POTSDAM — Der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) fiel unlängst wieder negativ auf: Ihr Spitzenkandidat bei den letzten Wahlen zum Studierendenparlament an der Uni Potsdam steht gleichzeitig auf der Landesliste der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU). Der RCDS an der Uni Potsdam bewegt sich seit Jahren in der Grauzone zwischen konservativen Idealen und der „Neuen Rechten“
Bemerkenswert ist hinsichtlich des RCDS Potsdam nur eines: Immer wieder kam es zu Skandalen, und immer wieder ging es um Rechte und Rechtsextreme, die im RCDS ein politisches Betätigungsfeld gefunden haben. Dieses Thema ist aktueller denn je – schließlich sitzt der RCDS Potsdam mit drei Abgeordneten im Studierendenparlament der Universität.
Die „Gaudeamus-Affäre“
Ende 1999 lässt der Rektor der Uni Potsdam die Ausgabe 3/1999 der RCDS-Zeitung „Gaudeamus“ verbieten und an allen Universitätskomplexen einsammeln. Grund hierfür: Eine ganzseitige Anzeige der „Jungen Freiheit“, dem Zentralorgan der „Neuen Rechten“. Als „Neue Rechte“ bezeichnet man gemeinhin die Schnittstelle zwischen Rechtsextremismus und rechtskonservativen Kreisen. Der Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sah bei der „Jungen Freiheit“ sogar den „Verdacht auf Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen“. Des Weiteren fand sich in der besagten Ausgabe des „Gaudeamus“ Werbung für die „Landsmannschaft Brandenburg“, eine schlagende Studentenverbindung – fälschlicherweise oft als Burschenschaft bezeichnet. Merkwürdigerweise warb auch das rechtsextreme „Nationale Infotelefon“ zu Weihnachten 1999 für die Landsmannschaft. Auch eine Probe-Abo-Karte für die Vertriebenenpostille „Ostpreußenblatt“ war dem Gaudeamus beigelegt. An dieses Verbot schloss sich eine langwierige Debatte an: Die „Junge Freiheit“ organisierte Klagen gegen die Uni Potsdam und initiierte eine Postkartenaktion gegen Rektor Loschelder. Selbst im Landtag war der RCDS Potsdam Thema.
Von der Pan€pa-Jugend zum Uni-Shop
2000 entstand dann aus dem RCDS heraus der „Bund freier Studenten“, eine mit Verbindungsstudenten durchsetzte Liste. Auch Sören Kupke, der für den RCDS im Studierendenparlament saß und ein Praktikum bei der „Jungen Freiheit“ absolvierte, schloss sich dieser Liste an. Kupke wurde zu dieser Zeit auch zum Geschäftsführer eines Landesverbandes der von „Pan€pa-Jugend“ gewählt. Die „Pan€pa Union“, deren Jugendorganisation Kupke angehörte, wurde zur Schaffung eines „Staatenbundes und Zollvereins zur Rettung Europas, der abendländischen Kultur und der weißen Rasse“ gegründet und fordert ein Deutschland in den Grenzen von 1937. Sören Kupke ist heute übrigens Leiter des universitätseigenen Fanartikelversandes „Uni-Shop“.
Die „Junge Freiheit“ und der RCDS Potsdam – eine Liebesbeziehung
Im Jahr 2002 saß Steffen Königer, bis 2004 Redakteur der „Jungen Freiheit“, im Vorstand des RCDS Potsdam. Dieser kandidierte 1999 in Brandenburg für den rechtsextremen Bund freier Bürger (BfB) und ließ in der „Jungen Freiheit“ seiner Gesinnung freien lauf: Reichspräsident Hindenburg, der Hitler zum Reichskanzler ernannte, erschien ihm als „ehrenwert“. Zum Volkstrauertag 2002 träumte er von den Briefen deutscher Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg: „Unbegreiflich, daß der Verbannung durch Goebbels nun die Verteufelung durch Thierse folgt.“ 2003 trat er wegen der Toleranz der „Homo-Ehe“ aus der evangelischen Kirche aus.
Verbinder als RCDS-Vorsitzender
Im Juni 2002 wurde Hans-Wilhelm Dünn zum Vorsitzenden des RCDS Potsdam gewählt. Dieser ist auch Verbindungsstudent und Mitglied der schlagenden Sängerschaft Borussia Berlin. Dünn ist heute Vorsitzender der Jungen Union (JU) Potsdams und der stellvertretender Vorsitzender der JU Brandenburg. Verantwortlich zeichnet er für eine Aktion der JU Potsdams im August dieses Jahres: Zum Jahrestag des Mauerbaus hatten die Jungunionisten nichts besseres zu tun als eine blutverschmierte Mauer vor der Landeszentrale der Linkspartei.PDS aufzubauen und so die Opfer der SED-Diktatur lächerlich zu machen.
Drei Sitze im StuPa: Dank DVU-Aktivisten
Auf Listenplatz eins bei den Wahlen zum Studierendenparlament (StuPa) stand beim RCDS in diesem Jahr Martin Hoeck. Wie sich kurz vor den Wahlen herausgestellt hat, steht Hoeck auf der Landesliste der rechtsextremen „Deutschen Volksunion“ (DVU) und ist für die DVU-Fraktion im Landtag Brandenburg Nachrücker. Der RCDS wusste bereits vor den Wahlen von Hoecks Engagement bei der DVU… Hoeck erhielt 60 Stimmen bei den Wahlen und damit die mit Abstand meisten beim RCDS. Anders gesagt: Ohne Hoeck hätte der RCDS sicher keine drei Sitze im Studierendenparlament. Erst nach der Wahl bezog der RCDS Stellung zur Personalie Hoeck und bemühte sich um Beschwichtigung.
Solange der RCDS mit Verbindungsstudenten – ein Großteil der Verbindungen sind durchaus als akademische Wegbereiter des Nationalsozialismus anzusehen – durchsetzt ist und eine offensichtliche Scharnierfunktion zwischen konservativer Politik und „intellektuellem“ Rechtsextremismus darstellt, bringt er den demokratischen Konsens unter den Studierenden an der Uni Potsdam in Gefahr.