Nachdem die kleine Gemeinde Karstädt (Landkreis Prignitz) im Juli 2014 mehrere syrische Flüchtlingsfamilien aufgenommen und ihnen Wohnraum zur Verfügung gestellt hatte, hetzte plötzlich eine Socialmedia-Kampagne mit dem Namen „Karstädt WEHR DICH“ via Statements im Internet und Flyern als Postwurfsendung gegen die Asylsuchenden. Darüber hinaus tauchten Anti-Asyl Sticker an Straßenleuchten und gesprühte NS Schmierereien am Bahnhof und im Neubauviertel auf.
Bürgerversammlung im Landgasthaus
Am Mittwochabend fand deshalb von 18.00 bis 19.00 Uhr eine Bürgerversammlung zum Thema „Wohin mit Flüchtlingen und Asylsuchenden“ in einem Landgasthaus in Karstädt statt. Auf dem Podium saßen der Bürgermeister, Vertreter_innen der Arbeiterwohlfahrt (Awo), der Polizei, des Landkreises, der Wohnungsbaugenossenschaften, von KiTas und Grundschulen. Im Publikum saßen ungefähr 100 Menschen, wovon sich mindestens zwei Personen durch ihren auffälligen THOR STEINAR Dress als Sympathisanten des neonazistischen Milieus zu erkennen gaben. Ob sie für „Karstädt WEHR DICH“ dort saßen blieb unklar, sie äußerten sich an dem Abend zu keiner Thematik.
Überhaupt spiegelte der Output der lokalen Hetzkampagne gegen Asylsuchende nicht die Stimmlage auf der Versammlung wieder. Im Gegenteil, die Karstädter gaben sich eher recht aufgeschlossen gegenüber der Aufnahme der Flüchtlinge im Ort. Sicherlich wären dem Bürgermeister, als CDU-Mann, Menschen mit christlicher Religion lieber gewesen, so sein Statement während der Versammlung, trotzdem hatte er sich aber bereits im Juli dazu bereiterklärt, die Syrer in seiner Gemeinde aufzunehmen.
Ausländerfeindlichkeit oder gar Rassismus war hingegen auf der Bürgersammlung nicht zu spüren. Kritik gab es nur am Management und zwar im Hinblick auf die Kommunikation mit den Behörden. Vor allem der Sprachunterschied bereitet immer wieder Probleme. Es gibt keine Dolmetscher im Kreis. Eine Person aus der Kreisstadt Perleberg, die ehrenamtlich übersetzt, bleibt zu dem auf dem größten Teil ihrer Kosten sitzen. Beklagt wurde in diesem Zusammenhang, dass Dolmetscherleistungen weder vom Landkreis, noch vom Land und auch nicht vom Bund gefördert werden.
In den KiTas und Grundschulen, in denen die Kinder der Syrer integriert wurden, gibt es ebenfalls noch sprachliche Barrieren, so die Erzieher und Lehrer. Allerdings seien die Menschen aus der Ferne sehr nett und für Selbstverständliches äußerst dankbar. Auch die syrischen Schulkinder machen Fortschritte, so eine Vertreterin der Grundschule. Jedoch würde sie sich ebenfalls über mehr Unterstützung durch das Schulamt, insbesondere im Hinblick auf die Unterrichtung der Flüchtlingskinder in deutscher Sprache, freuen.
Trotzdem helfen die Einwohner der Gemeinde gerne, wo es geht, so jedenfalls der Eindruck auf der Versammlung. Auch eine direkte Nachbarin der Syrer meldete sich zu Wort und gab an, dass sie die Flüchtlinge bereitwillig unterstütze. Sie bestätigte ebenfalls die Freundlichkeit der Familien, ihre Dankbarkeit und ihren Integrationswillen.
Weitere Flüchtlinge werden im Kreis erwartet
Im gesamten Landkreis Prignitz (78.000 Einwohner_innen) leben zurzeit 260 Asylsuchende, so ein Vertreter des Kreises während der Bürgerversammlung. Bis Ende 2014 sollen noch einmal 82 folgen, davon zwölf Flüchtlinge aus Syrien. Die Betreuung der Asylsuchenden obliegt der Awo.
Im nächsten Jahr werden weitere Menschen erwartet, die in der Prignitz Asyl suchen oder als Flüchtlinge geduldet werden sollen.
Neonazistischen Aktivitäten im Ort
Zur Sprache kam während der Bürgerversammlung auch noch einmal die im Oktober 2014 von Neonazis durchgeführte „Mahnwache“ in Karstädt. Diesbezüglich betonte der Bürgermeister, dass die „freien Prignitzer oder wie die heißen“ (gemeint sind offenbar die „Freien Kräfte Prignitz“, die sich im Internet zu der Kundgebung bekannten) ihren Sitz in Lanz, einer kleinen Gemeinde zwischen den Städten Lenzen/Elbe und Wittenberge, hätten.
Ein Vertreter der Polizei ergänzte weiterhin, dass an der Versammlung in Karstädt elf Personen teilgenommen hatten und nach Beendigung der Veranstaltung, ohne Vorkommnisse, wieder abreisten. Die Beamten haben zu dem Präsenz gezeigt bzw. schützende Maßnahmen ergriffen, um die Versammlungsteilnehmer vor eventuellen „Gegnern“ zu schützen, so der Polizist auf dem Podium.
Daraufhin wollte ein Teilnehmer der Bürgerversammlung vom Vertreter der Polizei wissen, was eigentlich gegen die „ewig gestrigen“ (gemeint waren die Neonazis) selber unternommen werde. Hier würde alles zur Verfügung stehende „know how“, also sowohl Personal, als auch Technik gegen die Straftäter_innen eingesetzt, so der Beamte.
In Bezug auf die jüngsten Sprayereien in Karstädt, darunter auch Hakenkreuze, konnte so bereits ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Bei diesem fand auch eine Hausdurchsuchung statt.
Bernau — Am Mittwochnachmittag haben Neonazis der NPD, der “Barnimer Freundschaft” und “A3stus” versucht in unseren Jugendtreff einzudringen. Für uns ist das eine neue Stufe der Bedrohung, denn nun werden auch unsere täglichen Besucher_innen, Kinder und Jugendliche, die den Jugendtreff als Schutz- und Freiraum besuchen, akut gefährdet.
Das schnelle Regieren unserer Sozialpädagog_innen hat vermutlich Schlimmeres an diesem Mittwoch verhindert. Die sieben Neonazis wurden bereits am Eingang abgefangen und ihnen wurde der Zutritt in den Jugendtreff verwehrt. Einer der Neonazis, Marcel Zech, NPD Gemeindevertreter in Panketal und Aktivist der gewalttätigen Neonaziclique “Barnimer Freundschaft”, hielt die Tür energisch fest und wollte sich Zugang ins Gebäude verschaffen. Erst nachdem ihnen mit Polizei gedroht wurde, ließ er von der Tür ab. Nachdem die Tür versperrt war, machte Aileen Rokohl, NPD Stadtverordnete in Bernau, Fotos durch das Fenster und postierten sich gemeinsam mit den anderen Neonazis an der Ausfahrt des Jugendtreffs. Später erfuhren wir, dass die Gruppe ebenfalls über das Stadtarchiv, mit dem wir das Gebäude teilen, Zutritt zum Jugendtreff verlangt hatten.
Mehrere Angriffe durch Barnimer Freundschaft
Es ist nicht die erste Aktion der Neonazis. Wir kennen sie, da sie mehrfach involviert waren in Angriffe auf Jugendliche des Treffs und auf das Gebäude selber. Dazu zählen tätliche Übergriffe während des Hussitenfests 2012, mehrmalige Bedrohungssituationen und Störungen von Veranstaltungen in den letzten drei Jahren — zuletzt im September bei einer Kundgebung des Netzwerks für Weltoffenheit — sowie mehrere Schmierereien und Sachbeschädigungen an unserem Gebäude, dem Auto einer Angestellten und dem Auto des Vereins. Dies ist jedoch das erste Mal, dass sie sich tagsüber Zugang zum Jugendtreff verschaffen wollen.
Gleiche Clique bei Hooligandemo
Nicht nur in Bernau treiben eben jene Neonazis ihr Unwesen. Auch außerhalb der Kleinstadt sind sie aktiv: So war Patrick Killat, Rapper von “A3stus” zuvor bei der äußert gewaltsamen Demonstration der so genannten “Hooligans gegen Salafisten” in Köln. Erst am letzten Sonntag waren Aileen Rokohl und die anderen Neonazis in Berlin unterwegs und beteiligt an Ausschreitungen gegen die Polizei am Bahnhof Alexanderplatz.
Die Vielzahl an Vorfällen macht die Gefahr durch diese Gruppe äußerst deutlich und in diesem Kontext muss diese Aktion gesehen werden.
Der versuchte Angriff der Neonazis ist nicht hinzunehmen! Der Jugendtreff DOSTO ist ein Raum, in dem sich Kinder und Jugendliche angstfrei bewegen wollen. Der Besuch der Neonazis war eindeutlicher Einschüchterungsversuch!
Jugendbildungs und Freizeitinitiative Bernau e.V.
INFORIOT — Es nimmt kein Ende: Nach mehreren Enthüllungen über die rechten Aktivitäten der neuen Landtagsabgeordneten der Brandenburger Alternative für Deutschland (AfD) werden nun weitere Verstrickungen in die extreme Rechte deutlich. Neueste Episode: ein Ehepaar aus Bad Belzig, das für die AfD in Potsdam-Mittelmark kandidierte. Ein etwas näherer Blick auf das Paar offenbart einen schwer erträglichen Mix aus Beleidigungen gegen die Brandenburger Bevölkerung, Adels-Snobismus und einem kruden Germanenkult.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres trat der AfD’ler Baron Arpad von Nahodyl-Nemenyi für den Kreistag Potsdam-Mittelmark als auch für die Stadtverordnetenversammlung Bad Belzig an. Der Baron fungiert nebenbei unter dem Namen Geza von Nemenyi als Chef der „Germanischen Glaubensgemeinschaft“ (GGG). Auch auf der Wahlliste stand seine langjährige Lebensgefährtin und inzwischen Ehefrau Catrin (geborene Wildgrube).

Adeliger Wahnwitz in der AfD
Arpad von Nahodyl ist nur einer von mehreren Adligen in der Funtionärsriege der Brandenburger AfD. Aber vermutlich der Einzige, der über seine Blaublütertum ein Buch geschrieben hat. Sein Ende 2013 erschienenes Buch „Adliges Bewusstsein“ strotzt vor kruden Thesen. Beispielsweise beklagt er „fehlenden Respekt“ der Bevölkerung gegenüber dem Adel.
Über das Leben in Brandenburg schreibt er: „Aber hier in Mitteldeutschland, wo ich jetzt lebe, kennen sich nur sehr wenig Menschen mit den feinen Umgangsformen aus. Die Mehrheit sind ‚Bauern‘ oder Nachkommen von Bauern, in keiner Weise fein.“ Das ist nichts weniger als eine knackige Beleidigung der Brandenburger Bevölkerung. Die Rede von Brandenburg als Teil von „Mitteldeutschland“ ist hingegen strammes, extrem rechtes Vokabular und deutet darauf hin, dass die Existenz der Oder-Neiße-Grenze von Nahodyl nicht akzeptiert wird.
Im Buch heißt es weiter: „Das Adelssystem ist ein hierarchisches System: Man anerkennt, daß einzelne Menschen einen höheren Status haben, als andere.“ Kritik an solchem Denken wäre unfair, denn sie käme nur „von Menschen des unteren Status“, die „ein Umkehren der Verhältnisse“ bezwecken. Bezogen auf seinem Leben in Brandenburg wird er noch deutlicher: „Ich selbst habe in dem Dorf, wo ich jetzt wohne, erlebt, wie man mich in ähnlicher Weise nicht dem Rang entsprechend behandeln wollte.“

Germanische Glaubens-Gemeinschaft
Mehr noch: Nahodyl ist unter dem Namen Geza von Nemenyi Gründer der „Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ (GGG), einer germanisch-heidnischen Sekte, die in ihrem Logo den in der Naziszene beliebten Thorhammer verwendet. Die GGG beruft sich auf die historische, 1913 gegründete „Germanische Glaubensgemeinschaft“ um den Dichter Ludwig Fahrenkrog. Fahrenkrog sah das sich auf dem Judentum aufbauende Christentum als den Germanen wesensfremd an.
AfDler Geza von Nemenyi, der sich als „Gode“, als “germanischer Priester“, versteht, gründete 1991 die GGG als Verein in Berlin. Als „Allsherjargode“ ist Nemenyi Leiter des sogenannten Godenrates und damit Anführer der GGG. Die Sekte hat ihre Anschrift in Bad Belzig. Im Vorstand der GGG ist auch Nahodyls Ehefrau Catrin von Nahodyl-Nemenyi vertreten.
Hexe Bjarka auch bei AfD
Wie ihr Ehemann ist auch Catrin von Nahodyl-Nemenyi Buchautorin — 2004 veröffentlichte sie das Buch „Die Welt der Hexen“. Als Beruf gibt die 46-jährige ist “Astrologin” an. Sie tritt als „Hexe Bjarka“ auf und äußerte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Das Hexen liegt ein bißchen in der Familie. Meine Tante hat mir beigebracht, Karten zu legen, als ich zwölf war. Mit Skatkarten.“ Aus der FAZ erfährt man, das Hexe Bjarka Beraterin bei Questico war, einem Portal für HellseherInnen.
Bereits Ende 1999 in einem internen Schreiben an Mitglieder der GGG wird der Umzug von „Geza und Catrin in das Brandenburger Umland“ beklagt. Im Dezember 2013 sieht man sie — Geza diesmal als Baron Arpad von Nahodyl — in der VOX-Sendung „Mieten.Kaufen.Wohnung“ auf der Suche nach einer neuen Wohnung in Berlin. Zurück nach Berlin zog es sie offenbar nicht, so leben sie weiterhin im Bad Belziger Ortsteil Werbig.



Für das Jahr 2015 widmet die Landeshauptstadt Potsdam ihre Jahreskampagne – unter dem Motto “Potsdam bewegt” – dem Sport. Sport sei wichtig für die Lebensqualität der Stadt und außerdem habe Potsdam viel zu bieten auf diesem Gebiet, heißt es in der Selbstbeschreibung. [1]
Auch aus antifaschistischer Perspektive eine interessante Sache, hatte Potsdam in den letzten Jahren doch tatsächlich einiges zu bieten – allerdings nicht so, wie die Köpfe hinter der Kampagne “Potsdam bewegt” sich das gedacht haben. Wir fingen Anfang 2012 an, über verschiedene Potsdamer Neonazis in unterschiedlichen Sport‑, meist in Fußballvereinen, zu berichten. Bereits in den Jahren zuvor berichtete das Antifaschistische Pressearchiv Potsdam in seinen Jahresberichten von Neonazi-Fußballturnieren, an denen sich Potsdamer Neonazis beteiligten oder diese selbst organisierten. [2]
Zuletzt veranstaltete der Landesverband der “Junge Nationaldemokraten” (JN) Brandenburg am 31. März dieses Jahres ein Fußballturnier, an dem sieben verschiedene Teams, darunter auch eines aus Potsdam und ein weiteres aus Potsdam-Mittelmark, teilnahmen. Letzteres belegte dabei den ersten Platz und konnte sich im Finale gegen die Junioren-Mannschaft des “Bunker 88? aus Lübben (Dahme-Spreewald) durchsetzen.
Veranstaltungen wie diese dienen neben dem Spaß am Spiel und Sport auch der Stärkung einer ideologisierten Vorstellung der Körperzüchtigung. Vor allem aber dienen sie der Vernetzung von Neonazigruppierungen und nicht, oder nur lose, organisierten Neonazis. Eine Bindung an die JN bzw. die NPD oder Nicht-Partei-Strukturen ist die Hoffnung der Organisator_innen solcher Turniere.
Die in den letzten zwei Jahren daraufhin als Reaktionen veröffentlichten Statements, Pressemitteilungen und Artikel verschiedener Organisationen und Vereine offenbaren unserer Meinung nach allerdings ein Verständnis der Thematik, welches wir als ein Symptom des Problems wahrnehmen, das es eigentlich anzugehen gilt.
Verschiedene Vereine und Einrichtungen (u.a. Jugendclub Alpha, Treffpunkt Fahrland, MBT Potsdam, Stadtsportbund Potsdam, Landessportbund Brandenburg, Sportschule Potsdam) erarbeiteten bereits im Mai letzten Jahres eine “Handlungsmatrix”, die einen Umgang “mit Vorwürfen rechtsextremistischer Betätigung in öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen” erleichtern soll.
Das von den Vereinen sowie dem Stadt- und Landessportbund vorgeschlagene, diskutierte und offenbar bis heute praktizierte Vorgehen ist unserer Ansicht nach deshalb so kritikwürdig, da es die eigentlichen Probleme verschleiert und zu kritisierende Positionen dethematisiert; also an den völlig falschen Stellen ansetzt. Es geht auf zwei A4-Seiten “Handlungsmatrix” eben nicht darum, wie mit der Person, der neonazistische Aktivitäten vorgeworfen werden, umgegangen wird, sondern lediglich um den Umgang mit den Vorwürfen. Feigenblattpolitik kann schwer greifbarer illustriert werden.
Instrumentalisierung von Migrant_innen zur Dethematisierung rassistischer Verstrickungen
Immer wieder fällt uns auf, so auch in den hier verhandelten konkreten Fällen, dass die auf die Neonazis in ihren Vereinen und Initiativen Angesprochenen mit dem Scheinargument der doch “im Verein integrierten Migrant_innen” reagieren – eine Anspielung auf die Repräsentation einer vorgeblichen Offenheit und Diversität.
Dabei sind für uns zwei Aspekte problematisch: Einerseits spielt die Tatsache, dass Migrant_innen ebenfalls in den Vereinen sind, keine Rolle. Dies ist noch keine klare Aussage über den Charakter der Vereine und sagt ebenso nichts über das Wirken der Neonazis innerhalb der Vereine aus. Darüber hinaus können auch aktive Neonazis mit Migrant_innen befreundet sein, sie zumindest tolerieren oder sich einfach im Kontext ihres eigenen Sportvereins zurücknehmen.
Das zweite, und unserer Ansicht nach noch problematischere an diesem Argument ist die dabei aktiv vorgenommene VerAnderung der vermeintlichen Migrant_innen. Mit dem Begriff der VerAnderung (vgl. “othering”) ist hierbei gemeint, dass die als nicht weiß und damit “nicht deutsch” wahrgenommenen Jugendlichen, von denen in vielen Fällen überhaupt nicht bekannt ist, ob sie Migrant_innen sind, also z. B. vielleicht eine Migrationsgeschichte in der ersten oder zweiten Generation haben [3], und in vielen Fällen durch ihr Äußeres zu Migrant_innen gemacht werden, also in der Konsequenz durch rassistische Zuschreibungen erst als diese hergestellt werden.
Wenn diese Konstruktion des Migrant_innen-Begriffs Anwendung findet, so befinden wir uns klar im Fahrwasser rassistischer Diskurse und Produktionen einer weißen [4] Mehrheitsbevölkerung gegenüber den vermeintlich “Anderen”. Dass und wie diese “Anderen” dabei hergestellt werden, ist eines dieser von uns benannten Symptome des Problems, das hier eigentlichen angegangen werden soll.
*Sozialarbeit lieber den Sozialarbeiter_innen überlassen?*
Ein weiteres unserer Meinung nach gefährliches und unreflektiert vorgebrachtes Argument ist, was sich im Titel “Die eine und die andere Hand” eines Artikels der Lausitzer Rundschau (LR) vom 27. Oktober 2013 verbirgt, der sich mit den von uns veröffentlichten Tatsachen um den Potsdamer Neonazi Thomas Pecht beschäftigt. Hierin wird Markus Meyer, der Vorsitzende des Vereins “SG Eintracht 90 Babelsberg”, in dem der besagte Neonazi spielt, zitiert: “Wenn wir unsere Hand von ihm wegziehen, dann bleibt ihm doch nur noch die andere.” [5] Damit spielt er auf die vermeintliche Verantwortung des Vereins gegenüber dem Neonazi Pecht an und meint zu wissen, dass dieser sonst noch mehr Zeit für die Neonaziszene hätte.
Dass dieses Argument, bei dem sich der Verein als letzte Instanz vor Pechts “Abrutschen” in die Neonaziszene ausgibt, angesichts der tiefen Verstrickungen ihres Stürmers in die organisierte völkische Neonaziszene Potsdams, Brandenburgs sowie darüber hinaus und seine eigenen Kadertätigkeiten in verschiedenen Neonazigruppierungen wie ein schlechter Witz klingt, täuscht beinahe darüber hinweg, dass dies vermutlich ernst gemeint war.
Wir lehnen diese Umgangsweise strikt ab. Wer glaubt an dieser Stelle eine sozialarbeiterische Praxis anzuwenden, die maximal bei so genannten Mitläufer_innen greift, die_der hat entweder sehr wenig Wissen über die deutsche Neonaziszene oder bewegt sich dabei bewusst auf einem sehr schmalen und gefährlichen argumentativen Pfad. In jedem Fall ist es eine Überschätzung der eigenen sozialpädagogischen Kompetenzen und eine absolute Fehleinschätzung der Situation. Nicht ohne Grund hat das Konzept der so genannten akzeptierenden Jugendarbeit bezüglich rechter Cliquen und Neonazis in der Vergangenheit mehr als deutlich versagt und wird von Expert_innen und Pädagog_innen seit vielen Jahren nicht mehr propagiert; wenn auch, wie im offenbar unbelehrbaren Jugendclub Treffpunkt Fahrland e.V., noch praktiziert.

In der Bildunterschrift eines Mannschaftsfotos, was im Zuge der Auseinandersetzungen um das Thema entstanden ist, heißt es: “Gesicht und Haltung zeigen – auch mit einem Rechtsextremisten im Verein. Der Fußballverein Eintracht 90 Babelsberg mit Banner des Landessportbundes.”
Was hier als vermeintlich selbstbewusster Umgang mit einem widersprüchlichen Thema suggeriert wird, resultiert unserer Ansicht nach aus einer verschobenen Perspektive, die zu einer Dethematisierung führt.
Dass Pecht keine Lust hatte, auf dem Foto zu sein, ist aus seiner Perspektive konsequent und nicht verwunderlich. Dass dies darüber hinaus auch ein klares Statement seinerseits ist, wird nicht gesehen oder verschwiegen. Wenn sich ein aktiver Neonazi zu solch einer Positionierung nicht verhält und fernbleibt, ist das kein Zufall, sondern ein klares Statement. Desweiteren ist das Foto ein, wenn auch vorgeblich kritisches, Bekenntnis zum Neonazi Pecht seitens des Vereins und verschleiert einen Nicht-Umgang mit der Thematik.
Wir denken, dass dies genau der falsche Umgang der “Sportgemeinschaft Eintracht 90 Babelsberg” mit diesem Problem ist und meinen auch, dass diese beim Fall Thomas Pecht nicht um einen Vereinsausschluss herumkommt. Alles andere wäre so skandalös, wie die Situation bereits seit mindestens März 2012, genauer gesagt aber seit Pechts Beginn bei der “SG Eintracht” vor über sieben Jahren, ist. [6]
“[S]olange er sich an die Regeln hält”, so der Vereinsvorsitzende Meyer, wollen sie ihn nicht ausschließen. Damit bezieht er sich offenbar auf die Regeln, die für das Spiel an sich gelten – nicht solche, die einen möglichst diskriminierungsarmen Umgang innerhalb der Gesellschaft gewährleisten könnten. Menschenverachtende Ideologie, wie Pecht sie vertritt, steht diesen Zielen konfrontativ gegenüber.
*Foulspiel der Potsdamer Antifa oder legitime Grätsche gegen Mario Schober?*
In der Tageszeitung PNN wird Anfang Juni 2014 über eine Sprühaktion an einem Sportplatz am Stern berichtet. Darin heißt es: “Unbekannte haben auf der von dem Verein genutzten Sportanlage in der Newtonstraße in Großbuchstaben das Wort ‚Naziunterstützungsverein‘ gesprüht.” [7] Weiter heißt es in dem PNN-Artikel: “Fortuna-Schatzmeister und Vorstandsmitglied Gert Laßmann sagte, es sei ihm ‚völlig schleierhaft, warum unser Verein in die Naziecke gestellt wird‘. So sei Fortuna am Bundesprogramm ‚Integration durch Sport‘ beteiligt, viele Kinder in den Jugendmannschaften hätten einen Migrationshintergrund.”
Unsere Kritik, zumindest was den letzten von Laßmann vorgebrachten Punkt angeht, dürften wir bereits klargemacht haben. Auch dass ihm “völlig schleierhaft” sei, warum der Verein “in die Naziecke gestellt wird”, ist uns völlig schleierhaft. Denn die Kritik am Torwart der 2. Männer-Mannschaft Mario Schober sollte ihm spätestens seit dem Februar 2012 bekannt sein. [8]
Insgesamt ist festzustellen, dass Potsdam sich überhaupt nicht bewegt. Seit Jahren sind aktive Neonazis in Vereinen und werden dort nicht nur geduldet, sondern seit den öffentlichen Debatten auch noch aktiv in Schutz genommen. Aber nicht nur das, es wird sich weiterhin problematischer rassistischer Argumentationslinien bedient, die meinen, weil Menschen als Migrant_innen wahrgenommen würden, bedeute dies ein Vorfinden einer toleranten Vereinsstruktur. Dabei wird nicht erkannt, dass schon das Vorbringen eines solchen Arguments rassistische Bilder erzeugt und Gruppen wie “Wir-Deutschen” und “Die-Migrant_innen” schafft. Sich solcher platten Bilder zu bedienen und dabei zu verteidigen, dass Neonazis in den Vereinen aktiv sind, zeigt einmal mehr, wohin sich hier die Sportvereine Potsdams bewegen: ins Abseits.
[1] http://www.pnn.de/potsdam/880836/
[2]
a. http://arpu.blogsport.eu/2012/02/20/cheer-for-ns-potsdamer-neonazi-mario-schober/
b. http://arpu.blogsport.eu/2012/02/22/neonazi-mario-schober-mehr-als-unglaubwurdig-verein-verharmlosend/
c. http://arpu.blogsport.eu/2012/03/27/thomas-pecht-volkssport-fur-die-volksgemeinschaft/
d. http://arpu.blogsport.eu/2012/05/30/gewaltromantik-trifft-auf-neonazidenken-crimark-neonazi-hools-in-rot-weis/
e. http://arpu.blogsport.eu/2012/06/04/schober-und-pecht-noch-immer-etabliert-vereine-hofieren-neonazis/
f. http://arpu.blogsport.eu/2013/04/08/potsdamer-neonazis-auch-2013-sportlich/
g. http://arpu.blogsport.eu/2013/04/29/stadtsportbund-unterstreicht-seine-ohnmachtigkeit-gegen-neonazis-in-den-eigenen-reihen/
und http://apap.blogsport.eu/publikationen/
[3] Hier eröffnet sich die Frage, bis wann Menschen, deren Eltern oder Großeltern eine Migrationsgeschichte haben, selber Migrant_innen bleiben oder eben einfach Menschen mit der Staatsbürgerschaft ihres jeweiligen Geburts‑, also Herkunftslandes sind.
[4] Der Begriff wird hierbei nicht als Markierung einer Hautfarbe, sondern als soziale Positionierung verstanden.
[5] http://www.lr-online.de/regionen/cottbus/Die-eine-und-die-andere-Hand;art1049,4370586
[6] http://arpu.blogsport.eu/2012/03/27/thomas-pecht-volkssport-fur-die-volksgemeinschaft/
[7] http://www.pnn.de/potsdam/861186/
[8] http://arpu.blogsport.eu/2012/02/20/cheer-for-ns-potsdamer-neonazi-mario-schober
Die Demonstration soll den öffentlichen Raum nutzen, um dem Rassismus in Cottbus eine bunte Feier verschiedener Lebensentwürfe entgegenzusetzen. Für die Organisierenden ist es wichtig, sich mit den von Rassismus Betroffenen solidarisch zu zeigen. „Die Antwort auf Rassismus ist das gemeinsame Leben von Alternativen – und dazu gehört auch feiern. So wollen wir Angsträume vor allem für Geflüchtete und internationale Studierende in Cottbus abbauen“, so Jakob Lupus von Cottbus Nazifrei!.
Rassismus ist ein Phänomen, das beständig aktuell ist – auch in Cottbus und der Region, was Beispiele belegen. Erst letzte Woche wurde der Antrag einer Gruppe von Geflüchteten aus Eritrea abgelehnt, die nach Cottbus umziehen wollten. Die jungen Männer sind zur Zeit in Guben untergebracht, sind dort allerdings massiven rassistischen Beleidigungen und Übergriffen ausgesetzt. Gleichzeitig berichten nicht-weiße Studierende, dass sie immer wieder von gezielten Personenkontrollen am Bahnhof betroffen sind. „Selbst wenn ich mit weißen Freunden unterwegs bin, werde ich als Einziger kontrolliert, was offensichtlich an meiner Hautfarbe liegt,“ so ein internationaler Studierender, der lieber anonym bleiben möchte. Diese rassistischen Kontrollen, auch racial profiling genannt, wurden schon von mehreren Gerichten als gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend verurteilt, finden jedoch nach wie vor statt. „Solange rassistische Kontrollen durch die Polizei stattfinden und Geflüchteten Schutz durch die Stadt Cottbus verwehrt bleibt, werden wir weiter gegen den alltäglichen Rassismus in unserer Stadt auf die Straße gehen müssen und unsere Füße nicht still halten.“, so Lupus weiter.
Auf dem Campus der BTU wird es ab 19.00 Uhr ein Vorprogramm geben. Der Startpunkt der Demonstration ist bewusst gewählt, denn Hochschulen sind ein selbstverständlicher Ort interkulturellen Lernens und Lehrens. Nach dem Zug quer durch die Cottbuser Innenstadt und einer Zwischenkundgebung am Stadthallenvorplatz, endet das Ganze mit einer Tanz-Kundgebung vor dem Staatstheater und wird mit einer Aftershow-Party im Scandale bis in die Morgenstunden fortgesetzt.
Die Nacht&Tanz&Demo für ein grenzenloses Leben ohne Rassismus wird gefördert vom Studierendenparlament der BTU Cottbus-Senftenberg.
Weitere aktuelle Informationen gibt es unter www.cottbus-nazifrei.info
Specher*innenrat, Telefon: 0152–23631243, E‑Mail: kontakt@cottbus-nazifrei.info
Unter dem Motto „Unser Signal gegen Überfremdung“ führte die NPD heute in zwei Städten im Landkreis Ostprignitz-Ruppin Kundgebungen durch. Auf dem Marktplatz in Wittstock/Dosse versammelten sich ungefähr 100 Sympathisanten der Partei, in der Otto Grotewohl Straße in Neuruppin ungefähr 25. Gegen beide Kundgebungen gab es Protestaktionen von Antifaschist_innen und der Zivilgesellschaft.
In Wittstock/Dosse wurde der Kundgebungsplatz der NPD mit Bauzäunen eingefriedet und daran Plakate und Transparente gegen Neonazis und Gewalt, für Vielfalt und Toleranz angebracht. Ungefähr 40 Bürger_innen, darunter auch der Wittstocks Bürgermeister Jörg Gehrmann, sowie 20 Antifaschist_innen protestierten zu dem auf Augenhöhe gegen die neonazistische Versammlung. Plakate gegen Nazis wurden gezeigt und die Redner der NPD Veranstaltung ausgepfiffen.
In Neuruppin organisierte das lokale Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ die Proteste. An diesen beteiligten sich ungefähr 25 Menschen, also ebenso viele wie an der NPD Kundgebung teilnahmen.
Entwicklungen in Wittstock/Dosse
Nachdem die NPD oder dieser Partei nahestehende Personen bereits im vergangenen Jahr vor allem in den Landkreisen Oberhavel, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Dahme-Spreewald so genannte „Nein zum Heim — Bürgerinitiativen“ initiierte, zogen jetzt lokal organisierte Neonazis im Nordwesten Brandenburgs nach. In Karstädt (Prignitz) existiert mit „Karstädt WEHR DICH“ seit dem 25. Juli 2014 eine dem örtlichen Neonazimilieu entsprungene Kampagne, in Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) mit der Initiative „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ seit dem 6. November 2014 eine weitere. Letzt genannte hat im sozialen Netzwerk bereits über 900 „gefällt mir“ Markierungen. Die Message der Betreiber richtet sich, wie in Karstädt, nur zweitrangig gegen die Unterbringung der geflüchteten Menschen, hauptsächlich wird gegen die Asylsuchenden selber gehetzt. „Wir sind aufgebrachte Bürger Wittstocks und wir wollen KEINE Flüchtlinge“, so die Parole einer „Aktionsgruppe Wittstock/Dosse“ auf einer Fotomontage auf der Internetpräsenz der Wittstocker Initiative.
Das plötzliche Auftreten von „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ scheint mit der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen im Stadtgebiet zusammenzuhängen. Die Stadt Wittstock/Dosse hatte sich nämlich am 24. Oktober 2014 dazu bereit erklärt, den Landkreis Ostprignitz-Ruppin hierbei zu unterstützen. Zunächst sollen die Flüchtlinge übergangsweise in einer Jugendherberge unterkommen, ab Dezember 2014 jedoch auf „geeigneten und angemessenen Wohnraum“ verteilt werden.
Den Neonazis im Ort, allen voran ihrem mutmaßlichen Anführer Sandy Ludwig, der sich im sozialen Netzwerk unter seinem Spitznamen „Lui“ als Person des öffentlichen Lebens vorstellt und dort auch erlaubt ihn als „Nazi“ zu bezeichnen, scheint dies jedoch überhaupt nicht zu schmecken, sehen sie doch dadurch die Existenz „Deutschlands“ gefährdet.
Schon seit Wochen postet „Lui“, der eigentlich Tätowierer ist, beispielsweise zu diesem Thema auf seiner Seite und sieht sich dabei offenbar selbst als „Kämpfer“. Seit 2012 ist er wieder oft bei Neonaziaufmärschen in der Region zu sehen und sympathisiert mit dem militanten „Nationalkollektiv Weisse Wölfe Terrorcrew“ aus Hamburg. 2014 nahm er u.a. an neonazistischen Versammlungen in Wittenberge, Bad Wilsnack und Brandenburg an der Havel teil. Auch auf der Seite „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ ist er relativ oft aktiv. Dort wurde übrigens, genau wie auf Ludwigs „Lui“-Seite für die heutige Veranstaltung auf dem Markt in Wittstock/Dosse geworben. Offenbar mit Erfolg. Von den 100 Kundgebungsteilnehmer_innen kommen ungefähr 70 % aus der Stadt. Den Rest bildeten zugereiste Neonazis aus Neuruppin, Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, dem Havelland, der Prignitz, aus Teltow Fläming und Berlin.
Als besondere Choreo hatten sich die Wittstocker Neonazis schwarze „T‑Hemden“ mit weißen Buchstaben ausgedacht, die bei einer entsprechenden Personenzusammenstellung die Wortgruppen „Asylflut aufhalten“ (Vorderansicht) und „Deutschland blutet“ (Rückansicht) ergaben. Ansonsten blieb die Stadtjugend eher im Hintergrund. Die Redner kamen mit Pierre Boddin und Marvin Koch eher aus dem Umfeld der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“.
NPD Kundgebung in Neuruppin
Die zweite Kundgebung der NPD zum Thema „Unser Signal gegen Überfremdung“ fand heute in Neuruppin, Kreisstadt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, statt. In einem Neubauviertel am Ortrand versammelte der NPD Ortsbereichleiter Dave Trick seine Sympathisanten aus der Stadt, mit denen er, in der Mehrheit, zuvor in Wittstock/Dosse war. Dazu gesellten sich weitere Gesinnungsgenossen aus Ostprignitz-Ruppin, aus Brandenburg an der Havel, Teltow Fläming und dem Havelland. Die Reden hielten Beatrice Koch und Dave Trick.
Neben der Hetze gegen Flüchtlinge wurde hier auch einmal mehr auf die kommende Neonazigroßveranstaltung in Neuruppin hingewiesen. Zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 werden bis zu 500 Neonazis erwartet.
Weitere Fotos hier: Wittstock/Dosse und Neuruppin
Eberswalde, 5. November 2014 – Unter dem Motto „Eberswalde gegen TTIP“ ruft ein Initiativenbündnis aus NaturFreunde Eberswalde e.V., Greenpeace Eberswalde, AfIE (Antifaschistische Initiative Eberswalde), Energie- und Kulturinitiative WandelBAR, NABU Barnim, SofA (Solidarität für Asylbewerber), Freiraum Initative Eberswalde und Tauschring Eberswalde zur Demonstration gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA auf.
Treffpunkt ist um 13:30 Uhr im Ammonpark (Pfeilstraße), wo eine erste Kundgebung stattfinden wird. Es folgt eine Zwischenkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz. Die Abschlusskundgebung findet in der Friedrich-Ebert-Straße neben der Hochschulbibliothek statt.
Der Aufruf wird von einem breiten Eberswalder Netzwerk getragen, da die geplanten Freihandelsabkommen diverse Lebensbereiche betreffen.
TTIP bedroht Regelungen des Umwelt- und Verbraucher‑, Daten- und Arbeitnehmerschutzes, die als sogenannte „Handelshemmnisse“ gesehen werden und abgebaut werden sollen. Statt Menschenrechte und natürlicher Lebensgrundlagen sollen Investitionen geschützt werden: der Investitionsschutz, der Konzerne zum Verklagen von Staaten vor außerstaatlichen Schiedsgerichten berechtigt, würde dazu führen, dass sich in jedem Bereich die niedrigsten Standards durchsetzen. Gewinner dieser Verträge sind multinationale Konzerne, die der Demokratie die Hände binden, Bürger mit ominösen Geheimhaltungsstrategien entmündigen und die gesamten Ressourcen der Erde unter ihre Profitgier stellen.
Die EU-Kommission setzt diesen Verhandlungen nicht genügend Widerstand entgegen. Das Eberswalder Initiativenbündnis ruft deshalb die Bürger auf die Straße, um bunt, laut und entschlossen zu protestieren.
Auf der Demonstration werden ca. 100 Menschen und verschiedene prominente Redner erwartet. Neben Eberswalder Bürgern werden Uwe Hiksch, der stellvertretende Vorsitzende der NaturFreunde Berlin, Axel Vogel, Fraktionsvorsitzender im Brandenburger Landtag, sowie Nelly Grotefendt von Power Shift, einer der führenden Organisationen im europäischen Bündnis gegen TTIP ihr Wort zum Thema kundtun.
Die Überfremdungs-Paraneua ist ein schlechter Witz angesichts eines Ausländeranteils von zwei Prozent in unserer Region. Sie entspringt dem rassistischen Gedankengut neonazistischer Köpfe. Solche verlogenen
“Mahnwachen” werden wir nicht unwidersprochen lassen!
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Information von “Wittstock bekennt Farbe”:
“Um diese Veranstaltung nicht unkommentiert zu lassen, werden wir am *Samstag um 7:00 Uhr den Marktplatz dekorieren*, mit Schülerplakaten und weiteren Materialien. Die Stadt Wittstock wird an diesem Tag Bauzäune o.ä. aufstellen, Sie sind herzlich willkommen, vorhandene Transparente mitzubringen und beim Dekorieren zu helfen.
Die Zeit *zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Uhr* ist sicher eine gute, um dort am Marktplatz Geld abzuheben, einen Brief einzuwerfen oder im Spielwarenladen nach Rasseln oder Trillerpfeifen für die beginnende Karnevalszeit zu schauen.
Ich freue mich, wenn Sie diese Information an alle Interessierten weiterreichen.”
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Information von “Neuruppin bleibt bunt”:
10 bis 13 Uhr Kundgebung in Neuruppin am REIZ-Eingang
Otto-Grotewohl-Straße unter dem Motto “Die Welt zu Gast bei Freunden — Rassisten nach Hause schicken”. Unter anderem werden wir Flugblätter verteilen gegen den so genannten “Tag der deutschen Zukunft” (angekündigt für 06.06.2015 in Neuruppin).
Wir freuen uns über fantasievolle Beteiligung mit Plakaten,
Transparenten und anderem Demobesteck.
Im Rahmen einer Gedenkkundgebung auf dem Markgrafenplatz in Kloster Lehnin (Landkreis Potsdam-Mittelmark) erinnerten gestern ungefähr 25 Menschen an Rolf Schulze.
Der Obdachlose wurde in der Nacht vom 6. zum 7. November 1992 von drei Neonazis zunächst schwer misshandelt, dann ertränkt und abschließend angezündet. Seine Leiche wurde später am Kolpinsee in der Gemeinde Kloster Lehnin gefunden. Die Täter wurden ermittelt und rechtskräftig verurteilt.
Da aber weder Opfer noch Täter aus dem Ort stammten und die Umgebung von Lehnin nur durch einen Zufall zum Tatort wurde, geriet die Tat lange in Vergessenheit. Erst seit 2012 erinnern Menschen an die brutale Tötung Rolf Schulzes.
Im Redebeitrag eines Sprechers der Gedenkinitiative wurden noch einmal die bekannten Fakten aus dem Leben Rolf Schulzes zusammengetragen und die besonders grausame Art seines Todes angesprochen. Des Weiteren wurde auf derzeitige Verdrängungsprozesse in den urbanen Zentren hingewiesen, von denen vor allem einkommensschwache Schichten der Gesellschaft betroffen sind. Explizit wurde auf den Tod von Rosemarie F. in Berlin hingewiesen, die nach der Zwangsräumung ihrer Wohnung im letzten Jahr verstarb.
Auch halte die Gewalt gegen Wohnungslose nicht an. Erst im Oktober wurde ein 55 jähriger Mann aus Ruanda in einer Notunterkunft in Limburg an der Lahn (Hessen) totgeprügelt. Die Tat habe zudem möglicherweise einen rassistischen Hintergrund. Drei der sechs Täter sollen eine fremdenfeindliche Gesinnung haben.
Auch der Kreisvorsitzende der Partei DIE.LINKE Potsdam-Mittelmark, Jan Eckhoff, hob in seiner kurzen Rede hervor, dass Neonazismus nach wie vor ein aktuelles gesellschaftliches Problem ist. Erst während des Wahlkampfes sei er beim Anbringen von Wahlplakaten seiner Partei von einem heutigen NPD Kreistagsabgeordneten bedroht worden.
Der Landtagsabgeordnete Dr. Andreas Bernig, ebenfalls DIE.LINKE, hob hingegen lobend das stetige Engagement der Gedenkinitiative hervor. Hier werde wichtige Arbeit für eine lebendige Erinnerungskultur geleistet. Möglicherweise werde es unter dieser Voraussetzung in Zukunft auch gelingen einen dauerhaften Ort des Erinnerns, beispielsweise in Form einer Gedenkplatte für Rolf Schulze, zu schaffen.
weitere Fotos: hier
Karstädt ist – entgegen des urban klingenden Eigennamens – keine Stadt, sondern „nur“ eine aus einem ursprünglichen Angerdorf heraus entstandene und dann durch Bahnanbindung sowie Industrialisierung gewachsene Siedlung am westlichen Rande des brandenburgischen Landkreises Prignitz, an der Grenze zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.
6.000 Menschen wohnen hier, immerhin 3.500 mehr als in der Nachbarstadt Lenzen (Elbe).
Durch die Siedlungsentwicklung in den letzten hundert Jahren hat Karstädt einen sehr urbanen Charakter. Es gibt ein großes Neubauviertel mit mehrstöckigen Plattenbauten aus den 1960er bis 1980er Jahren, mehrere Supermärkte, eine Postfiliale und ein großes, modernes Gemeindezentrum gleich neben dem verfallenen, alten Bahnhofsgebäude an der heutigen Bahnhaltestelle. Nicht weit davon entfernt erstreckt sich auch ein großes Industriegebiet. Ein Unternehmen aus Karstädt produziert hier in weithin sichtbaren Werkshallen Haferflocken, ein großer Materiallieferant für Dachdecker im Karstädter Werk Dachziegel und eine Firma aus Düsseldorf in einem Milchverarbeitungsbetrieb Molkereiprodukte.
Ländlich wirkt hier allenfalls die Umgebung: Endlos weite und dünnbesiedelte Landschaften aus Ackerland, wenig Wald. Gelegen zwischen Elbe und Mecklenburgischer Seenplatte, ein Teil davon als Landschaftsschutzgebiet „Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz“.
„Karstädt WEHR DICH“
Hier in dieser Prignitzer Idylle, mehr als 100km von der nächsten Großstadt entfernt, findet er also statt der so genannte „Asylwahnsinn“. Zumindest unterstützen ungefähr 60 Personen, die eine der berüchtigten, gegen Asylsuchende hetzenden Seiten im sozialen Netzwerk mit „gefällt mir“ markiert haben, diese Meinung. In der virtuellen Welt nennt sich diese Initiative „Karstädt WEHR DICH“. Ihr Profilbild zeigt ein Propagandadokument, das vor kurzem auch in Papierform als Postwurfsendung in Karstädter Briefkästen auftauchte. Entgegen der landläufigen Strategie der vielfachen „Nein zum Heim“ Initiativen, die in erster Linie Vorurteile gegen Asylsuchende durch angeblich steigende Kriminalitätszahlen und Sozialneid schüren, versucht „Karstädt WEHR DICH“ gar nicht erst seine rassistische und pronazistische Intension zu verbergen. Unter der Überschrift: „Asylwahnsinn stoppen! Schliesst nicht die Augen, Volkstod – die Lawine rollt!“ wird sich ganz klar in Neonazijargon an die Einwohnerschaft der Gemeinde gewandt.
Hassobjekt: Syrische Flüchtlinge in Karstädt
Auf dem Naziflyer ist als Hintergrund ein Wohnblock im Karstädter Neubauviertel abgedruckt. Hier leben seit Juli 2014 drei Familien aus Syrien. Sie waren aufgrund des Bürgerkrieges aus ihrer Heimat geflüchtet und wurden vom Landkreis in regulären Wohnungen untergebracht. Ein Heimbau, wie andernorts in Brandenburg, ist nicht vorgesehen. Dennoch scheinen die drei Familien für manche Karstädter schon zu viel zu sein. Hinter vor gehaltener Hand gedeiht der Sozialneid. So manchem stört beispielsweise schon die Zurverfügungstellung von Mobiliar aus dem AWO-Möbellager für die Wohnungseinrichtung. Objektiv gesehen, stehen natürlich ähnliche Leistungen auch deutschen Staatsbürgern im Rahmen des ALG II („Hartz IV“) auf Antrag zu. Aber Objektivität spielt bei Asylkontrahenten ja eigentlich nie eine Rolle.
Immerhin gibt es nicht nur negative Stimmungen im Ort. Zu weilen scheint die Stimmung sogar positiver zu sein als in manch anderen Gemeinden in Brandenburg. Schon die Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen einer regulären Wohnungsgesellschaft ist ein sehr positiver Aspekt Karstädts. Auch ist es nicht selbstverständlich, dass sich, wie hier geschehen, ein Bürgermeister für die Unterbringung der dem Krieg Entkommenen einsetzt. Selbst der herzliche Empfang der Flüchtlinge mit Vertretern des Landkreises, der Gemeinde, der Wohnungsbaugesellschaft, der AWO, der Diakonie, der örtlichen Kita und der Presse ist hierzulande eher ungewöhnlich, dafür um so mehr positiv zu werten. „Dem Wahnsinn entkommen“ titelt „Der Prignitzer“ am 25. Juli 2014 in einem Zeitungsbericht zur Ankunft der Syrer im vermeintlich sicheren Asyl dazu.
Doch bereits wenige Stunden nach erscheinen des Presseartikels hatten sich Unbekannte in der Nacht vom 25. zum 26. Juli 2014, dazu berufen gefühlt, ihrem Hass auf Asylsuchende durch einschlägige Slogans und Symbolik Ausdruck zu geben. An der Bahnhaltestelle sind noch mit Sprühschablonen angebrachte, inzwischen aber weitgehend übermalte Stencils mit Parolen, wie „Ausländer Stopp sofort!“, erkennbar. Ebenfalls bereits überstrichen sind diverse Hakenkreuze und SS Runen aus der jüngsten Zeit, nicht nur am Bahnhof, sondern auch im Neubauviertel. An Straßenleuchten und Verkehrsschildern sind immer noch Reste von Aufklebern mit Slogans wie „Asylwahnsinn stoppen“ und „Nein zum Heim“ zu erkennen.
Vereinzelt sind aber auch frische Sticker zu erkennen, die mit Aufschriften, wie „Refugees welcome“, offenbar dagegen halten.
Auch die Polizei ermittelt mittlerweile wegen den neonazistischen Schmierereien. Sie scheint in letzter Zeit öfters in Karstädt zu sein. Neben den Schmierereien veranstalteten Neonazis Anfang Oktober 2014 eine Kundgebungstour durch die Westprignitz. Die Polizei sicherte die Veranstaltungen, gab jedoch im Vorfeld dazu nichts bekannt. Die Versammlungen fanden u.a. in Lenzen (Elbe) und in Karstädt statt. Im sozialen Netzwerk sind entsprechende Propagandafotos bei den „Freien Kräften Prignitz“ zu finden.
Neonazistischer Versandhandel aus Karstädt
Weiterhin führte die Polizei offenbar unlängst einen Schlag gegen den lokalen neonazistischen Versandhandel „ITSH84U“ (Kurzform für engl.: „it’s hate for you“, „es ist Hass für euch“) durch. So ist es zumindest aus dessen entsprechender Kommentierung im sozialen Netzwerk zu entnehmen. Hierbei sollen diverse Drucker, Plotter und der Hauptrechner beschlagnahmt worden sein.
„ITSH84U“ bietet vor allem bedruckte Textilwaren an. Auf einem T‑Shirt steht z.B. ganz stolz „Ich bin Nazi und nun?“. Andere enthalten Hassbotschaften gegen die „Antifa“ oder gegen Linke („Good Night Left side“), sowie Aufdrücke wie „Nationaler Sozialismus“, „Nationaler Widerstand“ oder „Volkstod stoppen“. Des Weiteren werden Merchandise Artikel der Rechtsrock-Gruppen „Pommernklang“ und „Kommando Ost“ angeboten.
Domaininhaber des Internetversandhandels ist ein Robert L. aus Magdeburg, der Wurzeln in Karstädt haben soll. Hauptbetreiber von „ITSH84U“ scheint jedoch Alexander Ulrich aus Karstädt zu sein. Er wird im Impressum des Interversandhandels explizit aufgeführt und unterhält diesbezüglich ein Postfach in Perleberg (Landkreis Prignitz). Wohnhaft ist Ulrich allerdings im Karstädter Neubaugebiet, unweit des Wohnblockes, in dem die syrischen Flüchtlinge untergebracht sind. Auffällig ist diesbezüglich auch die Ähnlichkeit von Statements auf der Facebook-Präsenz des Versandhandels mit der von „Karstädt WEHR DICH“. Ulrich selbst gibt sich im sozialen Netzwerk aber eher konspirativ und nennt sich hier beispielsweise „Davil Rosenbein“. Auf dem öffentlich einsehbaren Teil dieses Profils bekennt er sich durch „gefällt mir“ Markierungen, außer zu seinem Versandhandel, aber auch zu „Karstädt WEHR DICH“.
Ebenfalls dazu bekennt sich die Karstädterin Steffi B.. Sie arbeitet, gemäß eigenen Angaben, genau wie Alexander Ulrich, bei „ITSH84U“. Ansonsten ist die stabile junge Frau mit dem runden, gepiercten Gesicht und dem blondierten Reneé Haarschnitt ebenfalls im regionalen Neonazimilieu verankert. Am 5. April 2014 nahm sie unter anderem an einem Neonaziaufmarsch in Wittenberge (Landkreis Prignitz) teil und marschierte dort in einem Block mit Neonazis aus Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz Ruppin), von denen inzwischen einige wiederum die Seite „Karstädt WEHR DICH“ mit „gefällt mir“ markiert haben.
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