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Keine Räumung, alle bleiben!

18.02. 2012: Demo zum Haus des Schokoladen-”Besitzers”
15.30 Uhr, S‑Bhf. Potsdam-Babelsberg

Mit der Unter­stützung unser­er Freund*innen und Genoss*innen, den Fans des Pots­damer Fußbal­lvere­ins SV Babels­berg 03 wollen wir am 18. Feb­ru­ar zum Haus des “Besitzers” der Ack­er­straße 169/170 in Berlin ziehen. Markus Friedrich, der am 22. Feb­ru­ar den Schoko­laden, eines der ältesten alter­na­tiv­en Kul­tur-Pro­jek­te in Berlin-Mitte räu­men lassen will, hat sein Anwe­sen in unmit­tel­bar­er Nähe zum Karl-Liebknecht-Stadion.

Wir möcht­en das Heim­spiel des SV Babels­berg 03 zum Anlass nehmen um mit den Fans des SV, den Freiraum-Aktiv­en aus Pots­dam und den Freund*innen des Schoko­ladens vor Friedrichs Haus in der Spitzweg­gasse 5 zu ziehen.

Unter­stützt wer­den wir dabei durch die Fans von Ten­nis Borus­sia Berlin.Die Fam­i­lie Friedrich ist de fac­to ein gewin­nori­en­tiertes bun­desweites Unternehmen, das eine Vielzahl Hotels, Villen und eine Fliesen­markt-Kette ihr Eigen nen­nt. Ange­bote der Schokoladen-Bewohner*innen, das Haus über eine Stiftung zu kaufen, lehnte Friedrich immer wieder ab. Die gebotene Mil­lion Euro genügte ihm nicht. Stattdessen ver­langt er 1,8 Mil­lio­nen, andern­falls lässt er das Haus räumen.

Unüber­hör­bar, wider­spen­stig und kreativ wer­den wir unseren Protest gegen die, trotz schweben­dem Ver­fahren, angekündigte Räu­mung des Schoko­ladens in Babels­berg auf die Straße tra­gen. Außer­dem wollen wir ihm nahele­gen eins der etwa 60 ange­bote­nen und von ihm alle­samt abgelehn­ten Ersatz­grund­stücke anzunehmen.

Die Demo startet 15.30 Uhr am S‑BHF Babelsberg

Bünd­nis “Schoko­laden verteidigen!”

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Das Märchen von einer sozialen Stadt für alle …

Seit nun­mehr drei Jahren ist die LaDatscha in Pots­dam beset­zt. Seit drei Jahren gestal­ten wir das Haus und somit unsere Stadt selb­st­bes­timmt mit. Nun ist es wieder ein­mal zu ein­er indi­rek­ten Auseinan­der­set­zung mit der bösen Real­ität gekom­men. Und zwar in Form von Rech­nun­gen und selt­samen Forderun­gen seit­ens der Stiftung Preussis­che Schlöss­er und Gärten bzw. des Kom­mu­nalen Immo­bilien Ser­vice. Ein offen­er Brief der Datscha.

Alle Jahre wieder, so scheint es, erhält die datscha ungeliebte Post vom Kom­mu­nalen Immo­bilienser­vice (KIS). Wie schon im Jahr 2010, ist es auch dieses mal wieder eine Rech­nung. Im Gegen­satz zum ver­gan­genen Jahr aber  beste­hen an der inhaltlichen und for­malen Seriosität des neusten Schreibens erhe­bliche Zweifel. In den let­zten drei Jahren sollen wir Wass­er im Wert von ca. 3000 Euro ver­braucht haben. Zusät­zlich wurde uns die Grund­s­teuer und  Gebäude­ver­sicherung in Höhe von 338,72 Euro in Rech­nung gestellt. Ein­mal abge­se­hen davon, dass wir uns bere­its im let­zten Jahr aus­führlich zur Sache geäußert haben1 und wir unsere Forderun­gen eigentlich nur wieder­holen kön­nen, gibt es dann doch noch einiges zur all­ge­meinen Sit­u­a­tion, was uns und andere linke Pro­jek­te in Pots­dam ange­ht, zu sagen.

Die aktuelle Rech­nung sowie die 1. Mah­nung, die wir am 12.12.2011 erhal­ten haben, hat ihren Ursprung bei der Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten (SPSG), da die datscha ihr Wass­er über einen Anschluss auf einem Grund­stück der Stiftung bezieht. Die SPSG reicht die Kosten an den KIS weit­er, wahrschein­lich in der Annahme, dass wir nicht bezahlen wür­den. Der KIS bezahlt erst ein­mal ohne die Angaben auf der Rech­nung zu hin­ter­fra­gen und richtet sich dann mit seinen Forderun­gen an uns.

So weit so gut. Was uns aber aufge­fall­en ist, hätte wohl auch den „Profis“ des städtis­chen Unternehmens und Eigen­tümer der ehe­ma­li­gen „Vil­la Wild­wuchs“ nicht ver­bor­gen bleiben dür­fen. Auf der Rech­nung der Stiftung fehlen jegliche Angaben zu Zäh­ler­num­mern und Zäh­ler­stän­den. Wir haben daraufhin die Zäh­ler­stände kon­trol­liert und sind auf einen Ver­brauch von ca. 30 Kubik­me­ter in den let­zten drei Jahren gekom­men. Zum Ver­gle­ich: die Stiftung berech­net uns ca. 500 Kubikmeter.

Außer­dem wer­den, wie selb­stver­ständlich, Kosten für die Abwasser­entsorgung berech­net, obwohl allen Beteiligten bekan­nt sein müsste, dass die datscha keinen Abwasser­an­schluss besitzt, son­dern das Abwass­er in regelmäßi­gen Abstän­den durch Sub­un­ternehmen der Stadt Pots­dam abholen und entsor­gen lässt.

Gle­ichzeit­ig wurde der Stadtverord­nete Lutz Boede zu einem Tre­f­fen ein­ge­laden, wo er mit einem Vertreter des Jugen­damtes, der Sozialdez­er­nentIn und zwei Vertretern der Stiftung, wohl gemerkt aber ohne uns, über die Zukun­ft unseres Beachvol­ley­ballplatzes neben der datscha reden sollte. Die Vertreter der Stiftung monierten das äußere Erschei­n­ungs­bild unseres Pro­jek­tes und die Ille­gale Nutzung ihres Grund­stück­es durch unseren Vol­ley­ballplatz. Zur Info: das Grund­stück der datscha ist im Besitz der Stadt bzw. des KIS, das daneben liegende, worauf sich das Vol­ley­ballfeld befind­et, gehört der Stiftung.

Wir sind bere­it Strom und Wass­er zu bezahlen (die Abwasser­entsorgung haben wir seit Beset­zung über­nom­men) unter der Bedin­gung, dass unser Pro­jekt öffentlich einen Dul­dungssta­tus erhält. Wir wollen keinen Mietver­trag und wir wer­den wed­er Grund­s­teuer, noch eine Gebäude­ver­sicherung bezahlen. Dies haben wir bere­its ver­gan­ge­nes Jahr gegenüber der Stadt deut­lich gemacht. Seit­dem hat sich nie­mand der Ver­ant­wortlichen mit uns über Lutz Boede oder unsere Recht­san­wältIn in Verbindung geset­zt. Die neueste Rech­nung kann nicht ein­fach nur ein Verse­hen sein. Wir ord­nen sie in die all­ge­meine Entwick­lung, wie in Pots­dam mit Haus­pro­jek­ten und anderen eigen­ver­ant­wortlichen Ini­tia­tiv­en von Bürg­erIn­nen umge­gan­gen wird, ein.

In Pots­dam wird viel von Bürg­er­beteili­gung gesprochen. Aber wird sie auch tat­säch­lich zuge­lassen und umge­set­zt? Bürg­er­haushalte mit Abstim­mungen wer­den abge­hal­ten und dann doch ignori­ert. Es gibt Stad­trats­beschlüsse, an die sich manche/r Dez­er­nentIn pen­e­trant nicht gebun­den fühlt. Bürg­erini­tia­tiv­en wird nach Lust und Laune ihre Seriosität aberkan­nt und gle­ichzeit­ig wird einem Preußenkult gefrönt, der SozialdemokratIn­nen eigentlich schlecht zu Gesicht ste­hen sollte.

Vor diesem Hin­ter­grund ist es nicht ungewöhn­lich, dass eine Stiftung, die eigentlich nur his­torische Parks und deren Gebäud­e­struk­tur erhal­ten und pfle­gen sollte, sich so auf­spielt, als habe sie in manchen Fra­gen der Stadt­poli­tik das let­zte Wort. Wenn wir gle­ichzeit­ig eine so unver­schämte Rech­nung erhal­ten und oben­drein unser Vol­ley­ballplatz in Frage gestellt wird, hat das einzig und allein mit dem Druck der Schlösser­s­tiftung zu tun. Die Sport­plätze die nach einem Votum durch den Bürg­er­haushalt und nach ein­er Abstim­mung im Stad­trat auf der Fläche hin­ter der datscha gebaut wer­den soll­ten, ste­hen nun wieder in Frage, da auch hier die Stiftung und nun zusät­zlich das Umwelt- und Denkmalschutzamt Bedenken äußern.

Das, was wir machen, ist Bürg­er­beteili­gung! Ein wenig ungewöhn­lich vielle­icht und nicht ganz legal, aber sehr erfol­gre­ich. Auch das haben wir im let­zten Jahr schon geschrieben. Eine Umgestal­tung der Grün­fläche hin­ter der datscha nach den Bedürfnis­sen und Vorstel­lun­gen der Anwohner­In­nen und zukün­fti­gen NutzerIn­nen würde dieses Bürg­eren­gage­ment ver­tiefen. In unseren Augen kön­nte sich die betr­e­f­fende Wiese zu einem lebendi­gen Lab­o­ra­to­ri­um für einen selb­st gestal­teten Stadt­garten sowie Spiel- und Sport­platz entwickeln.

Wie sus­pekt Vertretern der Stadt solche Ini­tia­tiv­en sind, zeigt das arro­gante Ver­hal­ten des Baudez­er­nen­ten Klipp gegenüber alter­na­tiv­en Wohn­pro­jek­ten und kri­tis­chen Grup­pen (die Wagen­Haus­Burg auf Her­rmannswerder z.B.) Auch hat keine ver­ant­wortliche Stelle der Stadt bis heute klar Posi­tion gegenüber dem Pro­jekt la datscha bezo­gen. Es gibt bish­er nur offizielle Ver­laut­barun­gen aus der ersten Woche nach der Beset­zung. Seit­dem herrscht Schweigen seit­ens der Stadt. Damit lässt sich gut leben. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch deut­lich, was nicht gewollt ist: selb­st organ­isiertes Engage­ment und Bürg­er­beteili­gung an Stad­ten­twick­lung­spro­jek­ten. Wed­er sollen „wir“ Bürg­erIn­nen uns zum Stadtschloss äußern, auch inter­essiert es nicht, was „wir“ z. B. zum Brauhaus­berg zu sagen haben. Und wer die Mieten in Pots­dam zu teuer find­et, kann schließlich auch nach Berlin gehen.

Das angekündigte Ref­er­en­dum zur Schwimmhalle wird wahrschein­lich durch irgen­deinen Trick genau­so zur Farce wer­den, wie das vor eini­gen Jahren zum The­ma Stadtschloss abge­hal­tene Votum. Super Grund­lage für demokratis­che Beteili­gung! Mit diesen Ver­hält­nis­sen hät­ten wir auf legalem, demokratis­chen Wege niemals eine datscha eröff­nen kön­nen und die meis­ten von uns wären schon lange da, wo Klipp und Kon­sorten uns wahrschein­lich hin wünschen…in Berlin oder son­st wo.

Wir sind aber hier und wer­den uns wohl auch weit­er­hin die Räume nehmen, die wir brauchen. Und wenn der Stiftung unser Vol­ley­ballplatz nicht passt, soll sie das Grund­stück an die Stadt zurück­geben und den Weg frei machen für weit­ere, sin­nvolle Pro­jek­te. Wenn es denkmalschützerische Bedenken gibt, muß die All­ge­mein­heit ein für alle mal abwä­gen zwis­chen dem öffentlichen Inter­esse an Bürg­erIn­nen­parks und Sport­plätzen und dem Stel­len­wert eines preußis­chen Open Air Museums.

Hier geht es nicht mehr nur um uns. Wir sind der kleine Pick­el der nervt, wie noch einige andere Pick­el in der Stadt. Wenn man sich die Zahl der ent­stande­nen Bürg­erini­tia­tiv­en ansieht (z.B. gegen den Bau des Stadtschloßes, gegen die Gar­ni­sion­skirche, gegen Ein­tritts­gelder für Parkan­la­gen u.a.), scheint die Akzep­tanz für Pres­tige­pro­jek­te, die die herrschende Stadt­poli­tik in Pots­dam repräsen­tieren nicht son­der­lich groß zu sein. Die Arro­ganz der­er, die diese Pro­jek­te ver­wirk­lichen (wollen), umso mehr.

Vor dem Hin­ter­grund der mafiösen Struk­turen in der „High­so­ci­ety“ dieser Stadt; vor dem Hin­ter­grund, dass Mil­lio­nen För­der­mit­tel für frag­würdi­ge Pro­jek­te an frag­würdi­ge InvestorIn­nen ver­schenkt wur­den; vor dem Hin­ter­grund, dass man sich fragt, wer hier eigentlich nicht „Dreck am Steck­en hat“, fra­gen wir uns, wie wir die poli­tisch Ver­ant­wortlichen ernst und beim Wort nehmen sollen. Es ist nicht nur ein Angriff, son­dern auch eine Frech­heit, wenn Baudez­er­nent Klipp aus­gedachte Gel­dar­gu­mente gegen die Wagen­burg her­vorza­ubert und dabei offen­sichtlich sein Man­dat ver­let­zt. Und es ist ein Angriff und nicht nur eine finanzielle Mehrbe­las­tung, wenn selb­stver­wal­tete und legal­isierte Haus­pro­jek­te plöt­zlich 16 Prozent mehr Pacht bezahlen sollen.

Es ist das immer gle­iche Dilem­ma, ob hier in Pots­dam, in Ham­burg oder Berlin. Es wird weit­er fleißig pri­vatisiert, höchst mögliche Ren­dite aus jedem Stückchen Stadt­grund gepresst und beste­hende, kom­mu­nale Reg­u­lar­ien in Sachen Miet­spiegel und sozialer Woh­nungs­bau wer­den abgeschafft. In Ham­burg ist das „Recht auf Stadt“-Bündnis ent­standen, das jet­zt seit gut zwei Jahren durch Demos, Beset­zun­gen und öffentliche Debat­ten für Wirbel sorgt. Das The­ma Miete ste­ht inzwis­chen seit eini­gen Monat­en ganz oben auf der poli­tis­chen Agen­da und es wird darüber disku­tiert, den kom­mu­nalen Woh­nungs­bau wieder an zuschieben. In Berlin hat die Ini­tia­tive „Medi­aspree versenken“ den Städteplan­ern in den let­zten Jahren gehörig in ihre größen­wahnsin­nige Suppe gespuckt. Auch zeigt die große Beteili­gung an den Demos und Aktio­nen des bre­it angelegten Mieten­stop-Bünd­nis Berlin die zuge­spitzte Lage am Woh­nungs­markt und den Willen der betrof­fe­nen Men­schen diese Sit­u­a­tion nicht hinzunehmen.

Wenn wir, die Aus­ge­gren­zten, die Stören­friede, in Sachen Städtepla­nung Gehör erlan­gen wollen, dann wer­den wir uns ähn­lich organ­isieren müssen wie in Ham­burg und Berlin. Und statt weit­er der Entwick­lung hin­ter­her zu laufen, soll­ten wir ein für alle Mal klarstellen, was unsere Inter­essen sind und anfan­gen diese ern­sthaft in die Real­ität umzusetzen.

Und falls die Stiftung auch gegen die datscha denkmalschützerische Bedenken haben sollte und den Druck gegen uns erhöhen wird, sagen wir: bitte schön! Aber ver­bren­nt euch nicht die Fin­ger, denn wir wer­den dafür sor­gen, dass man uns nicht so schnell ver­gisst. Wir haben die Ruhe der let­zten drei Jahre genossen, wir sind aber dur­chaus bere­it, für unsere Freiräume, ob datscha, Vol­ley­ballplatz, Havel­strand o.a. zu kämpfen.

Wagen­burg bleibt! datscha bleibt! Weg mit den Pachter­höhun­gen für die Zep­pelin­straße 25 und 26 und alle
anderen Pro­jek­te!

Wir bleiben alle!

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Gender & Sexualität Law & Order Sonstiges

So päpstlich wie der Papst

Alles, was auf Erden ist, soll unterge­hen.
Aber mit dir will ich meinen Bund aufricht­en, und du sollst in die Arche gehen […]“
(Gott zu Noah, 1. Mose 6,13–18 )

Die Arche Noah ist ein schwimm­för­miger Kas­ten. Laut bib­lis­ch­er Über­liefer­ung baute sie der „Patri­arch“ Noah nach Gottes Plä­nen. Als sie fer­tig war, schar­rte Noah paarungswilliges Geti­er und seine eigene Fam­i­lie zusam­men und ret­tete sie vor der von Gott gesandten Sinflut.

An diese Geschichte glauben nicht wenige Men­schen. Zum Beispiel eine Gruppe katholis­ch­er Christ_innen aus Pots­dam, die 1986 auch eine Arche errichteten. Dies­mal war es aber kein schwimm­fähiger Kas­ten son­dern eine „Bil­dungsini­tia­tive“ der Peter und Paul-Gemeinde zu Pots­dam. „Das the­ma­tis­che Gespräch soll angeregt wer­den und ist aus­drück­lich erwün­scht“ [1], so die Ini­tia­tive auf ihrer Home­page. Anhand der Auswahl religiös­er The­men möcht­en sie den „authen­tis­chen“ Glauben der Kirche ver­mit­teln und reflek­tieren. Auch über andere Überzeu­gun­gen soll disku­tiert wer­den. Die „Arche“ ver­mit­telt aber noch weit mehr als das. Neben religiösen The­men wer­den auch Referent_innen zum The­ma Gen­der Main­stream­ing (17.5.11), zum schulis­chen Sex­u­alkun­de­un­ter­richt (7.6.11) sowie zu Thi­lo Sar­razins The­sen (5.7.11) ein­ge­laden. In diesem the­ma­tis­chen Rah­men geben sich streng katholis­che Christ_innen, homo­phobe Sexist_innen, Abtreibungsgegner_innen und Rechtspopulist_innen die H
and.

Der Schlüs­sel passt nun mal eben nur ins Schloss.“
(Prof. Han­na-Bar­bara Gerl-Falkovitz)

Bei ein­er Ver­anstal­tung der Arche im Mai erk­lärte die Pro­fes­sorin Han­na-Bar­bara Gerl-Falkovitz, dass gle­ichgeschlechtliche Paare nicht lieben kön­nen. „Die guck­en sich ja nicht mal an ‘dabei’“ und wären ohne­hin nicht in der Lage die Erfül­lung zu erlan­gen, die ein het­ero­sex­uelles Paar beim Sex erzielt. Das gle­iche gelte für Selb­st­be­friedi­gung. Das eigentliche The­ma des Abends war „Gen­der Main­stream­ing. Wesenskern und Anspruch ein­er Ide­olo­gie“, so der Titel. Ein Großteil der Ver­anstal­tung drehte sich jedoch um „die Homo­sex­uellen“. In Stammtis­chmanier äußerte sich ein Zuschauer: ‘In den islamis­chen Län­dern weiß man wenig­stens, wie man mit Schwulen umge­ht. Umbrin­gen muss man sie ja nicht gle­ich aber bestrafen schon.’ Es ging zwar ein leis­es Raunen durch die Masse aber eine Posi­tion­ierung zu dieser men­schen­ver­ach­t­en­den Aus­sage blieb sowohl von der Ref­er­entin als auch von „Arche“-Mitgliedern aus.

Kein Wun­der, denn die Ref­er­entin Gerl-Falkovitz selb­st ist Mit­glied des wis­senschaftlichen Beirates vom „Deutschen Insti­tut für Jugend und Gesellschaft“. ‘Das DIJG unter­stützt ins­beson­dere Men­schen, die unter ihrer Homo­sex­u­al­ität lei­den’ [2], schreibt das Insti­tut über sich selb­st. In ein­er „Repar­a­tivther­a­pie“ soll eine Verän­derung hin zur Entwick­lung eines „het­ero­sex­uellen Poten­tials“ erzielt wer­den. Die Mitarbeiter_innen gehen davon aus, dass Homo- sowie Trans­sex­u­al­ität in jedem Fall psy­chis­che Krankheit­en und somit auch heil­bar sind. Der wis­senschaftlich anmu­tende Inter­ne­tauftritt des DIJG ist voll von homo- und trans­pho­ben Äußerun­gen. Beiratsmit­glied Han­na-Bar­bara Gerl-Falkovitz bekam in der „Arche“ ein Podi­um, um ihre im Kern men­schen­ver­ach­t­en­den Ansicht­en zu ver­bre­it­en und das lei­der auch weit­ge­hend kritiklos.

Die Schaf­fung des ’neuen Men­schen’ durch Gen­der Main­stream­ing […] ist eine fol­gen­schwere Mis­sach­tung der gottgegebe­nen Ord­nung“
(Inge M. Thürkauf) [3]

Auch die Schaus­pielerin Inge M. Thürkauf sprach in der „Arche“. Sie referierte zum Werk ihres ver­stor­be­nen Mannes Max Thürkauf, ein für seine tech­nikkri­tis­che Hal­tung bekan­nter Natur­wis­senschaftler. Inge M. Thürkauf befasst sich vor allem mit dem von ihr so beze­ich­neten ‘Dik­tum von Gen­der Main­stream­ing’. ‘Völ­lig dem gesun­den Men­schen­ver­stand zu wider’ läuft für sie die Idee, dass das soziale Geschlecht zu großen Teilen sozial­isiert, statt ange­boren (bzw. von Gott gegeben) ist. [4]

Ein viel größeres Podi­um als die „Arche“ bot ihr 2008 die „Anti Zen­sur Koali­tion“ (kurz AZK). Die AZK lädt pseudowis­senschatliche Verschwörungstheoretiker_innen bis hin zu Holo­caust-Leugn­er_in­nen zu ihren Ver­anstal­tun­gen vor ein beachtlich­es Pub­likum und stellt die Reden im Inter­net frei zur Ver­fü­gung. Inge M. Thürkauf het­zte hier vor einem bre­it­en Pub­likum gegen Homo- und Trans­sex­uelle und erk­lärte sämtliche Gen­derthe­o­rien und ‑prax­en als eine Attacke gegen alles, was als „natür­lich“ oder „nor­mal“ gilt und ins­beson­dere als einen Angriff gegen die tra­di­tionellen Werte der Fam­i­lie [5]. In Zeitungsar­tikeln kri­tisiert sie, dass der Begriff Homo­pho­bie densel­ben Stel­len­wert hat wie Ras­sis­mus oder Anti­semitismus. Die “Arche” scheint diese Äußerun­gen entwed­er nicht zu ken­nen oder es war den Organ­isieren­den ein­fach egal, ein weit­eres Mal eine sex­is­tis­che und zu tief­st homo­phobe Ref­er­entin ein­ge­laden zu haben.

Vor dem „Gen­deris­mus“ warnte auch Pfar­rer Fran­cois Reckinger im Juni bei seinem Auftritt in der „Arche“. Der schulis­che Sex­u­alkun­de­un­ter­richt nehme den Kindern viel zu früh ihre natür­liche Scham und die Schule sei zu ein­er Pro­pa­gan­dav­er­anstal­tung für Kon­domkam­pag­nen gewor­den. Diese näm­lich hält Reckinger für den wahren Grund für die Aus­bre­itung von AIDS. Im Gegen­satz zur Ehe seien Kon­dome ein „löchriger Schutz“ vor der Krankheit. Alles absurde Äußerun­gen, die unkom­men­tiert ste­hen blieben. Das The­ma Homo­sex­u­al­ität dürfe sein­er Ansicht nach im Sex­u­alkun­de­un­ter­richt zwar ange­sprochen wer­den, jegliche Wer­tung solle jedoch den Ethik­lehrkräften über­lassen bleiben. Für den Pfar­rer ist Homo­sex­u­al­ität ‘[…] eine schwere Sünde gegen Gott und die von ihm gegebene Schöpfungsordnung’[6]

Sar­razins The­sen — auf­bere­it­et für die Gemeinde

Auch Burkhard Willim­sky, Vor­sitzen­der der recht­spop­ulis­tis­chen Partei „Die Frei­heit“ in Steglitz-Zehlen­dorf, durfte in der Chronik der „Arche“-Referent_innen nicht fehlen. Im Juli referierte er dort zur Fragestel­lung „Schafft Deutsch­land sich wirk­lich ab?“ über die The­sen Sar­razins. Er gab Sar­razins pseudowis­senschaftliche Sta­tis­tiken und Mod­ell­rech­nun­gen wieder und erläuterte ihre Richtigkeit dem Pub­likum. Dem für ihn legit­i­men Wun­sch von Sar­razin, ‘[…]in 100 Jahren noch in einem Deutsch­land leben, in dem die Verkehrssprache Deutsch ist und die Men­schen sich als Deutsche fühlen, in einem Land, das seine kul­turelle und geistige Leis­tungs­fähigkeit bewahrt und weit­er­en­twick­elt hat, in einem Land, das einge­bet­tet ist in einem Europa der Vater­län­der […]‘ schließt sich Burkhard Willim­sky an.
Auf die Idee, einen Recht­spop­ulis­ten als Ref­er­enten zu laden, kann nur eine Gruppe kom­men, die diese Ansicht­en teilt. Die ras­sis­tis­chen Aus­sagen aus dem Pub­likum bestäti­gen diesen Eindruck.

Die Arche ist keineswegs nur ein Raum, in dem bei Kaf­fee und Kuchen über die Bibel oder die Son­ntagspredigt disku­tiert wird. Das Gesamt­bild der Ver­anstal­tung zeigt wie kon­ser­v­a­tiv, men­schen­ver­ach­t­end und ras­sis­tisch der Grundtenor ist. Die Ver­anstal­tun­gen wer­den vom Pub­likum nicht kri­tisch begleit­et son­dern mit Stammtis­ch­parolen untermahlt.

Die Ver­anstal­tun­gen sind öffentlich zugänglich, jede_r ist also aufgerufen, die Gemeinde zu besuchen und kri­tisch zu inter­ve­nieren!
Kein Platz für Homo‑,Transphobie und Ras­sis­mus!
Wir fordern eine sofor­tige Schließung der Arche!

[1] http://www.arche-potsdam.de/
[2] http://www.dijg.de/homosexualitaet/gesellschaft/stellungnahme-presseerklaerung-antidiskriminierungsbuero/
[3] http://wikimannia.org/Die_Geschichte_des_Genderismus
[4] und [5] http://schreibfreiheit.eu/2010/01/11/die
‑real­i­tat-von-gen­der-main­stream­ing/

[6] http://www.f‑reckinger.de/pdf-dateien/vortrag-auszug_gewissenszwang.pdf

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(Anti)militarismus Geschichte & Gedenken Sonstiges

Monarchie Jetzt!

Sam­stag, 27.08.2011
12 Uhr ab Bassinplatz 

Georg Friedrich ist der Sohn von Louis Fer­di­nand Prinz von Preußen junior und der Ururenkel von Kaiser Wil­helm II. Er hat sein BWL-Studi­um bestanden und ist 35 Jahre alt. Damit erfüllt er alle Voraus­set­zun­gen, im 21. Jahrhun­dert die Staats­geschäfte zu übernehmen. Die geplante Hochzeit mit der 33-jähri­gen Sophie Prinzessin von Isen­burg kön­nte über Jahrhun­derte die Macht­frage ohne klein­lichen Parteien­zank und aufwendi­ge Wahlver­fahren klären.

Aber noch immer sind die Nar­ben der Mod­erne in Pots­dam nicht gän­zlich beseit­igt. Nicht nur, dass sich selb­st in der Innen­stadt auch 2011 noch nach­barocke Baut­en find­en lassen – auch die Bevölkerung ist noch immer durch Sozial­is­mus, Lib­er­al­is­mus und Grundge­setz ver­het­zt. Diese Kräfte hal­ten die Auflö­sung des Staates Preußen durch den Alli­ierten Kon­troll­rat für recht­mäßig und berufen sich darauf, dass hierzu­lande die Monar­chie abgeschafft sei. Immer wieder wer­den Lange Kerls aus­gelacht und die Ver­bote der Schlösser­s­tiftung zum Durch­queren der Barock­gärten mit neu­modis­chen Fahrrädern ignoriert.

Diesen Ten­den­zen wollen wir heute ein Zeichen entgegensetzen.

Wir brauchen kein Inter­net, keine Autos, keine Kanal­i­sa­tion und keine Wahlen (und schon gar nicht für alle).

Wir sagen:

Ja zur preußis­chen Erb­monar­chie!
Ja zur Hochzeit von Georg Friedrich und sein­er Prinzessin Sophie!
Ja zum RBB!

Wir rufen dem jun­gen Preußen­paar zu:

Her­zlichen Glück­wun­sch zur Hochzeit!


Bitte unter­hal­tet und beherrscht uns!

Pots­damer und Untertanen!

Zieht euch ordentlich an!
Malt Trans­par­ente!
Übt Diener und Kratzfüße!
Bejubelt mit uns die Preußenhochzeit!

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Klima & Umwelt Sonstiges

CO2-„Endlager“ verhindern, Klimagerechtigkeit und Energiesouveränität erkämpfen!

7. August 2011 bis 14. August 2011
Kli­ma- und Energiecamp
Jän­schwalde (Spree-Neiße)

Alle Infos hier: www.lausitzcamp.info

Aufruf

Das Kli­machaos scheint nicht mehr aufzuhal­ten zu sein: Mit extremen Wet­ter­ver­hält­nis­sen, der Ver­step­pung ganz­er Regio­nen, dem Anstieg des Meer­esspiegels und der Bedro­hung der Lebens­grund­lage viel­er Men­schen schre­it­et der Kli­mawan­del voran. Nach den Ereignis­sen in Fukushi­ma scheint sich die energiepoli­tis­che Debat­te zu verän­dern. Aber anstatt kon­se­quent auf erneuer­bare Energien zu set­zen und die fos­silen Brennstoffe im Boden zu lassen, wird Kohlekraft mit CCS (Car­bon Diox­ide Cap­ture and Stor­age) als Alter­na­tive zur Atom­en­ergie propagiert.

Wir nehmen das nicht hin! Wir wollen an Auseinan­der­set­zun­gen um Klim­agerechtigkeit anknüpfen und mit einem Camp Alter­na­tiv­en zum „busi­ness as usu­al“ denken, leben und erstre­it­en. Wir wer­den uns in lokale Energiekämpfe mit der Forderung nach Energiesou­veränität, nach selb­st­bes­timmter Energiepro­duk­tion, einbringen.

Herb­st 2010: Tausende Men­schen gehen beim Cas­tor­trans­port auf die Schienen, um gegen den Weit­er­be­trieb der Atom­kraftwerke zu protestieren. An ver­schiede­nen Orten wehren sich Bürg­erini­tia­tiv­en gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke, Braunkohle­tage­baue und CO2-„Endlager“. All diese Proteste richt­en sich gegen eine Poli­tik, die im Inter­esse einiger Konz­erne auf großtech­nis­che Lösun­gen set­zt. Diese Poli­tik bietet keine adäquate Antwort auf die gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen, vor denen wir ste­hen. Die sozial-ökol­o­gis­che Krise erfordert einen Struk­tur­wan­del, in dem kein Platz für große Grund­lastkraftwerke ist – egal ob mit Kohle oder Atom betrieben. Denn diese ste­hen ein­er dezen­tralen, par­tizipa­torisch gestalt­baren und flex­i­bleren  Energiev­er­sorgung im Wege.

Som­mer 2011: Nach dem Kli­macamp 2008 in Ham­burg, den Protesten gegen den Klimagipfel 2009 in Kopen­hagen und „Cas­tor? Schot­tern!“ im Herb­st 2010 rufen wir auf zum Kli­ma- und Energiecamp 2011 in der Lausitz/Brandenburg.

Was ist ein Klimacamp?

Ein Kli­macamp ist ein Raum für Ver­net­zung, Wis­sensaus­tausch und Diskus­sion sowie wider­ständi­ge Prax­is und direk­te Aktion. Dabei soll das Camp auch ein Exper­i­men­tier­feld für ein anderes Leben sein: Ressourcenscho­nen­des Leben ist ein eben­so ele­mentar­er Bestandteil des Camps wie basis­demokratis­che Selbstorganisation.

Die Bun­desregierung hat am 13. April 2011 einen Entwurf für ein Gesetz zur Demon­stra­tion und Anwen­dung von Tech­nolo­gien zur Abschei­dung, Trans­port und dauer­haften Spe­icherung von Kohlen­diox­id (CO2) beschlossen. Die Haf­tung für die risiko­r­e­ichen unterirdis­chen „End­lager” soll laut Entwurf nur während der ersten 30 Jahre bei den Energiekonz­er­nen liegen. Danach wird die Öffentlichkeit über Jahrhun­derte hin­weg für die entste­hen­den Schä­den aufkom­men müssen.

Bran­den­burg wird im Kampf gegen die unterirdis­che CO2-Ver­pres­sung das Zün­glein an der Waage sein. Denn es ist das einzige Bun­des­land, in dem die Entwick­lung von CCS von der Lan­desregierung unter­stützt wird. Die erste CCS-Demon­stra­tionsan­lage eines ‚kohlen­diox­i­dar­men Kraftwerkes’ und damit der Bau eines zusät­zlichen Kraftwerk­blocks soll im Vat­ten­fall-Braunkohlekraftwerk Jän­schwalde bis 2016 entste­hen. Erste Bau­maß­nah­men haben bere­its im Jan­u­ar 2011 begonnen. Das Kraftwerk ist der drittgrößte  Kli­makiller Europas.

Mith­il­fe der CCS-Tech­nolo­gie soll CO2 an Kohlekraftwerken abgeschieden, ver­flüs­sigt und unter die Erde gepresst wer­den. Die Risiken und Fol­gen der unterirdis­chen CO2-„Endlagerung” sind nicht kalkulier­bar. Ob das CO2 im Boden bleibt, wieder an die Ober­fläche tritt oder das Trinkwass­er verun­reinigt, ist unklar.

Die CO2-Abschei­dung am Kraftwerk führt zu riesi­gen Effizien­zver­lus­ten. Zur Pro­duk­tion der gle­ichen Menge Strom muss etwa ein Drit­tel mehr Kohle einge­set­zt wer­den. Die Tech­nolo­gie ren­tiert sich somit nur für Großkraftwerke und zemen­tiert die zen­tral­isierte Energiepro­duk­tion. Deshalb ver­ste­hen wir den Wider­stand gegen CCS und Kohlever­stro­mung als Teil von Energiekämpfen und sol­i­darisieren uns mit Atomkraftgegner_innen.

Energiekonz­erne nutzen das Scheinar­gu­ment der „sauberen Kohle“ durch CCS, um am Kli­makiller Braunkohle und den alten Struk­turen festzuhal­ten. Allein für die Braunkohle­tage­baue in der Lausitz mussten über 30.000 Men­schen in 136 Dör­fern den Bag­gern weichen. Durch die geplante Erweiterung des Braunkohle­tage­baus Jän­schwalde-Nord wür­den als näch­stes die drei Ortschaften Kerk­witz, Grabko und Atter­wasch von der Land­karte verschwinden.

Gemein­sam mit Bürg­erini­tia­tiv­en gegen CO2-”Endlagerung” und Braunkohleab­bau fordern wir einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohlever­stro­mung. Wir nehmen die Äng­ste der Men­schen im Braunkohlere­vi­er vor Arbeit­splatzver­lus­ten ernst. Doch nur wenn jet­zt der Struk­tur­wan­del ein­geleit­et wird, kön­nen rechtzeit­ig neue Per­spek­tiv­en geschaf­fen wer­den. Bran­den­burg kann eine Vor­bil­dre­gion für Energiesou­veränität und erneuer­bare Energiev­er­sorgung wer­den. Darin liegt das eigentliche Entwick­lungspoten­zial der Region und nicht am Fes­thal­ten an der Braunkohle.

Die Pro­pa­gan­da der großen Energiekonz­erne will uns vor­gaukeln, Kli­maschutz sei ohne grundle­gen­den sozial-ökol­o­gis­chen Struk­tur­wan­del in der Gesellschaft möglich. Die beste­hende, allein auf Prof­it­max­imierung aus­gerichtete, Wirtschaftsweise befind­et sich jedoch in einem unau­flös­baren Wider­spruch zu den Bedürfnis­sen der Men­schen und den ökol­o­gis­chen Rahmenbedingungen.

Wir fordern Klim­agerechtigkeit statt Wach­s­tum­szwang. Dazu bedarf es der prinzip­iellen Infragestel­lung unser­er Pro­duk­tions- und Kon­sum­muster. Die Fol­gen des Kli­mawan­dels als Kon­se­quenz von 200 Jahren Indus­tri­al­isierung im glob­alen Nor­den tre­f­fen haupt­säch­lich Regio­nen, die vom dadurch erzeugten Wohl­stand nie prof­i­tiert haben. Sol­i­dar­ität mit den Lei­d­tra­gen­den beste­ht auch in der Forderung nach Bewe­gungs­frei­heit. Wir müssen Ver­ant­wor­tung übernehmen, deswe­gen: Klim­agerechtigkeit jet­zt!
Im Kli­ma- und Energiecamp wollen wir selb­st­bes­timmt, herrschaft­skri­tisch und ressourcen-scho­nend Utopi­en, Ziele und Strate­gien für einen gerecht­en Umgang mit Energie entwer­fen. Bis­lang mar­gin­al­isierte Per­spek­tiv­en wer­den wir mit Kreativ­ität und Aktio­nen zivilen Unge­hor­sams Gel­tung ver­schaf­fen. Das Camp ist inter­na­tion­al aus­gerichtet und wird unter anderem von einem deutsch/polnischen Anti-Atom-Bünd­nis mitor­gan­isiert. Kommt vor­bei. Packt mit an. Kämpft mit. Gegen „CO2-End­lager”. Für Klim­agerechtigkeit und Energiesouveränität!

Klimagerechtigkeit – Wir unterstützen die Forderungen des internationalen Netzwerks „Climate Justice Now“:

  1. Fos­sile Energi­eträger im Boden belassen!
  2. Die Kon­trolle über die natür­lichen Ressourcen an die Men­schen und die Gesellschaft zurück­geben und die Rechte der Indi­ge­nen Bevölkerun­gen achten!
  3. Für eine lokale, nach­haltige Landwirtschaft!
  4. Die ökol­o­gis­che Schuld gegenüber den Men­schen des Südens anerken­nen und Aus­gle­ich­szahlun­gen tätigen!
  5. Keine falschen, mark­t­basierten Lösun­gen nutzen, son­dern unsere Lebens- und Pro­duk­tion­sweise ändern!
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Aufklärung gefordert

Am 23. März 2011 reichte der Bran­den­burg­er CDU-Land­tagsab­ge­ord­nete Ingo Sen­ftleben eine Kleine Anfrage an die Bran­den­burg­er Lan­desregierung ein, in der er über das “Demokratis­che Jugend­fo­rum Bran­den­burg e.V.” behauptet, der “Ver­fas­sungss­chutz beobachtet den Vere­in” (5/2995).Die Anfrage bezieht sich auf die aktuelle Spendenkam­pagne des Vere­ins, “5 Euro für Zivilge­sellschaft und gegen CDU-Pop­ulis­mus“ und ist ihm Anlass, über eine ver­meintliche Überwachung des Trägervere­ins durch den Ver­fas­sungss­chutz zu berichten. 

Das DJB e.V. wurde bis­lang in kein­er Veröf­fentlichung des Ver­fas­sungss­chutzes Bran­den­burg benan­nt. Ganz im Gegen­teil: neben zahlre­ichen Ausze­ich­nun­gen, unter anderem mit dem renom­mierten “Aach­en­er Frieden­spreis” ist das DJB e.V. über die Lan­des­gren­zen hin­aus als Urgestein der Bran­den­burg­er Demokratie bekan­nt. 1991 gegrün­det, arbeit­en in ihm seit nun­mehr 20 Jahren ehre­namtlich mehrere hun­dert Jugendliche und Erwach­sene aus unter­schiedlichen Bran­den­burg­er Städten, um Demokratie und Gerechtigkeit in Bran­den­burg stark zu machen. 

Ingo Sen­ftleben will ganz offen­sichtlich das Demokratis­che Jugend­FO­RUM Bran­den­burg e.V. und die demokratis­chen Ziele der Spendenkam­pagne dif­famieren, weil das DJB mit sein­er aktuellen Spendenkam­pagne Recht­spop­ulis­mus in Teilen der CDU prob­lema­tisiert. Noch schlim­mer: Sen­ftleben benutzt dazu ver­meintliche Infor­ma­tio­nen, die er nicht haben dürfte. 

Das ehe­ma­lige CDU Mit­glied Gisela Müller, promi­nente Unter­stützerin der Spendenkam­pagne “5 Euro für Zivilge­sellschaft und gegen CDU-Pop­ulis­mus” ist empört über das aggres­sive Ver­hal­ten des CDU-Abge­ord­neten: “Ich finde es beschä­mend, dass zivilge­sellschaftliche Spendenkam­pag­nen auf so niederträchtige Art und Weise ange­grif­f­en wer­den. Aber dieser Vor­fall zeigt ganz deut­lich, dass die CDU Bran­den­burg sehr wohl ein Prob­lem mit recht­spop­ulis­tis­chen Poli­tik­ern in ihren eige­nen Rei­hen hat.” Müller war am 9. März 2011 aus Protest gegen pop­ulis­tis­che Ten­den­zen in der Bran­den­burg­er CDU ausgetreten. 

Gisela Müller ist der Auf­fas­sung, die Ver­ant­wortlichen für diese Affäre in Bran­den­burgs CDU müssten zurück­treten, sollte sich der Ver­dacht erhärten: “Es muss geprüft wer­den, ob und wie Herr Sen­ftleben Zugang zu Geheim­di­en­stin­for­ma­tio­nen bekom­men hat und diese nun für seinen Pop­ulis­mus nutzt, oder ob er ein­fach nur lügt. In bei­den Fällen sind solche Men­schen in einem demokratis­chen Land­tag fehl am Platz.” 

Offen­er Brief an Ingo Sen­ftleben: www.giselamueller.org/offenerbrief

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Für eine lebendige Zivilgesellschaft!

Videoschnipsel

INFORIOT Rent­ner­in Gisela Müller hat genug: nach langjähriger Mit­glied­schaft in der CDU hat sie der Pop­ulis­mus aus Teilen ihrer Partei zum Aus­tritt bewegt. Anlass war die anhal­tende, sys­tem­a­tis­che Dif­famierung alter­na­tiv­er Jugend‑, Bil­dungs- und Kul­tur­pro­jek­te, welche grundle­gend für eine lebendi­ge Zivilge­sellschaft in Bran­den­burg sind. 

Alles fing für sie an mit den Angrif­f­en auf das Pots­damer Inwole vor einem Jahr (Infos hier). Das berichtete Gisela Müller auf ein­er am Mittwoch im Pots­damer Stadthaus abge­hal­te­nen Pressekon­ferenz. Nach und nach seien immer mehr Vor­fälle zum Vorschein gekom­men, welche den pop­ulis­tis­chen Poli­tik­stil einiger CDU-Poli­tik­er_in­nen deut­lich macht­en, erk­lärte Müller. Von revi­sion­is­tis­chen Äußerun­gen bis hin zu per­sön­lichen Angrif­f­en — betrof­fen davon seien Organ­i­sa­tio­nen, Vere­ine und Ini­tia­tiv­en, die sich für gesellschaftliche Teil­habe in Bran­den­burg einsetzen. 

Die gestern vorgestellte Kam­pagne will dem etwas ent­ge­gen set­zen: mit ein­er Spendenkam­pagne unter dem Mot­to “5 Euro für die Zivilge­sellschaft, 5 Euro gegen CDU-Pop­ulis­mus”, dessen Erlöse der Zivilge­sellschaft zugute kom­men. In ein­er Broschüre wer­den die einzel­nen Spenden­pro­jek­te vorgestellt. Dort ist neben ein­er kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit dem “pop­ulis­tis­chen Flügel” der Bran­den­burg­er CDU auch eine detail­lierte Darstel­lung der Dif­famierungsvor­fälle der let­zten Jahre zu find­en. Getra­gen wird die Kam­pagne von einem bre­it­en Bünd­nis, zu dem unter anderem das Demokratis­che Jugend­fo­rum Bran­den­burg und die mit ihm assozi­ierten Pro­jek­te in Bran­den­burg gehören. 

Nach der Pressekon­ferenz besuchte Gisela Müller das CDU-Büro in der Friedrich-Ebert-Straße, um dort öffentlich ihren Aus­tritt zu bekun­den: “Mit ein­er Partei, die Zivilge­sellschaft und damit Demokratie schädigt, verbindet mich nun nichts mehr. Meinen Mit­glieds­beitrag spende ich lieber an meine Enkel und an ihre demokratis­chen Projekte.” 

“Bran­den­burg­er Spendenkam­pagne für Zivilge­sellschaft und gegen CDU-Pop­ulis­mus” www.giselamueller.org

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Montagsdemonstration der Partei die PARTEI

Mit über­ra­gen­der Beteili­gung der Pots­damer Bevölkerung hat am heuti­gen Mon­tag, dem 14.12.2009, eine Demon­stra­tion der Partei Die PARTEI stattge­fun­den. Diese Demon­stra­tion aus­ge­hend vom Nauen­er Tor über die Friedrich-Ebert-Straße zur Peter-und Paulkirche, diente zur Schaf­fung von Öffentlichkeit für die Belange der PARTEI und richtete sich u.a. gegen Antikom­mu­nis­mus, für den Wieder­auf­bau der Mauer und die endgültige Teilung Deutsch­lands. Bewor­ben wurde dies u.a. mit­tels des (auf­grund von Ver­sorgungsen­g­pässen nicht einge­hal­te­nen) Ver­sprechens von Freibana­nen für die ersten ein­hun­dert Teilnehmer_innen, sowie über das soge­nan­nte Web 2.0.. Außer­dem wurde aus strate­gis­chen Grün­den ein Mon­tag gewählt, um an alte Gewohn­heit­en der Potsdamer_innen anzuknüpfen. Während des Ver­laufs der Demon­stra­tion wurde u.a. die Hymne “Die Partei hat immer recht” anges­timmt, sowie Sprechchöre wie beispiel­sweise “Erich Mielke unser Held, du wur­dest von Gott bestellt”. Von den mit­laufend­en Rentner_innen wurde ein herzhaftes “HoHo­HoChiMineh” anges­timmt. Im All­ge­meinen lässt sich die alter­stech­nis­che Zusam­menset­zung der Demon­stra­tion mit der in weit­en Teilen Ost­deutsch­lands anzutr­e­f­fend­en Land­flucht der jun­gen Men­schen erk­lären. Mit Bedauern mussten wir fest­stellen, dass sich ver­schiedene sub­ver­sive Ele­mente unter die Teilnehmer_innen gemis­cht haben um unsere Deom­stra­tion zu Vere­in­nah­men und für eigene revan­chis­tis­che Zwecke zu miss­brauchen, dies ver­stärkt im Renter_innenblock. Von diesen, ver­stärkt von ihren poli­tisch ver­wirrten Enkel_innen die u.a. der Pots­damer Neon­aziszene ange­hören bzw. Anhänger der ten­den­ziell anti­semi­tis­chen Web­site “Polit­i­cal Incor­rect” sind, wur­den von der Zeit mit­tler­weile weit über­holten Sprüche wie “Stasi Raus” gerufen. Nach klären­den Gesprächen wur­den die Störver­suche eingestellt und unsere Demon­stra­tion kon­nte friedlich fort­ge­set­zt werden.

Dazu erk­lärt der Press­esprech­er der PARTEI Raphael Stern: “Mit ein­er solch regen Teil­nahme der Potsdamer_innen an unser­er Demon­stra­tion haben wir nicht gerech­net, an diesen Erfolg wer­den wir anknüpfen und aus der Pots­damer Orts­gruppe her­aus eine Massen­partei aufbauen.”

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Auf sie mit Idyll!

INFORIOT Wiglaf Droste, Jahrgang 1961, ist Autor und Sänger. In seinen satirischen Tex­ten schimpft er über vieles und etwas sel­tener lobt er auch. Meis­tens hat er recht. Von März bis Juli diesen Jahres war Droste Stadtschreiber in Rheins­berg. Der Großstädter – lange Zeit Berlin, jet­zt Leipzig – lebte also einige Monate im kleinen Bran­den­burg. Wir haben uns bei ihm erkundigt, wie das war.

Von Wiglaf Droste erschienen zulet­zt „Im Sparadies der Friseure“ (mit sprachkri­tis­chen Tex­ten) sowie „Auf sie mit Idyll! Rheins­berg­er Bogen“ (über die Zeit in Rheinsberg).

Sie haben vor ein paar Jahren mal geschrieben: „Für Bran­den­burg gibt es nicht den ger­ing­sten Grund; Bran­den­burg existiert, weil irgen­det­was wohl um Berlin herum­liegen muss.“ Nun waren Sie Stadtschreiber in Rheins­berg. Was ist da schiefgegangen?

Schiefge­gan­gen ist nichts, ganz im Gegen­teil. Ich habe die Per­spek­tive gewech­selt; ich fuhr nicht mehr durch Bran­den­burg hin­durch, ich war dort. Und kon­nte also genau hin­se­hen. Sie zitieren aus mein­er Geschichte „Das gelbe Grauen“, die ich vor etwa sechs Jahren schrieb, als ich noch in Berlin lebte. Aus dem Blick­winkel des Rheins­berg-Bewohn­ers auf Zeit sieht dann plöt­zlich der Berlin­er ziem­lich selt­sam aus. Ich habe das in der Geschichte „Wenn der Berlin­er kommt…“ beschrieben. (Siehe let­zte Frage)

Wie kam es zur Stadtschreiberei in Rheins­berg? Wie war es?

Peter Böthig, seit 1993 Leit­er des Kurt Tuchol­sky-Muse­ums, lud mich schon vor eini­gen Jahren ein, Rheins­berg­er Stadtschreiber zu wer­den; damals hat­te ich nicht die Zeit, aber beim zweit­en Anlauf klappte es, von März bis Juli 2009 war ich dort. Und kon­nte ein klitzek­leines Biss­chen mithelfen, die „Bombodrom“-Pläne der Bun­deswehr alt ausse­hen zu lassen. Yip­pieh!

Rheins­berg ist doch ein Dorf, in das die Busse voller Senior­in­nen und Senioren nur wegen des wack­e­li­gen Schloss­es von Friedrich II. kom­men. Andere und anderes, Tuchol­sky zum Beispiel, ist kaum zu sehen und noch weniger zu spüren. Oder?

Senior­in­nen und Senioren“ entstammt dem wat­ti­gen, vernebel­nden Ver­laut­barungs­vok­ab­u­lar; reden wir doch wahrheits­gemäß über alte Leute. Die sind allerd­ings reich­lich zu Gast in Rheins­berg, oft reise­busweise und geri­atrie­far­ben ange­zo­gen, in dieser spez­fis­chen Mis­chung aus beige, grau und grün­lich, die vom Her­an­na­hen des Todes kün­det. Andere tauchen in der Form des bik­enden Fit­ness­rent­ners in entsprechend unwürdig bunter Klam­ot­tage im Städtchen auf. Sich mit der Geschichte Friedrichs in Rheins­berg zu beschäfti­gen, lohnt aber; ohne Preußen und Friedrichs Aggres­sion­spoli­tik sind auch die weit­eren deutschen Katas­tro­phen nicht begrei­flich. Das Tuchol­sky-Muse­um wird tat­säch­lich von weniger Leuten besucht; dafür aber von solchen, die ihrem Geist etwas Gutes tun wollen und nicht Nippes aus dem Andenken­laden suchen. 

Ein Lesetipp bitte: Was soll­ten wir alle von Tuchol­sky gele­sen haben?

Mit „wir alle“ weiß ich nichts anz­u­fan­gen; empfehlen kann ich Tuchol­skys Schriften von 1919 bis 1931, da war er auf der Höhe sein­er Kun­st und sein­er Kampfkraft. Seine Briefe zu lesen, die er schrieb, nach­dem er in seinen eige­nen Worten „ein aufge­hörter Schrift­steller“ war, finde ich bis heute indiskret und über­grif­fig – eben etwas für Lit­er­atur­wis­senschaftler und Journalisten.

Geht man in Bran­den­burg zur Schule, wird man beständig mit Fontane gequält. Was hal­ten Sie von dem?

In der Schule „Effi Briest“ lesen zu müssen, fand ich auch mau. Aber dass die alte Stinkepfeife Gün­ter Grass ihn „Fonty“ nan­nte, hat Fontane nicht ver­di­ent. Er ver­strömt zwar einen gehörig behäbi­gen Groß­vater­groove; wenn Sie aber ver­gle­ichend Stifter lesen, kommt Ihnen Fontane ger­adezu ras­ant vor. 

Wenn Sie bish­er über Bran­den­burg schrieben, schimpften Sie meis­tens und lobten höch­stens die niedlichen Störche. So ähn­lich machen wir das auch. Gibt es eigentlich auch etwas Pos­i­tives? Haben Sie Neues ent­deckt während der Zeit in Rheinsberg?

Es zählt nicht zu den Pflicht­en des Dichters, „das Pos­i­tive“ zu sehen oder es her­beizuschreiben. Die Wirk­lichkeit als Rheins­berg­er Stadtschreiber erwies sich als über­raschend; vor allem die Tage an und in den Seen, die aus­gedehn­ten Fahrradaus­flüge durch die Wälder, aber auch die Couragiertheit und Gewitztheit des Rheins­berg­er Enten­volkes – das alles war mir neu. Es war gut, und es tat gut.

Neben Ihnen gibt es noch einen anderen West­deutschen, der in Bran­den­burg zu tun hat und Sprachkri­tik übt, näm­lich den ehe­ma­li­gen Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm. Was hal­ten Sie von dessen Analyse: Über­all PC-Ver­bote und Zen­sur, nicht ein­mal „Neger“ darf man mehr sagen?

Was erwarten Sie denn son­st von einem deutschen Gen­er­al? Es sind heutzu­tage asoziale Flegel wie Jörg Schön­bohm, Oliv­er Pocher oder Gui­do West­er­welle, die sich damit brüsten, „nicht poli­tisch kor­rekt“ zu sein. Wer es zum Indiz der Frei­heit verk­lärt, „Neger“ sagen zu dür­fen, der hat nicht Frei­heit im Sinn, son­dern im Gegen­teil Feigheit: Der will nicht nur tak­t­los sein, wehtun und her­ab­set­zen, son­dern das auch noch ungeah­n­det tun dür­fen, als han­dele es sich um ein Grund- und Menschenrecht.

Es gibt ein neues Buch von Ihnen. Was ste­ht da drin?

Ich kön­nte diese Frage als Indiz ein­er gewis­sen Unvor­bere­it­eth­eit Ihrer­seits ver­ste­hen, aber sei’s drum: Die let­zte Pub­lika­tion ist der „Rheins­berg­er Bogen“, der eben­da ent­stand. Und darin find­et sich, neben anderem, die fol­gende Geschichte, die Ihre erste Frage beant­wortet und auch ein geeignetes Schluss­wort ist. Voilà:

Wenn der Berlin­er kommt…

Am Woch­enende und an kirch­lichen Feierta­gen über­fällt den Berlin­er der Wun­sch, ein Men­sch zu sein. Zwar hat er vor lauter Wichtigkeit vergessen, was das ist und wie das geht, aber er nimmt es sich tüchtig vor und organ­isiert es mit der ihm eige­nen Bedeut­samkeit. Mis­ter Hyde möchte wieder Dok­tor Jekyll wer­den; zwar bleibt er immer Mis­ter Hyde, egal wie humanoid er sich auch verklei­det, schminkt oder gibt, aber das weiß er nicht, ignori­ert es also fro­hge­mut, wirft sich in Freizeitschale, klemmt sich Mausi unter den Arm und knat­tert los.

Sein Ziel ist das, was er ganz selb­stver­ständlich als „Umland“

beze­ich­net; die Her­ablas­sung, die in diesem Wort steckt, ist ihm zwar nicht bewusst, aber dur­chaus so gemeint. Schließlich ist Berlin der Mit­telpunkt der Welt, um den alles andere eben herum­liegt und nur darauf wartet, mit dem Geschenk eines Besuchs beglückt zu wer­den. Wenn ein Berlin­er eine Vorstel­lung davon hätte, dass die von ihm als Rest betra­chtete übrige Men­schheit ihre eige­nen und von ihm ganz unab­hängi­gen Ziele ver­fol­gen kön­nte, dann wäre das schon sehr viel.

Der Berlin­er hat von nichts eine Ahnung, das aber laut und vernehm­lich. Er muss auch nichts wis­sen; er ist ja schon da, das genügt ihm voll­ständig und sollte auch jedem anderen ein hin­re­ichen­der Grund zur Freude sein. Und so taucht er im Städtchen auf, gern in großer Schau­macherkarre oder auch auf dem heftig pött-pöt­tern­den Motor­rad, jeden­falls so, dass man ihn optisch und akustisch wahrnehmen muss, ob man das nun möchte oder nicht. Hat er sein Sieht-mich-auch-jeder?-Vehikel abgestellt, walzt er in Zweier- oder in Vier­rerrei­he übers Trot­toir wie ein gemäch­lich­es Bre­it­wandgesäß, lässt nie­man­den passieren und hat demon­stra­tiv jede Menge Zeit.

Etwas Kon­tur­los­es, Matschiges, Sinnlos­es umwe­ht ihn; ohne sich eine

Form zu geben, würgt und wirscht er durch die Gegend und teilt der Welt in Kör­per­sprache mit: Ist es nicht her­rlich, dass ICH jet­zt frei habe? Mag sein – aber geht das die Welt irgen­det­was an? Und ist es nicht erstaunlich, wie brül­lend laut die ange­blich stumme Kör­per­sprache sein kann?

Dezente Zurück­hal­tung über­lässt der aus­flügel­nde Berlin­er anderen.

Er ist inzwis­chen im Lokal angekom­men und ver­langt Bedi­enung. Die ste­ht ihm zu, aber zack-zack. Ungläu­big und wider­willig muss der Vertreter der Aus­flugssorte Men­sch zur Ken­nt­nis nehmen, dass nicht allein er und die Seinen auf die sin­gulär außergewöhn­liche Idee ein­er Aus­fahrt kamen; viele, viele andere sind aus­ge­flo­gen, manche sog­ar schon vor ihm. Bekommt er jet­zt vielle­icht nicht sofort einen Platz und alles, worauf er ein Anrecht hat? Skan­dal? Ver­rat? Ja, auch – vor allem aber Frech­heit, jawohl: „Eine Frech­heit is dett!“

Mür­risch und kurz vor maulen ste­ht der aus­flugszielfix­ierte Berlin­er im Lokal und hüh­n­ert mit den Füßen. Beina­he schon hat er ein abschließend weg­w­er­fend­es „Also hier kannste ja ooch jar­nisch mehr hin­jehn!“ auf den Lip­pen, als er doch noch einen freien Tisch erspäht. Allerd­ings ste­ht dieser recht entle­gen halb um die Ecke, und die Rück­en­lehnen der Stüh­le sind gegen die Tis­chkan­ten gekippt. Über diese kleinen Zeichen sieht und geht der Aus­flü­gler großzügig hin­weg, eilt samt seinem Tross hinzu, rückt und ruck­elt sich das Gestühl osten­ta­tiv und aber­mals gut vernehm­lich zurecht, macht es

sich bequem und schaut mit erwartungsvoll gerun­de­tem Karpfen­mund zu

Kell­ner­in und Kellner.

Die allerd­ings haben gut zu tun, und ihre Wegschneisen liegen

abseits des Tis­ches, an dem Fam­i­lie Sitz­sack Platz genom­men hat. Die

Stim­mung am Tisch verdüstert sich; wie kann das sein? Wir sind schon zwei Minuten hier, und das Essen ste­ht noch nicht auf dem Tisch? Es wird nach Bedi­enung gewinkt, gerufen, mit den Fin­gern geschnipst und sog­ar gep­fif­f­en; auch diese groben Regelver­stöße bleiben fol­gen­los, in jed­er Hin­sicht. Nun macht der Aus­flugs­fam­i­lien­vor­stand die Angele­gen­heit zur Chef­sache, ste­ht auf, strafft sich, san­dalet­tet in einen weniger dezen­tral gele­ge­nen Bere­ich des Garten­lokals hinüber und stellt sich entschlossen und mutig ein­er Kell­ner­in in den Weg. Die, ein volles Tablett in den Hän­den, erk­lärt ihm den­noch geduldig, dass an jen­em Tisch lei­der nicht bedi­ent werde; zu diesem Zeichen habe sie ja auch die Stüh­le gegen den Tisch gelehnt.

Das Gesicht des Aus­flü­glers wird zur Bühne, auf der ein

faszinieren­des Schaus­piel sich ereignet: Zehn­telsekunde für Zehn­telsekunde kann man dabei zuse­hen, wie lange es dauert, bis der Groschen fällt. Als er durchgerutscht ist, klappt dem Aus­flü­gler der Mund auf. In wort­los­er Wut star­rt er die Kell­ner­in an, dreht sich um und macht seinem Klün­gel ein Handze­ichen, aufzuste­hen. Geräuschvoll rauscht die Truppe ab. Im Gesicht des Chefaus­flü­glers aber arbeit­et es. Seine Sprache kehrt in ihn zurück. Er dreht sich noch ein­mal um, schwillt zu voller Bedeu­tung an und entlässt den Inhalt seines Tri­umpha­torenkopfes in den Tag: „So kann ditt ja nüscht wern im Osten!“ – Nein, da muss erst ein­er wie er kom­men, bis alles so schön ist wie überall.

Was ist der Unter­schied zwis­chen Ter­ror­is­ten und Touristen?

Ter­ror­is­ten haben Sympathisanten.

 

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Arbeit & Soziales Law & Order Sonstiges

Freiraum, Freiland, Hallo Freiheit?

Seit über einem Jahr wird in Pots­dam für „Freiräume“ gekämpft. Dabei
engagieren sich altge­di­ente Szene­haude­gen und jugendliche
Partygänger_innen anscheinend gemein­sam für die gle­iche Sache – kul­turelle
„Freiräume“ inmit­ten der preußis­chen Spießere­inöde.  In der Pots­damned
haben wir dazu mehrere kri­tis­che Artikel veröf­fentlicht.
Auch wenn die meis­ten Mit­glieder der Redak­tion  den „Freiraum-Aktio­nen“
kri­tisch gegenüber­ste­hen (wobei Schärfe und Begrün­dung der Kri­tik
sich jedoch stark unter­schei­den), so hat diese Schw­er­punk­t­set­zung in
der Pots­damned ihren Grund ganz ein­fach im Redak­tion­skonzept unser­er
Zeitung: wir druck­en die Diskus­sions­beiträge und Artikel, die uns
zugeschickt wer­den. Und erhal­ten haben wir nun eben mal
auss­chließlich kri­tis­che Artikel. Oft genug haben wir an
Kneipen­tre­sen und WG-Tis­chen aber auch von Leuten gehört, dass man
das so nicht ste­hen lassen könne, dass man dazu mal was sagen möchte
– aber einen Antwor­tar­tikel schreiben: Ach nöö. All­ge­mein haben
wir den Ein­druck, dass pri­vat, in kleinem Kreis viel disku­tiert wird,
aber eine poli­tis­che Auseinan­der­set­zung, eine Diskus­sion zwis­chen den
ver­schiede­nen Akteur_innen, Grüp­pchen, Sub­szenen nicht stat­tfind­et –
obwohl einige Leute dur­chaus ein Bedürf­nis danach haben. Aus diesem
Grund wollen wir den Ort für diese Debat­te schaf­fen, wo alle, die
sich über die Pots­damer „Freiraum-Bewe­gung“ und die von uns
veröf­fentlichte Kri­tik daran auseinan­der­set­zen wollen, dies direkt
tun kön­nen. Dazu haben wir Leute, Grup­pen und Zusam­men­hänge
ein­ge­laden, die sich in der „Freiraum-Bewe­gung“ engagieren oder
diese kritisieren…und Dich!

Wenn Du dabei sein willst, dann:

Dien­stag, 27.10.09, Freie Bib­lio­thek „konte[:x]t, 19.00 Uhr

PS: Die Pots­damned-Artikel zum The­ma kannst du auf unserem Blog –
www.potsdamned.blogsport.de – nach­le­sen. Oder auf der infori­ot-Son­der­seite
zur „Freiraum-Diskus­sion“, der Ban­ner dazu find­et sich gle­ich auf der
Start­seite.

Kon­takt:

potsdamned@riseup.net (gern ver­schlüs­selt; unseren pub­lic key gibt’s hier:
www.inforiot.de/material/potsdamned.asc)

oder

pots­damned“
c/o konte[:x]t Pots­dam
Her­mann-Elflein-Straße 32
14467 Pots­dam

Inforiot