che Geschichte in einem größeren Kon­text gese­hen und so wer­den wir am 24. Jan­u­ar nur staatlich bezahlte Akteure und kuriose Akteure wie Michael Gebühr erleben. Dieser ist der Sohn des „bekan­nten“ Otto Gebühr, welch­er von 1920–1942 als Schaus­piel­er 15mal Friedrich II. verkör­perte. Also keine Berührungsäng­ste mit den grausam­sten und unmen­schlich­sten Ver­brech­ern der Welt­geschichte hat­te. Fast schon tra­di­tionell räumt das Film­mu­se­um Pots­dam diesem Nazi, sein­er Geschichte und den Anek­doten seines Sohnes einen großen Raum in der aktuellen Son­der­ausstel­lung ein.

Zum anderen spricht das Vorge­hen der Organ­isatorIn­nen der „Fes­tak­te“ Bände. Statt deut­lich klar zu stellen, in welchem Kon­text promi­nente, linke Kün­st­lerIn­nen auftreten sollen, wird ver­schämt eine Ver­anstal­tungsan­frage gestellt. Hier scheint ein Bewusst­sein für die tat­säch­liche Sichtweise auf Friedrich II. außer­halb Bran­den­burgs vorhan­den zu sein. Für uns ist klar, dass diese Erken­nt­nisse am 24. Jan­u­ar nicht aus­ge­sprochen wer­den und Pots­dam wieder mal in seinem „Preußisch Disneyland“-Spektakel versinkt. Nicht für Pots­dam, son­dern für eine Gesellschaft mit klarem Bewusst­sein und für ein lebenswert­eres Dasein für alle wer­den wir dies nicht stillschweigend ertragen.

Bünd­nis „Fuck off Fritz“

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Beobachtung des Unrechts“

Aufgrund der in den letzten Wochen recht tendenziös Berichterstattung der Presse und von Seiten der Polizei frei erfundenen Aussagen bezüglich der Demonstration am 28.12.2011 haben wir verschiedene Teilnehmer_innen und Beobachter_innen nach ihren Erlebnissen befragt. Dabei stellte sich ein völlig anderes Bild der Situation vor Ort da.
Zitate von Betroffenen und Polizist_innen
Zitat Polizist (ca 1,80 m, blonde kurze Haare, breites Gesicht) am Kessel Richtung Breite Straße während der ED-Maßnahme: „Wir müssten die mal alle richtig zusammenhauen, dann ist hier Schluss mit dem Samthandschuh.“
Demonstrant Mario S.*:
„Ich wurde in der Dortustraße von einem Beamten (ca. 1,70 m groß, kurze schwarze Haare, braungebrannt, dunkelgrüne/schwarze Uniform) in den Kessel geschubst. Ich beobachtete vorher die Demo und lief dabei vor einem Polizeiauto. Plötzlich hupte das Auto und der Beamte schrie mich an und schubste mich in die Demo, diese wurde gleich danach gekesselt.“
Mehrere Menschen am Rande des Kessels berichteten, dass sie trotz großer Entfernung von Polizeieinheiten weggeschickt wurden. Sie wollten lediglich die Maßnahmen beobachten. Trotz mehrfacher Nachfragen wurden weder Dienstnummer, noch Namen, noch der Name des Einsatzleiters genannt.
Menschen, die die Versammlung bevor diese gekesselt wurde verlassen wollten, wurden durch Polizeibeamte wieder in die Demo zurückgestoßen.
Mehrere Teilnehmer_innen beobachteten, wie eine Person, die auf der Brandenburger Straße ohne Gegenwehr festgenommen wurde von mehreren Beamten zusammengeschlagen wurde. Anwesende, die den Betroffenen nach seinem Namen fragten wurden weggeschubst und bedrängt.
Zitat Polizist: „Rück mir nicht auf die Pelle, ich bin doch nicht schwul!“
Aufgrund seiner vermuteten Minderjährigkeit wurde ein Beobachter des Kessels kurzzeitig von Beamten der 24 Einsatzhundertschaft festgenommen. Er hatte vor den Beamten stehend geraucht. Dem Festgenommenen wurde der Tabak entleert.
Dana D.* berichtet: Mir wurde bei der Feststellung der Personalien und der ED-Maßnahme von einem männlichen Polizeibeamten an die Brust gegrabscht. Als ich ihn fragte, was das solle, antwortete er: „Ich kann ja nicht wissen das sie eine Frau sind.“ Als ich daraufhin seine Dienstnummer oder seinem Namen erfahren wollte, sagte er: „die habe ich heute nicht“. Außerdem vermummte er sich mit einer Sturmhaube, so das auch ein fotografieren des Beamten nicht möglich war“
Annette C.* sagte aus: „Als die Beamten meine Personalien aufnahmen, wurde ich von mehreren Beamten mit dem Worten. „Komm doch rein, hier ist noch ein Platz frei“ aus einem Polizeiauto aufgefordert in dieses einzusteigen. Ich empfand dies als verbalen sexistischen Übergriff.“
Bei einer anderen Festnahme wurde beobachtet, wie dem Festgenommenen, der sich nicht wehrte über längere Zeit ein Finger ins Auge gedrückt wurde und durch körperliche Gewalt unterbunden wurde seinen Namen umstehenden Menschen mitzuteilen.
Rolf P.* berichtete: „Die Beamten, die mich aus dem Kessel trugen, versuchten mehrfach mich fallen zu lassen, um mich zu verletzten. Glücklichweise könnte ich dies verhindern.“
Anja R.* sagte aus: „ Als wir von der Berliner Einsatzhundertschaft abgedrängt wurden, verlangte ich von den Beamten die Dienstnummer oder Namen zu erfahren. Dies wurde verweigert, mit der Aussage, dass dies während des laufenden Einsatzes nicht möglich sei. Als wir dann zum Stehen kamen, verlas ein Mitdemonstrant das Brandenburger Polizeigesetz, wonach die Beamten die Pflicht hätten sich auszuweisen. Dem kamen sie
trotz alledem nicht nach. Ein Polizist sagte: „Ich repräsentiere den Staat. Ich muss gar nichts“. Ein beteiligter Beamter aus Berlin hieß wahrscheinlich mit Vornamen Marco, zumindest wurde er von seinen Kollegen so gerufen.
Holger R.*, der vor Ort in Sichtweite des Kessels eine Kundgebung gegen Polizeigewalt anmelden wollte: „Mir wurden wieder die wiedersinnigsten Auflagen erteilt, Ordern_innen
mit Namen anzugeben, obwohl ich nicht einmal wusste wie viele Menschen sich an dieser Kundgebung beteiligen wollten. Dann wurde von der Polizei ausgefragt, ob ich schon Erfahrung mit der Anmeldung von Versammlungen hätte, ich denke nicht, dass dies eine Vorraussetzung für eine Anmeldung ist. Ich zog schließlich einen Anwalt hinzu. Dann musste ich mit dem mir vorgestellten Einsatzleiter Neuendorf telefonisch sprechen.
Dieser teilte mit, dass ich ein anderes Motto wählen müsste, das globaler sei. Schließlich sei das Vorgehen vor Ort keine Polizeigewalt. Als ich meinte, dass ich das anders sehe, wurde mir aufgrund des Mottos eine Anmeldung zuerst untersagt und dann, als ich dies dem Anwalt so mitteilte auch ein Verbot ausgesprochen.“
Einige Demonstrant_innen und Beobachter_innen wunderten sich im Nachhinein auch über den Vorwurf der Sachbeschädigung: „Wir haben keine Gegenstände kaputt gehen sehen, lediglich, dass ein Polizeifahrzeug eine Mülltonne umgefahren hat, ist uns aufgefallen.“
Zitat Polizist: „Geh weg oder ich box dich um.“
Rudi D*.: „Als ich die Situation außerhalb des Kessels beobachtete, wurde ich von einem Polizisten am Kragen gepackt und weggestoßen.“
Martin T.*: Ich beobachtete wie der Stadtverordnete Lutz Boede immer wieder versuchte vermittelnd in die Situation einzugreifen. In den Situationen, die ich beobachtete, gaben alle Beamt_innen keine Auskünfte bezüglich Namen oder Dienstnummer gegenüber Herr Boede.“
Nachdem einige Demonstrant_innen skandierten: „Eure Kinder werden so wie wir!“ antwortete ein eingesetzter Beamter: „Meine Kinder haben gutes Genmaterial und müssen nicht so rumlaufen.“
Einige Demonstrant_innen aus dem Kessel hörten, wie Polizeibeamte äußerten, dass die Maßnahme keine rechtliche Grundlage habe und dass man die Gruppe lieber nach den ersten Schritten zersetzen hätte müssen.
*Alle Namen der Zeug_innen wurden zum Schutz vor Repression geändert. Alle Zeug_innen werden keine Anzeigen gegen die betreffenden Polizeibeamt_innen stellen, da sie zum einen aufgrund fehlender Kennzeichnung nicht identifizierbar sind, sich zum anderen nicht auswiesen und vor allem zu befürchten ist, dass sich die Polizeibeamt_innen durch den in ihrer Organisation innewohnenden Korpsgeist gegenseitig schützen. Außerdem ist schon in der Presseöffentlichkeit kurz nach der Demo klar geworden, dass das Wort eines Polizisten mehr zählt, als das eines/einer von Repression Betroffenen.
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Law & Order

Bericht zum Polizeieinsatz bei der Demonstration am 28.12.11 in der Potsdamer Innenstadt

 

Aus­gangspunkt:

 

Die Ini­tia­tive zur Stärkung der Grund- und Bürg­er­rechte beschäftigt sich seit Jahren mit der Entwick­lung der Polizei ins­beson­dere im Land Bran­den­burg. Da wir davon aus­ge­hen, dass eine wirk­same Kon­trolle durch Gerichte und Par­la­ment nicht möglich ist, beobacht­en und recher­chieren wir Polizeiein­sätze. Die erar­beit­eten Berichte veröf­fentlichen wir und stellen sie der offiziellen Polizei­darstel­lung gegenüber. Bei der Veröf­fentlichung leg­en wir nur Sachver­halte zugrunde, die durch min­destens zwei ver­schiedene Quellen unab­hängig voneinan­der belegt wurden.

 

 

Recher­chiert­er Sachverhalt:

 

Am 28.12. sam­melten sich gegen 18 Uhr auf dem Luisen­platz Per­so­n­en, die durch eine SMS und per Inter­net zusam­mengetrom­melt wur­den. Bere­its kurz vor 18 Uhr standen an den Eck­en des Platzes vier-fünf Polizeifahrzeuge. Einige Polizis­ten fragten Hinzuk­om­mende, ob diese zu ein­er Demon­stra­tion woll­ten und fragten, wer der Ver­samm­lungsleit­er sei. Bis 18.15 Uhr waren auf dem Luisen­platz ca. 100 Per­so­n­en ver­sam­melt. Let­ztlich ver­ständigten sie sich darauf, einen Demon­stra­tionszug anzumelden, um auf die Wohn­raum­si­t­u­a­tion in Pots­dam hinzuweisen. Der Stadtverord­nete Jens Grusch­ka set­zte sich mit der Polizei in Verbindung und meldete eine Demon­stra­tion an, die vom Luisen­platz über die Bran­den­burg­er Straße, die Fr.-Ebert-Straße und die Char­lot­ten­straße zurück zum Luisen­platz führen sollte. Die Polizei teilte nach einiger Wartezeit mit, dass die Demo erst 19 Uhr begin­nen kann, weil der Verkehr in der Char­lot­ten­straße geregelt wer­den muss und dazu der Verkehrs­di­enst ange­fordert wird. Außer­dem ver­langte die Polizei, dass 5 Ord­ner benan­nt wer­den. Etwa 18.30 Uhr teilte die Polizei dann mit, dass der Polizeiführer eine Demon­stra­tion über die Bran­den­burg­er Straße ver­boten hätte. Daraufhin meldete Jens Grusch­ka eine alter­na­tive Wegstrecke vom Luisen­platz zur Stift­straße an. Während er auf eine Antwort der Polizei wartete, ver­langte die Polizei, dass die Ord­ner ihre Per­son­alien abgeben soll­ten. Da die schon aus­ge­sucht­en Ord­ner­in­nen dazu nicht bere­it waren, zog der Ver­samm­lungsleit­er die Ver­samm­lungsan­mel­dung zurück1.

 

Unmit­tel­bar danach ent­fer­n­ten sich die ersten Per­so­n­en Rich­tung Bran­den­burg­er Straße. Dort bildete sich schnell ein Demon­stra­tionszug. Auf dem Vor­platz des Bran­den­burg­er Tores wurde ein Sil­vesterk­naller gezün­det2. Die Demon­stri­eren­den riefen Parolen und verteil­ten Flug­blät­ter an die Pas­san­tinnen. Anson­sten ver­lief die Demon­stra­tion völ­lig friedlich. Als die Demon­stra­tion in die Lin­den­straße in Rich­tung Guten­bergstraße ein­bog, wurde sie erst­ma­lig mas­siv von der Polizei ange­grif­f­en. Dabei gab es eine Fes­t­nahme, in deren Ver­lauf der sich nicht wehrende Betrof­fene getreten und geschla­gen wurde. Anderen Demon­stran­ten wurde während­dessen durch Wegschub­sen die Möglichkeit genom­men, den Namen des Festgenom­men zu erfahren um einen Rechts­bei­s­tand für diesen zu organ­isieren3. Dann ging die Demo weit­er auf die Char­lot­ten­straße. Auf der Ecke zur Dor­tus­traße wur­den 2–3 blaue Papier­ton­nen umgekippt4. Eine weit­ere Tonne wurde von einem Polizeifahrzeug umge­fahren, das mit über­höhter Geschwindigkeit über den Gehweg fuhr, um der Demon­stra­tion den Weg abzuschnei­den5. Polizis­ten stießen In der Bran­den­burg­er Straße und in der Dor­tus­traße mehrfach Per­so­n­en, die die Demon­stra­tion ver­lassen woll­ten oder diese nur beobachteten, in den Demozug6. In der Dor­tus­traße stoppte eine Polizeikette den Demon­stra­tionszug, drängte ihn auf den Gehweg und kesselte ihn auf der Ecke Sporn­straße ein.

 

Trotz mehrfach­er Nach­fra­gen wurde keine Auskun­ft über die beab­sichtigten polizeilichen Maß­nah­men erteilt. Die Anmel­dung ein­er neuen Demon­stra­tion aus dem Polizeikessel her­aus wurde ent­ge­gengenom­men und per Funk an den Ein­sat­zleit­er weit­ergegeben. Herr Neuen­dorf erschien allerd­ings erst 30–40 Minuten später vor Ort. Er gab dem Demon­stra­tionsan­melder bekan­nt, dass die Per­son­alien des ganzen Zuges aufgenom­men wer­den. Inzwis­chen waren auch die Recht­san­wälte Isensee und Dresch­er gekom­men, die erhe­bliche Bedenken gegen eine solche Maß­nahme äußerten. Herr Isensee wies darauf hin, dass ein­er sein­er Man­dan­ten von einem Beamten erst in den Kessel hineingeschoben wurde und forderte Her­rn Neuen­dorf auf, den wenige Meter ent­fer­n­ten Polizis­ten danach zu befra­gen. Dies lehnte der Ein­sat­zleit­er aber eben­so ab, wie die Mit­teilung des Namens des Beamten7.

 

Während der Einkesselung kam es zu belei­di­gen­den Äußerun­gen und Dro­hun­gen von Polizis­ten. So sagte ein Beamter zu einem jun­gen Mann „Rück mir nicht auf die Pelle, ich bin doch nicht schwul.“8 Ein ander­er sagte: „Wir kön­nen hier auch Rus­s­land spie­len“.9

 

Auf der anderen Straßen­seite gab es eine sehr rüde Fes­t­nahme. Bis zu vier mit Has­skap­pen ver­mummte Polizis­ten drück­ten einen jun­gen Mann mit dem Gesicht auf die Erde, rammten ihm das Knie in den Rück­en, würgten ihn und zer­rten ihn in ein nah­este­hen­des Polizeifahrzeug. Dabei fassten sie ihm ins Gesicht. 10

 

Wenig später erfol­gte eine kaum hör­bare Laut­sprecher­durch­sage aus einem Streifen­wa­gen. Die Polizei informierte, dass alle ihre Per­son­alien abgeben soll­ten. Über den Grund, die Rechts­grund­lage und mögliche Wider­spruchsmöglichkeit­en wur­den keine Angaben gemacht.

 

Trotz der Proteste der Recht­san­wälte und Anwe­senden wur­den die eingekessel­ten Per­so­n­en einzeln durch die Polizeikette geführt. Sie wur­den aufge­fordert, Namen und Adresse zu sagen und ihre Ausweise hochzuhal­ten. Dabei wur­den sie mit der Videokam­era aufgeze­ich­net. Eini­gen, aber nicht allen, wurde mit­geteilt, dass ein Ermit­tlungsver­fahren ein­geleit­et wird. Dabei vari­ierten die genan­nten Tatbestände zwis­chen Land­friedens­bruch und Ver­stoß gegen das Ver­samm­lungs­ge­setz. Wider­sprüche, die von vie­len Betrof­fe­nen noch vor Ort gegen die Maß­nahme ein­gelegt wur­den, wur­den in keinem Fall von den Beamten schriftlich fest­ge­hal­ten11.

Auch während der ED-Behand­lung kam es zu abfäl­li­gen und sex­is­tis­chen Äußerun­gen einzel­ner Polizis­ten. Eine junge Frau wurde aus einem Polizeiau­to ange­sprochen: „Komm doch rein. Hier ist noch ein Platz frei.“12 In einem anderen Fall grab­schte ein Polizist ein­er Frau bei der Anfer­ti­gung von Videoauf­nah­men an die Brust. Als diese ihn fragte, was das solle, antwortete er „Ich kann doch nicht wis­sen, dass Sie eine Frau sind.“ Auch hier ver­weigerte der Polizist die Nen­nung seines Namens und ein­er Dien­st­num­mer mit den Worten „Sowas habe ich heut nicht.“ Zudem zog er sich eine Sturmhaube über, weil er bemerk­te, dass Außen­ste­hende ein Foto mit dem Handy von ihm machen woll­ten.13 Ein Demon­strant, der nicht frei­willig zur Per­son­alien­fest­stel­lung lief, wurde aus dem Kessel getra­gen. Dabei ver­sucht­en die Polizis­ten ihn mehrfach fall­en zu lassen. Allerd­ings kon­nte er sich abfan­gen und blieb unver­let­zt.14

 

Kurz vor Abschluss der Maß­nah­men traf noch die 24. Berlin­er Ein­satzhun­dertschaft ein, die sofort durch aggres­sives Auftreten auffiel und Per­so­n­en, die in der Nähe standen und auf ihre Fre­unde warteten, ohne die Polizeimaß­nah­men zu stören, in Rich­tung Bre­ite Straße schubsten.

Ein Mann wurde am Kra­gen gepackt. Trotz Auf­forderung weigerten sich diese Polizistin­nen, den Dien­stausweis vorzuzeigen. Als ein Mann sie darauf hin­wies, dass sie laut Polizeige­setz verpflichtet sind, sich auszuweisen und sog­ar die Pas­sage aus dem Polizeige­setz vor­las, sagte ein Beamter „Das einzige, was ich muss, ist kack­en gehen.“, ein ander­er meinte: „Ich repräsen­tiere den Staat. Ich muss gar nichts.“, ein drit­ter Polizist meinte, dass das Tra­gen ein­er Uni­form „Ausweis genug“ sei. Ein junger Mann, der vor der Polizei rauchte, wurde kurzzeit­ig in Gewahrsam genom­men. Sein Tabak wurde aus­gekippt. Dies begrün­dete die Polizei damit, dass er min­der­jährig sein kön­nte.15

 

Während der Abfer­ti­gung der Eingekessel­ten ver­suchte ein Außen­ste­hen­der, eine Kundge­bung gegen Polizeige­walt anzumelden. Er wurde aufge­fordert, die Namen von Ord­ner­in­nen anzugeben und gefragt, ob er schon Erfahrung mit der Anmel­dung von Demos habe. Schließlich zog er den vor Ort anwe­senden Recht­san­walt Dr. Dresch­er hinzu. Der Ein­sat­zleit­er Herr Neuen­dorf, der zwis­chen­zeitlich wieder ein­mal in die nahe Wache gefahren war, teilte ihm tele­fonisch mit, dass er ein anderes „glob­aleres Mot­to“ wählen müsste, weil das Vorge­hen vor Ort „schließlich keine Polizeige­walt ist“. Als der Anmelder äußerte, dass er dies anders sieht, wurde zuerst die Anmel­dung unter­sagt und dann ein Ver­bot aus­ge­sprochen.16

 

Nach­dem alle Per­son­alien aufgenom­men waren, wur­den eini­gen Per­so­n­en Platzver­weise von dem Ort erteilt, an dem sie soeben noch gewalt­sam fest­ge­hal­ten wurden.

 

Der Ein­sat­zleit­er Neuen­dorf sprach nach Abschluss des Polizeiein­satzes einen Mitar­beit­er der Stadt­frak­tion Die Andere an. Er räumte ein, dass der Ein­satz „dumm gelaufen“ sei und dass beim näch­sten Mal vorher miteinan­der gere­det wer­den sollte. Nach sein­er Ansicht hätte die Anmel­dung der Demon­stra­tion durch Her­rn Grusch­ka nicht an der Auflage, die Ord­ner­dat­en anzugeben, scheit­ern müssen. Offen­bar hat­ten ihn die Beamten vor Ort gar nicht darüber informiert.17

 

 

Faz­it:

 

Die gesamte Ein­satzs­trate­gie der Polizei war repres­siv aus­gelegt und auf die Unterbindung ein­er kri­tis­chen Demon­stra­tion aus­gerichtet. Das ver­stößt nicht nur gegen die Verpflich­tung der Polizei zu demon­stra­tions­fre­undlichem Ver­hal­ten und Koop­er­a­tion mit dem Ver­samm­lungsleit­er, son­dern erwies sich auch aus polizeitak­tis­ch­er Hin­sicht als vol­lkom­men ver­fehlt. Aus Sicht der Polizeikon­troll­stelle hätte die Polizei mit dem Anmelder ohne weit­eres eine Ver­ständi­gung über Route und Ablauf der Demon­stra­tion her­beiführen kön­nen. Dieses Ver­säum­nis beruht offen­sichtlich auch auf Kom­mu­nika­tion­sprob­le­men zwis­chen Ein­sat­zleitung und Polizei vor Ort. In diesem Zusam­men­hang stellt sich die Frage, warum sich der Ein­sat­zleit­er nicht unmit­tel­bar am Ort des Geschehens aufhielt.

 

Die Polizeimaß­nah­men waren ganz offen­sichtlich von Anfang an rechtswidrig. Offen­bar verken­nt die Polizeiführung den Stel­len­wert des Grun­drecht­es auf Ver­samm­lungs­frei­heit in ekla­tan­ter Weise.

 

Es nicht erkennbar, welchen legit­i­men Zweck die Polizei mit den Aufla­gen gegen die durch den Stadtverord­neten Jens Grusch­ka angemeldete Demon­stra­tion (Wartezeit, Per­son­aliener­fas­sung der Ord­ner) verfolgte.

Da mehr als 50 Polizis­ten in mehreren Polizeifahrzeu­gen vor Ort waren, wäre eine Regelung des Verkehrs in der Char­lot­ten­straße prob­lem­los möglich gewesen.

Die Ini­tia­tive zur Stärung der Grund- und Bürg­er­rechte gegenüber der Polizei bezweifelt bere­its, dass die Polizei bei ein­er Spon­tan­ver­samm­lung über­haupt die Auflage zur Benen­nung von Ord­ner­in­nen erteilen darf. Eine Erfas­sung der Per­son­al­dat­en der einge­set­zten Ord­ner war wed­er erforder­lich noch recht­mäßig. Das Ver­samm­lungs­ge­setz bes­timmt den Ver­samm­lungsleit­er als den juris­tisch Ver­ant­wortlichen. Die Auswahl der Ord­ner­in­nen obliegt aus­drück­lich ihm. Ein­schränk­end ist im Ver­samm­lungs­ge­setz lediglich fest­gelegt, dass die Ord­ner volljährig sein müssen. Demzu­folge darf die Polizei allen­falls Per­son­alien der Ord­ner kon­trol­lieren, wenn Zweifel an deren Volljährigkeit beste­hen. Dieser fall liegt schon deshalb nicht vor, weil die Polizei die Auflage bere­its erteilte, bevor die Ord­ner über­haupt bes­timmt waren.

 

Auch das Ver­bot der angemelde­ten Demon­stra­tionsroute ist offen­sichtlich rechtswidrig. Die Auswahl der Wegstrecke gehört zum Kern­bere­ich des Demon­stra­tionsrecht­es. Auf der Route waren beson­dere Hin­dernisse nicht zu befürcht­en und der Aufwand für die Verkehrsregelung war ger­ing. Eine Gefahren­lage, die ein Ver­bot hätte recht­fer­ti­gen kön­nen, lag nicht vor. Erst am Vortag wurde ein Haus in der Stift­straße 5 polizeilich geräumt. Die Räu­mung wurde durch Polizei, Presse und Stadtver­wal­tung übere­in­stim­mend als friedlich beze­ich­net. Es lagen über­haupt keine Anhalt­spunk­te vor, dass eine Demon­stra­tion aus dem gle­ichen Per­so­n­enkreis der­art eskalieren kön­nte, dass die angemeldete Wegstrecke ver­boten wer­den musste.

 

Ein schw­er­er Grun­drecht­se­in­griff ist die Einkesselung des gesamten Demon­stra­tionszuges in der Dor­tus­traße und die Kom­plet­ter­fas­sung der Per­son­al­dat­en aller Demon­stri­eren­den. Auch hier ist keine Rechts­grund­lage ersichtlich. Selb­st wenn man davon aus­ge­ht, dass die Polizei tat­säch­lich Anhalt­spunk­te für Land­friedens­bruch sieht und strafrechtlich ahn­den will, müssen zur Strafver­fol­gung einzel­nen Per­so­n­en konkrete Tat­beiträge zuzuord­nen sein, nach­dem die Polizei selb­st Unbeteiligte in den Kessel hinein­drängte. Eine pauschale Erfas­sung aller Demon­stran­ten ist vor diesem Hin­ter­grund rechtswidrig. Fraglich ist auch, ob die Polizei die Ver­samm­lung über­haupt rechtswirk­sam aufgelöst hat­te. Eine Auflö­sungsver­fü­gung ist offen­sichtlich nicht erlassen worden.

 

Bei der Durch­führung der einzel­nen Maß­nah­men ver­säumten Polizeibeamte fast durchgängig wesentliche For­mal­itäten. Wir empfehlen drin­gend, die Polizis­ten darüber zu belehren, dass polizeiliche Maß­nah­men und deren Durch­set­zung mit kör­per­lichem Zwang zuvor unter Angabe der Rechts­grund­lage angekündigt wer­den müssen und dass auf Ver­lan­gen der von der Maß­nahme Betrof­fe­nen der Dien­stausweis vorzuzeigen ist. Außer­dem soll­ten Maß­nah­men ergrif­f­en wer­den, um die Polizis­ten auch in geschlosse­nen Ein­sätzen zu einem angemesse­nen, respek­tvollen und diskri­m­inierungs­freien Ver­hal­ten gegenüber Demon­stran­ten zu veranlassen.

 

Völ­lig unakzept­abel ist es, dass Dien­stvorge­set­zte der­ar­tige Pflichtver­let­zun­gen deck­en und die Anonymität der betrof­fe­nen Polizis­ten rechtswidrig absich­ern. Damit wird die Ein­le­gung von Dien­stauf­sichts­beschw­er­den oder die Erstat­tung von Strafanzeigen gegen konkrete Polizis­ten ver­hin­dert. Zur Aufk­lärung von Polizeiüber­grif­f­en ist drin­gend erforder­lich, dass die einzel­nen Beamten auch in geschlosse­nen Ein­sätzen eine Dien­st­num­mer oder einen (Alias-) Namen tragen.

 

 

1 Beobach­tun­gen von Mit­gliedern der Polizeikontrollstelle

2 Beobach­tun­gen von Mit­gliedern der Polizeikontrollstelle

3 übere­in­stim­mende Aus­sagen von mehreren Demon­stran­ten und ein­er Passantin

4 Beobach­tun­gen von Mit­gliedern der Polizeikontrollstelle

5 Beobach­tun­gen von Mit­gliedern der Polizeikontrollstelle

6 übere­in­stim­mende Angaben von Demon­stran­ten, teil­weise auch Beobachtungen

von Mit­gliedern der Polizeikontrollstelle

7 Beobach­tun­gen Polizeikon­troll­stelle, die durch den Stadtverord­neten Grusch­ka und den RA Isensee bestätigt wer­den können

8 übere­in­stim­mende Angaben mehrerer Demonstrantinnen

9 übere­in­stim­mende Angaben eines Demon­stran­ten und eines Mit­glieds der Polizeikontrollstelle

10 Beobach­tun­gen Polizeikon­troll­stelle, die durch den Stadtverord­neten Grusch­ka und den RA Isensee bestätigt wer­den können

 

11 Beobach­tun­gen Polizeikontrollstelle

12 übere­in­stim­mende Angaben der Betrof­fe­nen und ein­er Passantin

13 übere­in­stim­mende Angaben der Betrof­fe­nen und eines Beobachters

14 übere­in­stim­mende Angaben des Betrof­fe­nen und eines Mit­glieds der Polizeikontrollstelle

15 übere­in­stim­mende Angaben von Pas­san­ten und Betrof­fe­nen, Beobach­tun­gen der Polizeikontrollstelle

16 übere­in­stim­mende Angaben des Betrof­fe­nen und des Recht­san­waltes Dr. Drescher

17 Beobach­tun­gen Polizeikontrollstelle

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Arbeit & Soziales Law & Order

Kriminalisierung und Delegitimierung sozialer Proteste

Am 28. Dezem­ber 2011 woll­ten ca. 100 Men­schen ihr Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit wahrnehmen und gegen die ver­schärfte Aus­beu­tung von MieterIn­nen und die Vertrei­bung ärmer­er Men­schen aus der Stadt Pots­dam demonstrieren.

Doch die präven­tiv zur Unter­drück­ung jeglich­er Form von oppo­si­tioneller Mei­n­ungsäußerung zusam­menge­zo­ge­nen Polizeikräfte vere­it­el­ten mit­tels schikanös­er und rechtswidriger Aufla­gen den Ver­such, die Demon­stra­tion anzumelden. Während in der ganzen Welt Men­schen ger­ade um ihre demokratis­chen Rechte kämpfen, glauben Pots­damer Polizeiführer offen­bar, dass die Gewährung des Rechts zu demon­stri­eren ein Gnade­nakt sei, der ihnen allein zustünde.

Sich dieser Schikane nicht beu­gend zog die Demon­stra­tion los, worauf sich die Polizei des in Brechts Gedicht „In Pots­dam unter den Eichen“ beschriebe­nen tra­di­tionellen Umgangs mit Demon­stran­tInnen besann: „Da kam die grüne Polizei und haute sie zusamm’.“ Mit Spezialschlagstöck­en wurde auf die friedlich über die Bran­den­burg­er Straße demon­stri­eren­den Men­schen einge­droschen. Strafanzeigen gegen die Polizei gibt es deswe­gen ein­fach aus dem Grund nicht, dass die im Ein­satz befind­lichen Polizis­ten zum Teil ver­mummt agierten, nicht indi­vidu­ell mit Dien­st­num­mern gekennze­ich­net waren, was eine Iden­ti­fizierung bei Straftat­en verun­möglicht und es gängige Prax­is der Polizei ist, Men­schen die im Dienst began­gene Straftat­en anzeigen mit Gege­nanzeigen, wie z.B. wegen „Wider­stand“, und abge­sproch­enen Zeu­ge­naus­sagen zu belasten.

Behaup­tun­gen wie: „Die Polizei habe sich während der Demon­stra­tion am ver­gan­genen Mittwoch ver­ant­wor­tungs­be­wusst und recht­streu ver­hal­ten.“ kann nur auf­stellen, wer nicht dabei war. Dass an diesem Abend die berüchtigte 24. Ein­satzhun­dertschaft aus Berlin, deren blutiger Ein­satz in der Skater­halle im Jahr 2008 nicht vergessen ist, nach Pots­dam beordert wurde, demon­stri­ert die Gewalt­bere­itschaft der Ver­ant­wortlichen in Poli­tik und Polizei gegenüber Men­schen, die sich erfrechen, ihren Wider­spruch gegen die herrschende Poli­tik öffentlich zu for­mulieren. Die Rote Hil­fe e.V. wird deshalb alle Men­schen, die von Repres­sion betrof­fen sind in ihrem Kampf für Frei­heit und Gerechtigkeit sol­i­darisch beis­te­hen. Gemein­sam wer­den wir die Ver­samm­lungs­frei­heit vertei­di­gen. Auch gegen jene „bürg­er­lichen“ Poli­tik­er, die in alter preußisch-deutsch­er Tra­di­tion von den Frei­heit­en, die das europäis­che Bürg­er­tum sich einst erkämpfte, nichts wis­sen wollen. Wir fordern die Polizei auf , sämtliche erhobe­nen Dat­en, ins­beson­dere die zwangsweise ange­fer­tigten Fil­mauf­nah­men aller eingekessel­ten Demon­stran­tInnen umge­hend zu löschen.

Inforiot