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Kameras in der Innenstadt

(MAZ, 14.07.) POTSDAM Für Van­dalen und Graf­fi­ti-Sprayer kön­nten in der Pots­damer Innen­stadt in Zukun­ft schwere Zeit­en anbrechen. Pots­dams CDU will unter den Innen­stadthändlern eine Umfrage zum The­ma Videoüberwachung starten. “Wenn eine Mehrheit das will, wer­den wir beim Innen­min­is­teri­um einen entsprechen­den Antrag stellen”, sagte der Pots­damer CDU-Stadtverord­nete Wolf­gang Cor­nelius, der in der Bran­den­burg­er Straße eine Par­fümerie besitzt, gestern auf ein­er Ver­anstal­tung des hiesi­gen Kreisver­ban­des der
Senioren-Union. Die Kam­eras wür­den allerd­ings nur in den Nacht­stun­den angeschal­tet sein, betonte er. 

Die Zukun­ft der Innen­stadt als Einzel­han­dels­stan­dort schätzte Cor­nelius pos­i­tiv ein. Mit­tler­weile stimmten die Rah­menbe­din­gun­gen. Mit dem
Karstadt-Kaufhaus sei ein “Fre­quenzbringer” zu erwarten, allerd­ings auch ein
Konkur­rent. Die Innen­stadthändler müssten sich auf das Karstadt-Sortiment
ein­stellen und dieses ergänzen, sagte er. Zum Beispiel könne man das Angebot
spezieller oder bre­it­er gestal­ten. Möglich sei auch, sich durch ein
preiswert­eres oder exk­lu­siveres Sor­ti­ment abzuheben. Zugle­ich kündigte er
die Grün­dung eines “Parkrings” durch die Händler der AG Innen­stadt an: Diese
wollen dann den Kun­den die Kosten für die Benutzung des neuen Parkhaus­es in
der Hege­lallee erstatten. 

Entsch­ieden wandte sich der Poli­tik­er gegen eine Aufhe­bung der
Sor­ti­ments­beschränkun­gen im Pots­dam-Cen­ter. “Das wäre der Todesstoß für die
Innen­stadt.” Eine Lockerung könne nur schrit­tweise erfol­gen, aber erst, wenn
die City flo­riere und nach Abstim­mung mit Karstadt, so Cor­nelius. Die Stadt
ste­he bei dem Kaufhauskonz­ern im Wort, betonte er. 

Für den “unbe­friedi­gen­den” Zus­tand der City machte Cor­nelius vor allem den
früheren Baus­tad­trat Detlef Kamin­s­ki ver­ant­wortlich. Dieser sei ein
“Haup­tak­teur” in der “Krim­i­nal­sto­ry” um den Bau des Pots­dam-Cen­ters gewesen.
An den Fol­gen des Pro­jek­ts habe die Innen­stadt noch immer “zu knabbern”,
betonte er. Viele Inve­storen, auch Karstadt, hät­ten ihre Pläne für eine
Ansied­lung im Stadtzen­trum wegen des Bahn­hof­s­cen­ters sein­erzeit auf Eis
gelegt.

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Hakenkreuz eingeritzt

(MAZ, 14.07.) SELCHOW Ein Bürg­er ent­deck­te am Mon­tag ein in das Sicher­heits­glas eines Buswarte­häuschens in Sel­chow ein­ger­itztes Hak­enkreuz (30 mal 30 Zen­time­ter) und eine SS-Rune. Er brachte die Straftat zur Anzeige.

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Wieder integriert

Fam­i­lie Bay­er darf in Neu­rup­pin bleiben / Kreis wird Urteil nicht anfechten

(MAZ, 13.7., Andreas Vogel) Ellas Augen strahlen vor Freude. “Ich möchte allen danken, die uns geholfen haben.” Die Mut­ter von Natal­ie und Alexan­dra Bay­er ist gestern Mit­tag wie ihre zwei Töchter zur Reifen­fir­ma von Uwe Wildt nach Bech­lin gekommen. 

Dort, auf der Arbeitsstelle ihres Mannes, hat­te im Sep­tem­ber der Protest gegen die dro­hende Abschiebung der aus Kasach­stan stam­menden Fam­i­lie begonnen. Dort wur­den die ersten der inzwis­chen weit mehr als 5000 Unter­schriften gesam­melt, dort ver­suchte gestern auch Jörg von Frey­mann, der Anwalt der Fam­i­lie, alle Fra­gen zu beant­worten. Ja, die Fam­i­lie erhalte ihre Ausweise zurück; nein, sie brauche keine Erlaub­nis von der Aus­län­der­be­hörde mehr, bevor sie den Kreis ver­lassen darf. Möglich macht das das Urteil des
Oberver­wal­tungs­gericht­es, das die Fam­i­lie zu “Sta­tus-Deutschen” erk­lärt hat und nicht als Aus­län­der sieht (die MAZ berichtete). 

“Auch mit der Arbeit­ser­laub­nis wird es jet­zt leichter”, ist von Frey­mann überzeugt. Uwe Wildt hört das gern. Der Fir­menchef hat den Kfz-Mechaniker Ivan Bay­er wegen seines fre­undlichen Auftretens und sein­er zuverlässigen
Arbeit längst zu sein­er recht­en Hand im Betrieb gemacht — trotz des bürokratis­chen Mehraufwan­des. Das ist wohl auch mit ein Ver­di­enst von Ross­wi­eta Funk, die seit vier Jahren mit Fam­i­lie Bay­er befre­un­det ist. Die Neu­rup­pin­er CDU-Frau hat ihre Parteifre­unde Schön­bohm und Petke in Potsdam
mit dem Fall kon­fron­tiert, gemein­sam mit dem Schinkel­gym­na­si­um — Natal­ie besucht dort ab August die 11., Alexan­dra die 9. Klasse — eine Demo zum Kreistag organ­isiert und Lan­drat Chris­t­ian Gilde (SPD) wieder und immer
wieder aufge­fordert, bei sein­er Entschei­dung nicht allein die Para­grafen, son­dern auch die Men­schen zu sehen. Der Kreis hat jedoch stets auf das Bun­desver­wal­tungsamt ver­wiesen, das der Fam­i­lie Bay­er den Sta­tus als
Spä­taussiedler ent­zo­gen hat. Dage­gen klagt die Fam­i­lie. Mit einem ersten Ver­hand­lung­ster­min rech­net von Frey­mann in “vielle­icht zwei, drei Jahren”, mit einem Urteil erst in fünf Jahren. Bis dahin dür­fen Ella und Ivan,
Natal­ie und Alexan­dra Bay­er nicht abgeschoben wer­den. Und selb­st wenn das Gericht sie wieder zu Aus­län­dern erk­lären würde, kön­nte die Fam­i­lie dage­gen Wider­spruch einlegen. 

“Vielle­icht gibt es bis dahin schon ein anderes Aus­län­der­recht”, sagt Chris­t­ian Gilde. Der Lan­drat find­et die Entschei­dung des Gerichts gut — Fam­i­lie Bay­er hat er das aber noch nicht gesagt.

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Sich fügen heißt lügen

(MAZ, 12.07., Den­nis Stiel­er) Grün und Schwarz waren am Sonnabend­nach­mit­tag für zwei Stun­den die bes­tim­menden Far­ben in Oranien­burg. Das Schwarz klei­dete die meis­ten der
Autonomen und Antifaschis­ten, die demon­stri­erend durch die Stadt zogen, das Grün die Polizis­ten, die diesen Zug begleit­eten. Die Demon­stra­tion stand im Zeichen des Gedenkens an Erich Müh­sam. Der anar­chis­tis­che Schrift­steller war am Sonnabend vor 70 Jahren im Konzen­tra­tionslager Oranien­burg von SS-Leuten ermordet worden. 

“Sich fügen heißt lügen”, mit dieser Zeile des Dichters als Mot­to zogen rund 160 Demon­stran­ten vom Bahn­hof bis in die Nähe der Stelle, an der Müh­sam 1934 erhängt gefun­den wor­den war. Organ­isiert wurde die Demo von der
“Antifaschis­tis­chen Gruppe Oranien­burg”. Deren Mit­glieder nutzten die Gele­gen­heit, um auf die gegen­wär­ti­gen Aktiv­itäten rechter Kräfte in Oranien­burg hinzuweisen. So sei die Jugend­kul­tur in der Stadt von Rechten
dominiert und rechte Organ­i­sa­tio­nen wie der “Märkische Heimatschutz” wür­den immer offen­er agieren. Die Demo-Organ­isatoren kri­tisierten aber auch die Stadt Oranien­burg, die es erlaubt habe, dass an der Stelle, an der Erich Müh­sam starb, ein Super­markt errichtet wurde. 

Begleit­et wurde die Kundge­bung von ein­er großen Zahl von Polizis­ten. Die Ein­satzkräfte kamen aus Pots­dam und vor allem aus Berlin. Von dort hat­te man die Beamten rekru­tiert, die Erfahrun­gen mit den Demon­stra­tio­nen und Auss­chre­itun­gen am 1. Mai haben. Dieses Know-how allerd­ings braucht­en die
Polizis­ten kaum. Denn in Oranien­burg blieb am Sonnabend, ganz im Sinne des Paz­i­fis­ten Erich Müh­sam, alles friedlich. 

Doch nicht nur die autonomen Antifaschis­ten gedacht­en des ermorde­ten Dichters. Auf ein­er Festver­anstal­tung in der Gedenkstätte Sach­sen­hausen sprach Wolf­gang Kröske, bekan­nter unter seinem Pseu­do­nym “Dr. Selt­sam”, über die Gründe, aus denen die SS Müh­sam has­ste. Kröske ist Mit­glied der
Müh­sam-Gesellschaft und ini­ti­ierte die alljährlichen Lesun­gen an Müh­sams Grab in Berlin-Dahlem. 

Die His­torik­erin Christl Wick­ert, Mitar­bei­t­erin der Gedenkstätte KZ Neuengamme, referierte über die Rolle der SS in den Konzen­tra­tionslagern Oranien­burg und Sach­sen­hausen. Und Ger­hard Leo, während des Krieges Wider­stand­skämpfer in Frankre­ich, beein­druck­te die Gäste mit der Erzählung
von seinen dama­li­gen Erlebnissen. 

Und es gab viel Musik. Die Ver­anstal­tung in Sach­sen­hausen begleit­ete die Paris­er Sän­gerin Corinne Douarre, sie sang eigene Lieder und ver­tonte Müh­sam-Texte. Im Regine-Hilde­brandt-Haus gaben Isabel Neuen­feldt und der
Magde­burg­er Sänger Gre­gor Hause Müh­sam-Lieder zum Besten. Dr. Selt­sam las Pas­sagen aus “Der Lei­densweg der Zen­zl Müh­sam”, der Tag endete mit ein­er Filmvorführung.

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Junge Leute gaben Geschichtslektion

(LR, 12.7.) Das Aktions­bünd­nis gegen Geschicht­sre­vi­sion­is­mus hat­te gestern zu ein­er «Geschichtsstunde» auf den Sprem­berg­er Mark­t­platz ein­ge­laden. Zur besten Kaf­feezeit ver­ri­eten harte Klänge aus dem Laut­sprech­er, dass sich hier junge Leute deut­lich artikulieren wollten. 

Und das tat­en sie dann auch in ein­er kurzen Ansprache. Anknüpfend an die Debat­te um die Teil­nahme des Alt­bürg­er­meis­ters am Tre­f­fen von Vet­er­a­nen der SS-Divi­sion Frunds­berg und die Pub­lika­tion «Sprem­berg ist Frontstadt» vom CDU-Land­tagskan­di­dat­en Andreas Kot­twitz forderte der Sprech­er der etwa 60 Teil­nehmer am Aktion­stag eine öffentliche Aus­seinan­der­set­zung mit recht­sex­tremem und nazis­tis­chem Gedankengut, das noch in manchen Köpfen spuke. Man werde keine Geschicht­sumdeu­tung oder Ver­harm­lo­sung dulden. 

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Essenstafel gegen Flüchtlings-Umzug

POTSDAM Mit ein­er Aktion unter dem Mot­to “Über den Teller­rand…” hat die Ini­tia­tive für Begeg­nung am Sam­stag gegen den bevorste­hen­den Umzug des Asyl­be­wer­ber­heims von der Kirschallee in den Lerchen­steig protestiert. An
ein­er großen Essen­stafel auf dem Platz vor dem Bran­den­burg­er Tor bot sich die Gele­gen­heit, mit den Heim­be­wohn­ern ins Gespräch zu kom­men und auf kuli­nar­ischem Wege fremde Kul­turen ken­nen­zuler­nen. Die Speisen wur­den von
den Flüchtlin­gen selb­st zubere­it­et und kosten­los ange­boten. Die Ini­tia­tive bezahlte die Zutat­en; Getränke wur­den gegen eine Spende aus­geschenkt. “Das Konzept spricht die Leute an”, bilanzierte Olaf Löh­mer, ein Sprech­er der
Ini­tia­tive. Vor allem wolle man mit der Aktion auf die Prob­leme aufmerk­sam machen, die mit dem Umzug des Heims an die städtis­che Periph­erie ein­herge­hen. Der All­t­ag gestalte sich für die Flüchtlinge viel schwieriger,
vor allem für solche mit Kindern, so Löh­mer. Viele bekä­men Depres­sio­nen. Die
Bausub­stanz des Heims am Lerchen­steig sei zudem viel schlechter als in der
Kirschallee. Auch könne die Unter­bringung in Einzelz­im­mern kaum noch
gewährleis­tet werden. 

Der Ver­wal­tung warf Löh­mer “Behäbigkeit” vor. Die Stadt habe gar nicht erst
ver­sucht, das Heim in der Kirschallee zu hal­ten. Auch an der
Arbeit­er­wohlfahrt (Awo), die ab August für die Betreu­ung der Asylbewerber
zuständig ist, übte Löh­mer Kri­tik. Erst auf Druck der Ini­tia­tive sei es
gelun­gen, die ehre­namtliche Kinder­be­treu­ung auch kün­ftig aufrecht zu
erhal­ten. Die Awo habe diese “absä­gen” wollen. 

Für die Zeit nach dem Umzug kündigte Löh­mer weit­ere Aktio­nen an. So wolle
man die Tra­di­tion der Län­der­abende wieder aufleben lassen, bei der die
Flüchtlinge ihre Heimat­staat­en vorstellen. “Dann fühlen sie sich auch
ern­stgenom­men”, so Löhmer.

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Vergessen wird Marinus nicht”

(BM, 12.07., Sophia-Car­o­line Kosel) Pot­zlow — Das Aus­maß der Grausamkeit hat selb­st die abgebrühtesten
Polizis­ten und Juris­ten erschreckt: In der Nacht zum 13. Juli 2002 wurde der
16-jährige Mar­i­nus im uck­er­märkischen Pot­zlow von drei jun­gen Männern
gefoltert, bis er tot war, und dann in eine Jauchegrube geworfen. 

Erst Monate nach dem Ver­brechen, das sich nun zum zweit­en Mal jährt, fanden
die Ermit­tler nach einem Hin­weis die skelet­tierte Leiche. Die Jugendkammer
am Landgericht Neu­rup­pin verurteilte die Mörder — ein 17 und 23 Jahre altes
Brud­er­paar aus Pot­zlow und ein 18-Jähriger — zu Gefäng­nis­strafen zwischen
zwei und 15 Jahren; der zu ein­er zwei­jähri­gen Jugend­strafe verurteilte
18-Jährige durfte aus dem Gerichtssaal direkt nach Hause gehen. Das Urteil
ist allerd­ings noch nicht recht­skräftig. Staat­san­waltschaft und Verteidigung
gin­gen in Revi­sion, der Fall liegt nun in den Hän­den des Bundesgerichtshofs. 

Das erstin­stan­zliche Urteil nah­men die geständi­gen Mörder so auf, wie sie
den gesamten, fünf Monate dauern­den Prozess ver­fol­gt hat­ten: gleichgültig.
In Pot­zlow hinge­gen bewegt das Schick­sal von Mar­i­nus noch immer die Gemüter.
“Vergessen wird er nicht”, sagt Lin­da Unger, Bürg­er­meis­terin des 570-Seelen-
Dor­fes. An der Fried­hof­s­mauer erin­nert ein Gedenkstein an Mar­i­nus. Oft
liegen frische Blu­men da. 

Das Tre­f­fen des Opfers mit seinen Peinigern war zunächst ein friedliches
Trinkge­lage. Zum tödlichen Ver­häng­nis wurde dem Förder­schüler vor allem sein
Out­fit: Mit seinen blond gefärbten Haaren und den Hip-Hop­per-Hosen habe er
dem Feind­bild der recht­sex­trem ori­en­tierten Gewalt­täter entsprochen, sagte
Rich­terin Ria Bech­er in der Urteils­be­grün­dung; “Ziel war es, Mar­i­nus zu
demüti­gen. Ein Anlass dafür ist nicht ersichtlich.” 

Nach­dem die Täter ihr Opfer bere­its stun­den­lang gefoltert hat­ten, schleppten
sie es zu einem außer­halb gele­ge­nen ehe­ma­li­gen Stall­gelände, wo die
Gewalt­tätigkeit­en eskalierten. Nach dem Vor­bild der Schlüs­sel­szene im Film
“Amer­i­can His­to­ry X” wurde der Junge gezwun­gen, in einen Schwein­trog zu
beißen, dann sprang der jün­gere der Brüder ihm mit Stahlkap­pen bewehrten
Springer­stiefeln auf den Kopf. Schließlich warf er zweimal einen schweren
Stein auf den nur noch röchel­nden, aus Ohren, Nase und Mund blutenden
Mar­i­nus. Nach der Tat prahlte der 18-Jährige mehrfach vor Zeu­gen damit,
einen “Pen­ner” und “Asi” umge­bracht zu haben: “Das war ein gutes Gefühl, das
müsst ihr auch mal machen.” Mit Gle­ichal­tri­gen kehrte er laut Zeu­gen sogar
mehrfach zum Tatort zurück, stocherte mit einem Beil im “Grab” herum und
holte den zertrüm­merten Schädel heraus. 

“Eigentlich gab es keinen Grund dafür, dass mein Man­dant Mar­i­nus tötete”,
sagte sein Vertei­di­ger vor Gericht. “Er begreift diese Hand­lung selbst
nicht.” 

Pot­zlow-Mord: Urteil noch nicht rechtskräftig

(Tagesspiegel) Pot­zlow — Zwei Jahre nach dem grausamen Tod des Schülers Mar­i­nus Schöberl in
Pot­zlow ist das Urteil gegen seine drei Peiniger noch nicht rechtskräftig.
Die Revi­sion gegen die Schuld­sprüche im Mord­prozess am Neuruppiner
Landgericht laufe noch, hieß es beim Bun­des­gericht­shof in Karlsruhe. 

Die drei Täter waren im Okto­ber 2003 zu Gefäng­nis­strafen zwis­chen zwei und
15 Jahren verurteilt wor­den. Sie hat­ten Mar­i­nus in der Nacht zum 13. Juli
2002 stun­den­lang gefoltert, dann mit einem Fußtritt gegen den Kopf getötet
und ihn in ein­er Jauchegrube ver­schar­rt. Erst Monate nach dem Verbrechen
fan­den die Ermit­tler die skelet­tierte Leiche (der Tagesspiegel berichtete).
Nach der Tat prahlte ein­er der Peiniger mehrfach vor Zeu­gen damit, einen
“Pen­ner” und “Assi” umge­bracht zu haben. Mit Gle­ichal­tri­gen kehrte er laut
Zeu­ge­naus­sagen sog­ar mehrfach zum Tatort zurück, stocherte mit einem Beil im
“Grab” herum und holte den zertrüm­merten Schädel heraus. 

In Pot­zlow und in Berlin bewegt das grausame Schick­sal von Mar­i­nus Schöberl
noch immer die Gemüter. “Vergessen wird er nicht”, sagt Lin­da Unger,
Bürg­er­meis­terin des 570-See­len-Dor­fes in der Uck­er­mark. An der
Fried­hof­s­mauer erin­nert ein Gedenkstein an Mar­i­nus. Oft liegen dort frische
Blu­men. In Berlin wird es voraus­sichtlich bald ein The­ater­stück des
Filmemach­ers Andres Veiel (“Black Box BRD”) über das Ver­brechen geben. Er
ver­han­delt derzeit mit dem Berlin­er Max­im Gor­ki The­ater und dem Theater
Basel.

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Die Reichskristallnacht in Senftenberg

(LR, 10.7.) Im Novem­ber 1938 erschoss ein 17-jähriger Jude einen Nazidiplo­mat­en in
Paris, um sich wegen der Behand­lung sein­er Ange­höri­gen in Deutsch­land zu
rächen. Die Nazis benutzten dies als Anlass, in der «Kristall­nacht» vom 9.
auf den 10. Novem­ber 1938 Juden heimzusuchen. 

Auch in Sen­ften­berg wur­den jüdis­che Bürg­er mis­shan­delt, getötet, ausgeraubt
und ver­schleppt. Eines der promi­nen­ten Opfer war Dr. Rudolf Martin
Reyersbach. 

Der hochange­se­hene jüdis­che Notar und Recht­san­walt war als hilfsbereit
bekan­nt, ver­trat mit­tel­lose Arbeit­er, ohne Hon­o­rar zu nehmen. Er hat­te einen
großen Kun­denkreis und ein gutes Ver­hält­nis zu den Bürg­ern. In der
Kristall­nacht ver­nahm Rey­ers­bach ein stür­mis­ches Klin­geln an sein­er Tür. Im
Mor­gen­man­tel öffnete er die Tür. SS- und SA-Män­ner pack­ten den 41-Jährigen,
war­fen ihn die Treppe hin­unter, schleiften ihn durch die Bahn­hof­s­traße zum
Markt, wo sie auf ihn ein­trat­en. Rey­ers­bach starb auf der Polizeiwache. 

Eine Augen­zeu­g­in erzählt: «Ich werde diesen Anblick nie vergessen. Herr
Rey­ers­bach sah aus wie in Blut gebadet» . 

Frau Rosen­zweig erin­nert sich: «Ich denke oft an den schwärzesten Tag meines
Lebens. Die Nacht vom 9. auf den 10. Novem­ber 1938. SA- und SS-Leute waren
betrunk­en. Sie durften mor­den und plün­dern. Sie legten Feuer im
Tex­tilgeschäft von Natan Klein. Sein­er Nichte legten sie johlend eine
Drahtschlinge um den Hals und zogen sie mit dem Auto bis auf den Markt. Dann
holten sie Dr. Rey­ers­bach. Ich warnte ihn zwei Tage vorher. Er solle
abreisen. Er sagte mir, man könne ihm nichts anhaben. 

Seine Tochter Astrid Zöll­ner besuchte die Hin­den­burg-Schule. Die 13-Jährige
wurde bespuckt, mit Steinen bewor­fen. Sie musste die Schule ver­lassen, weil
sie Hal­b­jüdin war. 

Die Hor­den macht­en nicht Halt vor einem schw­er kranken Men­schen, trieben ihn
mit Fußtrit­ten zum Markt, in Oranien­burg ver­starb er an den Folgen. 

Fam­i­lie Markus hat­te man das Schuhgeschäft geplün­dert. Auf dem Markt unter
dem Kan­de­laber musste Herr Markus auf den Knien tanzen und sin­gen. Die
70-jährige Frau Singer­mann zogen die Nazis in einem Hand­wa­gen durch die
Stadt, den sie laufend umwar­fen, unter Schlä­gen musste sie wieder
hineinkriechen. 

In den schwarzen Barack­en in der Forststraße wur­den jüdis­che Menschen
unterge­bracht, nur mit Lumpen durften sie sich zudeck­en. In den Baracken
wim­melte es von Ungeziefer. Andere ältere jüdis­che Bürg­er wur­den in das
Wild­schweinge­hege des Tier­parks einges­per­rt, einige sind, wie Saul
Rosen­zweig, in das KZ Buchen­wald ver­schleppt worden.»

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Oberverwaltungsgericht stoppt Abschiebung von Spätaussiedlern

(LR, 10.07.) Das Bran­den­burg­er Oberver­wal­tungs­gericht hat die Abschiebung ein­er Spä­taussiedler­fam­i­lie aus Kasach­stan vor­läu­fig gestoppt. 

Die Fam­i­lien­mit­glieder seien auf Grund des ihnen erteilten
Auf­nah­mebeschei­des für Spä­taussiedler vor­erst weit­er als Deutsche anzuse­hen, teilte das Gericht gestern zur Begrün­dung in Frank­furt (Oder) mit. Allerd­ings werde dieser Sta­tus erst nach der Ein­reise in einem besonderen
Ver­wal­tungsver­fahren endgültig fest­gestellt. Einen solchen Bescheid erhiel­ten Per­so­n­en, die ihre deutsche Volk­szuge­hörigkeit bele­gen kön­nen und ihren Wohn­sitz in den Repub­liken der Ex-Sow­je­tu­nion haben. 

Der Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin wollte den Angaben zufolge die Aus­reise der Fam­i­lie durch­set­zen, da sie als Aus­län­der ohne Bleiberecht gel­ten würden. 

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Harter Kampf um Härtefälle

(MAZ, 10.07., Stephan Brei­d­ing) POTSDAM In Bran­den­burg ist nach der Entschei­dung des Bun­desrates zum
Zuwan­derungs­ge­setz erneut Stre­it um die Ein­führung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion ent­bran­nt. Bran­den­burgs Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er und der recht­spoli­tis­che Sprech­er der PDS-Land­tags­frak­tion Ste­fan Sar­rach setzen
sich dafür ein und fordern zudem einen Abschiebestopp bei umstrit­te­nen Fällen bis Jahresende. 

Der Stre­it um die Grün­dung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion tobt schon seit Jahren.
Bis­lang hat­te Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) dies mit Ver­weis auf die
fehlende Rechts­grund­lage abgelehnt. Laut Zuwan­derungskom­pro­miss haben die
Län­der nun die Möglichkeit, eine solche Kom­mis­sion einzuführen — wenn sie es
wollen. Der Innen­min­is­ter will nicht. Er begrüße zwar die neue
Härte­fall­regelung, auf deren Grund­lage man Einzelfal­l­entschei­dun­gen treffen
kann. Doch eine Kom­mis­sion sei unnötig, so Schön­bohm. “Ein solches
Mis­strauensvo­tum haben die Richter nicht ver­di­ent.” Diese wür­den bereits
jet­zt ver­ant­wor­tungsvoll über Einzelfälle entscheiden. 

Eine Absage erteilte das Innen­res­sort auch der Forderung nach einem
pauschalen Abschiebestopp. Das beste­hende Aus­län­derge­setz gelte weit­er, so
Min­is­teri­umssprech­er Wolf­gang Brandt, “und zwar bis zum 31. 12., null Uhr”.
Bis zum Jahre­sende werde man prüfen, ob die Kreise und kre­is­freien Städte
auch weit­er­hin für alle Aspek­te des Aus­län­der­rechts ver­ant­wortlich bleiben
sollen. 

Die schnelle Ein­führung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion scheit­ert nicht nur an
Schön­bohm, son­dern auch am Zeit­man­gel: Entsprechende Pläne habe man für
diese Leg­is­laturpe­ri­ode, die mit der Land­tagswahl am 19. Sep­tem­ber endet,
bere­its zu den Akten gelegt, so Regierungssprech­er Man­fred Füger. “Das wird
Gegen­stand von neuen Koali­tionsver­hand­lun­gen sein.” Allerd­ings habe
Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) grund­sät­zlich sein Einverständnis
erklärt. 

Andreas Kuh­n­ert, aus­län­der­poli­tis­ch­er Sprech­er der SPD-Frak­tion, rechnet
fest mit ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion. Schön­bohm habe die Ein­führung immer von
ein­er rechtlichen Grund­lage abhängig gemacht. “Und die gibt es jet­zt.” Und
falls es nach den Wahlen zu Rot-Rot kommt, “gibt es erst recht keine
Prob­leme”. Keine Prob­leme wird es auch mit den Grü­nen geben. Deren
Spitzenkan­di­datin für die Land­tagswahl, Cor­nelia Behm, forderte sog­ar, dass
die Vor­bere­itun­gen für die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion sofort
begin­nen müssten. 

Im Land gebe es derzeit rund 7000 Asyl­be­wer­ber oder Flüchtlinge mit einer
Dul­dung, so die Aus­län­der­beauf­tragte Berg­er. Der im März von Kirchen,
Ver­bän­den sowie von SPD‑, PDS- und Grü­nen­poli­tik­ern gegrün­dete und von der
CDU kri­tisierte Härte­fall­beirat beschäftige sich derzeit mit zehn Fällen,
die “sehr unter­schiedlich gelagert” seien. Allerd­ings habe der Beirat nur
bera­ten­den Charakter. 

Härte­fal­lkom­mis­sio­nen gibt es derzeit in Berlin, Schleswig-Holstein,
Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Nor­drhein-West­falen. Die Berlin­er Kommission
wurde 1990 ein­gerichtet. Deren Mit­glieder wür­den Empfehlun­gen abgeben, über
die dann die Innen-Sen­atsver­wal­tung entschei­de, so Sen­atsmi­tar­beit­er Michael
Ham­pel. Das Sys­tem habe sich bewährt, so Ham­pel. “Eine Kom­mis­sion kann sich
für Einzelfälle mehr Zeit nehmen als Gerichte oder die Ausländerbehörde.”
Die Erfol­gsquote: Für die Hälfte der jährlich etwa 100 Fälle find­et die
Kom­mis­sion eine Über­gangslö­sung, bilanziert Ham­pel, “und für zehn bis 15
Prozent gibt es sog­ar eine dauer­hafte Lösung”.

Inforiot