ALTES LAGER Montag gegen 23 Uhr wurde der Polizei eine Ruhestörung in der Flugplatz-Siedlung gemeldet. Von Zeugen erfuhren die Beamten, dass vier männliche Personen im Bereich Kiefernweg “Sieg Heil” und “Heil Hitler” riefen und den Arm zum “Hitlergruß” ausstreckten. Die jungen Männer konnten namentlich benannt werden, sie sind der Polizei nicht unbekannt. Es wurde umgehend nach ihnen gefahndet, einer konnte noch in der Nacht vorläufig festgenommen werden. Gegen die anderen drei Personen laufen die kriminalpolizeilichen Ermittlungen.
Monat: Juni 2004
“Wir machen den Weg frei!”
Die Uckermark, speziell die Stadt Schwedt erwies sich am Samstag, den 05.06.2004 wieder einmal als ein dankbares Pflaster für rechtsextreme Aktionen. Das “Nationale und soziale Aktionsbündnis Mitteldeutschland” hatte zur Demonstration in die Oderstadt geladen und rund 60 Kameraden aus Prenzlau, Eberswalde, Strausberg, Angermünde, Mecklenburg/ Vorpommern und vor allem aus Berlin waren dem Aufruf gefolgt. Das Ganze ist ein Tei einer gemeinsamen Kampagne Freier Kameradschaften gegen die Agenda 2010.
Die Stadt Schwedt hielt es im Vorfeld weder für nötig, ein Verbot zu beantragen, Einfluss auf die Route zu nehmen, noch die wenigen zivilgesellschaftlichen Kräfte der Stadt zu informieren oder gar zu Protesten zu mobilisieren. Der “engagierte Antifaschist Schauer” (Bürgermeister- Eigenwerbung) ließ die Nazis einfach marschieren. Auch die Polizei, die mit rund 200 Leuten vor Ort war, tat von Anfang an alles, um etwaige Proteste mit allen Mitteln zu verhindern. Den wenigen, vor allem jungen Leuten, die wie mögliche Protestierer aussahen, wurde schon zwei Stunden vor Beginn des Aufzugs ein Platzverweis für das gesamte Stadtgebiet von Schwedt erteilt. Begründung der Einsatzleiters aus Angermünde: “Der Charakter der Versammlung befriedigt mich nicht!” Acht AntifaschistInnen, die diesem Platzverweis nicht nachkamen wurden wenig später in Gewahrsam genommen und ohne Begründung 3 Stunden festgehalten.
Die Nazisdemo selbst bestand aus der üblichen Mischung der bekannten Organisationen und Personen. Gordon Reinholz fungierte als Anmelder, der Märkische Heimatschutz und Autonome Nationalisten aus Berlin stellten die Hauptgruppe der Demonstranten, Verstärkung kam aus Mecklenburg / Vorpommern von einem “Heimatbund Pommern”.
Im Vorfeld hatte es vor allem in Angermünde und Schwedt Schmierereien an Wahlplakaten der etablierten Parteien gegeben, meist unterschreiben mit “NSBA”, vermutlich der lokale Versuch, sich aus dem “Nationalen und sozialen Aktionsbündnis Mitteldeutschland- NSAM” einen neuen Namen zu formen. Eine Woche vorher wurde das Arbeitsamt in Angermünde angegriffen, mit Farbbeuteln und solchen Parolen wie “Globalisierer an die Wand — NSBA”.
All das war wie gesagt kein Grund für die Stadt und die Polizei sich irgendwie gegen die Nazis zu stellen. Die Uckermark bleibt tolerant — vor allem gegenüber Nazis.
AntifaschistInnen aus der Uckermark
Das BARNIMER AKTIONSBÜNDNIS GEGEN GENTECHNIK lädt ein
Workshops und Aktionen zum Thema Gentechnik
bei den
Sommeraktionstagen FREIe HEIDe
Schweinrich, 21.- 26.Juli. 2004
Seit mehreren Jahren versucht die Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide (FREIe HEIDe) zwischen Neuruppin, Wittstock und Rheinsberg den größten Bombenabwurfplatz Europas einzurichten. Doch bis jetzt konnte das durch den Widerstand insbesondere der örtlichen Bevölkerung verhindert werden. Teil des Widerstandes sind die Sommeraktionstage: Camping am See, Diskussionen, Widerstand und Protest gegen die Inbetriebnahme des “Bombodroms”.
Nicht weit von der FREIe HEIDe, in Lentzke, betreibt der Bayer-Konzern ein Versuchsfeld mit genmanipulierten Kartoffelpflanzen. Das ist Anlaß für uns, den antimilitaristischen Protest mit dem Widerstand gegen die Gentechnik zu verbinden. Wir werden uns auf den Sommeraktionstagen an den Aktionen gegen das Bombodrom beteiligen und zusätzlich Workshops zum Thema Gentechnik anbieten. Am Samstag den 24 Juli planen wir einen Fahrrad- und Autokorso von Neuruppin nach Lentzke mit anschliessender Kundgebung am Genversuchsfeld. Was sonst noch läuft entscheiden wir spontan auf dem Camp.
Kommt also zahlreich zu den Sommeraktionstagen, beteiligt euch an den Aktionen gegen das Bombodrom und gegen das Gentechversuchsfeld.
Weitere Informationen:
freieheide-nb.de und
Fahrrad- und Autokorso, 24. Juli
13:30 Uhr, Bahnhof Neuruppin Rheinsberger Tor
15 Uhr, Lentzke
Ein nächstes Vorbereitungstreffen findet am 17. Juni statt. Bei Interesse einfach eine mail an gengruppe@dosto.de senden.
Zonen der Angst
Im Sommer 2002 setzen Rechtsextreme einen türkischen Imbiss in Lehnitz in Brand. Ein Jahr später hetzen Jugendliche einen Tunesier durch Oranienburg. Was prägt die Jugendkultur in der Stadt? Zwei Jahre lang untersuchte eine Studiengruppe die rechtsextreme Szene. Das Ergebnis — die Studie “Futur
exakt — Jugendkultur in Oranienburg zwischen rechtsextremer Gewalt und demokratischem Engagement — liegt jetzt vor. Mit den Autoren Ralph Gabriel und Ingo Grastorf sprach MAZ-Redakteurin Frauke Herweg.
“Früher war alles schlimmer” — das ist eine weit verbreitete Meinung zum
Rechtsextremismus in Oranienburg. Trifft sie zu?
Grastorf: Betrachtet man die Tatsachen — ja. Nach den Überfällen auf die
Asylbewerberheime zu Beginn der 90er sind spektakuläre Übergriffe weniger
geworden.
Gabriel: Bis 1995/96 gab es eine massiv organisierte rechtsextreme Szene in
Oranienburg. Das ist heute nicht mehr so. Feste Strukturen konnten wir nicht
beobachten. Gleichwohl haben die Strukturen zu Anfang der 90er die
Jugendkultur geprägt. Das darf man nicht vergessen. Wer sagt, dass vor
einigen Jahren noch alles schlimmer gewesen war, läuft Gefahr, die
Sensibilität dafür zu verlieren, was heute tatsächlich noch da ist.
Wie ist die Szene heute organisiert?
Grastorf: Sie ist sehr viel privater geworden und damit auch aus der
öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Die Bereitschaft zu handeln ist nach
wie vor da. Allerdings ist unser Eindruck, dass die Szene spektakuläre
Aktionen auch gar nicht mehr nötig hat. Sie hat ohnehin Einzug in das
Alltagsleben gefunden.
Mit Mario Popiella ist 2003 erstmals ein NPD-Kandidat in den Kreistag
gezogen. Wie wichtig sind rechte Parteien oder rechtsextreme Organisationen
für Oberhavel?
Gabriel: Die NPD hat mit 3 bis 5 Prozent der Stimmen ihren festen
Wählerstamm. Zwar kommen einige NPD-Persönlichkeiten aus Oberhavel — der
Pressesprecher des NPD-Landesverbandes Thomas Salomon etwa oder der
Rechtsanwalt Richard Miosga. Auf die Jugendkultur hat die NPD nur wenig
Einfluss.
Grastorf: Der Märkische Heimatschutz ist da für Jugendliche viel
interessanter. Er versucht, die Jugendlichen vor Ort anzusprechen.
Allerdings lässt sich noch nicht klar sagen, wie groß sein Einfluss in
Oranienburg wirklich ist. In Eberswalde hat er schon sehr gut Fuß gefasst.
In Oranienburg ist er gerade dabei.
Wie groß ist die Szene?
Gabriel: Der Verfassungsschutz spricht von sechs Leuten, die in Oranienburg
zum harten Kern der Rechtsextremen gehören. Im ganzen Landkreis sollen es 21
sein. Etwa 40 Rechtsextreme halten der Verfassungsschutz und die Polizei für
gewaltbereit. Bei allen Zahlen allerdings sind die Unter-18-Jährigen nicht
mitgezählt.
Grastorf: Im Einzelfall ist es immer sehr schwierig zwischen Täter und
Zuschauer zu unterscheiden. Die Hetzjagd auf den Tunesier im August 2003
zeigt, dass die Jugendlichen ihre Rollen durchaus gewechselt haben.
In Ihrem Buch sprechen Sie von “Zonen der Angst”. Wo gibt es die in
Oranienburg und was ist damit gemeint?
Gabriel: Was eine Zone der Angst ist, kann nur ermessen, wer Angst hat. Ich
hätte keine Angst, am Oranienburger Bahnhof, am Weißen Strand in Lehnitz
oder an der Aral-Tankstelle an der Berliner Straße vorbeizugehen. Ein
Migrant oder ein Andersaussehender womöglich schon. Von den Zonen der Angst
sind in der Vergangenheit häufig Überfälle ausgegangen. Wer sich als
potenzielles Opfer fühlt, weiß das und meidet diese Orte womöglich.
Grastorf: Zonen der Angst sind immer temporär. Es ist ungewiss, ob dort
etwas passiert. Es kann etwas passieren. Das ist der Moment der Willkür.
Wenn ich als Mensch dunkler Hautfarbe mittags am Oranieburger Bahnhof
langgehe, muss ich mich dort wahrscheinlich nicht bedroht fühlen. Am Abend
kann das allerdings schon wieder ganz anders aussehen.
Eine der zentralen Thesen in Ihrem Buch ist, rechtsextreme Repräsentanten
könnten sich in Oranienburg sicher sein, von einer schweigenden Mehrheit
toleriert zu werden. Ist Oranienburg eine rechte Stadt?
Gabriel: Das kan man nicht so ohne weiteres beantworten. Was man aber sagen
kann, ist: Viele haben in Oranienburg für die potenziellen Opfer nichts
übrig. Bei uns entsteht der Eindruck, sie möchten in einer Gemeinschaft von
Gleichen unter sich bleiben. Das Problem Rechtsextremismus als solches wird
nicht erkannt, man möchte sich auch keine Probleme schaffen. Ein konkretes
Beispiel: Auf Stadtfesten haben wir beobachtet, wie Jugendliche, die durch
ihre Kleidung und ihr Auftreten eindeutig als rechtsextrem zu erkennen
waren, toleriert wurden. Ihnen wurde auf die Schulter geklopft, man lud sie
zum Bier ein. Niemand regte sich auf. Es gibt so etwas wie einen
fremdenfeindlichen Konsens in Richtung “Die sagen, was wir denken.”
Wie bewerten Sie das demokratische Engagement der vergangenen Jahre? Wie beurteilen Sie das Engagement des Landkreises?
Gabriel: Es ist gut, dass es diese interkulturellen Begegnungen zwischen
Jugendlichen verschiedener Herkunft gibt. Für die politische Bildung bringt
gemeinsames Grillen jedoch nur wenig. Solche Begegnungen sind zu wenig
nachhaltig. Die Jugendlichen verbleiben zumeist in den alten Strukturen.
Eisernes Kreuz aus Pflastersteinen
HALBE Die Besatzung eines Polizeihubschraubers stellte am Wochenende beim Überfliegen eines Grundstücks bei Halbe ein aus dunkelgrauen Pflastersteinen gearbeitetes Eisernes Kreuz fest. In der Mitte des Eisernen Kreuzes war
gleichfalls mit dunkelgrauen Pflastersteinen ein Hakenkreuz eingelegt. Der Besitzer des Grundstücks erhielt eine Anzeige und die Auflage, diese Kreuze innerhalb von zwei Tagen zu entfernen. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf.
NEIN zur EU-Osterweiterung!
lautet das Motto einer Demonstration am 12.06. in Eisenhüttenstadt.
Organisiert wird sie von der NPD und sogenannten freien Nationalisten.
Mal wieder zeigt sich, dass dieses rechtskonservative Spektrum von gestern zu seien scheint. Es muss wohl an ihnen vorbeigegangen sein, dass die EU-Osterweiterung, gegen die sie sich so tapfer wehren wollen, schon lange geschehen ist.
Auch scheinen sie, nach Mittelalter- Art, ein wenig Angst zu haben, vor den Menschen, auf der anderen Seite des Flusses.
Vor den bösen Polen, die
“ihren verarmten und arbeitslosen Bevölkerungsüberschuß so schnell wie möglich in die EU und vor allem nach Deutschland abschieben.”
wie es in ihrem Demoaufruf heißt.
Und natürlich vor der Brücke, die es dort bald geben soll, denn
“Über diese Brücke werden zehntausende fremde Arbeitskräfte zuerst in unseren Landkreis kommen.”
so bangen sie weiter.
Und mit Sicherheit werden sie in Horden hereinströmen, ihre Autos klauen, ihnen die Frauen ausspannen, ihre Mülltonnen plündern und wenn sie all das haben, nehmen sie auch noch ihre Arbeitsplätze, die es sowieso nicht gibt.
Der Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt möchte all das noch ein wenig ausführlicher darstellen und erhält dabei freundliche Unterstützung vom Bundespressesprecher Klaus Beier und dem freien Nationalisten Thomas Wulff.
Wer sich dieses Geheule live anhören möchte, kann das tun. Die Demo beginnt am Samstag, 11:00 Uhr am Bahnhof.
Die Route verläuft folgendermaßen:
Eisenbahnstraße, Straße der Republik, Lindenallee — Zwischenkundgebung vorm Friedrich-Wolf-Theater, zurück zur Straße der Republik, Diehloer Straße, Neuzeller Straße, Beeskower Straße, Zwischenkundgebung am Busbahnhof, Beeskower Straße, Bahnhof, Ende gegen 17:00 Uhr.
Mahlow-Jamaika-Birmingham
Das Fundament einer Brücke von Mahlow nach Birmingham ist gebaut. Am
Wochenende besuchten drei enge Freunde Noël Martins den Jugendsozialverein
Freunde der Herbert-Tschäpe-Schulen. Gemeinsam beriet man, wie ein
dauerhafter Kontakt aufzubauen ist zwischen dem märkischen Ort, wo Noël
Martin 1997 einen ausländerfeindlichen Angriff nur querschnittsgelähmt
überlebt hat, und der britischen Stadt, wo der Jamaikaner zu Hause ist.
“Wir brauchen jemanden in Birmingham, der für uns Kontakte zu Vereinen oder
Schulen knüpft”, sagt Uwe Schüler vom Schulförderverein und der Initiative
Tolerantes Mahlow. Bislang lief die Verbindung nur direkt über Noël Martin,
den Mahlower Jugendliche zweimal besucht haben. Eine dritte Fahrt wird es im
Herbst geben. “Vielleicht schaffen wir es, dass die Schüler in Zukunft bei
Gastfamilien wohnen und nicht in einer Pension”, so Schüler.
Die Gäste vom Wochenende wollen sich dafür in Birmingham einsetzen. Sie
trafen unter anderem mit den Jugendlichen zusammen, deren Fahrt im Herbst
ansteht, und besuchten die Stiftung Großes Waisenhaus in Potsdam, die den
Noël-und-Jacqueline-Martin-Fonds verwaltet. “Wir sind sehr enge Freunde von
Noël”, sagt Bernhard Parke über sich, Edwin Williams und Leroy Siwell, drei
“Jamaikaner mit britischem Pass”. Alle drei erfuhren damals über den Vorfall
in Mahlow nur per Telefon. “Es hieß, er hatte einen Unfall. Ich war zwar
geschockt, aber dachte mir noch, dass solche Dinge eben passieren”, erzählt
Williams. Erst später bekamen sie die Details mit, vor allem dass es kein
Unfall, sondern ein Überfall gewesen war. Sie wussten, dass es Rassismus in
Deutschland gibt. “Aber das gilt nicht für ein ganzes Land, nur für eine
Minderheit, und das kommt überall vor”, so Williams. “Aber wir wissen auch,
dass man nur ein Streichholz braucht, um ein Feuer zu entfachen.”
Besonders nah geht das Schicksal dem alten Schulfreund Leroy Siwell, dem
Noël Martin einst half, nach Großbritannien zu kommen und sich dort zurecht
zu finden: “Noël war für mich alles, jetzt helfe ich ihm, denn er hat eine
Tragödie nach der anderen erlebt.” Der Überfall, das Gefesselt-Sein an den
Rollstuhl, der Tod von Ehefrau Jaqueline. Früher sei Noël Martin ein
“Fitness-Freak” gewesen, ergänzt Parke: “Jetzt würde er demjenigen sein Haus
schenken, der ihn aufstehen und hinausgehen ließe.”
In England wurde Noël Martins Fall über Fernsehen und Zeitungen zwar
bekannt. “Doch die Leute vergessen, wenn sie den Mann gar nicht kennen, um
den es geht”, sagt Parke. Auch deshalb wolle er den Kontakt nach Mahlow
nutzen, um Menschen mit verschiedenen Kulturen zusammenzubringen: “Die
Kinder sind unsere Zukunft. Wenn wir sie nicht richtig erziehen, dann
bringen sie ihren Kindern später auch nicht das Richtige bei.” Sein
zwölfjähriger Sohn Troy lernt sogar Deutsch in der Schule und würde gern mal
in die Bundesrepublik kommen. Der Wunsch könnte sich bald erfüllen. Wenn
möglich soll im kommenden Jahr eine Jugendgruppe aus Birmingham Mahlow
besuchen und in zwei Jahren sollen ein oder zwei englische Teams bei der
Freizeit-Weltmeisterschaft im Fußball teilnehmen, die an der Tschäpe-Schule
vorbereitet wird.
Zweifelhafter Führungswechsel
(LR, 4.6.) «Im extrem rechten Spektrum gibt es offenbar eine neue Strategie – den Marsch durch die Institutionen.»
So lautet der Kommentar des Berliner Politikwissenschaftlers und Rechtsextremismus-Experten Richard Stöss zu einem Vorgang, der derzeit für Unruhe und Empörung in und außerhalb des Brandenburger Journalistenverbands (DJV) sorgt. Es geht um eine Personalie in der Führung der
Journalistengewerkschaft, die im Land Brandenburg rund 1000 Mitglieder zählt.
Auf dem jüngsten Verbandstag am 15. Mai ist eine schillernde Figur zum Vize-Landesvorsitzenden des Brandenburger DJV gewählt worden. Ihr Name: Torsten Witt. In Berlin ist er kein Unbekannter. Zunächst dem nationalkonservativen Flügel der FDP angehörend, war Witt Landesvorsitzender, später sogar nach eigenen Angaben kurze Zeit Vize-Bundesvorsitzender des rechtskonservativen «Bundes Freier Bürger» , der wegen enger Kontakte zur rechtsextremen Szene im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 1999 erwähnt war. Vorwurf: latente Fremdenfeindlichkeit
und antisemitische Tendenzen.
Lob von rechter Zeitschrift
Die Zeitschrift «Nation und Europa» , ein führendes Blatt der rechtsextremen Szene, schrieb im Jahr 1999: «Mit beachtlichem Engagement kämpft der Berliner Landesverband des Bundes Freier Bürger unter Führung seines Vorsitzenden Torsten Witt gegen den Bau des Holocaust-Denkmals.»
Witt selbst rief damals, wie aus einer von ihm laut Impressum verantworteten Pressemitteilung aus dem Jahr 1999 hervorgeht, in Berlin zu Demonstrationen gegen das Holocaust-Mahnmal auf. Im Internet veröffentlichte Fotos zeigen ihn 1999 auf einer Demonstration gegen die doppelte Staatsbürgerschaft – gemeinsam mit dem späteren NPD-Aktivisten Horst Mahler.
Noch ungewöhnlicher aber sind die Begleitumstände der Wahl, die frühere Vorstandsmitglieder wie den Potsdamer Fotografen Matthias Littwin von einer «feindlichen Übernahme» sprechen lassen.
45 neue Mitglieder
Kurz vor der Wahl traten dem Brandenburger DJV 45 neue Mitglieder bei. Witt, seit Mitte der 90er-Jahre bereits Mitglied, habe das organisiert, darauf geachtet, dass Formalien eingehalten wurden, erinnert sich Littwin. Von
seiner Vita, sagt Ex-Vorstandsmitglied Andrea Metzler, «haben wir nichts gewusst. Wir waren blauäugig.» Das böse Erwachen sei erst nach dem traditionell nur gering besuchten Verbandstag erfolgt, auf dem die Neumitglieder plötzlich die Mehrheit hatten. In den DJV-Vorstand wurden neben Witt auch seine Berliner Firmenpartner Thomas Müller und Sören Patz
gewählt, beide wie er geschäftsführende Gesellschafter einer Berliner Medien- und Verlagsfirma.
Alle 45 «neuen» Brandenburger DJV-Mitglieder kamen vom Verband junger Journalisten (VJJ) aus Berlin, darunter auch dessen Vorsitzender Thomas Müller. Der frühere VJJ-Chef war Witt. Aus dem VJJ-Kuratorium war 1993 der damalige Berliner Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) demonstrativ ausgetreten. Er begründete dies mit ihm vorliegenden Informationen, wonach Witt in der Vergangenheit «über Jahre hinweg zumindest Kontakte zu der neuen rechtsextremen Szene in Deutschland gepflegt habe.» In dem Schreiben Krügers
heißt es: «Mir gibt die jahrelange Kontinuität ihrer sympathisierenden Verbindungen zu Personen und Institutionen des rechtsextremen Spektrums sehr zu denken.»
Gleichwohl bestreitet Witt vehement, die Strippen für die Vorstandsneuwahlen gezogen zu haben. Auch den Vorwurf rechtsextremer Tendenzen weist er zurück. «Ich bin sicher kein Sozialist. Ich bin ein Nationalliberaler» , sagt er
über sich. Mit der NPD oder den Republikanern habe er nichts zu tun, auch die Ansichten von Mahler teile er nicht. Rückendeckung bekommt er von dem mit Hilfe der Neumitglieder gewählten neuen DJV-Landesvorsitzenden Bernd Martin. «Jeder hat das Recht auf einen geistigen Irrtum» , sagt Martin zur
Vita von Witt, die ihm bekannt gewesen sei. «Gegen das Holocaust-Mahnmal waren auch andere.»
Empörung wächst
Ungeachtet dessen wächst die Empörung im Brandenburger DJV, wo viele Mitglieder erst jetzt von dem Wechsel der Führungsspitze erfahren: Der frühere Vorstand will über ein Mitgliederbegehren (Internetseite) einen außerordentlichen Verbandstag und vorzeitige Neuwahlen erzwingen.
Für den Vorsitzenden der Brandenburger Landespressekonferenz, den ZDF-Journalisten Peter Kranz, zeigt der Fall vor allem eins: «Solche
zweifelhaften Köpfe können es nur schaffen, wenn Mehrheiten ihnen erst
solche Lücken bieten.»
Denkmalschändung aufgeklärt
(MAZ, 5.6.) NEURUPPIN Nach dreimonatigen Ermittlungen hat der Potsdamer Staatsschutz die Schändung des Jerusalemhains in Neuruppin aufgeklärt: Zwei Jugendliche und ein Heranwachsender aus Neuruppin und Fehrbellin haben gestanden, in der Nacht
zum 7. März das Denkmal für das jüdische Volk mit Hakenkreuzen und antisemitischen Parolen (“Arbeit macht frei” und “Jedem das Seine”) beschmiert zu haben. Auch die Schändung eines jüdischen Gedenksteins im
benachbarten Fehrbellin in derselben Nacht haben die Jugendlichen inzwischen zugegeben.
Bei den Ermittlungen stieß der Staatsschutz zudem auf zwei weitere Verdächtige aus dem rechten Umfeld — ebenfalls junge Leute aus der Region. Sie sollen unter anderem für eine Körperverletzung und ein Propagandadelikt verantwortlich sein. Bei der Wohnungsdurchsuchung der fünf Verdächtigen
wurden Hakenkreuzwimpel, weitere Nazi-Devotionalien, Musik der verbotenen Band “Blood and Honour”, ein Springmesser sowie eine Pistole gefunden.
Die Polizei geht deshalb davon aus, dass die Jugendlichen fest im rechten Milieu integriert sind und aus Überzeugung gehandelt haben. Wie die in der Wohnung gefundenen Gegenstände strafrechtlich zu bewerten sind, ist zurzeit
noch offen. Wegen der Schwere der Vorwürfe sowie wegen des Alters der Beschuldigten komme jedoch kein beschleunigtes Verfahren oder ein vereinfachtes Jugendverfahren infrage, hieß es von Seiten der Neuruppiner Staatsanwaltschaft.
(BM) Wriezen — Ein 15-jähriger Berliner arabischer Herkunft ist am Mittwochabend in Wriezen (Märkisch-Oderland) von einem 15-jährigen Mädchen mit einer Rasierklinge attackiert worden. Die Angreiferin fügte ihm einen sieben
Zentimeter langen und 1,5 Zentimeter tiefen Schnitt am Hals zu. Der Junge schleppte sich zunächst noch in das Heim für schwer Erziehbare, wo er seit Februar untergebracht war. Ein Betreuer alarmierte den Notarzt. Im Krankenhaus Wriezen musste Mohammed F. operiert werden. “Sein Zustand war
lebensbedrohlich, denn er hatte bereits viel Blut verloren”, sagte Staatsanwalt Ulrich Scherding, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder). Der Zustand des Jugendlichen stabilisierte sich aber gestern,
nachdem die Blutung gestoppt werden konnte.
Nur eine Stunde nach der offenbar rassistisch motivierten Attacke auf den Jungen konnte die Polizei die beiden hauptverdächtigen Jugendlichen aus Wriezen festnehmen: Susanne S. (15) und Tobias G. (14). Am Nachmittag erließ
das Amtsgericht Bad Freienwalde Haftbefehle gegen beide wegen versuchten Mordes. Aus Sicht der Ermittler haben die beiden aus “niedrigen Beweggründen” gehandelt. “Ihr Vorgehen war ganz eindeutig ausländerfeindlich motiviert”, sagte Scherding.
Die Tat geschah am Mittwoch gegen 19 Uhr mitten auf dem Marktplatz der 8600-Einwohner-Stadt im idyllischen Oderbruch. Mohammed F. schlenderte an der Kirche vorbei. Dort sah er eine Gruppe von etwa 15 Jugendlichen, die
sich nach Angaben eines Anwohners dort “regelmäßig” trifft. Unter den jungen Leuten sollen sich auch bekennende junge Neonazis befinden. Die “Linken” in Wriezen wüssten das, so der Insider, und mieden diesen Platz deshalb am Abend. Das spätere Opfer wusste indes offenbar nichts davon.
Mohammed F. fragte nach Angaben der Ermittler einen der Umstehenden nach einer Zigarette. Dies hätten die jungen Leute offenbar als Provokation verstanden, wie Scherding sagte. Zunächst hätten sie den Jungen beschimpft:
“Verpiss dich, du Araber.” Dann habe Tobias G. die Rasierklinge gezückt und dem Jungen gedroht: “Dich schlitze ich auf.” Schließlich soll Susanne S. mit den Worten “Lass mich den Araber aufschlitzen” die Klinge genommen haben.
Sie griff den Jungen an und zog ihm die Klinge quer über den Hals.
Mohammed F. hatte zunächst gar nicht begriffen, wie schwer er verletzt
worden war. In Panik rannte der Junge quer durch die Fußgängerzone zurück zu
der katholischen Jugendeinrichtung, in der er wohnt und wo er Hilfe fand.
“Ich wusste gar nicht, was los war, es ging so schnell”, sagte Mohammed
gestern im Krankenhaus.
Die mutmaßliche Täterin ist der Polizei in Wriezen einschlägig bekannt. Auf
das Konto des blonden, kräftigen und gedrungenen Mädchen gehen bereits
zahlreiche Körperverletzungen. Auch ein Verfahren wegen des Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen soll bereits anhängig sein.
Im März 2000 hatten Skinheads auf einem Parkplatz in Wriezen einen damals
14-Jährigen mit Baseballschlägern fast zu Tode geprügelt. Sie hatten ihr
Opfer der linken Szene zugerechnet.
Versuchter Mord: Mädchen verletzt Behinderten mit Rasierklinge
(MOZ) Wriezen (MOZ) Ein geistig behinderter Jugendlicher ist in Wriezen
(Märkisch-Oderland) bei einem Überfall schwer verletzt worden. Ein
15-jähriges Mädchen hatte den gleichaltrigen Mohamed F. eine tiefe
Schnittwunde am Hals zugefügt. Als Tatwaffe gilt eine Rasierklinge. Die
Staatsanwaltschaft spricht von einem fremdenfeindlichen Motiv.
Sowohl die 15-jährige Susanne S. als auch ihr Freund Tobias G. (14) sitzen
seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Die Ermittler werfen dem Paar
versuchten Mord vor. Staatsanwältin Konstanze Dalicho geht von “niederen
Beweggründen” der Täter aus.
Der Überfall hatte sich am Abend mitten auf dem Marktplatz der 7000
Einwohner zählenden Stadt zugetragen. Mohamed F. steuerte den Kreis von
zirka 15 jungen Leuten an, weil er sich eine Zigarette borgen wollte. Nach
Angaben von Ermittlern sollen die Jugendlichen den Libanesen daraufhin
beschimpft haben. “Fremdenfeindliche Parolen sind gefallen”, sagte die
Staatsanwältin. Täter und Opfer haben sich gekannt.
Dem Hass folgten Demütigungen. Im Kreis der Jugendlichen wurde Mohamed F.
gezwungen, seine Hose herunter zu lassen. “Die 15-jährige Susanne S. soll
ihm das befohlen haben”, so die Anklägerin. “Dass fand ihr Freund und
Mittäter offenbar nicht so lustig.” Er griff sich eine Rasierklinge und
hielt dem Opfer die scharfe Waffe an den Hals. Die schweren Verletzungen
fügte jedoch Susanne S. dem Jungen zu. Bei der Vernehmung durch einen
Haftrichter gestand die Schülerin, dass sie dem geistig Behinderten die
Rasierklinge in den Körper rammte. Eine sieben Zentimeter lange Wunde
klaffte im Hals des Jungen. Es bestand akute Lebensgefahr. Notärzte brachten
Mohamed F. ins Krankenhaus.
Während Tobias G. die Aussage verweigert, hat die Schülerin den Überfall
detailliert gestanden. Laut Staatsanwaltschaft bestreite sie jedoch einen
fremdenfeindlichen Hintergrund. Ob das Paar die einzigen Beschuldigen in dem
Fall bleiben, ist ohnehin noch nicht geklärt. “Wir schließen nicht aus, dass
es weitere Beteiligte gibt”, betonte Staatsanwältin Dalicho. Die
Ermittlungen dauern an. Dem Paar drohen bei einer Verurteilung nach dem
Jugendstrafrecht bis zu zehn Jahre Haft.
Mohamed F. besucht in Cöthen eine Förderschule. Der 15-Jährige lebt mit
seiner aus dem Libanon stammenden Familie seit vielen Jahren in Wriezen.
Anfeindungen hat sich der Schüler dort schon oft erwehren müssen.