Die neonazistischen Initiatoren der rassistischen Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ versuchen sich in Bürgernähe. Auf der Seite wird dazu aufgefordert, Spielsachen für „deutsche“ Kinder zu sammeln. Dass ausschließlich für „deutsche“ Kinder — beziehungsweise für jene, die die Macher*innen für solche halten – gesammelt wird, sollte hellhörig machen. Hinter den Kulissen wird das ganze von jener Gruppierung organisiert, die bereits einen rassistischen Aufmarsch in Frankfurt (Oder) am 17.01.2015 initiiert hat. Anmelderin dieser Demonstration war Franziska Koss.
Zum Glück fallen nicht alle auf die vermeintlich harmlose Aktion rein. Das Management des Frankfurter Südring Centers weigerte sich, als Abgabeort für die Spenden zu fungieren. In einem Schreiben an die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) heißt es: „Für diese Veranstaltung wird es auch vom Südring Center keine Genehmigung geben.“ Christine Toon, die Betreiberin von „Tina’s Partyservice“ hingegen scheint keine Berührungsängste mit den Neonazis zu haben. Mittlerweile präsentieren die besorgten Bürger*innen auf ihrer Facebook-Seite die ersten “Spenden”. T‑Shirts des Neonaziversandes Itsh84u- Streetwear. Dieser wird von Alexander Ulrich aus Karstädt (Prignitz) betrieben.
Rassist*innen bleiben Rassist*innen – auch wenn sie sich kinderlieb geben. Wer sie nicht konsequent isoliert und jegliche Zusammenarbeit mit solchen Organisationen verweigert, begibt sich in die Gefahr, als Feigenblatt für Rassismus und Menschenverachtung zu dienen.
Der BraMM-Pegida-Spaziergang
Ab 18:00 Uhr riefen die Organisator_innen zur Auftaktkundgebung der BraMM auf, bis kurz vor 18:30 blieb der Kundgebungsort jedoch mit circa 15 Personen relativ leer, dann strömten aus verschiedenen Richtungen größere Gruppen von eindeutig erkennbaren Neonazis zum Versammlungsort. Insgesamt folgten dem Aufruf der BraMM-Pegida circa 170 Menschen. Im Folgenden wollen wir einzelne Gruppen von Teilnehmer_innen näher beleuchten.
Die größte Gruppe unter den Spaziergänger_innen stellte die NPD. So reisten die beiden NPD- Kommunalpolitiker Pascal Stolle und André Schär mit einer größeren Abordnung aus Bad Belzig und Umgebung an. Pascal Stolle ist kein Unbekannter, er saß mehrere Jahre im Gefängnis weil er gemeinsam mit anderen Neonazis eine Punkband brutal überfiel. Des Weiteren griff er während einer Wahlparty der NPD im Mai 2014 einen Journalisten an. [1]
Ebenfalls eine größeren Gruppe Neonazis hatte der NPD-Kommunalpolitiker Michel Müller aus Rathenow im Schlepptau. Michel Müller saß wegen Beihilfe zum versuchten Mord im Gefängnis. [2] Ebenso nahmen Personen aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten an dem Spaziergang teil. Insgesamt kann die Teilnehmer_innenzahl aus dem Umfeld der NPD und JN mit circa 25 bis 30 beziffert werden.
Wie auch auf ihrer Internetpräsenz angekündigt, waren Personen der Gruppe „Ein Licht für Deutschland – Unser
Zeichen gegen Überfremdung“ vor Ort. Sie führt en ein kleines Hochtransparent und mehrere Schilder mit. Auf diesen war jeweils ihr Symbol, ein muskulös anmutender Arm mit einer Fackel, zu sehen. Federführend scheint hierbei M. Emi
nger, Bruder des im NSU-Prozess, als vermutlicher Unterstützer des NSU, Angeklagten A. Eminger, zu sein. [3] Diese Gruppe war mit 5 bis 10 Personen vor Ort.
Auch ein Vertreter der Identitären Bewegung, eine Organisation aus dem Spektrum der Neuen Rechten die ursprünglich aus Frankreich kommt, war mit einer Fahne in Brandenburg an der Havel. Erste Ableger bildeten sich im Jahr 2012 in Deutschland, diese konnten jedoch keine wichtige Stellung innerhalb der rechtskonservativen oder neonazistischen Szene erlangen.
Neben den zahlreichen organisierten Neonazis konnten weitere, nicht fest in Strukturen integrierte, Neonazis beim Spaziergang beobachtet werden. Zu diesen zählt unter anderem S. Lücke. Er überfiel am 15. Februar 1996 den schmächtigen Punk Sven Beuter, dieser verstarb wenige Tage später an den Folgen des Übergriffs. Lücke saß daraufhin mehrere Jahre im Gefängnis und wanderte anschließend in die Schweiz aus. Seit dem Jahr 2012 lebt er jedoch wieder in Deutschland. [4] Im Zuge einer Razzia der Polizei in Berlin am 13. Februar 2013 wurde auch die Wohnung von Lücke durchsucht. [5] Am 26. Januar konnte Lücke sich zum Zeitpunkt der Auftaktkundgebung ungehindert außerhalb des für dieseabgegitterten Bereichs unbehelligt mit anderen Neonazis versammeln, obwohl er einschlägig bekannt ist und anhand seiner Kleidung auch für Personen die ihn nicht kennen klar dem neonazistischem Spektrum zuzuordnen war. Später, auf der Auftaktkundgebung, fiel er durch einen „verbotenen Nazigruß“ auf und wurde deswegen angezeigt. [6]
Eine weitere circa 5 bis 10 Personen umfassende Gruppe kommt aus dem Hooligan-Milieu des lokalen Sportvereins Stahl Brandenburg. Es handelt sich hierbei um Leute ab Mitte 30 und älter, die in den 1990er Jahren in der lokalen Neonaziszene aktiv waren und sich dann nach und nach dem Fußball alsneues Betätigungsfeld widmeten. Dass gerade solche Personen von einem asylkritischen und rassistischen Spaziergang angesprochen werden, kommt nicht von ungefähr, denn schon in den 1990er Jahren waren diese Themen in der Neonaziszene und der bürgerlichen Mitte besonders präsent. Es sei hier an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen und die Hetzjagden auf Menschen mit
Migrationshintergrund erinnert.
Wenige Tage vor dem Spaziergang suchte die BraMM-Pegida noch nach Ordner_innen für diesen. Bei einem Ordner handelte es sich um Andreas Jahnke, Jugendbeauftragter der Partei Die Republikaner. Ein weiterer stammte aus dem neonazistischen Spektrum der Havelstadt, er trug wiederholt das Banner der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“. [7]
Dieser Ordner nahm erst im Oktober an einer neonazistischen Kundgebung in der Havelstadt teil und trug gemeinsam mit S. Lücke ein Banner der Jungen Nationaldemokraten. [8] Weitere Personen aus dem Umfeld der „Freien Kräfte
Brandenburg/Havel“ nahmen ebenfalls am Spaziergang teil.
Der Kreisverband der AfD Brandenburg an der Havel distanzierte sich von dem BraMM-Pegida-Spaziergang und wollte diesen lediglich beobachten, anders verhielt sich der Kreisverband Havelland. Das Vorstandsmitglied N. Wollenzien nahm mit einem Schild teil, auf dem Stand: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ [9]. Eine weitere Diskussion bezüglich dieser Aussage erübrigt sich.
Insgesamt nahmen mindestens 40 bis 50 bekannte Neonazis und Hools an dem Spaziergang teil, daher verwundert es auch nicht, dass unter anderem Parolen wie „Wir sind das Volk“, „Ehre vor Geld“, „Wir wollen keine Asylantenheime“ und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert wurden. [10] Es kann somit sicher gesagt werden, dass Neonazis und ihre Sympathiesant_innen einen nicht unbedeutenden Teil zum Erfolg des Spaziergangs beigetragen haben und diese zeitgleich ihr menschenverachtendes Weltbild durch Parolen und Kleidung zur Schau stellten.
Nun wird es spannend, wie sich die Organisator_innen von PEGIDA in Dresden, drohten sie doch mit rechtlichen Schritten gegenüber der BraMM-Pegida, verhalten. Beide Gruppen wollen sich nach ihren Aussagen nicht von Neonazis vereinnahmen lassen, aber wie soll das gelingen, wenn sowohl ein Teil der Ordner als auch circa ein Drittel der Teilnehmer_innen des ersten Spazierganges in Brandenburg an der Havel zu diesen gehören? Selbiges gilt für die Republikaner die den Spaziergang bewarben und sich in der Vergangenheit mehrmals von Neonazis distanzierten. [11] Die Gegenproteste
Insgesamt folgten circa 500 Personen dem Aufruf von Parteien, Gewerkschaften und Initiativen sich an der stationären Kundgebung für „Ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“. Unter diesen waren unter anderem Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Justizminister Helmuth Markov (DIE Linke). Die Kundgebung und der Stadtspaziergang wurden durch die Polizei räumlich getrennt. Diese Trennung hat bis zur Auflösung der BraMM-Pegida Versammlung Bestand gehabt. Danach verließen jedoch größere Gruppen gewaltbereiter Neonazis und Hooligans gemeinsam den Ort der Abschlusskundgebung und bewegten sich wieder Richtung Neustadt Markt oder zum Bahnhof. Es kam glücklicherweise zu keinem Übergriff.
Auch für den kommenden Montag, den 02. Februar, hat sich BraMM-Pegida wieder angekündigt. Eine Gegenkundgebung ist ebenfalls in Planung. Ob es jedoch ein probates Mittel ist, lediglich am Auftaktort des Spaziergangs seinen Unmut kundzutun gilt es in den kommenden Tagen zu diskutieren. Hierbei ist besonders die Zivilgesellschaft als Hauptakteur gefragt, denn die Ängste und Vorurteile die PEGIDA und ihre Ableger in der Bevölkerung schüren, sprechen nicht nur Neonazis sondern auch Bürger_innen aus der Mitte an. Eine demokratische Gesellschaft muss sich geschlossen gegen rassistische und islamfeindliche Tendenzen innerhalb dieser stellen und klar benennen woher diese
kommen. Wir sehen hier für Brandenburg an der Havel großes Potential und waren erstaunt, dass sich sowohl die Oberbürgermeisterin Frau Tiemann als auch Stadtverordnetenvorsteher Walter Paaschen (beide CDU) so klar vom BraMM-Pegida-Spaziergang und den teilnehmenden Neonazis und Rechtspopulist_innen distanzierten und für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge in der Havelstadt warben. Wir hoffen, dass es nicht bei Worten bleibt sondern in den kommenden Tagen und Wochen auch Taten folgen werden. Entschlossen gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit!
[1] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/vom-knastbruder-zum-kommunalen-ruder-pascal-stolle; MAZ, 27. Mai 2014
[2] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/gewalttaeter-npd-kandidat-michel-mueller‑0
[3] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/931393/
[4] http://afn.blogsport.de/2012/02/
[5] http://www.tagesspiegel.de/berlin/razzia-schlag-der-berliner-polizei-gegen-neonazis/7771746.html
[6] http://www.internetwache.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=12384184;
[7] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16188243298/in/set-72157648164598064/ http://afn.blogsport.de/2012/03/22/neonazis-in-brandenburg-an-der-havel-ein-aktueller-ueberblick/
[8] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/15438150439/in/set-72157648545751127
[9] MAZ, 28. Januar 2014
[10] MAZ, 27. Januar 2014
[11] http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-republikaner-rep
Erneut hat ein Mitglied der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Frankfurt/Oder wehrt sich gegen Asylmissbrauch und Asylantenheime“ angemeldet.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft zu Gegenprotesten auf: Unter dem Motto „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“ führt eine Demonstration durch die Innenstadt und macht sich für eine demokratische und solidarische Gesellschaft stark.
Im Fahrwasser von Pegida marschierten bereits am 17.01.2015 circa 160 Rassist*innen – vor allem Neonazis – unter dem Motto „Stopp dem Asylmissbrauch“ durch Frankfurt (Oder). Ihr Versuch, sich als bürgerliche Bewegung darzustellen, ist spätestens mit der Zusammensetzung der Teilnehmer*innen des vergangenen Aufmarsches gescheitert. „Organisierte Neonazis von Rockern und Hooligans bis zur NPD und Personen aus dem Umfeld des NSU bildeten das Rückgrat und das Gros des Aufmarsches.“, so Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. „Wir wollen am 14.02.2015 erneut zeigen, dass Frankfurt (Oder) kein Ort für Rassismus ist. Deswegen rufen wir alle Demokrat*innen auf, sich an unserer Demonstration zu beteiligen“, so Lassau weiter.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ protestierte bereits am 17.01.2015 erfolgreich gegen einen rassistischen Aufmarsch der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Durch friedliche Blockaden konnte verhindert werden, dass die Rassist*innen weder auf ihrer angemeldeten Route laufen noch ihre Hetze ins Stadtzentrum tragen konnten. Etwa 800 Bürger*innen beteiligten sich mit verschiedenen Protestformen an den Aktionen gegen den rassistischen Aufmarsch.
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften, Vereine, Parteien, antifaschistischer Initiativen und Einzelpersonen. Bereits 2012 wurden erfolgreich zwei Aufmärsche der NPD in der Oderstadt blockiert. Alle Akteur*innen engagieren sich kontinuierlich für demokratische Teilhabe Aller, leisten antirassistische und antifaschistische Arbeit und stellen sich gegen Menschenverachtung und Diskriminierung.
„Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass die Zivilgesellschaft erfolgreich gegen Aufmärsche und Kundgebungen von Rassist*innen wehren kann. Wir setzen mit der Demonstration ein Zeichen für Solidarität mit Geflüchteten und für eine antifaschistische demokratische Kultur. Frankfurt(Oder) ist kein Ort für Rassismus, und das wollen wir am 14.02.2015 auch zeigen.“, so Janek Lassau.
Demonstration des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“. Eine antirassistische und antifaschistische Demonstration 14.02.2015
Auftaktkundgebung: 10:30 Bahnhofsvorplatz
In Brandenburg an der Havel protestierten am frühen Abend mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt gegen eine „Demo für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung im Sinne der Pegida-Bewegung“ der von den REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM). An dieser beteiligten sich wiederum ungefähr 150 Personen, hauptsächlich Hooligans, Neonazis und Rassist_innen, die sich in Hör- und Sichtweite der Gegendemonstrant_innen versammelten und von dort über die Steinstraße zum Trauerberg zogen. BraMM imitiert PEGIDA
Die seit 2014 bekannte Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ zeigte sich erstmals auf den Versammlungen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) in Dresden. Dort trat sie unter anderem am 22. Dezember 2014 mit einem eigenen Hochbanner auf. Seit Ende des vergangenen Jahres ist BraMM nun bestrebt das PEGIDA Konzept der Montagsaufzüge nach Brandenburg zu tragen. Der heutige Aufmarsch sollte in diesem Sinne den Anfang bilden. Allerdings ist die BraMM selbst im eigenen Lager nicht unumstritten, denn die Mutterorganisation PEGIDA hat sich inzwischen von ihrem Brandenburger Ableger distanziert. Die „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ seien nämlich keine Interessengemeinschaft von Bürger_innen, sondern eine Schöpfung einer politischen Partei, den REPUBLIKANERn. Der Brandenburger Vorsitzende der REPs, Heiko Müller aus Ludwigsfelde, wird als Verantwortlicher der Internetseite von BraMM benannt, nahm heute Abend die Funktion des Versammlungsleiters während des Aufmarsches war und hielt mehrere Redebeiträge. BraMM und die extreme Rechte
Des Weiteren ist das Hauptthema der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ nicht die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“, sondern der Protest gegen eine vermeintlich zu lockere Asylpolitik. In einem 13 Punkte Papier fordert die Initiative deshalb u.a. die Verschärfung des Asylrechtes bzw. die konsequente Anwendung der geltenden Rechtsnormen. Und auch den Asylsuchenden, deren Asylstatus in der Bundesrepublik anerkannt wurde, soll das Leben offenbar so schwer wie möglich gemacht werden, geht es nach Punkt 10 der BraMM-Forderungen: „(…)gegen die weitere Förderung der deutsche Sozial- und Integrationsindustrie“.
Insofern sind deutliche Anknüpfungspunkte zu Positionen der extremen Rechten erkennbar. Nicht um sonst, wurde die heutige Veranstaltung in Brandenburg an der Havel auch sowohl auf der Internetseite der REPUBLIKANER, als auch in der Chronik der Socialmedia-Auftritte des NPD Kreisverbandes Havel-Nuthe sowie der „NPD Potsdam-Mittelmark“ beworben.
Insofern muss deshalb auch die Initiativenbezeichnung „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ in Frage gestellt werden. Diese suggeriert nämlich das „Meinungsfreiheit“ und „Mitbestimmung“, trotz ausdrücklicher Garantie durch das Grundgesetz, in der Bundesrepublik bisher nicht verwirklicht wurden. Wäre dies der Fall, wäre eine Versammlung oder Meinungskundgabe der „BraMM“ jedoch heute nicht möglich gewesen. Deshalb bleibt die berechtigte Frage, an welche Art der „Meinungsfreiheit“ die Initiative überhaupt interessiert ist. Etwa an Äußerungen, die momentan den Straftatsbestand der Volksverhetzung erfüllen?
Ebenso muss hinterfragt werden, welches Publikum die „BraMM“ erreichen will. Unter den 150 Teilnehmer_innen befanden sich größere Neonaziabordnungen aus Brandenburg an der Havel, dem Havelland, Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Ostprignitz-Ruppin.
Die NPD war mit mehreren Kreistagsabgeordneten und Stadtverordneten, darunter Michel Müller aus Rathenow sowie André Schär und Pascal Stolle aus Bad Belzig vertreten.
Aus Grabow war Maik Eminger, Drahtzieher der „Freien Kräfte“ in Potsdam-Mittelmark angereist.
Aus Brandenburg an der Havel nahm der verurteilte Totschläger Sascha Lücke teil. Lücke hatte übrigens während der Versammlung einen verbotenen Gruß gezeigt und wurde daraufhin kurzzeitig von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.
Auch einige Ordner_innen sind als Mitglieder der militanten Neonaziszene bekannt, beispielsweise Patrick H. Der Glatzkopf gilt als Sympathisant der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“ und trug deren Banner bei mehreren Neonaziaufmärschen. Heute trug er eine gelbe Ordnerweste und sicherte den BraMM-Marsch.
Dazu kamen rechte Hooligans des BFC Dynamo und des FC Stahl Brandenburg. Selbst die „Identitäre Bewegung“ zeigte heut Abend Flagge.
Offiziell kritisch beäugt werden die Konkurrenten um die Wählergunst im bürgerlich konservativen Lager hingegen von der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Diese argumentiert ähnlich wie PEGIDA und lehnte die Versammlung in Brandenburg an der Havel bereits im Vorfeld deshalb ab, weil eine politische Partei dazu aufgerufen hatte. Jedoch nahm der Stellvertretende Vorsitzende der AfD Havelland, Norman Wollenzien, auch aktiv an der BraMM-Demo teil. Er hielt dabei ein Schild mit der Aufschrift: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ in der Hand. Verständlich das die AfD trotz aller Kritik an der Demo so auch nicht an den Protesten gegen BraMM teilnehmen wollte. Proteste gegen BraMM
Die Proteste gegen die heutige Veranstaltung der BraMM wurden eher von den großen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in der so genannten „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ vertreten sind, getragen. Zu einer von dieser Gruppe unter dem Motto „Für ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“ veranstalteten Gegendemonstration kamen ungefähr 500 Menschen, darunter auch Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU). Fotos: hier
Nachdem sowohl die Märkische Allgemeine Zeitung als auch die AG Antifa BRB in der vergangenen Woche auf den politischen Hintergrund der Organisator_innen der BraMM aufmerksam machten, erfolgte zeitnah die Reaktion der Gruppe. Sie verwies darauf, dass die Anmelder der Spaziergänge zwar Mitglieder bei den Republikanern seien, aber alle Personen im Organisationsteam als Privatpersonen handeln. Fraglich bleibt hierbei nur, warum dann gerade die beiden Mitglieder einer rechtskonservativen Partei als Anmelder und V.i.S.d.P auf der Internet- und Facebookpräsenz herhalten mu?ssen. Die Ursache scheint im Personalmangel innerhalb der BraMM zu liegen, denn sie suchen händeringend nach möglichen Ordner_innen fu?r kommenden Montag, wie ein Beitrag auf Facebook zeigt (siehe Bild).
Mittlerweile haben auch die PEGIDA-Organisator_innen in Dresden von ihrem Ableger im Land Brandenburg Wind bekommen. Nach aktuellen Erkenntnissen distanziert sich PEGIDA von [2]. Die Vorsitzende Kathrin Oertel äußerte sich wie folgt: „Pegida ist und bleibt ein Dresdner Original. Wir werden gegen jeden Trittbrettfahrer vorgehen, der uns und unser 19-Punkte-Programm instrumentalisiert, beispielsweise die NPD oder die Republikaner in Brandenburg.“[3]. Welche Schritte jedoch von ihr gegen die Funktionäre der Partei Die Republikaner unternommen werden ist bisher unklar. Diese Stellungnahme der PEGIDA wird am kommenden Montag, den 26. Januar, sicherlich dazu beitragen, dass zahlreiche potentielle Teilnehmer_innen dem Spaziergang der BraMM fernbleiben. Die Distanzierung von PEGIDA-Ablegern ist nicht auf die BraMM beschränkt, sondern betrifft beispielsweise auch die LEGIDA in Leipzig. Offiziell wird zwar angegeben, LEGIDA hätte sich nicht zum 19-Punkte-Programm bekannt, aber die Ursache ist eher in den gewalttätigen Auseinandersetzungen am vergangenen Mittwoch zu suchen [4]. Eine Gruppe von Hooligans attackierte Journalist_innen und zerstörte dabei zum Teil ihr Equipment. Hier wird deutlich, dass es ein schmaler Grad ist, zwischen der Hetze gegen die sogenannte „Lu?genpresse“ und Übergriffen auf sie. Durch solche und weitere Parolen wird ein Klima erzeugt in dem sich gewaltaffine Personen in ihren Ansichten bestärkt fu?hlen und dementsprechend handeln.
Weiterhin ist mit einer regen Teilnahme von regionalen und u?berregionalen NPD-Strukturen und anderen neonazistischen Gruppierungen zu rechnen. Diese versuchten bereits in der Vergangenheit PEGIDA und die lokalen Ableger fu?r ihre Ziele zu instrumentalisieren. Seit kurzem ruft auch die neonazistische Gruppe „Ein Licht fu?r Deutschland gegen Überfremdung“ zur Teilnahme am kommenden Montag auf (siehe Bild).
Diese nahm an zahlreichen eindeutig neonazistischen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet teil, so unter anderem bei einem unangemeldeten Fackelmarsch in Gransee zum Volkstrauertag 2014. Fu?hrender Kopf scheint M. Eminger zu sein. Er und sein im NSU Prozess angeklagter Zwillingsbruder sind keine unbekannten in der regionalen und u?berregionalen Neonaziszene.
Wer sich dem Spaziergang am kommenden Montag anschließt, muss sich bewusst sein das er gemeinsam mit gewaltbereiten Neonazis und Rassist_innen auf die Straße geht. AG Antifa ruft weiter zu Protesten auf
Mittlerweile hat sich in Brandenburg an der Havel ein breites Bu?ndnis unter Federfu?hrung der Koordinierungsgruppe fu?r Toleranz und Demokratie gebildet. Gemeinsam rufen Parteien und Initiativen zu einer Kundgebung am 26. Januar ab 18:30 Uhr auf dem Neustädtischen Markt auf. Es wird mit bis zu 500 Teilnehmer_innen gerechnet. Das Motto lautet „Fu?r ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“.
Die AG Antifa BRB unterstu?tzt die Kundgebung und weist jedoch zusätzlich darauf hin, dass der Protest nicht auf den Auftaktort des Spaziergangs beschränkt bleiben darf. Die Route verläuft vom Neustädtischen Markt u?ber die Steinstraße zum Trauerberg und es ergibt sich somit genug Raum fu?r friedlichen und kreativen Protest am Rande der Strecke. Entschlossen gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit! AG Antifa BRB
1 Facebookseite von BraMM
2 MAZ, 20. Januar 2015
3 MAZ, 20. Januar 2015
4 MAZ, 23. Januar 2015
5 Facebookseite von “Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung”
Am 24. Januar 2015 wird das Antifaschistische Pressearchiv Potsdam (APAP) die Chronik neonazistischer und menschenverachtender Aktivitäten in Potsdam und Umgebung für das Jahr 2014 veröffentlichen. Im Rahmen
einer Informationsveranstaltung im “Spartacus” um 19:30 Uhr wird die Chronik vorgestellt und über neonazistische und menschenverachtende Strukturen und Aktivitäten in Potsdam aufgeklärt. Danach findet eine Party statt, deren Einnahmen die anfallenden Kosten für antifaschistische und antirassistische Politik decken sollen.
Die vorliegende Chronik ist in diesem Jahr zusätzlich mit „menschenverachtend“ überschrieben. Rassistische, sexistische sowie diskriminierende Aus- und Vorfälle sind nun unter dem Begriff „menschenverachtend“ zusammengefasst. Dabei orientieren wir uns mit unserer Arbeit am Konzept der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“. Die Chronikeinträge sind demnach mitunter thematisch breiter als zuvor, was unter anderem damit zusammenhängt, dass nicht ausschließlich Umtriebe einer bestimmten Gruppe von Menschen (z.B. organisierte Neonazis) abgebildet werden sollen, sondern generell Aktivitäten, die
diskriminierende und menschenverachtende Haltungen zum Ausdruck bringen.
Im vergangenen Jahr zeigte sich besonders plastisch, durch Veranstaltungen wie Montagsdemonstrationen und dem Phänomen PEGIDA, wie anschlussfähig menschenverachtende Positionen gesamtgesellschaftlich verankert sind.
Auch in diesem Jahr verübten mutmaßliche Neonazis, wie im Jahr 2013, Anschläge gegen linke und alternative Strukturen. Wieder wurde das Café Olga von Unbekannten angegriffen. Die Wohnprojekte in der Zeppelinstraße
25 und 26 wurden durch eine Gruppe vermummter Neonazis mit Steinen angegriffen. Mehrere Scheiben von Zimmern, in denen sich zu diesem Zeitpunkt auch Personen aufhielten, wurden zerstört. Die Potsdamer Neonaziszene zeigt sich weiterhin bedeckt und tritt in Potsdam nicht öffentlich auf. Lediglich Propagandaaktionen werden durchgeführt und wie gewohnt im Nachhinein auf ihrer Website präsentiert.
Die im Jahr 2013 entstandene neonazistische Struktur “Licht und Schatten” muss als Nachfolgelabel des “Infoportal Potsdam” gesehen werden. Im Zuge rassistischer Mobilmachung gegen Geflüchtete organisierte “Licht und Schatten” die Kampagne “Ein Licht für Deutschland”, in der sie mit verschärfter völkischer Rethorik gegen Geflüchtete hetzen.
Wie im letzten Jahr, konnte die NPD 2014 in Potsdam nicht Fuß fassen. Lediglich zur Landtagswahl im September 2014 hingen kurzzeitig Plakate der Partei im Stadtgebiet. Auf zwei Kundegebungen, in Waldstadt und auf dem Bassinplatz, versuchte die Partei ihre Inhalte zu vermitteln. Während in Waldstadt es wegen einer Geheimhaltungstaktik der Polizei und der Stadt zu keinen Gegenprotesten kam, demonstrierten am 11. September 2014 bis zu 200 Menschen gegen eine kurzfristig bekannt gewordene Kundgebung der NPD. Zu den Kommunalwahlen trat die Partei nicht an. Zu den Landtagswahlen hingegen wählten 706 Menschen mit ihrer Zweitstimme die NPD.
Das ganze Jahr über bestimmte die Diskussion um die Einrichtung von Geflüchtetenunterkünften die öffentliche Debatte. Obwohl die Stadt Potsdam im Vergleich zu vielen anderen brandenburgischen Städten in
ihrem Engagement gegen neonazistische und rassistische Aktivitäten sehr aktiv ist, kam es regelmäßig zu rassistischen Ausfällen, sei es in Form von Unterschriftenaktion oder der Gründung von Bürgerinitiativen. Trotz der Bemühungen seitens der Moderationen auf Bürgerversammlungen zu Geflüchtetenunterkünften, keinen rassistischen Äußerungen Raum zu geben, war auf diesen oftmals eine chauvinistische und rassistische
Grundstimmung zu beobachten. Vor allem bei der einberufenen Versammlung im Potsdamer Stadtteil Am Stern im Mai 2014 herrschte eine ablehnende Grundstimmung gegen Geflüchtete, die durch chauvinistische und
rassistische Zwischenrufe deutlicht wurde. Die Chronik ist auf unserer Website www.apap.blogsport.eu abrufbar. Ebenso ist die Chronik auf dem Kartierungsprojekt rechtesland.de visualisiert. Ein Bericht auf blog.rechtesland.de findet ihr hier.
Das Deutsche Institut fu?r Menschenrechte hat im Dezember ein bemerkenswertes Papier herausgegeben: Menschenrechtliche Verpflichtungen bei der Unterbringung von Flu?chtlingen. Der Autor Hendrik Cremer benennt
darin „menschenrechtliche Handlungspflichten von Ländern, Kommunen und vom Bund“. Denn Deutschland ist nach internationalem Flu?chtlingsrecht und den Menschenrechten dazu verpflichtet, menschenrechtskonforme
Aufnahmebedingungen fu?r Asylsuchende sicherzustellen. „Die Realität sieht häufig anders aus“, schreibt Cremer. „Nicht selten sind die Zustände in den Flu?chtlingsunterku?nften menschenunwu?rdig.“
Der Flu?chtlingsrat Brandenburg schließt sich dieser Kritik an. Mit dem Argument, es herrsche ein „Unterbringungsnotstand“, werden bestehende Mindeststandards fu?r Sammelunterku?nfte außer Kraft gesetzt. Die im Bericht der Landesregierung zum Landesunterbringungskonzept im Jahr 2013 formulierten Ziele, vor allem der Vorrang der Unterbringung in Wohnungen, werden zur Makulatur, die Zahl der Sammelunterku?nfte wurde seit 2012 verdoppelt. Das Deutsche Institut fu?r Menschenrechte hält dagegen: „Mit dem Anstieg der Flu?chtlingszahlen sind die Probleme in Flu?chtlingsunterbringungen nicht zu rechtfertigen.“
Im Einzelnen gibt das Deutsche Institut fu?r Menschenrechte sieben Empfehlungen:
1. „Aufnahme- und Sammelunterku?nfte du?rfen nicht an Orten ohne vorhandene Infrastruktur eingerichtet werden.“ Unterku?nfte an Stadträndern oder in Gewerbegebieten können die Rechte der betroffenen Menschen, beispielsweise auf Bildung oder Gesundheit, faktisch vereiteln.
Die Realität in Brandenburg: Abgelegen in einem Gewerbegebiet bei Ferch hat die Landesregierung eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhu?ttenstadt eröffnet. An den Plänen, die ehemalige Lausitz-Kaserne im Wald bei Doberlug-Kirchhain ebenfalls als Erstaufnahmeeinrichtung zu nutzen, wird festgehalten. Der Standort einer Reihe geplanter Anschluss-Sammelunterku?nfte stellt ebenfalls eine Verletzung des Menschenrechts auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dar: darunter Oderberg im Barnim, Hohenbucko in Elbe-Elster, Prebelow an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern, Groß Glienicke bei Potsdam, Friedrichshain in Spree-Neiße sowie die Sammelunterkunft im Gewerbegebiet von Ludwigsfelde, die wiedereröffnet werden soll. Problematisch ist ebenfalls die Lage des bereits eröffneten Wohnverbunds Walddrehna in Dahme-Spreewald, ganz zu schweigen von den „Dschungelheimen“ Hohenleipisch in Elbe-Elster und Althu?ttendorf im Barnim, fu?r deren Schließung Bewohner/innen und Flu?chtlingsorganisationen seit Jahren eintreten. Entgegen einem Kreistagsbeschluss hat das Landratsamt Barnim vor, die fu?r nächstes Jahr geplante Schließung der Sammelunterkunft Althu?ttendorf zu revidieren.
2. „Schaffung und Durchsetzung von bundeseinheitlichen verbindlichen Mindeststandards fu?r den Betrieb von
Flu?chtlingsunterku?nften.“ Ob bundeseinheitliche Standards sinnvoll sind, ist unter Flu?chtlingsorganisationen umstritten. Sie bergen die Gefahr der Nivellierung auf dem niedrigsten Unterbringungsniveau. Brandenburg ist eines der vier Bundesländer mit verbindlichen Mindeststandards, doch diese sind weitgehend ungenu?gend. Ihre Verbesserung scheiterte an der Weigerung der Landesregierung, den Kommunen zusätzliche Kosten zu erstatten. Daher gilt immer noch eine Mindestwohnfläche von 6 m² pro Flu?chtling, die im Oktober fu?r einen Zeitraum von maximal sechs Monaten sogar auf 5 m² herabgesetzt wurde. In solchermaßen vollgepferchten Mehrbettzimmern wird das Menschenrecht auf Privatsphäre andauernd verletzt, das nur mit abgeschlossenen Wohneinheiten zu gewährleisteten ist. Folge der Unterbringung in engen Sammelunterku?nften ohne ausreichende Privatsphäre sind Auseinandersetzung und Gewalt zwischen Flu?chtlingen, erhöhte Gefahr von sexuellen Übergriffen und Belästigungen, Lärm und Enge, die die Lernerfolge der Minderjährigen beeinträchtigen und auch die Erwachsenen längerfristig krank machen, besonders wenn sie traumatisiert sind. Diese Formen der Unterbringung widersprechen dem Recht auf Familienleben und der UN-Kinderrechtskonvention. Soziale Arbeit kann hier wenig ausrichten, solange ein Betreuungsschlu?ssel von einer Stelle fu?r 120 Bewohner/innen gilt.
3. „Die Errichtung von Massenunterku?nften ist grundsätzlich zu vermeiden.“ Massenunterku?nfte enthalten ein erhebliches Konfliktpotenzial und fu?hren zur Stigmatisierung der Bewohner/innen. Flu?chtlingsunterku?nfte sollten daher eine Belegungskapazität von 50 Personen nicht u?berschreiten, wie die Diakonie in einem Positionspapier vom Juli 2014 empfahl. Die Realität in Brandenburg: Bestehende Massenunterku?nfte werden erweitert, so Waßmannsdorf auf 330 Plätze, Hennigsdorf auf 495 Plätze, Prenzlau auf 317 Plätze und Rathenow auf 225 Plätze. Neue Massenunterku?nfte werden eingerichtet in Lehnitz mit 220 Plätzen und in Teltow mit 392 Plätzen.
4. „Dauerhafte Unterbringung in Sammelunterku?nften verhindern.“ Es ist mit dem menschenrechtlich verbrieften Recht auf Wohnen nicht in Einklang zu bringen, Menschen u?ber Jahre zum Aufenthalt in Sammelunterku?nften zu verpflichten und ihnen damit den Zugang zum Wohnungsmarkt zu versperren. Zwar gibt es in Brandenburg nicht — wie in einer Reihe anderer Bundesländer – eine Landesregelung, die eine bestimmte
Verweildauer in Sammelunterku?nften vorschreibt. Die Sammelunterkunft ist aber die Regelunterbringung im Anschluss an die Erstaufnahme, und es steht im Ermessen der Sozialämter, den Umzug in eine Wohnung zu genehmigen. Dies verstößt gegen das Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zum Wohnungsmarkt und öffnet der Willku?r Tu?r und Tor, den Auszug zu verweigern – z. B. als Sanktionsmaßnahme. In Brandenburg mu?ssen manche Flu?chtlinge viele Jahre in einer Sammelunterkunft leben. Mit Wohnsitzauflagen fu?r einem bestimmten Landkreis wird die selbstständige Wohnungssuche an Orten mit Wohnungsleerstand und gu?nstigeren Mieten vereitelt.
5. „Unterstu?tzung von Flu?chtlingen bei der Wohnungssuche.“ In Brandenburg existieren nur in wenigen Landkreisen Beratungsstellen, die Flu?chtlinge bei der Wohnungssuche unterstu?tzen. Wo Flu?chtlinge in Wohnungen untergebracht werden, erfolgt dies meist durch eine Zuweisung von Amts wegen. Dadurch werden sie in einer Abhängigkeit und Bevormundung gehalten. Stattdessen bedarf es einer individuellen Beratung, um Flu?chtlingen die selbstständige Wohnungssuche zu ermöglichen. Ein Landesprogramm zur Förderung eines Wohnraummanagements und der sozialen Begleitung dezentral untergebrachter Flu?chtlinge steht noch aus
6. „Schaffung von Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten.“ In Brandenburg wird die Rede vom Unterbringungsnotstand durch den Leerstand von 70.000 – zum Teil zentrumsnahen und infrastrukturell gut
angebundenen — Wohnungen Lu?gen gestraft. Die Landesregierung bezuschusste seit 2010 im Rahmen des Stadtumbauprogramms den Abriss leerstehender Wohngebäude mit ca. 28 Millionen Euro. Die Verwendung dieser
Mittel fu?r die Renovierung dieser Wohngebäude und die Herrichtung von Wohnungen fu?r Flu?chtlinge wäre weit sinnvoller.
7. „Eine gesamtstaatliche Strategie zur Unterbringung von Flu?chtlingen entwickeln.“ Die Landesregierung hat angeku?ndigt, die vom Bund fu?r das Jahr 2015 zur Verfu?gung gestellten Mittel von 22,5 Millionen Euro mit der Gießkanne an die Landkreise zu verteilen. Damit wiederholt die Landesregierung den Fehler des
letzten Jahres, als sie den Landkreisen 5 Millionen Euro zur Erhöhung der Mindestwohnfläche in Sammelunterku?nften auf 8 m² und zur Herrichtung von Wohnungen u?berwies. In solchen zeitlich begrenzten Ad-hoc-Maßnahmen lässt sich kein stringentes Gesamtkonzept der Unterbringung erkennen. Das Landesunterbringungskonzept, mit dem die Mindeststandards verbessert und der Vorrang der Wohnungsunterbringung verwirklicht werden sollten, scheiterte im Jahr 2013 an der Weigerung einer dauerhaften auskömmlichen Kostenerstattung – und am Starrsinn der kommunalen Spitzenverbände, die
unter allen Umständen an der Unterbringung in Sammelunterku?nften festhalten wollten. Es ist davon auszugehen, dass die derzeitige Gießkannenpolitik zu einer Ausweitung der Unterbringung in Sammelunterku?nften fu?hren und diese fu?r Jahre festschreiben wird. Die Landesregierung hat politische und finanzielle Möglichkeiten, wie die Novellierung des Landesaufnahmegesetzes und der Mindeststandards fu?r
Unterku?nfte, die Unterbringung in Wohnungen zu erhöhen, Massenunterku?nfte zu vermeiden und die Wohnsituation fu?r Flu?chtlinge menschenrechtskonform zu gestalten. Wenn sie diese nicht endlich nutzt, wird Brandenburg bundesweit eines der Länder mit der niedrigsten Wohnungsquote bleiben. Isolierte Massenunterku?nfte, wie sie in den 1990er Jahren entstanden, galten dem letzten Landtag als Zeichen einer verfehlten und unmenschlichen Flu?chtlingspolitik, die es dauerhaft zu korrigieren gilt. Das geforderte und nach wie vor dringend nötige Unterbringungskonzept liegt immer noch nicht vor, das Aufnahmegesetz wurde nicht geändert, die Standards nicht verbessert, mit dem Ergebnis, dass genau solche Unterku?nfte wieder etabliert werden. Eine menschenrechtskonforme Unterbringungspolitik sieht anders aus, daran hat das Deutsche Institut fu?r Menschenrechte erinnert.
Potsdam, 21. Januar 20015
ErstunterzeichnerInnen
1. Aktionsbu?ndnis Brandenburg gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
2. Prof. Dr. Birgit Ammann, Fachhochschule Potsdam
3. Nadja Hitzel-Andelhamid, Antidiskriminierungsberatung der Opferperspektive
4. Arbeitsgruppe Flucht und Migration Kirchenkreis Oberes Havelland
5. Asylverfahrensberatungsinitiative ‑angehört-
6. AUSTAUSCH am KANAL, Potsdam
7. Autonomes Frauenzentrum Potsdam
8. Barnimer Kampagne “Light me Amadeu”, Eberswalde
9. Annett Bauer,
10. Lutz Boede, Stadtverordneter Potsdam und Mitglied des Migrantenbeirates
11. Ruth Brinkmeier
12. Dorothee Bruch, Xenion
13. Chill out e.V., Potsdam
14. Cottbuser Flu?chtlingsverein
15. Der Runde Tisch Willkommen, Wandlitz
16. Kirsten Dieckmann, Diplom-Psychologe
17. Rolf Dietrich, Potsdam
18. Franziska Donner, Potsdam
19. Ulla van Dorp, Teltow
20. Vera Dost, VVN-BdA Brandenburg
21. Judith Dubiel, Runder Tisch Willkommen, Wandlitz
22. Steffen Ehlert, Eberswalde,
23. Flu?chtlingsberatungsstelle Hennigsdorf
24. Flu?chtlingsprojekt “Integration+” Projekthaus Potsdam
25. Freiland Potsdam
26. Freundeskreis zur Unterstu?tzung der Asylbewerber in Teltow
27. Pfarrer Bernhard Fricke, Hohen Neuendorf
28. Heidrun und Dieter Gadischke, Bernau
29. Gabi und Konrad Geburek
30. Gemeindediakonische Initiative ESTAruppin e.V.
31. Hanna Greve, Diplom-Psychologin
32. Benedikt Gu?nther
33. Frank Grunau
34. Christian Haase, Mallnow
35. Jutta Henglein-Bildau, Teltow
36. Heidi Hildebrand,Sozialarbeiterin, Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., Landesverband Nordbrandenburg
37. Hochschulgruppe der Universität Potsdam “Refugees Welcome Brandenburg”
38. Karin Hopfmann, Überregionale Flu?chtlingsberatung AWO Ostprignitz-Ruppin
39. Dr. Knut Horst, Mitglied in Willkommen in Falkensee
40. Kristin Hassel, Gerswalde,Uckermark
41. Hennigsdorfer Ausländerbeirat
42. Hennigsdorfer Ratschlag
43. Initiative “Bunte Zora” Lauchhammer
44. Initiative Willkommen in Gransee
45. Initiativgruppe gegen Gewalt und Rassismus Velten
46. Inwole e.V., Potsdam
47. Thomas Keller, Wandlitz
48. KommMit — fu?r Migranten und Flu?chtlinge e. V.
49. Kooperation fu?r Flu?chtlinge in Brandenburg
50. Ina Krahl
51. S.Krebs
52. Elisabeth Kuck, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Wohnheim Nuthetal, Potsdam
53. Kulturlobby Potsdam
54. Kathleen Kunath, Mitglied in Willkommen in Falkensee
55. Landesjugendring Brandenburg e.V.
56. Landesverband Sozialistischen Jugend – die Falken
57. Shaun Lawton, Schauspieler
58. Johann-Georg Hofer von Lobenstein, Hamburg
59. Dr.Armin Meyer, Niederfinow
60. Horst Nachtsheim, Mitglied im Willkommenskreis Neuhardenberg e.V.
61. Neuruppin bleibt bunt
62. N.N. — Auf zu Neuen Nachbarschaften Potsdam-West
63. Opferperspektive e.V.
64. Irena Petzoldova, Psych. Psychotherapeutin, KommMit
65. Christoph Poldrack, Pfarrer in Leegebruch/Velten/Marwitz + Mitglied der Willkommensinitiative
Leegebruch/Oberkrämer
66. Projekt Farfalla
67. Host Rabbow, Überregionale Flu?chtlingsberatungsstelle AWO-OPR
68. Claudia Rashied, Teltow
69. Refugees Emancipation e.V
70. Refugees Welcome Senftenberg
71. Joachim Ru?ffer, Projektkoordinator KommMit
72. Ru?diger Schmolke
73. Peter Siebert
74. Ulrich Stahn, Sydower Fließ
75. Iris Rodriguez, Freie Journalistin
76. Victor Rodriguez, Berlin
77. Sibylle Rothkegel, Dipl. Psych., Psych. Psychotherapeutin.
78. Katharina Tietz
79. Vielfalt statt Einfalt — fu?r ein freundliches Frankfurt (Oder)
80. Sabine Waldner, Mitglied in Willkommen in Falkensee
81. Michael Weber
82. Willkommen in Falkensee
83. Willkommen in Oberhavel
84. Willkommenskreis Neuhardenberg e.V.
85. Willkommensinitiative Oranienburg
86. Simon Wohlfahrt
87. Heike Wolff, Potsdam
88. Women in Exile e.V.
89. Zossen zeigt Gesicht
800 Bürger*innen setzten am Samstag, den 17.1.2015 ein Zeichen gegen den rassistischen Aufmarsch „Stopp dem Asylmissbrauch“ der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Die Teilnehmer*innen solidarisierten sich
mit Geflüchteten und wollten eine Willkommenskultur in Frankfurt (Oder) stark machen. Nach der zentralen Kundgebung auf dem ehemaligen Horten-Vorplatz in der Frankfurter Innenstadt, bei dem Geflüchtete sowie
Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft für eine offene Gesellschaft ohne Rassismus und Diskriminierung warben, wurde ab der Mittagszeit die Route des rassistischen Aufmarsches durch friedliche
Massenblockaden besetzt und hinderte die Rassist*innen daran, auf ihrer geplanten Route und in der Innenstadt zu marschieren.
Der Bahnhof konnte anfangs erfolgreich von Demokrat*innen umstellt werden, bevor eine friedliche Blockade im Bahnhofstunnel von der Polizei geräumt wurde, um den Rassist*innen den Weg frei nach Altberesinchen zu
machen. Das Ziel, die Rassist*innen keinen Meter laufen zu lassen, konnte damit nicht erfüllt werden.
„Wir werten unsere Aktion heute aber dennoch als Erfolg, weil wir verhindern konnten, dass die Rassist*innen ihre ursprüngliche Route begehen und in die Innenstadt gelangen konnten. Gemeinsam mit hunderten entschlossenen Demokrat*innen aus Frankfurt (Oder) und andernorts haben ihnen diesen Weg blockiert. Wir bedanken uns bei dem Engagement und der regen Teilnahme an den vielfältigen Protestformen. Die Rassist*innen waren gezwungen, abseits der Innenstadt ihre Menschenverachtung auf die Straße zu tragen.“, so Janek Lassau, Pressesprecher des Bündnisses. Die flüchtlingsfeindliche Stimmungsmache fand damit wenig Gehör.
Zu dem neonazistischen Aufmarsch mit circa 150 Teilnehmer*innen waren neben stadtbekannten Neonazis, Anhänger*innen der NPD, wie Alexander Bode, welcher an der Tötung eines Asylsuchenden bei der sog. „Hetzjagd von Guben“ 1999 beteiligt war, und sogar Nazis aus dem Dunstkreis des rechtsterroristischen NSU, wie Maik Eminger, Zwillingsbruder und enger Kamerad eines Angeklagten im NSU-Prozess, auch dutzende Bürger*innen erschienen, die sich nicht eindeutig der extremen Rechten zuordnen lassen. Hier zeigt sich die gesellschaftliche Gefahr, die von Pegida, AfD und HoGeSa derzeit ausgeht. Sie motivieren einerseits den rechten Rand, ihre unverhüllte Menschenverachtung wieder verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen und bilden andererseits ein neues Sammelbecken für den versteckten Rassismus aus der vermeintlichen Mitte der
Gesellschaft. Neonazis und rassistische Bürger*innen versuchten auch hier in Frankfurt (Oder), den Schulterschluss der „Ängste und Sorgen“ vor Geflüchteten mit einem „Deutschland den Deutschen“ und der
Verherrlichung des Nationalsozialismus zu vollziehen. Diesem Vorhaben hat die demokratische Zivilgesellschaft ihre Ablehnung spüren lassen und die Rassist*innen am 17.01.2015 weitgehend isoliert.
Einen noch erfolgreicheren Ausgang des Tages verhinderte die Polizei. Die friedlichen Blockaden wurden teilweise mit unverhältnismäßiger Härte aufgelöst und es gab gewaltsames Vorgehen gegen Demonstrant*innen,
welche auch Verletzungen von sich trugen. So wurden Menschen, die ihre Sitzblockade freiwillig aufgeben wollten, von Polizist*innen brutal zurück auf den Straßenboden gestoßen; eine Polizeieinheit prügelte mit
Schlagstöcken auf friedlich Protestierende ein. Bei einem Übergriff auf den Lautsprecherwagen des Bündnisses verletzten Polizist*innen mehrere Menschen. Dabei kam es auch zu polizeilicher Gewalt gegenüber einem Mitglied des Kommunikationsteams, das in Konflikten vermittelt und deeskaliert. Mehrere Demonstrant*innen prüfen daraufhin eine Anzeige gegen einzelne Beamt*innen.
Der Sprecher des Bündnisses kommentiert weiter: „Trotz der Repression durch die Polizei konnten wir an die erfolgreichen Proteste aus dem Jahr 2012 anknüpfen. Wieder einmal haben Frankfurter*innen und auch
angereiste Unterstützer*innen Hand in Hand gezeigt, dass Frankfurt (Oder) kein Ort für Rassismus und Menschenverachtung ist. Friedliche Massenblockaden sind dabei das Mittel der Wahl für hunderte Menschen
hier in Frankfurt (Oder), die sich für eine offene und gerechte Gesellschaft sowie Solidarität mit Geflüchteten einsetzen wollen und den Rassist*innen die Stadt nicht überlassen haben“. Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ bedankt sich bei allen Unterstützer*innen und Mitblockierenden. „Das Zeichen, das wir am Samstag gesetzt haben, ist unverkennbar. Wegschauen hat keine gute Tradition in Deutschland – das zeigt die Geschichte. Unser Motto ist und bleibt: Wehret den Anfängen!“, so Janek Lassau. Weiter sagt Lassau: „Die Organisator*innen des rassistischen Aufmarsches haben bereits angekündigt, demnächst erneut marschieren zu wollen, dem gilt es sich erneut in den Weg zu stellen. Für eine erfolgreiche Blockade ist die zahlreiche Teilnahme aller Demokrat*innen gefragt. Nur gemeinsam können
wir solche Aufmärsche verhindern. Wir hoffen dementsprechend, bei den nächsten Protesten noch mehr zu sein.“
Frankfurt (Oder), den 21.01.2015
Gegen den zweiten „Abendspaziergang“ von 250 Asylgegner_innen haben am Mittwochabend ungefähr 350 Menschen in Oranienburg (Landkreis Oberhavel) protestiert. Ausgangspunkt war, wie beim ersten Marsch am 17. Dezember 2014, wieder der Bereich vor der Bahnhaltestelle. Von dort zogen sowohl die Befürworter als auch die Gegner_innen in Form von Aufzügen durch die Stadt. Die Polizei trennte beide Lager voneinander ab. Dennoch gelang es einer kleinen Gruppe Protestierer kurzzeitig die Strecke des „Abendspaziergangs“ zu blockieren
Zu den Protesten hatte wieder das zivilgesellschaftliche Bündnis „Oberhavel Nazifrei“ aufgerufen. Dessen Sympathisanten zogen parallel zu den Asylgegner_innen zum Schloss. Hier protestierte die Zivilgesellschaft, nach einer ersten Kundgebung an der Bahnhaltestelle, noch einmal lautstark gegenüber den vorbeiziehenden „Abendspaziergang“. Dieser war streckenmäßig übrigens viel kürzer als beim letzten mal und endete, nach einer recht kurzen Abschlusskundgebung, wieder in der Nähe des Startpunktes. Auch waren deutlich weniger bürgerlich wirkender Demonstrant_innen in dem Aufzug zu entdecken. Die überwiegende Mehrheit der am „Abendspaziergang“ teilnehmenden Personen war zwischen 20 und 40 Jahre alt, männlich und mit sportlich wirkender Streetwear gekleidet. Vereinzelt waren Fanutensilien diverser Fußball- und Eishockeyvereine zu erkennen: FC Union Berlin, Hansa Rostock, Dynamo Berlin und Eisbären Berlin. Offensichtlich Hooligans, wie Szenekenner bestätigen.
Weiterhin waren auch wieder zahlreiche Neonazis, hauptsächlich aus den Landkreisen Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Barnim vertreten, unter ihnen mindestens drei Stadtverordnete der NPD. Auf einen Redebeitrag verzichtete die Partei jedoch dieses mal.
Stattdessen sprachen einige bürgerlich auftretende Redner_innen und ließen ihre Vorurteile und ihr Misstrauen gegenüber den in der Stadt lebenden Asylsuchenden freien Lauf. Dabei sehen sie sich als Repräsentant_innen des „Volkes“ und spielen die Rolle des „besorgten Bürgers“. Ihre Gegner_innen wollten sich jedoch nicht täuschen lassen und benannten sie als Nazis und Rassist_innen.
Trotz des eigentlich gescheiterten Versuchs in die bürgerliche Mitte der Stadt vorzustoßen planen die Asylgegner_innen weitere Märsche, so zumindest klang es aus den Ansagen der Sprecher heraus. Das die Proteste dagegen dann auch weitergehen werden, scheint ebenfalls gesichert, Oranienburg hat eine starke Zivilgesellschaft. weitere Fotos: hier
INFORIOT Erneut konnten knapp 300 Rassist*innen und Neonazis durch Oranienburg ziehen. Unter den Motto „für eine gerechte Asylpolitik“, angelehnt an sie sächsische PEGIDA-Demonstrationen, zogen sie ohne Sprechchöre durch die Stadt. Unter ihnen waren wieder Neonazis aus Neuruppin und Brandenburg/Havel, sowie NPD-Mitgleider aus Oberhavel und Barnim. Strategischer Rückzug der NPD
Im Gegensatz zur ersten Demonstration im Dezember hatte sich die NPD bei der Demonstration dieses mal eher im Hintergrund gehalten. Den Kontakt zur Polizei hielt erneut der Veltener NPD-Stadtverodnete Robert Wolinski. Er ging zu Beginn der Demonstration in einer sehr aggressiven Art einen Pressevertreter an. Im weiteren Verlauf der Demonstration suchte er zusammen mit der Brandenburger NPD-Geschäftsführerin Aileen Rokohl die Presse auf, welche seine Darstellungen unkritisch übernahm. Er hatte der MAZ gegenüber behauptet, dass sich an der Demonstration gerade mal eine Handvoll NPD-Mitglieder beteiligt habe. Tatsächlich aber wurde der Potsdamer Maik Schneider, ebenfalls NPD-Mitglied, zur Beginn der Demonstration am Fronttransparent gesichtet. Auch die Lautsprecheranlage wurde am Bahnhof durch den bekannten NPD- und JN-Aktivisten Sebastian Blöhe und Philip Badzcong abgebaut. Das Stangentransparent in der Mitte der Demonstration trug ebenfalls das NPD-Mitglied Christian Sch.
Gegenproteste
An den Gegenprotesten in Oranienburg beteiligten sich ebenfalls um die 300 Menschen. Dazu hatte das zivilgesellschaftliche Bündnis „Oberhavel Nazifrei“ aufgerufen, dessen Aufruf von knapp 80 Initiativen, Parteien und Einzelpersonen unterschrieben wurde. Eine kleine Sitzblockade von 20 Personen vor einem Drogeriemarkt in der Stralsunder Straße, unmittelbar vor dem Startpunkt der Heimgegener*innen, wurde nach der zweiten Polizeiansage aufgelöst. An den beiden Kundgebugen vor dem Runge-Gymnasium und vor dem Schloss sprachen einige Politiker*innen. Mit Trillerpfeifen und Klatschpappen konnten die Reden am Bahnhof übertönt werden.
Bilder: hier und hier.