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Antifaschismus

Kein rechter Hintergrund?

Am 26.10.2009 fand ein Bran­dan­schlag auf den Jugend­club in dem Städtchen Döbern
statt. Zu dieser Zeit hiel­ten sich 10 Kinder in dem Gebäude auf, die dort an einem
Jugend­camp während der Herb­st­fe­rien teil­nehmen woll­ten. Nach dem Bran­dan­schlag
musste das Camp abge­brochen wer­den. Dadurch wurde der Anschlag in Döbern zu einem
Gespräch­s­the­ma und fand auch Ein­gang in die Region­alzeitung Lausitzer Rund­schau.
„Es war über­all Rauch“, sagt die Döbern­er Mut­ter, die ihr Kind aus der Ein­rich­tung
abholen musste. Zuvor wurde die Aktion run­terge­spielt. Es hätte nur eine Gar­dine
ver­bran­nt, hieß es in der ersten Pressemel­dung. Auch die  örtliche Polizei
ver­schick­te am 28.10.0 eine Pressemel­dung aus der in der Lausitzer Rund­schau zitiert
wurde. Dort hieß es, nie­mand wisse, wer für den Bran­dan­schlag ver­ant­wortlich ist,
aber ein rechter Hin­ter­grund  werde ausgeschlossen.

Die Erk­lärung löst nun mehr Fra­gen als Antworten aus:

Warum wird ger­ade ein rechter Grund aus­geschlossen, wenn die Polizei noch völ­lig im
Dun­klen tappt? Warum wird ger­ade ein rechter und nicht ein poli­tis­ch­er Hin­ter­grund
über­haupt ausgeschlossen?

Da hat man als Döbern­er doch den Ein­druck, diese Erk­lärung hat wenig mit konkreten
Erken­nt­nis­sen aber viel mit ein­er Beruhi­gungstak­tik zu tun.

Schließlich ist bekan­nt, dass der Jugend­club von alter­na­tiv­en Jugendlichen besucht
wird und dass es in der Ver­gan­gen­heit schon öfter Ärg­er mit Neon­azis gab. Das ist
zumin­d­est nichtrecht­en Men­schen aus Döbern gut bekannt.

Ich habe eine kleine Chronik von recht­en Vor­fällen in Döbern in den let­zten Monat­en
zusam­mengestellt, um zu bele­gen, dass es in dem Ort eine rechte Szene gibt und dass
ger­ade dieser Jugend­club ihnen ein Dorn im Auge ist. Deshalb stelle ich mir die
Frage, wie die Polizei dazu kommt, ger­ade einen recht­en Hin­ter­grund des Anschlags
auszuschließen?

Ich hat­te am 29.Oktober genau deshalb einen Leser­brief an die Lausitzer Rund­schau
abgeschickt, in dem ich die Polizeiein­schätzung kri­tisiert habe und eben­falls die
Chronik der recht­en Vor­fälle beigelegt hat­te. Der Leser­brief wurde von der Lausitzer
Rund­schau unter­schla­gen. Über was nicht berichtet wird, gibt es wohl nicht, ist
wohl die Mei­n­ung der Redak­tion der Lausitzer Rund­schau.  Dabei ist der Anschlag am
26.10.09 noch glimpflich aus­ge­gan­gen. Wollen wir warten, bis es die Ersten Toten
oder Schw­erver­let­zten gibt?

Hans Müller, Ein besorgter Döberner

Hier die Chronik rechter Vorkomm­nisse in Chronik. Die Dat­en basieren  auf  eigene
Infor­ma­tio­nen und Gespräche mit Nichtrecht­en aus Döbern 

Der Jugend­club in Döbern wurde für eine Feier am 22 Feb­ru­ar 2008 angemietet.
Eine Gruppe von ca. 8 jun­gen Leuten wollte gegen 8 Uhr in den Jugend­club reinge­hen.
Sie wur­den von 3 – 6 Recht­en am Ein­tritt gehin­dert, wo es dann zum Stre­it kam und
ein­er der Män­ner zu Boden gestoßen wurde. Die Gruppe ging von dem Jugend­club darauf
zum Pen­ny­markt einige 100 Meter ent­fer­nt. ca. 1 Stunde später tauchte vom Jugend­club ca. 30 – 40 Neon­azis auf und ver­prügel­ten
die Gruppe.

In der Nacht vom 23. auf den 24. Feb­ru­ar 2008–  spielte eine Musik­band, ca. 5
Leute, die in dem örtlichen Jugend­club bei einem Konz­ert aufge­treten waren, nach dem
Konz­ert in die Diskothek Lin­den­hof Döbern. Vor der Diskothek grif­f­en ca. 30 Neon­azis
diese Jugendlichen an und het­zten sie durch die Stadt.

In der Nacht von Sam­stag, dem 28.03.2008, zu- Son­ntag kam es in Döbern zu einem
Über­griff durch Neon­azis auf zwei junge Män­ner. Sie schlu­gen mit
Teleskop­schlagstöcke auf die Män­ner ein.

Am Oster­son­ntag den 12. April 2009 hing an der Tür vom Jugend­club ein tot­er
Hase und die Wand war mit Blut beschmiert.

Am 01.05.2009 grif­f­en mehrere Rechte eine Gruppe von jun­gen Leuten auf den
Bus­platz an und ver­let­zten ein Mäd­chen am Kopf.

Am Abend des 26. Sep­tem­ber 2009 wurde ein- Jugendlich­er auf dem Okto­ber­fest der
Frei­willi­gen Feuer­wehr in Döbern gewe­sen von mehreren Recht­en angepö­belt , umringt
und mit der Stirn ins Gesicht geschla­gen. Danach lassen die Recht­en von ihm ab.

Am Woch­enende vom 25. zum 26. Sep­tem­ber 2009 vor der Bun­destagswahl taucht­en
mehrere rechte  Schmier­ereien in der Nähe vom Bus­platz und dem Deutschen Haus auf.
Unter anderem war dort zu lesen: „Nationale Sozial­is­ten Cot­tbus wir sind wieder da“
sowie mehrere Keltenkreuze.

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Bildung & Kultur

Flächenbrand – Auch Uni Potsdam besetzt

Über­füllte Sem­i­nare, völ­lig unzure­ichende Finanzierung der Stu­di­en­plätze, unzu­mut­bare Leis­tungsan­forderun­gen – diese Stu­di­enbe­din­gun­gen wollen auch wir in Pots­dam nicht länger hin­nehmen! In den frühen Nach­mit­tagsstun­den wurde deshalb im Anschluss an die stu­den­tis­che Vol­lver­samm­lung das Audi­max der Uni Pots­dam auf unbes­timmte Zeit besetzt.

 

Am Tag der Beset­zung haben SPD und Linke über ihren Koali­tionsver­trag für die kom­mende Leg­is­laturpe­ri­ode in Bran­den­burg berat­en. Beina­he alle bil­dungspoli­tis­chen Bezüge bzw. deren Fehlen im Koali­tionsver­trag lassen befürcht­en, dass diverse Wahlver­sprechen bei­der Parteien unein­gelöst bleiben wer­den: So etwa die Ein­stel­lung zusät­zlichen Lehrper­son­als oder die Abschaf­fung der „Ver­wal­tungs-Pauschale“ von 51€. Darum hat die Vol­lver­samm­lung der Uni Pots­dam eine Res­o­lu­tion ver­ab­schiedet, die von Uni­ver­sität und Lan­despoli­tik die Erfül­lung der Forderun­gen aus dem Bil­dungsstreik 2009 einfordert:

 

– Mehr Selb­st­bes­tim­mung für Studierende

– Verbesserung der Lern- und Lehrbe­din­gun­gen für Studierende und Dozierende

– Die Demokratisierung des Bildungssystems

– Kosten­freie und gle­iche Bil­dungschan­cen für alle ohne Selek­tion und Konkurrenzdruck

– Die öffentliche Aus­fi­nanzierung aller Bildungseinrichtungen

 

Die Dringlichkeit dieser Anliegen ist keines­falls auf Pots­dam beschränkt! Somit erk­lären wir uns sol­i­darisch mit den Beset­zerIn­nen von Hochschulen in Öster­re­ich, Deutsch­land und über­all son­st. Uns geht es darum, diesen Forderun­gen in Form kreativ­er Aktio­nen und Diskus­sio­nen laut­stark Aus­druck zu ver­lei­hen. Momen­tan befind­et sich das Audi­max in der Hand von über 100 Studieren­den – wir wer­den wach­sen und bleiben, um unsere Belange durchzusetzen!

 

Wir haben bere­its einiges an Infra­struk­tur geschaf­fen, während der näch­sten Tagen wird es hier Info­points, VoKüs, Film­beiträge, Musik, Poet­ry-Slams und Inter­net­zu­gang geben. Die Ple­na ste­hen allen Men­schen offen, ihr seid ein­ge­laden, euch aktiv daran zu beteili­gen! Gemein­sam wollen wir in inhaltlichen Diskus­sio­nen und Work­shops entschei­den, wie und unter welchen Bedin­gun­gen wir in Zukun­ft studieren wollen. Deshalb der Aufruf:

 

Kommt vor­bei, zum Rein­schnup­pern oder um euer Nacht­lager hier aufzuschla­gen!
Informiert euch, disku­tiert miteinan­der – unter­stützt die Besetzung!

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Antifaschismus

Fällt Halbe aus?

INFORIOT Eigentlich sollte am 14. Novem­ber — einen Tag vor dem so genan­nten “Volk­strauertag” — das erste Mal seit zweiein­halb Jahren in Halbe eine größere Neon­aziver­anstal­tung stat­tfind­en. Nun scheint es jedoch fraglich, ob der Aus­marsch zus­tande kommt. Zwar ist seit Juli bekan­nt, dass die nord­deutschen Neon­azis Lars Jacobs und Chris­t­ian Worch für den 14. Novem­ber ein “Heldenge­denken” angemeldet haben. Vor eini­gen Tagen scheit­erte zudem ein Ver­botsver­such. Doch die Szene trom­melt seit dem 2. Novem­ber für ein anderes Event: Die NPD wirbt für einen “Gedenkmarsch” zu Ehren ihres Ende Okto­ber ver­stor­be­nen Vor­stand­mit­glieds Jür­gen Rieger. Und zwar aus­gerech­net im bay­erischen Wun­siedel (wo aber nicht Rieger, son­dern Hitler­stel­lvertreter Rudolf Heß begraben ist).

Chris­t­ian Worch, der als eigentlich­er Haup­tor­gan­isator der Nazi-Ver­anstal­tung in Halbe gilt, mobil­isiert mit­tler­weile nach Wun­siedel. Auf einem Nazi-Web­por­tal schreibt er knapp: “Die Ver­anstal­tung in Halbe wird ver­legt.” Auf der Web­seite des neon­azis­tis­chen Halbe-Gedenkens hinge­gen ist bis dato nichts von ein­er Absage oder einem neuen Ter­min zu lesen.

Antifa­grup­pen, die zu Protesten in Halbe aufriefen, bleiben vor­erst bei ihrer Anmel­dung zu ein­er Gegenkundge­bung, rech­nen aber mit ein­er Absage der Neon­azis (siehe auch hier). Das eben­falls angekündigte “Fest für Tol­er­anz” wird wohl in jedem Fall stat­tfind­en. Wenn er denn doch zus­tande kommt, hätte der Neon­azi­auf­marsch wohl in jedem Fall keine bun­desweite Ausstrahlung, denn neben Wun­siedel ist auch noch eine recht­sex­treme Demon­stra­tion in Arn­stadt (Thürin­gen) angekündigt.

 

Hin­ter­grund des “Heldenge­denkens”, dass seit Anfang der 1990er Jahren immer wieder von Neon­azis in Halbe abge­hal­ten wird, ist die Kesselschlacht in dieser Region kurz vor Kriegsende 1945, bei der rund 60.000 Men­schen star­ben. Obwohl in mil­itärisch aus­sicht­slos­er Lage, hat­ten die Deutschen nicht kapit­uliert. Auf dem Hal­ber Fried­hof, dem größten Sol­daten­fried­hof Deutsch­lands, sind über 20.000 Tote begraben. In großer Mehrheit han­delt es sich  um deutsche Sol­dat­en, die von den Neon­azis als Helden betrauert werden.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Aufhebung der Residenzpflicht zwischen Berlin und Brandenburg sofort möglich.

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg begrüßt die Ankündi­gung der neuen Lan­desregierung, die Res­i­den­zpflicht für Flüchtlinge abzuschaf­fen. “Das ist eine gute Nachricht für tausende Flüchtlinge, die bish­er an der Ausübung ihres Men­schen­rechts auf Bewe­gungs­frei­heit gehin­dert und krim­i­nal­isiert wur­den,“ so Geschäfts­führerin Antje Sim­nack. „Auch wenn es sich um ein  Bun­des­ge­setz han­delt, die Lan­desregierung kann viel tun, wenn der poli­tis­che Wille da ist.“
Zu diesem Schluss kommt auch der Berlin­er Fachan­walt  Rolf Stah­mann, der im Auf­trag des Flüchtlingsrates eine Rechtsgutacht­en über den Hand­lungsspiel­raum der Lan­desregierung erstellt hat, das seit heute vor­liegt. Mit ein­er Rechtsverord­nung kann die Lan­desregierung die Beschränkung auf Land­kreise aufheben, mit ein­er weit­eren Rechtsverord­nung die Res­i­den­zpflicht zwis­chen Berlin und Bran­den­burg.
Der Berlin­er Sen­at müsste eben­falls eine solche Rechtsverord­nung erlassen. “Wir hät­ten mit Bran­den­burg schon längst gerne vere­in­bart, dass die Res­i­den­zpflicht für Asyl­be­wer­ber zwis­chen den Län­dern aufge­hoben wird,” meinte Udo Wolf, Frak­tionsvor­sitzen­der der Berlin­er Linken unlängst im Inter­view. Mit dem Regierungswech­sel in Pots­dam ste­he dem jet­zt nichts mehr im Weg.
Die Vor­gaben durch das Bun­des­ge­setz sind bei gedulde­ten Aus­län­dern enger als bei Men­schen im Asylver­fahren. Aber auch hier, so zeigt das Gutacht­en auf, kann die Lan­desregierung durch Ver­wal­tungsvorschriften, Erlasse und Dien­stan­weisun­gen die Bewe­gungs­frei­heit im Bun­des­land sich­er­stellen und viele Betrof­fene ganz von der Auflage befreien. Schnell umset­zbar wäre auch eine Vere­in­barung mit dem Berlin­er Sen­at über den strafffreien Tran­sit durch Berlin, um zu ver­hin­dern, dass Men­schen weit­er­hin wegen des Umsteigens auf Berlin­er Bahn­höfen zu Geld- und Haft­strafen verurteilt wer­den.
Der Flüchtlingsrat fordert die Lan­desregierun­gen von Bran­den­burg und Berlin auf, den geset­zlichen Rah­men voll und kreativ auszuschöpfen und darüber hin­aus für die all­ge­meine  Abschaf­fung der Res­i­den­zpflicht im Bun­desrat ini­tia­tiv zu wer­den. 
Das Gutacht­en liegt den zuständi­gen Abge­ord­neten und Min­is­te­rien vor und ist für die Presse in der Geschäftsstelle des Flüchtlingsrates abrufbar.

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Antifaschismus Law & Order

Rechte schlagen Punk zusammen

Vor dem Lokal ging die Auseinan­der­set­zung weit­er. Dabei wurde der Neon­azi immer wieder hand­grei­flich. Um eine weit­ere Eskala­tion zu ver­mei­den, ver­ließ der Punk das Gelände. Nach weni­gen Metern wurde er von min­destens fünf, teils ver­mummten Recht­en ange­grif­f­en und schw­er ver­let­zt. Der Punker musste mit eingeschla­gen­er Nase, gebroch­en­em Fuß und Hämatomen sta­tionär behan­delt wer­den. Zwei Beglei­t­erIn­nen wur­den bei dem Angriff leicht verletzt.

Die Opfer­per­spek­tive ist beun­ruhigt über die eskalierende Gewalt in Prem­nitz. In den let­zten zwölf Monat­en haben wir vier Angriffe von Recht­en auf Punks mit teil­weise schw­eren Ver­let­zun­gen doku­men­tiert. Erst am 31. Juli 2009 war ein junger Erwach­sen­er durch Tritte gegen den Kopf von Recht­en ver­let­zt wor­den. Trotz des offenkundig recht­en Tat­mo­tivs wur­den die Angriffe durch die Polizei nicht als poli­tis­che Straftat­en gezählt.

Die örtliche Naziszene macht im Inter­net kein Hehl daraus, dass sie Punks und Linksalter­na­tive als poli­tis­che Feinde betra­chtet. Auf der Web­site red­watch – die Seite zieren blutige Patro­nen – sind Fotos und Namen mehrerer der im let­zten Jahr Ange­grif­f­e­nen veröf­fentlicht. Ins­ge­samt sind auf der Seite über 60 Namen zu find­en, darunter auch Stadtverord­nete aus Prem­nitz und Rathenow. Laut Antifa soll der mut­maßliche Betreiber der Anti-Antifa-Seite, Alexan­der K., beim Angriff auf den Punk am 25. Okto­ber 2009 beteiligt gewe­sen sein. Das Opfer kon­nte ihm beim Angriff seine Ver­mum­mung vom Kopf reißen.

Infor­ma­tio­nen Tobias Pieper
Tele­fon 0171 1935669

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Antifaschismus

Nazis in Potsdam-Nord

In Pots­dam geht momen­tan aus Neon­azisicht so einiges. Fast schon regelmäßig kön­nen Pro­pa­gan­daak­tio­nen durchge­führt und sich damit im Anschluss auf ihren Inter­net­seit­en gebrüstet wer­den. Diese soge­nan­nten Aktions­berichte scheinen seit einiger Zeit ziem­lich im Trend zu liegen. Denn wir find­en sie nicht nur auf der Home­page der “Freie Kräfte Pots­dam” oder der “Alter­na­tive Jugend Pots­dam” son­dern bun­desweit bei zahlre­ichen Neon­azikam­er­ad­schaften. So gibt es auch einige über­re­gionale Inter­net­pro­jek­te auf denen Berichte der unter­schiedlich­sten Neon­azi­grup­pierun­gen gesam­melt wer­den. Eine der in unser­er Region rel­a­tiv bekan­nten ist die soge­nan­nte “Jugend Offen­sive”, welche mit dem Leit­spruch “werde aktiv” beson­ders im Jahr 2007 viel Pro­pa­gan­da, in Form von Aufk­le­bern in Pots­dams Land­schaft, hin­ter­ließ. Auf dieser Plat­tform, auf der auch die Pots­damer Neon­azis hin und wieder (zulet­zt am 14. und 22.09.2009) ihre Berichte veröffentlich(t)en, gibt es auch die Möglichkeit sich gegen­seit­ig zu loben und zu kri­tisieren. Diese Kom­men­tar­funk­tion wird sehr gern genutzt, um auf der einen Seite Aktio­nen zu disku­tieren und in den sel­tensten Fällen auch zu hin­ter­fra­gen, auf der anderen Seite aber haupt­säch­lich um sich gegen­seit­ig zu bestäti­gen und Anerken­nung zu bekom­men. Am aktivsten und somit ‚ange­sagtesten‘ gilt also diejenige Gruppe, welche die meis­ten Aktions­berichte veröffentlicht.

In Pots­dam ist das momen­tan ganz klar die “Alter­na­tive Jugend Pots­dam”. In diesem Jahr kom­men sie auf derzeit 13 ‚Aktions­berichte‘. Im Juli fuhren sie zum Beispiel nach Auschwitz, wo sie mit einem Trans­par­ent (vor der Gedenkstätte posierend) Frei­heit für den mehrfach verurteil­ten Holo­caust-Leugn­er Horst Mahler forderten (Infori­ot berichtete). Beson­ders jedoch im August häuften sich die Aktiv­itäten, welche von ein­er großflächi­gen Pro­pa­gan­daak­tion (03.08.2009) über ein Tre­f­fen mit Neon­azikam­er­ad­schaften aus dem Raum Brandenburg/Berlin für eine bessere Zusam­me­nar­beit (15.08.2009), ein­er Fahrrad­tour durch Pots­dam (16.08.2009) sowie ein­er Gedenkak­tion für Rudolf Hess in Berlin (17.08.2009) bis hin zu einem soge­nan­nten “nationalen Fußball­turnier” (29.08.2009) reichten.

Grund genug diese Grup­pierung ein Mal näher zu betra­cht­en.
Die “Alter­na­tive Jugend Pots­dam” (zumin­d­est als Beze­ich­nung für die Pots­damer Nazistruk­tur) gibt es schon seit dem 21.10.2006. An diesem Datum fand in Berlin-Tegel eine Neon­azidemon­stra­tion statt, an der sich auch eine ca. 30 köp­fige Gruppe aus Pots­dam beteiligte. Sie tru­gen ein Trans­par­ent vor sich her welch­es Sol­i­dar­ität mit Michael Reg­n­er forderte, dem Sänger der Neon­az­iband “Landser”, der zum dama­li­gen Zeit­punkt in der JVA Berlin-Tegel saß. Unterze­ich­net war das Trans­par­ent mit der Auf­schrift “Alter­na­tive Jugend Pots­dam”. Dieser doch recht große Block wurde unter anderen von den bei­den stadt­bekan­nten Pots­damer Neon­azis Ben­jamin Oe. und Tim B. ange­führt. Let­zter­er trug außer­dem noch eine schwarze Fahne mit der Auf­schrift “Pots­dam”. Hier war noch nicht abse­hbar wohin es mit der “Alter­na­tive Jugend Pots­dam” gehen sollte, da sie sich zu diesem Zeit­punkt noch nicht klar in die Gegend Pots­dam-Nord definierten.
Nach diesem Ereig­nis war gute zwei Jahre lang nichts mehr von diesem Label zu sehen oder zu hören.

Die Nazi­ak­tiv­itäten nah­men in dieser Zeit jedoch nicht ab. Da es in Pots­dam-Nord — speziell in
Fahrland — seit spätestens 2003 zu unzäh­li­gen Nazis­chmier­ereien kam und es vor Ort ein­fach keine Gegenbewegung(en) gab, war es kaum ver­wun­der­lich, dass es auch in den fol­gen­den Jahren immer wieder zu den ver­schieden­sten Pro­pa­gan­daak­tio­nen aber auch Gewalt­tat­en von Seit­en der ort­san­säs­si­gen Neon­azis kam. Einen Rück­zugsraum fan­den die Neon­azis damals (und auch heute) im örtlichen Jugend­club (“Tre­ff­punkt Fahrland e.V.”).
Ersten Gegen­wind gab es dann um den Jahreswech­sel 2005/2006, als die “Engagierte Jugend – Pots­damer Umland” an die Öffentlichkeit ging. Mit ein­er Fly­er­ak­tion, einem offen­em Brief, einem Pres­sein­ter­view und ein­er Ver­anstal­tung zum The­ma rechte Gewalt, welche im örtlichen Jugend­club stat­tfand, wurde das The­ma vom Jugend­clubge­spräch zum Stadt­ge­spräch. Die PNN titelte damals “Der rechte Blick”, woraufhin jedoch außer dem kurzzeit­i­gen medi­alen Auf­schrei nicht wirk­lich viel passierte. Im Jahr 2007 kam es zu mehreren Bedro­hun­gen und tätlichen Angrif­f­en gegen einen linken Jugendlichen aus dem Dorf. Hier­auf ent­fachte erneut eine hitzige Diskus­sion in der Presse, da es offen­sichtlich ziem­lich unter­schiedliche Ein­schätzun­gen zum Grad der Organ­isierung der Pots­damer Neon­aziszene gab. Am 24.07.2007 erk­lärten Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs sowie Renate Michael (Polizei Pots­dam) vor Journalist_innen, dass derzeit keine organ­isierte rechte Szene in Pots­dam existiere. Auch der Ver­fas­sungss­chutz äußerte, dass es ger­ade wed­er “rechtsextreme(n) Parteistruk­turen” noch “rechte(n) Kam­er­ad­schaften” in der Lan­deshaupt­stadt gäbe. Dem wider­sprachen wir damals mit ein­er Pressemit­teilung deut­lich. Daraufhin rel­a­tivierte der Ver­fas­sungss­chutz seine Aus­sagen („Anze­ichen von Struk­turierung“).
Dann kam es auch im Jugend­hil­feauss­chuss (PNN vom 27.09.07 und 29.09.07) Pots­dam am 27.09.2007 zu klaren Worten und Forderun­gen gegenüber Thomas Liebe, dem Leit­er des “Tre­ff­punkt Fahrland e.V.”, welche jedoch ohne Kon­se­quen­zen verhallten.

Einen weit­eren Höhep­unkt bildete das Jahr 2008, in dem die Kurz­form “AGPN”, welche für “Aktion­s­gruppe Pots­dam Nord” ste­ht, auf zahlre­ichen Plakat­en und in Form von ver­schiede­nen Sprüh­sch­ablo­nen auf­tauchte. Am 18.06.2008 war es ein neon­azis­tis­ches Plakat auf dem erst­mals im Raum Fahrland/Marquardt die Beze­ich­nung “AGPN” in den Umlauf kam. Es fol­gte eine rel­a­tiv spek­takuläre Pro­pa­gan­daak­tion am 13.08.2008 in Kramp­nitz bei Fahrland. Hier wurde ein altes Kaser­nenge­bäude großflächig mit der Parole “Frei Sozial Nation­al” besprüht. Am kom­menden Tage wurde der Spruch ent­fer­nt, den­noch ent­stand zwei Tage darauf dieselbe Schmier­erei erneut. Wieder wurde es über­malt und die Neon­azis der “AGPN” antworteten zwei Tage darauf, am 18.08.2008 mit ein­er Sch­ablo­nen- und Plakatak­tion welche ihren Schw­er­punkt dies­mal in Mar­quardt hat­te. Seit dem blieben zumin­d­est die Kramp­nitzkaser­nen sauber. Im Sep­tem­ber und Okto­ber aber fol­gten weit­ere 5 rel­a­tiv weit reichende Pro­pa­gan­daak­tio­nen bei denen zwar vornehm­lich der Bahn­hof Mar­quardt im Mit­telpunkt stand jedoch auch andere Gegen­den betrof­fen waren.

Am 03.08.2009 wurde die Kramp­nitzkaserne zum drit­ten Mal mit der gle­ichen Losung besprüht. Dies­mal war zudem auch noch eine Inter­ne­tadresse auf die Fas­sade des leer ste­hen­den Plat­ten­baus gesprüht wor­den. Die Inter­ne­tadresse der “Alter­na­tive Jugend Pots­dam”. Denn im Früh­jahr 2009 trat diese ‚neue‘ Grup­pierung, welche momen­tan aus unge­fähr 10 Leuten beste­ht, gle­ich mehrfach auf. Ein Mal am 17.01.2009 auf einem Nazi­auf­marsch in Magde­burg und etwas später mit ihrer ersten eige­nen Internetpräsenz.

In einem Auszug aus der Kat­e­gorie “Über uns” von ihrer Home­page heißt es:

“[…] Wir sind eine wach­sende Gruppe nation­al denk­ender Jugendlich­er aus dem Raum Pots­dam-Nord. Die Alter­na­tive-Jugend-Pots­dam ist eine Partei unge­bun­dene Aktion­s­gruppe, die in den ver­schieden­sten Bere­ichen des Nationalen Wider­standes aktiv ist. […]”

Diese Bezug­nahme auf den Raum Pots­dam-Nord und die Offen­sichtlichkeit der gle­ichen Aktions­for­men, Orte und Inhalte, lässt einen leicht­en Schluss daraufhin zu, dass es sich bei der “Alternative(n) Jugend Pots­dam” um die Nach­folgestruk­tur der “Aktion­s­gruppe Pots­dam Nord” han­delt. Diese ist seit dem fleißig dabei zu Trauer­märschen (14.02.2009 Dres­den, 18.04.2009 Rathenow), Konz­erten (11.07.2009 in Gera) und Demon­stra­tio­nen (zulet­zt am 10.10.2009 in Berlin und am 17.10.2009 in Leipzig) zu fahren, Aufk­le­ber und Plakate zu verkleben und gemein­sam mit den “Freie(n) Kräfte(n) Pots­dam” auch in der Pots­damer Innen­stadt sowie zahlre­ichen weit­eren Bezirken ihre Pro­pa­gan­da zu verbreiten.

Denn auch eine zunehmende Ver­net­zung über Pots­dams Stadt­gren­zen hin­aus scheint zu glück­en. Auf immer mehr Inter­net­seit­en ver­schieden­er Bran­den­burg­er und Berlin­er Nazi­grup­pierun­gen, wie zum Beispiel den “Nationale Sozial­is­ten Pre­mm­nitz”, “Freie Kräfte Neu­rup­pin” oder den “Freie Kräfte Osthavel­land”, lassen sich ‘Links’ zu den Pots­damer Nazi-Webpro­jek­ten find­en. Wobei let­ztere genau wie die “Alter­na­tive Jugend Pots­dam” einen Bericht von einem gemein­samen Ver­net­zungstr­e­f­fen, welch­es am 15.08.2009 stattge­fun­den haben soll, auf ihrer Home­page zu ste­hen haben. Im Faz­it aus einem Bericht über dieses Tre­f­fen heißt es:

“[…] Der Grund­stein für eine gute Zusam­me­nar­beit wurde gelegt, Kon­tak­te geknüpft und die        Res­o­nanz für diesen Tag war pos­i­tiv. Wir wer­den darauf auf­bauen und weit­er­hin Tre­f­fen ver­anstal­ten und die Gruppe stärken, aus­bauen und gemein­schaftlich zu ein­er Ein­heit for­men.
Ein Danke an alle Beteiligten und meine Wegge­fährten, die wie ich, an eine Volks­ge­mein­schaft glauben!”

Unser Faz­it hinge­gen lautet: Nix da! Wed­er mit der soge­nan­nten Volks­ge­mein­schaft noch all dem anderen Nazikram.
Auch beziehungsweise ger­ade weil die Pots­damer Neon­aziszene, zumin­d­est was ihre Aktiv­itäten ange­ht, so stark scheint wie schon lange nicht mehr, heißt das für uns: Antifa heißt Angriff!

Schafft linke Struk­turen – Nazis offen­siv entgegentreten!

Bildquellen: apabiz e.V. und Infothek-Dessau

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Antifaschismus

Blutlachen wurden real

Im havel­ländis­chen Prem­nitz kam es in den let­zten Wochen immer wieder zu Gewal­tat­tack­en gegen Punks und Per­so­n­en, die das örtliche (Neo)nazimilieu als Feinde ihres “Deutsch­lands” aus­gemacht hat­ten. Seit ger­aumer Zeit existiert unter dem beze­ich­nen­den Titel “Red­watch” (engl.: “den Roten auflauern”) dies­bezüglich auch eine Art “Fah­n­dungsliste” im Inter­net auf der 66 Per­so­n­en mit Namen und Porträt­fo­to als so genan­nten “Antifaschis­ten” veröf­fentlicht und dadurch bedro­ht werden.

Nach dem Antifaschist_innen jedoch auf diese Seite aufmerk­sam macht­en, dis­tanzierten sich die “Mach­er von Red­watch” auf der Inter­net­präsenz der “Nationalen Sozial­is­ten Prem­nitz / Freie Kräfte West­havel­land” von der gewalt­täti­gen Aus­sage ihrer Per­so­n­e­nau­flis­tung: “Nach Mei­n­ung der Krim­inellen „AntiFa“ wird durch diese Seite ver­sucht „antifaschis­tis­che“ Jugendliche „aufzu­lauern“ und zu „bedro­hen“. Was mit ziem­lich­er Sicher­heit nicht der Fall sein wird…”

Am ver­gan­genen Woch­enende wur­den die auf der “Red­watch” — Seite angedeuteten Blut­lachen jedoch real. Nach ein­er Diskover­anstal­tung in Prem­nitz lauerten mehrere (Neo)nazis, die sich zum Teil im Gesichts­bere­ich ver­mummt hat­ten, einen Punk, der bei “Red­watch” als “Antifaschist” aufge­lis­tet ist, auf und schlu­gen ihn der­art zusam­men, dass er im Gesicht und im Fußbere­ich mehrere Frak­turen (Knochen­brüche) erlitt. Seine Begleit­er wur­den eben­falls attackiert.

Trotz der Heftigkeit des Über­falls gelang es den Opfern jedoch einem der Täter die Ver­mum­mung herun­terzureißen und dadurch Alexan­der Kneschke, einen der mut­maßlichen Betreiber der “Red­watch” Seite, zu iden­ti­fizieren. Als weit­er­er Mit­täter wurde ein 31 Jähriger Nazis­chläger aus Prem­nitz erkan­nt, der zur im April 2005 ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft “Hauptvolk” gehört(e).

Siehe auch:

https://inforiot.de/artikel/redwatch-wird-blutruenstiger

und:

https://inforiot.de/artikel/visier-%E2%80%9Eanti-antifa%E2%80%9C

 

 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Rechtsextremistische Webangebote aus der Uckermark — Torsos, verschwunden oder schlecht gepflegt

Pin­now — Die Webange­bote der ver­schiede­nen recht­sex­trem­istis­chen Grup­pierun­gen in der Uck­er­mark ver­schwinden nach und nach aus dem Netz. Selb­st das früher so agile „Nationale Net­z­tage­buch“ hat neben dem Gezwitsch­er von Julius Fär­ber kaum noch etwas zu bieten.

Zu Beginn des Super­wahl­jahres 2009 leuchtete mit der Web­site des Bünd­nis Uck­er­mark ein neuer Stern am uck­er­märkischen Nazi-Him­mel, die sich als Ban­ner- und Linkverze­ich­nis von Märkisch­er Aktions­front (MAF), den Kam­er­ad­schaften Heimatschutz Ger­ma­nia (HSG) und Nationale Aktivis­ten Uck­er­mark (NAUM) präsen­tierte. Dazu kam die Web­site des FC Ein­heit 06 und eine Samm­lung Ger­man­is­ch­er Vor­na­men. Die MAF führte dann auch den Barn­im-Uck­er­mark Block auf der Nazi-Demon­stra­tion Anfang Feb­ru­ar 2009 in Dres­den an.

FC Ein­heit 06

Dem FC Ein­heit 06, der in Pren­zlau mit zwei Mannschaften in der Freizeitli­ga Fußball spielte, wur­den durch Bürg­er­meis­ter Moser schnell die Fed­ern ges­tutzt. Entwed­er Beken­nt­nis “Gegen Frem­den­feindlichkeit und Recht­sex­trem­is­mus” oder keine Plätze mehr von der Stadt zum Fußball­spie­len, war die Alter­na­tive vor die alle Freizeit­fußballer gestellt wor­den waren, nach­dem das recht­sex­treme Engage­ment der Freizeit­fußballer des FC Ein­heit 06 ruch­bar gewor­den war.

Aufge­fall­en war auch das Clubl­o­go, das zur einen Hälfte einen Fußball und zur anderen Hälfte den nation­al-sozial­is­tis­chen Reich­sadler mit Eichenkranz in den Fän­gen aber ohne Hak­enkreuz zeigte. Gespon­sort wur­den die Trikots des Fußball­clubs unter anderem von ein­er Fir­ma aus Eber­swalde, die dem Ex-Märkischen Heimatschützer Gor­don Rein­holz gehört.

Mitte März 2009 meldete sich der Fußbal­lk­lub vom Spiel­be­trieb ab, ent­fer­nte das Logo von der Web­site und ver­schwand in der Versenkung. Seit­dem ist die Web­site unberührt.

Nationale Aktivis­ten Uckermark

Wer die bei­den Web­sites der NAUM sucht, der sucht vergebens. Sowohl der Link von der Bünd­nis-Web­site zum Ucker­boten, eine tk Domain als auch der direk­te Aufruf der NAUM Web­site, eine tl Domain, scheit­ern. Allerd­ings waren bei­de Web­sites zuvor auch nur spo­radisch gepflegt worden.

Heimatschutz Ger­ma­nia

Der HSG begrüßt seine Besuch­er nach wie vor als Wehrsport­gruppe: Schle­ichen­der Sol­dat durch Pren­zlauer Forst. Das war es aber auch. Die let­zten neuen inhaltlichen Ein­träge haben 2008 stattge­fun­den. Seit­dem herrsch neben dem Schle­ichen Schweigen im Walde.

Es ist zu ver­muten, dass sowohl die NAUM als auch die HSG sich in den neuen Pren­zlauer Orts­bere­ich der NPD inte­gri­ert haben. Ein Hin­weis darauf kön­nte ein klein­er Bericht über Kranznieder­legun­gen an ver­schiede­nen Sol­daten­gräbern und Sol­datenge­denksteinen sein, der im Mai auf der Web­site der NPD Barn­im-Uck­er­mark (BUM) erschien. Der­ar­tige Kranznieder­legun­gen waren bish­er eine Domäne des HSG, die gemein­sam mit dem Nationalen Bünd­nis Preußen und soge­nan­nte Freien Aktivis­ten in den let­zten bei­den Jahren organ­isiert wor­den waren.

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Sonstiges

Auf sie mit Idyll!

INFORIOT Wiglaf Droste, Jahrgang 1961, ist Autor und Sänger. In seinen satirischen Tex­ten schimpft er über vieles und etwas sel­tener lobt er auch. Meis­tens hat er recht. Von März bis Juli diesen Jahres war Droste Stadtschreiber in Rheins­berg. Der Großstädter – lange Zeit Berlin, jet­zt Leipzig – lebte also einige Monate im kleinen Bran­den­burg. Wir haben uns bei ihm erkundigt, wie das war.

Von Wiglaf Droste erschienen zulet­zt „Im Sparadies der Friseure“ (mit sprachkri­tis­chen Tex­ten) sowie „Auf sie mit Idyll! Rheins­berg­er Bogen“ (über die Zeit in Rheinsberg).

Sie haben vor ein paar Jahren mal geschrieben: „Für Bran­den­burg gibt es nicht den ger­ing­sten Grund; Bran­den­burg existiert, weil irgen­det­was wohl um Berlin herum­liegen muss.“ Nun waren Sie Stadtschreiber in Rheins­berg. Was ist da schiefgegangen?

Schiefge­gan­gen ist nichts, ganz im Gegen­teil. Ich habe die Per­spek­tive gewech­selt; ich fuhr nicht mehr durch Bran­den­burg hin­durch, ich war dort. Und kon­nte also genau hin­se­hen. Sie zitieren aus mein­er Geschichte „Das gelbe Grauen“, die ich vor etwa sechs Jahren schrieb, als ich noch in Berlin lebte. Aus dem Blick­winkel des Rheins­berg-Bewohn­ers auf Zeit sieht dann plöt­zlich der Berlin­er ziem­lich selt­sam aus. Ich habe das in der Geschichte „Wenn der Berlin­er kommt…“ beschrieben. (Siehe let­zte Frage)

Wie kam es zur Stadtschreiberei in Rheins­berg? Wie war es?

Peter Böthig, seit 1993 Leit­er des Kurt Tuchol­sky-Muse­ums, lud mich schon vor eini­gen Jahren ein, Rheins­berg­er Stadtschreiber zu wer­den; damals hat­te ich nicht die Zeit, aber beim zweit­en Anlauf klappte es, von März bis Juli 2009 war ich dort. Und kon­nte ein klitzek­leines Biss­chen mithelfen, die „Bombodrom“-Pläne der Bun­deswehr alt ausse­hen zu lassen. Yip­pieh!

Rheins­berg ist doch ein Dorf, in das die Busse voller Senior­in­nen und Senioren nur wegen des wack­e­li­gen Schloss­es von Friedrich II. kom­men. Andere und anderes, Tuchol­sky zum Beispiel, ist kaum zu sehen und noch weniger zu spüren. Oder?

Senior­in­nen und Senioren“ entstammt dem wat­ti­gen, vernebel­nden Ver­laut­barungs­vok­ab­u­lar; reden wir doch wahrheits­gemäß über alte Leute. Die sind allerd­ings reich­lich zu Gast in Rheins­berg, oft reise­busweise und geri­atrie­far­ben ange­zo­gen, in dieser spez­fis­chen Mis­chung aus beige, grau und grün­lich, die vom Her­an­na­hen des Todes kün­det. Andere tauchen in der Form des bik­enden Fit­ness­rent­ners in entsprechend unwürdig bunter Klam­ot­tage im Städtchen auf. Sich mit der Geschichte Friedrichs in Rheins­berg zu beschäfti­gen, lohnt aber; ohne Preußen und Friedrichs Aggres­sion­spoli­tik sind auch die weit­eren deutschen Katas­tro­phen nicht begrei­flich. Das Tuchol­sky-Muse­um wird tat­säch­lich von weniger Leuten besucht; dafür aber von solchen, die ihrem Geist etwas Gutes tun wollen und nicht Nippes aus dem Andenken­laden suchen. 

Ein Lesetipp bitte: Was soll­ten wir alle von Tuchol­sky gele­sen haben?

Mit „wir alle“ weiß ich nichts anz­u­fan­gen; empfehlen kann ich Tuchol­skys Schriften von 1919 bis 1931, da war er auf der Höhe sein­er Kun­st und sein­er Kampfkraft. Seine Briefe zu lesen, die er schrieb, nach­dem er in seinen eige­nen Worten „ein aufge­hörter Schrift­steller“ war, finde ich bis heute indiskret und über­grif­fig – eben etwas für Lit­er­atur­wis­senschaftler und Journalisten.

Geht man in Bran­den­burg zur Schule, wird man beständig mit Fontane gequält. Was hal­ten Sie von dem?

In der Schule „Effi Briest“ lesen zu müssen, fand ich auch mau. Aber dass die alte Stinkepfeife Gün­ter Grass ihn „Fonty“ nan­nte, hat Fontane nicht ver­di­ent. Er ver­strömt zwar einen gehörig behäbi­gen Groß­vater­groove; wenn Sie aber ver­gle­ichend Stifter lesen, kommt Ihnen Fontane ger­adezu ras­ant vor. 

Wenn Sie bish­er über Bran­den­burg schrieben, schimpften Sie meis­tens und lobten höch­stens die niedlichen Störche. So ähn­lich machen wir das auch. Gibt es eigentlich auch etwas Pos­i­tives? Haben Sie Neues ent­deckt während der Zeit in Rheinsberg?

Es zählt nicht zu den Pflicht­en des Dichters, „das Pos­i­tive“ zu sehen oder es her­beizuschreiben. Die Wirk­lichkeit als Rheins­berg­er Stadtschreiber erwies sich als über­raschend; vor allem die Tage an und in den Seen, die aus­gedehn­ten Fahrradaus­flüge durch die Wälder, aber auch die Couragiertheit und Gewitztheit des Rheins­berg­er Enten­volkes – das alles war mir neu. Es war gut, und es tat gut.

Neben Ihnen gibt es noch einen anderen West­deutschen, der in Bran­den­burg zu tun hat und Sprachkri­tik übt, näm­lich den ehe­ma­li­gen Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm. Was hal­ten Sie von dessen Analyse: Über­all PC-Ver­bote und Zen­sur, nicht ein­mal „Neger“ darf man mehr sagen?

Was erwarten Sie denn son­st von einem deutschen Gen­er­al? Es sind heutzu­tage asoziale Flegel wie Jörg Schön­bohm, Oliv­er Pocher oder Gui­do West­er­welle, die sich damit brüsten, „nicht poli­tisch kor­rekt“ zu sein. Wer es zum Indiz der Frei­heit verk­lärt, „Neger“ sagen zu dür­fen, der hat nicht Frei­heit im Sinn, son­dern im Gegen­teil Feigheit: Der will nicht nur tak­t­los sein, wehtun und her­ab­set­zen, son­dern das auch noch ungeah­n­det tun dür­fen, als han­dele es sich um ein Grund- und Menschenrecht.

Es gibt ein neues Buch von Ihnen. Was ste­ht da drin?

Ich kön­nte diese Frage als Indiz ein­er gewis­sen Unvor­bere­it­eth­eit Ihrer­seits ver­ste­hen, aber sei’s drum: Die let­zte Pub­lika­tion ist der „Rheins­berg­er Bogen“, der eben­da ent­stand. Und darin find­et sich, neben anderem, die fol­gende Geschichte, die Ihre erste Frage beant­wortet und auch ein geeignetes Schluss­wort ist. Voilà:

Wenn der Berlin­er kommt…

Am Woch­enende und an kirch­lichen Feierta­gen über­fällt den Berlin­er der Wun­sch, ein Men­sch zu sein. Zwar hat er vor lauter Wichtigkeit vergessen, was das ist und wie das geht, aber er nimmt es sich tüchtig vor und organ­isiert es mit der ihm eige­nen Bedeut­samkeit. Mis­ter Hyde möchte wieder Dok­tor Jekyll wer­den; zwar bleibt er immer Mis­ter Hyde, egal wie humanoid er sich auch verklei­det, schminkt oder gibt, aber das weiß er nicht, ignori­ert es also fro­hge­mut, wirft sich in Freizeitschale, klemmt sich Mausi unter den Arm und knat­tert los.

Sein Ziel ist das, was er ganz selb­stver­ständlich als „Umland“

beze­ich­net; die Her­ablas­sung, die in diesem Wort steckt, ist ihm zwar nicht bewusst, aber dur­chaus so gemeint. Schließlich ist Berlin der Mit­telpunkt der Welt, um den alles andere eben herum­liegt und nur darauf wartet, mit dem Geschenk eines Besuchs beglückt zu wer­den. Wenn ein Berlin­er eine Vorstel­lung davon hätte, dass die von ihm als Rest betra­chtete übrige Men­schheit ihre eige­nen und von ihm ganz unab­hängi­gen Ziele ver­fol­gen kön­nte, dann wäre das schon sehr viel.

Der Berlin­er hat von nichts eine Ahnung, das aber laut und vernehm­lich. Er muss auch nichts wis­sen; er ist ja schon da, das genügt ihm voll­ständig und sollte auch jedem anderen ein hin­re­ichen­der Grund zur Freude sein. Und so taucht er im Städtchen auf, gern in großer Schau­macherkarre oder auch auf dem heftig pött-pöt­tern­den Motor­rad, jeden­falls so, dass man ihn optisch und akustisch wahrnehmen muss, ob man das nun möchte oder nicht. Hat er sein Sieht-mich-auch-jeder?-Vehikel abgestellt, walzt er in Zweier- oder in Vier­rerrei­he übers Trot­toir wie ein gemäch­lich­es Bre­it­wandgesäß, lässt nie­man­den passieren und hat demon­stra­tiv jede Menge Zeit.

Etwas Kon­tur­los­es, Matschiges, Sinnlos­es umwe­ht ihn; ohne sich eine

Form zu geben, würgt und wirscht er durch die Gegend und teilt der Welt in Kör­per­sprache mit: Ist es nicht her­rlich, dass ICH jet­zt frei habe? Mag sein – aber geht das die Welt irgen­det­was an? Und ist es nicht erstaunlich, wie brül­lend laut die ange­blich stumme Kör­per­sprache sein kann?

Dezente Zurück­hal­tung über­lässt der aus­flügel­nde Berlin­er anderen.

Er ist inzwis­chen im Lokal angekom­men und ver­langt Bedi­enung. Die ste­ht ihm zu, aber zack-zack. Ungläu­big und wider­willig muss der Vertreter der Aus­flugssorte Men­sch zur Ken­nt­nis nehmen, dass nicht allein er und die Seinen auf die sin­gulär außergewöhn­liche Idee ein­er Aus­fahrt kamen; viele, viele andere sind aus­ge­flo­gen, manche sog­ar schon vor ihm. Bekommt er jet­zt vielle­icht nicht sofort einen Platz und alles, worauf er ein Anrecht hat? Skan­dal? Ver­rat? Ja, auch – vor allem aber Frech­heit, jawohl: „Eine Frech­heit is dett!“

Mür­risch und kurz vor maulen ste­ht der aus­flugszielfix­ierte Berlin­er im Lokal und hüh­n­ert mit den Füßen. Beina­he schon hat er ein abschließend weg­w­er­fend­es „Also hier kannste ja ooch jar­nisch mehr hin­jehn!“ auf den Lip­pen, als er doch noch einen freien Tisch erspäht. Allerd­ings ste­ht dieser recht entle­gen halb um die Ecke, und die Rück­en­lehnen der Stüh­le sind gegen die Tis­chkan­ten gekippt. Über diese kleinen Zeichen sieht und geht der Aus­flü­gler großzügig hin­weg, eilt samt seinem Tross hinzu, rückt und ruck­elt sich das Gestühl osten­ta­tiv und aber­mals gut vernehm­lich zurecht, macht es

sich bequem und schaut mit erwartungsvoll gerun­de­tem Karpfen­mund zu

Kell­ner­in und Kellner.

Die allerd­ings haben gut zu tun, und ihre Wegschneisen liegen

abseits des Tis­ches, an dem Fam­i­lie Sitz­sack Platz genom­men hat. Die

Stim­mung am Tisch verdüstert sich; wie kann das sein? Wir sind schon zwei Minuten hier, und das Essen ste­ht noch nicht auf dem Tisch? Es wird nach Bedi­enung gewinkt, gerufen, mit den Fin­gern geschnipst und sog­ar gep­fif­f­en; auch diese groben Regelver­stöße bleiben fol­gen­los, in jed­er Hin­sicht. Nun macht der Aus­flugs­fam­i­lien­vor­stand die Angele­gen­heit zur Chef­sache, ste­ht auf, strafft sich, san­dalet­tet in einen weniger dezen­tral gele­ge­nen Bere­ich des Garten­lokals hinüber und stellt sich entschlossen und mutig ein­er Kell­ner­in in den Weg. Die, ein volles Tablett in den Hän­den, erk­lärt ihm den­noch geduldig, dass an jen­em Tisch lei­der nicht bedi­ent werde; zu diesem Zeichen habe sie ja auch die Stüh­le gegen den Tisch gelehnt.

Das Gesicht des Aus­flü­glers wird zur Bühne, auf der ein

faszinieren­des Schaus­piel sich ereignet: Zehn­telsekunde für Zehn­telsekunde kann man dabei zuse­hen, wie lange es dauert, bis der Groschen fällt. Als er durchgerutscht ist, klappt dem Aus­flü­gler der Mund auf. In wort­los­er Wut star­rt er die Kell­ner­in an, dreht sich um und macht seinem Klün­gel ein Handze­ichen, aufzuste­hen. Geräuschvoll rauscht die Truppe ab. Im Gesicht des Chefaus­flü­glers aber arbeit­et es. Seine Sprache kehrt in ihn zurück. Er dreht sich noch ein­mal um, schwillt zu voller Bedeu­tung an und entlässt den Inhalt seines Tri­umpha­torenkopfes in den Tag: „So kann ditt ja nüscht wern im Osten!“ – Nein, da muss erst ein­er wie er kom­men, bis alles so schön ist wie überall.

Was ist der Unter­schied zwis­chen Ter­ror­is­ten und Touristen?

Ter­ror­is­ten haben Sympathisanten.

 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Neonazi-Aufmarsch in Halbe unter Auflagen genehmigt

Halbe — Die Polizei hat unter stren­gen Aufla­gen einen Neon­azi-Auf­marsch in Halbe am 14. Novem­ber 2009 genehmigt. Allerd­ings dür­fen sich die erwarteten 400 Neon­azis nur auf dem Bahn­hofsvor­platz ver­sam­meln, wie das Polizeiprä­sid­i­um Frank­furt (Oder) am 27. Okto­ber mitteilte.

 

Zunächst woll­ten die Neon­azis von der Lin­den­straße bis zum Kriegerehren­mal für die Gefal­l­enen des Ersten Weltkrieges marschieren. Allerd­ings seien die Örtlichkeit­en begren­zt, heißt es weit­er, zudem wür­den zu mehreren Gegen­ver­anstal­tun­gen Hun­derte Teil­nehmer erwartet. Unter dem Mot­to “Vielfalt tut gut im Schenken­länd­chen” wollen Antifaschis­ten demon­stri­eren. Zur Teil­nahme an der Ver­anstal­tung haben bere­its mehrere Land­tags­frak­tio­nen aufgerufen. Auf den Seit­en des Land­tags heißt es:

 

Mit diesem Aktion­stag wer­den das Gemein­we­sen und die demokratis­che Bürg­erge­sellschaft des Amts­bere­ich­es Schenken­land gestärkt. Gemein­sam mit ihren Unter­stützern und Koop­er­a­tionspart­nern bieten die Gemein­den an diesem Tag ein buntes Pro­gramm der „Vielfalt“ an. Ergänzt wird das lokale Ange­bot durch über­re­gionale Beiträge und durch die Präsenz und Unter­stützung ver­schieden­er lan­desweit agieren­der Akteure und Netzwerke.

 

In der Region um Halbe fan­den bei den Kämpfen im April 1945 ver­mut­lich 60.000 Men­schen den Tod. Halbe beherbergt heute eine der größten deutschen Kriegs­gräber­stät­ten, wo Sol­dat­en, Flüchtlinge und Zivilis­ten begraben wur­den. Immer wieder ver­suchen neon­azis­tis­che Grup­pierun­gen dieses Gedenken für einen Auf­marsch an den Kriegs­gräbern und für die Ver­bre­itung ihres recht­sex­tremen, frem­den­feindlichen und geschichtsver­fälschen­den Gedankengutes zu missbrauchen.

 

Der Land­tag ruft die Bran­den­burg­erin­nen und Bran­den­burg­er auf, am 14. Novem­ber 2009 in Halbe für Demokratie, Tol­er­anz und Weltof­fen­heit einzutreten. Halbe darf kein Wall­fahrt­sort für Neon­azis werden!

 

Die Neon­azis wollen unter dem Mot­to “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en und den europäis­chen Frei­willi­gen” nach Bran­den­burg mobil­isieren. “Da die Poli­tik wie auch die Medi­en sich über­schwänglich über ihren ange­blichen “Sieg” über Halbe erfreut haben und die sys­temtreuen Antifaschis­ten in das gle­iche Horn gestossen haben, wollen wir diese “demokratis­chen Gut­men­schen” eines Besseren belehren”, heißt es. In gewohnt kriegerisch­er Sprache verkün­den die Neon­azis: “Feld­her­ren wür­den dazu sagen – Zwar haben sie eine Schlacht gewon­nen – Aber nicht den Krieg. In diesem Sinne auf ein Neues !”

 

Neon­azis marschieren immer wieder am Volk­strauertag auf, um ihren kriegerischen Heldenkult zu betreiben und die Ver­brechen der Wehrma­cht zu rel­a­tivieren. Im ver­gan­genen Jahr marschierten Neon­azis unter anderem in Berlin zu einem Heldenge­denken auf; ein Auf­marsch von Recht­sex­trem­is­ten aus Bran­den­burg und Sach­sen wurde zudem in Burg / Bran­den­burg aufgelöst. Wie die Polizei berichtete, hat­ten sich etwa 80 Neon­azis mit Fack­eln und Trans­par­enten offen­bar unangemeldet ver­sam­melt. Am Sol­daten­fried­hof Halbe blieb es 2008 erneut ruhig.

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